S T S - R E P O R T SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS
STS
Tierausstellungen 2017
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SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS
TIERAUSSTELLUNGEN 2017
Inhalt Swiss Expo Lausanne Kantonale Rammlerschau beider Basel Tier & Technik, IGBS-Ausstellung, St. Gallen Nacht der Holsteins, Schwabenhalle, Buchloe DE Internationale Katzenausstellung Oberglatt LUGA Luzern BEA Bern HIGA Chur Internationale Hundeausstellung Aarau Internationale Hundeausstellung Kreuzlingen Comptoir Suisse Lausanne Reptilienbörse Aqua-Terra, Belfaux FR OLMA St. Gallen Internationale Katzenausstellung Lausen Exposition nationale Paires, Marin-Epagnier
Herausgeber Schweizer Tierschutz STS, Dornacherstrasse 101, Postfach, 4018 Basel Tel. 061 365 99 99, Fax 061 365 99 90, Postkonto 40-33680-3 sts@tierschutz.com, www.tierschutz.com Autorinnen Julika Fitzi-Rathgen, Dr. med. vet. MLaw Samuel Furrer, Dr. sc. nat. Mona Irmer, Dr. med. vet. Caroline Lüthi, med. vet. Martin Murer, med. vet. Isabelle Neuffer, Dr. sc. agr. Arlette Niederer, Dr. phil. Zoologin Alice Raselli, dipl. Ing. Agr. ETH Sandra Schaefler, dipl. Zoologin Martina Schybli, Dr. med. vet. Sara Wehrli, dipl. Zoologin Anne-Kathrin Witschi, Dr. dipl. Ing. Agr. ETH
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Bilder: © Schweizer Tierschutz STS (falls nicht anders vermerkt)
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TIERAUSSTELLUNGEN 2017
Vorwort Jedes Jahr zieht es mehrere hunderttausend Besucher an regionale, nationale und internationale Ausstellungen in der Schweiz. Hier werden dem interessierten Publikum verschiedenste heimische, aber auch exotische Heim- und Nutztiere vorgestellt. Die Ausstellungen dauern meist ein oder mehrere Tage, Publikumsmessen wie beispielsweise LUGA, BEA, OLMA und Comptoir Suisse hingegen elf Tage. Dabei konnte der Schweizer Tierschutz STS auch im letzten Jahr mit seinen Fachleuten (Veterinäre, Zoologen, Agronomen) unterschiedlich tierfreundliche Stallsysteme und Haltungsbedingungen beurteilen. Die STS-Tierausstellungsrecherche wird seit 2014 jährlich und 2017 nun zum vierten Mal durchgeführt. Viele unserer Beobachtungen wurden von den Tierhaltern und Veranstaltern wohlwollend aufgenommen und die entsprechenden Anpassungen schrittweise und zum Teil tierfreundlicher umgesetzt. Hierzu zählen beispielsweise gut strukturierte und tiergerecht ausgestattete Gruppen- und Laufstallhaltungen von Schweinen, Milch- und Mutterkühen sowie von Ziegen und Schafen. Auch Kleintiere wie Kaninchen und Meerschweinchen können immer wieder unter sehr tierfreundlichen Haltungsbedingungen – ohne Streichelmöglichkeiten – angeschaut und bestaunt werden. Auch können z. B. an der LUGA und BEA wunderschöne freifliegende Vögel beobachtet werden. Wir zeigen unsere Beobachtungen und Beurteilungen anhand gut bebilderter Berichte 1:1 transparent auf. Dies insbesondere auch, um den Besuchern die Unterschiede zwischen guten, tierfreundlichen und schlechten, unzureichenden Tierhaltungsbeispielen deutlich zu machen. Denn leider gibt es auch Ausstellungsverantwortliche und Aussteller, die in unseren Empfehlungen keinen Nutzen sehen und sich wenig bis gar nicht um ein besseres Tierwohl an Ausstellungen bemühen. Zudem müssen wir leider auch immer wieder Verstösse gegen die geltenden Tierschutzbestimmungen feststellen. Es wird nun 2018 spannend, zu sehen, wie die verschärfte Tierschutzverordnung bei Tieren an Veranstaltungen umgesetzt wird. Aus unserer Sicht übernehmen Tierausstellungen bzw. Aussteller und Tierhalter in der Art und Weise, wie sie Tiere präsentieren, halten und wie sie mit ihnen in der Öffentlichkeit umgehen, eine grosse Verantwortung. Sie sind es, die den Besuchern die Möglichkeit geben (könnten), eine vorbildliche Haltung sowie einen würdevollen, tierfreundlichen Umgang mit den ihnen anvertrauten Tieren zu zeigen. Julika Fitzi-Rathgen, Dr. med. vet. MLaw
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TIERAUSSTELLUNGEN 2017
Zusammenfassung
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2017 wurden von den Fachleuten des Schweizer Tierschutz STS fünfzehn Tierausstellungen von internationaler und nationaler Bedeutung besucht. Darunter fünf grosse Publikumsmessen (LUGA, BEA, HIGA, Comptoir Suisse, OLMA), drei Kuhausstellungen, jeweils zwei Hunde- und Katzenausstellungen sowie eine Sing- und Ziervogelausstellung, eine Reptilienbörse und eine Kaninchenausstellung. Aufgrund unserer letzten Recherchen und Empfehlungen wurden auf einigen Tierausstellungen Verbesserungen umgesetzt und teils vorbildliche Stallsysteme und Tierhaltungen dokumentiert. So konnten sich Besucher an der LUGA und BEA beispielsweise Eindrücke vorbildlicher Kleintierhaltungen verschaffen. Hier durften Vögel zwanglos im Freiflug beobachtet werden und es wurden artgerechte und abwechslungsreiche Meerschweinchen- und Kaninchengruppenhaltungen mit Beschäftigungs- und Rückzugsmöglichkeiten gezeigt. Auch die Ziervogel- und Taubenvolieren waren bedürfnisgerecht und teils deutlich über die Mindestbestimmungen der Tierschutzverordnung hinaus ausgestattet. Sehr positiv wurden von uns abwechslungsreiche Gehege mit verschiedenen Beschäftigungs- und Rückzugsmöglichkeiten sowie Einschränkungen an der Zugänglichkeit zu den Gehegen, Volieren und den ausgestellten Tieren beurteilt. Beispielsweise waren an der LUGA die Schafe und Mastschweine nur mehr von einer Seite für das Publikum zugänglich und in der Kleintierhalle versuchte man, die Besucher zum Wohl der Tiere mit Absperrungen und Dekorationen auf Minimaldistanz zu halten. Hier zeigte sich die BEA z. B. sehr tierfreundlich: Der Grossteil der Kühe konnte durch dekorativ angebrachte Blumenkästen und Abschrankungen nicht mehr ständig von Zuschauern berührt werden und die Schafe hatten einen Unterstand mit Sichtschutz, den sie rege nutzten. Am Comptoir Suisse konnten die angebundenen Kühe und der Stier nicht mehr von den Besuchern berührt werden, was positiv bewertet wurde. Vorbildlich war an der BEA, wie auch bereits im letzten Jahr, die tiergerecht ausgestattete Familiengruppenhaltung der Schweine inkl. Suhlmöglichkeit. Es ist uns seitens STS wohl bewusst, dass Schweine vermutlich nur an wenigen Orten so schöne Haltungsbedingungen vorfinden. Aber es liegt uns viel daran, dass dem interessierten Publikum von den Veranstaltern und Ausstellern solche «Parade-Beispiele» zur Orientierung und Sensibilisierung der Besucher aufgezeigt werden. Auch die OLMA und der Comptoir Suisse präsentierten in diesem Sinne vorbildlich strukturierte Ziegengehege mit von den Tieren gerne genutzten Rückzugs-, Ruhe- und Kletterbereichen. Ebenso durften sich die Kaninchen an der OLMA in der Gruppe mit viel Platz, Rückzugs- und Beschäftigungsmöglichkeiten präsentieren. Obwohl eigentlich die meisten Tierausstellungen ihre «Tierhaltungs-Highlights» haben und sich sichtlich um Verbesserungen beim Tierwohl bemühen, gibt es leider in Bezug auf konsequent tierfreundliche Haltung und den Umgang mit den Tieren sowie hinsichtlich der Einhaltung der Tierschutzbestimmungen immer wieder Anlass für Kritik. Beispielsweise stellen wir bei vielen Tierhaltungen an Ausstellungen fehlende Rückzugs- und Beschäftigungsmöglichkeiten fest, so etwa bei den Muttersäuen mit ihren Ferkeln an der OLMA und der BEA. Oder wir beobachten Pferde, Esel und Ponys, die tagelang in ihren von mehreren Seiten einsehbaren Boxen oder Gehegen stehen, teils auch alleine. Ihnen fehlen meist Rückzugsmöglichkeiten bzw. Sichtschutz, der tägliche Auslauf und die Beschäftigung. Zwar sind die Boxen in der Regel grosszügig eingestreut und die Tiere allesamt gut gepflegt. Es fehlen ihnen aber oft Sozialkontakte zu Artgenossen und vor allem ausreichend Bewegung und Beschäftigung. Manche Pferde durften sich wenigstens mit Heu-Toys oder Futterbällen beschäftigen (OLMA, BEA) oder hatten im Aussengelände Bewegungsmöglichkeiten und Sozialkontakte (BEA). Einige Gehege und Boxen waren leider so angelegt, dass die Tiere nicht ungestört fressen konnten. So etwa am Comptoir Suisse, wo die Ponys nicht fressen konnten, ohne dabei gleichzeitig auch gestreichelt zu werden.
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Besonders «eng» wurde es oft in den Streichelzoos. Zwar wurden Kritikpunkte hier bereits positiv aufgenommen und umgesetzt (vermehrte Rückzugsmöglichkeiten, regulierter Zugangsbereich, Mittagspausen/Auszeiten, anwesendes Fachpersonal etc.). Häufig sind Streichelzoos aber so eingerichtet, dass die Tiere Kindern und Streichelhänden gar nicht ausweichen können und mit reduzierten Gehegestrukturen und wenig «Auszeiten» auskommen müssen. Tiergerechte Rückzugsbereiche und Ruhezonen im Streichelzoobereich zeigte heuer die BEA, allerdings fehlten bei den Ziegen Regulation und Aufsicht in der Streichelzone. Diese wurde zweckentfremdet und von den Kindern als Spielplatz genutzt. Ebenso wurden an der LUGA die Rückzugsbereiche teils zu wenig respektiert. So konnte beobachtet werden, dass die Hühner aus ihrem Rückzugsbereich getrieben wurden und die Absperrungen der Rückzugsbereiche zu wenig effizient waren. Als sehr kritisch und in einigen Fällen auch gesetzeswidrig beurteilte der STS die an einigen (auch mehrtägigen) Ausstellungen gezeigte Haltung von Vögeln, Kaninchen und Reptilien. Angefangen bei der Verwendung zu kleiner Käfige (Kantonale Rammlerschau beider Basel, Exposition nationale Paires), über verbreitete Einzelhaltung sozial lebender Tierarten wie beispielsweise Kaninchen und Lärmbelastungen durch laute Musik, Lautsprecherdurchsagen oder Kindergeschrei (Kantonale Rammlerschau, Comptoir Suisse) bis hin zu kargen, unzureichenden Käfig-/Gehegeausstattungen und -strukturen bei der Haltung von Kaninchen, Enten, Gänsen, Hühnern, Zier- und Singvögeln sowie Reptilien (Kantonale Rammlerschau beider Basel, Comptoir Suisse, Exposition nationale Paires, Reptilienbörse), hinterlassen gerade diese Kleintierausstellungen ein stark verbesserungswürdiges Bild. Den Kaninchen an der Rammmlerschau beider Basel fehlte zum Teil sogar das Trinkwasser. Vögel und kleine Heimtiere verhalten sich häufig scheu, schreckhaft und lärmempfindlich, auch wenn sie die Gesellschaft des Menschen gewohnt sind. Insbesondere die Situation an Ausstellungen, in der sie von hunderten Besuchern angeschaut, beobachtet, bedrängt und zum Teil auch berührt werden, dürfte für die fluchtbereiten Tiere belastend sein. Können sie sich zudem kaum schützen und zurückziehen, sind sie um ein Vielfaches stärker belastet. Daher begrüsst der STS auch Vorkehrungen, die die Distanz zwischen Besuchern und ausgestelltem Tier wahren (z. B. in Form von Absperrungen, Rückzugsmöglichkeiten, Sichtschutz). Auch an der Reptilienbörse Aqua Terra waren die Ausstellungsbedingungen für viele Tiere nicht tiergerecht. So waren die Behältnisse zum Teil zu klein und kaum strukturiert. Es fehlten häufig Substrate und Rückzugsmöglichkeiten, bei manchen auch das Trinkwasser. Zudem stand den Tieren in den Kunststoffbehältern kein optimales Klima zur Verfügung. An den Hunde- und Katzenausstellungen konnten kleine Verbesserungen hinsichtlich der Häufigkeit des übermässigen Zurechtmachens festgehalten werden. Ansonsten bot sich den Besuchern mehr oder weniger das gleiche Bild wie in den Jahren davor: strapazierte Tiere durch Hochzerren und Würgen an Leinen und Halsbändern, unzureichende Platzverhältnisse und zahlreiche durch extreme Zuchtmerkmale belastete Hunde und Katzen wie z. B. ausgeprägt kurzköpfige Tiere, mit vielen Falten, fehlender oder kurzer Rute sowie Nacktformen. Bei den zwei in der Schweiz besuchten Kuhausstellungen (Swiss Expo Lausanne und Tier & Technik St. Gallen) stach vor allem die Swiss Expo negativ hervor: Züchter und Aussteller versuchten sich gegenseitig im Wettbewerb auf Kosten ihrer gutmütigen Tiere zu übervorteilen. Je grösser und voller das Euter, desto sicherer der Sieg, was sich mit den Prämierungen bestätigte. Bei kaum einer Kuh wurden die gewohnten Zwischenmelkintervalle von 12 Std. eingehalten, fast alle Kühe hatten verklebte Zitzen, um den Milchfluss zu stoppen, und mussten mit angeschwollenen, harten, zum Bersten gefüllten Eutern in die Arena. Die meisten konnten deswegen kaum normal gehen und das übermässige Zurechtmachen mit Lack, Gel, Spray und Puder inklusive Abrasur der Tasthaare an Maul und Augenbrauen belastete die Tiere zusätzlich. Die gezeigten Prozeduren verstossen aus Sicht des Tierschutzes nicht nur in vielerlei Hinsicht gegen die gesetzlichen Bestimmungen und Reglemente, sondern sind in höchstem Masse Ausdruck profitorientierter Zucht und Haltung, ohne Rücksicht auf Tierwohl und -gesundheit.
