Annual Report 2013 - 2016 / IGBAU

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Geschäftsbericht 2013 2014 2015 2016

ARBEIT. LEBEN. GERECHTIGKEIT.



Geschäftsbericht 2013 2014 2015 2016

Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt Frankfurt am Main 2017



VORWORT

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, Ihr haltet den neuen Geschäftsbericht der IG BauenAgrar-Umwelt in Händen. Entstanden ist ein inhaltsund bildstarkes Lesebuch, das die Arbeit und Erfolge unserer Organisation in den zurückliegenden Jahren dokumentiert. „Faire Arbeit Jetzt!“ lautet das zentrale Motto der IG BAU seit dem 21. Ordentlichen Gewerkschaftstag 2013. In den vergangenen vier Jahren haben wir unsere Tarifpolitik, unser Engagement in den Betrieben und gegenüber der Politik nach diesem Motto ausgerichtet. Mit vereinigten Kräften ist es uns gelungen, wegwei­sende Veränderungen für soziale Gerechtigkeit und bessere Arbeitsbedingungen in den Betrieben durch­zu­setzen. Was könnte dies besser belegen als die satten Tarifabschlüsse, die wir nach oftmals mühevollen Auseinandersetzungen mit den Arbeitgebern sichern konnten, die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes, der seit 2015 die massivsten Auswüchse von Lohndumping unterbindet oder die Rente ab 63, von der ein großer Teil unserer älteren Kolleginnen und Kollegen profitiert? Gleichzeitig warten einige unserer politischen Forderungen weiterhin auf ihre Umsetzung. Die Bemühungen der Großen Koalition, dem Wohnungsengpass entgegenzuwirken und für eine intakte Infrastruktur zu sorgen, ha­ben nicht ausgereicht, um die drängenden Probleme in diesen zentralen Lebensbereichen zu lösen. Die Bundestagswahl 2017 wird jedoch Gelegenheit bieten, auf diese Defizite und unsere Positionen hinzuweisen. Dies gilt auch für das Thema Lohngerechtigkeit. Das Gesetz zur Bekämpfung von Missbrauch bei Leiharbeit und Werkverträge hat viele Schlupflöcher offengelassen, die fairer Arbeit im Wege stehen. Beschäftigte mit Migrations­hintergrund und geflüchtete Menschen sind besonders häufig unfairer Behandlung ausgesetzt. Menschen im Osten verdienen noch immer weniger als ihre Kolleginnen und Kollegen im Westen. Frauen verdienen weniger als Männer. Die IG BAU hat sich auf allen Ebenen für Gleichbehandlung stark gemacht. Dies spiegelt sich auch in der Wortwahl und angewandten Schreibweise des vor­liegenden Geschäftsberichtes wider.

rente, das Urlaubsentgelt und die Berufsausbildung der Beschäftigten – in ihrem Bestehen verteidigten. Dieser Kraftakt, auf den 2017 die SOKA-Sicherungsgesetze des Deutschen Bundestages folgen sollten, war nötig gewor­den, nachdem ein Richterspruch am Bundesarbeitsgericht die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen des Bauhauptgewerbes für unwirksam erklärt hatte. Die IG BAU hat darüber hinaus bedeutsame tarifpolitische Weichen gestellt. Stellvertretend sei der Tarifabschluss im Gebäudereiniger-Handwerk genannt. Die unterste Lohngruppe im Westen knackt zum 1. Januar 2017 erstmals die 10-Euro-Marke. Wir befinden uns zudem auf einem guten Weg hin zu strengeren Regeln gegen Leistungsverdichtung. In der Baubranche ist es uns gelungen, eine flächendeckende allgemeine Tarif­ rente einzuführen. Die Tarifrente Bau ist eine im Wesent­lichen arbeitgeberfinanzierte Leistung, die allen Kolleginnen und Kollegen der Branche – nun auch jenen in den neuen Bundesländern und den Auszubildenden – zu Gute kommt. Die Tarifbewegungen haben uns bei den Beschäftigten jede Menge Zuspruch, wenn auch noch nicht die Mit­glieder in der erwarteten Höhe gebracht. Es fällt nicht schwer hervorzuheben, dass das Ehrenamt großen Anteil an unseren Erfolgen hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte allen in der IG BAU Aktiven meinen herzlichen Dank für ihr Engage­ment aussprechen. Unsere IG BAU lebt vom Einsatz ihrer Mitglieder. Ohne sie geht es nicht. Abraham Lincoln bezeichnete die „Demokratie als Regier­ung der Menschen, durch die Menschen und für die Men­schen“. Die Leserin oder der Leser des Geschäftsberichtes wird gleichermaßen feststellen: Die IG BAU ist eine stolze Organisation der Beschäftigten, durch die Beschäftigten und für die Beschäftigten.

Robert Feiger Verlässlich stand das Bundesarbeitsministerium an der Seite der IG BAU, als wir mit unseren Tarifpartnern die Sozialkasse des Bauhauptgewerbes – und damit die Bau­-

Bundesvorsitzender der IG Bauen-Agrar-Umwelt

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INHALTSVERZEICHNIS

VORSTELLUNG DER BUNDESVORSTANDMITGLIEDER

Robert Feiger Dietmar Schäfers Harald Schaum Ulrike Laux Carsten Burckhardt

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7 7 8 9 10 11

POLITIK, WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT 12 1.1. Deutsche und inter-nationale Politik unter Schwarz-Rot 1.2. Der gesetzliche Mindestlohn – ein Erfolgsmodell 1.3. Ohne Regeln geht es nicht 1.4. Wirksame Kontrollen gegen illegale Beschäftigung 1.5. Die Rente muss für ein gutes Leben reichen 1.6. Baurente gesichert 1.7. Flucht, Migration und Integration – Die IG BAU zeigt Courage 1.8. Wohnungsbau und Infrastruktur ausbauen und nachhaltig gestalten 1.9. Fairer Wettbewerb durch erweiterte Vergabekriterien und Tariftreue 1.10. Berufliche Bildung und Qualifizierung 1.11. Mitbestimmung 1.12. „Die Würfel sind gefallen“ 1.13. Arbeits- und Gesundheitsschutz 1.14. Gleichstellung und Gender Mainstreaming 1.15. Europa 1.16. Entsendearbeit, temporäre Migration und Saisonarbeit in der Landwirtschaft 1.17. Internationale Gewerkschaftspolitik

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FAIRE ARBEIT

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2.1. 2.2. 2.3. 2.4.

36 39 40 41

Erste Schritte zum neuen Leitbild Tarifpolitik selbstbewusst gestalten Betriebliche Arbeit an den Bedürfnissen der Beschäftigten ausrichten Druck machen auf die Politik

BRANCHENARBEIT 44 3.1. Bauwirtschaft: „WIR bauen fürs Leben!“ 3.2. Tarifpolitik in der Baustoffindustrie strukturiert und fokussiert gestalten 3.3. Gebäudereinigung: „Wir haben es verdient!“ 3.4. Facility Management und Industrielle Dienstleistungen 3.5. Landwirtschaft, Gartenbau und Floristik 3.6. Forstwirtschaft

44 50 52 53 54 55

HÖHEPUNKTE UND ERFOLGE AUS DEN REGIONEN 58 4.1. 4.2. 4.3. 4.4.

Skandal – Kopfgeld für Gewerkschaftsmitglieder Pilotprojekt gegen Mindestlohnunter-schreitungen und Schwarzarbeit Politikwechsel jetzt! Widerspenstige „Gallier“ erkämpfen Sozialtarifvertrag

58 60 60 61


5 6 7

4.5. 4.6. 4.7. 4.8. 4.9. 4.10. 4.11. 4.12.

Mitglieder werben Mitglieder „Job-Meile“ in der Oberpfalz – die IG BAU mit dabei Straßentheater: Beschäftigtenrechte unterm Hammer IG BAU Vater-Kind-Wochenende: „Wir machen mit“ Mitgliedschaft zahlt sich aus Betriebsratsvorsitzende übernimmt Patenschaft „Clean Flight“ am Frankfurter Flughafen Sichtbar werden! Keine Veranstaltung ohne Außenwirkung

61 62 62 63 63 64 64 65

UNSERE LEISTUNGEN

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5.1. 5.2. 5.3. 5.4. 5.5. 5.6. 5.7. 5.8. 5.9.

66 68 68 69 70 70 71 73 74

Wir schaffen Öffentlichkeit Rechtsschutz hilft Bildungsarbeit der IG BAU Das GFW – Gemeinnütziges Förderungswerk Hilfen für Bedürftige durch die Stiftung Berufshilfe Ohne Dein Plus! fehlt Dir was! facts – die schnelle und kompetente Mitgliederhotline GEW Ferien GmbH Produzieren, beschaffen, bereitstellen

PERSONENGRUPPEN 76 6.1. Junge BAU – Gewerkschaft in Aktion 6.2. Kraftvoll wie eh und je – Seniorinnen und Senioren in der IG BAU 6.3. „Wo geht es hier in die Zukunft?“ – Frauenpolitik in der IG BAU 6.4. Die IGay BAU bekennt Farbe 6.5. Handwerkspolitik 6.6. Fachgruppen- und Mitgliederversammlungen

76 79 80 80 82 82

INTERNE ORGANISATION 84 7.1. Bezirksvorsitzende 7.2. Mitglieder und Finanzen 7.3. Ehrenamt im Fokus 7.4. Personal 7.5. Führungskräfteausbildung und -entwicklung 7.6. Strategische Planung und Controlling 7.7. IT-Support

84 89 92 94 95 96 97

CHRONIK 98

Der Geschäftsbericht steht im Mitgliederbereich auf der Webseite der IG BAU als Download zur Verfügung: www.igbau.de/Info-Pool_Arbeitshilfen_Materialien_und_mehr.page Dort finden sich auch weitere Informationen und Statistiken zu unseren IG BAU-Branchen. Für den Zugriff ist eine Registrierung für den Mitgliederbereich auf der Startseite erforderlich.

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VORSTELLUNG DER BUNDESVORSTANDSMITGLIEDER wesen und Vermögensverwaltung; Öffentlichkeitsarbeit und Gewerkschaftspresse sowie Koordination der internationalen Politik und Beziehungen.

Arbeitsschwerpunkte

ROBERT FEIGER 54 Jahre, verheiratet

Werdegang Mit Beginn meiner Ausbildung zum Industriekaufmann bin ich 1982 der damaligen IG Bau-Steine-Erden (BSE) beigetreten. Nach der Wahl zum Jugendvertreter in meinem zweiten Ausbildungsjahr übernahm ich Zug um Zug mehr Aufgaben in unserer Gewerkschaft, von der Mitarbeit in der Jugendgruppe bis hin zur aktiven Arbeit im Bezirksjugendvorstand. Es folgten die Ausbildung zum Gewerkschaftssekretär und der Besuch der Sozialakademie in Dortmund. Nach vier Jahren als Bezirks­sekretär im damaligen Bezirksverband Augsburg wechselte ich 1992 in den Landesverband Bayern und war dort von 1994 bis 1998 Landessekretär. Anschließend wurde ich Geschäftsführer des Bezirksverbandes Oberbayern und ab 2005 Regionalleiter der Region Bayern. Auf dem Außerordentlichen Gewerkschaftstag 2007 wurde ich in den Bundesvorstand der IG BAU gewählt und war fortan zuständig für die Baustoffindustrie. Als Stellvertretender Bundesvorsitzender verantwortete ich von 2009 - 2013 den Vorstandsbereich Personal, Finanzen und Junge BAU. Auf dem 21. Ordentlichen Gewerkschaftstag im Oktober 2013 wurde ich zum Bundesvorsitzenden der IG BAU gewählt.

Aufgabengebiete Als Bundesvorsitzender bin ich heute u. a. für folgende Aufgaben verantwortlich: Koordinierung der Vorstandsarbeit und Regionalleitungen; Bau-, Verkehrs-, Wirtschafts-,Sozial- und Arbeitsmarktpolitik; Koordination der Tarifpolitik und der gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien; Justitiariat; Arbeits- und Sozialrecht; Strategische Planung und Controlling; Finanz­

Das Leitbild „Faire Arbeit Jetzt“ hat den Schwerpunkte meiner zurückliegenden Arbeit als Bundesvorsitzender geprägt. Leistungsverdichtung, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Lohndumping oder Altersarmut bestimmen den Alltag vieler Menschen in unserem Land. Faire Arbeit für die Beschäftigten in unseren Branchen hängt insbesondere von politischen Entscheidungen ab. Mein Anliegen ist es, die Interessen unserer Mitglieder auf allen politischen Ebenen einzubringen und in ihrem Sinne Einfluss auf die Entscheidungsprozesse zu nehmen. Mit Stolz können wir auf einige Erfolge für die Beschäftigten verweisen. Sei es tarifpolitisch oder sozialpolitisch, wie die Sozialkassensicherungsgesetze, die Rente ab 63 oder der gesetzliche Mindestlohn, den ich als Mitglied der Mindestlohnkommission weiter ausgestalte. Diese Erfolge wären aber nicht ohne ein engagiertes Ehrenamt, ohne beherzte Betriebsräte und ohne unsere hauptamtlichen Beschäftigten im Bundesvorstand und den Regi­onen möglich. Mit der Koordination und Führung der Regionalleitungen trage ich Verantwortung für ein erfolgreiches Zusammenspiel von Ehrenamt und Hauptamt, von Bezirksverbänden und Bundesvorstand. Politische Forderungen umzusetzen, gelingt ebenfalls nur mit einer professionellen Öffentlichkeitsarbeit und Präsenz unserer gesamten IG BAU in den Medien. Dies zu gewährleisten, ist eine stetige tägliche Aufgabe, der ich mich stelle. Gewerkschaftliche Kampfkraft und unser politisches Gewicht hängen maßgeblich von einer gesunden finanziellen Aufstellung und einem soliden Mitgliederfundament ab. Daher stehen eine nachhaltige Ausrichtung der Finanz- und Vermögenspolitik und eine klare Fokussierung auf die Stärkung der Operative, der betrieblichen Gewerkschaftsarbeit, im Mittelpunkt meiner Arbeit. Die Professionalisierung unserer Führungs- und Arbeitsstrukturen, aber auch die Bündelung der Kräfte, sie gezielt dort einzusetzen, wo Gewerkschaft hingehört – in die Betriebe und auf die Baustellen. Das ist mein Anliegen. Ich bin überzeugt, die Menschen brauchen die IG BAU als verlässlichen Partner, sie brauchen Perspektiven und Antworten für faire Arbeit in der Arbeitswelt von Morgen.

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VORSTELLUNG DER BUNDESVORSTANDSMITGLIEDER Arbeitsschwerpunkte

DIETMAR SCHÄFERS 62 Jahre, verheiratet, zwei Töchter

Werdegang Nach der Realschule habe ich Bauzeichner gelernt und wurde 1975 während meiner Ausbildung Mitglied der damaligen Industriegewerkschaft Bau-Steine-Erden (IG BSE). Von Beginn an war ich ehrenamtlich aktiv, unter anderem als Bezirksjugendvorsitzender des Bezirksverbandes Mülheim-Oberhausen und als Mitglied des Landesjugendvorstands. Nach dem Besuch der Sozialakademie begann ich im Herbst 1981 die Ausbildung zum Gewerkschaftssekretär. Sekretär wurde ich 1983, 1988 dann Geschäftsführer des Bezirksverbandes Mülheim-Oberhausen, ab 1997 des Bezirksverbandes Mülheim-Essen-Oberhausen. Seit 1994 gehöre ich dem Beirat an. 2001 wurde ich als Bundesvorstandsmitglied der IG BAU gewählt, seit 2005 bin ich Stellvertretender Bundesvorsitzender.

Aufgabengebiete Zu meinen Aufgabenbereichen gehören u. a. die Branchen Bauhauptgewerbe, Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau, Abbruch- und Abwrackgewerbe, Nassbaggergewerbe, Maler- und Lackiererhandwerk, Dach­ deckerhandwerk, Gerüstbauerhandwerk, Steinmetzund Steinbildhauerhandwerk sowie die Wohnungswirtschaft und Architektur- und Ingenieurbüros. Neben der Branchen- und Tarifpolitik gehören zu meinem Zustän­ digkeitsbereich Umweltpolitik, Baupolitik und Handwerks- und Berufsbildungspolitik, der Arbeits- und Ge­sundheitsschutz, die Europäischen Betriebsräte, internationale Beziehungen, Vertretung in der BHI und der EFBH.

Der Arbeitsschwerpunkt meines Vorstandsbereiches, unterstützt durch die Regionen und Bezirksverbände der IG BAU, ist die Tarifpolitik und die Branchenentwicklung. Die Weiterentwicklung unserer Tarifverträge gehört zu unseren Kernaufgaben. Mit dem Engagement vieler Betriebsräte und Aktiven ist es uns gelungen, neue Meilensteine in der Tarifpolitik zu setzen. Dazu gehört die Verpflichtung der kostenfreien Gestellung von Unterkünften bei auswärtiger Beschäftigung für gewerbliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Angestellte im Bauhauptgewerbe sowie die Einführung der Umlage­ finanzierung für die Ausbildung im Dachdeckerhandwerk. Ebenfalls wurden Regelungen für besondere Leistungen für Gewerkschaftsmitglieder abgeschlossen, etwa Einmalzahlungen im Maler -und Lackiererhandwerk und im Dachdeckerhandwerk. Vergleichbare Vereinbarungen haben wir auch in Haustarifverträgen durchgesetzt. In der Umweltpolitik bearbeiten wir mit Umweltverbänden das Thema Klimawandel in der „Klimaallianz“ und setzen uns dafür ein, den überlebenswichtigen Schutz der Umwelt sozial, ökologisch und wirtschaftlich zu gestalten. Die Verbesserung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes ist eine ständige Aufgabe. Im Jahr 2016 konnten wir einen Durchbruch mit der Einführung der „Staubver­ ordnung Bauwirtschaft“ erzielen. Gemeinsam mit unserem Bundesvorsitzenden haben wir uns politisch für das Thema Wohnungsbau und Verkehr­sinfrastruktur in unzähligen Veranstaltungen und Ver­ hand­lungen stark gemacht. Auf der europäischen Ebene bin ich seit 2015 als Präsident der Europäischen Föderation der Bau- und Holzarbeiter (EFBH) tätig. Themen wie die Dienstleistungsrichtlinie, elektronische Dienstleistungskarte, Arbeitsinspektionen sowie der „Soziale Dialog“ mit den europäischen Bauarbeitgebern gehören zu der Lobby­ arbeit in Brüssel. Die Mitgliedschaft im Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit sichert nicht nur Einfluss, sondern auch einen „kurzen Draht“ zur Agentur. Vieles konnten wir in Zusammenarbeit mit allen Vorstandsabteilungen der IG BAU erreichen. Dennoch liegt eine Reihe von Herausforderungen vor uns, die wir gemeinsam anpacken wollen. Denn Erfolg ist nie die Sache eines Einzelnen. Ich bedanke mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im VB II und in den Regionen. Vor allem aber bei den vielen Funktionär_innen, Betriebsrät_innen und Aktiven in der IG BAU. „Gemeinsam sind wir stark!“

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Arbeitsschwerpunkte

HARALD SCHAUM 57 Jahre, verheiratet, zwei Kinder

Werdegang Mit Beginn meiner Ausbildung zum Forstwirt bin ich 1975 der damaligen Gewerkschaft Gartenbau, Land-und Forstwirtschaft (GGLF) beigetreten. Ab diesem Zeitpunkt war ich aktiv in der GGLF-Jugend. 1982 begann ich meine hauptamtliche Tätigkeit, zunächst als Organisations- und Werbesekretär im Saarland und in Rheinland-Pfalz, anschließend als Bezirksleiter der GGLF in Gießen. Von 1993 bis zur Fusion der GGLF mit der IG BSE zu unserer heutigen IG BAU wurde ich Landesbezirksleiter der GGLF für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland. Ab 1996 war ich als Landessekretär im Landesverband Hessen, später als Regionalsekretär und Regionalleiter der Region Hessen tätig. 2009 wurde ich in den Bundesvorstand der IG BAU gewählt, 2013 zum Stellvertretenden Bundesvorsitzenden.

Aufgabengebiete Meine Zuständigkeit umfasst mehrere Branchenbereiche sowie den Bereich Personal. Zu den Branchen gehören die Baustoffindustrie mit sämtlichen Einzelbranchen wie zum Beispiel Zementindustrie, Beton, Ziegelindustrie, Sand-, Kies-, Mörtel- und Transportbetonindustrie, die staatliche wie auch die private Forstwirtschaft, forstliche Dienstleister, Bundesvertretung Forst- und Naturschutz, Personalräte und Personalvertretungsrecht sowie die Agrarwirtschaft mit Landwirtschaft, Gartenbau, Floristik, landwirtschaftliche Dienstleister, Landwirtschaftskammern und Freizeiteinrichtungen. Unter den Bereich Personal fällt die gesamte Personalwirtschaft, die Personalentwicklung wie auch der Arbeits- und Gesundheitsschutz innerhalb der IG BAU.

In allen Branchen ist die Vorbereitung, Durchführung und der Abschluss von Tarifverträgen von zentraler Bedeutung. Nahezu alle Bereiche haben regionale Tarifverträge. Dies führt zu einer hohen Zahl vorhandener und jährlich zu verhandelnder Tarifverträge und setzt eine strukturierte und systematische Arbeitsweise sowie eine klare ziel- und ergebnisorientierte Ausrichtung voraus. Zu den fortlaufenden Aufgaben gehören die Erschließung von Betrieben und die Verzahnung der Tarifpolitik sowie das Ehrenamt für die Arbeit in den Tarifkommissionen zu gewinnen und zu qualifizieren. Integrierter Bestandteil der Arbeit sind die spezifischen Herausforderungen der Einzelbranchen. Dazu gehören politische Diskussionen um den europäischen Emissionshandel, der weiter stattfindende Personalabbau im Forst sowie die Niedriglohnproblematik in der Landwirtschaft und im Gartenbau. Ein zentrales Anliegen unserer Mitglieder ist die Verbesserung ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen, in erster Linie die Erhöhung ihrer Einkommen und Verbesserung der Tarifregelungen. Dies war und ist Schwerpunkt unserer Branchen- und Tarifpolitik. Im Bereich Personal wurde eine Reihe von Rahmenbedingungen erneuert. Die betriebliche Altersversorgung wurde neu gestaltet, Aufstiegsmöglichkeiten zu Teamleiter_innen und Ausbilder_innen entwickelt und umgesetzt, das Ausbildungssystem Gewerkschaftssekretär_innen überarbeitet und eine Neustrukturierung der Bundesvorstandsverwaltung zur Stärkung des operativen Geschäfts in den Regionen vorgenommen. Der Schwerpunkt im Bereich Personal lag darauf, die altersbedingten Veränderungen in den Regionen durch eine hohe Anzahl ausgebildeter junger Gewerkschaftssekretär_innen zu bewältigen und damit einhergehend langfristige Vorsorge für die beschlossene Geschlechterverteilung zu treffen. Mit mindestens 40 Prozent Anteil junger Frauen sind die Voraussetzungen für die Folgewirkungen auch in der Führungskräfteausbildung geschaffen. Die Qualität unserer Ausbildung ist bekannt und sucht ihresgleichen. Damit sind wir in mehrfacher Hinsicht für die Zukunft gut aufgestellt.

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VORSTELLUNG DER BUNDESVORSTANDSMITGLIEDER Tarifbewegung, um die Forderungen der Beschäftigten durchzusetzen, z.B. in der Gebäudereinigung Maßnahmen gegen Leistungsverdichtung, Ost-West-Angleichung der Löhne, die 10 Euro als Untergrenze. Für die Angestellten im Gebäudereiniger-Handwerk fordern wir eigene Tarifverträge. Für die Mitglieder im Facility-Management und IDL-­ Bereich geht es um die Gestaltung der ständigen Veränderungen und Umstrukturierungen. Es geht um den Erhalt bestehender Tarifverträge und gleichzeitig eine Entwicklung nach oben in Einkommen und Rahmen­ bedingungen.

ULRIKE LAUX

57 Jahre, verheiratet, 1 Kind

Werdegang Als kaufmännische Angestellte wurde ich 1981 Mitglied der damaligen IG Bau-Steine-Erden (BSE). Ehrenamtlich war ich in der Jugend- und Jugendbildungsarbeit der IG BSE tätig. 1986 besuchte ich die Akademie der Arbeit in Frankfurt am Main. Nach der Ausbildung zur Gewerk­ schaftssekretärin trat ich meine erste Stelle 1989 im Be­zirksverband Kassel (Nordhessen) an. Ab 1997 leitete ich ein IG BAU-Projekt auf dem Flughafen Frankfurt am Main, arbeitete anschließend als Gewerkschaftssekretärin in den Bezirksverbänden Gelnhausen-Friedberg und Rhein-Main, ab 2007 organisierte ich unter anderem die Bildungsarbeit in der Region Hessen. 2011 wechselte ich als Fachreferentin in den Bundesvorstand. Im Oktober 2013 wurde ich erstmals in den Bundesvorstand der IG BAU gewählt.

Aufgabenbereich Zu meinen Zuständigkeitsbereichen im Bundesvorstand gehören die Branchen- und Tarifpolitik im Gebäudereiniger-Handwerk, Facility-Management und Industrielle Dienstleistungen, die Betriebs- und Unternehmensmitbestimmung, Frauen- und Gleichstellungspolitik sowie Seniorenpolitik. Seit 2016 bin ich Mitglied im Executive Committee der UNI Europa.

Arbeitsschwerpunkte Ein Schwerpunkt ist die Gestaltung der gewerkschaftlichen Branchenarbeit. Gemeinsam mit den Regionen, Aktiven und Betriebsräten diskutieren wir Themen, treffen Entscheidungen und begleiten die Umsetzung. Wir organisieren eine lebendige Gewerkschaftsarbeit und 10

Die Mitbestimmung in den Betrieben und Konzernen wird seitens des Vorstandsbereichs aktiv unterstützt, durch Begleitung der Gremien, einem Angebot an Veranstaltungen und Schulungen sowie rechtlicher Beratung. Eine Herausforderung ist die Arbeit der Zukunft - 4.0, mit allen Chancen und Risiken. Veränderungen müssen im Interesse der Beschäftigten und gemeinsam mit Aktiven und Betriebsräten diskutiert und gestaltet werden. In der Frauen- und Gleichstellungspolitik geht es um Chancengleichheit für alle. Es werden Kritikpunkte be-­ nannt und Lösungen für die Zukunft erarbeitet: „Wie wollen wir leben?“. Es geht um Anerkennung unbezahlter Arbeit, prekäre Beschäftigung und Fehler in der Renten- und Steuerpolitik. Mit Themen wie kürzeren Arbeitszeiten für alle und einem bedingungslosen Grundeinkommen führen wir eine Zukunftsdiskussion, an der sich möglichst viele in der IG BAU beteiligen sollen. Seniorenpolitik der IG BAU ist engagierte Gewerkschaftsarbeit mit aktuellen Themen wie „Arbeiten im Alter – Chance oder Last“ oder altersgerechtes Wohnen. Information und Austausch findet in verschiedenen Veranstaltungen statt. Die IG BAU ist Mitglied in der BAGSO, einer Organisation von Senioren_innen aus verschiedenen Organisationen und Gewerkschaften. In der UNI Europa ist zentrale Aufgabe die Abstimmung und gegenseitige Unterstützung im Kampf für bessere Arbeitsbedingungen und Tarifverträge. Gewerkschaftsarbeit ist immer Teamarbeit von vielen engagierten Menschen – ehrenamtlichen und hauptamtlichen. Dies macht uns erfolgreich. Gewerkschaftsarbeit ist Einsatz und Begeisterung für das, was wir machen, und für das, was wir erreichen wollen. Wir haben den Mut zum Träumen und die Kraft zum Kämpfen.


Arbeitsschwerpunkte

CARSTEN BURCKHARDT 44 Jahre, verheiratet, zwei Kinder

Werdegang Nach dem Fachabitur Wirtschaft und Verwaltung und dem Zivildienst, endete 1996 meine schulische Ausbildung als Diplom Sozialarbeiter an der FH Fulda. Zunächst arbeitete ich als Ausbilder in der Jugendberufshilfe in der Bau- und Forstwirtschaft. Im Oktober 1997 bekam ich von der IG BAU die Chance, mein gewerkschaftliches Ehrenamt, das ich seit 1989 ausübte, zum Beruf zu machen. Ich wurde Jugendbildungsreferent im IG BAU-Landesverband Hessen und bereits ein Jahr später Bundesjugendsekretär. 2003 wurde mir die Aufgabe als Leiter der Abteilung Organisation anvertraut, die ich bis 2008 ausübte. Der Regionalrat Westfalen bestätigte mich als Stellvertretenden Regionalleiter für die Region Westfalen. Zwei Jahre später wurde ich vom Bundesvorstand als Regionalleiter vorgeschlagen und ebenfalls vom Regionalrat bestätigt. 2013 wählten mich die Delegierten des 21. Ordentlichen Gewerkschaftstags in den Bundesvorstand der IG BAU.

Aufgabengebiete Im Bundesvorstand bin ich zuständig für die Bereiche Organisation, Junge BAU, Zentrale Dienste, Informationstechnologie und Bildung. Zum Bereich Bildung gehört auch die Führung unserer zentralen Bildungsstätte Steinbach mit Schwerpunkt Be­ triebsrätebildung. Darüber hinaus begleite ich als Strategischer Geschäftsführer die facts Infoline GmbH und als Geschäftsführer die Gesellschaft für Vermögensverwaltung mbH. Als Auf­sichtsratsmitglied die DGB Rechtschutz GmbH und Dein Plus GmbH.

Die Abteilung Organisation hat neben ihrer Dienstleistungsfunktion für Haupt- und Ehrenamt, Kündigungsrückholung, „Faire Arbeit Jetzt!“, Optimierung des Mitgliederservices, den Schwerpunkt auf die Unterstützung des Ehrenamts gelegt. Nicht zuletzt durch die Umstrukturierung im Jahre 2007 sind die Anforderungen an die ehrenamtliche Arbeit in den Bezirksverbänden gestiegen. Deshalb reichen unsere Angebote an die ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen von Ehrenamts (E-)marketing, Unterstützung von Mitgliederversammlungen sowohl auf regionaler, als auch auf Fachgruppenebene, über den E-Info- und Kontaktpool bis hin zu umfangreichen Bildungsangeboten. Die Junge BAU umfasst die Jugendarbeit von der Mitgliedergewinnung über die Jugend- und Auszubildendenvertretungen, den Jugendvorständen, die Qualifizierung unserer jungen Aktiven bis zur Hochschularbeit. Es galt, den „Generationenwechsel“ in der Jungen BAU zu meistern. Geschafft! Wir haben wieder an vielen Orten eine lebendige und vor allem aktive Junge BAU. Gewerkschaftliche Bildung ist ein Schwerpunkt meiner Arbeit. Ziel ist es, Menschen persönlich und fachlich zu fördern, Werkzeuge an die Hand zu geben sowie Spaß und Wertschätzung entgegenzubringen. Gemeinsam mit den Beschäftigten der Bildungsstätte Steinbach haben wir in den vergangenen vier Jahren einen Organisations- und Entwicklungsprozess initiiert. Es galt Service-Standards zu verbessern, die Auslastung des Hauses zu erhöhen und den Zuschussbedarf zu senken. Dies unter Beibehaltung einer gewerkschafts­ spezifischen Atmosphäre! Als Aufsichtsratsmitglied der HOCHTIEF AG begleite ich seit Juli 2013 die Gesamtbetriebsrats- und Konzernbetriebsratsgremien. Der Aufbau von Gewerkschaftsmacht hatte dabei Priorität. Seit Juli 2016 steht der Verbandsaustritt im Vordergrund meiner Arbeit. Hier war mein Ziel, diesen Schritt nicht nur abzufedern, sondern offensiv für unsere aktivierende Gewerkschaftsarbeit zu nutzen. Seit dieser Zeit haben wir gemeinsam mit den Betriebsräten viele neue Mitglieder gewonnen, gewerkschaftliche Strukturen aus- und aufgebaut. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Betriebsräten und Hauptamt ist für mich ein schönes Beispiel für eine kontinuierliche, an den Bedürfnissen der Beschäftigten ausgerichtete, betriebsnahe Gewerkschaftsarbeit. 2013 – 2016: Gewerkschaft in Aktion! Danke an alle haupt- und ehrenamtlichen Akteure für die engagierte Arbeit. Ich bin stolz darauf, mit Euch zusammen einen Beitrag zu einer erfolgreichen Gewerkschaftsarbeit beigetragen zu haben. 11


POLITIK, WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT

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POLITIK, WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT P OLITIK,

1.1. Deutsche und internationale Politik unter Schwarz-Rot Krisen und Konflikte haben die deutsche und internationale Politik der vergangenen Jahre geprägt. Die Fluchtbewegungen nach Europa und das Erstarken von PEGIDA und AfD veranlassten die Große Koalition zu einem Kurswechsel in der Asylpolitik: Nach einer Phase der Willkommenskultur schränkte sie das Recht auf Asyl ein. In der Europäischen Union drängte die Bundesregierung weiterhin auf Sparmaßnahmen und eine marktliberale Politik. Ein schwieriges Umfeld für gewerkschaftliche Interessenvertretung. Mehr als 60 Millionen Menschen befinden sich derzeit weltweit auf der Flucht vor Krieg, Verfolgung und Armut. Als 2015 viele Flüchtende aus Konfliktregionen wie Syrien und Afghanistan in die Bundesrepublik gelangten, wurden sie von zahlreichen freiwilligen Helferinnen und Helfern unterstützt. Diese „Willkommenskultur“ fand ihre prominenteste Unterstützerin in in Bundeskanzlerin Merkel. Im September 2015 ließ die Bundesregierung tausende geflüchtete Menschen von Ungarn in die Bundesrepublik einreisen. Das europäische Grenzregime war für kurze Zeit außer Kraft gesetzt. Die Große Koalition schlug jedoch bald eine härtere Gangart ein. Das Recht auf Asyl wurde beschnitten, die Sicherheitsvorkehrungen angesichts des zunehmenden Terrors in Europa verschärft. Für die Europäische Union (EU) verhandelte die Bundesregierung ein Abschiebe­ abkommen mit der Türkei. 12

Rechtspopulismus im Aufwind Parallel zu diesen Ereignissen gelangte die AfD zu hohen Beliebtheitswerten in der Bevölkerung. Mit ihrer islamund minderheitenfeindlichen Politik, die sie mit der Bewegung Pegida verbindet, hat es die Partei bis zum Ende des Jahres 2016 in das EU-Parlament und elf Länderparlamente geschafft. Im selben Zeitraum erhöhte sich die Gewaltbereitschaft in der Bundesrepublik gegenüber geflüchteten Menschen massiv. Die Bilanz sind mehr als zweitausend Anschläge auf Asylunterkünfte und unzählige gewalttätige Übergriffe auf anders aussehende und anders denkende Menschen. Mit HOGESA traten dabei auch militante rechte Hooligans öffentlich in Erscheinung. Die AfD ist eine Nachzüglerin gegenüber anderen rechts­ extremen und rechtspopulistischen Parteien in Europa, die seit vielen Jahren in nationalen Parlamenten sitzen und teilweise an Regierungen beteiligt sind. Zum Konsens dieser Parteien gehört auch ihr antieuropäischer Kurs. Brüssel gilt ihnen als „Bürokratiemonster“ und Gefahr für die „nationale Souveränität“. Als die Bürgerinnen und Bürger Großbritanniens für den Austritt aus der EU stimmten, kam der Beifall vor allem von rechts.

