Arbeiterhütten im Tal der Könige

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A e G y p t i a c a H e lv e t i c a

Band 23

Andreas Dorn

Arbeiterhütten im Tal der Könige Ein Beitrag zur altägyptischen Sozialgeschichte aufgrund von neuem Quellenmaterial aus der Mitte der 20. Dynastie (ca. 1150 v. Chr.) Text- und Katalogband




AEGYPTIACA HELVETICA

Herausgegeben im Namen des Ägyptologischen Seminars der Universität Basel und der Unité d’Égyptologie, Université de Genève, von Antonio Loprieno und Michel Valloggia

Band 23 Text und Katalogband Tafeln 1–480 Tafeln 481–784


Arbeiterhütten im Tal der Könige Ein Beitrag zur altägyptischen Sozialgeschichte aufgrund von neuem Quellenmaterial aus der Mitte der 20. Dynastie (ca. 1150 v. Chr.)

Andreas Dorn

Text und Katalogband

Schwabe Verlag Basel


Publiziert mit der Unterstützung folgender Institutionen und Stiftungen: Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung Max-Geldner-Fonds Freiwillige Akademische Gesellschaft (FAG), Basel Dissertationenfonds der Universität Basel

© 2011 Schwabe AG, Verlag, Basel Layout und Satz: Mirjam T. Jenny, Basel Lithos: Tobias Stöcklin, Allschwil, und Mirjam T. Jenny, Basel Abbildung auf dem Umschlag: Tal der Könige, Arbeiterhüttensiedlung östlich des Grabes Ramses’ X. Blick nach Süden. Foto Daniel Infanger. Gesamtherstellung: Schwabe AG, Druckerei, Muttenz/Basel Printed in Switzerland ISBN 978-3-7965-2810-1 www.schwabe.ch


Inhalt

Vorwort

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Einleitung Entstehung und Verlauf der Ausgrabung von Arbeiterhütten im Gebiet östlich des Grabes Ramses’ X. Nomenklatur Grabungsareale Grabungssektoren bzw. -bereiche Methodik Umgang mit unstratifizierten Funden Datierung unstratifizierter Ostraka

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Forschungsgeschichte Passstücke innerhalb des eigenen Fundmaterials Externe Passstücke und weitere Ostraka aus dem Gebiet um das Grab Ramses’ X. Weitere Ostraka aus dem Gebiet um das Grab Ramses’ X. Aufbewahrungsort: British Museum London Aufbewahrungsort: Metropolitan Museum New York Aufbewahrungsort: Museum Kairo

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Topografie des Areals östlich des Grabes Ramses’ X. und die Lage der Arbeiterhüttensiedlung Veränderungen der Topografie des Wadis östlich des Grabes Ramses’ X. Herkunft der Wadiverfüllung: Schutt aus dem Grab Sethos’ I. Lage der Arbeiterhütten östlich des Grabes Ramses’ X. Rückschlüsse aus den topografischen ­Beobachtungen

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Befundvorlage und -auswertung Hütten 1–29 (Areal B-Ost) Hütten 30–32 (Areal B-West) Hütten 33–35 (Areal B-Süd) Hütten 36–44 (Areal B, Aussenmauer-Süd) Hütten 45–51 (Areal E) Fläche zwischen den Hütten 45–51 und 52–61 Hütten 52–61 (Areal C) Funktion der Siedlung Bauweise der Hütten Struktur der Siedlung Hütten 1–6 Hütten 7–32 Hütten 33–35 Hütten 36–44 Hütten 45–51 Hütten 52–61 Nachbarn und Bewohner

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Fundvorlage und -auswertung Inhalt und Umfang Verhältnis Bildostraka versus hieratische Textostraka Verhältnis administrative versus andere hieratische Texte

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Text

Verwendete Materialien Text- und Bildträger Farben Polychrome Zeichnungen Andere Farben neben Schwarz und Rot Kohle Bildostraka Männliche und weibliche Figuren Adoranten ohne «Gegenüber» Männer bei der Arbeit am Königsgrab Königsfiguren Männer- und Königsköpfe Amenophis I. und Ahmesnefertari Exkurs: tA jn.t und Feste Amenophis’ I. im Tal der Könige Syrerinnen Frontale Darstellungen Körperteile: Augen, Arme, Hand, Fuss Götter Ptah Ikonographie, Beischriften und Inschriften Steleninhaber, Aufstellungs- und Fundort der Stelenostraka Ptah auf weiteren Objekten im Fundmaterial Weitere Ptahbelege aus dem Areal östlich des Grabes Ramses’ X. und dem Tal der Könige Ein Ptahfest im Tal der Könige Osiris bzw. Ptah-Sokar-Osiris Terminologie, Ikonographie Weitere Belege aus dem Tal der Könige Amun-Re Stelenostraka Hymnen und Gebete Amun-Re auf weiteren Objekten im Fundmaterial Weitere Amun-Re-Belege aus dem Areal östlich des Grabes Ramses’ X. und dem Tal der Könige Diverse Götter Teile von Göttern Stelenfragmente Göttinnen Meretseger Die Beischriften und Inschriften Darstellungsformen Meretsegers aus dem Areal östlich des Grabes Ramses’ X. und auf Vergleichsstücken Kultstellen Meretsegers im Tal der Könige Kobras (Schlangen ohne Beischrift) Diverse Göttinnen Tiere Stiere Pferde und Esel Anubis und Upuaut Löwen Falken Rechytvögel und Skarabäen Diverse Tiere Florale Motive Gefässe Spielbretter

Inhalt

74 74 74 74 75 75 77 77 78 78 79 80 82 84 86 87 88 89 89 90 91 91 91 91 92 92 92 92 92 98 99 99 100 101 101 101 101 101 101 102 105 105 106 106 108 110 111 113 115 115 116 117 118


