Nicolas Assur Corfù. Die Bedeutung des Kranzes im spätantiken Orient

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Die Bedeutung des Kranzes im spätantiken Orient

Zu Thronbesteigung, Kranzübergabe und Religionen im Sasanidenreich

Schwabe Verlag

Gedruckt mit Unterstützung der Berta Hess-Cohn Stiftung, Basel.

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Abbildung Umschlag: Relief Naqš-i Rustam 1, Iran (Foto: Nicolas Assur Corfù)

Korrektorat: Jan Urbich, Leipzig

Cover: icona basel gmbh, Basel Layout: icona basel gmbh, Basel

Satz: Claudia Wild, Konstanz

Druck: Hubert & Co., Göttingen

Printed in Germany

ISBN Printausgabe 978-3-7965-5273-1

ISBN eBook (PDF) 978-3-7965-5274-8

DOI 10.24894/978-3-7965-5274-8

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1.8 Taq-i Bustan 1 (Abb. 8)

5.2 Die Krone des „Kranzgebers“

5.3 Das

5 Der Kranz im Okzident

5.1 Der Kranz auf Münzen im Westen

5.2 Die Kranzübergabe auf spätrömischen Münzen als „Schlüssel“ zum Thema

Die Methode zur Analyse der Bedeutung einer Kranzübergabe

Spätrömische Münzen mit Kranzdarstellung

Fazit zur Bedeutung und Entwicklung des Kranzes

Zu „Auramazda“

„Auramazda“ als Gottesname

1.2 „Auramazda“ als Gottesname in griechischen Quellen

1.3 Auramazda im Osten

1.4 Zu Kartir, dem Priester

Fazit zu Auramazda

VIII Tabellen

IX Bibliographie

X Abbildungen

1 Abbildungsnachweis

In dieser Arbeit werden einige altbekannte und allgemein anerkannte Thesen über das Sasanidenreich kritisch hinterfragt. Die Thronbesteigung wird behandelt, wobei spezielles Augenmerk den sogenannten „Investitur-Felsreliefs“ der Sasanidenherrscher gilt. Das gemeinsame Element dieser Reliefs ist die Übergabe eines bebänderten Kranzes, dessen Bedeutung im spätantiken Orient nachgegangen wird. Ein Exkurs gilt den Religionen im Alten Iran.

Die vorliegende Arbeit wurde von Oskar Kaelin, Basel, redigiert, wofür ihm ganz besonderer Dank gebührt. Eine kritische Durchsicht des Manuskripts mit hilfreichen Hinweisen werden Hans-Peter Mathys, Basel, Reza Garosi, Oberwil bei Basel, Parsa Daneshmand, Changchun, China, und Holger Sonnabend, Stuttgart, bestens verdankt.

„Höchstens 40 % von dem, was wir über den antiken Orient wissen, ist auch wahr.“

Markus Wäfler

In Memoriam:

Markus Wäfler (1943–2020), dem Maestro, meinem Lehrer

Wer immer mit dem Strom schwimmt, kommt nie zur Quelle. Hier aber wird nach der Herkunft der Quelle gefragt.

Mit der spätantiken sasanidischen Zeit (224–651 n. Chr.) endet eine mehrtausendjährige Tradition vorderorientalischer Reiche und ihrer immensen Prägekraft. Da kaum schriftliche Dokumente der Sasaniden aus dieser Zeit erhalten sind, bilden Felsreliefs und Münzen die wichtigsten Primärquellen.1 Schriftliche Informationen stammen meist aus frühislamischer Zeit (8.–9. Jh. n. Chr.2) und sind somit Sekundärquellen, deren Aussagen kritisch zu betrachten sind.3 In der Forschung ist es gängige Auffassung, dass in Iran der Sasanidenzeit der Zoroastrismus Staatsreligion gewesen sei. Diese Meinung beruht hauptsächlich auf einigen Felsinschriften sowie auf sasanidischen Felsreliefs, die, wie es scheint, eine Gottheit in Interaktion mit einem Herrscher darstellen.

Schippmann (1990: 123) bemerkte zur Beschäftigung mit den sasanidischen Felsreliefs: „Es ist geradezu ein ‚Sport‘ geworden, über die Identifizierung einzelner auf den Reliefs dargestellten Personen zu streiten“. Die Forschung ist dementsprechend von zahlreichen kontroversen Meinungen bestimmt.4

Die Anzahl der bekannten Felsreliefs ist je nach Autor unterschiedlich (Tabelle 1).5 Wo Inschriften fehlen, erfolgt ihre Zuordnung zu einem Herrscher über die persönliche Krone, gelegentlich unter Einbeziehung der Frisur und des Bartes.6 Zwei stammen von Kartir, einem Priester (Kap. VI .1.4).7 Von den 33 bekannten sasanidischen Grosskönigen8 haben nur neun Felsreliefs hinterlassen – genauer: von den ersten 11 Sasaniden-Herrschern haben acht Reliefs anfertigen lassen, ein neunter erst nach einer ca. 200-jährigen Phase, aus der keine Felsreliefs bekannt sind. Drei Reliefs ordnete Vanden Berghe keinem bestimm-

1 Herrmann/Curtis 2002, 1.

2 Shaki 2011.

3 „Modern scholarly discourse about Mazdakism and other Sasanian religious trends as heterodoxies, which are often based on the anachronistic and ideologically motivated literary portrayals in the Arabic and Middle Persian corpora.“ (Rezakhani 2015, 69); Canepa 2020, 301–302.