Die EU unter Druck Die EU ist durch die Rechtsverschiebung in vielen Mit­ gliedsstaaten unter Druck geraten. Gleichzeitig hat sie die Kehrtwende zu einem sozialeren Europa nicht geschafft. So setzte die Bundesregierung weiterhin Haushaltsdisziplin und arbeitnehmerfeindliche Strukturreformen als Leitprinzipien in der EU durch. Die EU-Kommission forderte im Rahmen ihrer Binnenmarktstrategie


Ob “Griechenlandkrise”, Umgang mit Flucht und Migration oder „BRexit“: Oft stand die EU in den vergangenen Jahren im Zentrum der Aufmerksamkeit – aber auch in der Kritik.

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POLITIK, WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT

Die IG BAU fordert seit 2014 “Faire Arbeit jetzt!”. Am Steuer: Robert Feiger, Bundesvorsitzender der IG BAU, bei der MaiKundgebung 2014 in Bremerhafen

Arbeitnehmerfreizügigkeit, ohne die bestehenden Sozial­standards zu schützen. An den Plänen für TTIP, CETA und TISA hielten die politischen Eliten trotz massiver Kritik aus großen Teilen der Bevölkerung fest. Diese Politik hat die Krise des Währungsraumes und der EU nicht gelöst. Im Gegenteil. Sie hat die sozialen Missstände in vielen europäischen Ländern verschärft.

In Deutschland fehlt der Mut für einen Kurswechsel Ausgeglichener fiel die Politik der Großen Koalition im eigenen Land aus. Unter Beteiligung der SPD wurden Reformen verabschiedet, auf die die Gewerkschaften seit langem gedrängt hatten. Konkret ist dies die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes im Jahr 2015. Auch Verbesserungen bei der Rente zahlen sich für die Beschäftigten in der Bundesrepublik aus: Wer 45 Beitragsjahre nachweist, kann seit 2014 die abschlagsfreie „Rente ab 63“ in Anspruch nehmen. Wer nur noch eingeschränkt arbeiten kann, darf bei der Erwerbsminderungsrente auf bessere Zurechnungszeiten hoffen - vorausgesetzt, es besteht Anspruch auf diese Rente. Zusammengenommen reichten diese Änderungen jedoch nicht aus, um der sozialen Schieflage in Deutschland ernsthaft etwas entgegenzusetzen. Eine Lösung für die Stabilisierung der Rente muss noch gefunden werden. Das Problem sachgrundloser Befristungen bleibt ebenfalls ungelöst. Prekäre Arbeit ist trotz gesetzlichem Mindestlohn sowie einem Gesetz gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträge noch immer weit verbreitet, 14

während. Illegale Beschäftigungspraktiken nach wie vor gute Chancen haben, unentdeckt zu bleiben. Die IG BAU hat auf diese Missstände aufmerksam gemacht und Lösungsvorschläge in die politische Debatte eingebracht. Mit ihrem Motto „Faire Arbeit Jetzt!“ hat sie dabei voll ins Schwarze getroffen.

1.2. Der gesetzliche Mindestlohn– ein Erfolgsmodell Seit dem 1. Januar 2015 gilt bundesweit ein gesetzlicher Min­destlohn. Eine jahrelange Forderung des DGB und seiner Mitgliedsgewerkschaften ist Realität geworden. Die IG BAU hat bei der Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes eine Vorreiterrolle gespielt. 1997 setzte sie den ersten branchenweiten Bau-Mindestlohn auf tarifvertraglicher Grundlage durch. Dieser stand nun, fast zwei Jahrzehnte später, Pate für die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes.

Der Mindestlohn zeigt Wirkung Kaum war der gesetzliche Mindestlohn in Kraft getreten, zeigte er schon Wirkung. Im zweiten Quartal 2015 verdienten Vollzeitbeschäftigte im Vergleich zum Vorjahresquartal 3,2 Prozent mehr (vgl. Statistisches Bundesamt). Der Verdienst bei Minijobs wuchs im zweiten Quartal


2015 bundesweit um fünf Prozent. In Ostdeutschland kam es zu einer Erhöhung der Löhne um fast ein Viertel. Von der Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes profitierten also besonders Beschäftigte in den neuen Bundesländern und Frauen. Im Vergleich der Jahre 2014 und 2015 reduzierte sich zudem die Zahl der erwerbstätigen Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II (sog. „Aufstocker“) um rund 56.500 auf 1,24 Mil­lionen Personen – ein dank des Mindestlohnes überdurchschnittlicher Wert. Der gesetzliche Mindestlohn hat indessen nicht zu Ar­ beits­platzabbau geführt. Zwar ging die Zahl der Minijobs im August 2015 um 127.000 Stellen zurück, zugleich entstanden jedoch deutlich mehr sozialversicherungspflichtige Stellen.

Die IG BAU fordert klare Regeln und stärkere Kontrollen gegen „Schwarze Schafe“ Einige Arbeitgeber umgehen allerdings den Mindestlohn, indem sie nicht für die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit bezahlen. Sonderleistungen, Zuschläge oder Trinkgelder werden häufig unzulässigerweise auf den Mindestlohn angerechnet. Immerhin: Gerichtsurteile haben diesen unlauteren Methoden in vielen Fällen einen Riegel vorgeschoben. Kontrollen finden aber nur unzureichend statt. Die Fi­ nanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) verfügt nicht über genügend Sachmittel und Personal. Die IG BAU fordert deshalb mindestens 10.000 Angestellte bei der FKS, um eine engmaschige und effektive Kontrolle nicht nur des gesetzlichen Mindestlohnes, sondern auch der tarifver­ traglichen Branchenmindestlöhne sicherzustellen. Zudem hat sich die IG BAU von Anfang an gegen die im Mindestlohngesetz vorgesehenen Ausnahmen für Langzeitarbeitslose, Jugendliche sowie Praktikantinnen und Praktikanten eingesetzt, bislang jedoch ohne Erfolg.

Den Mindestlohn nach oben anpassen Die IG BAU ist an der weiteren Entwicklung des gesetzlichen Mindestlohnes maßgeblich beteiligt.Der Bundesvorsitzende der IG BAU, Robert Feiger, ist Mitglied der Mindestlohnkommission. Diese übernimmt die Aufgabe, den Mindestlohn an die Tarifentwicklung anzupassen. Mitte 2016 hat die Kommission nach längerer Auseinandersetzung zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite beschlossen, eine Anhebung des Mindestlohnes auf

8,84 Euro und damit eine Steigerung um vier Prozent zum 1. Januar 2017 zu empfehlen. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles ist dieser Empfehlung gefolgt.

1.3. Ohne Regeln geht es nicht Die Anzahl der Beschäftigten, die für Niedriglöhne arbeiten, ist nach der Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes hoch geblieben. Weitere Schritte zur Bekämpfung von Lohndumping, vor allem durch Missbrauch bei Leiharbeit und Werkverträgen, sind erforderlich. Auf den ersten Blick hat sich der Arbeitsmarkt in Deutschland erfreulich entwickelt: Die Zahl der registrierten Arbeitslosen ist deutlich zurückgegangen. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist gestiegen. Auch für die meisten Branchen der IG BAU sind mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstanden. Insbesondere gilt dies für das Gebäudereiniger-Handwerk, die Landwirtschaft und das Baugewerbe.

Das Gesetz gegen Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen Im Oktober 2016 hat der Deutsche Bundestag zudem das „Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs bei Leih­ arbeit und Werkverträgen“ verabschiedet. Der Einsatz von Leiharbeitnehmerinnen- und arbeitnehmern als Streikbrecher ist jetzt gesetzlich verboten. Der weit ver­breiteten Praxis, über Vorrats-Verleiherlaubnisse missbräuchliche Werkverträge nachträglich in „legale“ Leiharbeit umzuwandeln, wird ein Riegel vorgeschoben. Auch die Einführung einer Höchstüberlassungsdauer ist geeignet, groben Missbrauch zu verhindern. Das Verbot der Leiharbeit am Bau und die Verbesserungen im Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) bleiben unangetastet. Das Gesetz ist damit ein Schritt in Richtung faire Arbeit, der dem Ziel „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ ein Stück näherkommt. Es reicht aber nicht aus, um alle Umgehungsmöglichkeiten und prekäre Beschäftigung zu beseitigen.

Viele Schlupflöcher bleiben offen So bleibt etwa das Problem der Scheinselbstständigkeit ungelöst. Diese liegt dann vor, wenn vertraglich zwar vereinbart ist, dass jemand Leistungen selbstständig im Rahmen eines Werkvertrages erbringt, tatsächlich aber eine Abhängigkeit wie in einem Beschäftigungsverhältnis besteht. 15


POLITIK, WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT Insbesondere im Hoch- und Ausbaubereich arbeiten zudem viele Einpersonen-Selbstständige. Einige von ihnen sind nach der heutigen Rechtslage scheinselbstständig, viele andere nicht. Beide Gruppen haben oft keinen ausreichenden Sozialversicherungsschutz und arbeiten zu Dumpingpreisen. In der Bodenverlegung und im Ausund Trockenbau ist mehr als jeder dritte Erwerbstätige ein Einpersonen-Selbstständiger (siehe Tabelle). Dort ist die Zahl auch zuletzt weiter gestiegen, anders als in der Gesamtwirtschaft.

Viele arbeitsrechtliche Schutzinstrumente versagen zudem, wenn sie wegen langjähriger Kettenbefristungen nicht durchgesetzt werden können. Befristet Beschäftigte werden unter Druck gesetzt, wenn sie beispielsweise ihren Tariflohn einklagen. Eine Anschlussbeschäftigung ist dann gefährdet. Diese Problematik tritt besonders häufig im Gebäudereiniger-Handwerk auf. Die IG BAU setzt sich deswegen dafür ein, sachgrundlose Befristungen abzuschaffen und sonstige Befristungsmöglichkeiten zu begrenzen.

Die IG BAU konnte einzelne Verbesserungen für soge­ nannte Solo-Selbstständige erwirken. Im Bauhauptge­ werbe und im Dachdeckerhandwerk erhalten Solo-­ Selbstständige gegen Zahlung angemessener Beiträge weiterhin Leistungen aus den Berufsbildungsverfahren. In den Hochbauberufen ist die Zahl der Einpersonen-­ Selbstständigen 2015 – anders als in vielen Bauausbauberufen – leicht zurückgegangen.

Ein weiterer Ausdruck prekärer Arbeit ist geringfügige Beschäftigung in Form von Minijobs. Durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes wurden geringfügige in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen umgewandelt. In einigen IG BAU-Branchen ging der Anteil von Minijob-Arbeitsverhältnissen leicht zurück. In den Wirtschaftszweigen Allgemeine Gebäudereinigung sowie Grundstücks- und Wohnungswesen gibt es jedoch noch immer mehr Minijobs als sozialversicherungspflichtige

Berufe mit hohem Anteil Einpersonen-Selbstständiger 2000 Berufe

Zahl insges.

2012

% der Erwerbstätigen

Zahl insges.

2015

% der Erwerbstätigen

Zahl insges.

% der Erwerbstätigen

Durchschnitt alle Berufe

1.838.000

5,3

2.456.000

6,5

2.301.000

5,9

Hochbau-Berufe (einschl. Spezialisierungen)

n.v.

n.v.

39.000

8,2

38.000

8

BodenverlegungsBerufe (einschl. Spezialisierungen)

n.v.

n.v.

26.000

27,4

28.000

28,6

Aus-/TrockenbauBerufe (ohne Spezialisierungen)

n.v.

n.v.

28.000

37,3

34.000

38,6

Maler/Lackierer

n.v.

n.v.

15.000

8,9

18.000

10,9

Garten-/Landschaftsbau-Berufe

n.v.

n.v.

13.000

12,7

16.000

13,3

Quelle: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus, und eigene Berechnungen Wegen der Umstellung der Berufs-Klassifikation sind vergleichbare berufsspezifische Daten bis 2011 nicht verfügbar (n.v.) Berufsabgrenzungen entsprechend der Klassifikation der Berufe 2010 des Statistischen Bundesamtes

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Arbeitsplätze. Besonders betroffen sind Frauen. Auch im Ausbaubereich sind Minijobs (formal) überraschend weit verbreitet. Weitere Regulierungsschritte nötig

Weitere Regulierungsschritte nötig Die Reformen der Großen Koalition blieben hinsichtlich der beschriebenen prekären Beschäftigungsformen hinter dem Notwendigen zurück. Im Bereich Befristungen und geringfügige Beschäftigung gab es keine gesetzgeberischen Verbesserungen. Das „Gesetz gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen“ wird kaum dazu beitragen, Werkverträge mit Solo-Selbstständigen und Leiharbeitereinsatz in IG BAU-Branchen zurückzudrängen. Die IG BAU wird sich daher weiterhin für gesetzliche Reformen einsetzen, die prekäre Beschäftigung eindämmen.

1.4. Wirksame Kontrollen gegen illegale Beschäftigung Illegale Beschäftigungsformen sind in der Bundesrepublik weit verbreitet. Die IG BAU hat auf den Handlungsbedarf hingewiesen, um illegale Praktiken trockenzulegen. Schwarzarbeit, Scheinselbstständigkeit, die Missachtung des gesetzlichen Mindestlohns und von Branchenmindestlöhnen – viele Arbeitgeber lassen zu illegalen Bedingungen arbeiten. Der Gesellschaft entgehen jedes Jahr hohe Summen an Steuern und Abgaben. Legal arbeitende Unternehmen geraten unter Druck: Entweder sie akzeptieren, dass sie vom Markt zurückgedrängt werden, oder sie sehen sich veranlasst, ebenfalls illegale Praktiken anzuwenden.

Wirtschaftszweige mit hohem Anteil Minijobs 1999 Wirtschaftszweig Durchschnitt aller WirtschaftszweigeZweige Landwirtschaft, Jagd

Forstwirtschaft

Allgemeine Gebäudereinigung Garten-/Landschaftsbau

Grundstücks-/ Wohnungswesen

Zahl insges.

2009

% der Beschäftigten

Zahl insges.

2016

% der Beschäftigten

Zahl insges.

% der Beschäftigten

3.658.000

11,7

7.191.748

20,8

7.441.246

19,2

n.v.

n.v.

85.415

30,1

98.451

30,5

n.v.

n.v.

5.550

24,1

6.498

25,5

n.v.

n.v.

436.903

56,1

466.278

50,8

n.v.

n.v.

29.893

23,4

37.193

23,2

n.v.

n.v.

244.053

54

257.458

50,9

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage Bundesagentur für Arbeit – Statistik Aufgrund einer Umstellung der Wirtschaftszweig-Systematik sind vergleichbare Daten für einzelne Wirtschaftszweige für 1999 nicht verfügbar (n.v.) Angaben jeweils für den Stichtag 30.6.

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POLITIK, WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT

Personalmangel beim Zoll. Die IG BAU fordert 10.000 Angestellte bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit

Was die IG BAU erreicht hat Bündnisse gegen Schwarzarbeit sind ein guter Weg, um die Probleme anzugehen. Auf Initiative der IG BAU wurden bei mehreren Schwerpunktprüfungen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit zielgerichtete Kontrollen durchgeführt. Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem Austausch der Kontrollbehörden mit den in den Branchen bestehenden Sozialkassen zu. Bei der Bekämpfung von Scheinselbstständigkeit ist es der IG BAU gelungen, die Gewerbeämter bei Eintragungen ins Gewerberegister zu verpflichten, Hinweisen auf Scheinselbstständigkeit besser nachzugehen. Der weit verbreiteten Praxis, unter einer einzigen Adresse eine Vielzahl von Gewerben anzumelden, ist damit ein Riegel vorgeschoben. Die bewährten Kontrollen der tarifvertraglichen Branchenmindestlöhne wurden auch auf den gesetzlichen Mindestlohn übertragen. Regelungen wie etwa lange Verjährungsfristen und Aufzeichnungspflichten der Arbeitgeber erleichtern es, rechtliche Lohnansprüche durchzusetzen. Die IG BAU hat zudem erreicht, dass die Unternehmerhaftung aus dem Arbeitnehmerentsende­ gesetz in das Mindestlohngesetz übertragen wurde. Sie gilt ohne Entlastungsmöglichkeit des Auftraggebers.

Was noch getan werden muss Dies alles reicht aber nicht aus, Missbrauch effektiv zu unterbinden. Für betroffene Beschäftigte muss es leichter werden, aufzuzeigen, dass sie ihren Lohn nicht für alle gearbeiteten Stunden erhalten haben. Stattdessen wurden die Melde-, Aufzeichnungs- und Dokumentations18

pflichten auf Druck der Arbeitgeber deutlich begrenzt und die Kontrollen und die Durchsetzbarkeit von Lohnforderungen der Beschäftigten vor Gericht er­schwert. Dagegen hat sich die IG BAU gemeinsam mit dem DGB ausgesprochen und immerhin einige Korrekturen erreicht. Um die Zahlung der Mindestlöhne tatsächlich umzusetzen und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, muss ein Verbandsklagerecht der im Betrieb vertretenen Tarifvertragsparteien geschaffen werden.

1.5. Die Rente muss für ein gutes Leben reichen Die gesetzliche Rente sichert immer weniger Menschen einen angemessenen Lebensstandard. Reformen haben die Einkommensbedingungen vieler Menschen im Alter verschlechtert. Aber auch positive Entwicklungen sind erkennbar. Die Situation vieler Rentnerinnen und Rentner hat sich in den vergangenen Jahren verschlechtert. Zwischen 2005 und 2015 ist das Rentenniveau um zehn Prozentpunkte auf 47,7 Prozent gefallen. Immer öfter müssen Menschen im rentenfähigen Alter arbeiten, um einen angemessenen Lebensstandard zu halten oder gar, um Armut zu vermeiden.

Reformen zum Schlechten Durch die schrittweise Einführung der „Rente mit 67“ steigt die Regelaltersgrenze seit 2012 jährlich um je


einen Monat an. Wer nicht länger arbeiten kann, wird mit Rentenabschlägen bestraft. Hinzu kommt, dass von dem Anstieg der Altersgrenze für Schwerbehinderte ab dem Jahr 2015 überdurchschnittlich oft Menschen betroffen sind, die im Baugewerbe gearbeitet haben. Enttäuschend fiel auch die Reform bei den Übergängen vom Erwerbsleben in die Rente aus, die Ende 2016 mit dem Flexirentengesetz beschlossen wurde. Die Bedingungen, während einer Teilrente in Teilzeit weiterarbeiten und verdienen zu können, wurden zwar gelockert. Die Teilrente ist aber unverändert erst ab 63 Jahren möglich. Zudem fallen auf den vorzeitig in Anspruch genommenen Rententeil lebenslang Abschläge an. Gerade für Beschäftigte mit besonders belastenden Berufen und in Kleinbetrieben ist dies kein praxistauglicher Vorschlag. Für sie stehen oft keine geeigneten Teilzeit-Arbeitsplätze zur Verfügung. Zudem werden gerade diese Beschäftigten oft schon vor dem 63. Lebensjahr aus dem Erwerbsleben gedrängt.

Positive Entwicklung erkennbar Entgegen dieser Verschlechterungen hat die Politik einige rentenpolitische Vorkehrungen getroffen, die nicht zuletzt auf Forderungen der IG BAU zurückgehen. Die Erwerbsminderungsrenten für Rentenneuzugänge wurden durch die Verlängerung der Zurechnungszeit erhöht. Der Sinkflug bei diesen Renten, von dem überdurchschnittlich ehemalige Bau-Beschäftigte betroffen sind, ist damit gestoppt: 2015 lag die Erwerbsminderungsrente im Durchschnitt bei 711 Euro. Das sind rund zehn Prozent-

Vor dem Bundesarbeitsministerium: Die Lobbyorganisation Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft will der Bundesregierung 2014 ihr Rentenpaket inklusive “Rente ab 63” zurückgeben. Die IG BAU nimmt das symbolische Rentenpaket gerne entgegen.

punkte mehr als vor der Reform. Unser Ziel bleibt weiter­hin, die Zugangskriterien zur Erwerbsminderungsrente realitätsnäher zu gestalten. Die Große Koalition hat die abschlagsfreie „Rente ab 63“ nach 45 Beitragsjahren eingeführt. Angerechnet werden in der Regel das Schlechtwettergeld beziehungsweise das Saison-Kug sowie das Arbeitslosengeld I. Auch diese Reform bleibt jedoch hinter den Erwartungen zurück: Die Altersgrenze steigt schrittweise auf 65 Jahre, Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld II beziehungsweise Arbeitslosenhilfe werden nicht berücksichtigt und Arbeitslosengeld I meist nicht angerechnet, wenn es unmittelbar vor der Rente bezogen wird

Rentenkampagne mit dem DGB Entsprechend setzt die IG BAU ihre Aktivitäten in der Rentenpolitik fort. Gemeinsam mit dem DGB hat sie zur Bundestagswahl 2017 eine Rentenkampagne gestartet, die insbesondere auf eine Stärkung der gesetzlichen Rente abzielt. Die Forderung der Gewerkschaften lautet: das Rentenniveau darf nicht weiter sinken und muss perspektivisch wieder ansteigen. So kann eine Grundlage für eine Rente geschaffen werden, die vor sozialem Abstieg und Armut schützt, die den sozialen Ausgleich stärkt und die auch noch für diejenigen funktioniert, die heute jung sind.

Betriebliche Rente stärken Die Bedeutung betrieblicher Zusatzrentenmodelle hat weiter zugenommen. Die Forderung der IG BAU, betriebliche Altersversorgung zielgerichtet durch einkommensunabhängige Zulagen für Beschäftigte mit niedrigem Einkommen zu fördern, wurde von der Bundesarbeitsministerin aufgegriffen und eine Lösung bei der Anrechnung der Betriebsrenten auf die Grundsicherung entwickelt.

Die IG BAU macht 2013 den “Politiker-Check” und konfrontiert Abgeordnete vor den Bundestagswahlen: “Was tun Sie für eine auskömmliche Rente der Beschäftigten?”

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POLITIK, WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT

Dietmar Schäfers (3. v. links), stellvertretender Bundesvorsitzender der IG BAU, beim Berufsbildungskongress der SOKA BAU in Wiesbaden 2017

1.6. Baurente gesichert Das Bundesarbeitsgericht erklärte 2016 und Anfang 2017 Allgemeinverbindlichkeitserklärungen von Verfahrenstarifverträgen des Bauhauptgewerbes für ungültig. Der Richterspruch stellte die Existenzgrundlage und Leistungen der SOKA-BAU infrage. Ein vom Deutschen Bundestag verabschiedetes Gesetz hat die Situation entschärft: Das Sozialkassenverfahrensicherungsgesetz (SokaSiG) hat die Baurente, das Urlaubsentgelt und die Berufsausbildung als zentrale Leistungen für die Beschäftigten am Bau gesichert. Am 21. September 2016 und 25. Januar 2017 erklärte das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Allgemeinverbindlichkeitserklärungen (AVE) von mehreren Verfahrens­ tarifverträgen des Bauhauptgewerbes überraschend für unwirksam. Das Gericht kritisierte eine seit Jahrzehnten gelebte Praxis der Befassung im zuständigen Ministerium als Formfehler und sah keine ausreichende Legitimation dafür. Auch die Ermittlung des damals noch erforder­ lichen Quorums, um einen Tarifvertrag für allgemein­ verbindlich zu erklären, wurde durch das BAG kritisiert. Seit 2014 spielt dieses Quorum durch das Tarifautonomiestärkungsgesetz keine entscheidende Rolle mehr.

Beitragspflicht für Arbeitgeber wäre entfallen Das BAG machte in seiner Begründung deutlich, dass die tarifungebundenen Arbeitgeber nicht zu Beitrags­ 20

zahlungen verpflichtet waren. Die SOKA-BAU musste mit erheblichen Rückforderungsansprüchen und einer entsprechenden Klagewelle rechnen. Eine solche Situa­ tion hätte die SOKA-BAU in kurzer Zeit in eine existenzbedrohliche Lage gebracht - mit der Folge, dass nicht nur Arbeitsplätze bei der SOKA-BAU, sondern insbesondere Ansprüche von mehr als einer Million Leistungs­ empfängerinnen und -empfängern (tarifgebundene Arbeitgeber, Ausbildungszentren, Beschäftigte und Rentner_innen) gefährdet gewesen wären.

Bundestag sichert Ansprüche der Leistungsempfänger_innen Diese Gefahr hat auch das Arbeitsministerium erkannt. Mit Unterstützung aller Tarifvertragsparteien haben die Abgeordneten des Bundestages am 25. Januar 2017 das erste SokaSiG im Bundestag verabschiedet. Ein zweites Gesetz für das Baunebengewerbe sollte folgen. Tarifungebundene Arbeitgeber können rückwirkend keine Forderungen mehr geltend machen, sodass bisher ausgezahlte Leistungen nicht berührt werden. Die durch die SOKA-BAU gewährleisteten Leistungen wie die Baurente, das Urlaubsentgelt und die Berufsausbildung sind sicher und können weiter gefördert werden.


1.7. Flucht, Migration und Integration – Die IG BAU zeigt Courage Kriege und wirtschaftliche Krisen haben in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass viele Menschen nach Europa geflüchtet sind. Die IG BAU hat sich dafür eingesetzt, dass diese Menschen gesellschaftlich und beruflich integriert werden und rassistische Einstellungen in der Gesellschaft keinen Platz haben. Internationale Krisen wie der Bürgerkrieg in Syrien oder eine angespannte Sicherheitslage in Afghanistan haben Millionen Arbeitsplätze zerstört und Menschen in die Flucht getrieben. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen schätzt, dass 2015 über 60 Millionen Menschen auf der Flucht waren. Die Zahl der geflüchteten Menschen, die im Zuge der sogenannten „Flüchtlingskrise“ in der Bundesrepublik Deutschland Schutz suchten, stellte die Behörden, die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt vor große Herausforderungen. Kritische Fragen wurden lauter, ob es möglich sei, eine große Anzahl von geflüchteten Menschen schnell in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Gleichzeitig engagierten sich viele Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter bei der Betreuung dieser Menschen. Im Zug der gesellschaftlichen Debatte und der aufflammenden Gewalt gegen geflüchtete Menschen verabschiedete der Deutsche Bundestag eine Reihe von Gesetzes­ änderungen, die das Recht auf Asyl einschränken. Die Europäische Union schloss zudem ein Rückführungsabkommen mit der Türkei ab. Infolge dieser von vielen Seiten kritisierten Maßnahmen ist es deutlich weniger Menschen gelungen, in die Bundesrepublik Deutschland zu fliehen. Die Zahl der hier ankommenden Menschen ging im Jahr 2016 stark zurück.

IG BAU fordert Gleichbehandlung... Viele der Neuankommenden werden dauerhaft in der Bundesrepublik bleiben. Eines ist für die IG BAU deshalb klar: Migrantinnen und Migranten dürfen nicht diskriminiert werden – auch nicht in Bezug auf geltende Arbeitsrechte. Wir haben gegenüber Politik und Wirtschaft deutlich gemacht, dass der

Das Thema Flucht und Migration beschäftigt auch die IG BAU: Bundesvorstandsmitglied Carsten Burckhardt (rechts) im Gespräch mit IG BAU-Mitglied Abdirahman, Mohamed Abdirahman (links) auf dem Steinbacher Forum

Mindestlohn für geflüchtete Menschen nicht abgesenkt werden darf und uns für Integrationsmaßnahmen wie Ausbildungsinitiativen in der Bauwirtschaft stark gemacht. In Bayern begleiten wir ein Projekt zur Beratung von geflüchteten Menschen, die in der Bauwirtschaft arbeiten wollen oder dort bereits tätig sind.

...und setzt sich für ein demokratisches und tolerantes Zusammenleben ein Mit großer Sorge beobachtet die IG BAU, dass es in der Bundesrepublik und ganz Europa einen Aufschwung rechtspopulistischer Parteien gibt, die die Grundfeste des solidarischen und demokratischen Zusammenlebens in Frage stellen. Wir haben uns deshalb in Initiativen für Weltoffenheit, Demokratie und Toleranz stark gemacht. Im Rahmen des DGB unterstützen wir unter anderem gemeinsam mit Arbeitgebern und Religionsgemeinschaften die Allianz für Weltoffenheit oder den Kumpelverein „Die Gelbe Hand“, der sich im gewerkschaftlichen und betrieblichen Umfeld gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechts­ extremismus engagiert.

Gemeinsam Courage zeigen: Die IG BAU unterstützt den Kumpelverein „Die Gelbe Hand“.

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POLITIK, WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT Die IG BAU will alle Demokratinnen und Demokraten dazu ermutigen, öffentlich für ihre Überzeugungen einzustehen. Deswegen zeichnet die IG BAU alle zwei Jahre engagierte Menschen mit dem GeorgLeber-Preis für Zivilcourage aus, die auch dann noch Haltung zeigen, wenn sie dadurch Nachteile erfahren. Der Preis ist in Absprache mit der Familie Leber nach dem früheren Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft und späterem Verteidigungsminister Georg Leber benannt. Er starb am 21. August 2012. Die erste Verleihung des Preises fand anlässlich des 60. Jahrestages des Arbeiteraufstands in der DDR am 17. Juni 2013 in Berlin statt, in unmittelbarer Nähe der Proteste an der

Karl-Marx-Allee. Preisträger war der SPD-Politiker und damalige Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse. Sein gewaltfreier Protest gegen rechts und sein engagiertes Eintreten für Freiheit und Demokratie gibt gerade auch jungen Menschen ein Vorbild. Im Jahr 2015 erhielten Birgit und Horst Lohmeyer den Ehrenpreis. Das Ehepaar lebt in Jamel, einem von Rechten kontrolliertem Dorf in Mecklenburg-Vorpommern. Trotz massiver Bedrohung veranstalten sie jeden Sommer ein Konzert gegen rechts. Im Jahr der Preisverleihung schreckten die Rechten sogar nicht vor Brandstiftung zurück. Die unmittelbar neben dem Wohnhaus gelegene Scheune brannte bis auf die Grundmauern nieder.

DIE IG BAU verleiht den

GEORG-LEBER-PREIS

FÜR ZIVILCOURAGE

Verdient und geehrt: 2013 erhält Wolfgang Thierse den Georg-Leber-Preis. Rechts im Bild: Klaus Wiesehügel und Manuela Schwesig (mitte). 2015 übergibt Robert Feiger die Auszeichnung an das Ehepaar Lohmeyer (oben). Auch die Toten Hosen lassen es sich 2015 nicht nehmen, das Engagement der Famile Lohmeyer gegen die Nazis in ihrem Dorf zu ehren.

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1.8. Wohnungsbau und Infrastruktur ausbauen und nachhaltig gestalten Die Lage ist trotz zahlreicher politischer Willensbekundungen noch immer alarmierend: Es herrschen Wohnungsnot in Großund Unistädten sowie Sanierungsstau in der Infrastruktur, vor allem im Verkehrs- und Schulbereich. Der Wohnungsbau und Infrastruktur waren deshalb politische Schwerpunkte der Aktivitäten der IG BAU. 248.000 fertiggestellte Wohnungen in 2015 stehen einem jährlichen Bedarf von 400.000 und einem Fehlbestand von mindestens 800.000 Wohnungen gegenüber. Die Wohnungsengpässe in Ballungsgebieten und Universitätsstädten nehmen weiter zu, gleichzeitig steigen die Neu- und Wiedervermietungsmieten. Soziale Ausgrenzung ist die Folge. Die IG BAU versuchte insbesondere im Rahmen des Verbändebündnisses Wohnungsbau gemeinsam mit dem Deutschen Mieterbund und dem Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) ihren Einfluss auf die Wohnungsbaupolitik geltend zu machen. Die Politik reagierte: 2014 rief Bauministerin Barbara Hendricks das „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ ins Leben. In Folge dessen wurden die Bundesmittel für sozialen Wohnungsbau von 520 Millionen Euro auf 1,5 Milliarden Euro bis 2018 verdreifacht.

Mittel reichen nicht aus Dieser Betrag erwies sich jedoch als nicht ausreichend. Um die jährlich notwendigen 80.000 fehlenden Wohnungen in den unteren Mietsegmenten zu finanzieren, bedarf es rund drei Milliarden Euro sowie einer Grundgesetzänderung, die es dem Bund erlaubt, den Ländern finanzielle Mittel bereitzustellen. Die IG BAU forderte den Bau von 140.000 bezahlbaren Wohnungen, davon 80.000 Sozialwohnungen, insbeson­ dere in Engpassregionen. Die CDU/CSU blockierte je­doch die notwendigen Rahmenbedingungen wie Miet­preisobergrenzen bei verbesserten Abschreibungsbedingungen bei Mietwohnungen. Zudem forderte die IG BAU, den generellen Abschreibungssatz dem realen Verschleiß entsprechend von zwei Prozent auf mindestens drei Prozent zu erhöhen sowie eine Wohneigentums­förderung aufgrund der fehlenden Eigenheimzulage einzuführen.

Altersgerechtes Bauen stärken Die zunehmenden demografischen Veränderungen und der Wunsch, möglichst lange in der angestammten Wohnung zu leben, erfordern höhere Anstrengungen bei der Bereitstellung altersgerechten Wohnraumes. Auch das altersgerechte (Um-)Bauen muss deshalb stärker und nachhaltig gefördert werden. Die IG BAU wies ebenfalls drauf hin, die energetische Gebäudesanierung trotz aktuell niedrigerer Energiekosten stärker zu bewerben und zu fördern. Die damit verbundenen Kosten dürften nicht die Mieter_innen und Wohnungseigentümer_innen überfordern. Ambitionierte

Die IG BAU hält den Draht zur Politik. Robert Feiger mit Bundesbauministerin Barbara Hendricks beim Wohnungsbautag des Verbändebündnisses Wohnungsbau 2015 in Berlin.

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POLITIK, WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT Zielsetzungen wie der Klimaschutzplan 2050 bedeuten zugleich, dass der Staat damit in der Pflicht einer angemessenen Förderung steht.

Infrastruktur zerfällt schneller, als Sanierungen erfolgen Auch im Bereich Infrastruktur hat sich die IG BAU positioniert. „Eine zentrale Schwäche in Deutschland ist die fehlende Erhaltung der öffentlichen Infrastruktur in den letzten Jahrzehnten“, so die vom Bundeswirtschaftsminister berufene Expertenkommission unter Leitung von Professor Marcel Fratzscher im Mai 2015, in der auch die IG BAU aktiv mitgewirkt hat. Im Klartext: Die Infrastruktur zerfällt schneller, als Sanierungen erfolgen.

IG BAU gegen Privatisierungen Bei der Infrastrukturgesellschaft Verkehr für die Autobahnen lehnt die IG BAU jegliche Privatisierung des Bundeseigentumes ab. Gleichwohl ist eine Fortsetzung der milliardenschweren Vergabe über Öffentlich-Private-­ Partnerschaften (ÖPP) auch zukünftig zu befürchten. Die IG BAU fordert deshalb, dass ÖPP nur beim Nachweis wirtschaftlicher Vorteile durch eine neutrale Institution wie dem Bundesrechnungshof zum Tragen kommt. Sie setzt sich für eine kosteneffiziente und nachhaltige Verkehrsinfrastruktur im Interesse der Beschäftigten ein. Bei allen Auftragsvergaben ist daher durch geeignete Vergabekriterien und Kontrollen sicherzustellen, dass Kriterien „fairer Arbeit“ berücksichtigt werden.

1.9. Fairer Wettbewerb durch erweiterte Vergabekriterien und Tariftreue Neue EU-Vergaberichtlinien sehen vor, dass bei öffentlichen Vergaben soziale und umweltbezogene Kriterien eine zentrale Rolle spielen können. Verpflichtende Sozialstandards fehlen jedoch in den Richtlinien. Die 2014 in Kraft getretenen EU-Richtlinien zur Vergabe betonen auch Kriterien jenseits des billigsten Preises. Ein breites Bündnis von Organisationen und Verbänden unter aktiver Beteiligung der Europäischen Föderation der Bau- und Holzarbeiter (EFBH), der IG BAU und anderer Gewerkschaften hat zu diesem Erfolg beigetragen. Mit den neuen Vergaberichtlinien hat die EU endlich die strategische Einkaufsmacht der öffentlichen Hand anerkannt. Die Spielräume für öffentliche Auftraggeber, auch soziale Kriterien anzuwenden, wurden damit zwar erweitert. Von verpflichtenden Sozialstandards bei der öffentlichen Vergabe kann jedoch nach wie vor nicht die Rede sein.