Inhalt

Dekorationsvorlagen Palastfassaden Figuren aus Unterweltsbüchern Totenbuchvignetten Königs- und Götterdarstellungen Exkurs zu Vorlagen, Skizzen und Zeichnungsübungen Umsetzung von Bildmaterial aus Königsgräbern Suche nach Parallelen zu den einzelnen Bildern und Gründe für die Bildostrakaproduktion Bauskizzen und Zeichnungen von Bauteilen Deckenmuster, Gitternetze und Dekorbänder Stuhlbeine Ritzungen Stelenrohlinge Reliefschneide- und Bildhauerübungen Exkurs: Amarna – Deir el-Medine: Ostraka und Bildhauerübungsstücke im Vergleich Hieroglyphische Ostraka Kartuschen und Titulaturen Klassifikation der Kartuschen und Titulaturen Doppelfunktion Übungsstück und Objekt der Verehrung Übungsstück versus Vorlage Ramses IV. Schreibung und Verständnis des Eigennamens Die jüngere Namensform Weitere Beobachtungen Ramses V., Ramses VI. und Ramses VII. Vorbemerkungen Ramses V. Ramses VI. Verehrung von Kartuschen und der königlichen Titulatur Posthume Verehrung Ramses’ II.? Fundorte der Ostraka Vergleichsbeispiele aus dem Areal östlich des Grabes Ram­ses’ X. und dem Tal der Könige Vergleichsbeispiele von anderen Fundorten Ramses IV. Ramses VI. Götterreden Hieroglyphische Inschriften Hieroglyphische Schreibübungen einzelner Wörter Hieroglyphische Inschriften unerfahrener Schreiber Grossformatige Zeichen: Hieratische und hieroglyphische Einzelzeichen Exkurs: Schreiberausbildung Strichlisten Verortung von Strichlisten Strichlisten ohne Angabe des gezählten Gegenstandes Strichlisten mit Angabe des gezählten Gegenstandes Fundorte der Ostraka als Hinweise auf administrative Bereiche Hersteller von Strichlisten und verwendete Schreibmittel Vergleichsbeispiele aus dem Areal östlich des Grabes Ramses’ X. und aus dem Tal der Könige Vergleichsbeispiele von anderen Fundorten Strichlisten ohne Angabe des gezählten Gegenstandes Strichlisten mit Angabe des gezählten Gegenstandes Namenszeichen Forschungsstand, Terminologie und Gebrauch der Zeichen Mit Namenszeichen geschriebene «Texte»? Bezug der Namenszeichen aus dem Tal der Könige zu Wachhabendenlisten

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Für jeden Arbeiter ein Zeichen? Zeichen Hieratische Ostraka Administrative Objekte und Texte Menge, Textträger und Motivation der Niederschrift Administrative Objekte Namenssteine Gewichtssteine Administrative Texte Meisselausgabe Arbeiter- und Absentenlisten Getreidelieferungen Lampen und Lampenstoffe Weitere Lieferungen Journaleinträge Exkurs: Der Grabbau Ramses’ IV. (KV 2) und der Besuch hoher Beamter Tätigkeit der Mannschaft vor den Arbeiten am Königsgrab Ramses’ IV. und die gesteigerte Produktion von Objekten des «private sector» Hinweise auf den Baubeginn Der Besuch hoher Beamter Der Wesir Neferrenpet Weitere hohe Beamte Stelen hoher Beamter Private Transaktionen und Notizen Rechtstexte Briefe Übungsbriefe Reale Briefe Übungsbriefe als Ausbildungsinstrument Literarische Texte Identifizierte literarische Texte Anastasi I Die Lehre Amunnachts P. Lansing Die Lehre des Dua-Cheti und die Lehre eines Mannes für seinen Sohn Literarische Texte im weiteren Sinne Ablösung der mittelägyptischen «Klassiker» durch neuägyptische Texte Niederschrift literarischer Ostraka im Tal der Könige Gründe für den hohen Anteil an Literaten in Deir el-Medine Gussmodel aus Kalkstein Formen Bemerkungen zu einzelnen Gussmodeln Unterschiedliche Modeltypen Technische Beobachtungen an den Modeln und deren Interpretation Model als Übungsstücke? Verwendeter Kalkstein Fundorte der Model, Funde einzelner Hälften Steinobjekte Nackenstütze Gefässständer Diverse Steinobjekte Steingefässe Opferbecken Krugdeckel Herkunft der Krugdeckel

Inhalt

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Inhalt

Belegte Durchmesser Vergleichsbeispiele zu wieder verwendeten ­Krugdeckeln Keramik Bedeutung und Herkunft Das Formeninventar und die mengenmässige ­Zusammensetzung Keramik als Indiz für die semipermanente ­Anwesenheit der Arbeiter Gefässe mit einer Ritzung (potters mark) Exkurs: Bemerkung zu Gefässlieferungen in Deir el-Medine Markierung von Gefässen nach dem Brand sowie von Krugdeckeln Chronologische Anmerkung

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Singuläre Motive mehrfach belegt: Qualitative Unterschiede als Hinweis auf die Zeichnerausbildung

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Arbeiterhütten im Tal der Könige Vorbemerkungen Deir el-Medine, «station de repos» und das Tal der Könige Struktureller Vergleich mit Amarna Bisher bekannte Arbeiterhütten im Tal der Könige Westtal und zentraler Bereich des Haupttals Areal nördlich KV 47 Topografischer Bezug der Arbeiterhütten zum sich im Bau befindenden Königsgrab Daressys Ostraka: Funktion und Datierung Bisherige Interpretation der Ostraka «aus» KV 6 und KV 9 Datierung Gründe für das «Fehlen» von Ramses-III.-, Ramses-V.-, Ramses-VI.- und Ramses-VII.-zeitlichen Ostraka aus dem Bereich von KV 6 und KV 9 Datierung und Aufgabe der Arbeiter­hütten östlich des Grabes Ramses’ X.

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Religiöser Alltag der Arbeiter im Tal der Könige Feste im Tal der Könige Vorbemerkungen Feste für Ptah und Amenophis I. im Tal der Könige Feste im Tal der Könige als Teil des Arbeitsalltags Prozessionen, Festorte und Orakelsteine Stelen, Hymnen und Gebete Stelen Zur Terminologie «Stele» Deir el-Medine – Tal der Könige Stelentypen Stelenostraka im «privaten» Raum Stelenostraka ohne dargestellten Beter Beter ohne dargestellte Gottheit Kleinformatige Stelen und Stelenostraka Stossgebete: «Er/Sie möge erretten bzw. beschützen» Amun Meretseger Thot Hymnen Hymnus des jdnw Hay (vii): Bearbeitung des neuen Textbestandes Beleghäufigkeit der verschiedenen Gottheiten Vergleich mit in Deir el-Medine belegten Gottheiten Der «heilige Ort» Tal der Könige

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Neue prosopographische Daten Bisher nicht belegte Filiationen

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Text

Bisher nicht mit der Regierungszeit Ramses’ IV. in Verbindung gebrachte Personen Baki (VII) Diskussion einzelner Personen bzw. Familien mit Abweichungen zu Davies, WWDeM Mose (viii) Wennefer (iii) Die Familie des %mdt-Schreibers Amenemope (xi) Penmennefer (II), Sohn Iyerniutefs (iii)