4 Erste Kenntnisse der Reliefs in Europa stammen aus dem 17. Jh. (Mousavi 2015, 22). Sarre behandelt die Publikationen vor 1910 wie auch die Geschichte der Entdeckungen der iranischen Felsreliefs (Sarre/Herzfeld 1910). Ihre Erforschung behandelt Vanden Berghe (1983, 13–18, 160–164, inklusive Bibliographie).

5 Vanden Berghe (1983, 57, 106–108) zählt 38. Canepa (2013, 857, Tab. 45.1) spricht von 33. Er zählt den grossen Iwan in Taq-i Bustan als ein Relief, aber es sind eigentlich vier Reliefs; die zwei Reliefs von Darabgird fehlen bei ihm, dafür kennt er das Relief von Rag-i Bibi.

6 Vanden Berghe 1983, 60.

7 Gignoux 1984b, 192.

8 Wiesehöfer 1998, 409–410.

ten Sasanidenherrscher zu.9 Ein Relief in Ray, südlich von Teheran, ist heute zerstört.10 Das Felsrelief in Rag-i Bibi (Nord-Afghanistan) ist ein Reiter-Jagd-Relief, das Šapur I. zugeordnet wird.11 Weiter existieren 10 unvollendete Reliefs bzw. nur vorbereitete Flächen, die wohl aus der Sasanidenzeit stammen.12 Viele sasanidische Felsreliefs liegen am Wasser, an Quellen oder Fliessgewässern.13 Obwohl sie sich oft an abgelegenen Orten befinden, sind sie geschaffen, um beachtet zu werden, da sie – mit Ausnahme der Reliefs von Firuzabad –für einen Betrachter auf Augenhöhe angebracht wurden.

Tabelle 1 listet 36 sasanidische Felsreliefs auf, wobei die zwei Reliefs von Kartir – einem Priester – nicht gezählt werden, dafür das Relief Rag-i Bibi, das Vanden Berghe (1983) noch nicht bekannt sein konnte. Die Tabelle bietet die in dieser Arbeit gewonnenen und nicht die bisherigen, von anderen Autoren publizierten Zuordnungen. Die Reliefs haben folgende Themen:

1. Kranzübergabe (bisher als „Investitur“ interpretiert, Reliefs vorgestellt in Kap.  III .1, Abb. 2–6, 8–9)

2. Triumph (Abb. 10)

3. Triumph mit zusätzlichen Würdenträgern (Abb. 11–12)

4. Herrscher mit Würdenträgern (Abb. 14 –18)

5. Reiterkampf (Abb. 20)

6. Jagd

7. Weitere Themen (Abb. 21–23).

W. Hinz vermutete, dass die Reliefs keine Historienreliefs seien.14 Vanden Berghe nahm an, dass Begleitfiguren nur zur Unterstreichung der königlichen Würde dienten. Schon er bemerkte, dass kein einziges Relief rein religiösen Inhalts erhalten ist.15 Ein solches könnte man sich als Darstellung einer abstrakten oder anthropomorphen Gottheit alleine vorstellen, wobei sich die Frage stellt, ob die Religion(en) im Sasanidenreich nicht grundsätzlich

9 Vanden Berghe 1983, 107–108.

10 Vanden Berghe 1983, 108, Nr. 86: Reiterkampf; Von Gall 1990a, 37, Abb. 5, Taf. 14: Reiterbild; Curtis 2007b, 170, Abb. 160: Curtis präzisiert den Ort als Sorsoreh, Ray. Dieses Relief fiel einer Zementfabrik und der Zementgewinnung zum Opfer. An der Quelle Cheshmeh Ali, Ray (35°36.43 N, 51°26.72 E), ist heute ein Relief von Fath-Ali Shah Qajar (1772–1834 n. Chr.) von 5 × 3,5 m direkt an der Quelle angebracht. Lage, Grösse und der tiefe Reliefgrund machen es sehr wahrscheinlich, dass es ursprünglich ein sasanidisches Relief war, was F. Mosadeghi vom Archaeological Center for the Research Institute of Cultural Heritage and Tourism, persönlich bestätigte. Die Umwandlung durch Fath-Ali Shah Qajar muss schon vollendet gewesen sein, als James Morier Anfang 19. Jh. Reliefs in Iran aufnahm: Vanden Berghe 1983, 14. Vom selben Herrscher wurde ein weiteres sasanidisches Relief zerstört, als er sein eigenes Reliefs anbringen liess: Vanden Berghe 1983, 100–101.

