Alles muss raus?
Schaufensterprojekt mit 14 Berliner Ladenbesitzern und der Universit채t der K체nste Berlin Produktdesign Winter 2011/2012
Konzept und Leitung: Prof. Axel Kufus Gast-Prof. Sarah Illenberger Hanna Wiesener Christian Zöllner Jörg Höltje
Studierende: Maren Bönsch Dirk Biotto Friederike Delius Martina Dimitrova Michael Erbach Fynn Freyschmidt Karoline Haasters Hanna Halstenberg Rei Kigoshi Franziska Müller Marco Merkel Maria Schwermer Christopher Supardjo Lukas Wegwerth
Presse: tagesspiegel, Zitty, TIP, rbb zibb, Unispiegel, inforadio u.v.a. Impressum: Universität der Künste Berlin, Institut für Produkt- und Prozessgestaltung, Prof. Axel Kufus Fotos: Achim Hatzius: www.hatzius.com und Projektteam Kontakt: Prof. Axel Kufus und Team Str. des 17. Juni 118 10689 Berlin
www.design.udk-berlin.de/idk
Ladenbesitzer: MB Glaserei Budzuhn Eisenacherstr.82 Schöneberg DB ASA 90 - Der Fotoladen Fuldastr.55 Neukölln FD Sun-Line Urbanstr.31 Kreuzberg MD Mont K Kastanienallee 83 Prenzlauer Berg ME Apotheke zum Goldenen Einhorn Gneisenaustr.92 Kreuzberg FF Kärcher Center Benne Körtestr.31 Kreuzberg KH LUX Optik Karl-Marx-Str.87 Neukölln HH Lindt, Second Hand Körtestr.16 Kreuzberg RK J-Store Kantstr. 125 Charlottenburg FM Fahrradbüro Crellestr.48 Schöneberg MM Angelsport Eggers Joachimstalerstr.21 Charlottenburg MS Hammet, Krimibuchhandlung Friesenstr.27 Kreuzberg CS Aquarium Meyer Skalitzerstr.6 Kreuzberg LW Effect, Copystudio Admiralstr.8 Kreuzberg
Sind die Schaufenster unserer Stadt nicht ungeschliffene Diamanten? Was könnten sie der Straße für wundervolle Geschichten erzählen! Solche, die in unserem Bild von der Stadt dem Laden einen besten Platz geben. Das könnte einem Ladenbesitzer doch gerade so passen...
Mit unserem UdK-Projekt “ALLES MUSS RAUS ?” wollen wir neue Impulse für die (Re-)Vitalisierung der Schaufenster-Kultur des Einzelhandels in Berlin erproben. Der Schaufenster-Bummel war viele Jahrzehnte das kostenlose Glück der Stadtbewohner: am Abend oder Wochenende flanierte der Städter entlang der illuminierten Auslagen, fasziniert von den neuen Verheißungen des Marktes. Und auch wer sie sich nicht leisten konnte, durfte sich in den Arrangements verlieren, denn „Kiecken kostet nix!“ Längst im Schatten interaktiver Web-Shops und greller City-LightScreens fristen die Schaufenster der klassischen Einzelhändler abseits der Einkaufsmeilen ein unbeachtetes Dasein. Nur die zahlreichen Neugründungen von Läden in den Szene-Vierteln haben das Potenzial von attraktiven AuslagenArrangements in ihren Schaufenstern erkannt und nutzen es zur identitätsbildenden Positionierung im Stadtraum, was nicht ohne vitalisierende Auswirkungen auf die qualitative Vielfalt eines Straßenzugs bleibt. Doch welcher Schuster, welche Kurzwarenhändlerin, welches Reisebüro würde sich trauen, einen Gestalter für visuelles Marketing, vormals „Schaufenster-Dekorateur“ zu engagieren, um ein individuell zugeschnittenes Konzept mit saisonalem Wechsel für das Fenster zur Strasse entwickeln und umzusetzen zu lassen?