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Die grosse Ausnahme bei den Milchviehwettbewerben war die Nacht der Holsteins in Buchloe (DE), an der gemäss Schaureglement ein Melkintervall von maximal 12 Stunden eingehalten werden musste, das Versiegeln und Verkleben der Zitzen explizit untersagt und sowohl das Anwenden als auch das Mitführen von Medikamenten verboten war. Zudem wurde das Stylen der Topline als nicht notwendig deklariert, weshalb sich das übermässige Zurechtmachen der Tiere nicht durchsetzte und zu ihren Gunsten vernachlässigt wurde. Die Veranstaltung wurde ohne Tierleid – und trotz Milchfluss einiger Kühe – weitestgehend tierfreundlich durchgeführt. Schweizer Veranstalter und Aussteller sollten sich aus Sicht des Tierschutzes daran orientieren. An einigen Ausstellungen ist dem STS auch in diesem Jahr ein teilweise grober, rücksichtsloser Umgang mit den ausgestellten bzw. vorgeführten Tieren aufgefallen. Wir appellieren daher, bei den Präsentationen darauf zu achten, dass alle Tiere korrekt und mit der nötigen Geduld vorgestellt werden. Bei den Vorführungen ist regelmässig mit einem grossen, teils weniger erfahrenen Publikum zu rechnen und die verschiedenen Präsentationen dürfen nicht dazu führen, dass schlechte Beispiele kritiklos übernommen werden. Auf tierquälerische Auswüchse muss zwingend verzichtet werden – nicht nur aus gesetzlicher Sicht, sondern auch wegen der Verantwortung gegenüber dem anvertrauten Tier sowie dem Beispielcharakter, den Tier-Präsentationen vor Publikum grundsätzlich mit sich bringen.
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SWISS EXPO LAUSANNE
Swiss Expo Lausanne 12. bis 15. Januar 2017, besucht am 14. Januar 2017
I. Allgemeines Zum 21. Mal wurde in der Expo Beaulieu in Lausanne die Swiss Expo durchgeführt. Neben einer Agrartechnik-Ausstellung fand an der Swiss Expo der nach eigenen Angaben grösste Rinderwettbewerb in Europa statt. Insgesamt waren für die Ausstellung ca. 1000 Rinder verschiedener Milchrassen (Simmental, Swiss Fleckvieh, Montbéliarde, Original Braunvieh, Jersey, Brown Swiss, Red Holstein, Holstein) angemeldet, die an den vier Tagen nach Rassen getrennt vorgestellt und prämiert wurden. Die teilnehmenden Tiere stammten zum Grossteil aus der Schweiz, aber auch aus Frankreich, Italien, Luxemburg, Deutschland und Österreich. Am Besuchstag wurden Holsteinrinder und - kühe in 20 Kategorien gerichtet, wobei die Tiere den Kategorien nach Alter zugeteilt wurden. Die Kategorien wurden nacheinander in die Arena geführt, begonnen wurde morgens mit den jüngsten Tieren. Die Lautstärke in der Arena betrug gegen 88 Dezibel (dB) mit kurzzeitigen Spitzenwerten von 95 dB während der eigentlichen Prämierungen, was nur einzelne Tiere zu stören schien. Die Luftqualität in den Stallungen und in der Arena war gut und die Temperatur lag ungefähr bei für die Tiere angenehmen 18 °C. Neben den Tieren der genannten Rassen wurden im Bereich vor der Arena auch Eringer Kühe in Anbindehaltung präsentiert.
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Ruhende Red Holstein-Kühe am Tag nach ihrer Prämierung.
Ruhende Swiss Fleckvieh-Kühe auf dicker Einstreu.
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II. Was uns seitens Tierschutz an der Ausstellung gut gefallen hat • Haltung der Tiere: Alle Kühe hatten ausreichend grosse Liegeplätze, Zugang zu Selbsttränken und Heu. Die Läger wurden sehr sauber gehalten und es wurde reichlich eingestreut. • Genereller Umgang mit den Tieren: Sowohl die Tiere als auch die VorführerInnen im Ring wie auch die Betreuer in den Stallungen wirkten bis auf wenige Ausnahmen sehr routiniert und ruhig. Der Umgang mit den Tieren war ruhig und bestimmt. • Betreuung der Tiere: Die Tiere waren ständig unter der Aufsicht von BetreuerInnen, die z. B. jeglichen Mist sofort entfernten bzw. Ausscheidungen direkt in Eimern auffingen. Auch wenn die Stallungen für Besucher zugänglich waren, waren die Tiere durch die anwesenden zahlreichen Betreuer vor eventuell zudringlichen Besuchern geschützt.
III. Was sich im Vergleich zur letzten vom Schweizer Tierschutz STS beurteilten Ausstellung verbessert hat • Kein Schwanzdrehen in der Arena: Im Gegensatz zum letzten Jahr wurde beim diesjährigen Besuch kein Schwanzdrehen in der Arena beobachtet. • Neues, strengeres Ausstellungsreglement: Die Arbeitsgemeinschaft Schweizer Rinderzüchter ASR hat im Oktober 2016 ein neues Ausstellungsreglement verabschiedet, das in mehreren Punkten über das bisherige Reglement hinausgeht. • Die Musik bei den Fixierständen war am Besuchstag während des Stylens der Tiere nirgendwo übermässig laut.
IV. Was sich im Vergleich zur letzten vom STS beurteilten Ausstellung nicht verbessert – oder gar verschlechtert hat • Fehlender Raum für den Kopfschwung: Die Tiere hatten wie schon im letzten Jahr eine senkrechte Wand vor sich, an der sie angebunden waren. Auch dieses Jahr wird dies von uns bemängelt. Den kurz angebundenen Kühen fehlte dadurch der benötigte Spielraum, um artgemäss Aufstehen, Abliegen, Sich-Lecken und Zurücktreten zu können, wie es das Tierschutz-Kontrollhandbuch Rinder des BLV fordert. • Totalschur, Abrasieren der Tasthaare, übermässiges Zurechtmachen: Nach wie vor wurden alle Kühe bis auf die Rückenlinie (Top-Line) radikal geschoren und rasiert: Sämtliche Haare des gesamten Kopfbereichs inkl. der Ohren, innen und aussen, über die Beine bis zu den Klauen hin, das Euter, der sensible Innenschenkelbereich, der Schwanz bis auf eine Quaste und auch sämtliche Tasthaare am Flotzmaul und an den Brauen wurden abgeschnitten bzw. wegrasiert – letzteres ist durch die Tierschutzgesetzgebung bei Pferden explizit verboten. Bei den meisten Tieren wurde zudem beidseits zur Betonung der Silhouette die Rippenform nachgeschoren und bei einigen zusätzlich mit Klarlack zum Glänzen gebracht. Aus unserer Sicht sind diese Stylingprozeduren und das übermässige Zurechtmachen nicht nur würdelos, sondern auch tierschutzwidrig.
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Diese Kuh wurde, wie alle anderen Holsteiner auch, komplett von Kopf bis Fuss geschoren, inkl. Abrasur der Tasthaare und Feinrasur des Euters. Für das Styling musste sie lange festgebunden im Fixierstand ausharren. Das Speicheln des Tieres deutete darauf hin, dass es belastet war.
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• Hohe Anbindung der Kühe in den Fixierständen: Die Kühe wurden für die Vorbereitung auf den Auftritt in der Arena in den zahlreich vorhandenen Fixierständen mit hoch erhobenen Köpfen angebunden. Häufig wurden dafür Zughalfter ohne Stopp verwendet. Es konnte beobachtet werden, wie die Tiere immer wieder versuchten, ihren Kopf und Hals zu entlasten. Weil aber die Halfter auf Zug noch enger wurden, mussten die Kühe immer wieder den Kopf anheben. Das Ausdrucksverhalten der Tiere (starrer Blick, viel Weiss in den Augen sichtbar, Ohren nach hinten abgewinkelt) signalisierte Belastungen, denen die Tiere ausgeliefert waren. Professionelle Kuhstylisten nahmen an den fixierten Tieren umfangreiche Massnahmen vor, um den Tieren das gewünschte Aussehen für die Arena zu verleihen. Nur in Ausnahmefällen konnten Kühe mit natürlicher Kopfhaltung in den Fixierständen beobachtet werden. Das «überlange Fixieren der Tiere in einer unnatürlichen Körperhaltung» ist zwar gemäss Reglement verboten, doch was unter «überlang» zu verstehen ist, bleibt offen. Auch schien die zwangsweise und lang andauernde Fixierung der Kühe mit hoch erhobenem Kopf und überstrecktem Hals nicht als unnatürliche Körperhaltung zu gelten.
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Einsatz eines Vorf端hrhalfters mit Kinnkette als Zughalfter zur Fixierung des Kopfes in hoher Position. Das Ausdrucksverhalten der Kuh deutete auf Belastungen hin. Die Kinnkette war aufgrund des Zugs so eng, dass sie die Haut am Kinn zusammenraffte. Die unnachgiebige, unebene Metallkette 端bte starken Druck auf den Unterkieferknochen aus. Das war sicher sehr schmerzhaft f端r die Kuh.
Hohe Fixierung des Kopfes in 端berstreckter Haltung. Die Kuh speichelte.
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Abbildungen oben und unten: Hohe Fixierung des Kopfes mit überstrecktem Hals.
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Hohe Fixierung des Kopfes mit überstrecktem Hals.
Die gleiche Kuh einen Augenblick später: das Strickhalfter war verrutscht, der Strick lag genau auf dem Auge. Ein Ausweichen war der Kuh aufgrund der Fixation und der Anbindung mit dem sich verengenden Zughalfter nicht möglich.
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Ein Gegenbeispiel zur hohen Anbindung mit überstrecktem Hals: Eine ruhige Kuh mit natürlicher Kopfhaltung im Fixierstand. • Weitere Fixierungsmassnahmen: Zusätzlich zur hohen Anbindung wurden in Einzelfällen auch Schwanzklammern eingesetzt, um die Kühe zum Stillhalten zu bewegen.
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Hohe Anbindung mit Zughalfter und überstreckte Körperhaltung in Kombination mit einer schmerzhaften Schwanzklammer im Fixierstand.
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Schmerzhafte Schwanzklammer im Einsatz an einer Kuh beim Stylen im Fixierstand. • Verwendung einer Vielzahl von Produkten zur Vorbereitung der Kühe: Die Kuhstylisten verwendeten zahlreiche Produkte zum Stylen der Kühe. Ob die verwendeten Produkte alle wie vom Reglement gefordert «weder Reizungen noch Schäden verursachen und aus lebensmittelrechtlicher Sicht unbedenklich sind», musste hinterfragt werden. Es handelte sich mehrheitlich um Produkte mit zahlreichen chemischen Zusätzen, die auf der Haut durchaus Reizungen verursachen können.
Zahlreiche Stylingprodukte (mehrheitlich Importprodukte aus Amerika) warteten neben einem Fixierstand auf ihren Einsatz. Die verwendeten Produkte beinhalten zahlreiche chemische Zusätze, die hautreizend und aus unserer Sicht in der Anwendung – insbesondere auf frisch rasierter Haut und kurzgeschorenem Fell – problematisch sein können.
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• Ausrasieren und Betonen des Rippenbogens: Zusätzlich zur ohnehin durchgeführten Schur wurden die Rippenbögen bei den meisten Tieren nochmals nachrasiert und bei einigen mit Acryllack/klarem Nagellack bestrichen. Um diesen schnell zu trocknen, wurden warme Lichtquellen eingesetzt. Da die Rippenkonturen bis auf die Haut ausgeschoren waren, wurde der Lack auf die bare Haut aufgetragen, was durchaus Reizungen und Brennen verursachen kann. Aus Sicherheitsdatenblättern zu Acryllacken ist ersichtlich, dass Hautkontakt vermieden werden soll, weil die Bestandteile Hautreizungen verursachen und gar allergische Hautreaktionen auslösen können. Gemäss Ausstellungsreglement ist «die Anwendung von Kosmetika, Ölen oder Salben, die weder Reizungen noch Schäden verursachen und aus lebensmittelrechtlicher Sicht unbedenklich sind», erlaubt. Im Umkehrschluss sind also Anwendungen von reizenden Kosmetika verboten – es folgen daraus aber keine Sanktionierungen. Das zeigte sich auch daran, dass das Auftragen der Klarlacke unmittelbar vor dem Eingang in die Arena stattfand – direkt neben den Kontrollpersonen, die das fehlbare Verhalten aber keineswegs verhinderten.
Ausrasierte und mit klarem Nagellack überzogene Rippenbögen.