11 Grenet et al. 2007, 257–258.

12 Canepa 2013, 857, Tab 45.2. E. de Waele (1977) behandelte davon zwei kleine Reliefs, die sich 8,5 m links vom Relief Naqš-i Rustam 8 (Kap. III.1.7) befinden. Das erste Relief zeigt zwei Personen von nur ca. 1,5 m Höhe; das zweite einen springenden Löwen von nur 0,5 m Breite. Beide Reliefs sind unvollendet.

13 Vanden Berghe 1983, 57–58; Canepa 2013, Tab 45.1.

14 Hinz 1969, 175.

15 Vanden Berghe 1983, 57–58.

anikonisch war(en). Auch eine Szene mit Kulthandlungen wie Opferungen oder Andacht, z. B. an einem Altar, wäre denkbar. Solche Reliefs existieren aber nicht. Das ist ein erster Hinweis auf den primär säkularen Charakter des Sasanidenreiches (Kap. VI .8).

Von den 36 Reliefs der Tabelle 1 befinden sich 27 in der Fars, der antiken Persis: 8 in Naqši Rustam, 6 bei Bishapur, 3 in Naqš-i Rajab, 2 bei Firuzabad (= Tang-i Ab16), 2 in Barm-i Dilak, 2 in Darabgird und je 1 in Sar Mashhad, Naqš-i Bahram (= Sarab-i Bahram), Guyum und Tang-i Qandil (= Sarab-i Qandil).17 Die Reliefs in der Fars entstanden in den ersten ca. 85 Jahren der Sasanidendynastie (ca. 224–309 n. Chr.).18 Weiter wichtig sind die sechs Reliefs von Taq-i Bustan im Norden bei Kermanshah, die z. T. in zwei Iwanen angebracht sind. Relativ früh entstand das Relief in Salmas (Abb. 23), Provinz Adharbaidhan (NWIran).19 Die Reliefs von Rag-i Bibi und Ray sind hier nicht von Relevanz. Zwischen Ende 4. Jh. n. Chr. und Ende 6. Jh. n. Chr. wurden keine Reliefs geschaffen.20

Der Herrscher tritt als zentrale Figur bei folgenden Themen auf: Kranzübergabe (7x), Triumph (2x), Triumph mit zusätzlich Würdenträgern (3x), Herrscher mit Würdenträgern (7x), Reiterkampf (5x), Jagd (4x), singuläre Themen (8x).21

Im Folgenden werden ein häufiges Motiv der sasanidischen Felsreliefs und sein Umfeld untersucht – die sogenannte „Investitur“. Diese Darstellungen zeigen immer die Übergabe eines Kranzes. Es sind die einzigen Felsreliefs, auf denen nach bisheriger Zuordnung eine oder mehrere Gottheiten dargestellt sein sollen. Diese Reliefs – der Schwerpunkt dieser Untersuchung – werden im Weiteren aber nicht als „Investitur“, sondern als „Kranzübergabe“ bezeichnet, da dies das visuell erkennbare Motiv ist: ein bebänderter Kranz, der hochgehalten und übergeben wird. Ob es sich bei dieser Übergabe des Kranzes um eine „Investitur“ handelt, muss diskutiert werden (Kap. II ).

Für F. Sarre (1910), der den Begriff „Investitur“ prägte, schien klar, dass das Relief Naqš-i Rustam 1 (Abb. 6) eine Investitur darstellt, was er mit den beiden Inschriften ANRm-a,b (Kap.  IV .6.2, Naqš-i Rustam 1) begründete und bei den weiteren Kranzübergabereliefs als gegeben erachtete; immerhin erwähnt er abweichende Meinungen.22 K. Erdmann (1948) interpretierte neun Felsreliefs mit Kranzübergabe als Investitur, ohne dies weiter zu begründen; eine Begründung fehlt auch in seinem früheren Buch (1943).23

16 Von Gall 1990a, 20–30.

17 Canepa 2013, Tab. 45 mit der neuesten Liste dazu.

18 Thompson 2008, 299.

19 Hinz 1965; Hinz 1969, 135; Vanden Berghe 1983, 67, 106.

20 Vanden Berghe 1983, 57. Vielleicht gab es keine grossen, positiven Ereignisse zu verewigen wie Siege oder Triumphe (Börm 2008, 438), oder hauptsächlich Negatives wie die Niederlage gegen die Hephthaliten, Hungerkrisen und Volksaufstände (Wiesehöfer 1998, 206).

21 Das sind zusammen die 36 Reliefs der Tabelle 1. Vanden Berghe listet dagegen total 38 Reliefs auf (Vanden Berghe 1983, 106–108), wobei er 3 keinem Herrscher zuordnet. 2 stammen von Kartir, dem Priester, und bei 4 Reliefs lässt er das Thema offen; das Relief von Rag-i Bibi konnte er noch nicht kennen.