IG BAU plädiert für strenge Umsetzung der Richtlinien In Deutschland hat die IG BAU gemeinsam mit dem DGB ihre Position zur Umsetzung der EU-Vergaberichtlinien gegenüber Entscheidungsverantwortlichen aus den Bundesministerien und dem Bundestag dargestellt. Die IG BAU hat sich insbesondere dafür eingesetzt, dass eine Genehmigungspflicht von Untervergaben sowie eine Begrenzung der maximalen Anzahl der Untervergaben geregelt wird. Verstöße müssen angemessen sanktioniert werden, etwa durch Vertragsstrafen oder einen zwingenden befristeten Ausschluss von der Auftragsvergabe.

Vergaberechtsreform bleibt hinter Erwartungen zurück Im Oktober 2015 veranstaltete die IG BAU gemeinsam mit der Friedrich-Ebert-Stiftung einen hochrangig besetzten Expertenworkshop zur „Öffentlichen Vergabe“. Die praktischen Probleme und Erfahrungen der Betriebsräte in der Bauwirtschaft, im Gebäudereiniger-Handwerk und in der Forstwirtschaft wurden in den Dialog mit dem zuständigen Wirtschaftsministerium eingebracht. Klima- und altersgerechtes Umbauen sind zentrale Herausforderungen des Wohnungsbaus.

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Die Bundesregierung hat bei der im April 2016 abgeschlossenen großen Vergaberechtsreform die Spielräume zur verpflichtenden Berücksichtigung sozialer und umweltbezogener Kriterien jedoch nicht voll ausgeschöpft. Es fehlen effektive gesetzliche Regelungen zur Begrenzung der Subunternehmervergabe. Ebenfalls fehlen Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten und die Einführung eines zentralen Vergabeausschlussregisters. Auch ist es immer noch möglich, dass statt des wirtschaftlichsten Angebotes das billigste Angebot den Zuschlag erhält. Die Berücksichtigung sozialer und umweltbezogener Kriterien im Vergabeprozess ist nicht verbindlich vorgeschrieben.

Revision der Tariftreuegesetze In vielen Bundesländern steht eine Revision der Tarif­ treuegesetze an. Hintergrund ist das neue Vergaberecht und die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes. Das neue Vergabepaket bleibt ebenfalls hinter den Forderung­ en der IG BAU zurück. Auf Landesebene sollte deshalb darauf geachtet werden, dass die wenigen neuen Möglichkeiten für faire und soziale Vergaben tatsächlich genutzt werden. Der Abschaffung der Landesmindestlöhne und der Mindestlohnkommissionen in den Ländern tritt die IG BAU entschieden entgegen. Denn für öffentliche Vergabe gilt: Verlangt der Staat bei seinen eigenen Auf­ trägen bloß die Zahlung des Mindestlohns, schneidet er sich bei der Finanzierung von Aufstockungs- und Grund­sicherungsleistungen ins eigene Fleisch. Kurz­ fristig profitiert er zwar durch billige Beschaffung, aber

die Folgekosten durch erhöhte Sozialausgaben kommen ihm insgesamt teuer zu stehen.

1.10. Berufliche Bildung und Qualifizierung Die IG BAU bereitet sich auf die Zukunft vor. Dazu gehört auch, die berufliche Bildung den Entwicklungen in der Arbeitswelt anzupassen. In zahlreichen Neuordnungsverfahren der Berufsausbildung wurden Anforderungen berücksichtigt, die sich aus einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt ergeben. Als Ausgangspunkt der Neuordnungsverfahren setzte sich das Prinzip der Handlungsorientierung durch. Es hat sich bewährt, sachverständige Kolleginnen und Kollegen in diesen Prozess einzubeziehen. Die Ausbildungsinhalte konnten so besser an die realen Erfordernisse angepasst werden. Die jährlichen berufsbildungspolitischen Tagungen befassten sich unter aktiver Beteiligung von Berufsschul­ lehrer_innen, Ausbilder_innen und Mitgliedern in Be­­rufs­­­bildungs- und Prüfungsausschüssen mit den Themen „Future now – gute Ausbildung und Qualitätssicherung“, „assistierte Ausbildung“, „kein Abschluss ohne Anschluss“ oder Weiterbildung im Handwerk.

Aufsichtsräte tauschen sich aus – die IG BAU lädt regelmäßig zu Veranstaltungen ihrer Plattform „Netzwerk Aufsichtsräte“ ein.

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POLITIK, WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT In einer gemeinsamen Konferenz des Bundesarbeitskreises berufliche Bildung und Qualifizierung der Bundes­handwerkskonferenz wurden die Ursachen von Ausbildungsabbrüchen analysiert und Möglichkeiten zur Vermeidung diskutiert. Erste Vorschläge der IG BAU und des DGB zur Evalua­ tion des Berufsbildungsgesetzes wurden erarbeitet und in Gesprächen mit dem Bildungsministerium eingebracht. Konkret ging es um die Themen Stufenausbildung, überbetriebliche Ausbildung sowie dreijährige Ausbildung.

1.11. Mitbestimmung Die IG BAU hat sich auf vielfältige Weise in der betrieblichen Mitbestimmung und der Unternehmensmitbestimmung engagiert. In Aufsichtsräten börsenorientierter Unternehmen gilt seit 2016 die Geschlechterquote. Sie ersetzt die unwirksamen Selbstverpflichtungen der Unternehmen, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen. Die Abführungsbestimmungen für Tantiemen wurden verschärft. Fast achtzig Betriebsrätinnen und -räte aller Branchen haben in Kooperationsveranstaltungen der IG BAU mit der Hans-Böckler-Stiftung Themen im Bereich Mitbestimmung diskutiert. Das Problem zunehmender Werksvertragsvergaben stand ebenso auf der Tagesordnung wie die Digitalisierung der Arbeitswelt. Die Gestaltung der Arbeitszeit wird in diesem Zusammenhang immer wichtiger: „Wann beginnt und wann endet die Arbeitszeit bei ständiger Erreichbarkeit – und was ist mit Pausen?“ waren einige der zentralen Fragen bei den Veranstal­ tungen.

IG BAU beim Betriebsrätetag Die IG BAU war auf dem jährlich stattfindenden Deutschen Betriebsrätetag mit einem eigenen Messestand vertreten. Interessierte Betriebsratsmitglieder erhielten Einblick in die Arbeit der Organisation. Den Höhepunkt des Be­­triebsrätetages bildete die Verleihung des Betriebsrätepreises von der Fachzeitschrift Arbeitsrecht im Betrieb.

Wahlvorstände erhalten digitale Unterstützung Die IG BAU und die anderen Mitgliedsgewerkschaften des DGB begleiten bereits seit mehreren Wahlperioden die turnusmäßigen Betriebsratswahlen mit einem Materialkonzept. Neben den inhaltlich anspruchsvollen Wahlleitfäden für das „Vereinfachte“ und das „Normale Wahlverfahren“ richten wir unser Augenmerk auf den 26

digitalen Wahlhelfer. Dieser erleichtert es den Wahl­vor­ ständen, die Aufgaben in ihrer Funktion professionell durchzuführen.

Abführungsbestimmung neu geregelt In mitbestimmten Aufsichtsräten größerer Unternehmen ist zu beobachten, dass Tantiemen teilweise zielgerichtet in Sitzungsgelder umgewandelt werden. Mit den vom DGB vorgenommenen Änderungen der Abführungsbestimmung an die Hans-Böckler-Stiftung sind jetzt auch Sitzungsgelder abführungspflichtig. Durch die gleichzeitige Anhebung der Freibeträge wurde erreicht, dass insbesondere die Bezieherinnen und Bezieher kleinerer Aufsichtsratsvergütungen spürbar entlastet werden. Die IG BAU hat die neue Regelung mit Wirkung zum 1. Janu­ar 2017 umgesetzt und die betroffenen Aufsichtsratsmitglieder umfassend informiert.

1.12. „Die Würfel sind gefallen“ Der erste Comic der IG BAU behandelt Probleme in Betrieben und zeigt Handlungsmöglichkeiten für Betriebsräte auf. Die IG BAU hat in Kooperation mit dem BUND-Verlag und dem Zeichner Reinhard Alff ein Comicbuch entwickelt: „Die Würfel sind gefallen“. Der Comic behandelt Gewerkschaftsarbeit in den Betrieben des Baugewerbes, der Baustoffindustrie, der Gebäudereinigung und der Landwirtschaft. Auf unterhaltsame Weise werden arbeitsrechtliche Grundkenntnisse und die zentralen Themen des politischen Schwerpunktes der IG BAU „Faire Arbeit Jetzt!“ zugänglich gemacht. Die Themen wurden mittels einer Mitgliederbefragung der IG BAU ausgewählt. Arbeitsverdichtung, Eingruppierung, befristete Arbeitsverhältnisse und die Auswirkungen auf die Arbeitswelt standen im Fokus. Auch das Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz wurde aufgegriffen. Die IG BAU legte bei der Konzeption des Comics Wert darauf, dass dieser nicht nur die gängigen Probleme behandelt. Es wurde auch darauf geachtet, Handlungsmöglichkeiten für Betriebsräte und Aktive herauszuarbeiten: Alle vier Geschichten begleiten Betriebsräte mit einem Augenzwinkern bei ihrem Engagement, arbeitnehmerfreundliche Lösung zu erreichen. Der Comic ist im Handel erhältlich. Außerdem kann


Mit einem Augenzwinkern: Der erste Comic der IG BAU informiert über die Arbeit und Handlungsmöglichkeiten von Betriebsräten.

er subventioniert in einer IG BAU-Version im internen Webshop bestellt werden.

1.13. Arbeits- und Gesundheitsschutz Die IG BAU setzt sich nicht nur für faire Einkommen ein. Auch die betrieblichen Rahmenbedingungen und die Gesundheit am Arbeitsplatz dürfen nicht zu kurz kommen. Zentrale Gesundheitsthemen in den vergangenen Jahren waren heller Hautkrebs, staubarmes Arbeiten sowie Rußpartikelfilter in Bau-, Land- und Forstmaschinen. Aktuellen Studien zufolge tritt der helle Hautkrebs (Platteneptilkarzinome) in Europa immer häufiger auf. Deshalb sensibilisiert die IG BAU schon seit Jahren vor allem die Beschäftigten auf Baustellen, in der Agrarwirtschaft sowie in der Glas- und Fassadenreinigung für die Gefahren von zu viel Sonnenstrahlung. Positiv hervorzuheben ist, dass der helle Hautkrebs und aktinische Keratosen ab dem 1. Januar 2017 – auch auf Initiative der IG BAU – durch das Bundesarbeitsminis­ terium als Berufskrankheit anerkannt sind.

Sauber Atmen – Luftreiniger machen es möglich Bohren, Schneiden, Putz abschlagen auf Baustellen – dabei entsteht Staub. Und Staub macht krank. Doch damit soll jetzt Schluss sein. Baubetriebe müssen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jetzt besser vor Staub schützen, indem sie Luftreiniger – sogenannte Absauger– anschaffen. Denn es gibt neue Grenzwerte, die nur durch technische Maßnahmen erreicht werden können. Die IG BAU, die Arbeitgeberverbände der Bauwirtschaft, das Bundesministerium sowie die Berufsgenossenschaft BAU (BG BAU) haben die sogenannte „Anti-StaubCharta“ unterschrieben. Sie verfolgt den Anspruch, möglichst Staub minimiert zu arbeiten, damit die Grenz­ werte eingehalten werden.

Rußpartikelfilter gegen Feinstaub Die IG BAU tut auch etwas gegen Feinstaub. Sie fordert: „Keine Bau-, Land- und Forstmaschinen ohne Rußpartikelfilter!“. Was für PKW gilt, muss auch für Baumaschinen gelten. Feinstaub erhöht das Krebsrisiko und verursacht Atemwegs- und Kreislauferkrankungen. Für Altmaschinen wird die Nachrüstung von Rußpartikel­ filtern über die BG BAU gefördert. Dabei geht es nicht nur um die Gesundheit der Beschäftigten, sondern auch um die Gesundheit der Bevölkerung und den Erhalt unserer Umwelt. 27


POLITIK, WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT In Gedenken an die verstorbenen Arbeiterinnen und Arbeiter Weltweit sterben jedes Jahr 2,2 Millionen Menschen durch Arbeitsunfälle. In Deutschland sind es jedes Jahr mehr als 700 Menschen, die durch Unfälle am Arbeitsort oder auf dem Weg zur Arbeit ums Leben kommen. Jeder Unfall ist einer zu viel. Die IG BAU lädt seit einigen Jahren zu ihrer zentralen Gedenkveranstaltung anlässlich des Workers Memorial Day in die Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche ein. In einem ökumenischen Gottesdienst mit der evangelischen, muslimischen und jüdischen Gemeinschaft wird an die Menschen gedacht, die durch einen Arbeits­ unfall oder einer Berufskrankheit ihr Leben lassen mussten. In diesem Zusammenhang steht auch ein Aufruf der IG BAU zu einer bundesweiten Schweigeminute. Auf Baustellen und Objekten

Die IG BAU beteiligt sich seit 2011 am bundesweiten Workers Memorial Day; seit 2014 auch mit einem zentralen Gedenkgottesdienst in Berlin

ließen die Beschäftigten die Arbeit ruhen und gedenken jener Kolleginnen und Kollegen, die durch Arbeits- oder Wegeunfälle ums Leben gekommen sind.

1.14. Gleichstellung und Gender Mainstreaming Die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt geht nur langsam voran. Die IG BAU versucht es besser: Sie hat sich dem Gleichbehandlungscheck gestellt und in ihrer Belegschaft für mehr Geschlechtergerechtigkeit gesorgt. „Der Fortschritt ist eine Schnecke.“ Dieses Zitat von Günter Grass ist bezeichnend für die Gleichstellungs­ politik. Nachdem Gewerkschafterinnen seit über zwan­zig Jahren vergeblich für ein wirksames Gesetz zur Gleichstellung in den Betrieben kämpfen, wagte Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig einen erneuten Vorstoß. Mittlerweile ist das geplante Lohngerechtigkeitsgesetz jedoch zu einem „zahnlosen“ Lohntransparenzgesetz verkümmert. In den letzten zehn Jahren ist die Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern von 23 auf 21 Prozent gesunken. Bei diesem Tempo ist die Entgeltgleichheit in rund 100 Jahren erreicht. Noch größer ist die Rentenlücke zwischen den Geschlechtern. Das IG BAU-Rentenkonzept einer Bürgerversicherung bietet eine langfristige Lösung, um Altersarmut zu verhindern.

ElterngeldPlus, Mutterschutzgesetz und Quotengesetz sorgen für Verbesserungen Positiv hervorzuheben sind die Neuregelungen des Elterngelds. Seit 1. Juli 2015 gibt es das ElterngeldPlus, von dem vor allem Eltern profitieren, die während des Elterngeldbezuges in Teilzeit arbeiten. Auch das seit 1952 geltende Mutterschutzgesetz wurde reformiert. Die wesentlichen Neuregelungen werden 2018 in Kraft treten. Sie bringen vor allem eine Ausweitung des ge­schützten Personenkreises, zu dem zukünftig unter anderem auch Schülerinnen, Studentinnen, Soldatinnen, Praktikantinnen oder arbeitnehmerähnliche Selbständige gehören. Auch das seit 2016 geltende Quotengesetz, das die Er-­ höhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten auf 30 Prozent festschreibt und Unternehmen zu Zielvorgaben zur Steigerung des Frauenanteils in Führungspositionen verpflichtet, zeigt Wirkung. In den Aufsichtsräten im Organisationsbereich der IG BAU haben wir das Ziel zwar noch nicht erreicht, sind aber auf einem guten Weg zu einer angemessenen Repräsentation der Frauen.

28


Geschlechtersituation in der IG BAU Die IG BAU hat sich auch der Geschlechtersituation in der eigenen Organisation angenommen. Seit 2016 nimmt sie teil an dem Pilotprojekt „Ökonomische Eigenständigkeit von Frauen und Männern fördern – durch Einsatz von Gleichbehandlungs-Checks (gb-check)“. Initiiert wurde das Projekt von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) in Kooperation mit dem Harriet Taylor Mill-Institut der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HTMI der HWR Berlin). Mit den Instrumenten Statistik, Verfahrensanalyse und Paarvergleichen ist es möglich, die Gleichbehandlung der Geschlechter im Bereich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen zu prüfen und potenzielle Ungleichbehandlungen aufzudecken. So entsteht eine Sensibilisierung für das Thema Diskriminierung. Defizite werden erkannt und Spielräume für mehr Chancengleichheit können aufgezeigt werden, um entsprechende Maß­ nahmen überhaupt erst zu ermöglichen. Die IG BAU nahm für die Bereiche „Arbeitszeit“, „Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen“ und „Weiter­ bildung“ mit der statistischen Auswertung und der Ver­-

fahrensanalyse teil. Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die IG BAU durch die sehr individuelle Gestaltung von Arbeitsverhältnissen in Abstimmung auf die familiären Bedürfnisse sehr gut abschneidet. Um die jeweilige Sensibilität noch zu erhöhen, wird die Informationslage verbessert. Eine Förderung von Frauen im politischen Bereich soll nach der Auswertung nicht mehr über einen Frauenförderplan erfolgen, sondern über einen Leitfaden zur Förderung der Geschlechter. Schon jetzt wird positiv bewertet, dass bei der Frage der Einstellung ein erhebliches Augenmerk auf der Vermeidung von Diskriminierung und der Förderung des jeweils unterrepräsentierten Geschlechtes liegt. Es ist anzunehmen, dass die Vorgaben des letzten Gewerkschaftstages damit bis 2019 auch erreicht werden können.

Entwicklung von Frauen in Aufsichtsräten in den Jahren 2009, 2013 und 2016

2009

2013

weibl. Mandate Gesamt: 2009: 6,8% 2013: 14,3% 2016: 20,9%

2016

200

160

120

80

40

0

147 189 201

137 162 159

Mandate Gesamt

Mandate männl.

10

27

42

weibl. Mandate Gesamt

8

19

28

weibl. Mandate Intern

2

8

14

weibl. Mandate Extern 29


POLITIK, WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT Geschlechterverteilung in Bundesvorstand und Regionen Funktion

gesamt

männlich

weiblich

Frauenanteil

Bundesvorstandsmitglieder

5

4

1

20,0 %

Führungskräfte mit Sonderfunktionen

6

4

2

33,3 %

Regionalleiter_innen

12

12

0

0,0 %

Abteilungsleiter_innen

8

6

2

25,0 %

Fachreferent_innen

34

24

10

29,4 %

Sachbearbeiter_innen

19

2

17

89,5 %

Verwaltungsangestellte

52

2

50

96,2 %

Jugendbildungsreferent_innen

5

3

2

40,0 %

IT-Support

9

7

2

22,2 %

sonstige Mitarbeiter_innen

40

10

30

75,0 %

Auszubildende

1

1

0

0,0 %

stellvertretende Regionalleiter_innen

11

8

3

30,0 %

Gewerkschaftssekretär_innen

139

118

21

15,1 %

Verwaltungsangestellte

180

6

174

96,7 %

Im Bundesvorstand der IG BAU

In den Regionen

(Stand August 2016)

Geschlechterverteilung Gewerkschaftssekretär_innen in Ausbildung (GiA) weiblich

38 %

männlich

62%

30

1.15. Europa Die Europäische Union (EU) hält trotz „BRexit“ und dem Auf­ stieg des Rechtspopulismus an ihrem marktradikalen Kurs fest. Die IG BAU hat sich gemeinsam mit ihren Partnern gegen wirtschaftspolitische Vorhaben der EU-Kommission gestellt, die Sozial- und Arbeitnehmerstandards in Europa gefährden. Die wirtschaftliche Entwicklung in Europa war in den vergangenen Jahren noch immer von den Folgen der globalen Finanzkrise ab 2008 geprägt. Viele Beschäftigte, Rentnerinnen und Rentner mussten für die Finanz­ spekulation und die Fehler von Banken aufkommen. Die Ausrichtung der Wirtschaftspolitik in der EU ist nach wie vor mangelhaft. Die Sparpolitik hat in Europa zu Arbeitsplatzabbau geführt. Die Anzahl der Menschen


ohne Arbeit ist in vielen Mitgliedsstaaten der EU Ende 2016 auf einem höheren Niveau als vor Ausbruch der Finanzkrise. Die IG BAU betont immer wieder die Notwendigkeit einer sozialen Ausrichtung der europäischen Politik. Dazu gehören Tarifbindung und besserer Schutz für die Beschäftigten. Die EU darf keinen unfairen Wettbewerb zu Lasten der Beschäftigten zulassen. Investitionen müssen die langfristige Leistungsfähigkeit der europäischen Wirtschaft sichern und dazu beitragen, die hohen wirtschaftlichen Unterschiede in der Eurozone abzubauen. Mangelndes Vertrauen in die EU und Skepsis bei den Beschäftigten hat mit dazu beigetragen, dass die Bürgerinnen und Bürger Großbritanniens in einem Referen­ dum im Juni 2016 den Austritt aus der EU beschlossen. Damit wird erstmals der Prozess der europäischen Integration umgekehrt.

Trotz BRexit kein Umdenken Trotz des seit Jahren zu spürenden Vertrauensverlustes änderte sich in der Substanz der europäischen Politik nur wenig. Die Präsidenten der Europäischen Institutionen heben die Wettbewerbsfähigkeit über das Soziale, stellen die Tarifautonomie infrage und fordern, höhere Löhne an die Produktivitätsentwicklung zu koppeln. Die IG BAU hat dies mit anderen Gewerkschaften kritisiert und darauf gedrungen, dass die Europäische Union keinen Einfluss auf die kollektive Lohnfindung nimmt.

Briefkastenfirmen und Scheinselbstständigkeit wären die Folge Die Europäische Kommission hält an ihrer Initiative fest, eine neue Gesellschaftsform nach europäischem Recht einzuführen: die Ein-Personen-Gesellschaft (SUP). Diese würde die Gründung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung erleichtern. Demnach wäre es in Zukunft noch einfacher, Briefkastenfirmen zu gründen. Die Scheinselbstständigkeit wird zunehmen. Die IG BAU setzt sich daher gemeinsam mit ihren Partnern für einen Stopp dieses Richtlinienentwurfes ein, der gerade für die Bauwirtschaft erhebliche negative Auswirkungen hat.

Herkunftslandprinzip durch die Hintertür Im Rahmen ihrer Binnenmarktstrategie von 2015 will die Kommission zudem eine Dienstleistungskarte einfüh­ren. Damit sollen sich Dienstleistende in ihrem Herkunftsland bescheinigen lassen können, dass sie die gesetzlichen Bestimmungen des Ziellandes einhalten. Das käme der Einführung des Herkunftslandprinzips durch die Hintertür gleich und würde die Arbeitsinspek-

tionen massiv behindern. Die Dienstleistungskarte würde zudem Scheinselbstständigkeit fördern. Die IG BAU hat sich deshalb mit ihren Partnern gegen diese Initiative positioniert und die Europäische Kommission aufgefordert, keinen entsprechenden Vorschlag vorzulegen.

1.16. Entsendearbeit, temporäre Migration und Saisonarbeit in der Landwirtschaft Innerhalb der Europäischen Union genießen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Möglichkeit, sich frei niederzulassen und zu arbeiten. Dieses hohe Gut hat sich als Einfallstor für Firmen herauskristallisiert, die bestehende soziale Standards umgehen wollen. Aufklärungsarbeit und schärfere Regulierungen waren gefragt. Neben dem öffentlich stark wahrgenommenen Zuzug von geflüchteten Menschen sind parallel auch viele EU-Bürgerinnen und -bürger im Rahmen der europäischen Freizügigkeit nach Deutschland gezogen. Im Jahr 2010 haben sich noch etwa 250.000, im Jahr 2015 rund 685.000 EU-Bürgerinnen und -bürger in der Bundesrepublik niedergelassen. Die Gründe hierfür sind die weiterhin angespannte wirtschaftliche Lage auf vielen Arbeitsmärkten aus dem EU-Ausland. Die IG BAU unterscheidet nicht nach Herkunft und Auf­enthaltsstatus von Beschäftigten, wenn es um die Durchsetzung guter Arbeitsbedingungen geht. Wir haben uns deshalb dafür eingesetzt, dass alle mobilen Beschäftigten in Deutschland Zugang zu Informationen über ihre Rechte am Arbeitsplatz bekommen und vor Ausbeutung geschützt werden. Deswegen hat die IG BAU das Projekt „Faire Mobilität“ aktiv mit dem Ziel unterstützt, dass mobile Beschäftigte in mehreren Fremdsprachen Informationen über die Rechte auf dem deutschen Arbeitsmarkt erhalten.

Dienstleistungsfreiheit darf kein Einfallstor für Sozialdumping sein Auch die Entsendezahlen innerhalb der Europäischen Union steigen kontinuierlich an. Alleine in der deutschen Bauwirtschaft gab es 2015 über 100.000 offiziell registrierte entsandte Beschäftigte. Entsendung ist nach wie vor ein Geschäft, bei dem Beschäftigte fast nie den geltenden Tariflohn in Deutschland erhalten. In großem 31


Saisonale Beschäftigung ist oft gekennzeichnet durch schlechte Arbeitsbedingungen hinsichtlich Entlohnung oder Unterkunft. Die IG BAU informierte vor Ort und führte regionale Stichproben durch.

Umfang wird bei der Abführung von Sozialversicherung­ en betrogen. Von diesen Formen von Lohn- und Sozial­ dumping profitieren betrügerische Firmen, während die Beschäftigten ausgebeutet werden. Für die IG BAU ist deshalb klar, dass diese skandalösen Praktiken im europäischen Binnenmarkt ein Ende haben müssen. Die im europäischen Binnenmarkt geschützte Dienstleistungsfreiheit darf kein Einfallstor für Sozialdumping sein. Die Europäische Kommission hat 2016 einen Vorschlag zur Revision der Entsenderichtlinien vorgelegt. Auch diese Vorschläge werden nach Auffassung der IG BAU an der ausbeuterischen Entsendepraxis wenig ändern.

Initiative faire Landwirtschaft Ein Großteil des Obstes und Gemüses wird in Europa von Wanderarbeitskräften angebaut und geerntet. So auch auf deutschen Feldern. Dort arbeiten vorwiegend polnische und rumänische Arbeitskräfte. Seit 2015 müs­sen die Unternehmen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das von den Sozialpartnern in der Landwirtschaft ausgehandelte Mindestentgelt bezahlen. Gemeinsam mit dem Europäischen Verein für Wanderarbeiterfragen e.V., dem PECO-Institut e.V. und dem DGB 32

Projekt „Faire Mobilität“ und anderen Initiativen führte die IG BAU während der Saison zahlreiche Aktionen auf den deutschen Feldern durch. Wir informierten die Wanderarbeitskräfte über ihre Rechte, führten Beratungen zu kritischen Fragen durch und unterstützten sie bei der Durchsetzung ihrer Lohnansprüche. Dabei trafen wir immer wieder auf Unternehmen, die aus armen Regionen Europas stammende Arbeiterinnen und Arbeiter prellen. Gemeinsam mit der Finanzkontrolle Schwar­z­ arbeit und über öffentlichen Druck der Presse konnten wir Erfolg gegen diese Machenschaften erzielen. Viele Menschen kehrten zurück in ihre Heimat mit dem Gefühl, dass eine Gewerkschaft helfen kann. Wertvolle Aufklärungsarbeit konnte auch durch Vorab­ informationen geleistet werden. Gemeinsam mit dem Europäischen Verband der Landwirtschafts-, Lebensmittel- und Tourismusgewerkschaften (EFFAT) ist es der IG BAU zuletzt gut gelungen, die Wanderarbeiterinnenund arbeiter bereits in den Entsendeländern über das Arbeitsrecht zu informieren. In vielen europäischen Projekten vernetzen sich mittlerweile die Akteure, tauschen Erfahrungen und Informationen aus und lernen voneinander.

1.17. Internationale Gewerkschaftspolitik Die IG BAU hat sich für eine gerechte Klima- und Handelspolitik eingesetzt. Darüber hinaus hat sie ihr Engagement für nachhaltige Arbeitsbedingungen und die Rechte der Beschäftigten in verschiedenen Regionen der Welt fortgesetzt.


Die Jahre 2013 bis 2016 waren von anhaltenden politischen Krisen und bewaffneten Konflikten in der unmit­ telbaren Umgebung der EU geprägt. Zu nennen ist vor allem der Konflikt in der Ukraine, der zu mehreren tausend Todesopfern geführt hat. Der Bürgerkrieg in Syrien hat hunderttausende Menschenleben gefordert. In Europa kam es zu zahlreichen terroristischen Anschlägen.

Klima- und Handelspolitik nachhaltig gestalten Trotz dieser äußerst schwierigen Rahmenbedingungen gab es auch positive Entwicklungen. So einigte sich die internationale Staatengemeinschaft 2015 in Paris auf ein neues Klimaschutzabkommen, das bei ehrlicher Umsetzung den Weg zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft ebnen wird. Die IG BAU hat sich stets auch für eine faire Gestaltung der Globalisierung eingesetzt. Nun verfolgt die Europäische Kommission mit den Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP), zwischen der EU und Kanada (CETA) und mit dem internationalen Dienstleistungsabkommen TiSA Ziele, die diesen Anliegen widersprechen. Deshalb rief die IG BAU in einem breiten Bündnis mit den anderen DGB-Gewerkschaften und Organisationen aus der Zivilgesellschaft zu einer großen Demonstration am 10. Oktober 2015 in Berlin auf. An ihr beteiligten sich 250.000 Menschen. Die IG BAU unterstützte zudem den Aufruf des DGB zu dezentralen Demonstrationen

am 19. September 2016 in sieben deutschen Groß­ städten.

Solidaritätsarbeit Die IG BAU setzte zudem ihre internationale Solidaritätsarbeit in Projekten mit der Bau- und Holzinternationale (BHI), dem Polnischen Verein für Wanderarbeiter und weiteren Partnerorganisationen in Afrika, Asien und Lateinamerika fort. Die von der IG BAU unterstützten Projekte stärken die Bildung und Aufklärung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Ländern, in denen die Strukturen und Rechte von Gewerkschaften nur schwach ausgeprägt sind. Im Zuge ihrer weltweiten Sportkampagne hat sich die IG BAU für faire Arbeitsbedingungen in Vorbereitung internationaler Sportereignisse eingesetzt – vor allem auf den Baustellen zur Errichtung der Sportstätten. Gerade in Katar werden hunderttausende Wanderarbeiterinnen und -arbeiter aus Asien beschäftigt, die kaum Rechte bei der Arbeit

“Fair Play” fordert die IG BAU von der FIFA ein, die Verantwortung für die Arbeitsbedingungen auf WM-Baustellen trägt.

In drei Schritten zur Energiewende. Die IG BAU mit konkreten Zielen in die Zukunft

33


POLITIK, WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT haben. Die BHI unter aktiver Verhandlungsführung der IG BAU hat sich 2016 mit dem Obersten Ausschuss für die Vorbereitung der Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar auf ein Abkommen zur Durchführung gemeinsamer Arbeitsinspektionen geeinigt.

Bundesvorstandsmitglieder erhalten internationale Mandate Der Stellvertretende Bundesvorsitzende der IG BAU, Dietmar Schäfers, wurde 2013 in Bangkok zum Vize-­ Präsidenten der Bau- und Holzarbeiter Internationale (BHI) und der Stellvertretende Bundesvorsitzende der IG BAU, Harald Schaum, zum Mitglied des Weltrates der BHI gewählt. Im Jahr 2015 wurde Dietmar Schäfers zum Präsidenten der Europäischen Föderation der Bau- und Holzarbeiter (EFBH) und 2016 Ulrike Laux, Bundesvorstandsmitglied der IG BAU, in den Regionalvorstand von UNI Europa gewählt. Diese Wahlen machen das Gewicht der IG BAU in der europäischen und internationalen Politik deutlich und geben vielfältige Möglichkeiten der politischen Positionierung und Mitbestimmung.

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Bundesvorstandsmitglied und internationale Mandatsträgerin Ulrike Laux. Hier bei der Bundesfachgruppenkonferenz des Gebäudereiniger-Handwerkes 2016 in Steinbach


Die IG BAU mischt sich in die Politik ein - und war dafĂźr auf zahlreichen Demonstrationen vertreten.

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FAIRE ARBEIT

2

FFAIRE AIRE ARARBEIT

2.1. Erste Schritte zum neuen Leitbild

Um sich den richtigen Themen zuzuwenden, hat die IG BAU 2013 ihre Mitglieder befragt, wo sie Probleme in der Arbeitswelt und entsprechenden Handlungsbedarf sehen. Grafik 1 zeigt: Durchsetzung von Mindestlöhnen und Arbeitnehmerrechten, vollwertige Jobs und richtige Eingruppierung – dies sind die Anliegen, die unseren Mitgliedern besonders wichtig sind. Zu den wichtigen allgemeineren Zielen zählen Gesundheit am Arbeitsplatz, gutes Einkommen und sichere Arbeitsplätze sowie eine gute soziale Absicherung (Grafik 2).

Auf Initiative ihres Bundesvorsitzenden Robert Feiger hat die IG BAU das Leitbild „Faire Arbeit Jetzt“ entwickelt. Es hat sich gelohnt, denn entstanden ist mehr als nur ein Logo: Wir fordern den Gesetzgeber zum konkreten Handeln auf, setzen die Arbeitgeber unter Druck und zeigen Solidarität, wenn Kolleginnen und Kollegen sich in ihrem Betrieb für mehr faire Arbeit engagieren wollen.

Grafik 1: Welche Themen sind für Dich wichtig und müssen unbedingt angegangen werden? sehr wichtig

wichtig 76%

Mindestlohnverstöße

72%

richtige Jobs statt Minijobs

17%

66%

mehr Kontrollen Einhaltung Gesetze richtige Eingruppierung

56%

Reduzierung befristeter Beschäftigung

57%

20% 30% 25%

59%

Werkverträge, Leiharb., Scheinselbst.

20%

38%

Leistungsverdichtung

38%

44%

faire Regeln Unterkünfte und Wegezeit

29%

49%

Subunternehmerketten

23%

44%

Saison-Kurzarbeitergeld

49%

Ost-West-Angleichung 0

36

14%

20

40

26% 20%

60

80

100


Demonstrieren für „Faire Arbeit!“. Hier bei der Mai-Kundgebung 2014 in Bremerhafen

Grafik 2: Wie wichtig ist für Dich ... sehr wichtig

wichtig 91%

gesund zu bleiben

9%

85%

gerechtes, verlässliches Einkommen

15%

82%

ein sicherer Arbeitsplatz

18%

83%

soziale Absicherung (Krankheit, Rente)

16%

72%

vernünftiger Umgang im Betrieb

27%

74%

ein unbefristetes Arbeitsverhältnis

23%

39%

Einfluss/Mitgestaltung auf Arbeit

56%

43%

Arbeit Deiner Qualifikation entsprechend

51%

42%

geregelte Arbeitszeiten

52%

30%

Aufstiegs-/Qualifizierungsmöglichkeiten

61% 38%

in Wohnortnähe zu arbeiten 0

20

47%

40

60

80

100

37


FAIRE ARBEIT

„Faire Arbeit Jetzt!“ Was steckt hinter dem Leitbild? „Faire Arbeit Jetzt!“ – das ist mehr als ein politischer Schwerpunkt und etwas anderes als eine klassische Ein-Punkt-Kampagne. Es ist der Prozess, gemeinsam ein Leitbild zu entwickeln, zu konkretisieren und mit Leben zu füllen.

