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Kein Mehraufwand
Die eAU bereitet vielen Betrieben weiterhin Kopfzerbrechen. Nicht so diesem Betrieb. Seite 2
60 Euro reichen nicht! Solo-Selbstständige aufgepasst: Wer die Vollkosten nicht kennt, belügt sich selbst – Rechnung gefällig? Seite 3
Hilfe, ein Praktikant kommt?
Wer so denkt, verschenkt Chancen in der Azubi-Gewinnung, weiß Zimmermeister Bastian Westmann. Seite 6
Drohen Nachweispflichten?
Was kommt mit dem EU-Lieferkettengesetz auf die Betriebe zu? Ein erster Überblick. Seite 8
Mode, die Azubis begeistert Teambildung mit Berufskleidung:
Zwei Azubis verraten, was sie bei der Arbeit am liebsten tragen. Seite 10
Lage leicht verbessert Frühjahrskonjunkturbefragung zeigt Belebung. Seite 15
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Schluss mit dem Suchen
Weil eine Hildesheimer
Tischlerei ihre Prozesse
digitalisiert hat, haben die Handwerker jetzt mehr Zeit für ihre Kunden.
Verschwundene Stundenzettel, unleserliche Baustellendokumentationen oder Zettelchaos im Büro gibt es bei der Malek Fenster & Türen GmbH nicht mehr: „Wir haben mittlerweile ein komplett papierloses Büro“, berichtet Geschäftsführer Simon Malek, der den Betrieb zusammen mit seinem Vater Raimund führt. Vor mehr als einem Jahr haben die Tischler ihre gesamte Auftragsabwicklung digitalisiert – vom Anlegen der Aufträge bis hin zur Schlussrechnung. „Wir mussten einfach die Notbremse ziehen, weil uns im Büro zunehmend der Überblick fehlte“, sagt Simon Malek. Wegen der gestiegenen Nachfrage häuften sich die Zettel im Büro und das 15-köpfige Team verbrachte zunehmend Zeit damit, Unterlagen zu suchen. Malek suchte deshalb nach einer Möglichkeit, um Ordnung zu schaffen. „Ich wollte ein Tool und nicht viele verschiedene Apps“, berichtet der 32-Jährige. Schließlich fand er eine Software-Lösung von Hero, die seine Wünsche erfüllte. 2022 fing er an, die Prozesse in seinem Betrieb neu zu digitalisieren: „Wir haben mit der Arbeitszeiterfassung angefangen, um das Team an das Thema heranzuführen“, sagt der Tischler. Nach anfänglichen Vorbehalten erwies sich die Abschaffung der Stundenzettel schnell als Vorteil: „Es kommt nichts mehr weg und die Mitarbeitenden können selbst nachsehen, wann und wie viel sie gearbeitet haben“, sagt Malek. Als Nächstes digitalisierte der Unternehmer die komplette Auftragsabwicklung. Dafür rüstete er alle Handwerker mit einem iPad aus: „Bei Kundenterminen dokumentieren sie damit alle Arbeiten und unser Büro kann auf die Daten jederzeit zugreifen“, berichtet der Unternehmer. Das brachte die gewünschte Entlastung: „Durch die Digitalisierung unserer Prozesse konnten wir die Suchzeiten deutlich reduzieren, sodass uns jetzt mehr Zeit für die Kunden und die handwerkliche Arbeit bleibt“, freut sich Malek.
Treiber für Digitalisierung im Handwerk Für Handwerksbetriebe ist der Wunsch nach effizienteren Geschäftsabläufen häufig ein Grund zu digitalisieren. Das zeigt ein aktueller Forschungsbericht des Volkswirtschaftlichen Instituts für Mittelstand und Handwerk in Göttingen (IFH). Auch der Fachkräftemangel sei demnach ein Treiber der Digitalisierung. Schließlich könnten Betriebe dadurch Kapazitäten für handwerkliche Tätigkeiten
MEIN LIEBLINGSPROJEKT
schaffen und unbesetzte Stellen bedingt kompensieren, schreibt das IFH. Der Forschungsbericht zeigt noch andere Gründe, warum Handwerksbetriebe digitalisieren. Dazu zählen:
ɓ die demografische Entwicklung,
ɓ Imagegründe,
ɓ die technologische Entwicklung des Umfelds, ɓ die Anforderungen der Kundschaft, ɓ der Wunsch nach mehr Work-Life-Balance und ɓ staatliche Vorgaben.
Unternehmer Simon Malek ist mit seinem Betrieb inzwischen digital gut aufgestellt. Er weiß, dass er damit auch für gesetzliche Vorgaben gerüstet ist, die auf seinen Betrieb zukommen – zum Beispiel die Pflicht zur E-Rechnung. „Das ist ein schöner Randeffekt“, meint der Tischler. Viel mehr freut er sich aber über etwas anderes: „Digitale Rechnungen sind viel schneller beim Kunden und dadurch erhalten wir mitunter auch unser Geld schneller.“
Dachsanierung statt Dachfensterreparatur
Eigentlich hatte sich die Kundin nur wegen eines undichten Dachfensters gemeldet. Doch für die Zimmermänner aus Spelle wurde es ein größerer Auftrag: „Vor Ort haben wir festgestellt, dass auch Dach und Schornstein der denkmalgeschützten Villa in keinem guten Zustand waren“, sagt René Achteresch, der den Betrieb mit Swen Nordhoff führt. Die Kundin habe sich deshalb für eine Dachsanierung entschieden. Innerhalb von knapp fünf Wochen doppelten die Zimmermänner den Dachstuhl auf, dämmten das Dach, montierten gusseiserne Dachfenster und deckten das Dach neu. Bei der Sanierung achteten sie auf Nachhaltigkeit: „Die Kupferdachrinnen haben wir zum Beispiel abgebaut, eingelagert und wiederverwendet.“ (AML)
Digitale Rechnungen sind viel schneller beim Kunden.
Simon Malek, Betriebsinhaber
Geld hat auch im Digitalisierungsprozess eine große Rolle gespielt, schließlich musste Malek in Tablets für die Mitarbeiter und in Software-Lizenzen investieren: „Das war teuer. Aber es hat mich zum Glück nicht von meinem Vorhaben abgehalten“, sagt der Unternehmer.
Selbstverständlich ist das nicht: Laut dem IFH-Bericht sind die Kosten oft ein Hemmnis für Digitalisierungsmaßnahmen im Handwerk. Auch der Fachkräftemangel halte Betriebe davon ab, weil ihr Fokus wegen des Mangels an Beschäftigten auf dem Kerngeschäft liege. Zudem täten sich Betriebe mit Digitalisierungsmaßnahmen schwer, die bislang wenig Erfahrung damit haben.
Auch für Malek war die Umstellung nicht einfach: „Es ist eine Herausforderung, sich neben dem Tagesgeschäft mit der Digitalisierung zu beschäftigen.“ Bei ihm und seinem Team sei der Leidensdruck irgendwann so hoch gewesen, dass er etwas ändern wollte. Davon profitieren jetzt alle: „Wir sind jetzt viel effizienter und sparen auch noch Papier. Die Mühe und die Investition haben sich wirklich gelohnt.“ ANNA-MAJA LEUPOLD W
Fehlerhaftes Material vom Lieferanten: Was gilt dann?
Gewährleistungsfälle bedeuten Mehraufwand – diese Regeln gelten für Ein- und Ausbaukosten.
Nicht immer ist fehlerhaftes Material auf Anhieb zu erkennen. Manchmal stellt sich erst nach dem Einbau heraus, dass Fenster oder Fliesen wieder ausgebaut werden müssen. In einer neuen Broschüre weist der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) darauf hin, dass Betriebe von handwerksfreundlichen Haftungsregeln profitieren, wenn sie das Material von einem Händler bezogen haben. Schließlich hätten sie in solchen Fällen nicht nur Anspruch auf Materialersatz, Betriebe hätten zudem einen sogenannten Aufwendungsersatzanspruch hinsichtlich der Ein- und Ausbaukosten gegen den Händler. Voraussetzung dafür sei, dass das gekaufte Material mangelhaft ist. Zudem müsse es in eine andere Sache eingebaut, an eine andere Sache angebracht oder im Rahmen eines Vorfertigungsprozesses bearbeitet worden
sein. Eingebautes Material könnten beispielsweise Bodenfliesen, Fenster oder Hauselektrik sein. Dachrinnen, Lampen, Lacke oder Farben seien Beispiele für angebrachte Materialien.
Ausschluss per AGB unzulässig Der Aufwendungsersatzanspruch umfasst laut ZDH unter anderem: ɓ die Anfahrtskosten, ɓ die Fehlersuche zur Verifizierung des Mangels, ɓ den Ausbau der Sache, ɓ die Abwicklung des Umtauschs, ɓ die erneute Zurichtung und Parametrierung sowie ɓ den Wiedereinbau.
Dass Materialhändler diese Ansprüche per AGB ausschließen, sei in der Regel unzulässig. (AML)
Weitere Infos: svg.to/material
Wirtschaftszeitung
der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim
128. Jahrgang | Nr. 6 | 14. Juni 2024
Foto: Privat
Foto: Malek Fenster & Türen GmbH
Tischler Simon Malek hat in seinem Betrieb nicht nur die komplette Auftragsabwicklung digitalisiert.
Foto: HW Hannover Dachbau GmbH
Lohnprogramm ruft eAU bei der Lohnabrechnung ab: Claudia Beil hat damit bislang gute Erfahrungen gemacht.
Kein Mehraufwand
Viele Betriebe klagen über Probleme mit der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Doch dieser Betrieb hat keine Probleme. Woran liegt das?
Mit der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) hatte ich bislang noch kein Problem“, sagt Claudia Beil. Die Betriebswirtin kümmert sich beim bayerischen Malerbetrieb Beil um die Lohnabrechnung. Dazu gehört mittlerweile seit mehr als einem Jahr auch der eAU-Abruf bei der Krankenkasse, wenn jemand aus dem Team krankheitsbedingt ausfällt. „Das klappt mit unserem
Lohnabrechnungsprogramm reibungslos“, sagt die Unternehmerfrau. Für die Redaktion Anlass genug nachzufragen – schließlich klagen viele Handwerksbetriebe über gestiegene Aufwände beziehungsweise über Probleme beim Abruf der digitalen Krankschreibung.
Von der Krankmeldung bis zum eAU-Abruf: Wie sieht der Prozess bei Ihnen aus?
Neuerung bei Digitaler Rentenübersicht
Das klappt reibungslos.
Claudia Beil, Unternehmerfrau
Welche Altersvorsorgeansprüche habe ich? Die Digitale Rentenübersicht soll diese Frage beantworten. Noch sind die Daten dort nicht vollständig, aber das könnte sich ändern.
Per Verordnung hat die Bundesregierung Neuerungen bei der Digitalen Rentenübersicht beschlossen. Damit
Digitale Rentenübersicht:
Das Online-Portal gibt es bereits seit dem 30. Juni 2023 und richtet sich an alle Bürger, also auch an Selbstständige. Es soll Nutzern dabei helfen, sich einen Überblick über ihre Altersvorsorgeansprüche zu verschaffen – egal ob die Ansprüche aus gesetzlicher, privater oder betrieblicher Vorsorge stammen.
» Claudia Beil: Wenn unsere Mitarbeitenden krank sind, rufen sie morgens meist an oder schreiben eine Whatsapp-Nachricht. Die meisten gehen dann noch am gleichen Tag zum Arzt und informieren uns anschließend über die Dauer der Krankschreibung. Wie, ist ganz unterschiedlich: Manche rufen an und teilen uns mit, bis wann sie voraussichtlich ausfallen. Andere schicken ein Foto von ihrem gelben Schein und schwärzen die Diagnose.
Foto: Esther Bauer
In unser Lohnbuchhaltungsprogramm trage ich dann ein, an welchen Tagen der Mitarbeiter krankheitsbedingt ausfällt. Anschließend fragt mich das Programm automatisch, ob ein Attest vorliegt. Wenn ich „ja“ anklicke, startet das Programm automatisch den Abruf der eAU, sobald ich die Lohnabrechnung am Monatsende mache. Das funktioniert wunderbar. Funktioniert es auch, wenn sich jemand an dem Tag krankmeldet, an dem Sie die Lohnabrechnung machen?
» Claudia Beil: Ja. Wir haben mit unseren Mitarbeitenden vereinbart, dass sie jeden Monat zwei Lohnzahlungen von uns erhalten. Drei Kalendertage vor dem Monatswechsel erhalten sie 80 Prozent ihres Lohnes. Am dritten Kalendertag des neuen Monats bekommen sie dann die restlichen 20 Prozent. Diese Aufteilung hat für uns folgenden Vorteil: Uns bleibt eine Korrekturabrechnung erspart, wenn der Mitarbeiter in der Zeit zwischen Lohnabrechnung und Monatsende noch krank ausfällt, Minusstunden macht oder kurzfristig Urlaub beantragt. Denn das können wir bei der zweiten Lohnabrechnung problemlos berücksichtigen und gegebenenfalls auch noch die eAU bei der Krankenkasse abrufen.
Wie viel Zeit kostet Sie die Lohnabrechnung pro Monat?
» Claudia Beil: Bei jeder Lohnabrechnung habe ich pro Mitarbeiter einen Aufwand von etwa zehn Minuten. Derzeit beschäftigen wir sechs Mitarbeitende. Das bedeutet unterm Strich: Pro Monat bin ich zwei Stunden mit der Lohnabrechnung beschäftigt und wenn es schlecht läuft, dann sind es nicht mehr als drei Stunden.
Der Aufwand hält sich dank unseres Abrechnungsprogramms Quick-Lohn zum Glück in Grenzen. Voraussetzung ist allerdings, dass alles gut vorbereitet ist. Ich brauche für die Lohnabrechnung einen Überblick über die Arbeitstage, Überstunden und Minusstunden, Urlaubstage und Krankheitstage.
Wie schaffen Sie das, haben Sie die Arbeitszeiterfassung digitalisiert?
» Claudia Beil: Nein, noch nicht. Bislang haben wir noch Stundenzettel im Einsatz, die unsere Mitarbeitenden bei mir im Büro abgeben. Künftig wollen wir aber die Arbeitszeiterfassung digitalisieren. Daher prüfen wir gerade, ob wir ein Tablet für jeden bei uns im Team anschaffen. ANNA-MAJA LEUPOLD W
Zu späte Pauschalversteuerung?
Weil ein Betrieb die Kosten für die Betriebsfeier erst Monate später pauschal versteuerte, forderte die Rentenversicherung eine Nachzahlung. Zu Recht?
w Eine aktuelle Liste mit Anbietern von Altersvorsorgeprodukten, die schon jetzt bei der Digitalen Rentenübersicht mitmachen, finden Sie unter rentenuebersicht.de. werden Vorsorgeeinrichtungen, die die Altersvorsorgeansprüche ihrer Versicherten noch nicht an die Digitale Rentenübersicht melden, zur Übermittlung verpflichtet. Konkret heißt das: Bis zum 31. Dezember 2024 müssen die fehlenden Daten hinterlegt sein.
Digitalen Rentenübersicht zunächst nur Daten von der Deutschen Rentenversicherung, der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) sowie der Union Investment hinterlegt gewesen. Doch seitdem sei die Zahl der teilnehmenden Vorsorgeeinrichtungen gestiegen. Aktuell zähle das Portal mehr als 280 teilnehmende Einrichtungen und es kämen regelmäßig weitere hinzu. (AML) W
Laut Deutscher Rentenversicherung Bund (DRV) seien zum Start der
Kein Schmerzensgeld ohne Schaden
Wenn Arbeitgeber personenbezogene Daten unverschlüsselt verschicken, verletzen sie den Datenschutz. Schmerzensgeldanspruch haben die Geschädigten aber nicht immer.