22 Sarre/Herzfeld 1910, 65–71 (frühere Meinungen, „Investitur“), 94–99, 215–216. Für Bishapur 1 lässt Sarre die Deutung als „Belehnung“ (= Investitur) offen: Sarre/Herzfeld 1910, 222. Zum Begriff s. a. Von Gall 1990b, 102.

23 Erdmann 1948, 78. Erdmann 1943, 46–69.

R. Ghirshman (1975) stellte fest, dass bis dahin niemand hinterfragt habe, woher die Interpretation einer Kranzes-Übergabe als „Investitur“ durch eine Gottheit stammt.24

In neuerer Zeit wurde die Deutung als Investitur angezweifelt (Kap. II ), was (mit Betrachtungen vor Ort) diese Untersuchung motivierte. Da die Thronfolgeregelung im Sasanidenreich eng mit einer allfälligen Investitur verknüpft wäre, wird darauf ebenfalls eingegangen (Kap. II .1). Die Bedeutung des zentralen Elements der Übergabe, des bebänderten Kranzes, wird u. a. anhand anderer Kunstgattungen wie sasanidischer Münzen, aber auch zeitgleicher Darstellungen aus benachbarten Teilen des römischen Reichs sowie der Spätantike erörtert (Kap. V). Schliesslich wird auch der weitere Kontext in einem Exkurs beleuchtet – die Religionen im Sasanidenreich (Kap. VI ). Zuerst gilt es, den Begriff „Investitur“ zu untersuchen.

Ghirshman 1975, 119.

II

Der Begriff „Investitur“

Die sasanidischen Felsreliefs mit einer Kranzübergabe wurden als Darstellung einer „Investitur“ interpretiert, weshalb hier näher auf diesen Begriff eingegangen werden muss. Die heutige Vorstellung von „Investitur“ geht auf antike bzw. mittelalterliche Gegebenheiten zurück. Römische Kaiser investierten Vasallenkönige, indem sie ihnen die Krone aufsetzten.1 Keller umschreibt für das europäische Mittelalter die Investitur wie folgt:

„Als ‚Investitur‘ bezeichnen die Quellen des Hochmittelalters einen zeichenhaften öffentlichen Akt, eine Symbolhandlung, die – meist im Kontext weiterer Akte – bei der Einweisung in eine Funktion vollzogen wurde. In der Übergabe eines bedeutungsträchtigen Gegenstandes wird dem Empfänger Verfügungsgewalt, Amtsvollmacht, Nutzungsberechtigung übertragen; zumindest betont die allgemein akzeptierte rechtsgeschichtliche Deutung diesen Sinn.“2

Weiter hält er fest:

„Seit der frühkarolingischen Zeit wird der Vorgang rechtstechnisch durch die Begriffe vestire dann investire bzw. durch vestitura und später investitura bezeichnet. Wer unbeeinträchtigt über seine Rechte verfügt, ist vestitus, während devestire bzw. disvestire den – meist gewaltsamen, usurpativen – Entzug solcher Rechte meint. Vor allem im langobardischen Rechtsraum wird die Einweisung, die Besitzübergabe oder Besitzauflassung3 durch die Übergabe eines Stabes (investire per fustem) vollzogen, gegebenenfalls begleitet von der Überreichung symbolhafter Konkretisierungen der übergebenen Ländereien, wie sie schon durch die fränkischen Volksrechte bezeugt sind.“4

Weinfurter folgt Kellers Ausführungen und betont die Investitur des Königs als vicarius Christi, wodurch auch die weltliche Macht im europäischen Mittelalter einen religiösen Bezug bekam. Als Amtsinsignie des Königs wurden ein (Finger-)Ring und ein (Hirten-) Stab übergeben.5 Der Streit zwischen Kaiser und Kirche (ab 1076 n. Chr.) um die Investitur von Bischöfen mit Ring und Stab wurde im Wormser Konkordat beendet (1122 n. Chr.). Kaiser Heinrich V. akzeptierte den Anspruch der Kirche auf die Investitur mit Ring und Stab, den Symbolen für die geistliche Verbundenheit mit der Kirche und das priesterliche Hirtentum.6 „Auch Herzogtümer und Grafschaften wurden öffentlich mittels dinglicher

1 Kaim 2009, 403–405. Ein Beispiel einer Münze von Antoninus Pius den armenischen Vasallenkönig krönend: https://www.acsearch.info/search.html?id=284855 (RIC 619; C. 686, Juli 2024).

2 Keller 1993, 55.

3 Wenn ein Sachinhaber Besitzer wird: traditio brevi manu.

4 Keller 1993, 57.

5 Weinfurter 2005, 106–108.

6 Keller 1993, 56.

Symbole verliehen, Lehen in einem Investiturakt vergeben. Die Anfänge dieses Brauchs scheinen in der Karolingerzeit (8.–10. Jh. n. Chr.) zu liegen.“7 Der Begriff „Investitur“ steht somit im Zusammenhang mit europäischem Kirchenrecht seit dem Mittelalter.