Die wichtigsten Grundgedanken in Kürze: • Wir haben ein breites „Dachthema“ gewählt, unter das viele konkrete Forde- rungen und Aktivitäten passen. Mit „Faire Arbeit Jetzt!“ schaffen wir einen roten Faden für die Arbeit der IG BAU. • Wir wollen bei unseren Forderungen und Aktivitäten stärker die betriebliche, tarifliche und politische Ebene verknüpfen. •

Wir wollen ran an die Betriebe, also mehr Betriebsorientierung. So können wir besser vor Ort Erfolge erzielen, die den Beschäftigten nutzen. Mehr Betriebs­ orientierung bedeutet aber auch: Wir intensivieren die Zusammenarbeit zwi- schen Haupt- und Ehrenamt weiter.

Wir stellen uns mit den „FAJ!“-Materialien für die nächsten Jahre gut auf. Die Materialien sind immer dann hilfreich, wenn in einem Betrieb ein konkrete Problem angegangen werden muss. Sie sind also wie Werkzeuge in einem Werkzeugkoffer – man hat viele parat und nutzt gerade das, was passt.

• „Faire Arbeit“ lebt von Diskussion und Mitgliederbeteiligung. Unsere feste Überzeugung ist: Nur durch Austausch- und Beteiligungsmöglichkeiten können wir die Kolleginnen und Kollegen auch „mitnehmen“.

38


Die IG BAU hat sich in den vergangenen Jahren ent­ sprech­end ausgerichtet – und auf drei Ebenen für „Faire Arbeit Jetzt!“ eingesetzt: auf der tarifpolitischen, der be­trieblichen und der politischen Ebene.

2.2. Tarifpolitik selbstbewusst gestalten

Pilot für die „Altersflexi“ gestartet Seit 2014 gilt das von den Tarifparteien vereinbarte Rentenübergangsmodell im Dachdeckerhandwerk. Mit der sogenannten „Altersflexi“ wird eine von der IG BAU favorisierte Lösung für flexible Rentenübergänge erstmals angewendet. Zielgruppe der Altersflexi sind Beschäftigte, die aufgrund gesundheitlicher Probleme ihre Tätigkeit nicht mehr voll ausüben können. Die rund 15.000 Betriebe der Branche sollen für das flexible Renten­übergangsmodell ab 2017 Beiträge in einen „Innovationsfonds“ bei der SOKA-Dach entrichten.

Tarifverträge legen die Mindeststandards für alle wichtigen Arbeits- und Einkommensbedingungen fest. Faire Arbeitsverhältnisse gibt es vor allem dort, wo sich die Beschäftigten auf Tarifverträge verlassen können. Ob Löhne, Gehälter, Ausbildungsvergütungen, Arbeitszeit, Urlaub, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder Kündigungsfristen – wo ein Tarifvertrag gilt, arbeiten die Beschäftigten meist zu besseren Bedingungen als jene Kolleginnen und Kollegen in Firmen oder Branchen, in denen es keinen Tarifvertrag gibt.

Dieses Modell kann Schule machen. Es wäre für viele weitere Beschäftigte im Organisationsbereich der IG BAU eine wichtige Errungenschaft.

In den Tarifbewegungen der vergangenen Jahre hat die IG BAU zahlreiche Verbesserungen erstritten, die ganz im Zeichen von „Faire Arbeit Jetzt!“ stehen.

Die IG BAU setzte sich auch für einen einheitlichen Stufenplan zur Angleichung der Mindestlöhne im Maler- und Lackiererhandwerk ein. Ebenfalls mit Erfolg: Die volle Lohngleichbehandlung in Ost und West soll nach tariflicher Vereinbarung 2020 erreicht werden.

10-Euro-Marke geknackt Der Tarifabschluss 2015 im Gebäudereiniger-Handwerk war ein Meilenstein für faire Arbeitsbedingungen in der Branche. Die IG BAU verständigte sich mit den Arbeitgebern darauf, gemeinsam Verbesserungen im Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes anzustreben. Erste Gespräche fanden bereits statt, in denen wir vor allem das Thema Leistungsverdichtung in den Mittelpunkt stellten. Ebenfalls ein herausragender Erfolg: Die unterste Lohngruppe im Westen knackt Anfang 2017 per Bundesrahmentarifvertag erstmals die 10-Euro-Marke. Dieses Ergebnis ist ein deutliches Zeichen: „Sauberkeit hat ihren Preis!“.

Tarifrente Bau

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit Eine Wegmarke für bundesweit gleiche Arbeitsbedingungen setzte die IG BAU im Garten-, Landschaftsund Sportplatzbau: Die Auszubildenden im Osten der Bundes­republik erhalten fortan den gleichen Lohn wie ihre Kolleginnen und Kollegen im Westen.

Im Gerüstbauerhandwerk wurden 2014 die Tariflöhne im Osten auf das Westniveau angehoben, und in BadenWürttemberg erhalten Leiharbeitnehmerinnen und -nehmer in der Steine- und Erdenindustrie nach tarif­ vertraglicher Regelung inzwischen ab der ersten Stunde den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaft. „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ – eigentlich sollte dies eine Selbstverständlichkeit sein. Dass es vielerorts endlich fair zugeht, liegt jedoch entscheidend am beharrlichen Engagement unserer IG BAU.

Der IG BAU ist es gelungen, eine Betriebsrente für die Beschäftigten der Baubranche einzuführen, welche im Wesentlichen von der Arbeitgeberseite finanziert wird. Kolleginnen und Kollegen, die in Ausbildung sind oder ihren Arbeitgeber in den neuen Bundesländern haben, profitieren in besonderem Maße von der 2016 eingeführten Regelung.

“Sauberkeit hat ihren Preis!” Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Betriebsrätetagung des Bezirksverbandes Nordbaden 2015

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FAIRE ARBEIT 2.3. Betriebliche Arbeit an den Bedürfnissen der Beschäftigten ausrichten Das Engagement der IG BAU für „Faire Arbeit Jetzt!“ spielt sich auch auf der betrieblichen Ebene ab. Die „FAJ!“-Umfrage aus dem Jahr 2013 hat Probleme in den Betrieben deutlich gemacht, die konkrete Unter­ stützungs­angebote erfordern.

Mit dem „FAJ!“-Werkzeugkoffer immer eine Lösung parat Wir haben deshalb einen „Werkzeugkoffer“ mit den passenden „Tools“ zusammengestellt. Bestandteile des Koffers sind unter anderem Tipps und Handlungshilfen, Flugblätter oder Seminarangebote. Aktive Gewerkschafter­_innen, Gewerkschaftssekretär_innen und Betriebsratsmitglieder haben damit Instrumente zur Hand, die immer dann eingesetzt werden können, wenn ein bestimmtes Thema in einem Betrieb aktuell ist – eben wie ein Werkzeugkoffer.

sind staatliche Kontrollinstitutionen zersplittert, sie haben zu wenig Personal oder gehen nicht zielstrebig genug auf Beschäftigte zu. Hier setzen die Materialien und das Konzept der aktivierenden Gewerkschaftsarbeit an. Es gilt, Beschäftigte zu informieren, Handlungsperspektiven aufzuzeigen und zum gemeinsamen Handeln in und mit der IG BAU zu motivieren.

Bewegung nimmt Fahrt auf Ergänzt wurden die Angebote des Werkzeugkoffers durch weitere zentrale und dezentrale Aktivitäten zu „Faire Arbeit Jetzt!“: Über 1000 BAU-Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter haben 2014 auf fünf Regionalkonferenzen „Faire Arbeit Jetzt!“ gestartet. In über 30 Orten fanden im Dezember 2014 Aktionen gegen Befristungen unter dem Motto „Osterhasen am Nikolaus­tag – Da stimmt was nicht!“ statt. Ab 2016 wurden in der Bildungsstätte Steinbach Betriebsratsseminare zu wichtigen Themen von „Faire Arbeit Jetzt!“ angeboten.

Gesundheit schützen Dass Gesundheit ein hohes Gut ist, hat die „FAJ!“Umfrage einmal mehr bestätigt. Um dem Motto „Faire Arbeit Jetzt!“ gerecht zu werden, darf ein Thema deshalb nicht fehlen: der Arbeits- und Gesundheitsschutz. Auch die IG BAU trägt eine Verantwortung dafür, dass die Be­schäftigten an ihrem Arbeitsplatz sicher arbeiten. Gesetzliche und tarifvertragliche Regelungen, auf die wir drängen, sind dafür unverzichtbar. Aber auch unser Engagement in den Betrieben ist gefragt.

Praktisch und kompakt: der “FAJ!”-Werkzeugkoffer im USB-Format.

Gemeinsam agieren, Recht haben und Recht bekommen Beschäftigten fällt es oft schwer, alleine aktiv zu werden und sich zu wehren. Hürden sind fehlende Informationen, Ängste oder schlicht der Aufwand, Ansprüche individuell durchzusetzen. Gleichzeitig 40

Ob Sicherheitsschuhe oder Sonnencreme: Zu fairer Arbeit gehört auch die richtige Ausstattung am Arbeitsplatz.


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Hautkrebs – nein danke!“

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DANK

Unsere Kampagne zielt deshalb darauf ab, für das Thema „Heller Hautkrebs“ zu sensibilisieren und für besseren Schutz zu sorgen. In Veranstaltungen im gesamten Bundesgebiet haben wir Beschäftigten das „IG BAUSonnenschutzpaket“ zur Verfügung gestellt. Es besteht aus einer Info-Broschüre, einer UV-Messkarte und einer Probe Sonnenschutzcreme. Die ebenso einfache wie deutliche Botschaft lautet: Wer im Freien arbeitet, muss sich schützen!

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Die IG BAU hat deshalb eine Kampagne zum Thema „Heller Hautkrebs“ gestartet. Beschäftigte, die unter freiem Himmel arbeiten und über längere Zeit direktem Sonnenlicht ausgesetzt sind, haben ein erhöhtes Risiko, an hellem Hautkrebs zu erkranken. In den Branchen der IG BAU sind dies insbesondere Kolleginnen und Kollegen, die auf Baustellen, in der Agrarwirtschaft, der Garten- und Forstwirtschaft sowie der Glas- und Fassadenreinigung arbeiten.

Aktionen für den gesetzlichen Mindestlohn Die IG BAU beteiligte sich kurz nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes an der „DGB-Pendleraktion“. An mehr als 270 Standorten in ganz Deutschland, an Bahnhöfen und in den Innenstädten, verteilten ehrenamtliche Helferinnen und Helfer des DGB und der Mitgliedsgewerkschaften wichtige Infos zum Mindestlohn.

Gemeinsam mit dem DGB setzte sich die IG BAU dafür ein, die von vielen Arbeitgebern und Teilen der Union geforderte Lockerung der Aufzeichnungspflicht zu ver­ hindern. Statt die Aufzeichnungspflichten zu lockern, fordert die IG BAU, die Einhaltung des Mindestlohnes stärker zu kontrollieren, damit sichergestellt ist: Nichts geht mehr unter 8,84 Euro.

Nein zu unfairem Handel

2.4. Druck machen auf die Politik Fast immer kann und muss die Politik einen Teil dazu beitragen, mehr Fairness am Arbeitsplatz durchzusetzen. Neben ihrem Engagement in den Betrieben und bei Tarifverhandlungen hat die IG BAU deshalb den Gesetzgeber in den vergangenen Jahren immer wieder aufgefordert, bestehende Sozial- und Arbeitnehmer­ standards zu stärken oder dafür zu sorgen, dass diese nicht abgeschwächt werden.

Mindestens Mindestlohn Branchenmindestlöhne sind unverzichtbar für „faire Arbeit“. Auch nach der Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes wird sich daran nichts ändern. Dort, wo es jedoch keine Tariflöhne gibt oder diese sehr niedrig waren, sorgt seit 2015 der gesetzliche Mindestlohn dafür, dass niemand zu Hungerlöhnen arbeitet. Die IG BAU hat bereits 1997 den ersten branchenweiten Bau-Mindestlohn auf tarifvertraglicher Grundlage durchgesetzt. Der gesetzliche Mindestlohn sorgt nun für eine allgemeine Lohnuntergrenze – und für bundesweit fairere Arbeitsbedingungen. Am 1. Januar 2017 steigt er erstmals von 8,50 Euro pro Stunde auf dann 8,84 Euro.

Der Politik Druck machen für “faire Arbeit”: Harald Schaum am Tag der Arbeit in Ingolstadt

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FAIRE ARBEIT

Mittendrin statt nur dabei: Die IG BAU bei der Demo für fairen Welthandel 2015 in Berlin

„Faire Arbeit“ gibt es nur, wenn entsprechende Rahmenbedingungen auch für den internationalen Handel mit Waren und Dienstleistungen gelten. Die von der EU mit den USA und Kanada verhandelten Abkommen TTIP, CETA sowie TISA halten diesem Anspruch nicht stand. Im Gegenteil. Sie stärken die Durchsetzungsmacht von großen Firmen und gefährden wichtige soziale Errungenschaften, die die Arbeitnehmerbewegung erkämpft hat. Die IG BAU hat sich deshalb gemeinsam mit dem DGB gegen TTIP und Co. positioniert. Auch wenn die EU-Kommission dadurch von ihrem Kurs nicht abrückte: Der starke Widerhall in der Zivilgesellschaft hat gezeigt, dass es der Kommission auch in Zukunft nicht gelingen wird, derart weitreichende Abkommen widerstandslos durchzusetzen. Bei CETA konnte immerhin erreicht werden, dass einige kritische Bestimmungen aus dem Bereich einer vorläufigen Anwendung ausgeschlossen bleiben, bis das Abkommen in allen EUMitgliedsstaaten ratifiziert worden ist. Bei TTIP und TiSA bleibt abzuwarten, wie sich die Verhandlungen nach den US-Präsidentschaftswahlen 2016 weiterent­ wickeln.

Für einen fairen Wettbewerb in der EU Nicht nur in puncto Freihandel stehen die Pläne der EU-Kommission den Anliegen der IG BAU für faire Arbeitsbedingungen entgegen. Mit ihrem Vorschlag sogenannter Ein-Personen-Gesellschaften (SUP) wird Scheinselbstständigkeit gefördert und die Gründung 42

von Briefkastenfirmen erleichtert. Der Vorstoß der Kommission, eine Dienstleistungskarte im europäischen Binnenmarkt zu etablieren, käme der Einführung des Herkunftslandprinzips durch die Hintertür gleich. Die geplante Dienstleistungskarte würde die Arbeitsinspektionen massiv behindern und Scheinselbstständigkeit begünstigen. Die IG BAU konnte mit ihren Partnern erreichen, dass die SUP-Richtlinie im zuständigen Rechts-Ausschuss des Europäischen Parlamentes durch Nicht-Weiterbearbeitung noch nicht verabschiedet wurde. Die Dienstleistungskarte wird aufgrund unserer Ablehnung mittlerweile auch von vielen anderen Verbänden kritisch gesehen. Ziel muss es sein, beide Vorhaben zu verhindern. Als IG BAU wollen wir, dass die Tarifbindung in der EU erhöht und die Rechte der Beschäftigten besser geschützt werden. Es darf keinen unfairen Wettbewerb in der EU zu Lasten der Beschäftigten geben.

Bundestagswahl 2017 In den Bundestagswahlkampf wird sich die IG BAU insbesondere mit Themen einbringen, die „Faire Arbeit“ betreffen. 2016 hat der Gewerkschaftsbeirat der IG BAU beschlossen, Forderungen gegen die verschiedenen For­ men prekärer Beschäftigung sowie für bessere Kontroll­ möglichkeiten und mehr Arbeitnehmerrechte bei Ge­setzesverstößen in den Mittelpunkt zu stellen. Hieran werden wir die Politik messen.


Ärmel hochkrempeln für “faire Arbeit”. Das Motto der IG BAU wird von vielen aktiven Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern mit Leben gefüllt.

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BRANCHENARBEIT

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BBRANCHENARBEIT RANCHENARBEIT

3.1. Bauwirtschaft: „WIR bauen fürs Leben!“ Der Bau ist der „Motor“ der deutschen Wirtschaft. Die Beschäftigten am Bau - um in der Bildsprache zu bleiben – sind die „Zylinder“ im Triebwerk. Zwar helfen moderne Maschinen und Fertigungstechniken bei der Arbeit, aber professionelle Handarbeit können sie nicht ersetzen.

Der Bauberuf im Wandel Die Rahmenbedingungen des Bauens haben sich gleich­ wohl geändert. Die Branchen und die Zusammensetzung der Betriebe innerhalb der Branchen sind heute heterogener denn je. Die Struktur der Baulandschaft ist kleinteiliger und unübersichtlicher geworden. Die Bauwirtschaft sieht sich mit der Digitalisierung der Ar­beitswelt konfrontiert; die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten unterliegen einem stetigen Wandel. Umso wichtiger ist es, dass die IG BAU die Modernisierungsprozesse kritisch begleitet, auf Missstände hinweist und diese vor Ort angeht.

Betriebs-und Tarifpolitik aktiv gestalten Ziel der Tarifpolitik der IG BAU in den vergangenen Jahren war es daher nicht nur, dass die Kolleginnen und Kollegen von ihrer täglichen Leistung profitieren. Es galt auch, die Härten des Berufslebens und Fehler auszu­ gleichen. Ob eine falsche Rentenpolitik oder Zukunftsfragen wie Digitalisierung und Überwachung: Die IG BAU ging diese Herausforderungen an. Sie arbeitete

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mit Betriebsräten und Aktiven daran, praktische Lösungen für die Branchen und ihre Beschäftigten zu finden und rechtssicher zu vereinbaren. Der IG BAU gelang es trotz teils widriger Umstände und den dezentralen, mobilen und handwerklich geprägten Branchenstrukturen, ihre Tarifpolitik aktiv zu gestalten und erfolgreiche Abschlüsse zu erzielen.

Bauhauptgewerbe Dies gilt auch für die Inhalte der (Bundes-)Rahmentarifverträge im Bauhauptgewerbe. Hier konnten im ungekündigten Zustand Verbesserungen durchgesetzt werden. Dazu zählen bessere Fahrtkostenabgeltungen für Fahrten mit dem selbst gestellten Fahrzeug. Diese wurden auf 20 Cent pro Kilometer angehoben. Bei auswärtigen Bau­ stellen ohne tägliche Heimfahrt müssen die Firmen künftig die Unterkünfte stellen. Dafür wird ein Verpflegungszuschuss in Höhe von 24 Euro je Arbeitstag gezahlt. Diese kann durch erzwingbare Betriebsvereinbarungen auf 28 Euro erhöht werden. Für die rund 470 Beschäftigten im Nassbaggergewerbe konnte die IG BAU trotz schwieriger Branchensituation Einkommenszuwächse erreichen.

Seit 2016 gilt die Tarifrente Bau Ein besonderer Erfolg der IG BAU war die Neugestaltung der Renten in der Baubranche. Seit 2016 gilt der Tarifvertrag zur zusätzlichen Altersversorgung im Baugewerbe (TZA). Er löst den bisherigen Tarifvertrag zur Rentenbeihilfe im Baugewerbe (TVR) ab. Damit gelang


Bauen, malen, säen und ernten, fßr Sauberkeit und einen gesunden Wald sorgen - die IG BAU bietet vielen Berufsgruppen eine organisatorische Heimat und streitet gemeinsam mit ihren Mitgliedern fßr bessere Arbeitsbedingungen in den Branchen.

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BRANCHENARBEIT

Im Bauhauptgewerbe bringen die Tarifergebnisse kräftige Lohnzuwächse, Verbesserungen bei der betrieblichen Altersvorsorge und höhere Fahrtkostenzuschläge.

es der IG BAU, eine in weiten Teilen arbeitgeberfinanzierte Betriebsrente für alle Kolleginnen und Kollegen der Branche zu schaffen, von der nun auch Auszubil­ dende und Baubeschäftigte im Osten profitieren.

Anliegen von Auszubildenden stärken Um den Bau für die junge Generation attraktiv zu halten, setzte sich die IG BAU für „junge Anliegen“ ein. Zwar konnte die Forderung zur Übernahme aller Ausbildungskosten durch die Arbeitgeber nicht realisiert werden. Jedoch wurde vereinbart, gemeinsam mit den Firmen für politische Lösungen auf Länderebene zu sorgen. Für den Fall eines Scheiterns bis März 2017 wurde festgelegt, dass tarifvertragliche Vereinbarungen getroffen werden. Für die Auszubildenden haben wir darüber hinaus weitere Einkommenserhöhungen durchgesetzt.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit Beharrlich arbeitete die IG BAU an ihrem Ziel „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. Die prozentualen Einkommens­erhöhungen fielen in den neuen Bundesländern etwas stärker aus als im Westen und in Berlin. Damit wird die Lohnlücke weiter geschlossen. Gleichzeitig gelang es der IG BAU, die Bau-Kolleginnen und Kollegen am wirtschaft­lichen Erfolg der Branche teilhaben zu lassen. Im Rahmen des politischen Schwerpunkts „Faire Arbeit Jetzt!“ lag der Schwerpunkt der IG BAU auf der richtigen Eingruppierung im Bauhauptgewerbe. Hierzu wurden in den Betrieben kollektive Aktivitäten fokussiert. Dabei gelang es, die Beschäftigten für das Thema „tarif-

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liche Entlohnung“ zu sensibilisieren und die Einkommenssituation von IG BAU-Mitgliedern zu verbessern.

Angestellte in der Bauwirtschaft Mit dem Projekt „Bauleitung im Wandel“ näherte sich die IG BAU der Zielgruppe der Angestellten. Als Kooperationspartner konnte das Forschungsinstitut für Beschäftigung, Arbeit, Qualifikation (BAQ) gewonnen werden. In Befragungen konnten wichtige Themen identifiziert werden. In verschiedenen Workshops wurden diese diskutiert und weiterbearbeitet. Seminare für Betriebsräte boten Qualifizierungsmöglichkeiten zum Thema Arbeitszeitgestaltung durch Betriebsvereinbarungen. Die Angebote trugen dazu bei, die Zielgruppen verstärkt anzusprechen und spätere Fachgruppenstrukturen vorzubereiten. Gleichzeitig ermöglichte die IG BAU eine lösungsorientierte Diskussion, wie die Themen tarifpolitisch umgesetzt werden können.


„BaustellenExpressblatt“

Die BAU Tarif-News per IG BAU-Zeitung

Druckfrisch gab es zum Tarif-Erfolg im Bauhauptgewerbe 2016 ein „Baustellen-Expressblatt“: die BAU. – Die Zeitung für Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter, Angestellte und Azubis. Die BAU als Branchen-Blatt „made by IG BAU“ – mit Infos, Tipps und Trends für alle, die in der Bundesrepublik bauen. Und insbesondere auch für alle, die die IG BAU über bestehende Kommunikationswege nicht oder nur schwer erreicht. Die Verteilung: Kostenlos, um bundesweit auf Baustellen und in Betrieben die Tarif-Info möglichst breit und mit attraktivem Format zu platzieren. Und das mit klarem IG BAU-Stempel.

4. KARRIERE

Bau-Leiter Ohne Studium zum Top-Job auf dem Bau: So geht’s nach oben…

5. WIEN, WIEN …

Ich! Miet! Dich! Von Hamburg bis München kriegen Deutschlands Großstädter feuchte Augen: Nirgendwo ist die Miete so günstig wie in Österreichs Hauptstadt. Das „Wohn-Wunder Wien“…

6. BAU-REZEPT

Lecker!

Die BAU zum Tarifabschluss 2016 – u.a. mit diesen Themen:

Star-Köchin tischt auf: „BAU-Stulle à la Sarah Wiener“…

1. LOHN-PLUS FÜR DEN BAU

7. BAU-STOLZ

Fett Kies! Was der Bau jetzt mehr verdient: Der neue „Lohn-Fahrplan“ für Bauarbeiter und Angestellte. Der „AzubiKompass“. Und was sich bei der Unterkunft tut

2. DER KOLOSS VOM RHEIN

Deutschlands XXL-Brücke 6.800 Elefanten schwer – das ist das Stahl-Gewicht der neuen Rheinbrücke bei Wiesbaden. Die Bau-Reportage…

3. RENTE

1:0 für die Ösis Wenn die Rentenkasse 14 Mal klingelt: Die Österreicher bekommen eine Urlaubs- und Weihnachts-Rente extra…

Mein Baby! Wenn die Kerle vom Bau so richtig schwärmen, dann haben sie sich ihr eigenes Denkmal gesetzt…

8. SCHWARZE SCHAFE? – AUGEN ZU!

Der Zoll auf „Kontroll-Diät“ Was Finanzminister Schäuble (CDU) bei Lohn-Dumping und illegaler Beschäftigung dringend ändern muss…

9. WOHNHÄUSER AUFSTOCKEN

Richtung Himmel … „On-Top-Etagen“ – höher bauen als die Glocken läuten: Deutschland wächst nach oben…

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BRANCHENARBEIT

Für Mitglieder des Maler- und Lackiererhandwerks kann die IG BAU 2016 ein exklusives Zusatzplus aushandeln.

IG BAU-Mitgliedern im Dachdeckerhandwerk bringen die Tarifbewegungen 2016 einen Gehaltsbonus.

Maler- und Lackiererhandwerk

Dachdeckerhandwerk

Eine Verbesserung der Einkommen gab es für die circa 42.000 Beschäftigten in rund 140.000 Betrieben des Maler- und Lackiererhandwerkes. Wichtige Erfolge erreichte die IG BAU bei der Angleichung der Einkommen zwischen Ost- und Westdeutschland. Die Löhne stiegen im Osten um denselben Centbetrag wie im Westen. Zudem werden im Osten 10 Cent zusätzlich gezahlt. 2016 gelang es, ein exklusives Zusatzplus für IG BAU-­ Mitglieder durchzusetzen. Sie erhielten für die Monate Mai und Juni 2016 einmalig 50 Euro je Monat.

Die IG BAU konnte für die rund 82.000 Beschäftigten des Dachdeckerhandwerkes kontinuierliche Einkommensverbesserungen durchsetzen. 2014 erhielten Aus­ zubildende Erhöhungen von bis zu 16,5 Prozent.

2014 gelang es der IG BAU, die Wiedereinführung des Mindestlohnes II (Gesellenmindestlohn) für das Tarifgebiet Ost durchzusetzen. Dieser sollte künftig stärker steigen als der West-Mindestlohn. Im Rahmen einer Schlichtung wurde für Berlin eine Sonderregelung vereinbart. Die Differenz beim Mindestlohn II zwischen West und Berlin soll teilweise in einen mit der Landesinnung Berlin eingerichteten Fonds eingezahlt werden. Ziel des Fonds ist es, Kontrollen zur Einhaltung des Mindestlohnes zu unterstützen. 2016 konnte die IG BAU einen verbindlichen Stufenplan zur Angleichung der Mindestlöhne in Ost- und Westdeutschland durchsetzen. Die Angleichung soll zwischen 2017 und 2020 erfolgen. Auch die Ausbildungsvergütungen stiegen deutlich an. Die IG BAU konnte in den Tarifverhandlungen 2016 die Einsetzung einer Arbeitsgruppe vereinbaren. Der Auftrag lautet, bis Mitte 2017 ein Modell zu erarbeiten, das die Altersvorsorge junger Gesellinnen und Gesellen verbessert. 48

Nach jahrelangen Unstimmigkeiten mit den Arbeitgebern gelang es 2015, die bundesweite Lohngruppen­ struktur auch für den Freistaat Bayern zu übernehmen. Im selben Jahr erkämpften wir in einem freiwilligen Schlichtungsverfahren neben Lohnerhöhungen und einer Erhöhung des 13. Monatseinkommens ein exklusives Zusatzplus für IG BAU-Mitglieder. Diese erhielten für August und September 2016 jeweils 50 Euro extra. Die IG BAU betrat 2014 gemeinsam mit dem Zentral­ verband des Deutschen Dachdeckerhandwerkes (ZVDH) tarifpolitisches Neuland. Beide Verbände vereinbarten die Einrichtung eines „Innovationsfonds“, angesiedelt bei der SOKA-Dach. Die rund 15.000 Betriebe der Branche entrichten ab 2017 in einem ersten Schritt 0,1 Prozent der Bruttolohnsumme als Beitrag. Ein flexibles Rentenübergangsmodell (sog. „Altersflexi“) für Beschäftigte, die aufgrund gesundheitlicher Probleme ihre Tätigkeit nicht mehr voll ausführen können, wird mit dem Fonds entwickelt. Der IG BAU unternahm 2014 zudem wichtige Schritte, um die Dachdeckerbranche durch neue Sozialkassentarifverträge zukunftsfähig zu machen. Mit der Einführung eines Umlageverfahrens wird die Berufsausbildung gesichert.


Gerüstbauerhandwerk Im Gerüstbauerhandwerk mit seinen 2.900 Betrieben und 36.000 Beschäftigten führte die IG BAU harte Auseinandersetzungen mit den Arbeitgebern. Trotz mehr­facher Abbrüche der Tarifverhandlungen konnte schließlich ein neuer und einheitlicher Mindestlohn in Ost und West vereinbart werden. Die Allgemeinverbindlichkeit des Mindestlohnes wurde trotz der Blockadehaltung des Freistaates Sachsen bestätigt. Die Tarifvertragsparteien haben sich auf Gespräche zur Einführung eines Saison-­ Kurzarbeitergeldes ab 2018 geeinigt.

Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Die Branche wuchs in den vergangenen Jahren konti­ nuierlich. Der Umsatz wurde von knapp sechs Miliarden Euro 2012 auf sieben Milliarden Euro 2016 gesteigert, zugleich konnte ein Zuwachs von rund 12.000 Arbeiter­ innen und Arbeitern verzeichnet werden. Vor diesem Hintergrund konnte die IG BAU kontinuierlich die Einkommen der Beschäftigten erhöhen und die Einkommensschere zwischen Ost und West weiter schließen. Ein wichtiger Erfolg gelang bei den Aus­ bildungsvergütungen: Mit dem 1. Januar 2014 wurde die Angleichung der Vergütungen realisiert. Seitdem gilt der Grundsatz: „Gleiche Ausbildung, gleicher Lohn“.

Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk Im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk hat sich der positive Trend der Vorjahre für die rund 11.500 Beschäftigten fortgesetzt. “Gleiche Ausbildung, gleicher Lohn”. Im Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau seit 2014 kein Wunschedenken mehr

Durch den Wiedereintritt Berlins in die Tarifgemeinschaft Ost und einen einheitlichen Ecklohn in der Tarif­gemeinschaft Südwest wurde die Tariflandschaft vereinheitlicht. Die Ecklöhne konnten in fast jeder Tarifgemeinschaft erhöht werden. Sie stiegen in der Region Nord um 4,2 Prozent, in Südwest um 4,7 Prozent und in Baden-Württemberg um 2,8 Prozent. Die Angleichung der Ostlöhne konnte durch eine Steigerung von 5,8 Prozent sowie einen einheitlichen, bundesweiten Mindestlohn von 11,40 Euro zumindest teilweise erreicht werden. Zudem wurden die Ausbildungsvergütungen in Ost- und Westdeutschland erhöht.

Glaserhandwerk

Auch die Angleichung der Ostlöhne im Steinmetz- und Steinbildhaierhandwerk schreitet voran.

Ziel der IG BAU war der Abschluss eines Flächentarif­ vertrages für die 25.000 Beschäftigten im Glaserhandwerk. Aus Sicht der IG BAU waren es interne Differenzen im Arbeitgeberlager, die zu keiner Einigung führten. Es gelang zumindest, Entgelterhöhungen für den Frei­ staat Bayern durchzusetzen. 49


BRANCHENARBEIT Schilder- und Lichtreklameherstellerhandwerk Die IG BAU konnte für die rund 11.000 Beschäftigten aus 1.950 Betrieben Einkommens- und Ausbildungsvergütungserhöhungen realisieren. 2015 wurde zudem ein Mindestlohn vereinbart, jedoch ist das AVE-Verfahren noch nicht abgeschlossen. Die IG BAU unterstützte in den zurückliegenden Jahren Bündnisse zur Wiedereinführung der Meisterpflicht.

Fliesenlegerhandwerk Die IG BAU konnte im Fliesenlegerhandwerk nach mehreren Jahren des Stillstandes wieder einen Akkordtarifvertrag für die Bundesländer Baden-Württemberg und Hessen sowie den Freistaat Bayern abschließen. Die IG BAU setzte sich zudem für die Wiedereinführung der Meisterpflicht ein. In Gesprächen mit den Sozialpartnern wurde ein gemeinsames Vorgehen erörtert.

Ofen- und Luftheizungsbauerhandwerk Für die rund 8.100 Beschäftigten aus 2.000 Betrieben konnte kein bundesweiter Tarifvertrag ausgehandelt werden. Dennoch gelang es, für die Bundesländer Hes­ sen, Baden-Württemberg sowie den Freistaat Bayern Tarif­verträge zu verhandeln. In der Folge konnten für die Beschäftigten die (Ausbildungs-)Entgelte erhöht werden.

Wohnungswirtschaft Nutznießer der angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt sind vor allem die rund 2.800 Betriebe in der Wohnungswirtschaft. Wie schon in der Vergangenheit wurden die Tarifverträge in einer Tarifgemeinschaft mit der Schwestergewerkschaft ver.di verhandelt. Der IG BAU gelang so eine Erhöhung der Einkommen und Ausbildungsvergütungen. Eine Öffnungsklausel im Manteltarifvertrag erlaubt betriebliche Abweichungen. Diese wurden von der Tarifgemeinschaft tarifpolitisch begleitet. Die Mitglieder der Tarifkommissionen werden künftig für ihre Tätigkeit in den Kommissionen unter Fortzahlung des Einkommens von der Arbeit freigestellt.

Abbruch- und Abwrackgewerbe Nach zweieinhalbjährigem Stillstand im Abbruch- und Abwrackgewerbe konnte die IG BAU für das Jahr 2014 wieder einen Tarifvertrag verhandeln. Gesonderte Mindestlöhne wurden nicht verhandelt, stattdessen fanden die Mindestlöhne des Bauhauptgewerbes Anwendung. Der Rahmentarifvertrag blieb unverändert in Kraft. In Gesprächen mit den Sozialpartnern diskutierte die IG BAU die Gestaltung der Aus- und Weiterbildung sowie Regelungen zur Altersvorsorge.

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3.2. Tarifpolitik in der Baustoffindustrie strukturiert und fokussiert gestalten Die Baustoffindustrie umfasst acht Einzelbranchen: Betonstein, Kalk- und Dolomit, Natur- und Naturwerkstein, Ziegel, Zement- und Dämmstoff, Sand-, Kies-, Mörtel- und Transportbeton (SKMT), Kalksandstein und Feuerfest- und Säureschutz. Die Tariflandschaft ist stark regional geprägt. Es existiert eine große Anzahl von Tarif­verträgen. Zudem finden jährlich mehrere Tarifverhandlungen statt. Umso wichtiger ist es für die IG BAU, die Tarifbewegungen strukturiert und zielgerichtet zu gestalten.

Löhne ziehen dank guter Tarifabschlüsse an Dies gelingt durch regionale Tarifkonferenzen, die Ein­bindung der Belegschaften und Betriebsräte sowie regelmäßige Absprachen zu den Verfahrensabläufen. Aufgrund dieser systematischen Arbeitsweise ist das Lohnniveau in der Baustoffindustrie relativ hoch. Die einzelnen Branchen verzeichneten in den vergangenen Jahren erneut bis zu 10 Prozent Lohnerhöhungen. Zudem konnte die Einkommensangleichung zwischen den neuen und den alten Bundesländern vorangetrieben werden. In einigen Branchen wie der Ziegel-, der Kalk­ sandstein- und der Feuerfest- und Säureschutzindustrie ist die Angleichung bereits vollständig erfolgt.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit In Baden-Württemberg verständigten sich die Tarifvertragsparteien in der Steine- und Erdenindustrie auf eine tarifvertragliche Regelung, wonach Leiharbeitnehmerinnen und -nehmer ab der ersten Stunde den gleichen Lohn erhalten wie die Stammbelegschaft. Zudem wurden die Ausbildungsvergütungen überproportional angehoben und die Übernahmeregelungen verbessert, um die Attraktivität der Baustoffbetriebe zu steigern.

