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Einleitung

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Vorwort

Vorwort

Unter den Verfassern vorreformatorischer Bibelversifikationen in Liedform nimmt Michel Beheim (1420–1472/79)1 in mehrfacher Hinsicht eine Sonderstellung ein. Er gehört zu den wenigen namentlich bekannten Textautoren, die als Sangspruchdichter oder Meistersinger auf diesem Gebiet gearbeitet haben.2 Die Zahl seiner Bibelversifikationen übertrifft die gesamte sonstige vorreformatorische Überlieferung um das Dreifache.3 Zugleich erinnern nicht nur die Quantität, sondern ebenso die Textnähe seiner Versifikationen an die Art der Bibelversifikationen, die durch Hans Sachs zum zentralen Liedtyp im Meistergesang der Refomationszeit geformt und etabliert wurde. 4 Diese Gesichtspunkte rechtfertigen, die Spezifik von Michel Beheims Versifikationen als ein wichtiges Teilkorpus seines Schaffens differenziert darzustellen.5 Auf dieser Grundlage sind dann auch Vergleiche mit den Zeugnissen der spätmittelalterlichen und der reformatorischen Bibelversifikationen in Sangspruch und Meisterlied möglich. Allerdings werden solchen Vergleichen Grenzen gesetzt, weil Michel Beheim als letzter Berufssänger, der selbstbewusst nur in seinen eigenen ( zwölf) Tönen dichtete, trotz seines imposanten Werks kaum eine Wirkung auf Sangspruchdichter und Meistersinger seiner Zeit hatte und zudem fast ohne Nachwirkung blieb. Dieses allgemeine Urteil ist jedoch etwas zu modifizieren, wenn man die Überlieferung von Beheims Werken einer genaueren Sichtung unterzieht und den Blick auf die Handschriften und Drucke neben den ansonsten natürlich zentralen Autorhandschriften richtet.

1 Vgl. Müller: Beheim und Schanze: Meisterliche Liedkunst I, S. 182–246. Neuere Literatur zu Beheim bei Bulang: Beheim, S. 455. 2 Als Textautoren sind neben Beheim nur noch Peter von Reichenbach ( erste Hälfte 14. Jahrhundert), Hans Folz (1435/40–1513) und Lienhard Nunnenbeck ( gest. vor 1527) für die Zeit vor der Reformation namentlich zu sichern. 3 Die Überlieferung ist nachgewiesen im RSM 3, S. 17–206. Die Liedsiglen entsprechen nachfolgend dem RSM. 4 Vgl. dazu insgesamt Brunner: Meistergesang und Reformation, revidierter Wiederabdruck S. 276–290 und Rettelbach: Nichtdramatische Dichtungen, S. 118–122. 5 Nach wie vor grundlegend sind die Untersuchungen von Wachinger: Beheim, ergänzter Wiederabdruck S. 363–393 ( danach wird nachfolgend zitiert). Zu Einzelaspekten vgl. Hohmann: Deutsche Texte, S. 319–330 und Fournier: Gute Nachricht, S. 189–207.

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