Inhalt

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Restauratorischer Schadensbericht zu ausgewählten Ostraka und einigen weiteren Objekten (Erico Peintner) Vorbemerkung Untersuchte Objekte

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Report on an archaeobotanical study on material from workmens’ huts in the Kings’ valley (Claire Newton, Archaeobotanist, IFAO) Aim Method Results Comments Vase contents Plant remains as witnesses of local economy? Olives stones

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Synthese

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Zusammenfassung

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Résumé

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Summary

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Katalog Vorbemerkungen Bildostraka Männliche und weibliche Figuren Adoranten ohne «Gegenüber» Männer bei der Arbeit am Königsgrab Männerköpfe Königsfiguren Königsköpfe Amenophis I. und Ahmesnefertari Syrerinnen Frontale Darstellungen Körperteile: Augen, Arme, Hände, Fuss Götter Ptah Osiris Amun-Re Teile von Göttern Diverse Götter Stelenfragmente Göttinnen Meretseger Diverse Göttinnen

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Inhalt

Tiere Stiere Pferde und Esel Anubis und Upuaut Löwen Diverse Tiere Falken Rechytvögel Kobras (Schlangen ohne Beischrift) Skarabäen Florale Motive Totenbuchvignetten Gefässe Spielbretter Dekorationsvorlagen Bauskizzen und Zeichnungen von ­Bauteilen Deckenmuster, Gitternetze und ­Dekorbänder Grabausstattungslieferungen Stuhlbeine Diverse Zeichnungen Ritzungen Pinselabstreifsteine Stehlenrohlinge Reliefschneide- und Bildhauerübungen Hieroglyphische Ostraka Kartuschen und Titulaturen Götterreden Hieroglyphische Inschriften Hieroglyphische Schreibübungen einzelner Wörter Einzelne grossformatige Zeichen Strichlisten Ostraka mit Namenszeichen Hieratische Ostraka Namenssteine Arbeiterlisten Absentenlisten Getreideausgaben Meisselausgaben Gewichtssteine Lampen und Lampenstoffe Lieferungen Journal Diverse administrative Texte Private Transaktionen und Notizen Rechtsfälle Briefe Identifizierte literarische Texte Liebesgedichte Medico-magische Texte Königseulogien Königsnamen Hymnen und Gebete Nicht identifizierte literarische Texte diverser Gattungen Zahlen Hieratische Schreibübungen

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Nicht eindeutig klassifizierte Texte Gussmodel aus Kalkstein Steinobjekte Diverse Objekte Krugdeckel Keramik

Inhalt

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Literatur

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Abkürzungen

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Indices Zitierte Texte (Gewichte, Graffiti, ­Ostraka, Papyri, Stelen) Vokabular Eigennamen Personennamen Königsnamen TN, EN, HN, NN, GH Götternamen Ortsnamen

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Abbildungsnachweis

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Konkordanz

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Vorwort

Zehn Jahre nach Beginn der Ausgrabung im Winter 1998/99 im Gebiet um das Grab Ramses’ X. (KV 18) im Tal der Könige konnten die Resultate als Dissertation an der Universität Basel eingereicht werden. Die vorliegen­ de Publikation stellt eine überarbeitete Version der Dissertation dar. Mit ihr kommt ein weiterer Teilbereich des Ausgrabungsprojekts MISR: «Mission Siptah-Ramses X.» der Universität Basel zum Abschluss. Dieses Projekt konn­ te nur dank der initialen und grosszügigen Unterstützung durch Gertrud Mayer und die Gertrud-Mayer-Stiftung realisiert werden. Der Kernbereich, die Arbeiterhütten in Areal B, waren bei der Übernahme des Dissertationsthemas bereits ausgegraben. Meinem Doktorvater Prof. Dr. Antonio Loprieno habe ich es zu verdanken, dass ich das vorliegende Material be­ arbeiten durfte. Durch ihn wurde sichergestellt, dass erst­ mals ein grösseres geschlossenes «Deir-el-Medine-Ensemble» als Ensemble und nicht in bekannte Objektkategorien wie Keramik, Bildostraka, hieratische Ostraka etc. zerlegt bearbeitet werden konnte. Über all die Jahre erhielt ich von ihm jederzeit die benötigte Unterstützung. Er war es auch, der beim Schweizerischen Nationalfonds ein Gesuch zur Bearbeitung des über die Jahre immer umfangreicher gewordenen Materials einreichte und bewilligt erhielt. Dem Nationalfonds sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Diese Unterstützung ermöglichte nicht nur die abschliessende Ausgrabung des ganzen Areals mit Arbeiterhütten östlich des Grabes Ramses’ X. sowie die umfassende Bearbeitung des gesamten Fundmaterials, son­dern auch eine zusätzliche Forschungsreise ins Museum in Kairo sowie die Durchführung einer internationalen Deir-el-Medine-Konferenz in Basel. Prof. Dr. Günter Burkard, München, danke ich für die Bereitschaft, das Korreferat zu übernehmen. Eine Arbeit im vorliegenden Umfang ist nie das Werk ei­ ner einzelnen Person. Ohne die alljährlich durch die ägyp­ tische Altertümerverwaltung (SCA) erteilte Grabungsbewilligung hätte das Projekt so nicht realisiert werden können. Dem ehemaligen Direktor Dr. Zahi Hawass und seinem Vorgänger Gaballah Ali Gaballa sowie den Chefbeamten Dr. Mohamed el-Saghir und Dr. Sabri Abd el-Aziz und allen ihren Mitarbeitern sei an dieser Stelle dafür herzlich gedankt. Es sind und waren dies Magdi el-Ghandour, Dr. Mohamed Nasser, Dr. Mohamed el-Bialy, Dr. Yahya el-Masri, Dr. Kholeil Ghali, Mansour Boreik, Atia Radwan, Ali el-Asfar, Ibrahim Soliman Ibrahim, Sultan Mohamed