Zentrum Betriebsräte In der Baustoffindustrie rekrutieren sich die Mitglieder der Tarifkommissionen aus den Betriebsräten. Dadurch kommt ihnen eine besondere Bedeutung zu. Insbesondere während der Tarifverhandlungen organisierten die Betriebsräte Aktionen und warben neue Mitglieder. Sie arbeiteten in Netzwerken und befassten sich mit Strukturveränderungen in der Branche wie der Industrie 4.0.


„Faire Arbeit, fairer Lohn! Dafür stehen wir“, die Betriebsräte der Firma Melato-Wegener å GmbH & Co. KG

Marktveränderungen In den vergangenen Jahren kam es zu mehreren großen Fusionen und Veränderungen bei Lafarge und Holcim, Heidelberger Cement und italcementi. Des Weiteren zog sich CEMEX aus den meisten deutschen Standorten zurück. Die genannten Konzerne bestimmen neben dem Zement wesentliche Teile des Transportbeton- und Betongeschäfts, einige auch den Markt der mineralischen Rohstoffe. Diese Konzentration wirkt sich auch auf Arbeitsbedingungen, Tarifverhandlungen, Arbeitgeberstrukturen und Tarifbindungen aus. Für die IG BAU und die Betriebsräte waren damit permanente Herausforderungen verbunden. Uns ist es jedoch gelungen, Tarifbindung herzustellen oder zu sichern und den Beschäftigten die Sicherheit eines Tarifvertrages zu bieten.

Arbeitgeberstrukturen in Bewegung Gleichzeitig verändern sich auch die Strukturen der Ar­ beitgeberverbände. Verbände werden zusammengelegt, andere als reine Wirtschaftsverbände ausgeweitet. Die Tarifbindung nimmt ab. Diese Vorgänge innerhalb der Arbeitgeberverbände kann die IG BAU nur begrenzt beeinflussen. Dennoch haben wir es geschafft, durch die Zusammenfassung oder das gemeinsame Verhandeln verschiedener Tarifgebiete negative Auswirkungen auf die Beschäftigten zu verhindern.

Industrie 4.0

Ambet Yuson (rechts), Generalsekretär der BHI, als Ehrengast bei der Bundesfachgruppenkonferenz der Baustoffindustrie 2016 neben dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden der IG BAU, Harald Schaum (links), und Fritz Heil, Leiter der Abteilung Internationales, Europa, Migration

crowd working haben bereits Einzug in die Betriebe der Baustoffindustrie gefunden. Diese Entwicklung geht für die Beschäftigten und Betriebsräte mit beträchtlichen Herausforderungen einher. Entsprechend haben wir ein themenbezogenes Netzwerk zum Digitalisierungstrend gestartet, an dem derzeit rund 20 Betriebsräte mitarbeiten. Grundlagen und Hilfestellung liefert das Bildungswerk in Steinbach. Tarifvertragliche Gestaltungs- und Regelungserfordernisse werden definiert und in die zu­künftige Tarifpolitik einfließen.

Der Wandel vollzieht sich auch entlang des technischen Fortschritts: Digitalisierung, Robotertechnik, 51


BRANCHENARBEIT 3.3. Gebäudereinigung: „Wir haben es verdient!“ In der Branche Gebäudereiniger-Handwerk waren im Jahr 2016 circa 616.000 gewerbliche Arbeitnehmer_innen und Angestellte in circa 19.440 Betrieben mit einem Branchenumsatz von über 16 Milliarden Euro tätig. Die großen Unternehmen der Branche bilden nur zwei Prozent der Betriebe ab. Jedoch werden 46 Prozent des Umsatzes hier erarbeitet. Die Branche hat eine breite Handwerksstruktur, mit einem Anteil von 97 Prozent klein- und mittelständischen Betrieben. Der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liegt bei circa 62 Prozent. Der Hauptteil der Arbeiten liegt in der Innen- und Unterhaltsreinigung sowie Glas- und Fassaden­reinigung, wobei immer mehr Dienstleistungen im Bereich des Gebäudemanagements hinzukommen.

Rückschlag hinnehmen. Der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks kündigte im Mai 2016 die Vereinbarung zur Ost-West-Angleichung der Löhne, die bis 2019 erreicht werden sollte. Mit einem Flugblatt, Aktionen zum Tag der Gebäudereiniger_innen und über die Presse protestierte die IG BAU gegen die Kündigung. Wir halten an dem Ziel fest, bis 2019 für Lohngleichheit zu sorgen.

Leistungsverdichtung entgegenwirken Die IG BAU konnte in den Tarifverhandlungen konkrete Schritte zur Regelung von Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie im Bereich Aus- und Weiter-

Tarifarbeit im Gebäudereiniger-Handwerk In den vergangenen Tarifrunden setzte die IG BAU Lohn­steigerungen im Gebäudereiniger-Handwerk durch. Die Tariflöhne in Westdeutschland stiegen in den Jahren 2014/2015 um fast sechs Prozent und in Ostdeutschland um 8,4 Prozent. In den Jahren 2016/2017 legen sie um weitere 4,7 Prozent im Westen und um bis zu 9,5 Prozent im Osten zu. In Westdeutschland erreichen die Löhne ab dem 1. Januar 2017 in der untersten Lohngruppe damit erstmals die 10-Euro-Marke.

Arbeitgeber kündigen Ost-WestAngleichung Hinsichtlich der Angleichung der Löhne in den neuen an die alten Bundesländer musste die IG BAU einen

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Vereinigte Stärke bei der Bundesfachgruppenkonferenz des Gebäudereiniger-Handwerks 2016 in Steinbach.

Reinigungskräfte protestieren am Tag der Gebäudereiniger_ innen 2016 in Berlin gegen die „Lohnmauer“ zwischen Ost und West.


bildung vereinbaren. Zwei Expertengruppen aus Vertreterinnen und Vertretern des Bundesinnungsverbands und der IG BAU wurden gemäß Vereinbarung gebildet, die bereits die Themen und möglichen Maßnahmen, um die es in Zukunft gehen soll, benannt haben. Dabei wurde von uns besonders auf Maßnahmen gegen Leistungsverdichtung geachtet. Bei den Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz wurde insbesondere die Ermittlung und Beurteilung psychischer Belastungen aufgeführt. Im Rahmen der Regelungen der Weiterbildung wurde ein Rahmenlehrplan für Vorarbeiterinnen und Vorarbeiter vereinbart.

Betriebliche Schwerpunkte Die Zusammenarbeit mit den Betriebsräten in den Kon­zernen der Branche wurde verstetigt. Im Konzern ISS haben die Betriebsräte und die IG BAU gemeinsam erreicht, dass ein Aufsichtsrat im Unternehmen gebildet wurde.

3.4. Facility Management und Industrielle Dienstleistungen „Nichts ist so beständig wie der Wandel“ Das Zitat von Heraklit von Ephesus (griech. Politiker 500 v. Chr.) trifft auch auf die heutige Branche Facility Management zu. In fast allen Unternehmen waren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ständigen Veränderungen der Organisation betroffen. 2013 trennte sich etwa die Hochtief AG von ihrem Facility- und Energy-­ Management, 2016 folgte der Verkauf des umsatzstärksten Unternehmens in der Branche, der Bilfinger Facility Services, an den Investor EQT. Investitionen haben sich vom infrastrukturellem Facility Management stärker in den Bereich des technischen Facility Managements verlagert. Die 29 größten Facility Management Anbieter erwirtschaften 2015 rund 52 Prozent ihres Umsatzes (circa 9,4 Milliarden Euro) mit technischem Facility Management und nur noch 43 Prozent mit infrastrukturellen Dienstleistungen.

Gewerkschaften arbeiten zusammen Aufgrund der Vermischung der Tätigkeiten in Konzernen und überlappender Organisationsbereiche müssen sich die Gewerkschaften neu orientieren. Ein Schwerpunkt der Branchenarbeit seit 2013 war neben der Mitgliederund Branchenentwicklung deshalb auch die Abstimmung und Zusammenarbeit mit der IG Metall, NGG

DGB-Gewerkschaften und die Hans-Böckler-Stiftung machen 2016 eine Bestandsaufnahme der noch jungen Branche “Facility-Services”.

und ver.di. Gemeinsam ist es gelungen, eine Arbeitse­bene zu schaffen, auf der sich Betriebsrät_innen und Mitarbeiter_innen konzern- und unternehmensübergreifend austauschen und zusammenarbeiten können. Tarifpolitik findet in der Branche in Haustarifverträgen statt. Neben Tarifverträgen zur Betriebsrätestruktur und Überleitungstarifverträgen wurden bei der Spie GmbH Vergütungstarifverträge verhandelt. Seit der Tarifrunde 2014 sind die Gehälter um 9,5 Prozent und die Ausbildungsvergütungen um 11 Prozent gestiegen.

Kooperation mit der Hans-Böckler-Stiftung Die Hans-Böckler-Stiftung führte in Zusammenarbeit mit den DGB-Gewerkschaften eine Umfrage zu den Themen der Facility-Service-Branche durch, deren Ergebnisse in einer viel beachteten Broschüre erschienen. Höhepunkt der Zusammenarbeit zwischen den DGB-Gewerkschaften und der Stiftung ist die jährliche Betriebsrätetagung.

Industrielle Dienstleistungen Eine tarifpolitische Besonderheit der Branche Industrielle Dienstleistungen sind die vielen unterschiedlichen tarifvertraglichen Lösungen, die es neben einem Flächentarifvertrag gibt. Bereits bestehende Haustarifverträge wurden in den vergangenen Jahren erfolgreich weiter verhandelt. 53


BRANCHENARBEIT Die Abschlüsse der einzelnen Tarifverhandlungen orientierten sich an den Abschlüssen der Flächentarifverträge, um ein Auseinanderdriften der Löhne zu verhindern. Schwerpunkt der letzten Tarifverhandlungen war eine überproportionale Anhebung der unteren Lohngruppen. Der starke Wandel in der Branche zeigt sich durch Re­ strukturierungen oder Veränderungen in den Konzernen. So haben Sanierungstarifvertragsverhandlungen für die Xervon Bauwerkserhaltung GmbH, die IHG/ Risch Gruppe und Veolia Industriereinigung stattgefunden.

Lohnentwicklung erfreulich Die Lohnerhöhungen betragen zwischen 6,5 und 6,8 Pro­zent in den Tarifgebieten der Länder. Beachtliche tarifliche Erfolge konnten auch im Agroservice oder bei Wasser- und Bodenverbänden erzielt werden. Außerdem wurde die tarifliche Schlechterstellung von Saison­arbeitskräften überwunden. Damit einher ging der allgemeinverbindlich erklärte Mindestentgelttarifvertrag der Branche, der in seiner Endstufe mit 9,10 Euro pro Stunde Lohndumping entgegenwirkt.

Flexibilität hat ihre Grenzen Ein Schwerpunkt der Branchenarbeit war der Arbeitsund Gesundheitsschutz. Betriebsräte der Branche diskutierten auf Veranstaltungen in Duisburg mit Günter Wallraff über die gesundheitlichen Belastungen in der Branche.

Der Bundesfachgruppenvorstand Landwirtschaft entschied sich 2015, die von Arbeitgeberverbänden geforderte Erweiterung der Flexibilisierung der Arbeitszeit nicht zu akzeptieren. Eine tarifvertragliche Vereinbarung von zwölf Stunden täglich in Spitzenzeiten ist mit den Grundsätzen der IG BAU unvereinbar.

3.5. Landwirtschaft, Gartenbau und Floristik

Arbeitsveränderungen erkennen und reagieren

Landwirtschaft Der Strukturwandel zum Großbetrieb hält in der Landwirtschaft an. Trotz des Rückganges der familiengeführten Bauernhöfe verringerte sich die landwirtschaftlich genutzte Fläche kaum. Knapp 1,3 Millionen Erwerbstätige arbeiten in über 374 land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Unternehmen. Gesunkene Erzeugerpreise verschlechterten die wirtschaftliche Situation. Dennoch verschaffte die Bundesempfehlung aus dem Jahr 2013 bemerkenswerte Tariferfolge.

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Die IG BAU stellte sich den Arbeitsveränderungen wie der Digitalisierung der Agrarwirtschaft und den betrieb­ lichen Strukturveränderungen. 2016 beschloss der Bundes­vorstand der IG BAU mit einem Projekt Agrar in der Region Weser-Ems, auf diese Veränderungen mit gewerkschaftlicher Erschließung ausgewählter Betriebe zu reagieren. In der Vorphase des Agrarprojektes „Grün geht“ konnten erste Erfolge wie steigende Mitgliederzahlen während der Tarifauseinandersetzung der Bezugsund Absatzgenossenschaften erzielt werden.

Gartenbau Der Gartenbau ist mit insgesamt 700.000 Beschäftigten inklusive der vor- und nachbereitenden Bereiche und einem Umsatz von 78 Milliarden Euro im Jahr eine be-

Die Branchen Landwirtschaft und Gartenbau befinden sich im Wandel: Arbeiter im Unterglas-Gartenbau


deutsame Branche in Deutschland. Fortschreitende betriebliche Strukturveränderungen und die Digitalisierung von Arbeitsabläufen, etwa bei der Unterglasproduktion, stellte die IG BAU vor neue Herausforderungen.

Erstmals Bundesrahmentarifvertrag verhandelt Erstmalig wurde im Gartenbau ein Bundesrahmentarifvertrag verhandelt. Die Tarifkommission der IG BAU verhandelte beachtliche Zwischenergebnisse wie die Einführung eines Entgeltsystems, welches die bislang gültigen unterschiedlichen Regelungen zur Entgeltfindung in Lohn- oder Gehaltsgruppen ablösen kann. Aufgrund der schwierigen Verhandlung und Lösungs­findung im Einvernehmen beider Tarifvertragsparteien bei dem Thema Arbeitszeitflexibilisierung verzögert sich der Abschluss des Bundesrahmentarifvertrages.

Löhne und Gehälter ziehen an In den Tarifgebieten Gartenbau West konnten Ende 2013 durchweg erfolgreiche Tarifergebnisse erzielt werden. Die Löhne und Gehälter erhöhten sich um 6,8 Prozent, für die Baumschulen in Schleswig-Holstein und Hamburg sogar um 7,2 Prozent. Die Auszu­bildenden­ vergütungen erhöhten sich überproportional. Der erste Durchbruch in Richtung Lohnniveauangleichung OstWest im Gartenbau erfolgte nach erfolgreichem Tarifabschluss für die Länder Berlin und Branden­burg. Im Volumen erhöhten sich die Löhne um 13,4 Pro­zent.

Floristik Die Beschäftigtenzahlen in der Floristik waren weiter rückläufig. Wirtschaftlich geht es der Branche mäßig. Dennoch kann die IG BAU auf tarifpolitische Erfolge zurückblicken. Besonders hervorzuheben sind die Tarifabschlüsse vom September 2015, die einen Meilenstein in Richtung OstWest-Angleichung für die Floristik darstellen. Erstmals nach elf Jahren konnte ein Entgelttarifvertrag in Ostdeutschland erfolgreich abgeschlossen werden. Nach Einführungen des gesetzlichen Mindestlohnes wurden die Armutslöhne im floristischen Bereich in östlichen Bundesländern beseitigt: Die Tariflöhne stiegen zwischen 11,7 und 79 Prozent in den Entgeltgruppen. Ob gelernte oder ungelernte Floristin: Ausgangspunkt der Verhandlungen waren nun durchweg die 8,50 Euro gesetzlicher Mindestlohn. Die Entgelte erhöhten sich tarifvertraglich um weitere 1,2 bis 12,9 Prozent. In den westlichen Bundesländern erhöhte sich das Eckentgelt um 2,6 Prozent.

3.6. Forstwirtschaft Die Strukturen in den Verwaltungen, Betrieben und Einrichtungen der Forstwirtschaft im öffentlichen Dienst haben sich weiter verändert. Landesbetriebe und Anstalten des öffentlichen Rechts (AöR) bestimmen die Betriebsstrukturen in der Bundesrepublik.

Sparkurs gefährdet die multifunktionale Forstwirtschaft Die Landesbetriebe stehen unter dem Einfluss der Konsolidierung der Landeshaushalte. Die verfassungsrechtliche Schuldenbremse diktiert einen Sparkurs, der sich insbesondere auf die Personalpolitik auswirkt. In Verbindung mit dem demografischen Wandel gefährdet der Personalabbau die Handlungsfähigkeit der Betriebe. Die multifunktionale Forstwirtschaft tritt gegenüber der waldbaulichen Gewinnmaximierung weiter in den Hintergrund. Die Personalsituation in den Anstalten des öffentlichen Rechts entwickelt sich in eine ähnliche Richtung.

Es geht auch anders Eine finanzielle Sanierung der Landeshaushalte zu Lasten der biologischen und personellen Ressourcen der Betriebe lehnt die IG BAU ab. Unter Mitwirkung der IG BAU konnten in Hessen und Rheinland-Pfalz Personalentwicklungskonzepte vereinbart werden. Trotz weiteren Personalabbaus können die Konzepte langfristig zur Deckung des Fachkräftebedarfs beitragen, die Motivation der Beschäftigten erhöhen und mittelfristig personelle Schieflagen abfedern.

Anschluss halten In den Tarif- und Besoldungsrunden im öffentlichen Dienst lautete das ausgegebene Ziel, an die Einkommensentwicklungen der Gesamtwirtschaft Anschluss zu halten. Trotz der seit Jahren real steigenden Entgelte lag der öffentliche Dienst im Durchschnitt noch immer vier Prozent hinter der Gesamtwirtschaft zurück. Verhandlungen über Entgeltordnungen wurden aufgenommen. Insbesondere für die Forstbeschäftigten konnten bessere Eingruppierungsregelungen vereinbart werden. Das Eingruppierungsrecht wurde teilweise um weitere Tätigkeitsmerkmale ergänzt. Es trägt somit der Entwicklung des Aufgabenbereiches in der Forstwirtschaft Rechnung.

Betriebliche Zusatzversorgung verteidigt 2015 konnten die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes erfolgreich den Angriff der Länder auf die 55


BRANCHENARBEIT

Einen intakten Wald gibt es nicht umsonst. Der Beruf des Forstwirtes wird auch in Zukunft noch für das Wohlergehen der Wälder gerbraucht.

betriebliche Zusatzversorgung (VBL) abwehren und eine 20-prozentige Leistungskürzung (durchschnittliche monatliche Rentenkürzung um 70 Euro) verhindern. Zur Sicherung der betrieblichen Zusatzversorgung wurde ein Zusatzbeitrag vereinbart. Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite tragen gleichermaßen zur Sicherung der Zusatzversorgung bei. Um diese Ansprüche durchzusetzen, waren alle unter die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes der Länder fallenden Beschäftigten zu Warnstreiks aufgefordert. Insgesamt beteiligten sich daran bundesweit 70.000 Beschäftigte der Länder. Die Einigung kam schließlich in der vierten Verhandlungsrunde zustande. 2016 wurde das Verhandlungsergebnis auf die Beschäftigten des Bundes und der Kommunen übertragen.

Erholungsbedarf auch bei Auszubildenden hoch Nachdem die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes einheitlich einen Urlaubsanspruch auf 30 Arbeitstage haben, konnte der Urlaubsanspruch auch bei den Auszubildenden erhöht werden. Auszubildende von Bund und Kommunen erhalten aktuell 29 Tage Urlaub.

Branchenarbeit setzt forstpolitische Zeichen Im Vordergrund der forstpolitischen Arbeit standen Themen und Forderungen wie die Sicherung möglichst vieler Arbeitsplätze in den Forstbetrieben. Es geht zudem 56

um die Gewährleistung des Naturschutzes, die Unterstützung von Maßnahmen zum Klimaschutz, die sachliche Begleitung der Entscheidung zu Windenergieanlagen im Wald, die Unterstützung einer multifunktionalen, ökologischen Forstwirtschaft auf 95 Prozent der Waldfläche und die inhaltliche Mitgestaltung bei den Konsultationen zur Zertifizierung einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung 2015 nach PEFC (Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes) und 2016 nach FSC (Forest Stewardship Council [FSC] - Zertifizierung).


Informieren, verhandeln, Stärke zeigen: Die IG BAU setzt traditionsgemäß auf Dialog, hat jedoch klare Haltelinien für faire Arbeit. Für Politik und Arbeitgeber ist sie selbstbewusste Gesprächs- und im Ernstfall auch unangenehme Streitpartnerin.

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HÖHEPUNKTE UND ERFOLGE AUS DEN REGIONEN

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HÖHEPUNKTE UND ERFOLGE DEN REGIONEN HAUS ÖHEPUNKTE UND ERFOLGE

Ehrenamtliches Engagement ist der „Kitt“ unserer Gesellschaft – und der IG BAU. Tausende Ehrenamtliche engagieren sich als Mitglieder in Jugend- und Auszubildendenvertretungen, in Betriebsräten, als Arbeits- und Sozialrichterinnen und –richter oder als Mitglieder unserer Arbeitskreise und Gremien. Sie prägen die Tarifpolitik, gestalten örtliche Aktionen und die Arbeit der Jungen BAU. Im Betrieb, in der Branche oder in der Politik sorgen die Aktiven der IG BAU jeden Tag für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen. Zwölf „best practice“-Beispiele aus den Regionen belegen eindrücklich, wie wichtig das Ehrenamt für unsere Organisation ist.

4.1. Skandal – Kopfgeld für Gewerkschaftsmitglieder Die Firma Stölting Care & Service GmbH kam auf eine unglaubliche Idee, wie sie gewerkschaftlichen Einfluss aus ihrem Unternehmen zurückdrängen könnte. Anfang Februar 2016 bot das Reinigungsunternehmen allen Ar­ beit­nehmerinnen und Arbeitnehmern eine Prämie von 50 Euro an, wenn sie ihre Mitgliedschaft bei der IG BAU beenden.

Arbeitgeber bereitet Kündigungsschreiben vor Um den Austritt so einfach wie möglich zu machen, ver­ fasste die Firma auch gleich das Kündigungsschreiben. Es musste nur noch unterschrieben werden. Ein schriftlicher Aushang an der Tür zum Büro eines Vorarbeiters

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wies darauf hin, dass man sich den Vordruck zum Gewerkschaftsaustritt im Büro abholen könne. Parallel fanden einzelne Personalgespräche statt, in denen die Firma nach einer Mitgliedschaft in der Gewerkschaft fragte und den Beschäftigten gegenüber erläuterte, weshalb man die Gewerkschaft nicht brauche. Bei Stölting würde alles gut ohne Gewerkschaft geregelt. Die örtlichen Gewerkschaftsvertreter_innen der IG BAU nahmen sich diesem Problem an und wiesen auf die unzumutbaren Zustände hin. Darauf reagierte die Firma mit Zuckerbrot und Peitsche gegenüber ihren Beschäftigten: Einschüchterung in Gesprächen einerseits und finanzielle Belohnung andererseits.

Arbeitsgericht sorgt für Klarheit Die Anwälte der IG BAU klagten beim Arbeitsgericht Gelsenkirchen gegen das Vorgehen der Firma. Das Gericht ließ keine Zweifel offen: Die Verhaltensweisen der Firma sind eindeutig unzulässig und verletzen Verfassungsrecht. Die von der IG BAU beantragte Unterlassung war in allen Punkten erfolgreich. Die Firma Stölting Care & Service GmbH darf keine Prämien mehr versprechen. Sie darf nicht mehr auf den Vordruck zum Gewerkschaftsaustritt hinweisen oder dazu auffordern auszutreten. Verstößt sie dagegen, muss sie ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro zahlen.

Frage nach Gewerkschaftszugehörigkeit ist unzulässig Auch die Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit ist unzulässig. Denn damit erhält der Arbeitgeber Auskunft


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HÖHEPUNKTE UND ERFOLGE AUS DEN REGIONEN

Die Kolleginnen und Kollegen der Firma Stölting Care & und Service GmbH wollen sich nicht den Mund verbieten lassen.

Ein neu eingerichteter Prüfdienst deckt Regelverstöße auf Berliner Baustellen auf.

über Umfang und Verteilung der Mitglieder in einer Gewerkschaft und damit auch Kenntnis, über welche Verhandlungsstärke eine Gewerkschaft in einem eventuellen Arbeitskampf verfügt.

bestehend aus fünf „Expertinnen und Experten des Baues“, wurde eingerichtet und entsprechend geschult. Dieser konzentriert sich auf die anonyme Überprüfung von Berliner Baubetrieben.

Das Ergebnis der Auseinandersetzung zeigt, dass sich der Kampf gegen unfaire Unternehmenspraktiken lohnt.

Kommt es zu auffälligen Meldungen oder Hinweisen von Dritten, erfolgen zunächst über das Internet und interne Daten Vorrecherchen zu den Betrieben. Der Außendienst ist anschließend mit der Aufgabe betraut, bekannt gewordene Baustellen oder den Firmensitz zu observieren und aussagekräftiges Beweismaterial zu dokumentieren.

4.2. Pilotprojekt gegen Mindestlohnunterschreitungen und Schwarzarbeit Rund ein Drittel der Berliner Baubetriebe beschäftigt ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Teilzeitbeschäftigte mit weniger als 50 Prozent der tariflichen Arbeitszeit. Angesichts der tatsächlichen Arbeitsumstände im Baugewerbe ist zu vermuten, dass nur ein Teil der erbrachten Arbeitsstunden gemeldet wird. Mit den bisherigen Kontrollen war es kaum möglich, diese Fälle von versteckter Mindestlohnunterschreitung oder Schwarzarbeit aufzudecken. Denn die Finanzkontrolle Schwarzarbeit kann die erforderlichen Rechercheaufgaben angesichts der zu geringen Kapazitäten nicht wahrnehmen.

Prüfdienst nimmt Arbeit auf Deshalb hat sich die IG BAU für ein Pilotprojekt stark gemacht, welches nach längeren Verhandlungen im September 2016 in Kooperation mit der Sozialkasse des Berliner Baugewerbes an den Start ging. Ein Prüfdienst, 60

Bei mehreren Firmen stellte sich nach kurzer Beobachtungszeit heraus, dass zu wenig Stunden oder nicht alle Beschäftigten gemeldet wurden. Die Sozialkasse fordert nun von diesen Betrieben die fehlenden Meldungen ein. Teilweise werden die Vorgänge auch an die Finanzkontrolle Schwarzarbeit zur weiteren Verfolgung und Ahndung weitergegeben. Die hohe „Trefferquote“ zeigt bereits nach kurzer Zeit, dass das Projekt „Prüfdienst“ ein voller Erfolg ist.

4.3. Politikwechsel jetzt! Kolleginnen und Kollegen folgten den Aufruf und kamen zur Großkundgebung nach Hannover. 120 angereiste Busse und zwei Demonstrationszüge zum Opernplatz legten die Innenstadt von Hannover ein paar Tage vor der Bundestagswahl am 22. September 2013 zeitweise lahm.


Mittendrin: die Kolleginnen und Kollegen der IG BAU. Sie fielen auf und bekamen viel Beachtung und Zuspruch, hatten sie doch mit viel Kreativität und Phantasie das nötige Zubehör gestaltet. Da war die „mobile Rentnerwohnung“, die auf fehlende bezahlbare und altersgerechte Wohnungen hinwies. Der Galgen machte Altersarmut durch Lohndumping zum Thema. Und auch die Folgen der Rente mit 67 wurden drastisch dargestellt. Frank Bsirske, ver.di-Bundesvorsitzender, forderte einen konsequenten Politikwechsel. Gegen prekäre Beschäftigung und Aufweichung von Tarifverträgen, für einen Mindestlohn und sichere Jobs sprach sich Bsirske aus. Er kritisierte dabei die hohe Zahl der befristeten Arbeitsverhältnisse und schutzlosen Mini-Jobs. IG Metall-Vorstandsmitglied Helga Schwitzer sprach sich gegen die Rente mit 67 aus und fordert stattdessen eine flexible Ausstiegsmöglichkeit aus dem Berufsleben. Der Hauptgeschäftsführer der Paritätischen Wohlfahrtsverbände, Ulrich Schneider, machte sich für eine Vermögensumverteilung stark: „Es kann nicht sein, dass die Reichen immer reicher werden und die Armen immer ärmer.“ Darum lautete die gemeinsame Forderung: Politikwechsel jetzt!

4.4. Widerspenstige „Gallier“ erkämpfen Sozialtarifvertrag Die IG BAU-Mitglieder der Bauunternehmung Ehrenfels GmbH in Karlstadt haben Geschichte geschrieben. Mit ihrem fast dreiwöchigen Streik und der Unterstützung ihrer IG BAU haben sie einen wegweisenden Sozialtarifvertrag erstritten.

Vinci reicht Rendite nicht aus Die Firma Ehrenfels ist eine Tochter des weltgrößten Baukonzerns Vinci in Frankreich. Nach Meinung der Gesellschafter hat die Karlstädter Baufirma nicht mehr genug Renditen nach Paris abgeführt. Und schon gab es einen Gesellschafterbeschluss, die derzeit laufenden Aufträge abzuarbeiten und die Firma Ehrenfels zum 31. Dezember 2013 zu schließen.

Vinci bot zwar eine Abfindungssumme mit 0,45 Monatseinkommen pro Beschäftigungsjahr an. Doch diese Rechnung wurde ohne die widerspenstigen „Gallier“ aus Karlstadt gemacht. Die gut organisierten gewerblichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer machten während ihres Streikes mit Unterstützung der IG BAU Mainfranken mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen Druck. Sie wollten sich damit nicht zufrieden geben.

Skandal öffentlich machen So wurde mit dem neuen Info-Anhänger der IG BAU Mainfranken an einem Tag das Werktor der Firma Ehrenfels dichtgemacht. Am nächsten Tag wurde dieser Anhänger als Informationsstand auf dem Marktplatz in Karlstadt genutzt. Die Passantinnen und Passanten wurden mit Flyern und Gesprächen darüber aufgeklärt, wie der große Mutter-Konzern mit den Beschäftigten der angesehenen und alt eingesessenen Baufirma umgeht.

IG BAU-Mitglieder im Vorteil Kurz vor der Fahrt der Streikenden nach Paris zur Vinci-­ Zentrale lenkte die Geschäftsleitung ein und stimmte einem Sozialtarifvertrag für die in der IG BAU organisierten Beschäftigten zu. Die IG BAU-Mitglieder wurden deutlich bessergestellt als die nicht organisierten Beschäftigten. Für sie wurde nur ein Sozialplan vereinbart. Die IG BAU-Mitglieder bei Ehrenfels sind mit ihrer IG BAU höchst zufrieden, hat sich doch wieder einmal gezeigt: Gemeinsam erreichen wir mehr.

4.5. Mitglieder werben Mitglieder Die IG BAU setzt im Norden der Republik seit einigen Jahren auf Prämienvereinbarungen bei der Mitgliederwerbung. Das Prinzip ist schnell erklärt. Die betreuenden Sekretärinnen und Sekretäre informieren die organisierten Betriebsräte oder die Mitglieder der Betriebsgruppe in den Betrieben über das Prämienmodell. Diese können sich daraufhin selbst ein Ziel setzen, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sie im Laufe des Jahres von den Vorteilen der IG BAU überzeugen wollen. In der Region Nord kamen im Jahr 2015 auf diese Weise 18 Prämienvereinbarungen zustande. Diese trugen die Unterschriften des Bezirksvorstandes, der Sekretärin oder des Sekretärs und der Betriebsgruppe. Am Jahres61


HÖHEPUNKTE UND ERFOLGE AUS DEN REGIONEN ende konnten 404 neue Mitglieder in unserer IG BAU begrüßt werden. Die Kolleginnen und Kollegen freuten sich über eine kollektive Prämie von 4.215 Euro. Das Ergebnis der Prämienvereinbarung trug wesentlich dazu bei, dass die Region Nord das Jahr 2015 im Ergebnis mit plus 79 Mitgliedern abschließen konnte. Der erfolgreichste Bezirksverband, der Bezirksverband Holstein, konnte seinen Mitgliederbestand am Jahres­ ende sogar um 81 Mitglieder erhöhen und knapp 30.000 Euro mehr Beitragseinnahmen verbuchen. Mitglieder werben Mitglieder in ihrem Betrieb – gemeinsam macht das Spaß, bringt Erfolg und unsere IG BAU wird stärker.

4.6. „Job-Meile“ in der Oberpfalz – die IG BAU mit dabei

wuchsprobleme in unseren Branchen für die Zukunft gemeinsam anzugehen. Die Kolleginnen und Kollegen der IG BAU nutzten zudem die Gelegenheit, um die gewerkschaftlichen und sozialpolitischen Zielvorstellungen unserer Organisation darzustellen. Der große Andrang sowie das wachsende Interesse von jungen Menschen an politischen Themen war deutlich zu spüren. Eine Wiederholung des IG BAU-Engagements bei der nächsten „Job-Meile“? Keine Frage.

4.7. Straßentheater: Beschäftigtenrechte unterm Hammer Ein Team aus ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen der Region Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen hat sich eine ganz besondere Aktion einfallen lassen: „Kaufen Sie nicht die Katze im Sack“, lautete das Motto einer Flashmob-Aktion.

TTIP gefährdet faire Löhne Verkleidet als Richter und Angeklagte führten die Kolleginnen und Kollegen in Gera, Leipzig und Suhl Straßen­ theater gegen TTIP durch. Das „Transatlantic Trade and Investment Partnership“ soll den Abbau von Zöllen und Handelshemmnissen regeln und so zwischen der EU und den USA den größten Wirtschaftsraum der Welt schaffen.

Die IG BAU im Gespräch mit Interessierten auf der „JobMeile“ in Neumarkt in der Oberpfalz

Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften waren 2016 auf der erstmals stattfindenden „Job-Meile“ in Neumarkt in der Oberpfalz vertreten. Auch die IG BAU war mit dem Bezirksvorstand Oberpfalz und einigen betrieblichen Funktionären dabei. Die Open-Air-Messe war unserer Organisation eine wich­tige Angelegenheit. Zwei der großen bayerischen Baufirmen haben ihren Sitz in der Messeregion. Vorgestellt wurden deshalb die verschiedensten Berufe aus der Bau­wirtschaft sowie aus anderen Branchen der IG BAU. Im Sinne eines gemeinsamen, sozialpartnerschaftlichen Handelns sollte die Messe genutzt werden, um die Nach62

Mit kurzen komödiantischen, aber durchaus ernstzu­ nehmend inszenierten Gerichtsverfahren haben die Kolleginnen und Kollegen auf die Gefahren durch externe Schiedsgerichte hingewiesen. Zum Beispiel wurde über die Anhebung des Mindestlohnes verhandelt, aber auch über die Forderung, gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu bezahlen. Doch diese Anträge wurden im Interesse des Investorenschutzes, wie ihn TTIP vorsieht, abgelehnt.

Gemeinsam TTIP verhindern Die Aktion hat ihr Ziel erreicht: Die Gefahren, die von TTIP ausgehen, wurden deutlich, die Bevölkerung erhielt eine erfrischend aktivistische Sichtweise auf das Thema. Das Straßentheater unserer Kolleginnen und Kollegen gehört damit zu vielen weiteren Aktivitäten der Gewerkschaften und zivilgesellschaftlicher Gruppen, die den politischen Druck auf TTIP erhöht haben. „Gemeinsam sind wir mehr!“, das hat auch unser Flashmob gezeigt.


„Quality-Time“ für IG BAU-Papas mit ihren Kindern an der Thülsfelder Talsperre in Niedersachsen

4.8. IG BAU Vater-KindWochenende: „Wir machen mit“ Bereits zum fünften Mal in Folge hat die IG BAU-Region Weser-Ems das Vater-Kind-Wochenende veranstaltet. Das Ereignis bietet unseren Kollegen am Bau die Ge­ legen­heit, mit ihren Kindern eine besondere Zeit zu verbringen. Wie im letzten Jahr fand das Vater-Kind-­ Wochenende wieder an der Thülsfelder Talsperre statt.