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Bei dieser Kuh war der grosszügig angebrachte Klarlack auf der Rippenschur noch nicht ganz angetrocknet. • Ganaschengriff während der Präsentation in der Arena: Fast alle VorführerInnen nutzten das Zusammenkneifen einer Hautfalte an der Ganasche der Tiere als Massnahme, um die gewünschte hohe Kopfhaltung der Tiere während der gesamten Vorführung zu erhalten.
Ganaschengriff während der Vorführung im Ring.
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Der Ganaschengriff und die eng angezogene Kinnkette machen die Tiere gef체gig: Der Kopf bleibt oben und die Bewegungen sind ruhig. Das Ausdrucksverhalten der Kuh deutete auf Belastungen hin, sie speichelte zudem stark.
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Auch dieser Kuh schien es w채hrend der Vorf체hrung nicht wohl: Sie versuchte mehrmals der harten Hand des Vorf체hrers auszuweichen. Aus dem festen Ganaschengriff und der eng zugezogenen Kinnkette gab es aber kein Entkommen.
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• Versiegeln der Zitzen: Bei zahlreichen Kühen konnten verklebte Zitzen beobachtet werden. Das Versiegeln der Zitzen ist ausdrücklich erlaubt, allerdings darf hierzu nur 8%iges Collodium eingesetzt werden. Dieses wird häufig in andere Behälter umgefüllt, sodass nicht nachzuprüfen ist, ob tatsächlich nur dieses oder aber z. B. ein stärker konzentriertes Collodium eingesetzt wurde. Zusätzlich wurde in mehreren Fällen der Einsatz von Sekundenkleber beobachtet, obwohl dies gemäss dem neuen Reglement nicht mehr erlaubt ist. Nach der Vorführung musste die Versiegelung von den Betreuern im Melkstand heruntergezupft werden. Die Kühe wehrten sich dabei heftig.
Nach der Vorführung vor dem Zwischenmelken musste das verwendete Collodium wieder mühsam von den Zitzen entfernt werden – hier wurde mit dem Daumennagel das Collodium weggezupft. Für die Kuh war das sehr unangenehm, sie schlug heftig mit dem Schwanz und wollte immer wieder ausweichen. Die Euterhaut war zudem stark gerötet und zeigte zahlreiche Petechien (kleine, punktförmige Hautblutungen), was beides Anzeichen für oberflächliche Hautentzündungen sind. Auch der Zwischenschenkelspalt zeigte Rötungen. • Milchablassen nicht unter tierärztlicher Aufsicht: in mehreren Fällen wurde beobachtet, wie mittels Kanülen aus einzelnen Eutervierteln Milch abgelassen wurde, ohne dass ein Tierarzt dies betreute – obwohl genau dies im Reglement verlangt wird.
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Unerlaubtes Milchablassen aus einem Euterviertel mit Hilfe einer Kanüle. Hier wurde Milch abgelassen, damit im Anschluss Sekundenkleber in die Zitze verabreicht werden konnte.
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• Verabreichen von Medikamenten durch Tierärzte: Gemäss Reglement dürfen Behandlungen nur vom Ausstellungstierarzt vorgenommen werden. Medikamente dürfen nur unter tierärztlicher Kontrolle und aufgrund einer Diagnose eingesetzt werden. Ein Ausschluss von Tieren, die aufgrund einer Diagnose – also der Feststellung einer Krankheit – behandelt wurden, ist im Reglement nicht per se vorgesehen. Dementsprechend wurde auch mehrmals beobachtet, wie eine Tierärztin bei verschiedenen Kühen Behandlungen (diverse Injektionen und Infusionen) vornahm, und dass diese Kühe trotzdem an den Prämierungen teilnahmen. Nur in einem beobachteten Fall wurde eine Kuh von der Tierärztin behandelt und in Folge nicht vorgeführt. Kranke Kühe gehören unserer Meinung nach nicht auf Ausstellungen, sondern nach Hause in den Stall zur weiteren Behandlung und Genesung. Zudem stellt eine Behandlung einer Kuh mit schmerzstillenden, entzündungshemmenden, fiebersenkenden, kreislaufstimulierenden und/oder antibiotischen Substanzen einen, wenn auch vielleicht unbeabsichtigten, Wettbewerbsvorteil gegenüber unbehandelten Kühen dar. Diese dürften unter den Ausstellungs- und Rangierungsstrapazen (physische und psychische Belastungen wie beispielsweise druck- und schmerzempfindliche Euter, Euterödeme und -entzündungen, Hautreizungen, Juckreiz, Nervosität, Angst, Müdigkeit usw.) «unbehandelt» mehr leiden als vergleichsweise ihre Konkurrentinnen. • Anwendung von «Starker Grüner Salbe» und anderen Mitteln ohne tierärztliche Aufsicht: Gemäss Ausstellungsreglement ist «die Anwendung von Kosmetika, Ölen oder Salben, die weder Reizungen noch Schäden verursachen und aus lebensmittelrechtlicher Sicht unbedenklich sind», erlaubt. Medikamente dürfen nur unter tierärztlicher Kontrolle und aufgrund einer Diagnose verwendet werden. Aufgrund ihrer Inhaltsstoffe dringt Starke Grüne Salbe tief in das Gewebe ein und wirkt antiseptisch, schmerzstillend und durchblutungsfördernd. Bei Anwendung am Euter darf die Milch in den folgenden 3 Tagen nicht verwertet werden. Die Indikationen der Salbe im veterinärmedizinischen Bereich sieht vor allem lokale Behandlungen bei Gelenk- und Muskelleiden, Arthritis und Blutergüssen vor. Dem Beipackzettel des Medikaments ist zu entnehmen, dass die Anwendung bei entzündlichen Hauterkrankungen, Ekzemen und Wunden kontraindiziert ist. Die Salbe soll nicht auf Schleimhäute und verletzte Haut aufgetragen werden
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und es kann zu lokalen Überempfindlichkeitsreaktionen kommen. Das dicke Auftragen kann zu übermässig starken Hautreaktionen führen. An der Swiss Expo konnte beobachtet werden, wie die Euter mehrerer Kühe einige Zeit vor der Vorstellung in der Arena dick mit Starker Grüner Salbe eingerieben wurden. Neben diesem Produkt wurden auch weitere kampfer- und eukalyptushaltige Salben und Emulsionen eingesetzt. Aus Sicht des Tierschutzes ist die Verwendung der beschriebenen Präparate als (dicke) Einreibung am Euter kontraindiziert. Dies im Besonderen nach der Feinrasur, weil die Haut aufgrund dessen bereits gereizt und überaus empfindlich sein dürfte. Mikroläsionen sind nach der Rasur unvermeidlich, weshalb Einreibungen mit durchblutungsfördernden, reizenden und brennenden Substanzen für die Tiere eine Qual sein dürften.
Zwei Kühe, deren Euter mit Starker Grüner Salbe eingerieben wurden; hinter ihnen liegt im Stroh die Salbendose.
Die gleichen Kühe wie im Bild oben. In der Nahaufnahme sieht man deutlich, dass das gesamte Euter mit einer Salbenschicht überzogen ist.
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• Kühlen der Euter mit fliessendem kalten Wasser: Die Verwendung von Eisbeuteln, wie letztes Jahr beobachtet, ist neu ausdrücklich im Ausstellungsreglement verboten. In Anbetracht der Formulierung, dass «die Verwendung von Eis oder anderen kühlenden Substanzen zur Kühlung des Euters» verboten ist, stellt sich die Frage, warum das Kühlen der Euter mit kaltem Wasser über längere Zeit (gemessen wurde bei der abgebildeten Kuh eine Zeitdauer von 13 Minuten) nicht unterbunden wurde. Aus unserer Sicht stellt dies einen klaren Verstoss gegen das Reglement dar. Interessanterweise ist aber nur das Kühlen des Euters mit Eis mit einer Sanktion (Ausschluss aus dem Wettbewerb) belegt, nicht aber der Einsatz anderer kühlender Substanzen. Das Kühlen mit fliessendem kalten Wasser stellt somit zwar einen Regelverstoss dar, wird aber gemäss Reglement nicht sanktioniert.
Kühlen des Euters mit kaltem Wasser; die gleiche Kuh ist auf den Fotos oben rechts zu sehen. • Präsentation der Kühe in der Arena, überfüllte Euter: Die meisten Kühe trugen in der Arena Vorführhalfter mit Kettenleinen, die als Zughalfter um die Nase und unter dem Kinn hindurchgeführt wurden. Bei Zug gab es keinen Stopp – die Halfter zogen sich zusammen und lösten so Schmerzen am Kopf (Kinn, Nasenbereich, hinter den Ohren) aus. Die Kühe gingen breitbeinig und führten ihre Hintergliedmassen im Bogen um die harten, angeschwollenen Euter herum. Um die Kühe dazu zu bringen, die gewünschte Haltung und Position einzunehmen, wurde z. B. mit dem Fuss bzw. Schuh auf den empfindlichen Kronsaum Druck ausgeübt. Die Euter glänzten u.a. dank des eingesetzten Babyöls nass/feucht und waren grösstenteils überfüllt sowie rosa bis rötlich verfärbt (aufgrund der durchblutungsfördernden Substanzen). Die Gefässe am Unterbauch und Euter waren unnatürlich deutlich und stark hervorstehend gezeichnet.
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Nassglänzendes, mit Ölgel eingeriebenes, stark gefülltes Euter. Die Gefässe sind durch die vor dem Ölgel aufgetragenen, durchblutungsfördernden Salben und Emulsionen (z. B. Starke Grüne Salbe, Kampferemulsionen) unnatürlich stark gezeichnet. Die komplette Euterhaut ist gerötet und an den Zitzen ist das sich teilweise am Rand ablösende Collodium der Zitzenversiegelungen erkennbar.
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Nassglänzendes Euter; die Gefässe waren an Unterbauch und Euter unnatürlich deutlich und stark hervorstehend gezeichnet.
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Auf dem Weg in die Arena mit nass glänzendem, stark gefülltem Euter. Die Hintergliedmassen mussten beim Laufen aufgrund des stark angeschwollenen Euters im Bogen aussen herum geführt werden.
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Erst- und zweitplatzierte Kuh der Kategorie 14. Der Kuh Elsa, rechts im Bild, wurde einige Zeit vor der Vorführung regelwidrig (ohne Beisein eines Tierarztes/einer Tierärztin) Milch abgelassen, ihre Zitzen wurden mit Sekundenkleber versiegelt, das Euter wurde mit eiskaltem Wasser gekühlt und mit durchblutungsfördernden Emulsionen eingerieben, es wurde mit Ölgel zum Glänzen gebracht, ebenso wie das Fell mit Glanzspray und Haarlacken. Die Kuh Elsa aus Italien wurde von uns von 11.00 Uhr vormittags, als sie bereits starken Milchfluss zeigte, bis nach 17.00 Uhr beobachtet. Bis dahin wurde sie nicht zwischengemolken, obwohl der starke Milchfluss und Euterdruck am Vormittag bereits ein Zwischenmelken notwendig gemacht hätte. Unseren Berechnungen nach wurde Elsa während mindestens 17 Stunden nicht gemolken. • Fehlendes Interesse der Ausstellungsleitung und der Kontrollkommission bei Meldung von Verstössen gegen das Reglement: Von unserer Seite wurden der Ausstellungsleitung und der Leitung der Kontrollkommission unsere Beobachtungen bezüglich der regelwidrigen Manipulationen (Einsatz von Starker Grüner Salbe, Milch ablassen, Euter kühlen mit kaltem Wasser, Einsatz von Sekundenkleber) an zwei teilnehmenden Kühen persönlich mitgeteilt. Es konnte aber weder ein Einschreiten noch Konsequenzen für die Aussteller beobachtet werden. Eine der beiden Kühe gewann kurz darauf mehrere erste Preise.
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Siegerkuh Elsa in der Arena mit stark gefülltem, hartem Euter und breitbeinigem schwankendem Gang. Beim Laufen mussten die Hintergliedmassen in grossen Bögen um das angeschwollene, überfüllte Euter herumgeführt werden. Aus dem rechten Vorderviertel läuft Milch. Trotz der Versiegelung mit Sekundenkleber und dem teilweisen Milchablassen war der Euterinnendruck zu gross. Elsa gewann die Kategorie 14 und auch das Championnat Espoir. Gemäss Sanktionsschema des Ausstellungsreglements hätte Elsa aber vom Wettbewerb ausgeschlossen werden müssen.