In der Literatur über sasanidische Felsreliefs sahen die Autoren vor 1910 im Kranz ein Machtsymbol, z. B. „badge of sovereignity“, „diadem“.8 1910 prägte Sarre den Begriff „Investitur“,9 der seither unkritisch weiterverwendet wurde. Shepherd sah in den „Investitur“-Darstellungen keine realen Szenen, sondern Sinnbilder göttlichen Königtums.10 Nach De Waele sind „Investitur“ und „Triumph“ nicht voneinander trennbar. Nach ihm treten nur in sogenannten „Investiturszenen“ eine oder zwei Gottheiten auf, wobei immer eine Kranzübergabe dargestellt ist.11 Eine echte orientalische Investitur erkennt von Gall in gewissen mithräischen Reliefs, in denen der unbesiegbare Mithras seine Hand auf das Haupt des knienden Sol legt. Doch fehlt ein bebänderter Kranz, und die Reliefs sind schon römerzeitlich.12 Wie dargelegt wird (Kap.  IV .6.2–3), basierte die Interpretation der Kranzübergabereliefs als „Investitur“ durch Auramazda einzig auf der Inschrift auf dem Relief Naqš-i Rustam 1 (ANRm-b), die den rechten Reiter als Auramazda bezeichnen soll, eine Lesung, die aber hier widerlegt wird (Kap. IV .6.3). Ohnehin ist in keiner sasanidischen Inschrift von einer „Investitur“ die Rede. Und auch sonst lässt sich philologisch zugunsten der Interpretation der Darstellungen als Investitur wenig vorbringen. Weder im Altpersischen13 noch im Pahlavi14 ist ein Begriff für „Investitur“ belegt.15 Im Aramäischen wird das Wort twlbš, twlbšˀ (tulbāš, tulbāšā) mit „Investitur“ übersetzt.16 Es leitet sich von „lbš“ (vb. to clothe) ab und hat somit die Bedeutung „Einkleidung“, was „Investitur“ meint; spezifische Amtsinsignien sind aber keine bekannt. Im Sumerischen und Hethitischen fehlt „Investitur“ ebenfalls.17 Für Parpola gilt das akkadische „piqittu“ als Investitur,18 was aber „Belieferung“, „Überprüfung, Inspektion“, „Beauftragung“, „Verwaltungs-, Betreuungsbereich“ heisst.19 Auch gibt es keine einzige Textquelle, die einen Ring oder Kranz mit oder ohne Bänder als königliche Insignie belegt.20 Frühislamische Quellen erwähnen als Insignien bei den Sasaniden den Thron, die Krone, das Armband, den Halsreif und den Fingerring.21 Davon sind

7 Keller 1993, 56.

8 Von Gall 1990b, 102.

9 Sarre/Herzfeld 1910, 69–71.

10 Shepherd 1983, 1080.

11 De Waele 1989, 811–812, 820–821.

12 Von Gall 1990b, 102.

13 Tolman 1908.

14 MacKenzie 1971.

15 Tolman 1908.

16 http://cal1.cn.huc.edu/ (Juli 2024). Unter „Search for English glosses“ mit „investiture“.

17 Sumerisch: Sallaberger et al. 2006; Halloran 2006. PSD: http://psd.museum.upenn.edu/nepsdframe.html (Juli 2024); Hethitisch: https://www.hethport.uni-wuerzburg.de/HPM/index.php oder https://www.hethport.uni-wuerzburg.de/CTH/ (Juni 2024).

18 Parpola 2007, 210, s. v. „investiture“.

19 Von Soden 1985, s. v. „piqittu“.

20 Kaim 2009, 403.

21 Abka’i-Khavari 2000, 57. Da es sich um nicht religiöse Informationen handelt, kann man sie mit Vorsicht akzeptieren.

auf den Reliefs nur die Krone, das Armband und der Halsreif abgebildet. Jedoch werden diese Gegenstände nicht überreicht, sondern der Herrscher trägt sie bereits. Nach Quintus Curtius Rufus (3,3,5) und Plutarch (Artaxerxes 3,2) lief die Investitur bei den Achämeniden eher unkompliziert ab: Der Thronfolger legte seine Kleidung ab und zog das alte Kleid von Kyros d. Gr. an (Kap. II .1.1).22

1 Die Thronbesteigung im Sasanidenreich

Die bisher vertretene Interpretation der Kranzübergabe als Investitur setzt voraus, dass bei der Prozedur bzw. dem Ritual der Thronbesteigung eine solche Übergabe tatsächlich stattfand. Im Folgenden wird der Investitur bzw. Thronbesteigung, wie sie in schriftlichen Quellen beschrieben ist, nachgegangen. Es wird sich zeigen, dass es kaum gemeinsame Elemente mit unseren „Kranzübergaben“ gibt und daher die Interpretation der Darstellungen als „Investitur“ ganz aufzugeben ist.