Der Fall: Ein Mitarbeiter verlangte von seinem Arbeitgeber Auskunft über die über ihn gespeicherten Daten. Der Arbeitgeber schickte diese als PDF-Anhang einer unverschlüsselten E-Mail. Der Mitarbeiter sah darin einen Verstoß gegen die DatenschutzGrundverordnung (DSGVO). Zudem sei ihm ein immaterieller Schaden durch den Kontrollverlust über die Daten entstanden. Er verklagte seinen Arbeitgeber auf eine Zahlung von 10.000 Euro Entschädigung. Das Urteil: Das Arbeitsgericht (AG) Suhl entschied im Sinne des Arbeitgebers. Zwar habe dieser einen Verstoß gegen die DSGVO begangen, indem er personenbezogene Daten unverschlüsselt verschickte. Doch der Mitarbeiter habe nicht überzeugend dargelegt, welcher Schaden ihm
durch diesen Verstoß entstanden sei. Ein Gefühl des Kontrollverlusts sei nicht genug, um eine Entschädigung zu erhalten, so die Richter des Arbeitsgerichts Suhl. Damit folgten sie der Argumentation des Europäischen Gerichtshofs. Dieser hatte 2023 klargestellt, dass der bloße Verstoß gegen die Bestimmungen der DSGVO nicht ausreiche, um einen Schadenersatzanspruch zu begründen. Glück für den Arbeitgeber. Denn hätte der Mitarbeiter seinen Schaden dem Gericht überzeugend dargelegt, hätte es für das Unternehmen teuer werden können. Für Betriebe bedeutet dies, dass personenbezogene Daten per E-Mail grundsätzlich nur verschlüsselt versendet werden sollten. (KW) W
10.000 Euro
ein Arbeitnehmer wegen
gegen die DSGVO. a Arbeitsgericht Suhl: Urteil vom 20. Dezember 2023, Az. 6 Ca 704/23
Der Fall: Ein Unternehmen feierte mit seinen Mitarbeitern im September 2015 ein Betriebsjubiläum. Ende März des folgenden Jahres versteuerte der Betrieb die Kosten der Feier pauschal als geldwerten Vorteil. Während das Finanzamt dieses Vorgehen akzeptierte, forderte die Rentenversicherung nach einer Betriebsprüfung eine Nachzahlung. Das Urteil: Das Bundessozialgericht (BSG) entschied im Sinne der Rentenversicherung. Aufwendungen von mehr als 110 Euro je Beschäftigtem für eine betriebliche Feier seien als geldwerter Vorteil in der Sozialversicherung beitragspflichtig, wenn sie erst erheblich später pauschal versteuert werden, so die Richter. Ärgerlich für den Arbeitgeber: Er hätte der Beitragspflicht entgehen können – aber nur, wenn dies „mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum“ erfolgt wäre, erläuterten die Richter. Dies wäre im konkreten Fall die Entgeltabrechnung für September 2015 gewesen.
Dass im Steuerrecht bei der Pauschalbesteuerung anders verfahren werden könne, ändere an der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung nichts, erklärten die Richter. Der Betrieb muss nun 60.000 Euro nachzahlen. (KW) W
a BSG: Urteil vom 23. April 2024, Az. B 12 BA 3/22 R
Ein geldwerter Vorteil kann in der Sozialversicherung beitragspflichtig sein.
Wann darf der Fiskus schätzen?
In die Jahre gekommene Registrierkassen lassen sich manipulieren. Der BFH entschied jetzt, ob allein deshalb eine Umsatzschätzung rechtens ist.
Der Fall: Ein Restaurantbetreiber hatte jahrelang eine elektronische Registrierkasse sehr einfacher Bauart aus den 80er-Jahren verwendet. Einen Großteil seiner Umsätze erzielte er über Barzahlungen. Bei einer Prüfung beanstandete das Finanzamt seine Aufzeichnungen. Es schätzte die Umsätze des Restaurantbetreibers auf das Vierfache. Dieser klagte. Das Urteil: Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied im Sinne des Restaurantbesitzers. Die Kasse sei zwar manipulierbar gewesen, was einen formellen Mangel darstelle. Diese Tatsache allein reiche aber nicht aus, um eine Vollschätzung zu rechtfertigen. Diese sei nur zulässig, wenn die festgestellten Mängel gravierend seien. Eine tatsächliche Manipulation der Kasse habe aber das Finanzgericht nicht feststellen können. Zudem sei das Wissen um die Manipulierbarkeit alter Kassen erst im Laufe der Zeit gewachsen. Daher sei den Steuerpflichtigen Vertrauensschutz zu gewähren, wenn ɓ das Kassensystem zur Zeit seiner Nutzung verbreitet und allgemein akzeptiert war und ɓ eine Manipulation unwahrscheinlich ist.
Der BFH verwies den Fall zurück an das Niedersächsische Finanzgericht. Es muss nun die festgestellten Mängel neu erwägen und entscheiden, welche Voraussetzungen beispielsweise für eine Teilschätzung vorliegen. (KW) W a BFH: Urteil vom 28. November 2023, Az. X R 3/22
2 Norddeutsches Handwerk | 14. Juni 2024 Geld & Recht Foto: Arto stock.adobe.com Umsätze mit Bargeld müssen manipulationssicher registriert werden. Sonst droht eine Schätzung durch das Finanzamt.
Leitner stock.adobe.com
Foto: Bernd
Schmerzensgeld forderte
eines Verstoßes
Foto: Elnurstock.adobe.com
Foto: Leupold/ erstellt mit KI Midjourney
Ab 2025 sollen sich Nutzer auf dem Portal noch umfassender über ihre bisher erlangten Altersvorsorgeansprüche informieren können.
„60
Euro reichen nicht!“
SoloSelbstständige: Wer seine Vollkosten und verkäuflichen Stunden nicht kennt, belügt sich selbst –und schuftet sich in die Armut, warnt Rainer Dreier. Rechnung gefällig?
Die letzten Jahre des Aufschwungs waren bestes Terrain für Gründungen in vielen Handwerksbranchen: Denn Handwerker waren knapp und Aufträge lagen häufig auf der Straße. „Jetzt, wo die Nachfrage etwas nachlässt, merken viele Selbstständige, dass sie nicht genügend einnehmen, um kostendeckend zu arbeiten“, sagt Rainer Dreier, Gesellschafter des Beratungsunternehmens Fachhandwerk360. In den letzten Monaten seien verstärkt Solo-Selbstständige und Kleinstunternehmer auf ihn zugekommen, um sich in Sachen Kalkulation besser aufzustellen. Fachhandwerk360 vermittelt Handwerksbetrieben mit der sogenannten Bierdeckel-Kalkulation, was Betriebe brauchen, um wirtschaftlich gut dazustehen.
Ein Problem hat Rainer Dreier bei vielen Gründern im Handwerk beobachtet: Sie würden den Backoffice-Bereich unterschätzen –alle Aufgaben samt der vielen kleinen Nebentätigkeiten jenseits der reinen Auftragsbearbeitung. „Früher haben sie ihre handwerklichen Stunden dem Chef verkauft. Heute sind sie selbst Chef und die zusätzlichen Aufgaben drücken ihre verfügbaren verkäuflichen Stunden enorm.“ So bliebe von einem gängigen Stundenverrechnungssatz von 60 Euro nicht allzu viel übrig.
Herr Dreier, wie gut lebt es sich von 60 Euro die Stunde?
» Rainer Dreier: Das kommt ganz darauf an, wie viele geleistete Arbeitsstunden eines Jahres man tatsächlich abrechnen kann. Leider sind das weniger, als viele Handwerker beim Eintritt in die Selbstständigkeit glauben. Unsere Erfahrung ist gerade bei Kleinstbetrieben: In der Realität bekommen sie nur die Hälfte ihrer Stunden verkauft. Das weicht in der Regel deutlich von der Kalkulation ab, die sie im Businessplan ihrer Bank vorgestellt haben. Wie kommt es, dass die verkäuflichen Stunden so gering sind?
» Rainer Dreier: Gehen wir mal von einem motivierten SoloSelbstständigen aus, der für seine Firma 60 Stunden in der Woche schuftet. Auf das Jahr gerechnet leistet dieser rund 3.132 Stunden. Von diesen sind zunächst die sogenannten Ausfalltage wie Feiertage, Urlaub, Krankheit, Weiterbildung abzuziehen. Das sind jährlich schnell 50 Arbeitstage. Werden 30 Prozent der übrigen Zeit für Bürotätigkeiten benötigt, kommt man auf rund 1.764 Stunden, die der Solo-Selbstständige maximal abrechnen könnte. Aus vielen Beratungsaufträgen wissen wir jedoch, dass eine Verrechnungsquote von 100 Prozent nicht realistisch ist. Die sogenannten unproduktiven Zeiten – zum Beispiel das Aufräumen des Lagers, Fahrzeiten und Reklamationen – schlagen oft mit rund 20 Prozent zu Buche. Geht man also in unserem Beispiel von einer Verrechnungsquote von 80 Prozent aus, kann der Selbstständige nur 1.411 Stunden pro Jahr abrechnen.
Was bedeutet das für seinen Betrieb?
» Rainer Dreier: Zunächst heißt das, dass er bei einem Stundenverrechnungssatz von 60 Euro einen Lohnumsatz von rund 84.000 Euro erwirtschaften kann. Bei einem Materialumsatz von rund 50.000 Euro kann dieser Handwerker einen Umsatz von 134.000 Euro erzielen. Zieht man jetzt Materialeinkauf, Sachkosten, Abschreibungen und die Gewerbesteuer ab, bleiben ihm noch rund 60.000 Euro als Privatentnahme übrig.
Das hört sich doch erstmal gar nicht so schlecht an, oder?
» Rainer Dreier: Auf den ersten Blick ja. Viele Solo-Selbstständige denken, dass dies mit einem Nettogehalt von 5.000 Euro gleichzusetzen ist. Sie vergessen aber, dass davon auch nur rund die Hälfte übrig bleibt: Die andere Hälfte wird für die Krankenversicherung, Altersvorsorge und die Einkommensteuer gebraucht! Unserem hart arbeitenden Chef verbleiben also unterm Strich nur rund 30.000 Euro im Jahr. Für eine 60-Stunden-Woche! Bei einer 40-Stunden-Woche würde er schon fast am Existenzminimum kratzen.
Was raten Sie Solo-Unternehmen?
» Rainer Dreier: Dasselbe, was ich allen Handwerksbetrieben rate: Ihr müsst eure Preisuntergrenze kennen, um vernünftig kalkulieren zu können. Der Stundenverrechnungssatz ist eine trügerische Größe. Entscheidend ist der Vollkostensatz. Nur wenn ich meine gesamten Kosten kenne und weiß, wie viele Stunden ich im Jahr abrechnen kann, weiß ich auch, wohin mein Betrieb steuert. Dafür muss ich meine Schmerzgrenze kennen, um genau zu wissen: Ab wann verdiene ich Geld auf der Baustelle und wann zahle ich nur drauf? Unsere Erfahrung aus zahlreichen Praxisfällen: Kalkulieren ist ganz einfach, man muss nur seine Preisuntergrenze kennen! Und diese dann konsequent in der Vor- und Nachkalkulation anwenden, also bei jedem Angebot und bei jeder Schlussrechnung.
Was bedeutet diese Kalkulation für die Wahl der Aufträge?
» Rainer Dreier: Da der Solo-Selbstständige ja auf rund 1.411 abrechenbare Stunden begrenzt ist, macht es Sinn, möglichst
nur die Aufträge anzunehmen, die ihm pro Stunde die höchste Wertschöpfung bringen. Aufträge, bei denen unterm Strich nichts übrig bleibt, sollte er ablehnen.
Rainer Dreier, Gesellschafter des Beratungsunternehmens Fachhandwerk360 den pro Jahr wie der Solo-Selbstständige selbst. So verteilen sich seine Fixkosten auf deutlich mehr Stunden. DENNY
Was ist der einfachste Weg für Solo-Selbstständige, mehr Produktivität zu erreichen?
» Rainer Dreier: Mitarbeiter einstellen und wachsen! Jeder zusätzliche Facharbeiter bringt in etwa die gleichen abrechenbaren Stun-
JETZT anmelden! Online-Seminar „Bierdeckel-Kalkulation“: Erfahren Sie in unserem Online-Seminar am 18. Juni, 17:00–18:30 Uhr, wie Sie mit nur drei Zahlen profitabler werden, und tauschen Sie sich mit den Experten Rainer Dreier und Martin Herber aus. Kurzlink: svg.to/BDK
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| Norddeutsches Handwerk 14. Juni 2024 3 Brennpunkt Fotos: Privat photoschmidtstock.adobe.com
Erträge in Flammen: Trotz einer 60-Stunden-Woche bleibt bei vielen Solo-Unternehmern kaum Geld zum Leben übrig.
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Darauf sollten Baubetriebe jetzt achten
Der Neubau steht weiter unter Druck: Das belastet viele Bauträger finanziell. Zehn Tipps, damit eine Bauträger-Pleite nicht auch für Ihren Handwerksbetrieb zum Problem wird.
Wenn Bauträger Insolvenz anmelden müssen, wird es für Handwerksbetriebe oft teuer. „Da sind schnell sechsstellige Beträge offen“, sagt Tobias Hullermann, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht aus Augsburg und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein. Er hat zehn Tipps, mit denen Baubetriebe, die mit Bauträgern zusammenarbeiten, ihr finanzielles Risiko begrenzen können.
Tipp 1: Gucken Sie sich Ihren Auftraggeber genau an Bevor Sie den Vertrag abschließen, sollten Sie sich laut Hullermann den Vertragspartner genau ansehen: Haben Sie es mit einem etablierten Bauunternehmen oder einer Projektgesellschaft zu tun? „Projektgesellschaften werden häufig nur für ein Projekt gegründet“, erläutert der Baurechtler. Das Problem daran sei, dass die Gesellschaften häufig wenig Erfahrung haben und über wenig Kapital verfügen.
Tipp 2: Prüfen Sie, wann die Kalkulation für das Projekt erstellt wurde Es kann durchaus sein, dass zwischen Kalkulation und Auftragsvergabe Monate oder sogar Jahre liegen. Deshalb empfiehlt Hullermann: „Versuchen Sie herauszufinden, wann das Projekt kalkuliert wurde, bevor Sie den Vertrag unterschreiben.“ Vorsicht sei immer dann geboten, wenn die Kalkulation noch vor dem Krieg in der Ukraine oder sogar vor der Corona-Pandemie gemacht wurde. „Das kann ein Indiz dafür sein, dass dem Bauträger das Geld im Laufe des Bauvorhabens ausgehen könnte“, sagt der Fachanwalt. Schließlich ist das Projekt dann noch mit alten Preisen kalkuliert, infolge der Preissteigerung wird die Umsetzung aber deutlich teurer.
Tipp 3: Seien Sie misstrauisch, wenn der Auftraggeber von weiter weg kommt Bei Ihnen meldet sich ein Bauträger, der nicht aus Ihrem unmittelbaren Einzugsgebiet kommt und Ihren Betrieb mit Bauarbeiten beauftragen will? „Das sollte Sie stutzig machen“, sagt Hullermann. „Es kommt durchaus vor, dass klamme Bauträger versuchen, Aufträge an Baubetriebe aus anderen Städten oder Regionen zu vergeben“, erläutert der Jurist.
Tipp 4: Vereinbaren Sie, welche Leistungen Sie genau erbringen sollen Sie haben sich entschieden, den Auftrag anzunehmen? Dann hat Hullermann einen Tipp für den Vertrag: „Legen Sie unbedingt fest, welche Leistungen Sie erbringen sollen und wie diese Leistungen abzurechnen sind“, sagt der Fachanwalt. Er empfiehlt Handwerkern, auch zu vereinbaren, was gelten soll, falls noch Zusatzleistungen nötig werden: „So schaffen Sie Klarheit und vermeiden Konflikte.“
Tipp 5: Bieten Sie eine Sicherheit, wenn Sie im Gegenzug eine Vorauszahlung erhalten Beim Materialeinkauf gehen Handwerker oft in Vorleistung und das birgt immer ein finanzielles Risiko. „Rechtlich haben Handwerker aber keinen Anspruch auf eine Vorauszahlung“, erläutert Hullermann. Doch der Baurechtler kennt eine Möglichkeit, wie Sie sich mehr Sicherheit verschaffen können. „Sagen Sie Ihrem Vertragspartner, dass Sie gerne eine Vorauszahlung hätten, und bieten Sie im Gegenzug eine Sicherheit an“, rät der Rechtsanwalt. Willigt Ihr
Geschäftspartner ein, ist das zwar mit Aufwand für Sie verbunden. Schließlich müssen Sie eine Sicherheit zum Beispiel in Form einer Bankbürgschaft stellen. Doch laut Hullermann lohnt sich der Aufwand: „So haben Sie das Geld sicher und müssen nicht auf eigenes Risiko in Vorleistung gehen.“
Tipp 6: Vereinbaren Sie einen Zahlungsplan Bei Verträgen mit Bauträgern wird typischerweise die VOB/B vereinbart. Was für Abschlagszahlungen gilt, ist in § 16 VOB/B geregelt. „Das muss also nicht im Vertrag stehen“, sagt Hullermann. Handwerkern empfiehlt er zu prüfen, ob ein Zahlungsplan sinnvoll ist. Dem Baurechtler zufolge hilft das, Konflikte auf der Baustelle zu vermeiden: „Mit einem Rahmenzahlungsplan wissen beide Seiten genau, wann welche Leistung abgerechnet wird.“ Ein solcher Plan könne zum Beispiel wie folgt aussehen:
ɓ Nach Fertigstellung der Bodenplatte werden 10 Prozent der Gesamtsumme fällig.
ɓ Sobald das Erdgeschoss steht, muss der Bauträger 20 Prozent der Gesamtsumme zahlen. ɓ Ist der erste Stock des Rohbaus fertig, werden noch einmal 20 Prozent der Gesamtsumme fällig.
Tipp 7: Konsequent Abschläge fordern Ein Anspruch auf Abschlagszahlung bringt Ihnen nur etwas, wenn Sie diese auch konsequent einfordern.