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V. Fazit Auch wenn es als positiv zu bewerten ist, dass die Arbeitsgemeinschaft Schweizer Rinderzüchter ihr Ausstellungsreglement überarbeitet hat, kann angesichts der fehlenden praktischen Durchsetzung und der teilweise schwammigen Formulierungen nicht von einer Verbesserung der Situation für die Kühe die Rede sein. Wie bereits nach den vorherigen Messebesuchen bemängelt, werden die Kühe mit einer Vielzahl von kosmetischen Produkten präpariert, während sie in unnatürlicher Haltung in einem Fixierstand ausharren müssen. Zudem bleibt weiterhin der Zitzenverschluss erlaubt – es wird hierzu zwar offiziell nur noch ein Mittel zugelassen, doch wird auch weiterhin mehr oder weniger offen sichtbar Sekundenkleber eingesetzt und dafür auch regelwidrig vorher ein wenig Milch abgelassen. Es ist bedauerlich, dass das Ausstellungsreglement nicht durchgesetzt wird und dass auch scheinbar von Seiten der Veranstalter kein Interesse daran besteht, gemeldete Verstösse gegen das Reglement zu verfolgen. Wir empfehlen den Ausstellungsverantwortlichen dringend, konsistenter und konsequenter sowie manuell und nicht nur visuell, die Tiere bei den Vorbereitungen wie auch vor dem Eintritt in die Arena zu kontrollieren. Regelverstösse sollten folgerichtig abgemahnt und sanktioniert werden. Kranke Kühe sollten schnellstmöglich behandelt werden, dann aber zur weiteren Genesung das Ausstellungsgelände in Richtung Heimatstall verlassen dürfen. Die Zwischenmelkzeiten müssen, wie zu Hause im Stall auch, auf maximal 12 Stunden festgelegt und kontrolliert durchgeführt werden. Im benachbarten Deutschland ist man schon fortschrittlicher. Da sind bei einigen Zuchtverbänden das Zitzenverkleben und teils auch Melkintervalle von über 12 Stunden explizit verboten (Landesverband Bayerischer Rinderzüchter, Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rinderzüchter, Arbeitsgemeinschaft Deutscher Braunviehzüchter). Auch für die Schweizer Braunviehschau BRUNA sind für 2017 dahingehend Verbesserungen ausgesprochen worden: Dort soll der Zeitpunkt des Melkens der Kühe vor der Rangierung vom OK abteilungsweise festgelegt werden. Das könnte, soweit konsequent und kontrolliert durchgeführt, das Tierwohl und die Eutergesundheit der Schaukühe enorm verbessern.
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RAMMLERSCHAU
Kantonale Rammlerschau beider Basel 21. und 22. Januar 2017, besucht am 21. Januar 2017
I. Allgemeines
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Die Kantonale Rammlerschau beider Basel fand in der Mehrzweckhalle in Wintersingen statt. Organisiert wurde die Kaninchenausstellung von der Alaska und Havanna Gruppe beider Basel. Laut Ausstellungsreglement mussten die Kaninchen am Freitag zwischen 17 und 21 Uhr eingeliefert werden. Bereits am Freitag war die Festwirtschaft in der Halle bis 24 Uhr geöffnet. Die Bewertung fand am Samstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Für die Besucher war die Ausstellung am Samstag von 17 – 24 Uhr und am Sonntag von 9 – 16 Uhr geöffnet. In Wintersingen wurden etwa 270 Kaninchen, welche 33 verschiedenen Rassen angehörten, ausgestellt. Mit ca. 18 °C herrschte in der Halle eine angenehme Temperatur für die Kaninchen. Bis um 19 Uhr war die Lautstärke an der Rammlerschau am Besuchstag mit etwa 70 dB in einem für die Kaninchen tolerierbaren Bereich. Das Abendprogramm und die Livemusik sowie das verstärkte Besucheraufkommen führten später zu einer gewissen Lärmbelastung für die Kaninchen. Die Kaninchen, die alle einzeln gehalten wurden, waren in Metallkäfigen untergebracht, die an der Frontseite mit Gitterstäben versehen waren. Die Käfige waren in Reihen, bei denen jeweils 2 bzw. 3 Käfige übereinander gestapelt waren, aufgestellt. An der Vorderseite der Käfige befand sich jeweils an einer Seite ein etwa 15 cm breites Blech, an dem auch der Bewertungszettel angebracht war. Die Käfige in der obersten Reihe hatten an der Deckenseite Gitterstäbe, ansonsten waren die Wände der Käfige aus Metallplatten. Die meisten Käfige hatten eine geschätzte Grösse von 60 x 60 x 50 cm. Nur gerade 14 Käfige waren mit geschätzten 70 x 70 x 60 cm etwas grösser. In den kleineren Käfigen waren alle Vertreter der Zwergrassen (bis 2,3 kg), der Kleinrassen (2,3 – 3,5 kg) sowie praktisch alle Kaninchen der Mittelrassen (3,5 – 5,5 kg) untergebracht. Nur 9 Kaninchen an dieser Ausstellung gehörten zu den Grossrassen (über 5,5 kg). Sie und 5 Vertreter der Mittelrassen
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befanden sich in den etwas grösseren Käfigen. Der Boden der Käfige war mit Stroh bedeckt. Als Futter stand den Kaninchen Heu und zum Teil auch Körner zur Verfügung und als Nagematerial kleine Holzklötze. Einige Kaninchen wurden zudem von ihren Besitzern mit Äpfeln, Karotten und frischen Ästen versorgt.
Kaninchen mit trockenem Brot und Apfel, im Hintergrund unberührtes Nageholz.
II. Was uns seitens Tierschutz an der Ausstellung gefallen hat • Saubere Käfige: Die Käfige der Kaninchen blieben den ganzen Ausstellungstag über sehr sauber.
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III. Was sich im Vergleich zur letzten vom STS beurteilten Ausstellung verbessert hat • Frische Äste als Nagematerial: Im Vergleich zur letzten Ausstellung (Kleintierausstellung Frauenfeld, 2016) wurden erfreulicherweise mehr frische Äste angeboten. Es waren einzelne Züchter, die ihre Tiere mit diesem Nagematerial sowie zum Teil auch mit Karotten, trockenem Brot und Äpfeln versorgten.
Ein Kaninchen beschäftigt sich mit einem frischen Ast; gut sichtbar die grossen Bereiche, die bereits benagt wurden.
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Ein Kaninchen, das keine frischen Äste im Käfig hat, versucht an die Tannenzweige, die zur Dekoration auf dem Käfigdach liegen, zu gelangen.
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IV. Was sich im Vergleich zur letzten vom STS beurteilten Ausstellung nicht verbessert oder gar verschlechtert hat • Käfiggrösse und -strukturierung: Wie bereits schon mehrmals bemängelt, waren die Ausstellungskäfige für die Kaninchen sehr knapp bemessen, boten den Kaninchen kaum bis gar keinen Bewegungsspielraum und unterschritten in den meisten Fällen die Mindestanforderungen der Tierschutzverordnung (TSchV). So waren die kleineren Käfige (Grundfläche ca. 60 x 60 cm) nur für Zwergrassen ausreichend gross, während die grösseren Käfige (Grundfläche ca. 70 x 70 cm) für alle Kaninchen, die darin an der Ausstellung gehalten wurden, nicht den Mindestanforderungen der Tierschutzverordnung entsprochen haben. Ausserdem wurde leider auch in Wintersingen auf sämtliche Rückzugsmöglichkeiten für die Tiere verzichtet. Das Blech an der Frontseite war als Sichtschutz bei weitem nicht ausreichend. • Fehlendes Wasser: Erfreulicherweise verfügten die meisten Kaninchen über frisches Wasser. Es konnten aber doch einige leere oder umgestossene Trinknäpfe entdeckt werden, so dass diese Kaninchen nicht über ständigen Zugang zu frischem Wasser verfügten. In einem Fall blieb ein Kaninchen während der ganzen Besuchszeit der STS-Fachleute ohne Wasser.
Dieses Kaninchen hatte seinen Trink- und Futternapf umgestossen und blieb während der ganzen Besuchszeit ohne Wasser. • Ängstliche Tiere: Die Kaninchen reagierten auf die Ausstellungssituation sehr unterschiedlich. Viele Tiere wirkten entspannt, es gab aber auch nicht wenige Kaninchen, die verängstigt waren, schnelle oberflächliche Atmung zeigten und eine geduckte Körperhaltung einnahmen. • Stereotypien: In einigen Fällen konnten Kaninchen beobachtet werden, die Stereotypien zeigten. Sie sprangen ununterbrochen vorne an den Gitterstäben hin und her. • Extremzuchten: In Wintersingen wurden Angorakaninchen sowie Englische Widder und Rexkaninchen ausgestellt. Die dichte, lange Wolle der Angorakaninchen kann zu Problemen bei der Thermoregulation sowie zu Verfilzungen führen und je nach Länge des Fells die Sicht einschränken. Bei den Englischen Widdern stellen die überlangen Ohren eine Behinderung dar. Die Kaninchen
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schleifen sie am Boden nach und stehen sich zum Teil sogar selbst auf den Ohren. Kleine Verletzungen und fehlende Haare an den Ohren zeugen von diesem Umstand. Die verkürzten bzw. fehlenden Tasthaare der Rexkaninchen schränken diese in ihrer Wahrnehmung stark ein.
Rexkaninchen mit stark verkürzten Tasthaaren.
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Kaninchen der Rasse Burgunder mit normal ausgeprägten Tasthaaren, gut sichtbar welch grossen Raum ein Kaninchen damit wahrnehmen kann (ein Haar reicht bis an die Wand des benachbarten Käfigs).
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Kaninchen der Rasse Englischer Widder mit leicht geröteter, haarloser Stelle am Ohr.
Kaninchen der Rasse Englischer Widder steht mit dem Hinterlauf auf seinem langen Hängeohr.
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• Öffnungszeiten und Abendprogramm: Dem Ausstellungsreglement der Veranstalter war zu entnehmen, wie sich der Ablauf der Ausstellung gestaltete. Am Freitag wurden die Kaninchen angeliefert und in ihre Käfige in der Merzweckhalle gebracht. Danach war abends von 17 – 24 Uhr eine Festwirtschaft in der Halle geöffnet. Dies führte wohl dazu, dass den Kaninchen nach einem anstrengenden Transporttag und der Belastung durch eine neue Umgebung erst spät in der Nacht Dunkelheit und Ruhe gegönnt wurde. Am darauffolgenden Tag wurden die Kaninchen bewertet und um 17 Uhr öffnete sich die Ausstellung für die Besucher. Die Festwirtschaft in der Halle, in unmittelbarer Nähe zu den Käfigen der Kaninchen, war wiederum bis 24 Uhr geöffnet. Während des Besuchs konnte von den STS-Fachleuten beobachtet werden, welche Auswirkungen der Festbetrieb auf die Kaninchen hatte. Das verstärkte Besucheraufkommen, insbesondere das ständige Vorbeiziehen von Leuten an den Käfigen, aber auch die deutliche Zunahme der Lautstärke zeigten bei den Kaninchen Wirkung. Viele Tiere schreckten auf, gaben ihre Ruhepositionen auf und nahmen eine angespannte Körperhaltung ein. Als um 19 Uhr auch noch ein Musiker mit einer Handorgel zu spielen begann, reagierten viele Kaninchen nervös und verängstigt. Von mehreren Käfigen war das Klopfen ihrer Hinterläufe auf den Käfigboden zu vernehmen, eine Verhaltensweise, die Kaninchen bei Gefahr zeigen. Der Besuch der STS-Fachleute dauerte bis 19.30 Uhr. Über den weiteren Verlauf des Abends kann daher keine Aussage gemacht werden. Es ist aber zu vermuten, dass die Kaninchen wohl auch an diesem zweiten, anstrengenden Tag erst sehr spät zur Ruhe kommen konnten.
Abendprogramm mit Festwirtschaft und Musik in unmittelbarer Nähe zu den Käfigen der Kaninchen.
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V. Fazit Die Kantonale Rammlerschau beider Basel bot das typische Bild einer Kaninchenausstellung. Die Käfige waren sauber und die Temperatur war für die Kaninchen in einem angenehmen Bereich. Positiv aufgefallen waren einige Züchter, die ihre eigenen Kaninchen mit frischen Ästen versorgten. Wie gerne und gut sich Kaninchen damit beschäftigen lassen, zeigte auch die Beobachtung, dass Kaninchen, die in der obersten Käfigreihe untergebracht waren, immer wieder versuchten an die Tannenzweige zu gelangen, die auf dem Dach ihrer Käfige von den Veranstaltern als Dekoration hingelegt wurden. Wenn schon zahlreiche Äste zur Verschönerung der Ausstellung in die Halle gebracht werden, wäre auch zu erwarten gewesen, dass die Organisatoren und Aussteller alle Kaninchen mit frischen Zweigen versorgen und so dazu beitragen, dass Kaninchen nicht nur über geeignetes Nagematerial, sondern auch über eine sehr gute und willkommene Beschäftigungsmöglichkeit verfügen. Bedauerlicherweise waren die Kaninchen auch in Wintersingen, wie an solchen Ausstellungen vielfach beobachtet, in sehr kleinen Käfigen untergebracht, die in den meisten Fällen nicht einmal den Minimalanforderungen der Tierschutzverordnung (TSchV) entsprachen. Der STS kritisiert, dass bei zu Schauzwecken dienender temporärer Haltung die Minimalvorschriften der TSchV häufig nicht eingehalten werden; er fordert daher, dass die Mindestflächen nicht unterschritten werden, insbesondere nicht an mehrtägigen Ausstellungen. Die Tierausstellungen haben Vorzeigecharakter und sollen den Besuchern zeigen, wie Tiere weitestgehend artgerecht gehalten werden können. In diesem Zusammenhang wäre es sehr zu begrüssen, wenn auf einer zukünftigen Kaninchenausstellung den Besuchern eine besonders tierfreundliche Gruppenhaltung demonstriert würde. Dies wäre mit Sicherheit ein Besuchermagnet und würde die Möglichkeit bieten, Züchtern und Haltern neue Ideen aufzuzeigen. Die fehlenden Rückzugsmöglichkeiten in den Ausstellungskäfigen stellen für viele Kaninchen eine Belastung dar. Es gilt zu bedenken, dass Wildkaninchen sich bei Gefahr und zur Ruhe in ihre unterirdischen Höhlensysteme zurückziehen und dass auch unsere Hauskaninchen, trotz intensiver Züchtung, immer noch dieselben Bedürfnisse wie ihre wilden Vorfahren haben. Kaninchen verfügen über das typische Sehvermögen von Fluchttieren. Es sind dies eine Rundumsicht von 360° sowie eine sehr gute Wahrnehmung von Bewegungen. Aus diesem Grund bietet ein schmales Blech an der Frontseite des Käfigs für Kaninchen keinerlei Sichtschutz. Der STS fordert, dass, sowohl was die Käfiggrösse als auch die Käfigstrukturierung anbelangt, verstärkt auf die Bedürfnisse der Kaninchen Rücksicht genommen wird. Viele Tiere zeigten durch ihre Verhaltensweisen (geduckte Haltung, schnelle oberflächliche Atmung, Klopfen mit den Hinterläufen sowie Stereotypien), dass sie von der Ausstellungssituation in ihrer Anpassungsfähigkeit überfordert waren und unter den Bedingungen litten. Sehr kritisch zu beurteilen waren die Öffnungszeiten an der Kaninchenausstellung. Die Tatsache, dass die Türen für die Besucher bis Mitternacht geöffnet waren und dass ausserdem im gleichen Raum in unmittelbarer Nähe zu den Käfigen auch noch eine Festwirtschaft mit Musik und Tombola betrieben wurde, stellte für die Kaninchen eine grosse zusätzliche Belastung dar. So mussten die Kaninchen an dieser Ausstellung neben den grösstenteils zu kleinen, unstrukturierten Käfigen, einer ungewohnten Umgebung, der Beurteilung durch die Richter und dem ständigen angestarrt werden durch Besucher auch noch mit Lärm und Licht bis in die tiefe Nacht zurechtkommen. Das ist aus Sicht des Tierschutzes alles andere als tierfreundlich.