Mitglieder der IG BAU fordern einen Sozialtarifvertrag bei Xervon.

Die Xervon BWE GmbH wurde 2013 ohne Gewinnabführungsvertrag selbstständig, nun sollte sie einfach zugemacht werden. Das Ganze ohne Sozialplan und Abfindungen.

Mit der Aktion verbunden waren gemeinsame Spiele, ein großer Abenteuerspielplatz, die familienfreundliche Jugendherberge mit Sportplatz und Indianertipi, Minigolf oder eine Kutschfahrt. Spaß und Abenteuer kamen nicht zu kurz; für klein und groß war etwas Passendes dabei.

Beschäftigte lassen sich nicht abspeisen

Die Veranstaltung wurde durch DIE FALKEN unter­ stützt. Ebenfalls vor Ort: die SOKA-BAU, die mit den neuesten Informationen rund um Leistungen für Arbeit­ nehmerinnen und Arbeitnehmer der Bauwirtschaft ausgestattet war.

Das wollten Belegschaft und Betriebsrat nicht hin­ nehmen und schalteten die IG BAU ein. Schon während der ersten Gespräche machten die Beschäftigten ihren Widerstand mit Transparenten auf dem Werksgelände sichtbar – und legten so den Grundstein für erfolgreiche Gespräche.

4.9. Mitgliedschaft zahlt sich aus

„Dass der Betrieb angeschlagen ist, wussten wir“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Manfred Tauscher. „Denn es besteht bereits seit 2014 ein Sanierungstarifvertrag. Aber jetzt ohne einen Cent vor die Tür gesetzt zu werden, wäre eine Unverschämtheit gewesen.“

Die Beschäftigten von Xervon sollten von ihrer Geschäftsleitung ein Weihnachtsgeschenk der negativen Art erhalten. Das Unternehmen, das zur Remondis Gruppe gehört, gab Anfang Dezember 2016 bekannt, dass die Xervon Bauwerkserhaltung GmbH in Langenfeld geschlossen wird. 177 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten zum Jahresende die Kündigung erhalten.

Sozialtarifvertrag für IG BAU-Mitglieder Die Arbeitsplätze konnten leider nicht erhalten werden. Doch es gab einen Lichtblick: Es wurde ein Sozialplan mit einem Gesamtvolumen von circa drei Millionen Euro ausgehandelt. Das Besondere daran: ein Sozialtarifvertrag, von dem nur die Gewerkschaftsmitglieder profitieren. 63


Bernhard ja nicht als Betriebsratsvorsitzender auf die Welt gekommen und deshalb froh, eine „alte Häsin“ wie Ute als Patin zu haben.

Mit großem Engagement der Mitglieder und dem Verhandlungsgeschick der Regionalleitung der IG BAU ist es gelungen, 350.000 Euro exklusiv für die IG BAU-Mitglieder zu vereinbaren. An diesem Beispiel wird deutlich: Mitgliedschaft zahlt sich aus. In diesem Fall sogar doppelt: durch den erstrittenen Sozialplan und den Bonus für IG BAU-Mitglieder.

4.10. Betriebsratsvorsitz- ende übernimmt Patenschaft „Den kann ich doch mitbetreuen!“, sprudelt es aus Utes Langenbahn heraus. Als Betriebsratsvorsitzende der UKS-Service GmbH hatte sie soeben von ihrem Branchensekretär erfahren, dass in der ortsansässigen Firma Celesta Gebäudereinigung ein Betriebsrat gewählt wurde. Die Idee wurde aufgegriffen, und so hoben Langenbahn und Thomas Kreten, ihr zuständiger Branchensekretär, die Betriebsratspatenschaft für Celesta aus der Taufe.

„Probleme der Mitarbeiter_innen wurden ignoriert“ Natürlich musste das „Patenkind“ auch eingeweiht wer­ den. Ein Treffen mit Bernhard Kullmann, BR-Vorsitzender von Celesta, wurde organisiert. Bernhard erzählte, wie es zur Gründung des Betriebsrates kam: „Nicht alles, was tariflich festgeschrieben ist, wurde in unserer Firma 1:1 umgesetzt. Vor allem das zusätzliche Urlaubsgeld wurde selbst Gewerkschaftsmitgliedern beharrlich verweigert. Probleme der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden ignoriert.“ „Ich habe mich schon als Objektleiter für meine Leute eingesetzt,“ so Bernhard weiter. „Nachdem ich mich an die Gewerkschaft gewandt hatte, ging es auch sehr schnell mit dem Betriebsrat.“ Im Laufe des Gespräches stellte sich dann heraus, dass Ute und Bernhard viele Gemeinsamkeiten bei den betrieblichen Problemen haben. „Das ist bei uns auch so“, gab es von Ute des Öfteren zu hören und Bernhard lauschte gespannt, wie Ute mit den Problemen so umgeht. Er war begeistert von der Idee, als neugewählten Betriebsrat eine Patin zu bekommen. Schließlich ist 64

Patenschaft hat sich bewährt Auch Thomas Kreten als zuständiger Gewerkschafts­ sekretär fand die Idee toll. „Wenn ein Betriebsrat einem anderen Betriebsrat Ratschläge gibt, sind das Ratschläge aus der Praxis und manchmal besser als die theoretischen Lösungsansätze eines Gewerkschaftssekretärs.“

Die Patenschaft hat sich bewährt Bernhard und Ute stehen in regelmäßigen Kontakt. Sie profitieren gegenseitig von ihren Erfahrungen. Bernhard ist seit einiger Zeit auch Mitglied in der Bezirksfachgruppe der Gebäudereinigung, in der Ute Fachgruppenvorsitzende ist. Betriebsratsarbeit macht Spaß. Darin sind sich Ute, Bernhard und Thomas einig. Und auch was die Gewerkschaftsarbeit angeht, ertönt es im Dreiklang: „IG BAU – die tun was“.

4.11. „Clean Flight“ am Frankfurter Flughafen Der Frankfurter Flughafen ist einer der großen Arbeitgeber in der Bundesrepublik. Eine Reihe der dort tätigen Betriebe, mit circa 6.000 überwiegend in der Reinigung beschäftigten Menschen, gehört dem Organisationsbereich der IG BAU an. Für das neu formierte Team Dienstleistung war dies Grund genug, sich 2014 die Sache genauer anzusehen. Die Bestandsaufnahme war kritisch. Die IG BAU hatte ein schlechtes Image, sinkende Mitgliedszahlen und überwiegend unzufriedene Mitglieder.

IG BAU startet Imagekampagne Nach einer auf mehrere Monate angelegten Recherche konnten wir die Betriebe und Betriebsbereiche systematisch gliedern und erkannten weitere Organisationsbereiche wie Facility Management, Multitechnik und Bodendienstleistungen. Ohne zusätzliches Personal oder Geldmittel beschloss das Team, neben seiner Alltagsarbeit eine Imagekampagne durchzuführen. Dabei wurden die Instrumente der Betriebserschließung konsequent genutzt. Vor Ort und im Gewerkschaftshaus Frankfurt wurden Aktivenschulungen durchgeführt. Mit


Die IG BAU überzeugt die Beschäftigten auf dem Flughafen Frankfurt von ihren Qualitäten.

Die IG BAU demonstriert 2015 für faire Arbeitsbedingungen in der Sindelfinger Innenstadt.

Hilfe neuer Aktiver konnten die Beschäftigten mit Organizing-Techniken ihre Interessen wirkungsvoll vertreten. So konnten ohne weitere rechtliche Mittel rund 80 bereits ausgesprochene Kündigungen verhindert werden. Für die Offensive erhielten wir Unterstützung von Parteien, Verbänden und Medien. Die Aktivitäten wurden auf einer facebook-Seite dokumentiert.

den sowie Passantinnen und Passanten angesprochen und eingebunden. Sie durften den Parcours eines Büros auf Zeit reinigen und sich so mit dem Leistungsdruck der Gebäudereinigerinnen und -reiniger auseinander­ setzen.

Systematische Gewerkschaftsarbeit bringt überzeugende Ergebnisse Zu Beginn der Kampagne im Frühjahr 2014 waren circa 600 Mitgliedern bei uns organisiert. Ende 2016 waren es circa 1.100 Mitglieder. Dies entspricht einem Mitgliederplus von 76 Prozent mit einer bis heute steigenden Zahl. Wir haben uns deshalb entschlossen, die Kampagne in die Linienarbeit zu überführen. Auch wenn nicht alles gelungen ist, wurde eines klar: Zur aktivierenden Gewerkschaftsarbeit gibt es keine Alternative.

4.12. Sichtbar werden! Keine Veranstaltung ohne Außenwirkung

An der Aktion beteiligten sich auch Betriebsräte der Metallindustrie und der katholischen Betriebsseelsorge, wodurch sich eine stärkere Zusammenarbeit für die Interessen der Kolleginnen und Kollegen in der Branche entwickelte. Diese und weitere Aktivitäten der Bezirksverbände und der Region trugen dazu bei, dass sich die Mitgliederentwicklung verbesserte. Im Jahr 2015 konnten in der Region durch die Tarifrunde im Gebäudereiniger-Handwerk fast so viele Eintritte wie Austritte erreicht werden. In den Bezirksverbänden Nordbaden und Stuttgart konnte ein leichtes Plus im Gesamtsaldo der Mitgliederentwicklung erreicht werden. Dies ist auch zukünftig möglich, wenn sich viele Kolleginnen und Kollegen einbringen, einmischen und engagieren. In der Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamt, von Bezirksverband, Region und Bundesvorstand liegt ein wesentlicher Schlüssel für unseren Erfolg.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Regionaltages Baden-Württemberg 2015 in Sindelfingen diskutierten nicht nur intern, sondern zeigten mit einer gemeinsamen Aktion zur Tarifrunde im Gebäudereiniger-Handwerk, dass sie zu Taten schreiten. Mit Demonstration, Kundgebung und „Reinigungs­ parcours“ in der Fußgängerzone wurden die Teilnehmen65


UNSERE LEISTUNGEN

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UNSERE LEISTUNGEN

5.1. Wir schaffen Öffentlichkeit Zuverlässige Nachrichten und klare Botschaften: Die IG BAU versorgt Mitglieder, meinungsbildende Medien und eine interes­sierte Öffentlichkeit mit geprüften Inhalten und stichhaltigen Argumenten.

Pressemitteilungen, Internetmeldungen und Nachrichten in unserem Mitgliedermagazin „Der Grundstein / Der Säemann“. Unsere Berichte klären über die verschiedenen Interessenlagen einzelner Parteien auf, vergleichen sie mit unserer Haltung und geben den Beschäftigten Argumente an die Hand. So können sie sich ihre ei­ gene Meinung bilden. Wir haben eigene Vorstellungen von „fairer Arbeit“, von einer sozialen, friedlichen und ökologisch gesunden Welt. Dafür haben wir gute Begründungen. Denn wir sind an unseren Themen aus Arbeit-, Sozial- und Umweltpolitik näher dran als manche Politiker_innen oder Ökonom_innen. Über unsere Punkte informieren wir regelmäßig und aktuell. Unsere Mitglieder wissen dabei am besten, wo der Schuh drückt und was geändert werden muss. Deshalb kommen sie in Interviews und Portraits zu Wort.

Öffentlichkeit schaffen

Belegte Nachrichten und belastbare Argumente: die Öffentlichkeitsarbeit der IG BAU

Das Vertrauen in die Medien schwindet. Im Internet kursieren unzählige sogenannte Fake News oder alternative Fakten. Die Nutzerinnen und Nutzer sind deshalb oft verunsichert. Was ist richtig, was gelogen, was verzerrt?

Meinung bilden Wir informieren unsere Mitglieder und Noch-Nicht-Mitglieder dagegen mit Nachrichten, die belegt sind. Was in der Politik passiert, beobachten und bewerten wir in 66

Wichtig ist uns, dass unsere Kenntnisse, Meinungen und Ideen in die Öffentlichkeit gelangen. Nur wenn die politischen Akteure in Bund, Ländern und Gemeinden uns wahrnehmen, können wir sie von unseren guten Argumenten überzeugen. Deshalb pflegen wir den Kontakt zu Journalist_innen und Medien. Sie verbreiten Nachrichten an Millionen Empfängerinnen und Empfänger. Gerade in Zeiten, in denen viele Nebelkerzen gezündet werden, ist es wichtig, Vertrauen aufzubauen. Wir informieren die Redaktionen deshalb regelmäßig in Pressegesprächen über unsere Positionen. Redaktionsbesuche und Hintergrundtreffen ermöglichen es, in die Details unserer Analysen zu gehen. So werden unsere Forderungen klar und für Leserinnen und Leser verständlich in der Berichterstattung aufgenommen. Pressemitteilungen vervollständigen unser Angebot an die Redaktionen.


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UNSERE LEISTUNGEN Wir informieren über unsere Aktionen, Tarifverhandlungen oder kommentieren aktuelle Nachrichten. Das Berliner Pressebüro „Röhr & Wenzel“ unterstützt unsere Öffentlichkeitsarbeit auf lokaler Ebene. Insgesamt er­ reichen wir so Medien auf Bundes- und Regionalebene.

Gut aufgestellt im World Wide Web Als Schnellboot unserer Berichterstattung dienen unsere Webseite und die sozialen Medien. Hier verbreiten wir Fotos, Videos und Berichte von Aktionen unserer Mit­glieder ebenso wie Zitate und Kommentare. Ein wöchentlicher Newsletter fasst die wichtigsten Mel­ dungen zusammen. Bezirksverbände können ihre eigene Homepage im Rahmen unseres Online-Auftritts gestalten. Damit erreichen sie zielgenau die Mitglieder in ihrem Umfeld.

Mitgliederbereich auf www.igbau.de Die IG BAU will ihren Mitgliedern die Möglichkeit geben, sich interaktiv zu beteiligen. Hierzu wurden im Mitgliederbereich der Homepage entsprechende Möglichkeiten geschaffen. Im Infopool erhalten die Mitglieder eine Fülle von Informationen und Arbeitshilfen zu politischen Themen und Kampagnen. Ein Blog bietet allen registrierten Mitgliedern die Möglichkeiten, selbst Artikel, Bilder und Filme einzustellen.

5.2. Rechtsschutz hilft Die Mitglieder der IG BAU können sich mit dem hauseigenen Rechtsschutz und der DGB Rechtsschutz-GmbH auf kompetente Unterstützung bei Rechtsstreitigkeiten verlassen. Vor allem Kolleginnen und Kollegen aus der Gebäudereinigung sind oft auf rechtliche Unterstützung angewiesen. Seit 2007 werden im Rahmen der neuen Strukturen der IG BAU die Rechtsschutzbeauftragten der Organisation regelmäßig qualifiziert. Neben jährlich zwei regionalen Tageschulungen für Rechtsschutzbeauftragte wurden bundesweite Vertiefungsseminare für Rechtsschutzbeauftragte angeboten, um die Beratungsqualität im Rechtsschutz auf einem hohen Niveau zu halten.

Rechte der Beschäftigten verteidigt und ausgebaut Eine bedeutsame Entscheidung konnte 2016 im Bereich des Rahmentarifvertrages der Gebäudereinigung vor dem Bundesarbeitsgericht erwirkt werden. Das Bunde68

arbeitsgericht hat die Rechte von Beschäftigten, die in der Schulreinigung tätig sind, erheblich gestärkt. Es legte strenge Maßstäbe an die Wirksamkeit der Ruhensvereinbarung. Die IG BAU wehrte Versuche von Arbeitgebern gerichtlich ab, die darauf abzielten, Gewerkschaftsrechte einzuschränken. So hat das Arbeitsgericht Gelsenkirchen in einer bundesweit beachteten Entscheidung eine Prämie für rechtswidrig erklärt, die ein Arbeitgeber für einen Gewerkschaftsaustritt ausgelobt hatte.

DGB-Rechtsschutz-GmbH: Verlässliche Partnerin bei Rechtsstreitigkeiten Die Zusammenarbeit mit der DGB-Rechtsschutz-GmbH verlief erneut erfolgreich. 68.607 Mitglieder wurden vor den Arbeits-, Sozial- und Verwaltungsgerichten durch die DGB-Rechtsschutz-GmbH vertreten. 37.889 Klagen mussten vor dem Arbeitsgericht erhoben werden: Beson­ders oft haben Kolleginnen und Kollegen aus der Gebäudereinigung den gewerkschaftlichen Rechtsschutz in Anspruch genommen. Die hohe Qualität des Rechtsschutzes war dabei ein starkes Argument, um neue Mitglieder in der Gebäudereinigung zu gewinnen. Vor dem Sozialgericht klagten 30.334 Mitglieder. Insgesamt wurde mit Hilfe des DGB-Rechtsschutzes ein Erfolgswert von 80,6 Millionen Euro erzielt. Diese hohe Zahl belegt die Bedeutung des gewerkschaftlichen Rechtsschutzes für unsere Mitglieder und den Stellenwert, der ihm in unserer IG BAU beigemessen wird. Seitens der DGB-Rechtsschutz-GmbH wurde erneut die fachliche Zuarbeit – insbesondere bei den Geltendmachungen – durch die Rechtsschutzbeauftragten und Rechtsschutzverantwortlichen gewürdigt.

5.3. Bildungsarbeit der IG BAU Rechtliche Grundlagen und betriebliche Praxis sind gleichermaßen Bestandteil des gewerkschaftlichen Bildungskanons. Beides ist nötig, um „faire Arbeit“ in den Betrieben durchzusetzen. Das Bildungswerk Steinbach e. V. und seine Bildungsstätte bieten optimale Schulungsmöglichkeiten für die Haupt- und Ehrenamtlichen der IG BAU. Bereits seit 1992 ist die Bildungsstätte Steinbach die zentrale Bildungseinrichtung der IG BAU. Zentral und ruhig im Rhein-Main-Gebiet gelegen, ist sie Begegnungsstätte,


Bildung in schöner Umgebung: die IG BAU-Bildungsstätte Steinbach

modernes Tagungshaus und der zentrale Ort unserer Bildungsarbeit. Zu ihren Gästen zählen die Aktiven der IG BAU, aber auch andere Gewerkschaften, befreundete Organisationen, Betriebsratsgremien, Parteien und Stiftungen. Das Bildungswerk Steinbach e.V. fördert seit seiner Gründung 2001 die staatsbürgerliche, berufliche und wirtschaftliche Bildung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

Breites Angebot und viele Interessierte Mit ihrer Bildungsarbeit unterstützt die IG BAU aktive Mitglieder, Jugend- und Auszubildendenvertretungen (JAV), Betriebsräte (BR) und andere betriebliche Gremien bei ihren Aufgaben. Zu unseren Angeboten gehören: Der Betriebsrat „vor“ und „nach“ der Wahl, Schulungen zum Arbeitsrecht, Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie Branchenseminare. Selbstverständlich sind für uns die Grundlagen- und Aufbauschulungen zum Betriebsverfassungsgesetz. Neben der Vermittlung von rechtlichen Grundlagen steht dabei immer die Entwicklung von Um­setzungsmöglichkeiten für die betriebliche Praxis im Vordergrund. Egal ob Betriebsrat, Gesamt- oder Konzernbetriebsrat oder Wirtschaftsausschuss: Um möglichst viele Interessierte anzusprechen, können „eigene“ Seminare bei der IG BAU bestellt werden – als sogenannte „Inhouse“ -Schulung. Ein maßgeschneidertes, firmenbezogenes Angebot.

Zukunft gestalten – Steinbach modernisiert! Der Druck auf dem Bildungsmarkt ist in den vergangenen Jahren weiter angestiegen. Die IG BAU reagierte mit einem Organisationsentwicklungsprozess, die Bildungsarbeit und Bildungsstätte auf diese Herausfor-

derungen vorzubereiten. Ziel ist dabei, aus der Bildungsstätte ein Tagungs- und Kongresszentrum der IG BAU zu entwickeln. Die Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen sind bereits in großen Teilen abgeschlossen – leistungsstarkes W-LAN, Flachbildfernseher und neue Betten gehören dazu. Damit wurde eine deutliche Verbesserung des Qualitätsstandards für die Gäste erzielt. Die Reinigung und Küche wurden wieder eingegliedert, was zu einer erheblichen Kostensenkung der Dienstleistungen im Allgemeinen beigetragen hat. Offensives Telefonmarketing bei unseren Betriebsrätinnen hat zur deutlichen Zunahme von Betriebsratsseminaren geführt. Die Einbindung von Teamerinnen und Teamern in den Seminarbetrieb schafft eine zusätzliche Auslastung der Seminare. Gerade die rund 50 Teamerinnen und Teamer sind treibender Motor der Bildungsarbeit. Das Defizit der Bildungsstätte konnte von 1,8 Millionen Euro im Jahr 2012 auf 340.000 Euro im Jahre 2016 verringert werden. Seit August 2015 wird der Leerstand von Zimmern über die Portale von HRS und booking.com verwaltet. Die Auslastung der Bildungsstätte verbesserte sich damit von 43 Prozent auf 68 Prozent.

5.4. Das GFW – Gemeinnütziges Förderungswerk

Das GFW wurde 1994 mit dem Ziel gegründet, gemeinnützige Projekte und nutzbringende Dienstleistungen für die Mitglieder der IG BAU miteinander zu verbinden. Leistungen wie Unfall- und Sterbegeld werden mitgliedernah und kostengünstig angeboten und von den fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des GFW verwaltet. Überschüsse fließen in gemeinnützige Projekte. Hierbei stehen neben dem Arbeits- und Gesundheitsschutz umwelt- und gesellschaftspolitische Themen im Vordergrund.

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UNSERE LEISTUNGEN Darüber hinaus sind internationale Verständigung, Inte­ grationsarbeit und Bildung weitere Schwerpunkte der ge­meinnützigen Arbeit, die in entsprechenden Projekten realisiert werden. Mitgliedernahe Leistungen und ihre individuelle Betreuung durch ein qualifiziertes Team begleiten die Arbeit der IG Bauen-Agrar-Umwelt und ergänzen die Zusatzleistungen unserer Gewerkschaft.

5.5. Hilfen für Bedürftige durch die Stiftung Berufshilfe

In den 54 Jahren ihres Bestehens hat die Stiftung Berufshilfe an über 16.000 Waisen fast 24 Millionen Euro gezahlt. Darüber hinaus fördert sie gezielt Maßnahmen der beruflichen Bildung aus dem Organisationsbereich der IG BAU. Wir helfen nicht nur unseren Mitgliedern, sondern auch deren Angehörigen in der Not. Mit unserer „Stiftung Berufshilfe“ fördern wir die Ausbildung von Töchtern und Söhnen verstorbener IG BAU-Mitglieder. Wir wollen damit sicherstellen, dass sie auch nach dem Tod ihres Vaters oder ihrer Mutter ihre Ausbildung – ob Schule, Studium oder Berufsausbildung – erfolgreich fortführen können.

Teilhabe der Kinder sichern Die von uns geförderten Schülerinnen, Schüler und Auszubildenden erhalten jährliche Ausbildungsbeihilfen, die Studierenden bekommen ein monatliches Stipendium in Form eines Büchergeldes. Ihre Höhe orientiert sich an den tatsächlichen Ausbildungskosten und dem Einkom­ men der verbliebenen Elternteile. Daneben können sie Zuschüsse für besondere Aufwendungen erhalten, zum Beispiel für Klassenfahrten, die zum Teil mehrere hun­ dert Euro kosten. Wir wollen nicht, dass die von uns geförderten Kinder bei solchen Gemeinschaftsaktivitäten zu Hause bleiben müssen, nur weil sie die Teilnahme­ gebühr nicht aufbringen können. Die Ausbildungsbeihilfen und Stipendien werden in der Regel zusätzlich zu Renten, Kindergeld, BAföG, Ausbildungsvergütung oder Unterhaltsgeld als Zuschuss gewährt und müssen nicht zurückgezahlt werden. 70

Ein Beispiel: Lutz, Zimmerer, starb im Alter von 33 Jah­ ren. Seine drei Kinder waren damals 13, 11 und 8 Jahre alt. Die älteste Tochter besuchte das Gymnasium und hat anschließend eine Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin absolviert. Die mittlere Tochter hat nach dem Abitur ein Studium an einer Fachhochschule als Verwaltungsfachwirtin absolviert. Der jüngste Sohn ist in einer Ausbildung zum Verfahrensmechaniker. Die Familie erhielt bisher von der Stiftung Berufshilfe über 11.800 Euro.

Zuwendungen für die bayerische Bauwirtschaft Seit 2009 hat die Stiftung Berufshilfe zweckgebundene Zuwendungen der Gemeinnützigen Urlaubskasse des Bayerischen Baugewerbes e.V. erhalten. Diese Zuwendungen sollen ausschließlich zur Unterstützung der Ausbildung bedürftiger Waisen aus dem Bereich der Bauwirtschaft im Bundesland Bayern und für gezielte Maßnahmen auf dem Gebiet der beruflichen Bildung für Beschäftigte aus der Bauwirtschaft in Bayern verwendet werden. Die Stiftung finanziert sich aus Zinserträgen des angelegten Stiftungskapitals und aus Spenden. Sie nimmt für die Förderung der Waisen keine öffentlichen Gelder in Anspruch.

5.6. Ohne Dein Plus! fehlt Dir was! Die Mitglieder der IG BAU profitieren nicht nur von den gewerkschaftlichen Leistungen rund um die Arbeitswelt. Bereits seit 18 Jahren haben sie auch exklusiven Zugang zu Beratung, Vorsorgemöglichkeiten und Dienstleistungen der Dein Plus GmbH zu günstigen und fairen Konditionen. IG BAU-Mitglieder haben es einfach besser. Sie können für sich und ihre Familie zusätzlich Geld sparen und Vorteile genießen. Dazu arbeitet die Dein Plus GmbH mit leistungsstarken Partnern zusammen. Die Gesellschaft wird getragen von der Generali Versicherung AG, der DBV Deutsche Beamtenversicherung, eine Marke der AXA Konzern AG sowie der Wüstenrot Bausparkasse AG. Dadurch ist der Mitgliedervorteil zusammen mit weiteren namhaften Kooperationspartnern von der IG BAU finanziell unabhängig. Es werden keine Mitgliedsbeiträge verwendet. Ohne die Zustimmung der IG BAU wird keine Veränderung der Produktpalette vorgenommen. Von Versicherungen, Bank- und Bauspar-


ten der Partner, von der IG BAU, dem ServiceCenter facts, der Webagentur H+R Marketing Consulting und bei einer Vielzahl von Aktionen von der Werbeagentur Zimmermann.

5.7. facts – die schnelle und kompetente Mitgliederhotline n schöner Kluft: Kollegen vor Dein Plus!-Plakat auf dem Sunrise Festival 2016 in Steinbach

produkten bis zu Konzerttickets und Veranstaltungs­ highlights, von Reisen bis zu PKW-Angeboten und Zube­hör, von Lohnsteuerhilfe bis Mieterberatung – die Angebote der Dein Plus-Partner umfassen viele Belange des täglichen Lebens. Sie bringen Vorteile mit einem guten Preis-/ Leistungsverhältnis, attraktiven und fairen Konditionen, hoher Beratungsqualität, gewissenhaftem Daten-­ schutz und wirksamen Qualitäts- und Beschwerdemanagement.

Schon seit 1999 zusätzliche gewerkschaftliche Mitgliedervorteile Seit 1999 bietet Dein Plus! zusätzliche gewerkschaftliche Mitgliedervorteile, wichtige Beratungsleistungen, vorteilhafte Vorsorgemöglichkeiten, nützliche Angebote für Freizeit, Erholung und Einkaufen, einen Zusatznutzen für Mitglieder und ihre Familienangehörigen, vielfältige Möglichkeiten zur finanziellen Entlastung, zum Schutz und zur Absicherung, aber auch exklusive Gruppenangebote. Mit Stolz blicken wir auf die nunmehr 18-jährige Tätigkeit zurück. In dieser Zeit haben sehr viele IG BAUMitglieder die besonderen Angebote genutzt.

Die IG BAU setzt mit ihrem Service-Center seit 2002 Standards in der Mitgliederbetreuung in der Gewerkschaftsbewegung. Ein starkes und gut ausgebildetes Team gibt sachkundige Auskünfte und hilft Gewerkschaftsmitgliedern schnell und kompetent. An Werktagen von Montag bis Freitag zwischen 7:00 Uhr und 20:00 Uhr und an Samstagen zwischen 9:00 Uhr und 16:00 Uhr ist die telefonische Betreuung aller IG BAU-Mitglieder entweder durch das Mitgliederbüro oder im Hintergrund durch das zentrale Service-Center sichergestellt. Etwa 80 Prozent der im Service-Center eingehenden Fragen können hier bereits abschließend bearbeitet werden. Neben der Beratung von Mitgliedern werden Kontaktdaten gepflegt, Tarifverträge und Infomaterial versandt. In den letzten vier Jahren wurden rund 1,7 Millionen Anrufe von facts bearbeitet. Neben der IG BAU gehören ver.di, der EVG, die IG BCE sowie zwei Krankenkassen und weitere Einrichtungen aus dem DGB-Bereich zu den Kunden von facts. Das Service-Center hat 260.000 Anrufe von Kolleginnen und Kollegen der IG BAU im Rahmen des IG BAU-Centers entgegengenommen und bearbeitet.

Über die vielen Pluspunkte für IG BAU-Mitglieder wird in der Mitgliederzeitschrift “Der Grundstein/Der Säemann”, auf unseren Veranstaltungen, aber auch auf einer Website informiert. Dort kann zudem der Newsletter „PLUS-Post“ abonniert werden, der regelmäßig über Aktuelles, Preis- und Produktvorteile, Rabatte und zusätzliche Serviceleistungen auf dem Laufenden hält. Die Geschäftsstelle befindet sich in Frankfurt am Main. Hier sind die Ansprechpartner, wenn es um die Gesellschaft, die Vermittlung von Vorteilen, um Informationsmaterial, das Qualitäts- und Beschwerdemanagement, aber auch um Termin- und Veranstaltungsplanungen geht. Unterstützt wird Dein Plus! von den BeauftragMitglieder der IG BAu können sich auf eine kompetente Beratung verlassen.

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UNSERE LEISTUNGEN

Durch facts bearbeitete Anrufe von 2013-2016 Anrufe: 400000

Anrufe: 350000

Anrufe: 300000

Anrufe: 250000

Anrufe: 200000

Anrufe: 150000

2013

2014

IG BAU

Im Dienst der IG BAU Rund 60 Telefonberaterinnen und -berater informierten über Tariflohn, Arbeitslosengeld, nahmen Änderungen in den Kontaktdaten vor und hatten für eine Vielzahl weiterer Fragen und Nöten eine passende Antwort. Zu den Leistungen gehört auch die Erstberatung bei Kündigungen, nicht erhaltenem Arbeitslohn oder ablehnenden Bescheiden der Sozialversicherung. Wesentliche Informationen wurden festgehalten und stehen den Mitgliederbüros mit Hilfe einer eigens entwickelten Softwarelösung zur Verfügung. Die Mitgliederbüros der IG BAU wurden dadurch entlastet und können sich so stärker auf persönliche Mitgliederkontakte konzentrieren. Eine Reihe von Aufgaben wurde in den letzten Jahren von facts in die Bezirksverbände zurückverlagert. Die zentrale E-Mailbearbeitung der Anfragen über die Home72

2015

379.000

54.000

397.000

54.000

321.000

66.000

Anrufe: 0

344.000

Anrufe: 50000

84.000

Anrufe: 100000

2016

weitere Kunden

page der IG BAU wurde durch dezentrale Bearbeitung ersetzt. facts hat sich 2016 zudem wieder stärker bei der Kündigerrückholung eingebracht.

Mindestlohnhotline Seit 2015 steht die Mindestlohnhotline für den DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften. Die Hotline wird von Betroffenen stark nachgefragt und rief großes mediales Interesse hervor: Rundfunk, Fernsehen, Print- und Onlinemedien waren bei facts vor Ort.


Ein Foto aus der Urlaubsrealität für Gewerkschaftsmitglieder. Ste. Maxime, Frankreich. © Andrè Clausen

5.8. GEW Ferien GmbH Für das ehemalige Gemeinnützige Erholungswerk e.V. (GEW) war 2016 das erste komplette Geschäftsjahr als GEW Ferien GmbH. Das GEW bietet Mitgliedern der IG BAU und der anderen DGB-Gewerkschaften günstigen Urlaub an. Mit der Öffnung der Urlaubsangebote 2015 für den touristischen Markt wurde der potenzielle Nachfragemarkt erweitert. Die GEW Ferien GmbH verfügt mit den vom Gemeinnützigen Erholungswerk e. V. übernommenen Hotels und Ferienzentren über Standorte in den schönsten Urlaubsregionen Deutschlands, Österreichs und Frankreichs. Der Reisemarkt verändert sich und ebenso die Ansprüche der Kunden. Für unser Angebot relevante Erkenntnisse bekommen wir aus den Gästebeurteilungen und der Nachfrage beziehungsweise der Auslastung von bestimmten Ferienzielen zu bestimmten Zeiten. Wir werden hier weiterhin auf Handlungs- und Investitionsbedarf reagieren, um attraktiv zu bleiben. In der heutigen Zeit ist erfolgreiches Marketing besonders wichtig. Deshalb verbessern und intensivieren wir unsere Marketingaktivitäten im Bereich der IG BAU kontinuierlich. Darüber hinaus arbeiten wir daran, unsere Angebote auch in anderen DGB-Gewerkschaften bekannt zu machen. Der rabattierte Preis für Mitglieder gilt unverändert.

Die größte Herausforderung ist es, uns als neuen kompetenten Anbieter auf dem touristischen Markt zu behaupten. Marketing- und Preiskonzepte wurden in Abstimmung mit einem Beratungsunternehmen seit 2015 sukzessive umgesetzt. Dazu gehören auch InternetAuftritte, Buchungsportale, Kooperationen, Messebesuche. Neue Maßnahmen müssen konsequent über Jahre beibehalten werden, um nachhaltig erfolgreich wirken können. Kurzfristig haben wir schon deutliche Erfolge bei Übernachtungen und Umsätzen im touristischen Markt erzielt. Der Gewerkschaftsmarkt ist für uns eine stabile Umsatzbasis, aber nicht mehr allein für ein wirtschaftliches Überleben ausreichend. Mit dem touristischen Markt konnten wir den Umsatz erfreulicherweise um über 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr steigern. Beide Marktbereiche zusammen erbrachten eine Umsatzsteigerung von ca.724.000 Euro und haben somit ein deutliches Signal in Richtung Wachstum gesetzt. Optimierungen der Kostenstrukturen können selten kurzfristig erreicht werden. So haben sich Instandhaltungen, Fremdleistungen, aber auch Abschreibungen teilweise deutlich erhöht. Auch hat sich das Ergebnis aus Finanzanlagen und Beteiligungen wegen der Finanzmarktlage weiter verschlechtert.

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Solidarisch einkaufen mit Sabine Katzsche-Döring (links) vom Peco-Institut und Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, auf der Woche der Umwelt in Berlin 2013.

5.9. Produzieren, beschaffen, bereitstellen Fair angeschafft, kreativ konzipiert und zuverlässig umgesetzt – das zeichnet die Arbeit der Zentralen Dienste der IG BAU aus. Sie sorgen dafür, dass bei der IG BAU das Material nicht ausgeht. Die IG BAU leistet ihren Beitrag zu einem solidarischen Miteinander. Das spiegelt sich auch in ihrer Beschaffungspolitik wider. Im Rahmen des Projekts „Solidarisch Einkaufen“ wurden Standards für Produkte der IG BAU definiert. Am Ende stand ein Ampelsystem für jedes Produkt im internen „Webshop“. Die Kriterien, nach denen bewertet wurde: Nachhaltigkeit, Sozialverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit.