Neue Fortbildung für Handwerker
Building Information Modeling: Im September startet ein neues Fortbildungsangebot. Wer teilnehmen kann und wie lange die Fortbildung dauert.
Geprüfter Berufsspezialist für Building Information Modeling (BIM) im Handwerk – so heißt das neue berufsbegleitende Fortbildungsangebot, das die Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz ab September 2024 anbietet. Es dauert insgesamt acht Monate und findet im „Blended-Learning-Format“ statt, also in einer Kombination von Online- und Präsenzlernen.
Inhalte der achtmonatigen Fortbildung sind:
ɓ BIM in Bauprojekten,
ɓ Anwendungsbereiche von BIM im Handwerk,
ɓ Projektmanagement und Kooperation in BIM-Projekten,
ɓ rechtliche und organisatorische Aspekte von BIM in Bauprojekten sowie
ɓ die Einführung von BIM im eigenen Betrieb.
Und was bringt Handwerkern die Fortbildung für die Praxis? Laut der Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk (ZWH) befähigt die Fortbildung Teil-
nehmer, BIM in ihren Arbeitsalltag zu integrieren. Sie könnten somit die gewerkeübergreifende Arbeit auf der Baustelle koordinieren, nachhaltige Zeit- und Kosteneinsparungen realisieren, Projektabläufe verbessern und die BIM-Methodik in ihrem Betrieb einführen. Dem ZWH zufolge umfasst die Fortbildung insgesamt 300 Unterrichtsstunden im Online- und Präsenzunterricht. Die verteilen sich auf Module:
ɓ Modul 1: BIM – Building Information Modeling im Handwerk (150 Stunden), ɓ Modul 2: Bauprojektmanagement und Führung (150 Stunden).
Wer kann teilnehmen? Handwerker, die über eine abgeschlossene Berufsausbildung im Bauhaupt- und Baunebengewerbe verfügen. Aber auch mit einem ingenieurwissenschaftlichen Studium (mindestens 90 Leistungspunkte nach ECTS) ist die Teilnahme möglich. (AML) W
Da sind schnell sechsstellige Beträge offen.
Tobias Hullermann, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Deshalb rät Hullermann: „Stellen Sie regelmäßig Abschlagsrechnungen.“ So könnten Sie sicherstellen, dass Sie bei dem Bauprojekt nicht zu stark in Vorleistung gehen.
Tipp 8: Prüffähige Rechnungen verschicken Damit Handwerker Anspruch auf Bezahlung haben, müssen sie an ihre Kunden Rechnungen verschicken, die prüffähig sind. „Handwerker sollten deshalb konsequent darauf achten, dass sie alle formalen Vorgaben erfüllen, damit die Kunden die Rechnungen prüfen können“, sagt Hullermann. Wie genau die Rechnung aussehen muss, hängt dem Baurechtler zufolge vom Einzelfall ab: Wenn im Vertrag beispielsweise ein Leistungsverzeichnis vereinbart sei, müsse die Aufstellung nach Leistungsverzeichnis für die erbrachten und abgerechneten Leistungen auch Teil der Rechnung sein. Es könne aber auch sein, dass Handwerker ein Aufmaßprotokoll beilegen müssen, damit die Rechnung prüffähig ist.
Tipp 9: Zahlungseingang prüfen Sobald Sie eine Rechnung verschickt haben, sollten Sie laut Hullermann im Kalender notieren, wann die Zahlung fällig wird. Nach Ablauf der Frist empfiehlt er Handwerkern, konsequent zu prüfen, ob die Zahlung eingegangen ist. Doch was ist zu tun, wenn das Geld nicht auf dem Konto ist? „Es gibt kein Patentrezept für solche
Umsätze im Sinkflug
Der aktuelle Konjunkturbericht für das Handwerk beschreibt eine eingetrübte Geschäftslage.
Fälle“, sagt der Baurechtler. Erfahrungsgemäß mache es aber meist Sinn, mit dem Auftraggeber zunächst zu reden. „Damit Sie sich rechtlich absichern, sollten Sie aber auch eine Zahlungserinnerung schicken“, rät Hullermann.
Tipp 10: Bei offenen Rechnungen nicht einfach die Arbeit einstellen Auf Ihrem Konto ist trotz Zahlungserinnerung noch immer kein Geld eingegangen? Dann verspüren Sie womöglich den Wunsch, die Arbeiten auf der Baustelle mit sofortiger Wirkung einzustellen. Trotzdem sollten Sie das nicht machen: „Mit einem Baustopp verhalten Sie sich treuwidrig. Damit machen Sie sich schadensersatzpflichtig, wenn der Auftraggeber nicht in Verzug ist“, warnt Hullermann. Er weist zudem darauf hin, dass bei VOB/B-Verträgen zwingend eine Nachfrist zu setzen ist, bevor die Arbeiten eingestellt werden dürfen.
Statt vorschnell zu handeln, empfiehlt Hullermann Handwerkern, sich juristisch beraten zu lassen: „Mit Ihrem Anwalt können Sie zum Beispiel überlegen, ob es in Ihrem Fall Sinn macht, die Bauhandwerkersicherung oder eine Handwerkersicherheitshypothek zu fordern.“ Hullermann weist allerdings darauf hin, dass insbesondere die Bauhandwerkersicherung ein „scharfes Schwert“ ist: „Wenn Handwerker eine Sicherheit nach § 650f BGB fordern, rutscht die Stimmung auf der Baustelle meist in den Keller.“
ANNA-MAJA LEUPOLD W
Im Mai hat der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) seinen Konjunkturbericht für das erste Quartal veröffentlicht. Demnach ließen insbesondere eine schwächelnde Baukonjunktur und die schwache Nachfrage der Industrie die Bewertungen der Geschäftslage insgesamt einbrechen. Positive Impulse beobachtete der ZDH in den Gewerken, die stärker auf dem privaten Konsum fußen, etwa in den Bereichen Kfz, Lebensmittel und private Dienstleister. Für sie hätten sich die Rahmenbedingungen infolge steigender Realeinkommen aufgehellt. Insgesamt hätten 43 Prozent der befragten Betriebe die Geschäftslage gut bewertet. Das seien 5 Prozentpunkte weniger als im Vorjahresquartal. 16 Prozent hätten die Lage schlecht bewertet – ein Anstieg um 3 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahresquartal. Die Geschäftserwartungen würden bestenfalls auf eine verhaltende Erholung im laufenden Quartal hindeuten. Schwächer als vor einem Jahr fiel laut ZDH auch die Bewertung der Umsatzentwicklung aus. Mehr Betriebe meldeten sinkende Umsätze, weniger Unternehmen verzeichneten wachsende Umsätze. Die durchschnittlichen Auftragsreichweiten seien auf 9,7 Wochen geschrumpft (vor einem Jahr: 11 Wochen). Als Risikofaktoren für die Konjunktur im Handwerk identifiziert der Bericht die Gefahr ausbleibenFoto:
Die schwache Baukonjunktur wirkt sich
die Geschäftslage insgesamt
4 Norddeutsches Handwerk | 14. Juni 2024 Wirtschaft
Fotos: Barbara Gandenheimer Natnanstock.adobe.com
Nicht nur auf der Baustelle gilt „safety first“! Wir haben zehn Tipps, wie Bauhandwerker ihr finanzielles Risiko begrenzen, wenn sie in Vorleistung gehen.
der Investitionen in die Energie- und Klimatransformation infolge politisch erzeugter Unsicherheiten. ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke sieht die Politik in der Pflicht, alles für wettbewerbsfähigere Standortbedingungen zu tun. (DEG) W
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AKTUELLES FÜR
BETRIEBSINHABER UND VERSICHERTE
TIPPS UND TRICKS
Bewerbungsstart:
Corporate Health Award 2024
Der Fachkräftemangel stellt viele Betriebe vor Probleme. Umso wichtiger ist es, ein gesundes Arbeitsumfeld zu schaffen. Deshalb verleiht der Corporate Health Award von EUPD Research und der Handelsblatt Media Group 2024 bereits zum achten Mal den Sonderpreis „Gesundes Handwerk“.
Gemeinsam mit der Sonderpreispartnerin IKK classic werden hierbei Handwerksunternehmen ausgezeichnet, die sich vorbildlich um die gesundheitlichen Belange ihrer Belegschaft kümmern und dadurch zur Attraktivität und Zukunftssicherung der Branche beitragen.
Der Award ist die renommierteste Auszeichnung in Deutschland für exzellentes Corporate Health Management. Er wird jährlich an die gesündesten Unternehmen Deutschlands in 16 Branchen verliehen. Die Bewerbung für den Sonderpreis „Gesundes Handwerk“ ist bis zum 31. Juli 2024 möglich unter: ch-award.de/gesundes-handwerk
Wiedereingliederung nach Krankheit
Manche Krankheiten bedürfen eines langen Behandlungszeitraums, sodass Mitarbeitende teilweise über mehrere Wochen ausfallen. Auch wenn es körperlich wieder bergauf geht, können Arbeitnehmende im Job unter Umständen nicht direkt wieder 100 Prozent geben. Seit 2004 sind Arbeitgeber verpflichtet, nach längerem krankheitsbedingten Ausfall eines Mitarbeiters ein sogenanntes betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchzuführen.
Das bietet nicht nur Vorteile für den Arbeitnehmenden sondern auch für den Betrieb: Im besten Fall verringert ein erfolgreich durchgeführtes BEM die Fehlzeiten der betroffenen Person. Vielleicht identifizieren Vorgesetzte außerdem generell krankmachende Faktoren, die sich ansonsten auf weitere Team-Mitglieder ausgewirkt hätten. Wer ältere Mitarbeitende beschäftigt, erkennt mögliche Rehabilitationsmaßnahmen frühzeitig und kann entsprechende Maßnahmen einleiten.
Mehr zum Thema: ikk-classic.de/bem
Tipp: Kennen Sie schon „Alles geregelt. Der Arbeitgeberpodcast der IKK classic“?
In Folge 2 dreht sich alles um das Thema „Der kranke Mitarbeiter“. Woran liegt es, dass die Zahl der Krankschreibungen auf Rekordniveau liegt? Und was ist das Wichtigste zu Arbeitsunfähigkeit, eAU, kranken Kindern und mehr? Der Podcast ist auf allen gängigen Podcast-Plattformen abrufbar. Mehr: ikk-classic.de/allesgeregelt
Künstliche Intelligenz im Sport
Im Leistungssport hat Künstliche Intelligenz (KI) längst Einzug gehalten. Doch auch im Breitensport kann sie einen echten Mehrwert bieten. Dabei geht es neben einer gesteigerten Leistungsfähigkeit vor allem um einen vereinfachten Einstieg oder Wiedereinstieg ins Training, nach langen Pausen oder Verletzungsphasen. Erfasst werden die nötigen Daten durch verschiedene Sensoren, Kameras und andere Quellen direkt am Trainingsgerät oder zusätzliche Messungen durch Fitnesstracker und Co. All das hilft auch bei der Verletzungsprävention.
Durch die Analyse von Daten zu Bewegungsmustern, Trainingsbelastung und biometrischen Informationen können KI-Systeme Risikofaktoren identifizieren und Empfehlungen zur Reduzierung des Verletzungsrisikos geben. Welche Vorteile haben
KI-gesteuerte Geräte im Training? Und für wen sind
KI-Geräte besonders geeignet? Mehr zum Thema: ikk-classic.de/ki-im-sport
Krebsvorsorge bei Männern
Männer gehen mit ihrer Krebsvorsorge häufig viel sorgloser um als Frauen. Dabei kann eine Früherkennungsuntersuchung Leben retten.
Mehr als 500.000 Menschen erkranken in Deutschland jedes Jahr an Krebs. Das geht aus der neuesten Ausgabe von „Krebs in Deutschland“ hervor. Ein Bericht, der alle zwei Jahre vom Robert Koch-Institut und dem Zentrum für Krebsregisterdaten herausgegeben wird.
Mehr als 260.000 Fälle davon betreffen Männer – das sind mehr als die Hälfte. Und dabei sprechen wir nur von den Neuerkrankungen.
Statistisch gesehen erkrankt jeder zweite Mann im Laufe seines Lebens an Krebs.
Diese Krebsarten treten bei Männern besonders häufig auf
Ein Blick in die Statistik zeigt: Männer erkranken mit Abstand am häufigsten an Prostatakrebs. Rund 66.000 Neuerkrankungen und 15.000 Todesfälle werden jährlich gezählt. Dahinter folgen Lungenkrebs und Darmkrebs.
Bei Frauen steht Brustkrebs an erster Stelle. Gefolgt von Darmkrebs, Lungenkrebs und Gebärmutterkörperkrebs.
Die fünf häufigsten Krebsarten bei Männern laut „Krebs in Deutschland“ sind:
▸ Prostatakrebs: 25,1 %
▸ Lungenkrebs: 13,0 %
▸ Darmkrebs: 11,7 %
▸ Harnblasenkrebs: 4,8 %
▸ Schwarzer Hautkrebs: 4,7 %
Das Risiko für bestimmte Krebsarten verändert sich im Laufe des Lebens. Bei Kindern ist Leukämie die häufigste Krebsart. Männer im Alter zwischen 25 und 45 Jahren erkranken am häufigsten an Hodenkrebs (4.060 Neuerkrankungen in 2020). Das macht 26 Prozent in dieser Altersgruppe aus. Mit zu-
nehmendem Alter ist das Risiko für Hodenkrebs nicht mehr so hoch. Dafür nimmt die Wahrscheinlichkeit deutlich zu, an Prostatakrebs, Lungenkrebs oder Darmkrebs zu erkranken.
Darum ist die Früherkennung wichtig Eine Krebserkrankung frühzeitig zu erkennen, erhöht die Heilungschancen enorm. „Früherkennung heißt, den Krebs nicht erst dann zu erkennen, wenn er schon nicht mehr heilbar ist“, sagt Prof. Dr. med. Axel S. Merseburger, Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Urologie, und Direktor der Klinik für Urologie am Campus Lübeck des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. Insbesondere bei Prostatakrebs, Darmkrebs und Hautkrebs spielt der Faktor Zeit eine große Rolle. „In frühen Stadien bestehen gute Heilungschancen“, betont der Experte. Ein Prostatakarzinom macht sich
Vorsorgetermin
SCHON GEWUSST?
Die IKK classic übernimmt die Kosten für diverse Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung. Welche Möglichkeiten es gibt, hängt unter anderem vom Alter und der Risikobewertung ab. Mehr zum Thema: ikk-classic.de/krebsvorsorge-maenner
häufig jedoch erst dann bemerkbar, wenn es schon zu spät ist. Die Karzinome breiten sich langsam aus. Veränderungen und Symptome merkt man deshalb meist erst spät. Deshalb ist es wichtig, sich ab einem bestimmten Alter regelmäßig checken zu lassen.
Ab wann zur Krebsvorsorge?
Im Idealfall sollte die Krebsvorsorge so früh wie möglich beginnen. Auch, wenn Krebs insbesondere für jüngere Menschen häufig sehr weit entfernt zu sein scheint. Als Faustregel empfehlen Mediziner: Ab 35 Jahren regelmäßig zum Hautscreening, ab 45 Jahren beginnt die Früherkennung für Prostatakrebs und ab 50 Jahren für Darmkrebs. Bei entsprechenden Risikofaktoren, wie beispielsweise bekannten Krebserkrankungen in der Familie, sollte die Vorsorge unter Umständen auch früher beginnen.
„Topfit im Handwerk“: Viebrockhaus AG aus Harsefeld gewinnt den 1. Preis
Jedes Jahr zeichnen die IKK classic und die Unternehmensverbände Handwerk Niedersachsen e.V. (UHN) mit dem Wettbewerb „Topfit im Handwerk“ gemeinsam Handwerksbetriebe in Niedersachsen aus, die sich für die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden einsetzen.
Wir wollen damit die Handwerksbetriebe zwischen Nordsee und Harz noch mehr motivieren, sich für die Gesundheit ihrer Beschäftigten stark zu machen“, so IKK-Regionaldirektor Markus Schrader. „Die Viebrockhaus AG ist dabei mit ihrem Engagement mehr als vorbildlich, dafür wurde sie jetzt mit dem 1. Platz im Wettbewerb ausgezeichnet.“
Gemeinsam mit IKK-Kundenberater Thomas Bornemann gratulierte er dem gesamten Team und überreichte die Urkunde an Personalvorstand Wolfgang Werner und Christina Schött, Gesundheitsmanagerin der Viebrockhaus AG.
Das 1954 gegründete Traditionsunternehmen, das in Massivbauweise gebaute Ein- und Mehrfamilienhäuser schlüsselfertig errichtet, hat schon lange die Gesundheit seiner über 1.100 Beschäftigten im Blick. Denn: „Motivierte und gut ausgebildete Fachkräfte sind das Rückgrat unseres Unternehmens, darum ist es für uns wichtig, dass sie gesund und fit bleiben.