Die Bereitschaft dort zu investieren setzt voraus, die wirtschaftlichen und identitätsstiftenden Potenziale dieses attraktiven Mediums zu erkennen – und sei es durch das Schaufenster des Nachbarn, das sich über Nacht in ein spannendes Szenario, in eine interessante Botschaft oder in ein akrobatisches Warenensemble verwandelt hat – oder auch nur etwas Einzigartiges zeigt: das Produkt der Woche auf dem Präsentierteller. Mit dem UdK-Projekt „ALLES MUSS RAUS ?“ wurden neue Impulse für die Re-Vitalisierung der SchaufensterKultur des Einzelhandels in Berlin erprobt. Quer durch die Bezirke konnten 14 Ladenbesitzer unterschiedlichster Branchen zu einer experimentellen Kooperation mit jungen Designern gewonnen werden, um temporäre Installationen in ihren Schaufenstern zu realisieren und diese öffentlichkeitswirksam in einer konzertierten Aktion zu verknüpfen. Wir danken den Ladenbesitzern für ihr Vertrauen und ihre Bereitschaft. Und wir danken den DesignstudentInnen für ihre Phantasie, Überzeugungskunst und Umsetzungskraft. Wir hoffen, dass unser Pilotprojekt nicht ohne Folgen für die künftige Schaufenster-Kultur Berlins bleibt und freuen uns auf weitere Initiativen. Prof. Axel Kufus und Team
Eisenacher Str.82 Schöneberg
Glaserei Budszuhn
Produzierende Betriebe benötigen selten wirklich ein Schaufenster. Trotzdem findet man sie oft in Erdgeschosslage in Wohngebieten. Die Fenster werden dann leider meist lieblos mit Materialproben und Anwendungsbeispielen bestückt. Da in der Glaserei Budszuhn Unmengen von schönen Gläsern im hinteren Bereich des Ladens gelagert werden, ist somit schon genügend Material vorhanden um die Schaufenster zu dekorieren. In den 4 großen Fenstern und einem kleinen Schaukasten sind Traumwelten aus Glas entstanden. Eine Hochhauslandschaft mit Godzilla, Eisschollen mit Eisbären und Robben, ein Dorf mit Kirche, eine Berglandschaft mit Bergsteigern. Und der persönliche Favorit des Glasermeisters, die Mondlandschaft mit Raketen und Raumfahrer im Schaukasten.
maren bönsch
MB
Fuldastr.55 Neukölln
ASA 90 - Der Fotoladen
Meist verweilen Passanten minutenlang vor den Unmengen an Kameras, Objektiven und anderen Schätzen, welche sich im Schaufenster zu einer schwarzen Wand auftürmen. Als Ausgangspunkt für die Installation einer Dunkelkammer aus Pappe in das Schaufenster war das Angebot an analogen Kameras und die Tatsache, etwas, was eigentlich stets im Dunkeln sein muss,in das Schaufenster zu bringen und für Jedermann sichtbar zu machen. Damit die einzelnen, sehr fein gearbeiteten Kameras in der Fülle der Objekte nicht untergehen, besteht die Dunkelkammer nur aus Papier und Pappe, die durch ihren plakativen Charakter die Kameras hervorhebt und in Szene setzt.
dirk biotto
DB
Urbanstr.31 Kreuzberg
Sun-Line
Mit den Schaufenstern von Sonnenstudios verbindet man im Allgemeinen schlechte Abbildungen von Sonne, Palmen und nackter Haut. Die meisten wirken dadurch billig und kühl, oder bestenfalls amüsant trashig. Das sunline-Studio ist ein nettes, kleines Sonnenstudio in Kreuzberg, das auf diese „klassische“ Deko komplett verzichtet hat und stattdessen schlichte graue Jalousien mit farbiger Neonschrift verbindet. Meine Idee war, hier einzugreifen und durch Licht und Bewegung das eigentliche Produkt „Sonnenstrahlen“ in den Fokus zu rücken. Hierfür wurde ein kostengünstiges Beleuchtungskonzept entwickelt, bei dem mit Hilfe von Folien, Ventilatoren und Spiegelungen eine phantastisch oszillierende Sonnenoberfläche ins Fenster geholt werden kann.
friederike delius
FD
www.mont-k.de
Kastanienallee 83 Prenzlauer Berg
Mont K
In “EINS SEIN” wird die Verbindung von Funktioneller Kleidung/ Ausrüstung zwischen Stadt und Natur symbolisch in fünf Betonsäulen dargestellt. Die Säulen zeigen eine Stadtlandschaft, die von der Natur geprägt ist - umgesetzt als Holz-, Fels- und Eisspuren in der Betonoberfläche. Um den bedingungslosen Zusammenhang der Funktionskleidung mit dem Stadt- oder Naturleben zu verdeutlichen, sind ausgewählte Produkte von MONT K darin “verschmolzen”. Das stellt aber nicht nur den Zusammenhang dar, sondern zeigt ebenso, dass die Produkte massiven Kräften ausgesetzt werden und trotz allem Widerstand leisten um ihren Zweck erfüllen zu können.