Eid, Nour Abd el-Ghaffar, Dr. Mohamed Abd el-Aziz Ahmed, Mustafa Waziri sowie den zahlrei­chen Grabungs­ inspektoren: Fathy Yaseen, Barakat Eid Ahmed, Ezz elDin, Ahmed Hassan, Mahmud Mohamed Mousa, Hassan Kamal Ahmed, Abd el-Fattah, Abd el-Kader Hamid, Ramadan Ahmed Ali, Abd er-Rachman, Abd el-Sattar Badry Mohamed, Hassan Ali Ahmed, Fawzi Helmi Okail, Aiman Mohamed Ibrahim, Gamal Amin, Yahya Abd elAlem, Yasser Abd el-Razik, Ahmed Mah­mud Yaseen und Ali Reda Mohamed. Ich danke Elina Paulin-Grothe, der über all die Jahre die Grabungsleitung oblag. Durch ihre langjährige Erfahrung vor Ort schuf sie die Arbeitsbedingungen, die die vorliegenden Ergebnisse ermöglichten. Bei den weiteren Mitgliedern des Projekts MISR: «Mission SiptahRamses X.» Hanna Jenni, Barbara Lüscher und Thomas Schneider bedanke ich mich für ihr Interesse an der Arbeit und die Unterstützung während der Bearbeitung des umfangreichen Materials. Für Diskussionen, Anregungen und weiterführende Hinweise danke ich Daniel Arpagaus, Andrea Gnirs sowie Deborah Sweeney. Ein grosser Dank geht an Abd el-Hamid (Abdu) Osman Taia, unseren langjährigen Vorarbeiter (Rais), der alljährlich mit Umsicht eine exzellente, harmonierende Gra­ bungsmannschaft zusammenstellte und geschickt führte, sowie an alle Grabungsarbeiter – je nach Jahr bis zu 60 Leute –, die durch ihre akribische Arbeit die Grundlage für die vorliegenden Resultate schufen. Abd es-Sabur Osman Taia und seinem Team danke ich für die Bearbeitung der Keramik. Als Grabungstechniker fungierten Günter Heindl und Pieter Collet, denen die Pläne zu verdanken sind. P. Collet erstellte zudem die Zeichnungen und Umtuschun­gen fast aller dreidimensionalen Objekte wie Gussmodel, Büs­ten etc. Daniel Infanger fotografierte während dreier Aufent­ halte in Ägypten die Objekte und fertigte zahlreiche Aussenaufnahmen an, wofür ich ihm herzlich danke. Bedanken möchte ich mich vor allem auch bei Erico Peintner, der zahlreiche Ostraka sicherte, restaurierte, drei­di­men­ sio­nale Abdrücke von Gussmodeln nahm und zu einer Serie aus­gewählter Ostraka detaillierte Schadensbilder erstellte. Claire Newton erklärte sich kurzfristig bereit, die botanischen Reste zu analysieren. Den Grabungsmit­ arbeiterinnen Aude Schönenberger und Luise Werlen, die auch zahlreiche Ostraka zeichnete, danke ich für ihren Einsatz. Barbara Hufft danke ich für diverse Ostraka- und Keramikzeichnungen sowie vor allem für die Umtuschung der gesamten Keramik. Prof. Dr. Susanne Bickel danke ich für ihre stete Gesprächsbereitschaft, die 13


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kritische Lektüre mehrerer Kapitel und für zahlreiche Hinweise. Ein herzlicher Dank geht an Matthias Müller, der in der letzten Dokumentationskampagne 2005/06 zahlrei­che hieratische Ostraka zeichnete und in den vergangenen Jahren stets bereit war, Lesungen und Übersetzungen zu korrigieren und mit mir zu diskutieren und zum Abschluss den Katalog der hieratischen Ostraka Korrektur las und zu zahlreichen Lesungsverbesserungen beitrug. Ein grosser Dank geht an Rob Demarée, der eines Tages im Winter 2001/02 bei einem seiner jährlichen Ägyptenaufenthalte unsere Grabung besuchte und von diesem Zeitpunkt an ein steter Begleiter meiner Arbeit war. Ihm verdanke ich zahlreiche Lesungen und Hinweise zu hieratischen Ostraka sowie auch die Gewissheit, dass schwache Spuren nicht immer gelesen werden können. Dr. David M. Hoffmann, Verlagsleiter, und Dr. Reto Zingg, Lektor des Schwabe Verlags Basel, danke ich für die professionelle und zugleich unkomplizierte und sehr angenehme Zusammenarbeit, die zur speditiven Umwandlung der digitalen Daten in Buchform beitrug. Meinen Eltern Paul und Adelheid Dorn-Ebner und den Eltern meiner Partnerin Titus und Elisabeth JennyBeyer danke ich für die Unterstützung, die wir als Paar

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Vorwort

und später als Familie in den vergangenen Jahren erfahren durften, mei­nem Vater zudem für das akribische Kor­rektorat. Während der hektischen Endphase, in der meine Partnerin und ich gemeinsam arbeiteten, war Melanie Kaltenbach der ruhende Pol. Sie kümmerte sich liebevoll um unsere Kinder Samuel und Sarah und sorgte dafür, dass die Welt der Kinder mit weniger Eltern nicht in Schieflage geriet, wofür ich ihr herzlich danke. Ohne meine Partnerin lic. phil. Mirjam T. Jenny wä­ re diese Arbeit nicht in der vorliegenden Form zu einem Abschluss gekommen. Über all die Jahre, in frohen sowie auch in anstrengenden Momenten, war sie stets da. Sie erstellte 80% aller Zeichnungen der Bildostraka und mehr als die Hälfte aller Keramikzeichnungen. Von unschätzbarem Wert waren all die Ideen und Gedanken, die aus gemeinsamen Diskussionen hervorgingen. Durch ihr Lek­torat, Korrektorat und das von ihr erstellte Layout erhielt die Publikation ihre Form, ein Gesicht. Für all das gebührt ihr der herzlichste und grösste Dank.