„Solidarisch Einkaufen“ Die IG BAU hat das Projekt „Solidarisch Einkaufen“ auf der Woche der Umwelt im Garten der Bundespräsidentenvilla in Berlin vorgestellt – und erhielt dafür viel Anerkennung und Zuspruch. Neben der Deutschen Umweltstiftung zeichnete auch der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB) „Solidarisch Einkaufen“ aus. Zudem war es ein „Projekt der Weltdekade“ der Weltdekade der Vereinten Nationen (UN).

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Rundum-Unterstützung Durch die Zentralen Dienste wurden auch Aktionen, zum Beispiel im Rahmen von Tarifverhandlungen, unterstützt. Das Angebot reichte von der Produktion von „XXL-Werkzeug“ für die Bau-Tarifrunde bis hin zur Beschaffung von Schoko-Osterhasen und Kostümen für Aktionen auf Weihnachtsmärkten. Der politische Schwerpunkt „Faire Arbeit Jetzt!“ wurde durch die Produktion eines USB-Sticks im Format eines Werkzeugkoffers unterstützt. Der Service umfasste auch Gestaltungsdienste und die Bereitstellung von druck- und onlinefähigen Dateien.

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Bild dann mit

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Die Vorbereitung und Durchführung der Organwahlen www.bildungsw der IG BAU erfordert regelmäßig ein hohes Maß an Vorbereitung. Dazu gehörten in den vergangenen Jahren nicht nur die Erstellung von Geschäftsberichten oder der rechtzeitige Versand von Einladungen und Konferenz­ unterlagen. Auch die Entwicklung eines Ausstellungskonzepts für den Gewerkschaftstag und der Betrieb einer Vor-Ort-Druckerei waren Leistungen der Zentralen Dienste. Als nach außen sichtbarste Innovation wurde das Begrüßungspaket für neue Mitglieder überarbeitet. Auf Initia­ tive der Jungen BAU wurde ein PVC-Mitgliedsausweis eingeführt. Zudem erhalten neue IG BAU-Mitglieder die wichtigsten Informationen in Form eines kompakten Mitgliederbuchs.


Wenn du denkst,

ldung ist zu teuer, versuch’s doch mal

Dummheit.

werk-steinbach.de

Bildungswerk Steinbach e.V.

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PERSONENGRUPPEN

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PERSONENGRUPPEN

6.1. Junge BAU – Gewerkschaft in Aktion Die IG BAU setzt auf die junge Generation. Um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern, brauchen wir das Engagement vieler junger Kolleginnen und Kollegen. Die Junge BAU hat sich deshalb im Rahmen von Aktionen, Veranstaltungen und Treffen engagiert, Jugendliche und junge Erwach.ene in die Gewerkschaftsarbeit einzubinden Gerade junge Beschäftige sind von den Veränderungen in der Arbeitswelt betroffen. Um den Anforderungen der jungen Generation gerecht zu werden, führte die IG BAU die Junge BAU-Kampagne „Klarmachen. Anpacken.Reinhauen.“ fort. Ziel war aber auch, den Generationenwechsel in den Jugendvorständen/Jugendgruppen und damit auch im Bundesjugendausschuss zu gestalten. Der Generationenwechsel ist uns gelungen – mittlerweile findet wieder in 25 Bezirksverbänden Jugendarbeit statt. Der Auf- und Ausbau neuer Jugendvorstände und die Bindung junger Kolleginnen und Kollegen hatte in dieser Periode Priorität.

Sunrise-Festival Das Sunrise-Festival findet alle zwei Jahre statt. Jeweils 200 Jugendliche haben an den Festivals 2014 und 2016 in Steinbach teilgenommen. Eine Mischung von Workshops und Freizeitangeboten ermöglichte den jungen Aktiven und Interessierten einen Einblick in gewerkschaftliche Arbeit. Vor dem Hintergrund der „Geflüchteten-Krise“ und in Zusammenarbeit mit der Flüchtlingsinitiative Steinbach stand das Sunrise-Festival 2016 unter dem Motto „Refugees Welcome“. Unsere aktiven Jugendlichen konnten nicht nur gewerkschaftliche Themen diskutieren, sie hatten auch die Möglichkeit etwas über Lebensgeschichten von Jugendlichen, die ihre Heimat aufgrund von Krieg und Verfolgung verlassen mussten, zu erfahren.

Strukturreform und Qualifizierung Die auf dem 21. Ordentlichen Gewerkschaftstag angestoßenen Strukturreformen der Jungen BAU wurden abgeschlossen. Statt eines Bundesjugendvorstandes setzen die

Zu unserer Zielgruppe gehören auch die zunehmend studierten Fach- und Führungskräfte in unseren Branchen. Daher wurde ein Studierendenkonzept entwickelt. Eine zweimal jährlich tagende Arbeitsgruppe junger Studierender unterstützt diesen Prozess. Um für die Fachkräfte von Morgen sichtbar zu sein, beteiligte sich die IG BAU an diversen studentischen Veranstaltungen vor Ort. Studierendenarbeit ist für uns eine Zukunftsinvestition. 76

Bundesvorstandsmitglied Carsten Burckhardt auf dem Sunrise-Festival 2014 in Steinbach


IG BAU fĂźr jede und jeden: Kolleg_innen der IGay BAU (oben), Senior_innen (links), Frauen (rechts) und Jungen BAU

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PERSONENGRUPPEN

Formate wie der KICK ON oder Seminare schaffen Foren zur Vernetzung und Diskussion.

„KICK ON“ bot sie hierzu erneut ein Forum für junge Mitglieder an.

Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV)

Die Aktiven der Jungen BAU verknüpfen Spaß mit politischem Anspruch – vor Ort und in der Branche

Es ist ein ungebrochener Trend in den JAV-fähigen Betrieben festzustellen, dass Wahlen von Jugend- und Auszubildendenvertretungen blockiert werden. Um aber die Verzahnung mit den Betrieben weiter zu forcieren, wurde die JAV-Arbeit intensiviert. Strategie dabei war, in den Wahljahren 2014 und 2016, die Wiederwahl von bestehenden JAV-Gremien in unseren Schwerpunkt­ betrieben zu unterstützen. Flankiert wurde die JAV-­ Arbeit durch eine Reihe an zentralen und dezentralen Bildungsmaßnahmen.

Keine Lust auf Nazis jungen Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter nun auf eine stärkere Basisbeteiligung durch einen Bundesjugendausschuss (BJA). Um den gewerkschaftlichen Nachwuchs zu qualifizieren, wurde die Aktivenakademie ins Leben gerufen. In dem zwölftägigen Seminar werden fundierte Kenntnisse für die politische und operative Arbeit vermittelt. Mit der Qualifizierungsreihe „Auf.BAU.“ unterstützte die IG BAU die Mitgliederwerbung und -aktivierung bis hin zur Gründung von Aktionsgruppen. In der Tarifpolitik setzte die IG BAU auf junge Themen wie zum Beispiel Ausbildungsübernahme. Mit dem

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Antifaschismus gehört zum Selbstverständnis der Jungen BAU. Anlässlich des 70. Jahrestages des Endes des Nazi­terrors beteiligte sie sich an diversen Gedenkveranstaltungen. Dazu gehörte auch eine Delegationsreise mit zahlreichen Partnerorganisationen zur zentralen Gedenkfeier der KZ-Gedenkstätte Auschwitz. Bei diversen Aktionen gegen die AfD und anderer Nazis zeigte die Junge BAU Flagge.


6.2. Kraftvoll wie eh und je – Seniorinnen und Senioren in der IG BAU Die Seniorinnen und Senioren der IG BAU mischen sowohl innerhalb der Organisation als auch in der Politik voll mit. Ihre Aktivitäten haben das Gesicht der IG BAU geprägt. 27,4 Prozent der Mitglieder der IG BAU bezogen zum 31. Dezember 2016 Rente und gehörten damit zu den Seniorinnen und Senioren der IG BAU. Viele sind nach ihrem Arbeitsleben noch in verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens aktiv und halten der IG BAU durch ihr Engagement die Treue.

Wichtiger Bestandteil in den Bezirksverbänden Die Seniorinnen und Senioren unterstützten die Gewerkschaftsarbeit in den Bezirksverbänden auf vielfältige Weise. Die politische Arbeit des Bundesseniorenvorstandes und der Bezirksseniorenvorstände konzentrierte sich auf die Themen Alterssicherung und Rente, Gesundheit und Pflege, Altersgerechtes Bauen und Wohnen, Verhinderung von Altersdiskriminierung, Interessenvertretung, Mitbestimmung, Ehrenamt und ein soziales Europa. Der Schwerpunkt der politischen Aktivitäten in den Bezirksverbänden lag auf der Fortsetzung der Aktion „Politikergespräche“. Die Seniorinnen und Senioren legten insgesamt 180 Bundestagsabgeordneten ihre Standpunkte und Forderungen dar. Große Unterstützung gab es auch für die Aktion „Faire Arbeit Jetzt!“. Hierzu fanden 250 Gespräche mit 8.500 Personen statt.

Die nun schon seit 18 Jahren durchgeführten Bundesseniorentreffen sowie Ausflüge und Diskussionsrunden erfreuen sich nach wie großer Beliebtheit. Jährlich fanden zudem mehrere Seminare in der Bildungsstätte Steinbach oder im Arbeitnehmerzentrum Königswinter statt. Die Seminare gaben den Teilnehmenden die Gelegenheit, neues Wissen zu erwerben, über die Arbeit und die Probleme vor Ort zu berichten und Anleitung für ihre Aufgaben in den Seniorenvorständen der Bezirke zu bekommen.

Arbeiten, weil die Rente nicht reicht Menschen, die im Rentenalter noch arbeiten, werden von der Politik oft als erfreulichen Beweis dafür gesehen, dass sich Seniorinnen und Senioren heute länger aktiv einbringen wollen. Die Umfrage, die unter dem Titel „Erwerbstätigkeit und Rente: Arbeiten im Alter - Chance oder Last?“ erschienen ist, relativiert dieses Bild stark. Die IG BAU hatte die Umfrage in Vorbereitung auf den 11. Deutschen Seniorentag 2015 unter den Mitgliedern im Rentenalter durchgeführt. Danach arbeitet rund jede dritte befragte Person (29 Prozent) im Rentenalter, weil die Rente nicht reicht, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. 40 Prozent der befragten Arbeitstätigen gaben an, dass die Rente nicht reicht, um den eigenen Lebensstil beizubehalten. Darauf deutet auch die Auswertung der Rentenhöhe hin. So gaben 28 Prozent der Befragten in Arbeit an, dass ihre Rente nicht mehr als 1.000 Euro beträgt. Bei den befragten nicht-­ arbeitenden Rentner_innen betrug der Anteil solcher Mini­renten 19 Prozent. Auf einer Podiumsdiskussion zum 11. Deutschen Seniorentag wurden die Ergebnisse der Umfrage diskutiert und an die Öffentlichkeit gebracht.

Breites Interesse und viel Zuspruch Die Zusammenarbeit der Seniorenvorstände in und zwischen den Regionen wurde fortgeführt. Die mehr als 50 Bezirksseniorenvorstände organisierten innerhalb der Bezirksverbände 920 politische Veranstaltungen mit rund 30.000 Teilnehmenden sowie 220 Baustellenbesuche. Auch an 450 Protestdemonstrationen mit 12.000 Teilnehmenden sowie an 370 Informationsständen waren die Seniorinnen und Senioren in den vergangenen Jahren beteiligt.

Die Seniorinnen und Senioren halten der IG BAU über das Berufsleben hinaus die Treue.

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PERSONENGRUPPEN Senior_innen bleiben am Ball Die Seniorinnen und Senioren sind bereit, auch in den kommenden Jahren ein interessantes Mitgliederleben zu organisieren. Sie wollen auf diese Weise einen wichtigen Beitrag zur Mitgliederbindung leisten. Besonders erfreulich ist, dass sich ehemalige Mitglieder der Bezirksvorstände, die nun das Rentenalter erreicht haben, entschieden haben, ihr ehrenamtliches Engagement im Seniorenbereich fortzuführen. Sie werden neue Impulse in die Seniorenarbeit einbringen.

6.3. „Wo geht es hier in die Zukunft?“ – Frauenpolitik in der IG BAU Zielgerichtet und kreativ haben die Frauen der IG BAU neue Themen in die Diskussion um die Zukunft der Organisation und der Arbeitswelt eingebracht. Nicht nur Kritik am bestehenden Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, auch Lösungsansätze standen im Vordergrund der Aktivitäten. Das Motto der Frauen: „Nach uns – die Zukunft!“

Zukunft gestalten Die IG BAU-Frauen haben ihre Zukunftsdiskussion in bundesweiten und regionalen Veranstaltungen weitergeführt. Die Kolleginnen wollten dabei nicht in der Kritik an dem gegenwärtigen Wirtschafts- und Gesellschafts­ system verharren, sondern über alternative Lösungen nachdenken. Unter den Aspekten „Arbeit, Geld, Glück, Zeit und Freiheit“ diskutierten sie die Bedürfnisse und Interessen von Beschäftigten aus Frauensicht, aber immer mit dem Blick auf Familie, Freunde und das ganze Leben. Ein Höhepunkt war die gemeinsame Zukunftskonferenz mit Vertreterinnen der Schwestergewerkschaften UNIA (Schweiz) und der Gewerkschaft Bau-Holz (Österreich) im September 2014 in Steinbach. Die Zusammenarbeit zu Zukunftsfragen wie auch zu den Themen „Zeit“ und „Wert der Arbeit“ wurde mit einer Strategietagung 2015 in Wien fortgeführt.

Aktionstage mit peppigen Mottos Zu den Themen „Die Zeit gehört uns!“ und „Faire Arbeit statt prekäre!“ haben die Frauen der IG BAU im August 2014 einen zentralen Aktionstag in Frankfurt durchgeführt. Er diente als Anregung für viele regionale Aktionen. Die 9. Ordentliche Bundesfrauenkonferenz der IG BAU 2016 hat zu dem Thema „Nach uns - die Zukunft! 80

Wie wollen wir leben?“ einstimmig ein Diskussions­ papier verabschiedet sowie Anträge zu den Themen Zukunft der IG BAU, bedingungsloses Grundeinkommen und Leistungsverdichtung an den 22. Ordentlichen Gewerkschaftstag gestellt. Frauen fordern mehr Gerechtigkeit in der Arbeitswelt Die Bundesfrauenkonferenz stand unter dem Motto der globalen Frauenkampagne der Bau-und Holzarbeiter Internationale (BHI): „Honoriert, was Frauen leisten!“. Die Frauen fordern eine vergleichbare Entlohnung von Frauen- und Männerberufen, gleiche Karrierechancen sowie die partnerschaftliche Teilung bezahlter und unbezahlter Arbeit. Wichtig ist ihnen auch, soziale Sicherung aus der Abhängigkeit von der Erwerbsarbeit zu lösen.

Seminarangebote und Öffentlichkeitsarbeit Neben Seminaren zu den politischen Schwerpunkt­ themen haben die IG BAU-Frauen Kommunikationsseminare auf Bundesebene und in einzelnen Regionen durchgeführt. Zusätzlich gab es Qualifizierungsprogramme: zur Leitung von Gruppen, zum Führen von Projekten sowie zum Aufbau strategischer Kompetenzen für Frauen in Führungspositionen.

6.4. Die IGay BAU bekennt Farbe „Mensch gleich Mensch“ – Die IGay BAU fordert Gleichbehandlung in der Gesellschaft und in der Arbeitswelt. Der bundesweite Arbeitskreis der IGay BAU hat sich halbjährlich getroffen, um Aktivitäten zu planen und zu koordinieren. Informationsmaterialien und einprägsame Werbeideen wurden auf den Treffen entwickelt. Meist waren diese verbunden mit kleineren Aktionen vor Ort.

Öffentlichkeit schaffen, Gleichbehandlung durchsetzen Der Schwerpunkt des Engagements der IGay BAU lag im Bereich Öffentlichkeitsarbeit, um bekannter zu werden und mehr aktive Mitglieder zu gewinnen. Unter dem Motto „Mensch gleich Mensch“ machte die IGay BAU ihre politischen und gesellschaftlichen Forderungen nach Gleichbehandlung deutlich und warb für Offenheit und Respekt - auch am Arbeitsplatz. Dahinter stand die Idee, gemeinsam für gleiche Rechte und Chancen einzu-


Bundesfrauenkonferenz 2016 in Steinbach (oben). Kreativ und mit starker Außenwirkung: der bundesweite Aktionstag der IG BAU-Frauen 2014 (mitte). Frech und fröhlich spaziert der „Regenbogenwurm“ der IGay BAU 2015 durch die Fuldaer Innenstadt (unten).

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treten und Mut zu machen, zu sich selbst zu stehen. Die IGay BAU unterstützte auch bei Problemen im Betrieb und bot einen vertrauensvollen Raum für Gespräche und Beratung an.

Handwerksarbeit in der IG BAU eine eigenständige Identität erarbeitet, die es nun mit Leben auszufüllen gilt. Ein Schwerpunkt wird darin bestehen, jüngere Kolleginnen und Kollegen für ein Ehrenamt im Handwerk zu gewinnen.

Aktiv gegen den Rechtsruck Die Angst, sich „zu outen“ und für die Rechte von Schwulen, Lesben, Bisexuellen, Transgender oder Inter­ sexuellen (LSBTI) offensiv aufzutreten, hat in den letzten Jahren zugenommen. Angesichts des politischen Klimas und des gesellschaftlichen Rechtsrucks gewinnt die Arbeit der IGay BAU umso mehr an Bedeutung.

6.6. Fachgruppen- und Mitgliederversammlungen Jedes Mitglied hat die Möglichkeit, Themen in die IG BAU einzubringen. Unser Forum dafür sind die Fachgruppen.

6.5. Handwerkspolitik Im März 2015 eröffnete das Bundeswirtschaftsministerium den Branchendialog Handwerk. Unternehmen, Beschäftigte, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände waren aufgerufen, über die Herausforderungen für das Handwerk in einen Dialog zu treten. Die IG BAU hat den Branchendialog mitbegründet und den gesamten Prozess aktiv begleitet. In einer gemeinsamen Resolution wurde festgehalten, welche Innovationen und Entwicklungen das Handwerk braucht, um die Herausforderungen der Zukunft zu bestehen. Deutlich wurde, dass die Zukunft des Handwerks von gut qualifizierten und entlohnten Fachkräften abhängt.

Sozialpartnerschaft stärken Die IG BAU nutzte den Dialog auch, um die Sozialpartnerschaft zu stärken. Fragen der Tarifbindung prägten die Gespräche mit den Arbeitgebern und Funktionären der Innungen. Auf politischer Ebene nutzte die IG BAU den Dialog, um Lohndumping und Unterbietungswettbewerb entgegenzuwirken. Mit den Arbeitnehmer-Vizepräsidenten der Handwerkskammern wurden Themen zur weiteren Verbesserung der Qualität der Arbeit in den Selbstverwaltungsgremien bearbeitet. Gewerkschaftliche Forderungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Rahmen der Kam­pagne „Gute Arbeit – Fairer Lohn“ fanden Eingang in die Beschlusslagen der Vollversammlungen.

„Wir können Handwerk“ Mit dem Label „Wir können Handwerk“ hat sich die

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Mitgliederversammlung 2015 im „Hotel Schildhorn“ in Berlin.

Mitglieder können in den Fachgruppen Gleichgesinnte treffen, sich über die Branche informieren und die Tarifarbeit mitgestalten. Unter dem Motto „Zukunft gestalten. Aktiv, stolz, selbstbewusst“ intensivierte die IG BAU die Fachgruppenarbeit. Als Unterstützung stellte die IG BAU den Fachgruppenvorständen Musterreferate zu dem politischen Schwerpunkt „Faire Arbeit Jetzt“ und den jeweiligen Branchenthemen zur Verfügung. Die Kontinuität der Fachgruppenarbeit hat dadurch merklich zugenommen – und damit auch die Unterstützung während der Tarifrunden.


Vielfältig, kompetent und von der Sache überzeugt – das zeichnet die Personengruppen der IG BAU aus.

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INTERNE ORGANISATION

7

INTERNE ORGANISATION

7.1. Bezirksvorsitzende

Ausgeschiedene Bezirksvorsitzende

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ROHLAND BARTELS

EUGEN BECKER

WOLFGANG BERKES

FRIEDHELM BIERKANT

BERTHOLD CLEMENZ

PETRA DEMUTH

Nord-OstNiedersachsen

GelnhausenFriedberg

Münster-Rheine

DuisburgNiederrhein

Süd-West-Pfalz

Südwürttemberg

HEINRICH ECHTERDIEK

HANS PETER ESCHWEILER

FREIDERICH FALK

CHRISTOPH FRANK

UWE HAHN

HUGO HERBURGER

OstwestfalenLippe

Köln-Bonn

Niedersachsen-Süd

Mittelfranken

Holstein

Schwaben


MANFRED BERND KALTENBRUNNER KÖNIG

STEFAN KÖNIGSBERGER

ALFRED MIRLACH

SUSANNE NEUMANN

HANS-OTTO ROHDE

RheinhessenVorderpfalz

Ostthüringen

Oberpfalz

Niederbayern

Emscher-Lippe-Aa

NordwestNiedersachsen

MANFRED SCHARON

WILHELM SCHLEE

GÜNTHER SCHMIDT

MEINRAD SCHMIDT

ERHARD STROBEL

EWALD THIEL

Mecklenburg

OsnabrückEmsland

Rhein-Main

Südbaden † verstorben

Berlin

Westfalen Mitte-Süd

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INTERNE ORGANISATION

HEINER WEBER

GERHARD WEISE

HEINZ WESSENDORF

HINRICH WITTE

DETLEF ZEIß

Saar-Trier

Altmark-BörderHarz

BochumDortmund

NiedersachsenMitte

Nord-West Sachsen

Neu- und wiedergewählte Bezirksvorsitzende

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ELKE BOBLES

INGE BOGATZKI

JÖRG BOROWSKI

ARNO CARSTENSEN

RALF ECKARDT

WOLFGANG EHLERT

Altmark-BördeHarz

Land Bremen und Umzu

Dresden

SchleswigHolstein Nord

Erfurt

OstmecklenburgVorpommern

KARL-HEINZ EHRENBERG

FRIEDRICH FELDMANN

ASTRID GEHRKE

MICHAEL GROHA

DIETER GROSSMANN

REGINA GRÜNEBERG

BraunschweigGoslar

Aachen † verstorben

Oderland

Mainfranken

Nord-Ost-Niedersachsen

Südbrandenburg

BERND GÜNTHER

DORIS HAMMES

GABRIELE HENTER

ANDREAS HERRMANN

DETLEV HOPP

MICHAEL JÄGER

Nord-West-Sachsen

Mittelhessen

BochumDortmund

Südwestsachsen

Münster-Rheine

Schwaben


DORIS JETTEN

SABINE GABRIELE KATZSCHE-DÖRING KNUE

LUTZ KOPPEHEL

PETER KÖSTER

FRIEDHELM KREFT

Düsseldorf

OstwestfalenLippe

NordwestNiedersachsen

Dessau-Bernburg

Mülheim-EssenOberhausen

Westfalen Mitte-Süd

WOLFGANG KREIS

CHRISTIAN LANG

MICHAEL MATEJKA

MATTHIAS MAURER

KLAUS MICHALAK

KARL-HEINZ MICHEL

Nordbaden

Oberpfalz

Niederbayern

Hamburg

Nordhessen

WiesbadenLimburg

MICHAEL MÜLLER

FRIEDER NEUDECK

GERALD NICKLAS

GEORG NIESSING

RALF OLSCHEWSKI

LUKAS OßWALD

Oberbayern

Ostthüringen

Oberfranken

Emscher-Lippe-Aa

Holstein

Südbaden

MIKE PAUL

MEHMET PERISAN

KARINA PFAU

FRIEDRICH PFOHL

JÖRG REPPIN

MARINA RIMKUS

Stuttgart

Köln-Bonn

DuisburgNiederrhein

OsnabrückEmsland

Mecklenburg

Süd-West-Pfalz

87


INTERNE ORGANISATION

CARLA RODRIGUES

IRIS SANTORO

WALTER SCHNEIDER

PETER SCHUBERT

MARC STEILEN

CHRISTIAN STEPHAN

Rhein-Main

Mittelfranken

KoblenzBad Kreuznach

Ostsachsen

Saar-Trier

Berlin

KARLHEINZ WENIGER

RUDI WIGGERT

HARRY WINGE

Sachsen-Anhalt Süd

Mark Brandenburg

Nordthüringen

KARLHEINZ STÖTTNER, PETRA DEKARL-OTTO MUTH, GERALD LOBER, UWE MÜLLER, WAAS STEFAN BÜCK, ROBERT SCHNEIDER GelnhausenFriedberg

Südwürttemberg

88

STEPHANIE WLODARSKI

STEPHANIE WLODARSKI

RÜDIGER WUNDERLICH

NiedersachsenMitte

NiedersachsenMitte

RheinhessenVorderpfalz


7.2. Mitglieder und Finanzen

Betriebsräte aktiv: Mitglieder gewinnen Mitglieder

Die Mitglieder sind das Rückgrat der IG BAU. Sie sind unver­ zichtbar für die Organisationsmacht, ein funktionierendes Ehren­amt und die finanzielle Ausstattung unserer Gewerkschaft. Gleichzeitig profitieren auch sie von ihrer Mitgliedschaft bei der IG BAU - durch gute Tarifverträge und zusätzliche Mit­gliedervorteile. Den Herausforderungen der Mitgliederentwicklung begegnete die IG BAU mit gezielten Maßnahmen und einem effektiven Rückholmanagement. Die Beitragseinnahmen konnten trotz des schwierigen Handlungsumfeldes fast stabil gehalten werden.

Mitgliederentwicklung Die Stabilisierung der Mitgliederzahlen ist eines der wesentlichen operativen strategischen Ziele der IG BAU. Der starke Mitgliederverlust zu Beginn dieses Jahrtausends konnte gebremst werden, doch ist es bisher nicht gelungen eine positive Mitgliederentwicklung zu erreichen. Ein erstes Zwischenziel ist den Mitgliederverlust bei den aktiv Beschäftigten – Eintritte minus Austritte – umzukehren. Hiervon ist die IG BAU in den letzten Jahren mit durchschnittlich Minus 1,3 Prozent nicht mehr weit entfernt. Die Gebäudereinigung ist bereits eine Branche mit Mitgliederplus.

Mitgliederentwicklung 362.090 310.882 276.640

Quote -4,5%

-16.727

Quote -1,5%

-4.704 -37.918 -24.149 19.445

Quote -1,3%

362.090 -3.786 -18.686 14.901 21.190

Durchschnitt: Mitglieder 2005-2008

Eintritte

Kündigerrückholung Die Gründe, weshalb Kolleginnen und Kollegen unsere Gewerkschaft verlassen, sind vielfältig. Ebenso sind es die Gründe, zu bleiben. Für die IG BAU ist jedes Mit­ glied, das zurückkehrt, ein Erfolg. Wir haben unsere Aktivitäten in den letzten Jahren daher intensiviert, um Mitglieder davon zu überzeugen, unserer Organisation treu zu bleiben. Mit beachtlichem Erfolg. Nach Eingang der Kündigung wird unser weitreichendes Kommunikationsnetzwerk aktiviert. Die Kolleginnen und Kollegen in den Mitgliederbüros spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Sie treten mit den Mitgliedern in Kontakt oder vermitteln diesen zu Sekretärinnen und Sekretären, Betriebsräten oder Ansprechpersonen im Betrieb. Die IG BAU entwickelte hierfür Gesprächsleitfäden, die zu einem erfolgreichen Abschluss der Gespräche beitrugen. Um die wichtigen Gespräche zeitlich und räumlich flexibel führen zu können, wurden die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen.

Mit den richtigen Argumenten überzeugen

21.190

21.190

Zur Unterstützung der Mitgliedergewinnung hat die IG BAU 2014 eine Kampagne gestartet: Wir haben unsere Mitglieder motiviert, neue Mitglieder zu gewinnen. Die Betriebsratsgremien wurden angesprochen, den Organisationsgrad des eigenen Gremiums zu erhöhen und Beschäftigte im Betrieb als neue Mitglieder zu werben. Über 30 Betriebsratsgremien und rund 50 ehrenamtliche Einzelwerberinnen und -werber haben sich an dieser Aktion beteiligt. Auf diese Weise verzeichneten wir bin­ nen eines Jahres einen Mitgliederzuwachs von rund 600 neuen Mitgliedern. Neben einer Reihe von Sachpreisen haben wir für die besten Werberinnen und Werber eine Reise nach Berlin verlost. Ein Betriebsratsgremium wurde mit einer Reise nach Paris belobigt.

Durchschnitt: 2009-2012

Austritte

Durchschnitt: 2013-2016

Mitglieder

Für den erfolgreichen Abschluss der Gespräche kommt es neben dem richtigen Know-how auf gute Argumente an. Wichtig ist, auf individuelle Bedürfnisse unserer Kolleginnen und Kollegen die passenden Angebote zu haben. Mit facts hatte die IG BAU ein weiteres Standbein 310.882 für die Rückgewinnung von ausgetretenen Mitgliedern. Inzwischen 276.640 werden die Beschäftigten von facts auch von anderen DGB-Gewerkschaften für die Kündigerrückholung hinzugezogen. Durch die genannten Maßnahmen gelang es der IG BAU in den vergangenen Jahren, die Erfolgsquote bei den 89

Mitglieder


INTERNE ORGANISATION Rückholungen auf rund zehn Prozent zu steigern. Um die Erfolge auszubauen, haben wir uns auch mit unseren Schwestergewerkschaften ausgetauscht. Dieser Austausch hat bestätigt: Die IG BAU ist auf einem guten Weg.

Starke Finanzen – Starke Organisation Für die Durchsetzung der Forderungen unserer Gewerkschaft sind starke Finanzen eine wesentliche Voraussetzung. Sie entscheiden mit, ob die Interessen unserer Mitglieder im Betrieb, in der Tarifauseinandersetzung oder auch vor Gericht erfolgreich vertreten werden können. Von starken Finanzen hängt die Personalausstattung unserer Gewerkschaft ebenso ab wie Arbeitsmittel, die die IG BAU den ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Verfügung stellen kann. Nicht zuletzt hängt von unserem Vermögen auch unsere Arbeitskampffähigkeit ab.

Stabile Beitragsentwicklung als Basis Über 99 Prozent der Beitragseinnahmen der IG BAU sind Mitgliedsbeiträge. Unsere erwerbstätigen Mitglieder bezahlen 1,15 Prozent ihres Tariflohnes als Beitrag. Für Seniorinnen und Senioren, arbeitslose Mitglieder oder Mitglieder ohne eigenes Einkommen gelten andere Beitragssätze. Dies ist die Basis unserer Einnahmen. Trotz weiter sinkender Mitgliedszahlen ist es in den letzten vier Jahren gelungen, unsere Beitragseinnahmen fast

Beitragsvolumen

Durchschnittl.

stabil zu halten. Die Strukturen der Organisation den geänderten Rahmenbedingungen anzupassen, ist eine hohe Herausforderung. Der geringe Beitragsverlust ist vor allem den guten Tarif­ ergebnissen in unseren Branchen zu verdanken. Auch die konsequente Beitragseinforderung ist eine Notwendigkeit. Für eine Stärkung unserer Beitragseinnahmen ist eine positive Entwicklung unserer Mitgliederzahlen gleichwohl unumgänglich.

Arbeit vor Ort stärken Mit der Organisationsreform 2007 wurde der ehrenamtlichen Arbeit mehr Gewicht in unserer Gewerkschaft eingeräumt. Die ehrenamtlich geführten Bezirksvorstände erhalten für die politische Arbeit vor Ort ein Aktivitätenbudget von 5,7 Prozent der Beitragseinnahmen. In den vergangenen vier Jahren hat das Aktivitätenbudget jeweils den Aufwand der Bezirksverbände gedeckt. Sollte dies ausnahmsweise nicht der Fall sein, steht den Bezirksverbänden ihr Vermögen, das als Treuhandvermögen je Bezirksverband gesondert ausgewiesen ist, zur Verfügung. In einem gemeinsamen Diskussionsprozess wurde in der Periode 2009 bis 2013 die Finanzrichtlinie überarbeitet. Diese hat sich in ihren Grundzügen bewährt.

Veränderung in

in Tsd. Beitrag Prozent Beitragseinnahmen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum

17,47 € 17,03 €

-4,8%

16,59 €

-3,2%

16,18 €

15,84 € 57.272 T€

56.724 T€

2012

Beitragsvolumen in Tsd.

56.588 T€

2013

Durchschnittl. Beitrag

2014

-1,9%

-1,8%

56.396 T€ 2015

56.221 T€ 2016

Veränderung in Prozent

90

17,47 € -4,8%

17,03 €


Dabei achten wir darauf, dass 50 Prozent unserer Beitragseinnahmen zur direkten Betreuung unserer Mitglieder vor Ort verwendet werden.

Mit Augenmaß den Haushalt weiter konsolidieren Auf der Grundlage der mittelfristigen Finanzplanung wird der operative Haushalt jährlich vom Gewerkschaftsbeirat der IG BAU festgestellt. Der Bundesvorstand der IG BAU beschließt dann die Sachkostenbudgets der Vorstandsbereiche und der Regionen. Der Gewerkschaftsbeirat erhält jedes Quartal einen ausführlichen schriftlichen Bericht über den Stand der Haushaltsabwicklung und jährlich den Lagebericht mit der Entwicklung des Haushalts und des Vermögens nach der Prüfung des Jahresabschlusses durch die Wirtschaftsprüfer. Die operativen Haushalte der letzten vier Jahre waren davon geprägt, dass ein ständig wachsender Anteil der Altersversorgung der Beschäftigten mit Eintrittsdatum vor 1983 vom laufenden Haushalt getragen werden musste. Dieser Anteil stieg seit 2012 um 1,17 Millionen Euro an. Der um die Pensionslasten bereinigte Personalaufwand ist mit 26,16 Millionen Euro fast gleichgeblieben (2012: 26,10 Millionen Euro). Mehraufwendungen in der Bundesvorstandsverwaltung müssen über Einsparungen im Sachkostenbudget des Bundesvorstandes ausgeglichen werden. Deutliche Erfolge konnten bei der weiteren Reduzierung der Sachaufwendungen verzeichnet werden. Diese konnten von 2012 auf 2016 um 1,23 Millionen Euro reduziert werden. Vor allem die Umstrukturierung bei der Haltung von Kraftfahrzeugen trug dabei knapp zur Hälfte bei. Aber auch bei fast allen anderen Kostenarten konnten die Aufwendungen reduziert werden. Trotz steigender Mieten und Nebenkosten konnte die größte Aufwandsposition, die Raumkosten mit 4,79 Millionen Euro nahezu stabil gehalten werden (-23.100 Euro; -0,5 Prozent).

Sachaufwand andere Kosten

19,0%

Honorare, Rechtsund Beratungskosten

17,0%

KfZ-Kosten inkl. Abschreibungen

13,0%

Raumkosten

25,0%

Telekommunikation, Druck- und Versandkosten

14,0%

Die Bildungsstätte Steinbach verfügt über einen eigenen Haushalt. Die Entwicklung ist stark abhängig von der Nachfrage nach § 37.6 BetrVG abrechenbaren Seminaren. In den Jahren 2012 bis 2016 ist es gelungen, den Zuschussbedarf der Bildungsstätte von 1,22 Millionen Euro auf 332.662 Euro zu senken.

Finanzkraft erhalten – Kampfkraft erhalten Sparsame Haushaltführung ist für die IG BAU kein Selbstzweck. Unser Vermögen dient in erster Linie dazu, unsere Kampfkraft zu erhalten und längere Arbeitskämpfe bestehen zu können. Darüber hinaus dient es zur Absicherung unserer Pensionsverpflichtungen für die Eintrittsjahre vor 1983. In den letzten Jahren ist es gelungen, die Inanspruchnahme für diese Aufwendungen immer weiter zu reduzieren. Mussten im Jahr 2009 noch 14,3 Millionen Euro aus dem Vermögen entnommen werden, so ist diese Zahl bis zum Jahr 2012 auf 8,0 Mil­ lionen Euro und im Jahr 2016 auf 5,7 Millionen Euro gesunken. Zurzeit werden circa 50 Prozent der laufenden Pensionsverpflichtungen aus dem operativen Haushalt gedeckt. Mittelfristige Zielsetzung bleibt es, die gesamten laufenden Pensionsverpflichtungen aus dem operativen Haushalt zu decken.