martina dimitrova
MD
Gneisenaustr.92 Kreuzberg
Apotheke zum Goldenen Einhorn
Auf dem ersten Blick das klassische Apotheken-A, auf dem zweiten ein rhythmisch klappendes Organ, welches an ein ruhig schlagendes Herz erinnert - die Installation in der Apotheke zum Goldenen Einhorn ermöglicht beide Betrachtungen: das Herz, der Motor des Körpers als Symbol für Gesundheit und Leben, welche die Apotheke als ganzheitliche Einrichtung im Kiez gewährleisten möchte.
michael erbach
ME
www.benne.de
Körtestr.31 Kreuzberg
HOOVER UP befreit den Gegenstand Staubsauger aus seiner Gewöhnlichkeit, schenkt ihm Charakter und hält den Betrachter an, seine direkte Umgebung erneut und von vorne zu begreifen.
Kärcher Center Benne
Manche Objekte können mehr, als man ihnen zutraut. Ein Hausstaubsauger ist in der Lage ein derart starkes Vakuum zu erzeugen, dass er sich, an eine Fläche angesaugt, ohne Probleme selbst trägt. Die Installation HOOVER UP arbeitet mit diesem Effekt. Die 8-minütige Schaufensterprojektion zeigt 22 einzelne Installationen aus Staubsaugern. Der Ablauf ist jedes Mal ähnlich, das Ergebnis immer verschieden: Die Staubsauger werden einzeln im Raum festgesaugt und nach und nach verbunden. Es entstehen hängende Skulpturen, die nur so lange bestehen können, wie Strom sie antreibt.
fynn freyschmidt
FF
Karl-Marx-Str.87 Neukölln
Der Laden ist seit den 30er Jahren ein Brillengeschäft. Der heutige Besitzer ist Ralf Roland. Das Geschäft hat eine eigene Werkstatt im Obergeschoß und besteht aus einem Team von vier Angestellten. Seit einigen Jahren ist ein Dekorateur für die regelmäßige Gestaltung der Fenster verantwortlich. Dass der Laden durch einen Trick selbst zur Brille werden kann, hat dann alle doch sehr überrascht...
Lux optik
Bei der Suche nach einem potenziellen Laden stellte sich schnell ein besonderes Interesse für Optiker ein. Diese haben die Schwierigkeit, einen, im Verhältnis zum Fenster, sehr kleinen und durchsichtigen Gegenstand präsentieren zu müssen. Daher ist der Schwerpunkt des Entwurfs für „EYE FOR AN EYE“ darauf angelegt, auch von weitem erkenntlich zu machen, um welche Art von Geschäft es sich handelt und die Neugierde der Passanten zu wecken.
karoline haasters
KH
Körtestr.16 Kreuzberg
Lindt Second Hand
In dem heimeligen Laden mit dem verfallenen Schriftzug “Pralinés Lindt Chocoladen”, verkauft Evelyn schon seit über zwanzig Jahren ausgewählte Second-Hand-Mode. Einen Bezug zwischen diesem alten Schriftzug und ihrem Ladenkonzept hatte bislang noch niemand entdeckt. Nun steht eine überdimensionale Étagère in dem Schaufenster, auf der feinst erlesene ConfiserieKunst aus Kleidungsstücken präsentiert wird: Lederlikör Praline verfeinert mit Organic-Cotton-Vollmilch oder Feinsamtedelherb-Trüffel mit Minzpaillettenkrokant. Jede Praline besteht hier aus mehreren Kleidungsstücken. Das süsse Konfekt wird auch ein wenig anders verziert: eine Kaffeebohne wird aus einem Hemdkragen drapiert, Hosenträger verschmelzen wie weisse Schokolade über den Zartbittertrüffel. Wer vorbei läuft, bekommt Appetit… … auf Schokolade oder Klamotten?