1.1 Zur Thronbesteigung im alten Iran

Über die Thronbesteigung bei den Achämeniden sind wir lediglich durch Plutarchs Beschreibung der Investitur Artaxerxes II . informiert (Art. 3,1–2):

„Kurze Zeit nach dem Tode des Dareios begab sich der König nach Pasargadai, um von den persischen Priestern die Königsweihe an sich vollziehen zu lassen. Es ist dort das Heiligtum einer kriegerischen Göttin, die man für Athene halten möchte. Wenn der zu Weihende in diesen Tempel getreten ist, muss er seine eigene Kleidung ablegen und die anziehen, welche der alte Kyros trug, ehe er König wurde; er muss trockene Feigen essen, Pistazien knabbern und einen Becher saure Milch trinken. Ob sie ausserdem noch andere Bräuche begehen, ist den Aussenstehenden unbekannt.“23

Diese Initiation/Investitur fand nicht vor der Öffentlichkeit statt. Sie bestand aus einer „echten Investitur“, bei der der König seine Kleidung ablegt und die des Ahnherrn Kyros d. Gr. anzieht. Anschliessend wird ein Mahl veranstaltet. Dabei ist keine Rede von einem Kranz oder von Auramazda. Bei der „Kriegsgöttin“ könnte es sich um Anahita handeln, da sie wie Athena oder Ištar für „Krieg“ verantwortlich ist.24 Nach Strabon (Geographica 11,13,11) wird bei den Medern der Tapferste zum König gewählt.25 In der Bisutun-Inschrift schreibt Dareios I., dass kein Perser, kein Meder, keiner seiner Familie (Achämenide), kein anderer fähig war, die Herrschaft Gaumatas zu beenden.26 Er war also der Fähigste im Reich und daher zur Thronfolge berechtigt. Gemäss Herodot (3,83–88) wurde Dareios I. unter den sieben Rebellen durch „göttliche Zeichen“ bzw. eine List zum Grosskönig gewählt –

22 Briant 2002, 777.

23 Ziegler 1965, 348.

24 Briant 2002, 253–254, 523.

25 Widengren 1969, 105; Radt 2004, 385: „Auch dies ist Medischer Brauch, dass man den Tapfersten zum König wählt; doch ist das nicht bei allen, sondern nur bei denen im Gebirge üblich.“

26 Lecoq 1997, 191, § 13.

also eine Art Auswahlverfahren. Auch Flavius Josephus (Antiquitates Judaicae 11,31) überliefert eine Wahl Dareios’ durch die „Sieben Häuser“.27 Nach der Thronbesteigung Dareios‘ I. gab es Opposition gegen ihn, eventuell weil ein Teil der Mitspracheberechtigten nicht gefragt wurden. In der Bisutun-Inschrift (§§ 16 und 21) nennt Dareios I. die Führer der Satrapien, die sich weigerten, ihn anzuerkennen. Zu diesen Satrapien gehörten Kerngebiete wie Persien, Parthien, Elam, Medien und andere wichtige Satrapien wie Assyrien, Ägypten, Margiana, Sattagydien, Skythen. Xerxes I. erklärt explizit, dass sein Vater Dareios I. noch andere Söhne hatte. Auramazda aber fügte, dass Dareios I. Xerxes zum Thronfolger bestimmte (XPf, § 4).28 Herodot (7,2–4) bestätigt diese Aussage und den Thronfolgestreit.

Für die Arsakiden überliefert Strabon (Geographica 11,9,3, Poseidonios zitierend) eine Art Wahlprozedere.29 „[…] Poseidonios berichtet, der hohe Rat (συνέδριον) der Parther bestehe aus zwei Teilen, dem Rat der Verwandten (des Königs: συγγενεῖς) und dem der Weisen (σοφοί) und Magier (μάγοι); durch beide würden die Könige erwählt.“30 Die Aussage wird durch die Stelle bei Justin (42,4,1) gestützt, die besagt, Mithradates III . sei wegen seiner Grausamkeit vom parthischen Senat (a senatu Parthorum) aus dem Amt gejagt worden, das dann von seinem Bruder Orodes II . übernommen wurde.31 Hauser bestreitet die Existenz eines Wahlkönigtums; aber er räumt ein, dass der Thronprätendent aus dem Hause Arsake durch den Adel bestätigt werden musste, und dieser Macht besass.32 Widengren bezieht sich auf Justins Aussagen und folgert,33 dass der amtierende Grosskönig den Geeignetsten aus der Familie der Arsakiden wählt und dieser von der Wahlversammlung (senatus) bestätigt wird. Diese kann einen Grosskönig auch absetzen und selbst einen Nachfolger bestimmen. Klassische Quellen zitierend, bestätigt Curtis eine solche Wahlversammlung für die Arsakiden, wenn sie auch sonst mit einer „Investitur“ durch Gottheiten rechnet. Die von ihr aufgeführten numismatischen Belege zeigen eine Nike und einen Vogel jeweils mit einem Ring, der aber nicht übergeben wird. Die von ihr besprochenen Reliefs entsprechen denjenigen, die hier in Kap.V.4.3 behandelt werden.34 Im römischen Kaiserreich wurden schon ab Augustus’ Zeiten einzelne Kompetenzen und seit Vespasian alle kaiserlichen Rechte jeweils zu Beginn einer Regierung durch den Senat in Form eines Gesetzes auf den neuen Herrscher übertragen (in „uno acto“).35 Eine ähnliche Inthronisation durch einen Rat von Würdenträgern scheint es auch bei den Arsakiden und später bei den Sasaniden gegeben zu haben.