Um dies zu erreichen, muss man sich natürlich auch um entsprechende Maßnahmen kümmern“, so Wolfgang Werner. Darum hat das Bauunternehmen bereits 2018 extra eine Abteilung für betriebliches Gesundheitsmanagement ins Leben gerufen. Mit Hilfe der IKK classic wurde für das betriebliche Gesundheitsmanagement eine Ist-Analyse
Preisübergabe: (v.l.n.r.) Thomas Bornemann (Kundenberater im Außendienst IKK classic), Wolfgang Werner (Personalvorstand Viebrockhaus AG), Christina Schött (Gesundheitsmanagerin Viebrockhaus AG), Markus Schrader (Regionaldirektor IKK classic)
im Betrieb durchgeführt, auf der verschiedene Maßnahmen aufbauten, die vor allem die Rückengesundheit der Beschäftigten in den Mittelpunkt stellten. Zudem unterstützt das Unter-
nehmen die Mitarbeitenden bei Facharztterminen, bietet interne und mobile Physiotherapie sowie ein gesundes Mittagessen im hauseigenen Restaurant. „Die Maßnahmen waren ein
voller Erfolg, nicht zuletzt, weil sich die Mitarbeitenden noch mehr wertgeschätzt fühlen und sich auch ihre gesundheitliche Situation verbessert hat“, so Wolfgang Werner.
ANZEIGENSONDERVERÖFFENTLICHUNG DIE GESUNDHEITSSEITE DER
beim Arzt: Die Untersuchung kann Leben retten.
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Foto: © IKK classic
So werden Praktika zum Erfolg
Hilfe, ein Praktikant kommt! Wer so denkt, versäumt eine große Chance in der Azubi-Gewinnung.
Praktikanten stehen im Weg, machen Arbeit und eine gute Aufgabe für sie ist nur schwer zu finden. „Das mag manchmal so sein“, sagt Ausbilderberaterin Sabine Bleumortier. „Doch Praktika sind ein sehr guter erster Schritt, um gute Azubis zu finden. Wann bietet sich sonst die Möglichkeit, einen potenziellen Bewerber ein bis zwei Wochen kennenzulernen und zu sehen, ob er in den Betrieb und zum Beruf passt?“
Um das herauszufinden, sind allerdings auch ein bisschen Mühe und Vorbereitung gefragt. „Am wichtigsten ist, dass sich die jungen Leute wertgeschätzt und ernst genommen fühlen“, sagt Bleumortier. Die Generation Z sei daran gewöhnt, dass auf ihre Wünsche zumindest eingegangen werde. Gerade jetzt, wo die Ferien vor der Tür stehen, bietet es sich an, Praktikumsplätze anzubieten und so potenzielle Azubis zu gewinnen. Hier kommen ihre fünf Tipps für gelungene Praktika.
Tipp 1: Versorgen Sie Ihren Praktikanten vorab mit den wichtigsten Informationen Erinnern Sie sich an Ihre Schulzeit und das erste Praktikum in einem Betrieb? Es war eine aufregende Sache! „Es hilft, wenn die Schnupperschüler wissen, was sie erwartet“, sagt Sabine Bleumortier. Deshalb empfiehlt sie, den Praktikanten vorab per Whatsapp oder Brief das Wichtigste mitzuteilen:
ɓ Wo sollen sie wann am ersten Tag sein?
ɓ Bei wem sollen sie sich melden?
ɓ Wer ist ihr Betreuer?
ɓ Wie sollen sie gekleidet sein?
ɓ Sollen sie sich etwas zu essen mitbringen?
ɓ Welche Aufgaben erwarten sie?
ɓ Wie lange werden sie am ersten Tag im Betrieb sein?
ɓ Werden Fotos gemacht und auf Ihrer Website oder auf Ihren Social-Media-Kanälen veröffentlicht? Dann brauchen Sie eine Einverständniserklärung, bei Minderjährigen von den Eltern!
Tipp 2: Sorgen Sie im Betrieb für eine gute Betreuung und ein kleines Projekt
Am ersten Tag sollte sich Ihr Praktikant im Betrieb willkommen fühlen. „Wichtig ist daher, dass Sie eine gute Betreuung ermöglichen“, sagt die Ausbilderberaterin. Bereiten Sie Ihr Team vor, damit Praktikanten nicht als Belastung empfunden werden. „Es ist für alle die Möglichkeit, den eigenen Beruf in gutem Licht zu zeigen und für Nachwuchskräfte zu sorgen“, betont sie. Trotzdem sollte die Betreuung niemanden überfordern. „Vielleicht gibt es Auszubildende, die sich gern um einen Praktikanten kümmern?“, so Bleumortier. „Oder kann der Geselle, der ihn betreut, von anderen Aufgaben entlastet werden?“
Ihr Praktikant war gut? Dann halten Sie Kontakt.
Sabine Bleumortier, Ausbilderberaterin
Besonders wertvoll wird ein Praktikum, wenn die Schüler etwas Eigenes anfertigen können. „Wenn es die Möglichkeit gibt, sie ein Projekt in Angriff nehmen zu lassen, sollten Sie diese unbedingt nutzen“, sagt die Beraterin. Ein Schlüsselanhänger aus Holz, ein selbst gebauter Handyhalter aus Metall oder kreatives Basteln mit Materialresten könnten mögliche Ideen sein. „Durch Zuschauen und Aufräumen lernen die jungen Leute den Beruf nicht kennen“, betont Bleumortier. Und: Nutzen Sie das (gelungene) Projekt, um Anerkennung zu zeigen: Posten Sie ein Foto auf Social Media und loben Sie Ihren Praktikanten dafür.
Tipp 3: Nutzen Sie die Zeit im Betrieb für Hintergründe über Beruf und Ausbildung Ein bis zwei Wochen bleiben Praktikanten in der Regel im Betrieb. In dieser Zeit können Sie Werbung für Ihren Beruf und das Handwerk machen. „Besonders schön ist natürlich, wenn sich auch der Chef mal
um den Praktikanten kümmert“, sagt Bleumortier. Vielleicht hat er Fragen zum Betrieb oder Beruf? Aber auch Sie können erklären: Was lernt man in der Ausbildung? Wo können die Fachkräfte Ihres Gewerks eingesetzt werden? Und wie kommt man an einen Ausbildungsplatz im Betrieb? „Wenn sich ein Praktikant besonders gut macht, können Sie ihm auch direkt eine Ausbildung anbieten, ganz ohne Bewerbungsschreiben und Vorstellungsgespräch“, sagt Bleumortier.
Tipp 4: Geben Sie Ihren Praktikanten ein Erinnerungsstück und ein Zeugnis mit Nicht in jedem Gewerk können Praktikanten etwas Eigenes bauen oder entwickeln. „Dann sollten Sie sich überlegen, ob Sie ihnen ein anderes kleines Abschiedsgeschenk mitgeben können, um an den Betrieb zu erinnern“, rät die Ausbilderberaterin. Das kann ein Werbegeschenk sein wie ein Becher oder ein Zollstock, aber auch Kuchen aus der Bäckerei oder Eintrittskarten für die nächste Messe, auf der der Betrieb vertreten ist. „Denken Sie auch daran, Ihrem Praktikanten ein kurzes Zeugnis zu schreiben“, sagt Bleumortier. „Denn auch, wenn die Ausbildung in Ihrem Beruf oder Betrieb nicht infrage kommt, ist eine Praktikumsbeurteilung bei einer anderen Bewerbung hilfreich.“
Tipp 5: Halten Sie Kontakt Der Praktikant war pfiffig, aber noch nicht entschlossen, eine Ausbildung zu beginnen? „Dann halten Sie Kontakt“, sagt Bleumortier. „So können Sie ihn informieren, wenn bei Ihnen die Bewerbungsphase beginnt, oder ihn zum Tag der offenen Tür einladen.“ Möchten Sie die Zeit zwischen Praktikum und schon verabredeter Ausbildung überbrücken? Dann können Sie ihn auch zum Sommerfest oder zum Betriebsgrillen einladen. „Ein gutes Praktikum ist immer Werbung für Ihren Betrieb, auch wenn der Praktikant nicht als Azubi infrage kommt“, betont die Ausbilderberaterin. „Die Schüler tauschen sich untereinander, mit Eltern und Lehrern aus. Wenn Ihr Betrieb dabei gut dasteht, ist diese Mund-zu-Mund-Propaganda Gold wert.“
W
KATHARINA WOLF
„Wir picken uns die Rosinen raus“
GmbH
Dachbau
Foto: HW Hannover
Praktikanten gehören bei HW Hannover Dachbau zum Alltag. „Wir haben fast alle 14 Tage jemanden da“, sagt Bastian Westmann (Foto), Geschäftsführer und Zimmermeister. Kooperationen mit vier Schulen und Stände auf Berufsfindungsmessen sorgen für regelmäßige Bewerbungen. „Da ist vom Girls‘ Day über Praktikanten im Berufsvorbereitungsjahr bis hin zu Schulabsolventen alles dabei“, sagt Westmann. Zwei Wochen verbringen die Praktikanten in der Regel im Betrieb. Westmann sieht Praktika als Chance, gute Auszubildende für den wachsenden Betrieb zu finden. „Wir merken schnell, wer Interesse am Beruf hat und die Arbeit schafft. Wir picken uns die Rosinen raus“, so der Zimmermeister. Die „Vorauslese“ ist
ihm wichtig. „Einmal haben wir auf Praktika verzichtet und mehr Azubis direkt eingestellt. Da gab es deutlich mehr Probleme im Laufe der Ausbildung“, berichtet Westmann.
Die jungen Leute werden möglichst nach ihren Interessen eingesetzt – der Betrieb bildet Dachdecker und Zimmerer aus. „Wir wollen, dass sie den Berufsalltag kennenlernen, deshalb fahren sie mit auf die Baustellen und bekommen vernünftige Aufgaben.“ Dabei kann auch ein Traum platzen: „Ein Praktikant wollte unbedingt Dachdecker werden, doch dann stellte sich heraus, dass er an Höhenangst litt“, erinnert sich Westmann. Wichtig ist dem Zimmermeister die Betreuung der jungen Leute. „Es gibt zwei Feedbackgespräche, eines nach einer Woche und eines am Ende“, so Westmann. „Ich will wissen, wie es ihnen geht und was ihnen gefallen hat – oder auch nicht.“ (KW)
Zahl der Ausbildungsverträge wächst
Corona hatte im Handwerk für eine Delle bei neuen Ausbildungsverträgen gesorgt. Doch jetzt steigt die Zahl der Azubis wieder – in drei Bundesländern sogar besonders stark.
Das Handwerk konnte im vergangenen Jahr wieder mehr junge Menschen in eine Ausbildung bringen. Wie der Berufsbildungsbericht 2024 ermittelt, wurden insgesamt 134.785 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge registriert. Das waren 1.636 oder 1,2 Prozent mehr als 2022. Allerdings ist der Einbruch durch die Corona-Krise noch nicht wieder ausgeglichen: Verglichen mit 2019 entspricht die Zahl einem Minus von 8.090 Verträgen.
Die Entwicklung verteilt sich ungleich – regional und über die Berufe. So stieg die Zahl der Ausbildungsverträge besonders stark in Mecklenburg-Vorpommern (+9,9 %), in Thüringen (+8,2 %) und in Hamburg (+8 %). In Berlin, Nordrhein-Westfalen und Sachsen ging die Zahl hingegen zurück. In Niedersachsen (+1,1 %) und Sachsen-Anhalt (+4,3 %) stieg sie leicht. Mehr Auszubildende konnten unter anderen die E-Handwerker verzeichnen. Wie der Berufsverband ZVEH ermittelte, stieg ihre Zahl um 3,9 Prozent. Zu den Berufen mit den stärksten relativen Rückgängen zum Vorjahr zählten laut Berufsbildungsbericht Raumausstatter (–19,1 %), Maurer (–14 %) sowie Beton- und Stahlbetonbauer (–12,6 %).
Trotzdem sammeln sich einige Handwerksberufe unter den beliebtesten 25 Lehrberufen des vergangenen Jahres: Kfz-Mechatroniker, Elektroniker und SHK-Anlagenmechaniker waren die beliebtesten Ausbildungsberufe für Männer. Klassisch blieb auch die Wahl der jungen Frauen: Friseurin, Fachverkäuferin im Lebensmittelhandwerk oder Augenoptikerin. Mit einem Anteil von fast einem Drittel an allen Neuabschlüssen ist das Handwerk erneut zweitgrößter Ausbildungsbereich. (KW) W
6 Norddeutsches Handwerk | 14. Juni 2024 Personal
Fotos: Elisabeth Pfahler-Scharf | M.Dörr & M.Frommherz stock.adobe.com
Besonders wertvoll wird ein Praktikum, wenn die Schüler etwas Eigenes anfertigen können – nur vom Zuschauen lernen sie wenig.
Mehr Ausbildungsverträge konnte unter anderem das Elektrohandwerk verzeichnen. Foto: industrieblick stock.adobe.com
Fassade des Abenteuer-Hotels im Heide
„Wirtschaftlich gutgetan“
Tausende Liter Farbe bei Kälte und Wind an eine 100 Meter lange Fassade zu bringen, ist herausfordernd. Dennoch war dieser Auftrag pünktlich zum Saisonstart im Heide Park Resort Soltau fertig.
Die Farben Orange und Rot strahlen von der Fassade des riesigen Gebäudes am Eingang des Freizeitparks in Niedersachsen. „Die Töne sind genau auf das Logo des Heide Parks abgestimmt“, berichtet Malermeister André Wasylciw. Der Park habe die Anforderung an die Farbgebung des Abenteuer-Hotels vorgegeben und die Maler tüftelten mit dem Lieferanten so lange, bis der Ton passte. „Für die 3.500 Quadratmeter Fassade haben wir insgesamt 1.500 Liter Farbe verbraucht“, berichtet der Inhaber des Malerbetriebs Eylers in Schneverdingen.
Größte Herausforderung: die Witterung In fünf Bauabschnitte wurde die Fassade unterteilt, etwa vier Mitarbeitende aus dem Team von 20 Beschäftigten seien vor Ort gewesen. Die größte Besonderheit an dem Projekt: „Wir haben die Abschnitte nach und nach eingehaust, weil es immer
wieder geregnet hat. Durch den Wind ist die Plane mehrfach gerissen und wir haben alles gegeben, damit die Feuchtigkeit nicht eindringt“, berichtet Wasylciw. Nur durch den Schutz der Planen und die Beheizung mit Warmluft habe die Farbe dauerhaft gehalten und der Auftrag konnte pünktlich fertig werden.
Durch den Wind ist die Plane mehrfach gerissen und wir haben alles gegeben, damit die Feuchtigkeit nicht eindringt.
André Wasylciw, Malermeister
Dürfen Arbeitgeber die Farbe der Arbeitskleidung vorschreiben? Darüber musste jetzt ein Gericht entscheiden.
Zudem sei der Putz an der Oberfläche des Gebäudes extrem rau gewesen, sodass die Maler das Objekt zwei Mal streichen mussten, um die gewünschte Farbgebung zu erzielen. Alltäglich sei der Auftrag aufgrund dieser Besonderheiten nicht gewesen. „Wir sind Abschnitt um Abschnitt besser geworden und haben dazugelernt“, sagt der 34-jährige Meister. Auch die Koordination mit den anderen Gewerken wie den Gerüstbauern habe reibungslos funktioniert.
Tolle Referenz für den Malerbetrieb Seit 2021 führt der Betrieb immer mal wieder Aufträge für den Freizeitpark aus – von Anstricharbeiten innen und außen über Korrosionsschutz an Fahrgeschäften bis hin zu den Verwaltungsgebäuden und Imbissgeschäften. „Ein großer Vorteil ist, dass wir mit dem Auto in zehn Minuten dort sind“, berichtet der Unternehmer, der als Kind selbst oft dort war. Großer Pluspunkt für den Betrieb: Der Heide Park ist deutschlandweit bekannt und dieser Auftrag deshalb eine tolle Referenz. „Wir haben uns für die Dokumentation extra eine Drohne angeschafft und schöne Aufnahmen der Arbeiten gemacht“, sagt Wasylciw. Geplant sei, daraus ein Video für die Website und die Social-MediaKanäle zu machen. Pünktlich seit der Saisoneröffnung strahlt die Fassade in frischen Farben. Für den Betrieb war der Auftrag aber noch aus einem anderen Grund ein Glücksgriff: „Wir arbeiten sonst viel in Neubauten und dieser Bereich schwächelt momentan. Deshalb hat uns der Heide Park auch wirtschaftlich gutgetan“, sagt der Malermeister. MARTINA JAHN W
Rote Arbeitskleidung verweigern?
Ein Mitarbeiter will die rote Arbeitsschutzhose, die sein Arbeitgeber vorschreibt, nicht tragen. Er erhält eine Kündigung – doch wer hat Recht?
Der Fall: Ein Arbeitnehmer arbeitet seit knapp zehn Jahren in einem Betrieb in der Produktion. Er arbeitet unter anderen an der Kappsäge und mit Akkubohrern. Zudem schneidet er Profile zu und arbeitet in der Montage viel auf Knien. Der Arbeitgeber stellt seinen Mitarbeitenden für alle betrieblichen Tätigkeiten Arbeitskleidung zur Verfügung.