Basel, im Herbst 2011

Andreas Dorn


Einleitung

Entstehung und Verlauf der Ausgrabung von Arbeiterhütten im Gebiet östlich des Grabes Ramses’ X. Die vorliegende Arbeit ist aus dem Projekt MISR: «Mis­ sion Siptah-Ramses X.», das die vollständige Ausgrabung und Dokumentation der Königsgräber Siptahs (KV 47) und Ramses’ X. (KV 18) zum Ziel hat1, hervorgegangen. Bereits in der ersten Grabungskampagne des MISR-Pro­ jekts im Winter 1998/99 wurden bei der Untersuchung des Schuttes um den Einschnitt des Grabes Ramses’ X. (Areal A im Westen und Areal B im Osten), direkt ober­ halb des Grabes erste Überreste von Arbeiterhütten frei­ gelegt sowie mehrere Ostraka gefunden (Abb. 1). In den Bereichen westlich der modernen Aussenmauer von KV 18 (Areal A) wurden zudem zahlreiche Objekte von der Grabausstattung des westlich benachbarten Grabes Se­ thos’ I. gefunden2. Die Beobachtung, dass der anstehende, neuzeitlich umgelagerte Schutt zahlreiche Funde enthielt und unter diesem intakte Strukturen freigelegt werden konnten, führte zu einer Ausweitung der ursprünglichen, auf Grä­ ber fokussierten Fragestellung. In der zweiten Kampagne (1999/2000) wurde der markante, durch Davis angeschüttete Schutthügel in Areal B (1998/99 als SH1-KV 54-O; 1999/2000 als SH1 bezeichnet) abgetragen (Abb. 2). Bereits am Ende der ersten Kampagne wurde an diesem Schutthügel eine Sondage durchgeführt, in deren Verlauf an nur vier Ar­ beitstagen über 30 Ostraka gefunden wurden. Fund- und befundmässig war das Resultat der zweiten Kam­ pagne vergleichbar mit jenem der ersten Kampagne. Im Schutthügel (SH1) wurden über 200 Ostraka gefunden. Unter dem Schutthügel konnten entlang der östlichen Wadiflanke fünf Arbeiterhütten (Hütten 7–11) mit ca. 60 cm hoch erhaltenen Mauerresten sowie nördlich an­ schliessend die Hütten 1–6 ohne sicher zuweisbare Funde freigelegt werden.

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Das Grab Ramses’ X. als einer der Teilbereiche des Projekts liegt bereits als Publikation vor, vgl. Jenni (Hg.), Ramses X. Darunter fallen vor allem Sarkophagdeckel- und Kanopenkas­ tenfragmente, Uschebtis, Möbelteile, Alabstergefässe, Weinkrug­ aufschriften sowie Teile der zerstörten Grabwände und -decken, die inzwischen von verschiedenen Kolleginnen und Kollegen bearbeitet werden, vgl. http://aegyptologie.unibas.ch/forschung/ projekte/misr-mission-siptah-ramses-x/publikationen/.

Abb. 1: Das Grab Ramses’ X. (KV 18) am Ende der ersten Grabungs­ kampagne im Winter 1998/99 mit Treppe im Westen, Fussböden von Arbeiterhütten oberhalb des Grabes und KV 54 im Osten. Blick nach Süden.

Abb. 2: Das Grab Ramses’ X. (KV 18) vor Grabungsbeginn im Win­ter 1998/99 mit der Wetterstation in Areal A (rechts) und dem Schutt­hügel 1 in Areal B (links). Blick nach Süden.

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Text

Einleitung

Abb. 3: Das Gebiet um das Grab Ramses’ X. nach der Ausgrabung durch Davis im Winter 1907/08 mit Arbeiterhütten (Kreis).

Abb. 4: Relokalisierte Arbeiterhütten in Areal E im Jahr 2004. Blick nach Norden.

In der folgenden, dritten Kampagne (2000/01) wur­ de die Ausgrabung auf das Gebiet südlich und westlich der im Vorjahr entdeckten Arbeiterhütten ausgedehnt. Dabei konnten 21 weitere Hütten mit intakten Befun­ den ausgegraben werden. Zudem wurde ebenfalls von Davis generierter Grabungsschutt (AH-S SH) an der südwestlichen Wadiflanke oberhalb der letzten Hütten systematisch abgetragen. Von den ca. 280 Ostraka stam­

men 130 aus gesicherter Fundlage in Hütten. Sie sind u. a. wegen ihrer Vergemeinschaftung mit Alltagskera­ mik für deren Datierung von grosser Bedeutung. In der vierten Kampagne (2001/02) konzentrierte sich die Ausgrabungstätigkeit des MISR-Projekts vor al­ lem auf das Gebiet nördlich des Grabes Siptahs (KV 47), abgesehen von zwei Schnitten in Areal A und einem in Areal B. Bei diesem letztgenannten Schnitt in neuzeit­

Abb. 5: Das Gebiet östlich des Grabes Ramses’ X. auf einer Aufnahme vor 1969, vor der Freilegung der Arbeiterhütten. Blick nach Südwes­ ten.

Abb. 6: Areale B, C und E östlich des Grabes Ramses’ X. nach der Freilegung der Arbeiterhütten im Winter 2005/06 (Areal E bereits wieder zugeschüttet). Im Vordergrund ist die Wadisohle erreicht. Blick nach Süden.

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Im Rahmen dieser mehrjährigen archäologischen Tätig­ keit des Basler Grabungsprojekts im Tal der Könige wur­ de das grösste Areal seit der intensiven Grabungstätigkeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis auf den anstehenden Fels untersucht. Es umfasst das Gebiet zwischen dem Grab Sethos’ I. und der Weggabelung oberhalb der markanten Geländestufe östlich des Grabes Ramses’ X. (Abb. 5 und 6).

Nomenklatur Grabungsareale Die Einteilung der Grabungsareale orientierte sich an topografischen Merkmalen, die zu Beginn der Grabung vorhanden waren (Abb. 7). Areal A wird im Westen durch die östliche Aussen­ mauer des Grabes Sethos’ I. begrenzt, im Osten durch die westliche Aussenmauer des Grabes Ramses’ X. Im Norden bildete die Südbegrenzung des Touristenwegs die Arealgrenze. Im Süden (hangaufwärts) wurde keine Arealgrenze definiert.

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Abb. 7: Grabungsareale A–E des Basler Ausgrabungsprojektes. M. 1:1250.

Areal B wird im Westen durch die westliche Aussenmau­ er des Grabes Ramses’ X. und ihre imaginäre Verlängerung nach Süden begrenzt, im Osten durch die Oberkante der Hangflanke der natürlichen Geländestufe (Ostflanke des Wadis). Die Nordbegrenzung wird wie in Areal A durch die Mauer des Touristenwegs gebildet. Im Süden (hang­ aufwärts) wurde ebenfalls keine Arealgrenze festgesetzt. Areal C schliesst im Osten an Areal B an. Es besteht aus einem Geländerücken. Die Ostgrenze von Areal C liegt an der tiefsten Stelle, von der das Gelände nach Osten hin bis zum Grab Thutmosis’ IV. (KV 43) bzw. zur senkrechten Felswand wieder anzusteigen beginnt. Die Nordgrenze des Areals wird ebenfalls durch den Touris­ tenweg gebildet, die Südgrenze wurde nicht definiert. Areal D wurde zwar definiert, aber nicht bearbeitet. Es umfasst das Gebiet östlich von Areal C bis hin zur oben bereits erwähnten senkrechten Felswand über dem Grab Thutmosis’ IV. Die Nordgrenze wird durch den Touristenweg gebildet, die Südgrenze wurde nicht fest­ gelegt bzw. fällt mit der nach Süden verlaufenden Fels­ wand zusammen. Areal E umfasst den Touristenweg nördlich der Are­ ale B+C sowie die Flächen nördlich des Weges. Die Südgrenze wird durch die südliche Wegmauer gebildet, die Nordgrenze durch den Hügel nördlich des Grabes Ramses’ X. Im Westen liegt die Grenze in der imaginären Verlängerung der westlichen Aussenmauer des Grabes Ram ses’ X. Im Osten liegt die Grenze bei der Verzweigung des Touristenweges. Der obere, südliche Weg dieser Ver­ zweigung führt zum Grab Thutmosis’ IV. (KV 43), der 17