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TIER & TECHNIK ST. GALLEN
Tier & Technik, IGBS-Ausstellung, St. Gallen 23. bis 26. Februar 2017, besucht am 24. Februar 2017
Diese Original Braunvieh-Kuh war unnatürlich komplett geschoren – inklusive der Ohren innen und aussen sowie auch grösstenteils die Tasthaare an Maul und Augenbrauen. Für die kommende Weidesaison fehlt ihr der wichtige Fellschutz und sie sah ganz und gar nicht mehr «original» aus.
I. Allgemeines
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Die 17. Internationale Fachmesse für Nutztierhaltung, landwirtschaftliche Produktion, Spezialkulturen und Landtechnik, die Tier & Technik, fand vom 23. – 26. Februar 2017 auf dem Olma-MesseAreal in St. Gallen statt. Insgesamt 33 000 BesucherInnen konnten an vier Tagen 480 Aussteller/ Stände und mehr als 200 hauptsächlich angebundene Rinder, Kühe und Kälber begutachten. An der Tier & Technik findet jährlich, so auch am 24. Februar 2017, die von der Interessensgemeinschaft der Brown Swiss-Züchter organisierte IGBS-Schau und die Eliteauktion statt. An letzterer wurden 18 Kälber, Jungrinder und Rinder für bis zu 7300.– Schweizer Franken versteigert. Sie stand unter dem Patronat der Zeitung Schweizer Bauer. Am Nachmittag wurden die Original Braunvieh-Ausstellungstiere klassiert. Nach 19 Uhr am Besuchstag begann der Schauwettbewerb in mehreren Kategorien und Championwahlen, darunter Junior- und Senior-Schöneuter-Wahlen sowie Junior- und Grand-Champion-Wahlen. Insgesamt nahmen 126 Tiere der Rassen Original Braunvieh und Braunvieh/Brown Swiss am Wettbewerb teil. Daneben wurden weitere Rassen wie beispielsweise Holsteiner, Swiss Fleckvieh, Jersey, Angus und Aubrac sowie aus Österreich Pinzgauer und Tiroler Grauvieh und ein Tuxer ausgestellt. Die Angus und Aubrac sowie weitere Bio WeidebeefTiere wurden in Gruppenhaltung gezeigt, ebenso teilten sich jeweils 2 Braunviehkälber ein Gehege.
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12 weitere Kälber wurden in Anbindehaltung präsentiert. Von der Anlieferung bis zum Rücktransport mussten die Ausstellungs- und Auktionstiere insgesamt 5 Tage auf dem Ausstellungsgelände verbringen. Gemäss dem Ausstellungsreglement der IGBS wurden die Aussteller explizit zum Styling der Tiere aufgefordert. Jegliche beobachteten Manipulationen bei der Tiervorbereitung sollten mit sofortigem Ausschluss sanktioniert werden. Die Ausstellungsleitung wollte dies streng kontrollieren. Zudem hatte auch das neu in Kraft getretene ASR-Reglement an der Ausstellung Gültigkeit. Es wurden nebst den Kühen keine weiteren Tierarten ausgestellt. Die Stalltemperatur betrug durchschnittlich 18 °C, was von den Tieren mehrheitlich gut toleriert wurde. Am lautesten war es mit ca. 85 – 90 Dezibel im Bereich der Styling-Lounge und des Restaurants.
II. Was uns seitens Tierschutz an der Ausstellung gut gefallen hat • Haltung der Tiere: Alle Kühe hatten ausreichend grosse Liegeplätze, Zugang zu Selbsttränken und Heu. Die Läger wurden sehr sauber gehalten und es wurde reichlich eingestreut.
Abb. oben und Seite 3: Diese Kühe konnten in sauberen, reichlich eingestreuten Lägern ruhen. Sie hatten jederzeit Zugang zu frischem Wasser und in der vorne angebrachten Futterraufe stand ihnen ausreichend frisches Heu zur Verfügung. Die Platzverhältnisse erlaubten es zudem – wenn die Tiere nicht zu kurz angebunden waren – mit dem arttypischen Kopfschwung problemlos aufstehen und abliegen zu können. Leider waren die meisten Braunviehkühe total geschoren, inkl. Tasthaare und Einkerbung der Rippenkonturen. Sie sahen deshalb untypisch und unnatürlich aus.
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TIER & TECHNIK ST. GALLEN
• Genereller Umgang mit den Tieren: Sowohl die Tiere wie auch die BetreuerInnen in den Stallungen wirkten sehr routiniert und ruhig. Der Umgang mit den Tieren war meist freundlich und bestimmt. • Betreuung der Tiere: Die Tiere waren ständig unter der Aufsicht von BetreuerInnen, die z. B. jeglichen Mist sofort entfernten bzw. Ausscheidungen direkt in Eimern auffingen. Auch wenn die Stallungen für Besucher zugänglich waren, waren die meisten Kühe durch die anwesenden zahlreichen Betreuer vor evtl. zudringlichen Besuchern ausreichend geschützt. • Zügiges Melken der Kühe nach den Vorführungen bzw. Klassierungen im Ring: Es konnte beobachtet werden, dass ein Grossteil der Tiere abends nach den Präsentationen im Ring zügig an die Melkanlagen geführt und gemolken wurde. • Keine beobachtete Verwendung von Sekundenklebern: Es konnte nicht beobachtet werden, dass die Zitzen mit Sekundenklebern versiegelt wurden. • Keine überfüllten Euter bei den Original Braunviehkühen: Am Nachmittag hatte keine der ausgestellten und vorgeführten Original Braunviehkühe ein überfülltes Euter. Die gewohnten Melkintervalle von ca. 12 Stunden wurden bei diesen Tieren offenbar eingehalten.
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• Mehrere AmtstierärztInnen im Einsatz /hohe Kontrolldichte: Während der Ausstellung konnten am Besuchstag gleich mehrere AmtstierärztInnen mit langer Präsenzzeit bei ihrer Arbeit und Kontrolltätigkeit beobachtet werden. Aufgrund der hohen Kontrolldichte konnten verbotene Manipulationen an Zitzen und Euter der Schautiere weitestgehend ausgeschlossen werden. • Milchablassen ausschliesslich unter tierärztlicher Aufsicht: Wenn Milch abgelassen wurde, was selten beobachtet wurde, dann geschah dies stets unter tierärztlicher Aufsicht. Genauso wie es im ASR-Reglement verlangt wird. • Verabreichen von Medikamenten nur durch Tierärzte: Gemäss Reglement dürfen Behandlungen nur vom Ausstellungstierarzt vorgenommen werden. Medikamente dürfen nur unter tierärztlicher Kontrolle und aufgrund einer Diagnose eingesetzt werden. Es konnte nicht beobachtet werden, dass am Besuchstag Kühen, Jungtieren oder Kälbern Medikamente verabreicht wurden, weder von Tierärzten noch, unerlaubterweise, von den Ausstellern selbst. Die ausgestellten Tiere schienen bei guter Gesundheit gewesen zu sein und das Reglement wurde eingehalten. • Kühlen der Euter mit fliessendem kalten Wasser: Die Verwendung von Eisbeuteln zur Kühlung des Zentralbands bzw. des Euters ist neu gemäss ASR-Reglement ausdrücklich verboten. Auf der Swiss Expo Lausanne im Januar 2017 wurde dieses Verbot ausgehöhlt, indem in mehreren Fällen beobachtet werden konnte, wie die Euter bzw. Zentralbänder mit kaltem Wasser über längere Zeit gekühlt wurden. Zwar wurden an der Tier & Technik vereinzelt Kühe tagsüber nach draussen geführt und für kurze Zeit mit dem Wasserschlauch – auch nur am Euter - abgespritzt, dies konnte aber aufgrund der kurzen Zeitdauer nicht als eine Handlung im Sinne von «Kühlen des Euters bzw. des Zentralbands» verstanden werden. • Rassenvielfalt an der Ausstellung: Tierausstellungen haben aus Sicht des STS einen wichtigen Stellenwert für die Gesellschaft. Hier begegnen sich Tierhalter, Tierfreunde und die interessierte Bevölkerung. In Anbetracht des hohen pädagogischen Stellenwertes von Tierausstellungen ist es aus unserer Sicht auch wichtig, dass den BesucherInnen weitere Milchkuh- und Rinderrassen sowie deren arteigene Bedürfnisse vorgestellt werden. Ersteres wurde an der Tier & Technik gewährleistet. Es wurden nebst dem Braunvieh auch Jersey, Holsteiner, Black Angus, Swiss Fleckvieh, Aubrac, Pinzgauer, Tiroler Grauvieh und ein Tuxer sowie weitere Fleischrassen vorgestellt. Aus Sicht des Tierschutzes wäre es daneben aber auch wichtig, dass den Besuchern die jeweils
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optimalste Haltungsform dieser Rassen aufgezeigt werden würde. Für die Fleischrassen wurde dieser Aspekt berücksichtigt. • Verschiedene Gruppen- bzw. Mutterkuhhaltungen (Black Angus, Aubrac, Bio Weide-Beef): Der STS begrüsst es ausdrücklich, wenn den Besuchern weitere moderne, tierfreundliche Haltungsformen präsentiert werden. So waren drei verschiedene Mutterkuh- bzw. Gruppenhaltungen in grösseren Gehegen ausgestellt. Einzig das Scheren der Black Angus Tiere, inklusive der meisten Tasthaare, war ein Kritikpunkt. Wann immer möglich sollten die Gruppen so präsentiert werden, wie sie sich in ihrem «normalen» Umfeld auch zeigen würden. Die geschorenen Tiere, insbesondere die in ihrer Immunität noch anfälligen Jungtiere, brauchen für die Freilandhaltung und die kommende Weidesaison unbedingt ihren Fellschutz.
Abb. oben und unten: Von der kleinen Black Angus-Gruppe waren alle adulten Tiere komplett geschoren, teilweise inklusive der Tasthaare. Auch das Kalb war am Rücken geschoren.
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Der prächtige und äusserst wachsame Aubrac-Stier behielt seine kleine Herde stets im Auge.
III. Was sich im Vergleich zur letzten vom STS beurteilten Tier & Technik (2016) verbessert hat • Neues, strengeres Ausstellungsreglement: Die Arbeitsgemeinschaft Schweizer Rinderzüchter ASR hat auf Anfang 2017 ein neues Ausstellungsreglement in Kraft gesetzt, das in mehreren Punkten über das bisherige Reglement hinausgeht. • Kein Schwanzhochbiegen im Stylingbereich: Im Gegensatz zum letzten Jahr wurde beim diesjährigen Besuch kein Hochbiegen des Schwanzes beim Stylen der Tiere beobachtet. • Keine Schlagbügel und Schwanzklammern im Einsatz: Es konnten keine weiteren Zwangsmassnahmen wie der Einsatz von Schlagbügeln oder Schwanzklammern im Stall oder beim Stylen beobachtet werden. • Amtstierärztliche Kontrollen: Gleich mehrere AmtstierärztInnen waren am Besuchstag auf Rundgängen im Stall und bei Kontrolltätigkeiten zu beobachten. • Weniger Kühe mit Milchfluss und überfüllten Eutern am Nachmittag: Nur wenige Schaukühe zeigten bereits am frühen Nachmittag Milchfluss oder tropfende, stark gefüllte Euter. Das lässt darauf schliessen, dass der erste Melkgang nicht unüblich früh, sondern wahrscheinlich mehrheitlich zur gewohnten Zeit zwischen 6 und 8 Uhr morgens durchgeführt wurde. Am späteren Nachmittag und am Abend hingegen wurden einige Kühe unruhig und zeigten stark gefüllte und teils auch übervolle Euter sowie Milchfluss. Das gezeigte Ausdrucksverhalten deutete darauf hin, dass der Druck auf das Euter zunahm und diese Kühe gerne wie gewohnt gemolken worden wären.
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IV. Was sich im Vergleich zur letzten vom STS beurteilten Tier & Technik (2016) nicht verbessert oder gar verschlechtert hat • Vielfach zu kurze Anbindung: Den zu kurz angebundenen Kühen fehlte der benötigte Spielraum um artgemäss aufstehen, abliegen, sich lecken und zurücktreten zu können, wie es das Tierschutz-Kontrollhandbuch Rinder des BLV fordert.