Es gibt eine Kleiderordnung. In den Bereichen Montage, Produktion und Logistik sollen unter anderem rote Arbeitsschutzhosen getragen werden. Der Mitarbeiter erscheint jedoch grundsätzlich in einer schwarzen Arbeitshose und verweigert auch nach zwei Abmahnungen das Tragen der roten Arbeitsschutzhose
des Betriebs. Daraufhin erhält er die Kündigung und verklagt seinen Arbeitgeber.
Das Urteil: Die Richter am Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf entscheiden zu Gunsten des Betriebs. Der Arbeitgeber sei berechtigt, die Farbe der Arbeitsschutzhose vorzuschreiben. Die Persönlichkeitsrechte des Arbeit-
nehmers seien nur in der Sozialsphäre betroffen. Viel wichtiger sei in dem Fall die Arbeitssicherheit. Rot als Signalfarbe dürfe angeordnet werden, da in dem Arbeitsbereich des Mitarbeitenden auch Gabelstapler fuhren. Die Farbe Rot erhöhe die Sicherheit der Mitarbeitenden. Die Kündigung des Arbeitgebers sei folglich rechtens gewesen. (JA) W a LAG Düsseldorf: Urteil vom 21. Mai 2024, Az. 3 SLa 224/24
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| Norddeutsches Handwerk 14. Juni 2024 7 Wirtschaft & Recht Foto: Voyagerixstock.adobe.com
Fotos: Maria Haemmerling Privat | Jakob Jahn Orange-rot leuchtet jetzt die riesige
Resort Soltau.
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In fünf Abschnitten haben sich die Handwerker vom Malerbetrieb Eylers aus Schneverdingen an der Fassade entlanggearbeitet.
Stift- und Zollstocktaschen großflächiger Stretcheinsatz
Nachweispflichten für Handwerker?
Vom Zulieferteil aus handwerklicher Fertigung bis zum Innenausbau im Konzerngebäude: Welche Bedeutung wird das EU-Lieferkettengesetz für Handwerker haben?
Das EU-Lieferkettengesetz – auch bekannt als Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) – ist weitgehend entschieden. Ende April dieses Jahres wurde die Richtlinie vom EU-Parlament beschlossen, Ende Mai passierte sie den Rat der Europäischen Union. Konkrete Gültigkeit wird die Richtlinie für die ersten Unternehmen zwei Jahre nach ihrem Inkrafttreten im Jahr 2027 haben. Die aktuelle Fassung der CSDDD gibt es unter dem Kurzlink svg.to/csddd.
Die Richtlinie soll Großunternehmen im EU-Raum verpflichten, entlang ihrer gesamten weltweiten Wertschöpfungskette menschenwürdig und umweltverträglich zu handeln. Kinderarbeit, Ausbeutung von Arbeitskräften und Umweltverschmutzung sollen von der Rohstoffgewinnung über die Verarbeitung und den Transport bis zur Nutzung oder den Verkauf in Europa vermieden werden.
Gesetz für Große, das auch kleine Betriebe trifft KMU – und somit nahezu alle Handwerksbetriebe –werden in der Richtlinie nicht direkt in die Pflicht genommen. Dennoch fürchten Handwerksverbände große bürokratische Aufwände für Handwerker, die sich aus den Nachweispflichten der CSDDD ergeben können. Damit das nicht passiert, wäre der deutsche Gesetzgeber gefragt. Er muss die Richtlinie in deutsches Recht umsetzen, damit ihre Inhalte für deutsche Unternehmen gelten können.
Dabei müsse der deutsche Gesetzgeber darauf achten, zulasten von KMU keine „BürokratisierungsFalle“ aufzustellen, mahnt Cornelia Höltkemeier, Geschäftsführerin der Landesvereinigung Bauwirtschaft Niedersachsen (LV Bau). „Auf den ersten Blick unterscheidet die Richtlinie klar zwischen KMU und Großunternehmen“, sagt sie. „Das Problem ist die Bugwelle, die die Vorgaben für die großen Unternehmen nach sich ziehen: Wenn man die Großen verpflichtet, besteht die Gefahr, dass diese ihre Nachweispflichten schlicht ‚durchreichen‘ an die Ausführenden, ohne selbst Verantwortung zu übernehmen.“
„Die Großunternehmen müssen darlegen, dass es von der Rohstoffgewinnung etwa in Asien oder Afrika über die Weiterverarbeitung und den Schiffstransport nach Europa keine Verstöße gegeben hat“, erklärt Höltkemeier. Zu befürchten sei, dass sie diesen Nachweis schlicht erbringen, indem sie Fragen an die ausführenden Handwerksbetriebe weiterreichen. Fragen wie: „Das Material vom Holz bis zu den Schrauben, die Sie im Projekt verwenden – sind die nach den Vorgaben des Lieferkettengesetzes bedenkenlos einsetzbar?“, formuliert Höltkemeier beispielhaft.
EU-Lieferkettengesetz: Keine Gültigkeit, wenn Großunternehmen Kunde ist? Und laut der LV-Bau-Geschäftsführerin fallen nicht nur von Großunternehmen gefertigte Produkte unter das EU-Lieferkettengesetz. „Das Gesetz betrifft die gesamte Beschaffung der betroffenen Unternehmen inklusive der Infrastruktur, innerhalb derer es Produkte herstellt.“ Was also dürfte passieren, wenn ein deutscher Automobilkonzern einen Sanitärbetrieb beauftragt, Waschräume zu sanieren? „Der SHKBetrieb könnte in die Situation geraten, für sämtliche verbauten Komponenten Auskunft darüber geben zu müssen, dass sie dem Lieferkettengesetz entsprechen“, fürchtet Höltkemeier.
EU-Lieferkettengesetz: Müssen Handwerker bei Aufträgen für Großunternehmen bald Papierberge an neuen Nachweisen liefern?
Das bestätigte zunächst auch das EU-Parlament. Am 16. Mai hat eine Parlaments-Sprecherin die Aussage allerdings korrigiert. Die Übersetzung der englischsprachigen Aktualisierung: „Die Handwerker, die Bauarbeiten für das Gebäude eines Großunternehmens ausführen, würden nicht als Geschäftspartner gelten. Das Großunternehmen wäre lediglich ihr ,Kunde‘, sodass die CSDDD-Verpflichtungen des Unternehmens nicht für sie gelten würden.“ Somit sollte die Richtlinie Handwerker nicht treffen, die im Großunternehmen ein Bad sanieren oder Geschäftsräume modernisieren. Lediglich wenn Handwerker als Geschäftspartner in die Tätigkeitskette des Unternehmens eingebunden sind, würden die CSDDDVerpflichtungen für sie gelten. Beispielsweise wenn sie Teile für dessen Produkte fertigen und somit einen Teil zur Haupttätigkeit des Großunternehmens beitragen. Darüber hinaus erläutert die Sprecherin: „Es handelt sich um eine recht komplexe Rechtsfrage, die in den einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften genauer erläutert werden muss.“
Cornelia Höltkemeier allerdings überzeugt diese Aussage noch nicht vollkommen: „Die recht formale Differenzierung in der CSDDD, ob ein Betrieb in die Tätigkeit des Großunternehmens ‚eingebunden‘ ist
Der SHKBetrieb könnte in die Situation geraten, für sämtliche verbauten Komponenten Auskunft darüber geben zu müssen.
oder nicht, wird in der Praxis nicht wirklich weiterhelfen. Eine eindeutige Klarstellung kann nur durch den deutschen Gesetzgeber, der jetzt am Zug ist, erfolgen.“
Vorbild Deutschland:
Werden Nachweispflichten durchgereicht? Ihre größte Sorge ist dabei, dass die Großunternehmen mehr Nachweisaufwand an ihre Auftragnehmer durchreichen, als im Sinn des CSDDD wäre. „So passiert es leider schon in der Anwendung des deutschen Lieferkettengesetzes“, sagt die LV-Bau-Chefin. Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) trat im Januar 2023 in Kraft und gilt seit diesem Jahr auch für Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden. Nach LkSG sollten die nachweispflichtigen Unternehmen eigentlich ernsthaft filtern, welche Fragen sie von ihren Geschäftspartnern zur Erfüllung des Gesetzes beantwortet haben müssen. „In der Praxis wird häufig leider nicht so sorgfältig differenziert“, sagt Höltkemeier. Dabei stellt das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (BAFA) in einem ausführlichen FAQ ausdrücklich klar, dass die Pflichten zwischen Großunternehmen und KMU im deutschen Gesetz klar getrennt sind. Es betont, dass nach dem LkSG verpflichtete Unternehmen ihre Pflichten nicht auf KMU abwälzen dürften. Wer das dennoch tue, dem drohen Kontrollen durch das Bundesamt.
KMU bei deutscher Umsetzung schützen
In der Praxis passiere es dennoch, sagt die LV-BauChefin. Würde sich dieses Verhalten auch in der Umsetzung des EU-Lieferkettengesetzes etablieren, wären die Folgen für KMU ungleich größer als nach dem LkSG, fürchtet Höltkemeier. Grund: Das europäische Lieferkettengesetz ist strenger als das aktuell noch geltende deutsche. „Im LkSG muss man in Bezug auf die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz nur einen Schritt in der Wertschöpfungskette zurückgehen. Im EU-Gesetz betrifft es die gesamte Wertschöpfungskette.“ Bezogen auf eine Schraube zähle dann also nicht nur, ob sie unter menschenwürdigen Bedingungen produziert wurde, sondern unter anderem auch, ob ihr Rohstoff unter menschenwürdigen Bedingungen abgebaut wurde. Ab Inkrafttreten des CSDDD hat die Bundesregierung zwei Jahre Zeit, die EU-Richtlinie mit einem Gesetz in deutsches Recht zu übertragen. Cornelia Höltkemeier sieht es in der Zwischenzeit als größte Aufgabe der Verbände an, darauf hinzu-
EU-Lieferkettengesetz: Fakten und Zeitpunkte des Inkrafttretens Im EU-Lieferkettengesetz CSDDD sollen Großunternehmen in drei Phasen zur Umsetzung verpflichtet werden:
1 Erstmals gelten die Regeln ab 2027, und zwar nur für Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und über 1,5 Milliarden Euro Umsatz.
2 Ab 2028 sollen sie auch für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten und einem Umsatz von über 900 Millionen Euro gelten.
3 Die letzte Stufe erreicht die Richtlinie 2029 Dann gilt sie auch für alle Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und über 450 Millionen Euro Umsatz.
Cornelia Höltkemeier, Geschäftsführerin LV Bau wirken, dass der Fehler vom deutschen Lieferkettengesetz nicht wiederholt wird: „Wir brauchen einen wirkungsvollen Mechanismus, der verhindert, dass Großunternehmen den Nachweisdruck aus dem CSDDD einfach an kleine Unternehmen durchreichen können“, sagt sie.
Die Anreize für Großunternehmen, sich an das CSDDD zu halten, dürften groß sein, da empfindliche Sanktionen möglich sind. Laut EU-Parlament könnten etwa Geldstrafen bis zu fünf Prozent des weltweiten Nettoumsatzes des Unternehmens betragen. Zudem erhielten die Geschädigten ein Klagerecht in Europa, sodass die Unternehmen für Schäden haften, die durch die Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten entstehen, und „die Betroffenen vollständig entschädigen“ müssen.
Diese geplanten CSDDD-Regeln wurden abgewendet Eigentlich hatten auch Unternehmen ab 500 Mitarbeitenden und 150 Millionen Euro Umsatz zur Umsetzung der CSDDD verpflichtet werden sollen. Und: Für Unternehmen in sogenannten Risikosektoren – darunter der für den Bausektor bedeutende Abbau von Bodenschätzen und die Holzwirtschaft – sollte sie ab 250 Beschäftigten und 40 Millionen Euro Nettoumsatz jährlich gelten. Diese harten Vorschriften wurden jedoch im Abstimmungsprozess aus der ursprünglichen Fassung der Richtlinie gestrichen. „Durch diese Nachbesserungen gibt es keine besonders strenge Behandlung von Unternehmen aus dem Bausektor. Für sie gelten nun dieselben Schwellenwerte wie für alle anderen Großunternehmen“, sagt Höltkemeier. DENNY GILLE W
8 Norddeutsches Handwerk | 14. Juni 2024 EU-Lieferkettengesetz
KI
Für verbesserte Arbeits- und Umweltschutzbedingungen weltweit nimmt die EU ihre Großunternehmen in die Pflicht. Das werden wohl auch Handwerksbetriebe zu spüren bekommen. Foto: Gille, erstellt mit KI Midjourney
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Mode, die Azubis begeistert
Hoodie, Poloshirt oder Zunfthose? Zwei Azubis verraten, was sie bei der Arbeit auf dem Bau am liebsten tragen und ob sie andere Wünsche haben als ältere Kollegen.
Drei Arbeitshosen, Westen und Pullover sowie fünf T-Shirts – diese Grundausstattung haben David Seitz (17) und Marc Lütty (21) schon vor ihrem ersten Arbeitstag bekommen. „Dadurch waren wir gleich als Teil des Teams zu erkennen und haben uns nicht wie Praktikanten gefühlt“, berichten die Azubis von Dammann Bedachungen in Neustadt am Rübenberge. Die beiden sind im ersten Lehrjahr: David will Zimmerer werden und Marc macht eine Ausbildung zum Dachdecker.
Für Chefin Petra Dammann ist es wichtig, dass auch die Azubis Firmenkleidung tragen: „Einheitliche Arbeitskleidung, die mit dem Firmenlogo versehen ist, ist einfach die beste Werbung für den Betrieb“, sagt sie. Deshalb investiert Dammann in Arbeitsklei-
dung für das 35-köpfige Team. Doch trotz einheitlicher Firmenkleidung mit Logo tragen nicht alle im Team die gleichen Outfits. „Unsere Mitarbeitenden haben Wahlmöglichkeiten. Zum Beispiel können sie bei Hosen und T-Shirts zwischen verschiedenen Modellen wählen“, berichtet Dammann, die den Handwerksbetrieb zusammen mit ihrem Mann führt.
Unterschiedliche Präferenzen, unabhängig vom Alter Marc trägt bei der Arbeit zum Beispiel gerne T-Shirts in einem hellen Grau. Doch wichtiger als Form und Farbe ist für den Azubi etwas anderes: „Gerade im Sommer muss das T-Shirt aus einem atmungsaktiven Material sein“, sagt er. Das bestätigt auch sein Kollege David, der bei der Arbeit lieber Polo-Shirts trägt.
Stylish durch den Sommer 2024
Ob kühlende Hosen, selbst gestaltete Arbeitskleidung für das Team oder Outfits für Frauen: Hier sind fünf Neuheiten für den Sommer 2024 auf der Baustelle.
„Das sieht einfach ordentlicher aus als ein T-Shirt“, findet der Azubi. Unterschiedliche Vorlieben haben die beiden auch bei anderen Kleidungsstücken: Zum Beispiel trägt Marc an kälteren Tagen gerne Pullover. „Gerade im Winter ist es wichtig für die Gesundheit, dass die Kleidung gut wärmt“, ist der 21-Jährige überzeugt. David hingegen sagt: „Ich gehöre definitiv zum Team Strickjacke.“ Das hat vor allem praktische Gründe: „Wenn mir bei der Arbeit warm wird, muss ich nicht gleich den ganzen Pullover ausziehen, sondern kann den Reißverschluss etwas aufmachen“, berichtet er. Und haben die beiden jungen Handwerker andere Vorlieben als die älteren Kollegen? „Eigentlich nicht, es gibt nur eine Ausnahme“, sagen David und Marc. „Bei uns im Team tragen die Älteren deutlich lieber
Cordhosen.“ Die beiden Azubis hingegen bevorzugen moderne Arbeitshosen: „Die sind deutlich atmungsaktiver und angenehmer zu tragen“, erläutert Marc, der sich nur solche modernen Hosen ausgesucht hat. „Ich habe mir zumindest eine Cordhose bestellt, weil ich eine Ausbildung zum Zimmerer mache. Da gehört das irgendwie dazu“, findet David. Allerdings trage er die traditionelle Zunfthose im Sommer nicht, weil das einfach viel zu warm sei.
Individualität trotz Firmenkleidung
Trotz der Arbeitskleidung, die alle Handwerker im Team gestellt bekommen, dürfen die Mitarbeitenden bei Dammann Bedachungen bei der Arbeit auch private Kleidung anziehen. „Ich will keinem etwas aufzwingen“, erläutert Petra Dammann. David trägt zum Beispiel gerne seine selbst gekaufte Strickjacke. Sein Kollege Marc hingegen ist auf der Baustelle häufig mit Cappy zu sehen. Dem einheitlichen Erscheinungsbild schadet das nicht: „Mindestens ein Firmen-Kleidungsstück mit Logo tragen die Mitarbeitenden immer, sodass unser Team auf Baustellen immer gut zu erkennen ist“, berichtet die Chefin.