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lich gestörten Horizonten wurde erstmals die tiefer lie­ gende Verfüllung im nicht mit Hütten überbauten Teil des Wadis untersucht. Das Ziel der fünften Kampagne (2002/03) bestand im Versuch, die auf den alten Grabungsfotos von Davis erkennbaren Hüttenstrukturen in Areal E zu relokali­ sieren, was erfreulicherweise gelang (Abb. 3 und 4). Im Verlauf dieser Kampagne wurden weitere 90 Ostraka gefunden. In der sechsten Kampagne (2003/04) wurden die Arbeiten im Bereich der Hütten in Areal E fortgesetzt und abgeschlossen, wobei das östliche Ende der Hütten­ siedlung erfasst werden konnte. Zudem wurde damit be­ gonnen, den ganzen Schutt im Wadi nördlich und östlich des Grabes Ramses’ X. abzutragen, um die ursprüngliche Topografie vor der Nutzung des Tals der Könige als Ne­ kropole fassen zu können und alle Objekte aus unserem Grabungsareal zu bergen. Gegen 250 Objekte, mehr­ heitlich Ostraka, wurden in diesem Winter ausgegra­ ben. Diese Arbeiten wurden in der siebten und letzten Grabungskampagne (2004/05) fortgesetzt und abge­ schlossen. Zudem wurde ein letzter Bereich, Areal C, der von Davis bereits ausgegraben worden war, freigelegt und die diesem Areal zuweisbaren Schutthügel aus der Zeit von Davis untersucht. Über 270 Objekte wurden in diesem letzten Grabungswinter gefunden. Die Arbeiten in Areal A zwischen dem Grab Sethos’ I. und dem Ram­ ses’ X., die in den vergangenen Kampagnen oft parallel zu denen in den anderen Arealen stattfanden, wurden ebenfalls abgeschlossen.

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untere, nördliche Weg zu dem Montuherchopeschefs (KV 19) und zu dem Hatschepsuts (KV 20).

5 m eingeteilt. Der weiter östlich von diesen Schnitten gelegene Schutthügel, in dieser Kampagne als «Schutt­ hügel 1 KV 54­Ost» (B.SH1­KV54­O) bezeichnet, in der Folge dann als Schutthügel 1 (SH1), wurde, wie auch die später ausgegrabenen Bereiche von Areal B, nicht in ein systematisches Feldraster integriert, sondern als eigenständige Bereichsbezeichnung verwendet. Durch den stetigen Abtrag von ca. 20 cm hohen Abhüben (A) vergrösserte sich die Abhubfläche kontinuierlich. Im Ver­ laufe der Ausgrabung wurde SH1 zum Synonym für die nördliche Hälfte von Areal B. Zur Differenzierung der immer grösser gewordenen Abhubfläche wurde die Be­ zeichnung SH1 mit zusätzlichen Himmelsrichtungskür­ zeln versehen (z. B. SH1­N.A13). Im zentralen und südlichen Bereich des Schutthügels wurden am Ende der zweiten Kampagne erste «Räume» (Arbeiterhütten) frei­

Grabungssektoren bzw. -bereiche (Abb. 8) Areal A wurde in 13 Grabungsfelder («Schnitte», SI–SXIII) mit einer ungefähren Seitenlänge von ca. 5 m unterteilt, wobei die einzelnen Grabungsfelder nicht abgesteckt wur den. Die einzelnen Abhübe (A) betrugen jeweils ca. 20 cm. Der Weg wurde 2004/05 in vier Grabungsfelder («Schnit te», SXX­Ost und ­West, SXXI­Ost und­West) unterteilt. Es wurde nicht systematisch nivelliert. Areal B wurde entlang der östlichen Aussenmauer des Grabes Ramses’ X. und in deren südlicher Verlänge­ rung in der ersten Kampagne ebenfalls in Grabungs­ felder («Schnitte») mit einer ungefähren Seitenlänge von

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I Gelb III Weiss

II Keins

SH 1 c

SH 1 e west

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SH 1 e ost

SH 1 d SH 1 b alt SH 1 a west

E.SI

SXXI-W

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SH 1 a

E.Weg S11-N

SXXI-O SXX-O

SXX-W

E.Weg S11

E.WegS12

SVI

E.Weg S10-N E.WegS10

SVIII AM-W.SIII

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Eingang Nord

SIX

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E.WegS9

SH I g

SH 1 h

E.WegS8 E.WegS7

AM-O.SII

E.Steg west

E.WegS5

E.WegS4

E.WegS3

E.Steg ost

99560 XIV

AM-O.SI

XV

AM-S.SI SXII

SXI

AM-W.SI

IX

XVI

SH1-NW

SXIII

XIII

XIX

AM-W.SII

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E.WegS2

XX

SVII

XVII

E.WegS1 E.WegS6

SH1-N

SV

SH 1 f ost

SH 1 f west

E.Weg S9-N

SIV SX

SH 1 b erweitert

X

AM-O. Süd.SI

XI

V

XII AM-O. Süd.SII

SH1 = SH1-KV54-O

AM-S.SII AM-S.SIII

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VI VII

I

VIII

AM-O. Süd.SIII

II III

AM-S.SIV

IV AH-S

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SH1-S

AM-S.SV AH-O.OT

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99530 AH-O

N

AH-S.SH

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99520 0

10

20 m

AH-W

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Abb. 8: Grabungssektoren in den Arealen A–E mit Angabe der verwendeten Nomenklatur. M. 1:600. 99490