27 Widengren 1969, 104: Er fragt, ob Josephus hier parthische Verhältnisse in achämenidische Zeit hineininterpretiert. Dies ist eine wichtige Feststellung – generell sind griechische, römische und jüdische Quellen Sekundärquellen, deren Aussagewert hinterfragt werden muss.

28 Lecoq 1997, 255, § 4.

29 Jacobs 2010b, 78.

30 Thommen 2010, 376–377.

31 Widengren 1969, 109; Thommen 2010, 266–267; Laser 2016, 232–235; Jacobs 2010b, 78.

32 Hauser 2005, 187–192.

33 Widengren 1969, 110.

34 Curtis 2012.

35 Herz 2000, 334–335.

1.2 Textzeugen zur Thronbesteigung im Sasanidenreich

Für die Sasaniden verglich Shayegan die Überlieferungen zur Thronbesteigung im Achämenidenreich (Bisutun-Inschrift und Herodot) mit der Paikuli-Inschrift des Narseh (s. u.). Er schliesst auf eine Art Rat, der mitbestimmte, wer neuer Grosskönig wurde. Der Rat bestehe aus zwei Kammern, nämlich der Perser und der Parther.36 In seinem ganzen Buch geht es um den Vergleich achämenidischer mit sasanidischer Überlieferung. Ähnlichkeiten in Formulierungen und Metrik werden aufgezeigt und deren dichterischer Charakter erörtert, weiter wird schriftliche Tradition oraler Tradition gegenübergestellt. Dabei wird angenommen, dass historischer Inhalt in epischen Bildern ausgedrückt wurde.37 Wiesehöfer wie auch Shayegan zitieren aus der Paikuli-Inschrift (§ 68) eine Rede Ardaširs I., in der dieser aussagt, er habe Šapur als Nachfolger erwählt; aber wenn jemand einen Geeigneteren kenne, solle er dies sagen. Nach Wiesehöfer ging die Investitur und Krönung etwa so vonstatten:

„An dem Platz, an dem man den neuen Herrscher bestimmt hatte, fand dessen Inthronisation statt; in Anwesenheit der Prinzen des Königshauses, der Grossen des Reiches und Männern im Hof- und Reichsdienst wurde ihm die Krone (eine?) aufs Haupt gesetzt. Der Vorgang wird im ‚Tansar-Brief‘, allerdings aus Sicht des Klerus, anschaulich beschrieben:

‚In dieser Nacht legt man die Krone im Audienzsaal zurecht und stellt dort den Thron auf. Die Würdenträger nehmen Platz nach ihrem Rang geordnet. Der Mobad (Oberpriester), die Herbeds (andere Priester), die Grossen, die Würdenträger und Stützen des Reiches begeben sich zur Versammlung der Prinzen. Sie stellen sich vor ihnen auf und sagen: ‚Wir haben Gottes Rat eingeholt, den Rat des Allerhöchsten, und er hat uns seine Gunst erwiesen durch eine glückliche Eingebung und uns das mitgeteilt, was das Beste ist.‘ Dann sagt der Mobed mit lauter Stimme: ‚Die Engel haben als König gutgeheissen einen solchen Mann, Sohn eines solchen Mannes; Ihr aber, Geschöpfe Gottes, nehmt die Botschaft an, auf dass sie für Euch eine gute Neuigkeit sei!‘ Dann setzt man den königlichen Prinzen auf den Thron und setzt ihm die Krone aufs Haupt […]‘“.38

Also wird der Thronfolger von verschiedenen Gruppen von Würdenträgern gekrönt.

Die erwähnte Paikuli-Inschrift ist für die Frage der Prozedere zur Thronbesteigung eines sasanidischen Grosskönigs von zentraler Bedeutung. Paikuli heisst ein Gebirgspass in Nordirak, ca. 220 km NNE von Bagdad.39 Hier liess Narseh einen Turm mit Inschrift bauen. Die Inschrift ist nicht durchgehend lesbar. Auf der Westseite des sasanidischen Turms befand sich die mittelpersische Version der Inschrift – auf der Ostseite die parthische Version. Der Turm überdauerte die Zeiten nur als Ruine.40 Vor wenigen Jahren fanden Cereti und Terribili (2014) weitere Blöcke der Inschrift. Die Inschrift berichtet über den Thronfolgestreit nach dem Tod von Bahrām II . (293 n. Chr.) zwischen Narseh, dem jüngsten Sohn von

36 Shayegan 2012, 127–138.

37 Shayegan 2012, 157–159. Bei direkter Beeinflussung über mehrere Jahrhunderte müsste aber zur Sasanidenzeit Keilschrift z. B. der Bisutun-Inschrift (Altpersisch, Elamisch oder Babylonisch) noch gelesen und verstanden worden sein. Dies ist aber unwahrscheinlich. Geller geht davon aus, dass Babylonische Keilschrifttexte nur noch bis zur Mitte des 3. Jh. n. Chr. gelesen werden konnten: Geller 1997, 63.