Trotzdem achtet sie darauf, welche privaten Kleidungsstücke die Handwerker bei der Arbeit tragen, um neue Trends aufzuspüren. „Eine Zeit lang waren mal Fleece-Jacken besonders beliebt, dann kamen Softshell-Jacken in Mode“, berichtet sie. Dammann versucht, auf solche Trends zu reagieren. Sie könnte sich zum Beispiel vorstellen, den Mitarbeitenden auch Cappies mit Firmenlogo anzubieten: „Bevor wir neue Modelle anschaffen, holen wir uns immer Feedback vom Team ein“, sagt Dammann.
Das sagen die Azubis Durch den Austausch mit anderen Auszubildenden in der Berufsschule wissen die Auszubildenden David und Marc, wie gut sie es in ihrem Ausbildungsbetrieb getroffen haben: „Andere Azubis bekommen gar keine Firmenkleidung gestellt oder nur die Kosten erstattet, wenn sie die Belege einreichen“, berichten sie. Und noch etwas wissen die beiden zu schätzen: Bei Arbeitshosen und Westen setzt Dammann Bedachungen auf Mietwäsche. „Für uns bedeutet das, dass wir sie nicht selbst waschen müssen“, sagen die Azubis. ANNA-MAJA LEUPOLD W
Von Frauen für Frauen Mit „Luna“ hat Helly Hansen eine reine Damenkollektion auf den Markt gebracht. Dem norwegischen Workwear-Hersteller zufolge wurden alle Kleidungsstücke von Frauen für Frauen entworfen und getestet. Teil der Reihe ist zum Beispiel die Softshell-Jacke W Luna. Sie verfügt laut Unternehmen über eine DWRBeschichtung, die bei Tätigkeiten unter freiem Himmel für Schutz vor Wind und Regen sorgen soll. Außerdem sei sie mit verstellbaren Bündchen, vorge-
formten Ellenbogen und einem hohen Kragen mit einer Fleece-Innenseite ausgestattet. Gefütterte Einschubtaschen mit Reißverschlüssen und Innentaschen habe die Jacke ebenfalls.
eigenen Farbwünschen gestalten und direkt mit Logo bestellen.
Laut Engelbert Strauss stehen neun Basis- und acht Kontrastfarben zur Verfügung. Insgesamt hätten Handwerksbetriebe aktuell 210 Kombinationsmöglichkeiten. Bund- und Latzhosen, Shorts sowie Softshell-Jacken und -Westen stünden im Konfigurator sowohl für Damen als auch für Herren zur Auswahl.
Team-Kleidung selbst gestalten Die Arbeitskleidung für das Team selbst gestalten? Engelbert Strauss macht das möglich – mit dem sogenannten CI Configurator MyMotion. Das Tool finden Firmenkunden im Online-Shop des Berufsbekleidungs herstellers. Sie können dort die Kleidung aus der e.s.motion2020-Kollektion für das Team nach
Damit das Team in der Firmenarbeitskleidung gut zu erkennen ist, bedarf es nicht nur der richtigen Farbe. Auch das Logo spielt eine wichtige Rolle. Der CI Configurator bietet Handwerksbetrieben deshalb die Möglichkeit, das eigene Logo auf der Kleidung zu platzieren und mitzubestellen.
Kühlende Arbeitshosen Verschiedene Arbeitshosen für den Sommer hat Schöffel Pro im Sortiment. Kühlakku heißt zum Beispiel die kurze Arbeitshose. Dem Berufsbekleidungshersteller zufolge ist sie ab Juni in Schwarz und in Dunkelblau verfügbar, außerdem sei sie sowohl für Damen als auch für Herren erhältlich. Für einen „extra Kühl-Effekt“ sorge die sogenannte CAFÉ®-ICE-CAFÉTechnologie. Dabei handele es sich um eine Beschichtung auf Kaffee-Basis, die nachweislich für eine Senkung der Hauttemperatur um ein bis zwei Grad sorgen soll, schreibt das Unternehmen. Wer lieber lange Hosen trägt, muss laut Schöffel Pro nicht auf die integrierte Kühlfunktion verzichten. Schließlich gebe es mit „Arbeitstier“
auch eine lange Arbeitshose, die ebenfalls mit der Technologie ausgestattet ist.
T-Shirts für den Sommer Der Name Carhartt ist für robuste Arbeitskleidung bekannt. Für den Sommer 2024 hat der US-amerikanische Bekleidungshersteller eine neue T-Shirt-Kollektion mit vier verschiedenen Modellen für Männer herausgebracht. Eines der Modelle ist ein Kurzarm-T-Shirt: Auf der Brust ist eine markante Grafik des HerstellerLogos zu sehen. Laut Carhartt ist das Kleidungsstück, das den Namen „C Graphic T-Shirt“ trägt, aus 100 Prozent Baumwolle gefertigt. Dadurch sei es strapazierfähig und angenehm zu tragen.
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Sportlicher Look Für Handwerker hat Engel seit 2017 die Kollektion X-treme im Programm, seither wird die sportliche Linie kontinuierlich erweitert. Dem dänischen Berufsbekleidungshersteller zufolge eignen sich die Kleidungsstücke nicht nur für den Beruf, sie seien auch nach Feierabend gute Begleiter.
„Bei jeder Kollektionsentwicklung versetzen wir uns in die Lage unserer Kunden und bringen Tragewünsche, Leistungseigenschaften und Optik in eine optimale Balance“, erläutert Sales Director Tom Hedegaard Pedersen. Diese Philosophie habe der Hersteller bei den Jacken- und Hosenergänzungen der Kollektion konsequent weitergeführt – zum Beispiel bei den Shell-, Stepp- und Bomberjacken. (AML) W
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10 Norddeutsches Handwerk | 14. Juni 2024 Berufskleidung
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Einheitlicher Auftritt: Bei Dammann Bedachungen erhalten alle Handwerker ab dem ersten Tag Arbeitskleidung – auch die Auszubildenden.
Loben unter anderem die integrative Funktion der Berufskleidung: die Azubis David Seitz und Marc Lütty.
Fotos: Helly Hansen Engelbert Strauss Schöffel Pro Carhartt F. Engel
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Elektrisierend transportiert
Die E-Offensive von Opel geht weiter: Der neue Movano Electric setzt die Transporterwelt unter Strom. Wir haben das Modell getestet.
Der neue Opel Movano Electric ist bekanntermaßen eins von vier Derivaten des gleichen Transporters aus dem Portfolio von Stellantis Pro One. Zwar rankt der Opelblitz an Front und Heck, aber niemand macht einen Hehl daraus, dass es sich bei diesem Fahrzeug technisch und vom Aufbau um den elektrischen Fiat Ducato handelt. Warum auch, ist der Ducato doch mit Abstand das meistverkaufte LCV überhaupt. Warum testen wir also den Opel? Der Movano Electric (bis vor Kurzem hieß er noch Movano-e) ist für unsere Redaktion am schnellsten für einen ausführlichen Test verfügbar gewesen. First come, first served. Der Transporter wirkt zeitgemäßer als die Vorgängerversion. LED-Scheinwerfer tragen zu einem frischen Auftritt bei. Das Fahrzeug ist in 18 verschiedenen Karosserievarianten erhältlich, wir haben den L3H2-Kastenwagen getestet. Richtig interessant wird es im Innenleben: Der E-Transporter hat eine 110 kWh fassende Batterie spendiert bekommen. Damit soll der elektrische Movano mit einer vollen Ladung bis zu 420 Kilometer weit kommen.
Voll geladen im doppelten Sinn Wir haben ihn also voll geladen. Nicht nur die Batterie, sondern den Laderaum. 2.865 Kilogramm schwer ist der elektrische Movano leer, 3.500 Kilogramm beträgt das zulässige Gesamtgewicht. Ziemlich genau 550 Kilogramm haben wir hineingepackt und dabei auf verzurrte Gewichte gesetzt und nicht die 17 Kubikmeter Laderaumvolumen (genauso viel wie beim Verbrenner) ausgereizt. Übrigens: 5.500 Kilogramm Gesamtmasse im Gespann dürfen es laut Fahrzeugschein sein.
Nur 550 Kilogramm Zuladung reichen natürlich nicht für einen Test, also geht es für die 200 kW (270 PS) starke E-Maschine auch noch richtig an die Arbeit: Autobahn bergauf und wieder bergab, lange, leicht hügelige Überland-Phase, Serpentinen bergab und wieder bergauf – was macht das mit der Reichweite? Okay, die 420 Kilometer aus der WLTP sind in diesem Fahrprofil unrealistisch. Aber der Movano Electric hat uns doch überrascht: Bei dieser wirklich massiven Belastungsprobe oft mit durchgedrücktem Fahrpedal erreichten wir die Schnellladestation mit zehn Prozent Restladung nach 255 Kilometern. Und ja, mit gemäßigterem Fahrprofil und geringerer Beladung, nämlich für die Lieferung auf der letzten Meile oder im regionalen Pendelverkehr zwischen Baustellen, zum Beispiel bei Handwerkern,
steigt die Reichweite erheblich. Im Schnitt kamen wir auf gut und gerne 350 Kilometer realistische Reichweite mit Einsparpotenzial bei der Fahrweise. Und für jene Anwendungsfälle ist die E-Version des LCV nun mal gemacht.
139,2
KW LADELEISTUNG erreicht der Opel Movano Electric in unserem Test maximal.
Maximale Ladeleistung nicht erreicht Und ist man mal auf der längeren Strecke unterwegs, gibt die Leistungselektronik eine Ladeleistung von bis zu 150 kW her. Die haben wir auch beim wiederholten Test an der 400-kW-Ladesäule nicht erreicht, maximal 139,2 kW waren bei den Ladungen von 10 bis 80 Prozent oder auch 5 bis 90 Prozent drin. Die Außentemperatur war bei den Ladungen allerdings auch nahe dem Gefrierpunkt. Etwa eine Stunde dauert der Ladevorgang von 10 auf 80 Prozent. Für dieses Segment und die große Batterie ein vergleichsweise
E-Autos zuverlässiger als Verbrenner
Die Krux mit der Batterie: Laut aktueller ADAC-Pannenstatistik sind Stromer weniger anfällig als Verbrenner – der Akku ist jedoch die Achillesferse bei beiden.
Elektroautos sind zuverlässiger als Verbrenner und die Starterbatterie bleibt unabhängig vom Antrieb bei allen Pkw die Achillesferse – zwei der zentralen Erkenntnisse aus der Pannenstatistik des ADAC. Bewertet wurden 156 Modelle von 20 Marken. E-Mobile schneiden mit 2,8 Pannen pro 1.000 zugelassene Fahrzeuge deutlich besser ab als gleich alte
Verbrenner, unter denen im vergangenen Jahr 6,4 pro 1.000 Hilfe von den sogenannten „Gelben Engeln“ benötigten. Weniger anfällig waren Batteriefahrzeuge unter anderem bei Motor, Starterbatterie und Reifen. Gegenüber dem Jahr 2020 hat sich der Zuverlässigkeitsvorsprung der Elektroautos gegenüber Benzinern und dem Diesel weiter erhöht.
Pannengrund Nummer eins
Häufigste Pannenursache war mit 44,1 Prozent die Starterbatterie. Der 12-Volt-Akku ist sowohl bei Verbrennern als auch bei E-Autos an Bord, bei Letzteren zusätzlich zur Hochvoltbatterie für den Antrieb. Auf Rang zwei fanden sich Motor beziehungsweise Motormanagement (22,8 Prozent) mit weitem Vorsprung vor der Elektrik (10,5 Prozent).
Der ADAC hat auch die zuverlässigsten Modelle ermittelt. Berücksichtigt wurden Fahrzeuge mit mindestens 7.000 Neuzulassungen innerhalb von zwei Jahren. Spitze unter den dreijährigen Fahrzeugen waren der elektrische BMW i3, der Mini und der BMW X1. Hinten landeten die 2021 erstzugelassenen Modelle Toyota Yaris sowie C-HR und der Ford Kuga. (SP-X/MN) W
guter Wert, aber natürlich noch immer weit weg von 800-Volt-Systemen bei Pkw. Die Stellantis-Transporter sind mit diversen cleveren Optionen bestellbar. Neben dem großzügigen Fahrerbereich und viel Platz auch für zwei Beifahrer gibt es zahlreiche Ablagemöglichkeiten. Das neue Infotainmentsystem hebt den Transporter bei der Bedienung auf Pkw-Level, genau wie die kabellose Ladefunktion fürs Smartphone und der digitale Rückspiegel. Das sollte bei allen Transportern doch längst Standard sein! Auch bei den weiteren Sicherheits- und Assistenzsystemen nähert man sich an. Die optionale Eat&Work-Bank, die als Arbeitstisch genutzt werden kann, erhöht die Praktikabilität im Arbeitsalltag.
Bei der ersten Testfahrt überzeugt der Movano Electric durch seine ruhige und gleichmäßige, dennoch attraktive Beschleunigung. Selbst beladen und bergauf liefert die E-Maschine genügend Kraft zum Überholen. Das Fahrwerk bietet eine gute Balance zwischen Fahrkomfort und Stabilität, auch bei voller Beladung. Die Lenkung ist für einen Transporter dieser Größe wirklich präzise.
Fazit
Der Opel Movano Electric ist durchdacht und leistungsstark. Mit seiner verhältnismäßig hohen Reichweite, der Schnellladefähigkeit und den umfangreichen Features kann er, wenn die Fahrprofile und Rahmenbedingungen stimmen, für Unternehmen eine nachhaltige und effiziente Alternative zum Dieseltransporter bieten. Der Movano Electric startet bei 55.800 Euro als L3H2 35+ (Preis netto exkl. USt.). SVEN EISENKRÄMER W
IMPRESSUM
Organ der Handwerkskammern 129. Jahrgang
Herausgeber:
Schlütersche Fachmedien GmbH
Ein Unternehmen der Schlüterschen Mediengruppe
Postanschrift: 30130 Hannover
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Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover Tel. 0511 8550-0 www.schluetersche.de www.handwerk.com
Redaktion:
Irmke Frömling (Chefredaktion, V.i.S.d.P.) Tel. 0511 8550-2455 irmke.froemling@schluetersche.de Jörg Wiebking (Redaktionsleiter) Tel. 0511 8550-2439 joerg.wiebking@schluetersche.de
Denny Gille, Tel. 0511 8550-2624 denny.gille@schluetersche.de Martina Jahn, Tel. 0511 8550-2415 martina.jahn@schluetersche.de Anna-Maja Leupold, Tel. 0511 8550-2460 anna-maja.leupold@schluetersche.de
Content Management: Torsten Hamacher, Tel. 0511 8550-2456 torsten.hamacher@schluetersche.de
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Regionalredaktionen (verantw. f. Kammerseiten) Braunschweig-Lüneburg-Stade: Astrid Bauerfeld Hannover: Peter Karst Hildesheim-Südniedersachsen: Ina-Maria Heidmann Magdeburg: Burghard Grupe Oldenburg: Heiko Henke Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim: Sven Ruschhaupt Ostfriesland: Jörg Frerichs
Verkauf: Tanja Ehlerding (Anzeigenleiterin) Tel. 0511 8550-2647 tanja.ehlerding@schluetersche.de
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12 Norddeutsches Handwerk | 14. Juni 2024 Fahrzeuge
Foto: Wilfried Wulff
Alle neun Sekunden rückt die ADAC-Pannenhilfe aus.
Die Eat&Work-Bank dient als Ablage für Arbeitsgerät oder Pausensnack.
Das Cockpit im Transporter ist voll digital und zeigt übersichtlich alle wichtigen Fahrerinformationen.
Fotos: Sven Eisenkrämer
Mehr als 600 Kilogramm dürfen in den E-Movano zugeladen werden.
Der Opel Movano Electric ist der größte der leichten Transporterfamilie. Optisch klar zu erkennen ist die Basis des Fiat Ducato.
Genderneutrale Sprache Die Publikation richtet sich, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes angegeben ist, an alle interessierten Personen, unabhängig vom Geschlecht. Wir bemühen uns um eine geschlechterneutrale Sprache, weisen aber darauf hin, dass wir in bestimmten Fällen wegen der besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit nur die männliche Form verwenden. Gleichbehandlung ist uns wichtig, Diversität nehmen wir als Chance für die Zukunft wahr.
Tüfteln für den guten Geschmack
Immer mehr Menschen wollen sich vegan ernähren. Daher entwickelt und produziert Fleischermeister Lars Bode neue Produkte. Einen Großteil davon liefert er an Mensen und Betriebsrestaurants.
Viel Schlaf braucht Fleischermeister Lars Bode nicht. Ein Glück – denn sonst würde er das Arbeitspensum in seinem Betrieb sicher nicht schaffen. „Ich komme mit ein paar Stunden nachts aus und lege mich meist am Nachmittag nochmal hin“, sagt der Unternehmer aus dem südniedersächsischen Bockenem. Bode ist zwar nicht mehr in allen Bereichen des 60-Mann-Betriebs operativ dabei. Dennoch hat er in der Gesamtorganisation, im Einkauf, in der Logistik und in der Akquise von Geschäftskunden die Fäden in der Hand.