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gelegt, die ab dem Zeitpunkt ihrer Identifikation mit der Bezeichnung «Raum+Nummer» (z. B. Raum 19) Teil der Arealnomenklatur wurden. In Abgrenzung zu den bereits in der ersten Kampagne weiter westlich an der Westflanke des Wadis (südöstlich von KV 18) gefunde­ nen Hütten wurden die Hütten im hinteren Teil des Wadis in Areal B als Arbeiterhütten-Ost (B.AH-O) be­ zeichnet. Bei den weiteren Grabungen im südlichen Teil von Areal B in der dritten Kampagne, in deren Verlauf zahlreiche weitere Hütten freigelegt wurden, wurde den Hüttenstrukturen (Mauerkronen) folgend nach einzel­ nen Hütten gegraben. Auch hier wurde in der Regel in Abhubeinheiten von ca. 20 cm gearbeitet, wobei die Abhubwechsel nicht nach systematisch genommenen Ni­ vellements erfolgten. Gewisse Mauerkronen wurden erst sichtbar, nachdem für einen Grabungsbereich bereits ei­ ne Raumnummer vergeben worden war. Dies führte zu Raumbezeichnungen wie Raum 19a und 19b. Bei der Ausgrabung von Hütte 13 wurde nach Abhub 3 eine weitere Hütte («Raum 16») identifiziert. Dessen Abhub 1 liegt unter Abhub 3 von Hütte 13 und beinhaltet kei­ nen Oberflächenschutt, wie er für den ersten Abhub in den sonstigen Hütten üblich ist. Für die vorliegende Arbeit wurden die Hütten von 1 bis 61 durchgezählt, wobei es zu Abweichungen zu den während der Grabung vergebenen Hüttennummern kam. In Areal C wurden Sektoren à 5 m Seitenlänge ange­ legt (C.SI–SXXIII) und nach den Abhüben wurde je­ weils systematisch nivelliert. In Areal E wurde eine analoge Nomenklatur ver­ wendet wie in Areal B. Der markante, im nördlichen Teil des Areals nördlich des Touristenwegs gelegene Schutt­ hügel wurde als Arealbezeichnung (SH1) verwendet. Zur Binnendifferenzierung des Schutthügels bzw. der sich östlich daran anschliessenden Flächen wurden von Wes­ ten nach Osten Kleinbuchstaben verwendet (z. B. E. SH1a.A4). Bei Abhubwechsel wurde systematisch nivel­ liert. Der Touristenweg stellte einen weiteren Grabungs­ bereich dar, der mit der Bezeichnung «Weg» versehen wurde. Er wurde in Sektoren unterteilt, deren aufstei­ gende Zählung von Osten nach Westen erfolgte (z. B. E.Weg.S4.A6). Bei Abhubwechsel wurde systematisch nivelliert.

Methodik In der vorliegenden Publikation werden die unterschied­ lichsten Funde aus den Arbeiterhütten aus dem Bereich des Grabes Ramses’ X. gemeinsam vorgelegt und interpre­ tiert. Dieses sonst aus archäologischer Perspektive selbst­ verständliche Vorgehen war für Objekte aus Deir el-Me­

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dine aus allgemein bekannten Gründen bisher nur bedingt möglich. Die bisher praktizierte Fundvorlage nach den Kategorien «Ostraca Littéraires», «Ostraca Hiératiques non Littéraires» und «Ostraca Figurés» neben vielen wei­ teren wie Stelen, Alltagsobjekten oder Keramik führte zu einem segmentierten Blick auf Deir el-Medine und den dortigen Alltag3. Durch die gemeinsame Publikation aller Objekte aus jeweils einer Hütte soll die reale Nähe von vermeint­ lich nicht zusammengehörigen Objektkategorien gezeigt werden. Welche Schlüsse im Einzelnen aus der Fundver­ gemeinschaftung von Bildostraka unterschiedlicher Qua­ lität, von mehreren Stelenostraka, hieratischen Texten, Gussmodeln, Keramik und Krugdeckeln gezogen wer­ den können, ist der Besprechung der Funde nach Hüt­ ten zu entnehmen: Es lassen sich mehrere Mitglieder ei­ ner Familie identifizieren, Präferenzen bei der Verehrung von Gottheiten erkennen, in der Freizeit entstandene Objekte herauskristallisieren und vieles mehr. Durch die gemeinsame Objektanalyse und durch ihre Kontextuali­ sierung in den einzelnen Hütten soll soweit wie möglich der Lebensraum der Arbeiter aus mikrogeschichtlicher Perspektive beleuchtet werden. Zudem schweift der ana­ lytische Blick punktuell über die Mauern der einzelnen Hütten hinaus und versucht, Alltagsmomente der Arbei­ ter im Tal der Könige festzuhalten, auch wenn im eige­ nen Fundmaterial keine Hinweise auf solche enthalten sind. Zu solchen Alltagsmomenten gehören Götterfeste im Tal der Könige für einzelne Gottheiten oder auch Beobachtungen zum schleppenden Arbeitsfortschritt am Grab Ramses’ IV. und die damit verbindbare Präsenz hoher Staatsbeamter. Zudem wird gefragt, wie weit die Objekte über das Tal der Könige und Deir el-Medine hinaus Aussagen über sozialgeschichtliche Entwicklun­ gen am Ende des Neuen Reiches zulassen. Neben der gemeinsamen Betrachtung der stratifizierten Objekte nach Hütten werden die Funde in Kapiteln wie «Amun-Re» oder «Administrative Texte» präsentiert und thematisch besprochen. Dabei findet keine Trennung zwischen stratifizierten und nicht stratifizierten Objek­ ten mehr statt. Diese «klassische» Bearbeitung nach ein­ zelnen Themenkreisen illustriert – z. B. bei Bildern – un­ ter anderem die qualitative Varianz in der Ausführung, die unterschiedlichen Mengen an Bildern je nach Thema und sie lässt zudem einfacher Vergleiche mit identischen Motiven von anderen Fundorten zu.

3

Eine gemeinsame Besprechung von Objekten mit demselben Fundort nahm u. a. Gasse, in: Demarée/Egberts (Hg.), Deir elMedina, 109–120 vor.

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In der Arbeit wird bewusst auf allgemeine Kapitel zu Deir el-Medine und zur Organisation der Mannschaft etc. verzichtet, obwohl sie inhaltlich genau in diesen Themenfeldern anzusiedeln ist4.