hanna halstenberg
HH
www.j-store-berlin.de/
Kantstr.150 Charlottenburg
J-Store
The idea of this shop display was to make a 3-D Manga like a bookshelf. Hello Kitty, Manga and Gothic Lolita are all from the “Japanese Trend� but they all come from different sub-cultures.To bring them into one shop window in harmony, I thought to use the elements of Manga to integrate them.
rei kigoshi
RK
Hauptstr.46 / Crellestr.48 Schöneberg
Fahrradbüro
Das Fahrradbüro gibt es seit 30 Jahren in Schöneberg - eine echte Institution im Crelle-Kiez! Da der Laden sich direkt an der vielbefahrenen Hauptstrasse befindet, noch dazu an einer Bushaltstelle, sollte mit der Fenstergestaltung ein reger Austausch mit den Passanten entstehen. Nun spannen sich Fahrradrahmen hoch wie Torbögen, meterlange Fahrradketten umfassen Felgen und treiben Laufräder, Scheiben und Dynamos an - ein riesiges Mobile ist in die Schaufenster eingezogen und setzt dem regen Treiben auf der Hauptstrasse seine eigene Dynamik entgegen.
franziska müller
FM
www.fliegenfischenberlin.de
Joachimstalerstr.21 Charlottenburg
Angelsport Eggers
Fliegenfischen ist ein eigener Kosmos, kaum zu vergleichen mit Ansitzangeln oder Hochseeangeln. Mit künstlichen Mitteln versucht der Fliegenfischer die Beute perfekt zu imitieren. Das tut er mitunter mit beachtlichem Zeitaufwand. Dieses Handwerk des Fliegenbindens und die Schönheit und Komplexität der Fliegen wird jedoch häufig weder gesehen, noch wertgeschätzt. Dieses Schaufenster zelebriert die Kunst der Fliegenfischköder und zeigt deren Artenvielfalt.
marco merkel
MM
www.hammett-krimis.de/
Friesenstr.27 Kreuzberg
Hammett krimibuchhandlung
Normalerweise ist “Hammett” eine hauptsächlich von Stammkunden frequentierte Kiez-Buchhandlung “gleich nebenan” in Kreuzberg… Jeder von ihnen erwartet bei seinem Besuch hauptsächlich eines – haufenweise spannende Bücher. Nur auf eines ist der Besucher nicht gefasst, nämlich selbst Teil einer unheimlichen Szenerie zu werden. Die auf dem Prinzip des Scherenschnitts basierende Installation soll von Außen zu Spekulationen anregen – war es Mord? oder “Ist das etwa die Wirkung konzentrierten Nikotins?” Und das Interesse des Kiezbesuchers für den Laden wecken. Hat er ihn erst einmal betreten, wird der Schaulustige durch das Projektionslicht selbst zum “Beschauten” - er verwandelt sich in eine weitere Silhouette im Fenster und wird damit selbst zu einem Teil der Geschichte.
maria schwermer
MS
www.aquarienmeyer.de
Skalitzerstr.6 Kreuzberg
Aquarium Meyer
Licht, Wind, Wasser und Nebel – das sind die Grundzutaten für das künstliche Aquarium, zu dem das Schaufenster umgestaltet wurde. Bewohnt wird dieses von einem Schwarm Fischen und einem kleinen U-Boot mit Charlie, dem JackRussel-Terrier, kleinstes Mitglied der Aquarien Meyer Crew.
christopher supardjo
CS
Effect, Copystudio
Admiralstr.8 Kreuzberg
Im Copystudio am Kotti werden täglich unzählige Kopien gemacht. Eine Routine, über die man wenig nachdenkt. Doch ist das “Ablichten” das Kerngeschäft des Ladens. Ein überdimensionierter Scanner im Schaufenster erstrahlt nun das Nachtleben am Kottbusser Tor und lädt ein, sich selbst zu scannen - mit einem überraschenden Effekt, denn das Schaufenster blickt zurück: ein jeder, der für ein paar Sekunden vor dem Fenster verweilt, wird vervielfältigt und auf dem Scanner projeziert – bis man vom Abbild des nächsten Passanten überstrahlt wird.
lukas wegwerth
LW
Quer durch die Bezirke konnten 14 Ladenbesitzer unterschiedlichster Branchen zu einer experimentellen Kooperation mit jungen Designern gewonnen werden, um temporäre Installationen in ihren Schaufenstern zu realisieren und diese Üffentlichkeitswirksam in einer konzertierten Aktion zu verknßpfen.