Vegane Produkte machen 20 Prozent des Umsatzes aus Eine Aufgabe liegt Lars Bode besonders am Herzen: die Entwicklung und Vermarktung von veganen Produkten. Bei Kunden stehen Curry- und Bratwürste, aber auch vegane Schnitzel und eine vegane Frikadelle, die Veganoulette, hoch im Kurs. „Nach den coronabedingten Schließungen von Restaurants und Mensen ist die Nachfrage nach veganen Lebensmitteln enorm gestiegen“, sagt Bode, der den Betrieb neben seinem Elternhaus 2002 von seinem Vorgänger gekauft hat.
Diese Nachfrage habe er zum Anlass genommen, selbst in die Entwicklung einzusteigen. Als Basiszutat verwendet er Erbsen. „Ich wollte eine Grundlage, die nicht genverändert ist und die in Europa angebaut wird“, begründet der Unternehmer. Zudem eigne sich der Geschmack der Erbse gut als Fleischersatz. Es begann mit einem Kontakt zur Göttinger Uni-Mensa Als Testesser für die veganen Produkte konnte Lars Bode vor allem Studierende gewinnen. Das hat mit seinem Kontakt zur Uni-Mensa in Göttingen zu tun – die erste Mensa, die die Fleischerei Bode seit 2018 beliefert. „Wir setzen schon lange auf artgerechte Tierhaltung und Schlachtung und bekommen die Tiere von Bauern aus der Region“, sagt der Unternehmer. Das Konzept kam bei den Entscheidern des Studentenwerks gut an – und der Geschmack hat die Testesser überzeugt. Für seine vegane Bratwurst habe Bode sogar schon Fanpost erhalten: Es sei die erste, die nach echter Bratwurst schmecke, berichtet er stolz. Schnell kamen mehr Studentenwerke als Großkunden hinzu –in Niedersachsen und anderen Teilen Norddeutschlands. Heute essen mehr als 20.000 Studierende an über 14 Standorten Schnit-
W NAMEN UND NACHRICHTEN
Schlag gegen „fliegende Dachdecker“ Mit hunderten Zoll- und Polizeibeamten sind Zoll und Staatsanwaltschaft Osnabrück in mehreren Bundesländern gegen ein mutmaßlich illegales Firmennetzwerk vorgegangen. Zwei Jahre dauerten die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Osnabrück und des Hauptzollamts Osnabrück gegen die Verantwortlichen von Firmen, die in der Dachdeckerbranche operieren. Am 27. Mai erfolgte der Zugriff, als mehr als 100 Durchsuchungsbeschlüsse im Raum Osnabrück, Hamburg, Berlin und Leer vollstreckt wurden. 590 Zollbeamte hätten, unterstützt von mehreren hundert Polizeibeamten und Spezialkräften, Objekte wie Geschäftsräume und Wohnungen durchsucht. Dabei sei umfangreiches Beweismaterial sichergestellt worden. Darunter: Computer und Mobiltelefone, die von IT-Forensikern des Zolls ausgewertet werden sollen. Auch sieben Schusswaffen seien beschlagnahmt worden. Auf Vermögensabschöpfung spezialisierte Beamte des Zolls hätten bereits umfangreiche Vermögenswerte sichern können. Die Ermittlungen sollen nun weitergeführt werden. (DEG)
Neuer Landesinnungsmeister
Bei einer Verkostung wurden die veganen Alternativen 100 Mal mehr nachgefragt als die tierischen Angebote.
Lars
Bode, Fleischermeister
Setzt auf Regionales und reagiert auf aktuelle Veränderungen in der Kundennachfrage: Fleischermeister Lars Bode.
zel oder Würstchen aus der Fleischerei Bode. Und natürlich auch die veganen Varianten. „Bei einer Verkostung wurden die veganen Alternativen 100 Mal mehr nachgefragt als die tierischen Angebote“, erinnert sich Bode. Aus Gesprächen mit den Studierenden und anderen Kunden weiß er, dass viele Menschen aus Überzeugung auf Fleisch verzichten. „Die meisten mögen den Geschmack, wollen aber die Folgen des Fleischkonsums nicht tragen.“ Ein Ansporn für ihn, viele Monate an Geschmack und Konsistenz der Produkte zu tüfteln. Auch in zahlreichen Unternehmenskantinen Norddeutschlands stehen Bodes Fleischereiartikel auf dem Speiseplan. Und zwar überall, wo der Betriebsrestaurant-Anbieter Essenszeit die Mitarbeitenden verköstigt. „Regionalität, Frische und Geschmack sind unsere Pluspunkte“, berichtet der Fleischermeister. Wenn der Anbieter wächst, wächst der Handwerksbetrieb mit.
Vermarktung steigert das Wachstum Mittlerweile hat sich Bode die Kühltheken im regionalen Einzelhandel erschlossen. Die veganen Würstchen seien dort der Renner. Im Frühjahr landete er einen besonderen Clou in Sachen Vermarktung: Pünktlich am Ausstrahlungstag einer Fernsehsendung über seinen Betrieb hat Bode einen Online-Shop gelauncht. „Das Timing hätte besser nicht sein können“, freut sich der 49-Jährige. In 20 Jahren sind aus zehn Mitarbeitern in der Fleischerei 60 geworden. Wie schafft Bode es, an gutes Personal zu kommen und das auch zu halten? „Ganz einfach: Wer gut behandelt und bezahlt wird, kommt gern zur Arbeit.“ Auf dem Erfolg ausruhen will der Meister sich nicht. Er denkt vor allem daran, wie er seinen Betrieb zukunftsfähig macht. Beispielsweise will er in eine PV-Anlage investieren, um die enormen Stromkosten etwas zu drosseln. Sein Langzeitziel: der Einstieg seiner noch jungen Tochter. MARTINA JAHN W
Andree Zoppke (Foto rechts) wurde auf der diesjährigen Landestagung des Tischlerhandwerks Niedersachsen/Bremen einstimmig zum neuen Landesinnungsmeister von Tischler Nord gewählt. Er tritt die Nachfolge von Matthias Winter an, der nach zehn Jahren aus dem Amt ausscheidet. Tischlermeister Zoppke ist seit 2015 Obermeister der Tischler-Innung Celle und seit Langem ehrenamtlich im Landesverband des Tischlerhandwerks aktiv. Parallel ist er auf Landes- und Bundesebene im Berufsbildungsausschuss tätig. Zoppke ist seit 2003 Miteigentümer der Tischlerei Götze und Zoppke OHG in Celle, Ortsteil Altenhagen. (DEG)
Kfz-Branche: Nachfrage steigt
Im April hat der Markt für Gebrauchtwagen in Niedersachsen eines der besten Monatsergebnisse der Jahre 2023 und 2024 eingefahren. Das meldet der Kfz-Landesverband Niedersachsen-Bremen. Knapp 62.500 Pkw-Besitzumschreibungen habe es gegeben, rund 14.000 mehr als im Vorjahresmonat. Die Steigerung von 28,6 Prozent sei ein „Signal mit Potential“, sagte Verbandschef Karl-Heinz Bley Auch bei den Pkw-Neuzulassungen hätte der niedersächsische Automarkt deutlich über Vorjahresniveau gelegen. Insgesamt habe es über 22.500 Zulassungen gegeben, ein Zuwachs von rund 17 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Allein Elektroautos hätten nicht von der positiven Marktentwicklung profitieren können, sagte Bley. (DEG)
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13 | Norddeutsches Handwerk 14. Juni 2024 Regionales
Foto: Martina Jahn
Foto: Tischler Nord Ihr Gelbe Seiten Verlag
* Quelle: GfK Studie zu Bekanntheit und Nutzung der Verzeichnismedien Oktober 2017; repräsentative Befragung von 15 Tsd. Personen ab 16 Jahren. Jetztberatenlassen: Tel.0511/8550-8100
Die Innungen der Kreishandwerkerschaft Osnabrück präsentierten Handwerk zum Mitmachen. Auch die Schornsteinfeger präsentierten sich auf der Ausbildungsmesse „Kompass - Finde dein Handwerk“.
Schulungsmotorrad für BTZ
Zur Stärkung der überbetrieblichen Ausbildung hat das BTZ Osnabrück ein fast neuwertiges Motorrad in Empfang genommen.
Mit der BMW R nineT US steht dem Bildungszentrum der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim nun ein neues Motorrad einer aktuellen Baureihe zur Verfügung, das in der überbetriebliche Ausbildung eingesetzt wird. Das Modell, das im Retro-Design an ältere BMW-Maschinen erinnert, nutzt trotzdem neueste Technik.
„Für unsere Ausbildungswerkstätten ist es unerlässlich, aktuelle Technologien einzusetzen, um auf dem Stand der Zeit zu bleiben. Gleichzeitig erhöhen diese attraktiven Fahrzeuge natürlich auch den Spaß bei der Arbeit“, freut sich BTZ-Geschäftsführer Claus-Dominik Wedeking über das neue Motorrad. Es handelt sich hierbei um ein Vorserienfahrzeug,
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das zwar einwandfrei funktioniert, aber aus rechtlichen Gründen nicht im Straßenverkehr fahren darf. Das BTZ erhält das Motorrad kostenfrei, um es in der Ausbildung einzusetzen. Die Übergabe fand im Verkaufsraum des Betriebs Motorrad Bögel GmbH statt. „Wir freuen uns sehr, dass wir das BTZ bei der Ausbildung unserer Fachkräfte unterstützen können“, sagt Inhaber Patrick Lehr. Der Fachhändler mit Standorten in Osnabrück und Ibbenbüren hat sich auf den Verkauf und die Reparatur diverser Marken spezialisiert und bildet auch selbst aus. Nachdem das BTZ den Kontakt zur BMW aufgenommen hatte, wurde die Übergabe durch Lehr organisiert. Modelle wie die R nineT sind für die Ausbildung in überbetrieblichen Bil -
„Kompass“ zeigt Kurs zur Karriere
Kooperation mit der Kreishandwerkerschaft Osnabrück: Über 2.000 Schülerinnen und Schüler auf der Berufsorientierungsmesse „Kompass – Finde dein Handwerk“ auf dem Gelände der Handwerkskammer.
Es wimmelte nur so von Acht- bis Zehnklässlern aus dem gesamten Landkreis und der Stadt Osnabrück. Die über 2.000 Schülerinnen und Schüler aus 30 Schulen informierten sich an zwei Tagen über Ausbildungen und Karrierewege im Handwerk. Klar im Vordergrund stand der Erlebnischarakter. In kleinen Gruppen erkundeten die Schülerinnen und Schüler das Ausstellungsgelände und probierten gewerketypische Tätigkeiten an den verschiedenen Innungsständen aus. Hingucker waren die Großmaschinen der Landund Baumaschinenmechatroniker sowie die riesigen LKW auf dem Freigelände. 24 Gewerke präsentierten sich auf dem Gelände der Handwerkskammer, wo eine kleine Zeltstadt aufgebaut war. Ob Augenoptiker oder Zweiradmechatroniker – die Info-Stände wurden an den jeweiligen Vormittagen von den Interessierten Acht- bis Elftklässlern umlagert. „Die Lehrerinnen und Lehrer hatten im Vorfeld in Zusammenarbeit mit den Expertenteams der Kreishandwerkerschaft Osnabrück und der Handwerkskammer ihre Klassen ausgezeichnet vorbereitet, sodass die Schülerinnen und Schüler schon mit detaillierten Vorinformationen sich über das jeweilige Handwerk, was sie besonders interessierte, informieren konnten“, so Goran Miladinovic, Fachbereichsleiter Berufsbildung bei der Handwerkskammer. Viele Gewerke wurden von Auszubildenden der jeweiligen Handwerksbetriebe präsentiert, die bis vor Kurzem ebenfalls noch die Schulbank gedrückt
dungsstätten wie dem BTZ Osnabrück besonders wertvoll. So verfügen sie nicht nur über neueste Technologien im Motormanagement, der Bremsanlage oder der Antischlupfregelung und
„MACH WAS“ wird fortgesetzt
sichern so den hohen Anspruch der Ausbildung am Standort Osnabrück. Auch ist die Elektronik der eines KFZ ähnlich, da sie ein ähnlich aufgebautes Bordnetz aufweist.
Bundesweites Projekt der Firma Würth fördert Handwerksprojekte an Schulen. Der Wettbewerb wird auch im neuen Schuljahr fortgesetzt.
Mehr als 2.000 Schülerinnen und Schüler an über 120 Schulen bundesweit nehmen aktuell am Handwerkswettbewerb „MACH WAS!“ teil. Damit fördert die Firma Würth handwerkliche Projekte an den allgemeinbildenden Schulen. Ein Engagement, das die Handwerksorganisationen über eine Schirmherrschaft der „Aktion modernes Handwerk“ anerkennt und unterstützt.
Von Sitzgelegenheiten für den Schulhof über „grüne Klassenzimmer“ bis hin zum Umbau eines ausgedienten Reisebusses wurden in den vergangenen Monaten vor Ort beeindruckende Projekte realisiert – mit viel Leidenschaft von Schülerinnen und Schülern, Einsatz von Lehrerinnen und Lehrern und nicht zuletzt der Kompetenz von Handwerksbetrieben, die den Schulen als Paten zur Seite standen. Parallel bereitet die Initiative schon jetzt die nächste – sechste – Wettbewerbsrunde vor. Denn natürlich
sollen auch im Schuljahr 2024/25 Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit haben, ihr handwerkliches Geschick unter dem Motto „MACH WAS!“ zu beweisen. Bei der Umsetzung unterstützt Würth alle zur Umsetzung ausgewählten Projekte erneut mit jeweils 1.000 Euro Fördergeld, einer Grundausstattung an Werkzeugen sowie T-Shirts zur Aktion. Fachliche und praktische Unterstützung bekommen die Jugendlichen von örtlichen Handwerksbetrieben. Teilnahmeberechtigt sind Schulklassen oder Arbeitsgruppen der Klassenstufe 7 – 10 von allen weiterführenden Schulen in Deutschland mit einem allgemeinbildenden Schulabschluss. Bewerbungsschluss für die neue Wettbewerbsrunde ist der 15. Oktober 2024. Bis 15. Oktober können sich Schulen mit ihrer Projektidee anmelden.
Infos: handwerkswettbewerb.de
hatten. Auch die Ausbildungsbotschafter der Handwerkskammer, die sonst Schülerinnen und Schüler im Unterricht über die Karrieremöglichkeiten im Handwerk informieren, waren für die jungen Besucherinnen und Besucher gefragte Ansprechpartner. Daher fiel den Schülerinnen und Schülern der Kontakt leichter.
„Wir müssen uns professionell, aber auch authentisch und sympathisch präsentieren, um Interesse bei der Nachwuchsgeneration zu wecken, damit wir hoffentlich in ein paar Jahren Bewerbungen für Praktika und Ausbildungsplätze im Handwerk auf den Tisch bekommen“, erklärt Siegward Schneider, Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Osnabrück, der zudem die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit den Innungen hervorhob, die die Stände mit dem Fachpersonal ihrer Mitgliedsbetriebe besetzt hatten: „Nur durch die konzertierte Aktion aller Handwerksorganisationen kann es uns gelingen, den Fachkräftebedarf zu minimieren.“
Die Ausbildungsmesse „Kompass – finde dein Handwerk“ sei hierfür ein wichtiger Baustein in dem Bemühen, die junge Generation für das Handwerk und seine Karrieremöglichkeiten zu interessieren. „Die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der regionalen Handwerksorganisationen haben mit „Kompass“ eine klasse Berufsorientierungsmesse mit Handwerk zum Anfassen organisiert und optimale Bedingungen für die handwerkliche Berufsorientierung geschaffen“, so das Fazit von Fachbereichsleiter Miladinovic. ANDREAS LEHR W
IKK ArbeitgeberPodcast gestartet
Stets nah an den aktuellen Themen des Handwerks: Der Arbeitgeber-Podcast „Alles geregelt“. Mit diesem neuen Podcast-Angebot für das Handwerk geht Deutschlands größte Innungskrankenkasse noch stärker auf die Bedürfnisse der Arbeitgeber ein. Auf allen gängigen Podcast-Plattformen werden jeden letzten Mittwoch im Monat komplexe Fragen unterhaltsam und verständlich beantwortet. In den ca. 30-minütigen Folgen stellen Expertinnen und Experten interessante Themen aus dem Sozialversicherungs-, Steuer- und Arbeitsrecht vor und diskutieren die praktische Umsetzung im Betrieb. Und natürlich kommt auch das Thema Gesundheit nicht zu kurz.