Umgang mit unstratifizierten Funden Die gleichberechtigte Behandlung von stratifizierten und nicht stratifizierten Funden (Ostraka) aus gestörten Kon­ texten (d. h. rezenten Schutthügeln) aus dem Gebiet um das Grab Ramses’ X. erfolgte vor folgendem Hintergrund: Die Produktion von Ostraka durch Arbeiter, die mit der Erstellung von Königsgräbern betraut waren, setzte in grösseren Mengen erst allmählich ca. ab der Regierungs­ zeit Haremhabs/Sethos’ I. ein5, wie ein Vergleich mit davor anzusetzenden Funden aus Deir el-Medine bzw. aus Amarna zeigt, wo Ostraka fast gänzlich fehlen6. Eini­ ge wenige frühe Stücke wurden im Verlauf der Basler Grabung gefunden7. Diese zeigen, dass im unstratifizier­ ten Schutt durchaus mit älteren Ostraka gerechnet wer­ den muss. Aufgrund der allgemein geringen Produktion von Ostraka in der frühen 19. Dynastie fallen diese je­ doch mengenmässig nicht ins Gewicht. Die in die frühe 19. Dynastie datierten Ostraka weisen mit Fundorten in Areal A (zwischen dem Grab Sethos’ I. und dem Ramses’ X.) und E (unterhalb [westlich] der Geländestufe) zudem eine geringe Streuung auf. Aus der erstaunlich kleinen Menge von nur 33 Os­ traka aus Areal A von insgesamt 905 Objekten, lässt sich die minimale «Wanderung» von Ostraka aus den höher gelegenen Arealen (B, C und E) bis ins tiefer gelegene Areal A zeigen. Von diesen 33 sind nur zwei sicher in die 19., aber 14 sicher bzw. mit grosser Wahrscheinlichkeit in die 20. Dynastie zu datieren. Eines ist butehamunzeit­ lich. Die restlichen 16 lassen sich zeitlich nicht zuwei­ sen. Sethoszeitliche Keramik liegt im Gegensatz zu Os­ traka in grösseren Mengen vor8. Abgesehen von der Bei­ gabenkeramik, die im Nachgang zur Beraubung und im Rahmen von neuzeitlichen «Reinigungen» des Grabes Se­ thos’ I. und allenfalls auch Ramses’ I. ausserhalb der Gräber deponiert wurde und in den Schutt gelangte, fiel bereits während des Baus dieser beiden nahe gelegenen Gräber Alltagskeramik an. Diese vor allem sethoszeit­ liche Baukeramik fand sich im modernen Schutt in Are­ al A, im homogenen pharaonischen Schutt direkt ober­ halb des Grabes Sethos’ I.9, im Taffl-Schutt aus dem untersten Gang des Grabes Sethos’ I. in Areal B und E sowie im modernen Schutt in Areal B, was auf die Depo­ nierung von Grabaushub Sethos’ I. inklusive Keramik in Areal B schliessen lässt. Durch die neuzeitlichen Gra­ bungen in Areal B (Belzoni, Ayrton für Davis) kam es zu einer Vermischung von sethoszeitlicher Keramik mit Ke­ ramik aus den abgetragenen Arbeiterhütten aus der Mit­ te der 20. Dynastie, die sich auch im zentralen Bereich 20

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des Wadis befanden. Die nicht stratifizierte Keramik der 20. Dynastie wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht berücksichtigt.

Datierung unstratifizierter Ostraka Bei den unstratifizierten Ostraka wurde im Katalog je­ weils auf einen gesonderten Datierungsvermerk verzich­ tet. Bei Bildostraka, der grössten Fundgruppe, wäre dies ohnehin nicht möglich gewesen, da grössere, gut datierte Vergleichskorpora kaum zur Verfügung stehen und die Objekte selbst keine Datierungshinweise liefern. Anhand des reichlich vorhandenen prosopographischen Materi­ als lässt sich zeigen, dass bei den Funden insgesamt von einer zeitlichen Ansetzung in der Mitte der 20. Dynastie ausgegangen werden darf. Diese Argumentation für den Umgang mit unstratifizierten Objekten birgt die Gefahr von Zirkelschlüssen. Diese lässt sich jedoch weiter ver­ ringern durch den Vergleich mit den Funden des Basler Grabungsprojekts im Gebiet nördlich von KV 47 (Grab Siptahs). Die Ostraka aus der Mitte der 20. Dynastie aus den Arealen um KV 18 unterscheiden sich von den Os­ traka aus der zweiten Hälfte der 19. Dynastie in zweierlei Hinsicht. Erstens ist die Fundzusammensetzung bei den «Siptahostraka» umgekehrt: Das ältere Korpus besteht aus ²⁄³ Textostraka und max. ¹⁄³ Bildostraka. Zweitens differieren die Text- und Bildinhalte: Die Siptahostraka umfassen fast ausschliesslich administrative Texte, die im Zusammenhang mit dem Grabbau stehen, und bei den Bildern fehlen unter anderem Stelenostraka fast gänzlich. Beim Vergleich mit den gleichzeitig wie die aus den Arealen um KV 18 zu datierenden Ostraka aus dem Be­ reich des Hauptplatzes (KV 6, KV 9, KV 62, KV 55, KV 10)10 lässt sich eine weitestgehende inhaltliche und men­ genmässige Übereinstimmung feststellen, die zur Absi­ cherung des Umgangs mit den nicht stratifizieren Ob­ jekten aus den Arealen um KV 18 beiträgt.

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Siehe z. B. Cooney, Cost of Death, 12–16 (2007); Grandet, in: Andreu (Hg.), Artistes, 43–47; Valbelle, «Les ouvriers de la tom­ be» (1985); ‡erný, Community of Workmen (1973). Ausserhalb Deir el-Medines zählen Ostraka in geringen Stück­ zahlen durch alle Zeiten hindurch zu konstant vorkommenden Fundobjekten. Valbelle, «Les ouvriers de la tombe», 23–26. Zu diesen siehe Dorn/Paulin-Grothe, im Druck. Aston, Pottery recovered (im Druck), Kap. 5. Die minimale «Wanderung» von Objekten lässt sich auch an der Keramik illus­ trieren. Aus Areal A stammen nur gerade fünf Scherben von 20.-Dynastie-Gefässen. Siehe ebenda, Kap. 7 mit Taf. 73. Dieser Schutt wurde durch den ägyptischen Antikendienst im Rahmen der durch das ARCE neu errichteten Schutzmauer par­ tiell abgetragen. Die Keramik wurde D. Aston zur Bearbeitung verdankenswerterweise zur Verfügung gestellt. Siehe unten S. 177–180.


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