Abb. oben und unten: Diese Kühe waren viel zu kurz angebunden und konnten sich in der Folge nicht artgerecht verhalten. Es fehlte der Spielraum für den Kopfschwung, um artgemäss aufstehen, abliegen, sich putzen und zurücktreten zu können.
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Abb. oben und Seite 9: Auch die in Anbindehaltung gehaltenen Kälber und Jungtiere hatten grösstenteils zu wenig Bewegungsspielraum und waren deutlich zu kurz angebunden. Sie mussten Hals und Kopf stets gesenkt halten, konnten sich nicht putzen und auch nicht zurücktreten. Kälber dürfen angebunden gehalten werden, wenn sie älter als 4 Monate sind. Für die bewegungsfreudigen Jungtiere ist die Haltung in Anbindung aus STS-Sicht aber ohnehin wenig artgerecht. Sie wären lieber in der Gruppe mit anderen Jungtieren, wo sie ihre Bedürfnisse nach Bewegung, Springen und Sozialkontakten in grösseren, gemeinsamen Gehegen besser ausleben könnten.
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• Belastungen durch Lärm: Insgesamt wurde der Geräuschpegel in der Halle mit durchschnittlich 80 Dezibel als zumutbar beurteilt. Jedoch wurden im Stylingbereich, in der Arena und in der Nähe des Restaurants mit ca. 85 – 90 Dezibel deutlich höhere Werte gemessen, was für die Tiere insbesondere während des Stylens belastend gewesen sein dürfte. Auch die in der Nähe des Restaurants aufgestallten Tiere dürften wegen der Dauerbeschallung im Wohlbefinden beeinträchtigt gewesen sein. • Kalte und schonungslose Morgendusche: Wie bereits letztes Jahr schon vom STS kritisiert, mussten viele Tiere auch am diesjährigen Besuchstag die kalte Morgendusche mit Hochdruckreinigern über sich ergehen lassen. Bei Aussentemperaturen von ca. 2 °C (gemessen um 8 Uhr morgens) empfanden die Tiere den kalten und harten Wasserstrahl als sehr unangenehm, wenn nicht gar schmerzhaft, vor allem im Bereich des Kopfes, am Euter und anogenital. Darauf deuteten die teils heftigen Abwehrbewegungen hin. Auch wurde zum Shampoonieren kein fell- und hautschonendes Tiershampoo, sondern gewöhnliches Abwaschmittel der Migros (Handy) verwendet.
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Abb. oben und unten: Die Tiere versuchten so gut es möglich war, dem harten Strahl auszuweichen, zum Beispiel durch Abwenden des Kopfes oder durch Anpressen des Schwanzansatzes, um den empfindlichen Anogenitaltrakt zu schützen.
Der Shampoonierer rechts im Bild verwendete kein Tiershampoo, sondern Abwaschmittel. Die Kuh links im Bild versuchte mit Einknicken der Hüfte dem starken und eiskalten Wasserstrahl auszuweichen. • Keine tierfreundliche Kälberhaltung: 12 Braunvieh-Kälber wurden angebunden und komplett geschoren ausgestellt. In 3 Gehegen waren zusätzlich 5 weitere Tiere untergebracht, jeweils 2 Braunvieh-Kälber teilten sich ein Gehege und ein Tier war einzeln gehalten. Die gesetzeskonformen aber nach unserem Ermessen knapp bemessenen Gehege boten den Tieren kaum Platz, um sich spielerisch mit den Artgenossen bewegen zu können. Zudem wurde dieses Jahr auf jede Form weiterer Struktur und Ausstattung der Kälbergehege verzichtet. So stand den Jungtieren nebst den engen Platzverhältnissen leider auch keine Kratzbürste mehr zur Verfügung. Zudem
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hatten die Kälber aufgrund der knappen Platzverhältnisse und Anordnung der Gehege keine Rückzugsmöglichkeiten. Die Besucher konnten die Kälber auch liegend immer noch von 3 Seiten her berühren. Auch die dauernd angebunden gehaltenen Kälber und Jungtiere konnten den Besuchern nicht ausweichen und mussten sich schutzlos zu jeder Zeit berühren lassen.
Abb. oben und unten: Die Kälber in ihren knapp bemessenen Gehegen ohne ausreichende Rückzugs-, Bewegungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten.
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Permanente Anbindehaltung der Kälber: Nebst der Tatsache, dass die Kälber teilweise zu kurz angebunden waren, wurde den artgerechten Bedürfnissen der Jungtiere nach freien Bewegungsmöglichkeiten ausserhalb des Standplatzes nicht Rechnung getragen. Gerade junge Rinder haben viel Energie und sollten ihren Drang nach Bewegung und vielen Sozialkontakten ungehindert ausleben können. Da eine Tierausstellung an einer Publikumsmesse eine Vorbildfunktion einnimmt, ist eine Aufstallung in der Gruppe mit freier Bewegungsmöglichkeit aus unserer Sicht, insbesondere für die Jungtiere, heute zeitgemäss und ein Muss.
Dieses einzeln gehaltene Kalb war komplett geschoren, inkl. der Tasthaare, und apathisch. Es konnte seine arteigenen Bedürfnisse nach Bewegung und verschiedenen Sozialkontakten an der Ausstellung während mehrerer Tage nicht ausleben.
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Das gleiche Kalb wie oben: Der Kopf wurde fein und komplett geschoren, inklusive der Ohren innen und aussen sowie der Tasthaare an den Brauen und am Flotzmaul. Die Haut an den Ohren war gerötet und irritiert. Am Flotzmaul hatte es nur noch kurze Stummeltasthaare, die lange Zeit benötigen werden um nachzuwachsen. Beim Pferd ist im Vergleich das Abschneiden der Tasthaare gemäss Tierschutzverordnung verboten. Das Kalb hinterliess bei uns einen «apathischen und vereinsamten» Eindruck.
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• Totalschur, Abrasieren der Tasthaare, übermässiges Zurechtmachen: Wie auch schon im Jahr davor wurden alle IGBS-Braunviehkühe bis auf die Rückenlinie (Top-Line) radikal geschoren: Sämtliche Haare im gesamten Kopfbereich inkl. der Ohren, innen und aussen, weiter über die Beine bis zu den Klauen hin, das Euter, der sensible Innenschenkelbereich, der Schwanz bis auf eine Quaste und auch in vielen Fällen sämtliche Tasthaare am Flotzmaul und den Brauen wurden bei den meisten Kühen, die für die IGBS-Schau im Ring vorgeführt wurden, abgeschnitten bzw. weggeschoren – letzteres ist durch die Tierschutzgesetzgebung bei Pferden explizit verboten. Bei vielen Tieren wurde zudem beidseits zur Betonung der Silhouette die Rippenform nachgeschoren. Aus unserer Sicht sind diese Stylingprozeduren und das übermässige Zurechtmachen nicht nur würdelos, sondern aus mehreren Gründen auch tierschutzwidrig. Mit den langandauernden Stylingprozeduren gehen vielfältige Belastungen der Tiere einher wie zum Beispiel das lange und ungewohnte Anbinden im Fixierstand mit überhöhter Fixation des Kopfes und überstrecktem Genick, Hals und Rücken, die ständige Lärmbelästigung durch überlaute Dauerbeschallung mit Musik, die Verwendung zahlreicher Chemikalien auf der frisch geschorenen, teils auch nackten Haut (Sprays, Lacke, Gels, hyperämisierende Emulsionen), die teils grobe Anbindung mit Halftern, die auf Zug häufig enger werden oder durch Abwehrbewegungen der Tiere auf den Augen zu liegen kommen, oder deren Kinnketten bei Zug massiv schmerzhaften Druck auf Haut und Knochen des Unterkiefers ausüben. Viele Tiere zeigten ihre Belastungen mit starkem Speicheln und Schäumen, starrem Blick, ängstlichem Verharren in unnatürlicher Körperhaltung, Abwehrbewegungen, Fluchtversuchen. Die zusätzliche Wärme durch die kräftigen Lichtstrahler und die Verwendung von Föhngeräten wurde von den Tieren ebenfalls vielfach als belastend wahrgenommen. Die beschriebenen Belastungen gehen bei den Tieren mit Stress, Schmerz, Angst, Nervosität und Unruhe einher, was gemäss Tierschutzverordnung ausdrücklich verboten ist.
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Zum Vergleich: Auf Hundeausstellungen ist das übermässige Zurechtmachen, wie es an den Viehausstellungen betrieben wird, seit Jahren verboten. Dieses Verbot ist seit rund 10 Jahren im Ausstellungsreglement der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft SKG verankert und stützt sich auf die gültigen Tierschutzbestimmungen.
Die lichtdurchflutete Styling-Lounge: Unter Lounge stellt sich der STS allerdings etwas anderes vor, denn entspannend war das Prozedere in der Lounge für die Tiere keineswegs. Im Gegenteil, für die meisten Kühe war es wohl eher eine Strapaze.
Die Kühe mussten längere Zeit (im Schnitt 30 – 45 Min.) in den Fixierständen ausharren. Die starke Beleuchtung und die Verwendung von Föhngeräten führten lokal zur Hitzebelastung. Manche Kühe wurden beim Stylen gleich von mehreren Personen «in Schach» gehalten. Viele Tiere wurden mit chemischen Stylingprodukten eingedeckt bzw. eingenebelt.
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Diese Kuh war zwar nicht so hoch angebunden, hatte aber unter dem Lichtstrahler und mit der «Föhnbehandlung» der Top-Line zu warm.
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Gleiche Kuh wie oben: Am Rücken der Tiere wurde es heiss, der Föhn kam Haut und Haaren beim Stylen der Top-Line gefährlich nahe.
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Diese Kuh wurde vorne sehr hoch «aufgehängt» und auch der Schwanz wurde angebunden, damit der Kuhfitter ungestört arbeiten konnte. Hier im Bild wurde das Tier gleichzeitig geföhnt und gesprayt.
Prix-Garantie Haarspray für die Top-Line dieser Kuh.
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Dieser Kuh wurde, wie vielen anderen auch, zusätzlich noch die Rippenkontur mit der Schermaschine eingekerbt.
Auch die Jungtiere mussten in den Fixierstand und sich die unnatürlichen und strapaziösen Stylingprozeduren gefallen lassen.
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Abb. oben und unten: In der Styling-Lounge standen die Tiere in einem regelrechten Spray-Nebel – entsprechend roch es in diesem Bereich wie in einem Coiffeursalon.lingprozeduren gefallen lassen.
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Jeder Millimeter am Rücken wurde geföhnt, geschoren und gesprayt.
Zum Vergleich: Intakte Tasthaare am Flotzmaul einer Kuh an der Tier & Technik 2017. Die Braunviehkühe waren meist komplett geschoren, inklusive der Ohren innen und aussen sowie der Tasthaare an Brauen und Flotzmaul. Diese Original Braunviehkuh war am Kopf komplett geschoren bis auf die Tasthaare am Maul. Etwa ein Drittel der vorgestellten Originalen waren am Kopf geschoren, teilweise auch inklusive der Tasthaare. Abb. oben und unten: Diese hornlose Original Braunviehkuh war ebenfalls komplett geschoren. Ein paar Tasthaare unten an Maul und Kinn waren noch intakt. Sie sah überhaupt nicht mehr «original» aus. Abb. oben und unten: Nur noch ein Teil der Original Braunviehkühe wurde leider in natürlichem Zustand, ungeschoren und mit allen Tasthaaren, dem Publikum an der Ausstellung präsentiert. Die Kuh links im Bild war beispielsweise komplett geschoren.
Zum Vergleich: Die Original Braunviehkuh links war komplett geschoren (gleiche Kuh wie oben links). Die Kuh rechts im Bild zeigte, mild gestylt, noch etwas mehr vom «Originalzustand». Diese natürlich aussehende Original Braunviehkuh wurde prämiert.
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Zum Vergleich: Intakte Tasthaare am Flotzmaul einer Kuh an der Tier & Technik 2017.
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Die Braunviehkühe waren meist komplett geschoren, inklusive der Ohren innen und aussen sowie der Tasthaare an Brauen und Flotzmaul.
Diese Original Braunviehkuh war am Kopf komplett geschoren bis auf die Tasthaare am Maul. Etwa ein Drittel der vorgestellten Originalen waren am Kopf geschoren, teilweise auch inklusive der Tasthaare.
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Diese hornlose Original Braunviehkuh war ebenfalls komplett geschoren. Ein paar Tasthaare unten an Maul und Kinn waren noch intakt. Sie sah überhaupt nicht mehr «original» aus.
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Abb. oben und Seite 22: Nur noch ein Teil der Original Braunviehkühe wurde leider in natürlichem Zustand, ungeschoren und mit allen Tasthaaren, dem Publikum an der Ausstellung präsentiert.
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Die Kuh links im Bild war beispielsweise komplett geschoren.
Zum Vergleich: Die Original Braunviehkuh links war komplett geschoren (gleiche Kuh wie oben links). Die Kuh rechts im Bild zeigte, mild gestylt, noch etwas mehr vom «Originalzustand».