38 Wiesehöfer 1998, 227.

39 Humbach 1978, Abb. 116.

40 Humbach 1978, 13–14.

Šapur I., und Bahrām (Warahrān) III ., König von Sakas und Urenkel Šapur I. Zwei politische Lager favorisierten jeweils einen der Thronprätendenten. Das eine Lager, angeführt von Wahnām, Sohn des Tatrus, machte Bahrām III ., den Sohn des verstorbenen Bahrām II zum Grosskönig des Sasanidenreichs. Wahnām war möglicherweise König von Pontos und Bosporos. Dagegen formierte sich ein Lager von Würdenträgern, die Narseh als Grosskönig einsetzen wollten. Narseh ging aus diesem Thronfolgestreit als Sieger hervor und wurde sasanidischer Grosskönig. An dem Ort, wo ihn die Würdenträger zum Grosskönig ausriefen – dem Paikuli-Pass –, liess er einen Turm errichten und an dessen Wänden die Inschrift anbringen.41 Mit der Paikuli-Inschrift bezeugt Narseh seine Thronbesteigung. In ihr wird zur Legitimierung des Siegers auf Traditionen und Regeln der Thronbesteigung Bezug genommen.42 In der Einleitung nennt Narseh seinen Namen, Titel und Filiation (I § 1). Der Paragraph (I § 2) mit der Nennung des Grundes für die Errichtung des Monuments (Turm mit Inschrift in Paikuli) ist unvollständig erhalten. Nach Cereti und Terribili ist Folgendes erhalten:43 § 2 „(This is) the monument of Peroz-Anahid-Narseh44 and we made this monument because […]“, § 3 „[…] in Khuzistan passed away and Wahnām son of Tatrus […]“. Narseh lässt schreiben, dass er bis zum Tod von Bahrām  II . König von Armenien war (II § 3). Dann bekrönte Wahnām, Sohn des Tatrus, durch seine Falschheit und mit Hilfe von Ahriman und den Teufeln mit einem Diadem Bahrām (III .), König von Sakas. Weder Narseh noch die Prinzen wurden darüber informiert (II § 4–6). Daraufhin formiert sich eine Gruppe von Würdenträgern gegen die Proklamation von Bahrām III . zum Herrscher, und sie favorisiert Narseh als Grosskönig. Die Würdenträger beraten sich (II § 10–15). Würdenträger werden aufgezählt, die Narseh einen ersten Brief schreiben (II § 16–18). Sie fordern Narseh auf, von Armenien, wo er König war, nach Ērānšahr zu gehen und den Thron zu besteigen, den seine Ahnen von den Göttern erhielten. Narseh kommt in den Iran. Nach diversen diplomatischen Aktionen (II § 19–31) erscheinen weitere namentlich genannte Würdenträger vor Narseh in Paikuli (II § 32). Die beiden Parteien ringen um die Vorherrschaft, und Narseh fordert Bahrām III . auf, zu ihm zu kommen und sich zu unterwerfen (II § 47–50). Schliesslich nimmt Bahrām  III . das grosse Diadem von sich ab und wirft es vom Thron (II § 51). (Das bedeutet wohl, dass er sich Narseh unterwirft oder den Herrschaftsanspruch aufgibt). Wahnām wird gefangen genommen und an den Hof von Narseh gebracht (II § 58–59).

Nach Narsehs Sieg beginnt das Prozedere zu seiner Inthronisation. Eine Versammlung aller Würdenträger wird einberufen; sie werden nicht namentlich aufgeführt (II § 63). Narseh sagt zu den Würdenträgern, dass diese ihn zum „Greatest Lord and Ruler of Ērānšahr and Non-Ērānšahr“45 gemacht haben (II § 64). (Damit ist Narseh der sasanidische Grosskönig.) Es folgen zwei Briefe von Narseh an die Würdenträger (II § 64–73 und § 83–85) und zwei Briefe der Würdenträger an ihn (II § 74–82 und § 86–89). Im ersten Brief von Narseh an die Würdenträger (II § 65–70) wird die Inthronisation von Šapur I.

41 Skjaervo 1983, 10–13.

42 Im Folgenden wird auf die Textausgabe mit Übersetzung von P. O. Skjaervo (1983) zurückgegriffen.

43 Cereti/Terribili 2014, 357–358.

44 Der Turm hiess also „Peroz-Anahid-Narseh“ und belegt die Wichtigkeit von Anahita – von Auramazda ist nicht die Rede. Shenkar übersetzt „Peroz-Anahid-Narseh“ mit „Narseh, victorious by the grace of Anāhitā“: Shenkar 2018, 125.

45 Skjaervo 1983, Part 3.1, 57.

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