Infos: www.ikk-classic.de/allesgeregelt
W BETRIEBSBÖRSE
Nachfragen
Dachdeckerbetrieb zur Übernahme. Grafschaft Bentheim. G-2BYXCK
Angehender Elektrotechnikermeister sucht Betrieb mit Nachfolgeplanung. G-BH3YCRBP
Tank- und Industrieanlagenbauer sucht SHK-/ Elektro-Betrieb zur Übernahme. G-OAM1D788
KFZ-Werkstatt mit Autohandel zur Übernahme oder Beteiligung. Nördl. LK OS/EL. G-0UKMPW9G
Bauunternehmen gesucht. OS/ LK OS. Größe ca. 5 MA. Vorherige tätige Mitarbeit denkbar. G-542049HE
Angehender Metallbaumeister sucht Betrieb. Einarbeitung wird gerne vereinbart. r G-O7ANE8W2
Infos: s.melcher@hwk-osnabrueck.de, 0541 6929901
14 Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim | Norddeutsches Handwerk | 14. Juni 2024
BTZ Geschäftsführer Claus-Dominik Wedeking (l.) und sein Vize Ulrich Fromme (r.) nehmen von BMW-Fachhändler Patrick Lehr die neue BMW entgegen.
Foto: BTZ
Regionales
Foto: HWK
Konjunktur: Lage leicht verbessert
Frühjahrskonjunktur zeigt Belebung. Geschäftsklimaindex gestiegen. Negative Erwartungen vom letzten Herbst wurden nicht bestätigt.
Die Handwerkswirtschaft im Kammerbezirk Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim erholt sich. Nach einem historischen Tiefstwert aus dem letzten Herbst geht die Kurve wieder nach oben. Die über 11.500 Handwerksbetriebe im Kammerbezirk beurteilen ihre gegenwärtige Lage als überwiegend gut bis befriedigend und erwarten für die kommenden Monate eine positivere Geschäftsentwicklung. Der Geschäftsklimaindex steigt um 15 Punkte auf jetzt 105 Punkten. Sorgen macht der Kammer allerdings der Bau- und Ausbausektor. Die gegenwärtige Geschäftslage beurteilt 84% als gut bis befriedigend. Lediglich 16% melden negative Werte. Auch bezeichnet weiterhin fast ein Drittel der Betriebe die zukünftigen Erwartungen pessimistisch. „Wir sind bei weitem noch nicht über den Berg, aber haben das tiefe Tal der überaus schlechten Werte aus dem letzten Herbst verlassen“, so die Zusammenfassung von Peter Beckmann, Geschäftsführer der Abteilung Betriebsberatung und Strukturförderung.
Beim Umsatz und bei der Entwicklung des Auftragsbestandes verzeichnete das regionale Handwerk in den letzten Monaten Rückgänge. Auch die getätigten betrieblichen Investitionen sind eher rückläufig, ebenso die Entwicklung der Beschäftigtenzahlen. Die Einkaufspreise für Rohstoffe, Vorprodukte, Material und Treibstoffe bleiben steigend. Die Verkaufspreise ziehen im Vergleich zu den Einkaufpreisen nicht so stark an. 1/3 der Betriebe rechnet mit rückläufigen Auftragszahlen. Entsprechend wird im Gesamthandwerk auch mit eher sinkenden Umsatzzahlen kalkuliert. Rund ein Drittel der befragten Betriebe plant in den kommenden Monaten weniger zu investieren. Beckmann: „Die Daten zeigen trotz einer leichten Erholung doch eine Verunsicherung bezüglich der kommenden Monate und daher bewerten die Betriebe ihre zukünftigen Erwartungen weiterhin vorsichtig“, so Beckmann weiter. Die Inflation sei im Griff und die Konsumlaune zeige sich leicht verbessert, aber die „Zinswende“ ist bislang ausgeblieben, was zu einer enormen Verunsicherung hauptsächlich im Haus- und Wohnungsbau sowie im Ausbaugewerk führt – einer der treibenden Indikatoren der
regionalen Handwerkswirtschaft. Auch tragen der Fachkräftemangel und gestiegener „Bürokratiefrust“ zu einer Eintrübung der Gesamtstimmung bei. Beckmann: „Die Betriebe erkennen, dass trotz jahrelanger Ankündigungen es keinen Bürokratieabbau gibt, der die Betriebe signifikant entlasten würde“. Hier sei der Handlungsdruck enorm, denn immer mehr Betriebe würden aufgrund der bürokratischen Belastungen aufgeben bzw. erschwere die Bürokratie die Gründung oder Übernahme.
Zusammenfassung: Beim Umsatz und bei der Entwicklung des Auftragsbestandes wird für die nächsten Monate eine moderate Verbesserung erwartet. „Neue Kunden gewinnen“ und das „Finden und Binden von Fachkräften“ gelten für die Mehrheit der befragten Betriebe als die größten Herausforderungen. Auf schwierige Monate blicken das Bau- und Ausbauhandwerk zurück. Nach wie vor hohe Zinsen sowie eine stark abgeschwächte Wohnungsbautätigkeit trüben die Geschäftsergebnisse ein. Zudem führt die aktuelle Verunsicherung von Hausbesitzern durch neue Gesetze dazu, dass Investitionen erst einmal zurückgehalten werden. Von der leichten Belebung des privaten Konsums zur Jahreswende profitierten vor allem die konsumorientierten Handwerksgruppen, wie das Friseurund das Gesundheitshandwerk. ANDREAS LEHR W Infos: hwk-osnabrueck.de
Konjunkturumfragen
Die Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim befragt im Frühjahr und im Herbst ausgewählte Betriebe zu ihrer gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage und den zukünftigen Erwartungen. Hieraus lassen sich entsprechende Forderungen, Maßnahmen oder Handlungsfelder gegenüber den politischen Instanzen auf kommunaler, Landes- oder Bundesebene ableiten.
Genossenschaftlich heißt, gemeinsam Visionen für die Region voranzutreiben.
Wir sind die Bank mit der genossenschaftlichen Idee. Als regionale Bank stehen die Ziele und Ideen regionaler Unternehmen für uns im Mittelpunkt. Wir fördern Innovationen von Anfang an und verstehen die besonderen Anforderungen vor Ort. Hier beraten wir auf Augenhöhe und stärken die lokale Wirtschaft. So übernehmen wir Verantwortung für unsere Region und die Menschen, die hier leben und arbeiten.
Volksbanken Raiffeisenbanken
Wir
15 | Norddeutsches Handwerk | Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim 14. Juni 2024
Regionales Foto: Uwe Bumann –Fotolia.com
Union Investment,
BANK,
PRIVATBANK,
vr.de/weser-ems
machen den Weg frei. Gemeinsam mit den Spezialisten der Genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken: Bausparkasse Schwäbisch Hall,
R+V Versicherung, easyCredit, DZ
DZ
VR Smart Finanz, DZ HYP, MünchenerHyp, Reisebank.
Entdeckt im Handwerk
Feuer entfacht Leidenschaft
Bei der Goldschmiede Arthur Müller spürt man die Liebe zum Handwerk. Die Arbeiten der Handwerker können sich sehen lassen – genau wie ihre Meisterquote.
Echtes Handwerk beginnt bei der Goldschmiede Arthur Müller mit echtem Feuer. Statt mit Ring-Rohlingen zu arbeiten, fertigt das erfahrene Team seine Legierungen lieber selbst. Die wertvollen Grundstoffe wie Feingold, Silber und Palladium werden geschmolzen, gegossen, geformt und schließlich zu einzigartigen Stücken geschmiedet. Und die Kunden dürfen mitmachen. Dafür kommen sie von weit her nach Lüneburg. „Feuer als Element ist der Knaller. Damit kriegt man jeden“, sagt Steffen Thon, Geschäftsführer des Unternehmens. Beim gemeinsamen Schmieden springe die Leidenschaft seines Teams für das Handwerk schnell auf die Kunden über. Den Großteil seines Umsatzes erwirtschaftet der achtköpfige Betrieb mit Trauringen. Aber auch andere Schmuckstücke vom Ohrring bis zur Halskette zählen zu seinen Spezialitäten. Zum Marketing gehört, dass die Schmuckstücke professionell in Szene gesetzt und fotografiert werden. Die Ergebnisse zeigen die Goldschmiede auf ihrer Website. „Für uns ist das Internet ein Traum! Dadurch werden wir weit über unsere Region hinaus gefunden“, sagt Thon. Der Unternehmer hat den Goldschmiedebetrieb in vierter Generation 2004 vom Vater übernommen. „Nach dem plötzlichen Tod meiner Mutter blieben mir nur zwei Optionen: Entweder ich übernehme oder der Betrieb wird geschlossen“, erinnert er sich. Sein Vater habe ihm dann komplett freie Hand gelassen. So konnte Thon die Firma nach seinen Vorstellungen ausbauen und verändern. „Wir haben mit alten und neuen Mitarbeitern ein tolles Team aufgebaut und unsere Personalstärke verdoppelt“, berichtet der 47-Jährige. Ein Betriebswirt, viele Meister Vier Meister beschäftigt der Ausbildungsbetrieb –obwohl er gemäß Handwerksrolle gar keinen bräuchte. Doch Steffen Thon ist die hohe Qualifikation ein persönliches Anliegen. „Ich bin ein großer Fan der Meisterqualifikation und ermutige jedes Team-Mitglied, sich den Titel zu erarbeiten“, sagt er. „Lustigerweise bin ich selbst kein Goldschmied, sondern Betriebswirt“, verrät der Unternehmer. Bei einer großen Juwelierkette machte Thon seine kaufmännische Ausbildung, dann folgte ein BWLStudium. Den Weg schlug er aus zwei Gründen ein:
1 „Mein Vater hatte den Meister noch machen müssen, aber ich habe ihn als Unternehmer nicht einmal am Werktisch gesehen, weil es einfach zu viele andere Aufgaben gab.“
2 „Ich liebe unser Handwerk und finde unsere Arbeiten unglaublich schön. Ich hatte aber nie das Bedürfnis, sie durch meine Hände entstehen zu lassen.“
In der Theorie kennt der Unternehmer jede Technik. Die Praxis überlässt er seinen Meistern und Gesellen. Dafür kann er sich mehr Zeit für seine Kunden nehmen und manche Strategie umsetzen.
W VIER FRAGEN AN
Tom Belz
FIRMENNAME Belz Werbetechnik
WEBSEITE www.belz-werbetechnik.de
ORT Sande
GEWERK Schilder- und Lichtreklame
MITARBEITERZAHL 7
FUNKTION Inhaber
Alle Arbeiten aus eigener Fertigung
Zur Strategie des Betriebs gehört, jeden Arbeitsschritt des Handwerks im eigenen Haus anbieten zu können –vom Gießen bis zur persönlichen Gravur zum Beispiel in der Handschrift des künftigen Ehepaars. Besonders glücklich ist Thon daher, seit dem Frühjahr 2024 Georgina Bleibaum in seinem Team zu haben. „Mit ihrer Fortbildung zur Edelsteinfasserin komplettiert sie unser Angebot. So können wir wirklich alles aus einer Hand anbieten und müssen nichts rausgeben“, sagt Thon. Zum Traditionsbetrieb ist die 30-jährige Goldschmiedemeisterin gewechselt, weil die Firma großen Wert auf handwerkliches Arbeiten legt. „Mein alter
1. Was ist Ihr wichtigster Marketing-Kanal?
Instagram: Wenige können sich unter dem Schilder- und LichtreklameherstellerHandwerk etwas vorstellen. Auf unserem Account sprechen die Bilder für sich.
2. Wie erschließen Sie sich neue Zielgruppen?
Durch das Posten innovativer Produkte, Netzwerken in der regionalen Wirtschaft und mit den Unternehmerfrauen. Zudem empfehlen Kunden uns weiter.
3. Welchen Stellenwert hat die Website für Ihren Betrieb? Auf einer Skala von 1 bis 10 eine 5. Wir zeigen uns online und werden gefunden.
4. Wie hat sich das Marketing in den letzten Jahren verändert? Das Marketing ist heute gezielter und persönlicher, es gibt viel mehr Kanäle als früher, um auf sich aufmerksam zu machen – online wie offline.
Arbeitgeber entwickelte sich immer mehr in Richtung CAD-Fertigung. Das ist zwar als Ergänzung spannend, hauptsächlich will ich aber mit meinen Händen arbeiten.“ Die halbjährige Weiterbildung zur Edelsteinfasserin habe sie absolviert, um ihr Handwerk ganzheitlich zu beherrschen. Ihre Motivation? Leidenschaft! „Kunden beraten, Kundenwünsche umsetzen, neue Sachen ausprobieren: Ich liebe die Vielfalt unseres Handwerks.“
In der Kundenberatung räumen die Goldschmiede auch mit manchem Vorurteil auf. Etwa damit, dass Weißgold mit der Zeit seine Färbung verliert. „Billiges Weißgold ist mit Rhodium überzogen. Und das trägt sich mit der Zeit ab“, erläutert Thon. „Wir geben Pal-
W ZU GUTER LETZT
Was hilft gegen den Fachkräftemangel, Herr Sterz?
Azubis zu gewinnen ist eine Sache, sie zu halten eine andere. Die erste Aufgabe ist Glaser Sven Sterz aus Langen bei Bremerhaven mit einem FacebookVideo furios gelungen. Das Video ging viral, zahlreiche Medien berichteten. Sterz wurde praktisch überrannt. Doch der Glasermeister musste Lehrgeld bezahlen, berichtet er in einem Video aus der ZDF-Sendung 37°: Von den drei Azubis, die er im Anschluss an die Aktion einstellte, blieb nur einer. Auch jetzt ist Azubi Sören der einzige Auszubildende, der bei Sterz lernt. Er ist zufrieden mit Chef und Arbeit – genauso wie der Chef mit ihm. Doch wie kann der Unternehmer ihn im Betrieb halten, wenn die Industrie mit viel höheren Löhnen lockt? Sterz ist es wichtig, dass die jungen Leute etwas lernen und nicht nur „dabeisitzen, fegen, schleppen“, sagt er im Film. „Besonderheiten, Nettigkeiten, Aufmerksamkeiten“ sind für ihn ein
Für uns ist das Internet ein Traum!
Steffen Thon, Geschäftsführer
weiterer Pluspunkt. Die Offenheit für Quereinsteiger kommt dazu: Auch eine frühere Verkäuferin arbeitet im Betrieb. Sören will noch ein paar Jahre bei Sterz bleiben, als Geselle. Die Übernahme ist ihm sicher. Doch dann?
„Man weiß ja nicht, was die Zukunft bringt“, sagt der junge Mann. (KW)
Hier geht es direkt zum ZDF-Beitrag:
ladium in die Schmelze. Diese Legierung sorgt dafür, dass Weißgold dauerhaft Weißgold bleibt.“ Das Legieren in der eigenen Werkstatt bietet noch andere Möglichkeiten: „Unsere Kunden können zum Beispiel den Trauring von Oma mit ins Feuer geben. Dann wird er in ihren neuen Ringen enthalten sein“, beschreibt Thon. Seine Beratungsmöglichkeiten hat das Unternehmen gerade ausgebaut. Ein Beratungskontor, das es im Corona-Lockdown an einem anderen Standort eröffnet hat, ist nun ins Gebäude der Werkstatt gezogen. „Jetzt können wir unsere Kunden noch besser beraten und ihnen zeigen, mit wie viel Liebe ihre Arbeiten entstehen.“ DENNY GILLE W
Alter Kaffee macht Beton stark
Wer schon immer mal auf einem KaffeebetonFußweg schlendern wollte, bekommt in Australien nun die Möglichkeit dazu: Dort haben Forscher der RMIT University einen solchen Fußweg als Feldtest realisiert. Dafür entwickelten sie ein Verfahren, in dem der Kaffeesatz zunächst zu Biokohle umgewandelt wird, damit er sich als Rohstoff für die Betonproduktion eignet. Im Beton-Gemisch ließen sich bis zu 15 Prozent des Sandes durch Kaffeesatz-Kohle ersetzen. Und da der Kaffee-Beton eine 30 Prozent höhere Festigkeit als normaler Beton habe, ließe sich laut den Forschern auch der Zementgehalt in der Mischung senken – um bis zu zehn Prozent.
16 Norddeutsches Handwerk | 14. Juni 2024
Foto: Carelle Mulawa-Richards, RMIT University
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Screenshot: handwerk.com/ZDF Mediathek Foto: Privat
(DEG)
Denny Gille Foto: Björn Schönfeld
Foto: Björn Schönfeld Foto:
Im Feuer geboren. Bei der Goldschmiede Arthur Müller beginnt der Gestaltungsprozess mit den blanken Rohstoffen.
Frisch im Team: Goldschmiedemeisterin Georgina Bleibaum komplettiert das Leistungsspektrum des Unternehmens.
Beispiel aus der Arbeit der Goldschmiede: Trauringe sind das größte Standbein der Lüneburger.
„Ich
liebe unser Handwerk!“ Steffen Thon leitet die Goldschmiede Arthur Müller in vierter Generation. Gerade wurden die Renovierungen für das neue Beratungskontor am Unternehmenssitz abgeschlossen. Nun kann der Betrieb all seine Leistungen unter einem Dach anbieten.
Foto: Denny Gille