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Diese natürlich aussehende Original Braunviehkuh wurde prämiert. • Hohe Anbindung der Kühe in den Fixierständen: Viele Kühe wurden für die Vorbereitung auf den Auftritt in der Arena in den zahlreich vorhandenen Fixierständen mit hoch erhobenen Köpfen angebunden. Häufig wurden dafür Zughalfter ohne Stopp verwendet. Es konnte beobachtet werden wie die Tiere immer wieder versuchten, ihren Kopf und Hals zu entlasten. Weil aber die Halfter auf Zug noch enger wurden, mussten die Kühe immer wieder den Kopf anheben. Das Ausdrucksverhalten der Tiere (starrer Blick, viel Weiss in den Augen sichtbar, Ohren nach hinten abgewinkelt) signalisierte Belastungen, denen die Tiere ausgeliefert waren. Professionelle Kuhstylisten nahmen an den fixierten Tieren umfangreiche Massnahmen vor, um den Tieren das gewünschte Aussehen für die Arena zu verleihen. Nur in Ausnahmefällen konnten Kühe mit natürlicher Kopfhaltung in den Fixierständen beobachtet werden. Das «überlange Fixieren der Tiere in einer unnatürlichen Körperhaltung» ist zwar gemäss Reglement verboten, doch was unter «überlang» zu verstehen ist, bleibt offen. Auch schien die zwangsweise und lang andauernde Fixierung der Kühe mit hoch erhobenem Kopf, aufgebogenem Hals sowie überstrecktem Genick und Rücken nicht als unnatürliche Körperhaltung zu gelten.
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Diese Kuh war über längere Zeit sehr hoch im Fixierstand angebunden und wehrte sich heftig gegen das Styling, insbesondere als der Föhn zum Einsatz kam. Auf dem Bild kann man deutlich erkennen wie stark der Halfterstrick bei Zug ins Gewebe einschnürt und die Haut zusammenzieht.
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Gleiche Kuh wie oben: Weil sie sich heftig gegen das Styling wehrte und den Kopf mehrmals hochriss, schlug sie immer wieder mit dem Kopf oben gegen das Metall des Fixierstands und der Halfterstrick schnürte sich entsprechend noch tiefer hinter den Ohren in die Haut ein. Das war sichtbar schmerzhaft für das Tier. Es ist unverständlich, weshalb Viehzüchter ihren Tieren solche Strapazen für ein völlig widernatürliches Styling zumuten!
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Diese Kuh wurde mit dem Vorführhalfter an der Kettenleine angebunden. Da es keine Stoppvorrichtung am Halfter bzw. der Kettenleine gibt, zieht sich dieses bei jeder Bewegung des Kopfes zu. Am Kinn sieht man wie sehr sich die Kette bereits ins Gewebe eingraviert hatte.
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Abb. oben und unten: Diese Braunviehkuh wurde mit einem Zughalfter ohne Stoppvorrichtung hoch im Fixierstand angebunden. Der Halfterstrick grub sich an empfindlichen Stellen, wie beispielsweise unter dem Kinn und hinter den Ohren, tief und schmerzhaft ins Gewebe ein.
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• Verwendung einer Vielzahl von Produkten zur Vorbereitung der Kühe: Die Kuhstylisten verwendeten zahlreiche Produkte zum Stylen der Kühe. Ob die verwendeten Produkte alle wie vom Reglement gefordert «weder Reizungen noch Schäden verursachen und aus lebensmittelrechtlicher Sicht unbedenklich sind», musste hinterfragt werden. Es handelte sich mehrheitlich um Produkte mit zahlreichen chemischen Zusätzen, die auf der Haut durchaus Reizungen verursachen können. Häufiger wurden auch Produkte verwendet, die nicht für Tiere hergestellt wurden (z. B. HandyAbwaschmittel etc.). • Ganaschengriff, Kneifen in die Seite /Achselgegend und Tritte auf den Kronsaum während der Präsentation in der Arena: Fast alle VorführerInnen beim IGBS-Schauwettbewerb nutzten das Zusammenkneifen einer Hautfalte an der Ganasche oder an der Rumpfseite der Tiere als Massnahme, um die gewünschte hohe Kopfhaltung und die Position der Tiere während der gesamten Vorführung zu erhalten. Auch konnten vielfach Tritte gegen den Kronsaum beobachtet werden, um die Beine der Tiere in die gewünschte Position zu bringen. Bei den Original Braunviehkühen am Nachmittag zeichnete sich ein anderes Bild ab: Bis auf eine Ausnahme wurde keine einzige Original Braunviehkuh in der Arena mit Ganaschengriff oder einem Kneifen in die Seite bzw. Achselgegend beobachtet. Allerdings wurde eine der Kühe beim Vorführen am Ohrgrund gepackt wogegen sie sich heftig wehrte.
Mit Tritten gegen den empfindlichen Kronsaum und Kniffen in die Ganasche wurden die Braunviehkühe in die jeweils gewünschte Position gebracht. Für die Tiere waren diese Manipulationen unangenehm und belastend.
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Mit Gewalt in die gewünschte aber unnatürliche Position: Dieser Braunviehkuh wurde bei der Präsentation mit der einen Hand in die Seite gekniffen und mit der anderen Hand der Kopf mit Hilfe des stark zusammengezogenen Halfters und der engen Kette am Kinn überstreckt nach oben gehalten.
Die gleiche Kuh wie oben knapp 10 Minuten später: Für die «richtige» Position wurde ihr mit festem Zug in die Ganasche gekniffen.
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Das Kneifen in die empfindliche Achselgegend ist für die Tiere schmerzhaft.
Diese Braunviehkuh wurde für die Vorführung mit dem Ganaschengriff in Position gebracht und «in der Spur» gehalten.
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Das war das einzige Mal, dass eine Original Braunviehkuh am Besuchstag mit Ganaschengriff vorgeführt wurde.
Diese Original Braunviehkuh wurde während der Präsentation grob am Ohr gepackt.
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Das massive Speicheln dieser Braunviehkuh deutete auf eine hohe Stessbelastung hin. • Versiegeln der Zitzen: Bei zahlreichen Kühen konnten verklebte Zitzen beobachtet werden, teilweise wurden die Zitzen mehrfach versiegelt. Das Versiegeln der Zitzen ist gemäss ASR-Reglement ausdrücklich erlaubt, allerdings darf hierzu nur 8%iges Collodium eingesetzt werden. Dieses wird aber häufig in andere Behälter umgefüllt, sodass nicht nachzuprüfen ist, ob tatsächlich nur dieses oder aber z. B. ein stärker konzentriertes Collodium eingesetzt wurde. Der Einsatz von Sekundenkleber konnte am Besuchstag nicht beobachtet werden. Nach der Vorführung musste die Collodium-Versiegelung fürs Melken von den Betreuern im Melkstand wieder heruntergezupft werden. Die Kühe wehrten sich dabei heftig.
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16.27 Uhr am Besuchstag: Bei den Braunviehkühen konnte am späteren Nachmittag häufiger Milchfluss beobachtet werden, wie hier aus dem hinteren linken Euterviertel dieser Braunviehkuh.
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Abb. oben und unten: 16.30 Uhr am Besuchstag: Die Betreuerinnen stauten den Milchfluss ein paar Minuten bevor sie die Zitze für die Versiegelung in das flüssige Collodium tauchten.
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18.24 Uhr am Besuchstag: Kurz vor der Präsentation wurde das Euter dieser Braunviehkuh mit Oil-Gel zum Glänzen gebracht. Die Zitzen waren allesamt schon versiegelt worden.
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18.28 Uhr am Besuchstag: Hier bahnte sich die Milch vorne links ihren Weg durch die Abdichtung der Zitze hindurch. Vor der Präsentation wurden die undichten Zitzen nochmals versiegelt.
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• Anwendung hyperämisierender Salben am Euter: Gemäss dem ASR-Reglement ist «die Anwendung von Kosmetika, Ölen oder Salben, die weder Reizungen noch Schäden verursachen und aus lebensmittelrechtlicher Sicht unbedenklich sind», erlaubt. Medikamente dürfen nur unter tierärztlicher Kontrolle und aufgrund einer Diagnose verwendet werden. Aufgrund ihrer Inhaltsstoffe dringen die meisten hyperämisierenden Salben wie z. B. Starke Grüne Salbe, Phlogal Salbe, Grün Gel, Pferdebalsam etc. tief in das Gewebe ein und wirken antiseptisch, schmerzstillend und durchblutungsfördernd. Bei Anwendung am Euter darf die Milch in den folgenden 3 Tagen nicht verwertet werden. Die Indikationen der Salbe im veterinärmedizinischen Bereich sieht vor allem lokale Behandlungen bei Gelenk- und Muskelleiden, Arthritis und Blutergüssen vor. Dem Beipackzettel der Medikamente ist zu entnehmen, dass die Anwendung bei entzündlichen Hauterkrankungen, Ekzemen und Wunden kontraindiziert ist. Die Salben sollten nicht auf Schleimhäute und verletzte Haut aufgetragen werden und es kann zu lokalen Überempfindlichkeitsreaktionen kommen. Das Auftragen kann zu übermässig starken Hautreaktionen führen. Es konnte beobachtet werden, wie die Euter mehrerer Kühe einige Zeit vor der Vorstellung in der Arena dick mit hyperämisierenden kampfer- und eukalyptushaltigen Salben und Emulsionen eingerieben wurden. Aus Sicht des Tierschutzes ist die Verwendung der beschriebenen Präparate als Einreibung am Euter kontraindiziert. Dies im Besonderen nach dem Scheren bzw. der Feinrasur, weil die Haut aufgrund dessen bereits gereizt und überaus empfindlich sein dürfte. Mikroläsionen sind nach dem Scheren und/oder Rasieren unvermeidlich, weshalb Einreibungen mit durchblutungsfördernden, reizenden und brennenden Substanzen für die Tiere schmerzhaft
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Diesen beiden Braunviehkühen wurden die Euter dick mit hyperämisierender Salbe eingerieben. sein dürften.
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Auch dieser Kuh wurde eine hyperämisierende Salbe dick auf das Euter aufgetragen.
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• Präsentation der Kühe in der Arena, stark gefüllte Euter: Die meisten Kühe trugen in der Arena Vorführhalfter mit Kettenleinen, die als Zughalfter um Nase und/oder unter dem Kinn hindurchgeführt wurden. Bei Zug gab es in den allermeisten Fällen keinen Stopp – die Halfter zogen sich zusammen und lösten so Schmerzen am Kopf (Kinn-, Nasenbereich, hinter den Ohren) aus. Einige Kühe, die am Abend nach 19 Uhr vorgeführt wurden, gingen breitbeinig und führten ihre Hintergliedmassen im Bogen um die teilweise recht harten und stark gefüllten Euter herum. Um die Kühe dazu zu bringen, die gewünschte Haltung und Position einzunehmen, wurde z. B. mit dem Fuss bzw. Schuh auf den empfindlichen Kronsaum Druck ausgeübt (siehe oben, S. 27). Nach 19 Uhr wurden am IGBS-Schauwettbewerb die meisten Kühe mit stark gefüllten Eutern präsentiert. Zudem glänzten die Euter unnatürlich u.a. dank des eingesetzten Oil-Gels nass/feucht und waren in einigen Fällen unserem Ermessen nach auch überfüllt. Aufgrund der Einreibung des Euters mit durchblutungsfördernden Substanzen war die Haut teilweise rosa bis rötlich verfärbt. Die Gefässe am Unterbauch und Euter waren bei den meisten Kühen zudem abnormal deutlich und stark hervorstehend gezeichnet.
Abb. oben und Seite 37 oben: Diese erstlaktierende Braunviehkuh wurde in der Arena zu grob mit der Kinnkette «zusammengeschnürt». Sie zeigte aufgrund der schmerzhaften Prozedur im Ausdrucksverhalten Angst, Unruhe und Abwehr und stellte sich heftig gegen die harte Hand. Dabei schäumte sie stark.
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Bei dieser Kuh oben im Bild kerbte sich der Karabinerhaken der Kettenleine richtiggehend ins Gewebe unter dem Kinn ein. Das hat sicher sehr geschmerzt.
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Diese Kuh zeigte aufgrund der Verwendung chemikalischer Styling-Produkte und diverser Einreibungen ein unnatürlich glänzendes, gerötetes Euter mit abnormal deutlich und stark gezeichneten Gefässen.
Abb. oben und Seite 39 oben: Hier beurteilte der Richter die unnatürlich rosaroten und glänzenden sowie teilweise sehr vollen Euter der erstlaktierenden Braunviehkühe des IGBS-Schauwettbewerbs.
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Diese Kuh hatte ein unnatürlich glänzendes und sehr volles Euter. Sie wurde am IGBS-Schauwettbewerb prämiert.
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Auch diese erstlaktierende Braunviehkuh hatte ein unnatürlich hartes, stark gefülltes, glänzendes und gerötetes Euter. Auch sie wurde vom Richter ausgewählt und prämiert.
