Einleitung
Im Mai 2012 verabschiedete das Schweizer Parlament ein Importverbot für Delfine. Das bedeutete damals für das einzige Delfinarium der Schweiz das Ende und löste in der Öffentlichkeit zahlreiche Diskussionen aus, wobei unter anderem von der «Würde der Delfine» gesprochen wurde. So schrieb Alex Rübel, damaliger Direktor des Zürcher Zoos: «Ich teile die Meinung, dass die Haltung von Wildtieren zur reinen Volksbelustigung der Würde des Tieres nicht gerecht wird.» Er fragte aber zugleich: «Kann ein würdiger Umgang mit Tieren nur darin bestehen, dass wir die Wildtierhaltung verbieten, das Wildtier aus unserem Leben also verbannen?» (Rübel 2012). Antoine Goetschel, ehemaliger Zürcher Tieranwalt, sagte in der Diskussion über die Haltung von Wildtieren, die aufgrund des Importverbots erneut entstanden war: «The new point of view is to look at human animal relationships taking into account the dignity of the animal. This is the wider view» (O’Dea 2012). In einem anderen Kontext schrieb der Tagesanzeiger: «Wer wissen will, wie viel Würde ein Elefant mit Stosszähnen ausstrahlt, soll den Zürcher Zoo besuchen» (Schüz 2016). Diese Zitate betrachtend lassen sich diverse Beobachtungen festhalten: Zum einen scheinen wir – entgegen der Kritik, dass der Würdebegriff vage sei – ein intuitives und mehr oder weniger konkretes Würdeverständnis zu haben, weshalb wir bis zu einem gewissen Grad verstehen, was uns die Person mit der jeweiligen Aussage mitteilen will. Das heisst, wir haben insofern eine Idee vom Begriff der Würde, als wir ein Gefühl dafür haben, wann dieser Begriff korrekt angewendet wird – wir haben also sprachliche Intuitionen den Würdebegriff betreffend. Ausserdem verfügen wir über moralische Intuitionen im Hinblick auf den Würdebegriff, wir denken nämlich, dass ein Subjekt, das Würde besitzt, auf eine bestimmte Art und Weise behandelt werden soll. Zum anderen tauchen beim Lesen dieser Zitate aber auch diverse Fragen auf: Weshalb wird die Haltung von Wildtieren zu Unterhaltungszwecken der Würde eines Tieres nicht gerecht? Worin besteht ein würdiger Umgang mit Tieren? Kann ein Tier, das in einem Zoo lebt, Würde haben, oder schliessen sich ein Leben im Zoo und ein Leben in Würde aus? Wenn davon die Rede ist, «wie viel Würde ein Elefant ausstrahlt», ist Würde dann ein graduelles Phänomen? Und grundsätzlich: Was besitzt ein Tier, das Würde hat? Und was verliert ein Tier, das seine Würde verliert? Um hierauf Antworten zu finden, widme ich mich in dieser Arbeit der übergeordneten Frage: Lässt sich der Begriff der Würde sinnvoll auf nichtmenschli-