Vermögen erhalten, Liquidität sichern: eine Aufgabe unserer VTG Die Vermögens- und Treuhandgesellschaft der IG BAU (VTG) verwaltet das Vermögen unserer Organisation und legt das Vermögen unserer verbundenen Stiftungen, Vereine und Gesellschaften an. Die Mittel sind dabei, auch aufgrund der schwierigen Zinssituation, vor allem auf die Bewirtschaftung unserer eigenen Immobilien konzentriert. Unsere Wohnungen und Geschäftseinheiten in den Ballungszentren Rhein-Main, Berlin, Hamburg, Leipzig und Dresden sind gefragt. Die Vermietungsquote ist nach wie vor hoch und es besteht kein nennenswerter Leerstand. Vom Objekt Olof-Palme-Straße in Frankfurt haben wir uns aufgrund der mittelfristig schwierigen Vermietungssituation im „Merton-Viertel“ getrennt. Auch künftig werden wir Bereinigungen unseres Port­ folios vornehmen, wenn es sich positiv für unser Ver­ mögen auswirkt. Unsere Tochtergesellschaft facts – Die Infoline GmbH hat sich in den letzten Jahren positiv entwickelt und trägt zur finanziellen und personellen Entlastung der IG BAU bei. Mehr als zwei Drittel des Umsatzes werden mit externen Partnern, vor allem anderen Gewerkschaften und Krankenkassen, erwirtschaftet.

Reise- und Bewirtungskosten

12,0%

91


INTERNE ORGANISATION Nach einer Formumwandlung wird das ehemalige „Gemeinnützige Erholungswerk GmbH“ inzwischen als „GEW-Ferien GmbH“ als reine Finanzbeteiligung bei der VTG geführt. Der GEW ist es in den letzten Jahren gelungen, die Defizite planmäßig zu verringern und die „GEW-Ferien GmbH“ neu aufzustellen. Darüber hinaus verwaltet die VTG auch die angemieteten Immobilien der IG BAU. Trotz steigender Mietpreise und Nebenkosten ist es gelungen, die Aufwendungen für die IG BAU, wenn auch geringfügig, zu verringern. Als Dienstleistungszentrum für die IG BAU hat die VTG auch die Buchhaltung mehrerer kleinerer Vereine, Stiftungen und des Bildungswerkes übernommen und hilft so, die finanzielle Handlungsfähigkeit unserer Gesamt­ organisation zu erhalten und zu stärken.

7.3. Ehrenamt im Fokus Unsere Gesellschaft hängt nicht alleine von staatlichem und wirtschaftlichem Handeln ab. Sie erhält ihre Gestalt und Farbe vor allem durch ehrenamtliches Engagement. Die IG BAU kann sich dabei auf eine breite Basis ehrenamtlich aktiver Kolleginnen und Kollegen verlassen. Gemeinsam mit ihnen wollen wir noch mehr Mitglieder dafür begeistern, bei uns aktiv zu werden.

tretung in der Breite überhaupt erst möglich. Bildungs­ arbeit, Mitbestimmung durch Betriebsräte oder Tarifpolitik wäre ohne unsere ehrenamtlich Aktiven nicht drin.“

Unser Ehrenamt – aktiv, stolz, selbstbewusst Im Rahmen der Organisationsentwicklung wurden die Workshops weitergeführt, die den Austausch zwischen den ehrenamtlichen Funktionären und dem Bundesvorstand der IG BAU verstetigen. Es ging um die Frage: „Was können wir tun, damit wir 2020 ein erfolgreiches, aktives, stolzes, selbstbewusstes Ehrenamt haben?“. Dazu wurde diskutiert, Ideen wurde gesponnen und neue Wege angedacht. Aus diesem Prozess sind verschiedene Elemente der Ehrenamtsarbeit erwachsen.

Mitgliederbefragung In einer großen Mitgliederbefragung haben über 600 bislang nicht aktive Kolleginnen und Kollegen ihre Bereitschaft zur Mitarbeit in der IG BAU erklärt. Wir stellten in Zusammenarbeit mit den zuständigen Bezirksvorständen den Kontakt her und haben damit begonnen, die Kolleginnen und Kollegen konkret in die Arbeit vor Ort einzubinden.

E wie Ehrenamt Die Kampagne „E wie Ehrenamt – die E-Klasse der IG BAU“ warb für ehrenamtliches Engagement in der IG BAU. Dabei wurden durch Plakate und Videoclips die vielseitigen ehrenamtlichen Betätigungsfelder bei der IG BAU herausgestellt. Vernetzungs- und Unterstützungsangebote wurden konzipiert und zur Verfügung gestellt. Die Publikationsreihe „E-Werkzeuge“ informiert über relevante Themen wie Freistellungsansprüche für ehrenamtliche Tätigkeit.

Über 14.700 aktive Ehrenamtliche beteiligen sich kontinuierlich in unseren Gremien, Fach- und Personengruppen. Allein 525 Kolleginnen und Kollegen arbeiten in den Bezirksvorständen mit. Über 2.200 Aktive diskutieren, planen und gestalten ihre Branche und legen den Grundstein für unsere gemeinsame Tarifarbeit in den Fachgruppen. Rund 118 junge Menschen organisieren ihre Bezirksjugendvorstände. 13.500 Betriebsräte (davon 7.500 Mitglieder) haben sich in mehr als 2.500 Betrieben der Wahl zum Betriebsratsmitglied in dieser Periode gestellt. Ob Frauen, Senior_innen und Senioren oder die IGay Bau – alle investieren Zeit, vor allem Freizeit, um geE – wie Ehrenamt. meinschaftlich die Lebens- und Arbeitsbedin- Die E-Klasse der IG gungen der Beschäftigten unserer Branchen BAU. zu verbessern. Carsten Burckhardt, Bundesvorstandsmitglied und zuständig für das Ehrenamt in der IG BAU, ist überzeugt: „Gewerkschaften würde es ohne Ehrenamt nicht geben. Sie machen mit ihrem Engagement die Interessensver92

Engagement fördern Mit dem Projektwettbewerb „Engagement gewinnt!“ förderte die IG BAU die ehrenamtliche Gewerkschaftsarbeit vor Ort. Im Rahmen des Wettbewerbs wurden 16 Projekte finanziell sowie durch beratende Hilfestellung unterstützt. Die Projekte deckten ein breites Themenfeld ab: Grundbildung und gesellschaftspolitische Diskussionen gehörten ebenso dazu wie Halte­ arbeit und Werbung. Einige Projekte wurden auf dem 21. Ordentlichen Gewerkschaftstag prämiert.

Um die ehrenamtliche Mitgliederwerbung zu stärken, wurde ein Wettbewerb ausgetragen, an dem sich Mitglieder und Betriebsratsgremien beteiligten. Gerade die Junge BAU trug zum positiven Gesamtergebnis bei den


Plakat zum E-Projektwettbewerb

Der BAU-Club unterstützt ehrenamtlich Aktive.

Einzelwerbenden bei.

IG BAU Bildungsarbeit – regionale Angebote, BAU-Club und “STEINBACHER FORUM” Die IG BAU weitete in den vergangenen Jahren ihre Schulungsaktivitäten für ehrenamtlich Aktive aus. Neben Angeboten für ehrenamtliche Richterinnen und Richter wurden die Aktiven bei der Nutzung von Medien und der Vorbereitung für Mitgliederversammlungen und Bezirksverbandstage unterstützt. Mit dem BAU-Club förderte die IG BAU den Funktionärsnachwuchs. Sieben Wochenendseminare richteten sich an Kolleginnen und Kollegen, die sich persönlich und für ihr ehrenamtliches Engagement weiterentwickeln wollten. Mit dem „Steinbacher Forum“ etablierte die IG BAU eine dauerhafte Einrichtung. Zweimal im Jahr wurden Referentinnen und Referenten aus Politik und Gesellschaft eingeladen. Ziel der Vortragsreihe war es, den Blick auf eine sich verändernde Arbeitswelt Die Ergebnisse des vierten Steinbacher Forums 2016, illustriert zu schärfen sowie Ideen und Konzepte zu entwickeln. von Zeichner Reinhard Alff Um die Ergebnisse innerhalb der IG BAU zugänglich zu machen, wurden die „Steinbacher Foren“ dokumentiert. Sie sind als Broschüren beim BUND-Verlag erschienen.

93


INTERNE ORGANISATION 7.4. Personal Ansprüche für „faire Arbeit“ legt die IG BAU auch bei sich selbst an. Neue Regelungen für die Arbeitsbedingungen im eigenen Haus haben Lohnerhöhungen und Verbesserungen für die Beschäftigten gebracht. Wir haben zudem unser Ausbildungsprogramm verbessert und damit eine wichtige Weiche für die Zukunft der Organisation gestellt. Im Rahmen der strategischen Neuausrichtung wurden die Regionen personell gestärkt.

Der Bundesvorstand und die Betriebsparteien haben Regelungen für die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten der IG BAU vereinbart. Neben der Gesamtbetriebs­ vereinbarung zur Lohnerhöhung und der Betrieblichen Altersvorsorge wurden Vereinbarungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz abgeschlossen. Im Bereich physische Belastungen hat die IG BAU damit einen entscheidenden Schritt für bessere Arbeitsbedingungen gemacht.

Um dem altersbedingten Personalschwund zu begegnen und den nötigen Wissenstransfer zu optimieren, wurde 2013 die Betriebsvereinbarung für die Ausbildung unserer Gewerkschaftssekretärinnen und Gewerkschafts­ sekretäre normiert. Der in der Regel zweieinhalb Jahre dauernde Ausbildungsprozess wird sowohl vom DGB als auch von anderen DGB-Gewerkschaften geschätzt. Er ist tiefergehend und zielführender als viele halbjährliche Ausbildungen. Die freigesprochenen Kolleginnen und Kollegen sind für die Herausforderungen vor Ort ideal vorbereitet. Im Rahmen der Einstellungen wurde ein angemessenes Verhältnis zwischen Kolleginnen und Kollegen aus unseren Branchen und Universitätsabgängerinnen und – abgänger erreicht.

Ausbildungsstand GiA Studium

25 %

Erschließung des gewerkschaftlichen Nachwuchses im Hauptamt Die Altersstruktur der IG BAU weist eine beträchtliche Anzahl rentennaher Jahrgänge auf. Dies ist nichts Ungewöhnliches. Allerdings muss die Personalpolitik der IG BAU diesem Umstand Rechnung tragen.

Altersstruktur der IG BAU

Ausbildung

75 %

Die neu geschaffenen Funktionen (Teamleiter_in und Ausbilder_in) stellen in diesem Zusammenhang eine wichtige Ergänzung im Rahmen des Personals dar. Derzeit (Stand 31. Januar 2017) stellt sich die Beschäftigtenstruktur der IG BAU wie folgt dar:

120

100

Beschäftigte insgesamt

465

Politische Beschäftigte

214

Nicht politisch Beschäftigte

251

80

60

40

Davon: 20

0

9

7

20-30 Jahre

23

31-40 Jahre

nicht politisch Beschäftigte

94

47

50

42

41-50 Jahre

113 78 51-60 Jahre

politisch Beschäftigte

53

Gewerkschaftssekretär_ innen in Ausbildung

16

Teamleiter_in

9

Ausbilder_in

23

38

61-67 Jahre


Beschäftigtentagung – Zusammenwachsen und Herausforderungen bestehen Vom 21. bis 22. Januar 2016 waren alle Beschäftigten der IG BAU zur Beschäftigtentagung nach Oberhof (Thüringen) eingeladen. Unter dem Motto „Zukunft. Aktiv. Gestalten“ konnten sich die Kolleginnen und Kollegen über zahlreiche Themen rund um die IG BAU austauschen. An Marktständen wurde aus den Abteilungen und Regionen berichtet. Informationen austauschen, sich kennenlernen und wiedersehen, mit den Vorständen über den künftigen Weg der IG BAU diskutieren, aber auch gemeinsam Spaß haben – das war Oberhof 2016.

Botschaft genutzt (Effizienz und Effekt)?“ oder „Ist meine Botschaft bei Empfänger/-in tatsächlich angekommen?“ müssen verstärkt in der Kommunikation Augenmerk erhalten. Das Ziel ist ein einheitliches Vorgehen in der Kommunikation bei Branchen und Regionen sowie die Vereinbarung verbindlicher Kommuni- kationsstandards. b. Aktive Prioritätensetzung der eigenen Tätig keiten sowie Unterstützung und Führung der Beschäftigten c. Hintergrundvermittlung gezielt verstärken (Transparenz und Einbindung) d. Sicherstellung der Umsetzung von Vereinba rungen

Beschäftigte – eine wichtige Ressource Die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nutzten zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten. Neben klassischen Themen wie Arbeitsrecht, Tarifrecht und aktivierende Gewerkschaftsarbeit wurden Seminare zu Stressvermeidung und Zeitmanagement angeboten.

IG BAU aus der Vogelperspektive. Beschäftigtentagung 2016 in Oberhof

7.5. Führungskräfteausbildung und –entwicklung

Mitarbeiter*Dialoge

Unterstützung und Weiterentwicklung der Führungsarbeit

In verschiedenen Veranstaltungen im Jahr 2016 fanden sogenannte Mitarbeiter*Dialoge zwischen Beschäftigten und Bundesvorstand statt. Ziel war es, in einen engeren Austausch über die Bedarfe vor Ort und die Herausforderungen der täglichen Arbeit in einer unmittelbaren Form zu kommen. Hierzu gehörten die Beschäftigten­ tagung in Oberhof/Thüringen, der Workshop mit jungen Hauptamtlichen in Frankfurt/Main im Juni 2016, die Praktikertagung zum Ausbildungssystem der IG BAU in Frankfurt/Main im August 2016, das Austauschtreffen der stellvertretenden Regionalleiterinnen und -leiter in Steinbach im August 2016 und natürlich die regelmäßigen Arbeits- und Abstimmungstermine. Neben vielen Informationen und Eindrücken zu den aktuellen Herausforderungen der täglichen gewerkschaftlichen Arbeit vor Ort waren bezüglich der Arbeitsabläufe zentrale Erkenntnisse hieraus folgende Punkte: a. Verbesserung der Kommunikationswege Fragen wie „Welche Wege werden für welche

Durch unterschiedliche neue Angebote für Führungskräfte wurde die Festigung und Weiterentwicklung der Führungsarbeit in den Abteilungen und den Regionen unterstützt. Das Beurteilungs- und Mitarbeiterdialog­ system wurde in den vergangenen zwei Jahren entsprechend der aktuellen Erfordernisse und Erkenntnisse aus den vergangenen Jahren aktualisiert und abgestimmt. Das Ergebnis bildet eine Aktualisierung der Mustervor­ lagen für das sogenannte Strukturierte Mitarbeitergespräch (SMAG), das weiterhin einmal im Jahr mit jedem/-r Mitarbeiter/-in durchgeführt und von sogenannten Meilensteingesprächen flankiert wird. Als Arbeitshilfen im Sinne einer qualitativ hochwertigen Durchführung und Sicherstellung eines gleichen Grundvorgehens wurden hierfür ein Leitfaden für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Unterlagen für eine professionelle Durchführung in der Rolle der Führungskraft erstellt. Die Führungskräfte und Stellvertretungen wurden in zweitägigen Workshops entsprechend geschult.

95


INTERNE ORGANISATION Stellvertretende Regionalleiterinnen- und leiter erhalten seit 2014 die Möglichkeit, sich im Rahmen der Führungskräfte-Jahrestagung im Herbst zu einem eigenen Workshop zu treffen und im Anschluss einen Tag gemeinsam mit allen Führungskräften sowie dem Bundesvorstand zu tagen. Dies soll die Möglichkeit schaffen, die eigene Rolle zu reflektieren und im Austausch mit anderen, die regionale Perspektive zu erweitern und das eigene Tun entsprechend weiterzuentwickeln und zu optimieren. Darüber hinaus findet auf Wunsch mindestens ein weiteres Austauschtreffen pro Jahr statt.

Führungskräfteweiterentwicklung Seit einigen Jahren widmet sich die IG BAU verstärkt dem Thema lang- und mittelfristige Nachfolgeplanung im Bereich Führung. Dies stellt eine wesentliche Säule in der strategischen Personalplanung dar. Um in der Führungsarbeit geeignete und kompetente Kolleginnen und Kollegen zur entsprechenden Zeit zur Verfügung zu haben, ist es notwendig, frühzeitig und systematisch deren Identifikation und Ausbildung in die Wege zu leiten. Hierfür wurde ein zielführendes und auf unseren Bedarf ausgerichtetes Konzept entwickelt, das wir seitdem konsequent verfolgen. Der erste Baustein des Konzeptes stellt das sogenannte Orientierungscenter (OC) dar. Dies bildet inzwischen einen festen Bestandteil der Identifikation des Führungsnachwuchses innerhalb unserer Organisation. Es bietet als sogenanntes Potenzialanalyseverfahren die Möglichkeit, ein Stärken-/Schwächenprofil zu Führungseignung und weiteren außerfachlichen Kompetenzfeldern für interessierte Hauptamtliche zu erstellen. Das nächste Orientierungscenter ist für das Frühjahr 2018 geplant. Das Konzept zum FührungskräfteentwicklungsProgramm wurde im Jahr 2016 überarbeitet, den aktuellen Anforderungen angepasst und entsprechend neu ausgerichtet. Hinzu kam die Vermittlung von fachlichen Themen (Bereich Finanzen, Arbeitsrecht und Mitbestimmung) sowie Intensivierung der Coachingunterstützung der Teilnehmenden. 2016 schlossen fünf Teilnehmende das Nachwuchsführungskräfte-Entwicklungsprogramm erfolgreich ab. Im September 2016 startete ein neues Programm mit ebenfalls fünf Teilnehmenden.

96

7.6. Strategische Planung und Controlling Strategische Neuausrichtung des Bundesvorstands Der Bundesvorstand der IG BAU hat 2015 die strategische Neuausrichtung der Bundesvorstandsverwaltung bei gleichzeitiger Stärkung der operativen Arbeit in den Regionen beschlossen. Leitlinie ist, unser Handeln noch stärker auf Mitglieder und Mitgliederentwicklung auszurichten und als Impulsgeber und Dienstleisterin die operative Arbeit in den Regionen zu stärken. Maximal 16 Prozent der Beitragseinnahmen werden für Personalkosten der Bundesvorstandsverwaltung eingesetzt. Die erforderlichen personellen Einsparpotentiale wurden erarbeitet und benannt und können durch altersbedingtes Ausscheiden erreicht werden. Parallel hierzu wurde der Rahmen für Projekte zur Stärkung der Gewerkschaftsarbeit vor Ort erarbeitet. Es wurden unter anderem Projekte in den Regionen Weser-Ems (Projekt im grünen Bereich), Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen (Projekt in der Gebäudereinigung) und Rheinland (Projekt im Bereich Angestelltenarbeit im Bauhauptgewerbe) beschlossen. Die Projekte laufen nach Abschluss der Gesamtbetriebsvereinbarung 2017 an.

Weiterentwicklung des strategisch-operativen Planungsprozesses Die bundesweite Planung wurde stärker auf die regionalen Besonderheiten ausgerichtet, um ein höheres Maß gemeinsamer Zielfindung und klarer Aufgabendefinition zu erreichen. In diesem Rahmen entwickelten wir die sogenannte Cockpit-Ansicht, mit der wichtige Kennzahlen, zum Beispiel aus der betrieblichen Gewerkschaftsarbeit und Zahlen zur Mitgliederentwicklung, komprimiert dargestellt werden. In der Mitgliederdatenbank wurden die Möglichkeiten zur Erfassung und zum Controlling der Betriebs- und Standorterschließung erweitert. In einigen Pilotregionen wurde ein Prozess zur Entwicklung regionaler Strategien gestartet und begleitet. Eine weitere Aufgabe liegt in der Begleitung und Koordination der Projekte im Rahmen der Neuausrichtung der Bundes­vorstandsverwaltung.


7.7. IT-Support Einführung SEPA Seit 2014 gilt das elektronische Zahlungsverfahren SEPA in der Europäischen Union (EU). Für die IG BAU hatte dies eine Umstellung des bisherigen Lastschriftverfahrens zur Folge. Trotz des erheblichen Aufwands gelang der Prozess mit internen Kräften. Gleichzeitig wurde der Beitragseinzug verändert. Dies führte zu einer geringeren Zahl von Lastschrift-Rückläufern und damit zu niedrigeren Verwaltungskosten.

Moderne Telefonanlage, Datennetze und Rechenzentrum Die vermehrte Nutzung von Multimedia-Anwendungen führt zu höheren Anforderungen an die Bandbreite der Datennetze. Auch das Nutzerverhalten für mobile Endgeräte wie Smartphones hat sich geändert. Um diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen, wurde die Bandbreite für den zentralen Internetzugang erhöht. Auch die größten zwölf Mitgliederbüros wurden aufgerüstet. Die Verträge für Telefonie und Internet wurden angepasst. Unter Beteiligung fast aller DGB-Gewerkschaften konnten bei Vertragsverlängerungen und -abschlüssen Einsparungen bei gleichzeitig besseren Leistungen erzielt werden.

Systems ist es nun beispielsweise möglich, Bilder in den Mitgliederdaten zu hinterlegen. Auch die Möglichkeiten zur Erfassung und Auswertung der Daten, zum Beispiel im Zuge der Betriebsratswahlen, konnten verbessert werden. Ein neues Rechtssystem ermöglicht den Regionen übergreifenden Zugriff auf Mitgliederdaten und Rechtsschutzfälle. Auch die Zusammenführung von bisher zwei unterschiedlichen Mahnsystemen konnte realisiert werden. Der Versand von personalisierten E-Mails und SMS an die Mitglieder der IG BAU ist nun möglich. Gleichzeitig ist sichergestellt, dass auch Mitglieder Informationen erhalten, wenn sie keine entsprechenden Daten hinterlegt haben. Durch das Veranstaltungsmodul in der MDB ist es zudem möglich, Veranstaltungen digital zu verwalten. Anpassungen in dem 2013 neu eingeführten Intranet sorgen für eine optimierte Nutzung. Entsprechende Schulungen unterstützen die Bemühungen zur Arbeits­ erleichterung.

Ein neues Telefonsystem im Haus der Bauwirtschaft und knapp einem dutzend Mitgliederbüros gewährleistet auch weiterhin gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten der IG BAU. Nach einer langen Nutzungsdauer und teils hohen Wartungskosten war diese Umstellung notwendig geworden. Die modernen Endgeräte der IP-­ Telefonanalage vereinfachen Arbeitsabläufe. Um den Beschäftigten die Nutzung der vielfältigen Funktionen zu ermöglichen, finden entsprechende Schulungen statt. Neue Hard- und Software im Rechenzentrum der IG BAU sichern unsere Leistungsfähigkeit. Zudem konnten Abläufe verbessert und Prozesse vereinfacht werden. Eine Aktualisierung unserer Arbeitsplattform „Citrix“ ermöglicht nun auch die Nutzung von Multimedia-­ Anwendungen.

Mit IT unsere Arbeit verlässlich unterstützen In der zentralen Anwendung der IG BAU, dem Mitgliederinformationssystem MDB, konnten kontinuierliche Weiterentwicklungen und Verbesserungen realisiert wer­ den. Vor dem Hintergrund der gegebenen Voraussetzungen geschieht dies ausschließlich durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des IT-Teams. Trotz des Alters des 97


CHRONIK

2013 Januar

Juni

Die IG BAU beteiligt sich mit rund 600 Kolleginnen und Kollegen an einer Großkundgebung in Brüssel. Gemeinsam mit europäischen Partnern fordert sie die Europaabgeordneten und die EU-Kommission auf, Lohndumping entgegenzuwirken und faire Arbeitsbedingungen europaweit durchzusetzen.

Ein Jahr vor der Austragung der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien protestieren mehrere Millionen Menschen gegen soziale Missstände, Korruption und Polizeigewalt in dem südamerikanischen Land.

April Die Tarifvertragsparteien für das Bauhauptgewerbe legen einen Stufenplan fest: Die Lohnmauer zwischen Ost und West soll in den kommenden neun Jahren abgebaut werden. Erster Schritt ist ein zusätzliches Lohnplus von 0,8 Prozent für Beschäftigte im Osten. Der Mindestlohn I wird bereits bis 2017 einheitlich gestaltet. In Bangladesch sterben 1.135 beim Einsturz eines achtstöckigen Gebäudes. Zum Zeitpunkt des Einsturzes befinden sich mehr als 3.000 Menschen in dem Gebäude. Untern den Opfern sind vor allem Textilarbeiterinnen und -arbeiter. Die IG BAU stellt ihr Konzept für flexible Übergänge aus dem Berufsleben in die Rente vor: das Altersflexi-Geld. Beschäftigte sollen auch bei starker körperlicher Belastung möglichst lange in ihrem Beruf arbeiten können. Damit sinkt das Risiko, am Ende ihres Arbeitslebens in eine soziale Notlage zu geraten.

Mai In der Türkei kommt es zu Protesten gegen die autoritär regierende AKP-Partei und den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan. An ihrem Ausgangsort, im Gezi-Park in Istanbul, löst die türkische Polizei die Proteste gewaltsam auf.

98

Der US-amerikanische Whistleblower und ehemalige Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden enthüllt die weltweiten verdachtsunabhängigen Spionagetätigkeiten der USA und Großbritanniens.

Juli Kroatien wird 28. Mitglied der Europäischen Union. Der nach dem Arabischen Frühling erste frei gewählte Präsident Ägyptens, Mohammed Mursi, wird ein Jahr nach seinem Amtsantritt auf Befehl des Militärführers und späteren Präsidenten Abdel Fatah el-Sisi vom ägyptischen Militär abgesetzt.

Oktober Vor der italienischen Insel Lampedusa ertrinken mindestens 366 Menschen überwiegend aus Afrika bei ihrem Versuch, nach Europa zu gelangen.

November In Kiew kommt es zu Protesten gegen die ukrainische Regierung, die drei Monate später zur Amtsenthebung von Präsident Wiktor Janukowytsch führen. Auslöser der Proteste war die Ankündigung der ukrainischen Regierung, das Assoziierungsabkommen mit der EU vorerst nicht zu unterzeichnen.


2014 Januar

Juli

Lettland tritt als 18. Land der Eurozone bei.

Die „Rente ab 63“ tritt in Kraft. Versicherte können fortan nach 45 Jahren Beitragszahlung schon ab 63 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen.

Februar Die Stimmbevölkerung in der Schweiz spricht sich in einer Volksabstimmung für eine Beschränkung der Zuwanderung aus.

März Das Parlament der Autonomen Republik Krim erklärt die Unabhängigkeit der Krim von der Ukraine. Ein Flugzeug der Malaysia-Airlines mit 239 Menschen an Bord verschwindet im Bereich des Indischen Ozeans spurlos. Mitte 2015 werden Wrackteile der Maschine an den Strand der Insel La Réunion gespült. Die Tarifverhandlungen im Bauhauptgewerbe enden Vereinbarungen über höhere Fahrtkostenerstattung und einer Tarifrente, die auch für ostdeutsche Beschäftigte und für alle Generationen gilt. Bei den Wahlen zum EU-Parlament erhalten rechte und EU-kritische Parteien großen Zulauf. Stärkste Fraktion bleibt die konservative EVP.

Juni Die IG BAU startet eine Kampagne zu ihrem neuen Schwerpunkt „Faire Arbeit Jetzt!“, um auf Missstände wie Befristungen, falsche Eingruppierungen und unnötige Gefahren am Arbeitsplatz aufmerksam zu machen.

Die israelische Armee beginnt eine Militäroffensive im Gazastreifen als Reaktion auf den Raketenbeschuss Israels durch die Terrororganisation Hamas. Ein Flugzeug der Malaysia-Airlines mit 298 Menschen an Bord stürzt über der Ostukraine nahe der russischen Grenze ab.

August Die Regierungskoalition verabschiedet das Gesetz zur Einführung eines flächendeckenden allgemeinen Mindestlohnes in Höhe von 8,50 Euro pro Stunde. Die Weltgesundheitsorganisation erklärt die Ebola-­ Epedemie in Westafrika zum „Internationalen Gesundheitsnotfall“. Bis Ende des Jahres 2014 sterben fast 8.000 Menschen an den Folgen der Infektion mit dem Ebolavirus.

Dezember Eine Koalition aus Linken, SPD und Grünen wählt Bodo Ramelow in Thüringen zum ersten Minister­ präsidenten der Linkspartei eines Bundeslandes. Die fremdenfeindliche Organisation Pegida löst eine bundesweite Debatte über diese Gruppierung sowie die Themen Zuwanderung und Islam aus.

Die Terrororganisation „Islamischer Staat“ erobert die nordirakische Großstadt Mossul.

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CHRONIK

2015 Januar

September

Der flächendeckende allgemeine gesetzliche Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro pro Stunde tritt in Kraft.

In der Floristik schließt die IG BAU erstmals nach elf Jahren einen Entgelttarifvertrag ab. Die Löhne für die Beschäftigten im Osten steigen nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes um bis zu 79 Prozent.

Litauen tritt als 19. Land der Eurozone bei. In der Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo und in einem jüdischen Supermarkt in Paris töten islamistische Terroristen insgesamt 16 Menschen. Bei vorgezogenen Parlamentswahlen in Griechenland wird die linke Partei Syriza stärkste Kraft und stellt mit Alexis Tsipras fortan den Ministerpräsidenten des Landes. Kurdische Einheiten befreien die Stadt Kobanê im Kampf gegen IS-Terroristen.

März Die Große Koalition beschließt ein Investitionsprogramm in Höhe von 5 Milliarden Euro für drei Jahre, die vor allem in den Straßenbau fließen. Die IG BAU kritisiert das Investitionsvolumen als unzureichend. Sie sieht einen jährlichen Zusatzbedarf von 7,2 Milliarden Euro, um den Investitionsstau abzubauen. Der Bundestag und Bundesrat verabschieden das Gesetz zur Einführung einer Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent für Aufsichtsräte von mitbestimmungspflichtigen und börsennotierten Unternehmen.

April In Nepal sterben mehr als 8.600 Menschen bei einem Erdbeben.

August Die Zahl der Übergriffe und Brandanschläge, die sich gegen geflüchtete Menschen richten, nimmt zu. Im sächsischen Heidenau kommt es zu fremdenfeindlichen Ausschreitungen angesichts einer neu eröffneten Asyl­ unterkunft. 100

Oktober Die IG BAU beteiligt sich an der von mehr als 30 Organisationen veranstalteten Demonstration „Stop TTIP, CETA!“ in Berlin, an der mehr als 250.000 Menschen teilnehmen. Der Gewerkschaftsdachverband UGTT erhält als Mitglied des tunesischen Quartetts den Friedensnobelpreis für seinen Einsatz für den Aufbau der Demokratie in Tunesien. Die Tarifvertragsparteien des Gebäudereiniger-Handwerks einigen sich auf eine Vereinbarung zur Begrenzung der Leistungsverdichtung. Der Tariflohn in der untersten Lohngruppe 1 steigt in zwei Stufen auf 10 Euro pro Stunde. Die EU-Kommission veröffentlicht ihre Binnenmarktstrategie zur Stärkung des Binnenmarktes. Dort schlägt sie die Einführung einer Dienstleistungskarte vor, die Scheinselbstständigkeit erleichtern würde. Außerdem will die Kommission die reglementierten Handwerks­ berufe weiter deregulieren.

November Die Zahl der in Europa verübten Terroranschläge nimmt seit 2015 zu. In Paris kommt es gleichzeitig zu mehreren schweren terroristischen Angriffen, die 130 Todesopfer und 352 Verletzte fordern.

Dezember Das von 195 Staaten in Paris unterzeichnete Klimaabkommen hat die Begrenzung der menschengemachten globalen Erwärmung auf deutlich unter 2 °C gegenüber vorindustriellen Werten zum Ziel.


2016 Januar

Juni

Die Tarifrente Bau startet. Sie löst schrittweise die bereits bestehende Rentenbeihilfe in der Bauwirtschaft ab und berücksichtigt auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Osten sowie Auszubildende.

51,9 Prozent der Britinnen und Briten entscheiden sich in einem Referendum für ein Ausscheiden aus der Europäischen Union.

März Der Beginn des syrischen Bürgerkriegs jährt sich zum fünften Mal. Mehr als 400.000 Menschen sind im Verlauf des Krieges getötet worden, mehr als 11 Millionen befinden sich auf der Flucht. Die EU-Kommission legt einen Vorschlag zur Revision der Entsenderichtlinie vor. Die Anforderungen der IG BAU zur Durchsetzung des Prinzips „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ werden darin trotz einzelner Verbesserungen nicht erfüllt. Bei drei Terroranschlägen werden in und in der Nähe von Brüssel mehr als 30 Menschen getötet, mehr als 300 werden verletzt.

April Mehrere tausend Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter demonstrieren für eine gesetzliche Eindämmung des Missbrauchs von Leiharbeit und Werkverträgen. Ein Jahr später wird der Deutsche Bundestag ein entsprechendes Gesetz verabschieden.

Mai Nach vier schwierigen Verhandlungsrunden einigen sich die Tarifvertragsparteien des Bauhauptgewerbes auf Verbesserungen für die Beschäftigten der Branche. Fortan stellen die Arbeitgeber Unterkünfte für weit entfernte Baustellen und zahlen eine Verpflegungspauschale von mindestens 24 Euro pro Tag. Die Vergütungen der Auszubildenden erhöhen sich überdurchschnittlich.

Juli Teile des türkischen Militärs scheitern bei dem Versuch, gegen die Regierung Erdogan zu putschen. In der Folge kommt es zu umfassenden Repressionen durch Regierungskräfte in vielen Gesellschaftsbereichen.

August Die Hochtief AG verkündet, den Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) zu verlassen.

November Der Republikaner Donald Trump gewinnt die Präsidentschaftswahlen in den USA. Die internationale Vereinigung der Bauarbeiter-Gewerkschaften (BHI) einigt sich mit dem Obersten Ausschuss für die Fußballweltmeisterschaft in Katar 2022 darauf, fortan Arbeitsschutz-Inspektionen auf Baustellen und in Unterkünften durchzuführen. Zuvor gab es scharfe Kritik angesichts teils unmenschlicher Arbeitsbedingungen auf WM-Baustellen. Die IG BAU einigt sich mit dem Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz auf die Angleichung der Branchen-Mindestlöhne für Gesellen in Ost und West bis 2020.

Dezember Bei einem terroristischen Anschlag in Berlin werden 12 Menschen getötet und mehr als 50 verletzt.

Bei schweren Unwettern insbesondere im Südwesten Deutschlands sterben mehrere Menschen.

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IMPRESSUM

Impressum Herausgeber: Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt Bundesvorstand Olof-Palme-Straße 19 Frankfurt am Main

Koordination: Johannes Bauer

Redaktion: Christoph Mayer, Christian Beck, Cornelia Grimm

Mitarbeit Bildredaktion: Barbro Wegmann

Konzept und Gestaltung: Eva Kuprella

Fotos: IG BAU, DGB, Facts, Sascha Krummel, Brigitte Koehne, eisenkind, Alexander Paul Englert, Kalle Meyer, Paul Schimweg, WPD Relations - Tobias Langenbach, Seite 13 Idee und Gestaltung: Werbeagentur Zimmermann GmbH, Frankfurt am Main, journalistenbüro röhr:wenzel

Druck: W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. KG Augsburger Straße 722 70329 Stuttgart © 2017 IG Bauen-Agrar-Umwelt Frankfurt am Main




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