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V. Fazit Grundsätzlich kann der STS der Tier & Technik für 2017 ein gutes Zeugnis in vielen Tierwohl-Aspekten ausstellen. Dazu gehören insbesondere die grösstenteils guten und sauberen Haltungsbedingungen, die hohe Kontrolldichte durch die anwesenden AmtstierärztInnen, die in weiten Teilen eingehaltenen Ausstellungsregeln wie beispielsweise in Bezug auf das Milchablassen und das Verabreichen von Medikamenten, der Verzicht auf das Kühlen von Euter und/oder Zentralband mit kaltem Wasser oder Eis sowie vom Einsatz von Sekundenklebern - soweit von uns am Besuchstag beurteilbar. Es wurden am Besuchstag auch keine kranken oder von einem Tierarzt zu behandelnden Kühe beobachtet, was grundsätzlich einen guten Gesundheitsstatus der Tiere widerspiegelt und auch eine gute Eutergesundheit der Schaukühe attestiert. Zudem begrüssen wir die Bemühungen der Organisatoren, dem Publikum eine gewisse Rassenvielfalt und auch Gruppen- bzw. Mutterkuhhaltungen an der Ausstellung zu zeigen. Allerdings müssten aus unserer Sicht diese Tiere auch in ihrem natürlichen Aussehen und Erscheinungsbild, also beispielsweise mit einem intakten und unangetasteten Haarkleid, ausgestellt werden. Dem bedeutenden Stellenwert, den Tierausstellungen in der Gesellschaft haben, wird die diesjährige Tier & Technik aufgrund einiger entscheidender Verbesserungen im Tierwohl damit weitgehend gerecht. Es gibt aber aus unserer Sicht auch einige wichtige Kritikpunkte. So wurde insbesondere beim IGBS-Schauwettbewerb in einigen Fällen ein grober, respektloser Umgang mit den anvertrauten Tieren beobachtet, indem die Kühe häufig an empfindlichen Stellen gekniffen, gegen den Kronsaum getreten und ihnen mit der Kettenvorführleine am Kopf Schmerzen zugefügt wurden. Die meisten Braunviehkühe wurden mit einer Vielzahl von kosmetischen Produkten präpariert, während sie in unnatürlicher Haltung über längere Zeit in einem Fixierstand ausharren mussten. Zudem bleibt weiterhin der Zitzenverschluss erlaubt, was dem Verlängern der Melkintervalle nach wie vor Tür und Tor öffnet. Zwar ist hierfür offiziell nur noch ein Mittel zugelassen, aber es ist kaum kontrollierbar, welcher Klebstoff sich jeweils tatsächlich in den Fläschchen befindet und in welcher Konzentration oder Vermischung er zur Versiegelung der Zitzen verwendet wurde. Die Zwischenmelkzeiten müssen, wie zu Hause im Stall auch, auf maximal 12 Stunden festgelegt und kontrolliert durchgeführt werden. Wir hoffen auf weitere Entwicklungsprozesse, wie sie derzeit beispielsweise im benachbarten Deutschland umgesetzt werden. Da sind bei einigen Zuchtverbänden das Zitzenverkleben und Melkintervalle von mehr als 12 Stunden explizit verboten (Landesverband Bayerischer Rinderzüchter, Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rinderzüchter, Arbeitsgemeinschaft Deutscher Braunviehzüchter). Zudem wird das übermässige Zurechtmachen der Tiere für die Schauwettbewerbe als überflüssig betrachtet. Ein Besuch des STS in Buchloe an die Nacht der Holsteins hat gezeigt, dass die Durchsetzung solch strenger Reglemente auch für die Organisatoren, Aussteller und die Richter möglich war. Das kontrollierte abteilungsweise Melken vor der Rangierung, das generelle Verbot, Zitzen zu verkleben und die Rückstufung des übermässigen Zurechtmachens könnte, soweit konsequent und kontrolliert durchgeführt, auch an den hiesigen Kuhausstellungen und Schauwettkämpfen das Tierwohl und die Eutergesundheit der Schaukühe enorm verbessern. Bezüglich des übermässigen Zurechtmachens sollten sich die Viehzüchter an den Hundeausstellungen orientieren, an denen dies seit längerer Zeit untersagt ist.
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NACHT DER HOLSTEINS
Nacht der Holsteins, Schwabenhalle, Buchloe DE 11. März 2017
Weniger überfüllte und überdehnte Euter an der Nacht der Holsteins in Buchloe, DE.
I. Allgemeines Der Zuchtverband der Schwarzbunt und Rotbunt Bayern e.V. veranstaltete in Buchloe in der Schwabenhalle die Nacht der Holsteins. Der Preisrichter kam aus dem Salzburgerland von der Rinderzucht Tirol. Durch die Veranstaltung führten die beiden Tierschauleiter. Ebenfalls anwesend waren die bayerische Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie Vertreter der Tierärztekammer, der Veterinärämter und des Tiergesundheitsdienstes. Der Anlass wurde von nicht weniger als 34 Sponsoren unterstützt, darunter auch Zuchtverbände und -organisationen wie Rinderzucht Schleswig-Holstein eG, Verein Ostfriesischer Stammviehzüchter, Landesverband Thüringer Rinderzüchter und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rinderzüchter e.V. sowie dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Insgesamt wurden 81 Tiere vorgeführt, darunter 22 Kälber und Jungrinder sowie 59 Schaukühe und -färsen. Die Veranstaltung begann um 19 Uhr abends mit dem Jungzüchter-Vorführwettbewerb, ab 20 Uhr wurden die Schaukühe und-färsen gerichtet und prämiert. Die Veranstaltung endete um ca. 22.30 Uhr mit der Wahl der Champions. Die Lautstärke in der Arena bewegte sich um die 85 bis 90 Dezibel, die Temperatur in den Stallungen betrug ca. 12 – 15 °C, in der Arena war es durch die Abwärme der Lichtstrahler ca. 18 °C warm. Zwischen 9 und 10 Uhr am Morgen wurden die Tiere ausgeladen, gewaschen und aufgestallt.
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NACHT DER HOLSTEINS
Jedes angelieferte Tier wurde auf einer Liste abgehakt. Ob weitere Untersuchungen oder Kontrollen stattfanden, konnte nicht beobachtet werden. Gemäss Schaureglement war an der Nacht der Holsteins sowohl das Mitführen, als auch das Anwenden von Medikamenten und anderen nicht zugelassenen Stoffen untersagt, die Missachtung führte zum Ausschluss vom Wettbewerb. Zudem musste ein Melkintervall von 12 Stunden eingehalten werden. Die Tiere mussten am Morgen komplett ausgemolken angeliefert werden. Bei der Anlieferung war eine Euterkontrolle vorgesehen. Auffällige Kühe sollten nicht zugelassen oder sofort beim Auftrieb unter Aufsicht gemolken werden. Für extrem hochleistende Kühe war ebenfalls ein Melken unmittelbar nach Anlieferung möglich. Das Versiegeln und Abdichten von Zitzen war explizit verboten, ebenso wie sämtliche Manipulationen am Euter die zu einem unnatürlichen Aussehen führen. Nach dem Wettbewerb war das stichprobenweise Melken unter Aufsicht vorgesehen. Ebenso sollten alle Siegerkühe nach dem Richten unter Aufsicht gemolken werden. Bei Unregelmässigkeiten konnte die Kontrollkommission die Titel aberkennen. Die orale, rektale oder vaginale Verabreichung von Substanzen zur Beeinflussung der natürlichen Erscheinung, wie beispielsweise das Drenchen, waren ausdrücklich verboten. Grundsätzlich wurde die Präparation der Topline als sowieso nicht notwendige Massnahme angesehen. Darüber hinaus waren Fremdhaare zur Präparation der künstlichen Oberlinie nicht erlaubt. Die Kühe durften gemäss Reglement nur an den dafür vorgesehenen Plätzen gestylt und gewaschen werden. Ebenfalls wurden den Tieren feste Stallplätz zugewiesen, die nicht getauscht werden durften. Die Einhaltung der Regeln sollte durch eine Kontrollkommission überprüft werden, deren Anweisungen musste gemäss Reglement Folge geleistet werden. Zudem räumte sich der Veranstalter das Recht ein, die Utensilien der Beschicker und Tierbetreuer auf, für die Vorbereitung der Schautiere nicht erlaubte Hilfsmittel und Medikamente zu überprüfen. Das Reglement sah vor, dass Zurückweisungen seitens der Aussteller und Betreuer auf Weisungen der Kontrollkommission oder des Veranstalters mit dem Ausschluss des Tieres sanktioniert würde ebenso wie die Regelverstösse selbst. Auch konnten erworbene Titel bei Verstössen im Nachhinein wieder aberkannt werden. Gegen die Entscheide der Schaukommission bestehen keine Rekursmöglichkeiten.
II. Was uns aus Sicht des Tierschutzes an der Ausstellung gut gefallen hat • Haltung der Tiere: Alle Tiere hatten ausreichend grosse Liegeplätze, Zugang zu Wasser und frischem Heu oder Silage. Die Läger wurden sehr sauber gehalten und es wurde reichlich eingestreut. Die Tiere durften sich jederzeit hinlegen und ausruhen. • Genereller Umgang mit den Tieren: Sowohl die Tiere als auch die VorführerInnen im Ring wie auch die Betreuer in den Stallungen wirkten bis auf wenige Ausnahmen routiniert und ruhig. Der Umgang mit den Tieren war ruhig und zum überwiegenden Teil tierfreundlich. • Betreuung der Tiere: Die Tiere waren ständig unter der Aufsicht ihrer BetreuerInnen, die z. B. jeglichen Mist sofort entfernten bzw. Ausscheidungen direkt in Eimern auffingen. • Vorführen der Tiere in der Arena: Bis auf 1 – 2 Ausnahmen konnte kein Ganaschengriff oder Zwicken in die Seite beobachtet werden. Die Tiere durften auch mal ausscheren und sich etwas Freiraum verschaffen. Sie wurden anschliessend auch wieder unter Kontrolle gebracht – in der Regel aber ohne Zwangsgriffe und Schmerzzufügung an empfindlichen Stellen. Nur in wenigen Situationen, zum Beispiel für das Siegerfoto, wurden die Kühe mit Tritten gegen den Kronsaum in Position gebracht.
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NACHT DER HOLSTEINS
Bild oben und unten: Die meisten Schautiere wurden am Vorführhalfter mit Kinnkette gehalten und ohne Ganaschengriff vorgeführt.
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NACHT DER HOLSTEINS
• Keine Fixierstände und keine Kühe mit hoch angebundenem Kopf und überstreckter Körperhaltung. • Keine Fixation der Kühe zum Stylen mit Zughalftern ohne Stopp oder mittels Vorführhalftern und Kinnketten: Kühe denen kurz vor der Vorführung noch der letzte Schliff gegeben wurde, wurden von den BetreuerInnen persönlich zum Kuhfitter begleitet und ohne Anbindung für die kurze Prozedur festgehalten. • Kein Abschneiden der Tasthaare am Flotzmaul: Der Grossteil der Tiere hatte noch Tasthaare am Flotzmaul – trotz geschorenem Kopf und Ohren.
Bild oben und unten: Bei den meisten Schautieren waren die Tasthaare am Flotzmaul noch intakt. An den Augenbrauen waren sie leider grösstenteils weggeschoren.
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• Stark reduziertes Styling: Bis auf wenige Ausnahmen wurden die Tiere zwar allesamt geschoren, auch am Euter, jedoch wurden die Schauregeln und Grundsätze weitestgehend eingehalten und weder die Topline präpariert noch die Euter mit Gels, Lacken und Sprays zum Glänzen gebracht. Auch wurde kaum versucht mit Einreibung hyperämisierender Substanzen die Durchblutung am Euter zu fördern und damit die Gefässe hervorzuheben. Bei einem Grossteil der Kühe wurden auch die Rippenbögen nicht ausrasiert und zusätzlich betont.
Bild oben und unten: Diese Siegerkühe hatten, wie die meisten Schaukühe, keine übermässig gestylte Topline, kein übermässig hergerichtetes Euter und auch keine geschorenen Rippenkonturen.
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• Keine Feinrasur des Euters: Das Euter wurde bei keiner Kuh mit dem Rasiermesser bearbeitet. Die meisten Kühe waren am Euter «nur» mittels Schermaschinen geschoren. In der Folge war die Haut am Euter weniger gereizt und gerötet und sah zudem noch verhältnismässig natürlich aus.
Deutlich zu sehen: Keine Feinrasur des Euters, keine geröteten, oberflächlich entzündeten Hautstellen, keine versiegelten Zitzen, die Milch konnte ungehindert abfliessen. Das Euter war weder mit Gel noch mit Glanz- bzw. Lackspray behandelt worden, noch wurde es vor der Vorführung mit hyperämisierenden Emulsionen eingerieben • Kein Verschliessen und Abdichten der Zitzen: Es konnte kein einziges Mal beobachtet werden, dass die Zitzen verklebt oder abgedichtet wurden. Bei den meisten Kühen tropfte oder lief nach 19.30 Uhr die Milch – im Ring wurde das vom Richter nicht weiter beachtet. Es wurden Kühe mit und ohne Milchfluss prämiert.
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Auch dieses Euter war nicht übermässig «vorbehandelt» worden. Die Zitzen waren nicht abgedichtet und die Milch konnte ungehindert abfliessen, was zur sofortigen Druckentlastung führte. • Wenige überfüllte, überdehnte, angeschwollene Euter: Die meisten Kühe hatten aufgrund der Möglichkeit des spontanen Milchabflusses keine überfüllten oder angeschwollene, harte Euter. Es gab einige Ausnahmen mit harten, überdehnten und übervollen Eutern ohne Milchfluss. Hier kann ohne manuelle Kontrolle aber nicht einwandfrei geklärt werden, ob nicht doch die eine oder andere Kuh an den Zitzen manipuliert war. Der überwiegende Teil der Kühe wurde mit relativ «normal» gefüllten Eutern präsentiert.
Bild links und auf Seite 8: Die meisten Schaukühe hatten weder überfüllte noch überdehnte oder massiv angeschwollene Euter, weil jeweils die Milch ungehindert abfliessen konnte und weil die Melkintervalle bei etwa 12 Stunden lagen.
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Die rotbunte Kuh wurde mit «normal» gefülltem Euter präsentiert. Die schwarzbunte dahinter zeigte schon ein etwas härteres und volleres Euter bei der Präsentation.
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Die präsentierten Kühe hatten in dieser Kategorie mässig gefüllte Euter. Die Milch konnte bei den meisten Kühen ungehindert ablaufen oder abtropfen. Unten die gleiche Kuh wie die vorderste Kuh oben im Bild: Die Milch konnte ungehindert abfliessen. Das sorgte für Druckentlastung.
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Die gleiche Kuh wie oben wurde mit Milchfluss Champion der Färsen.
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Diese nicht übermässig gestylte Kuh wurde mit einem mässig gefüllten Euter und einigermassen natürlichem Aussehen präsentiert.
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• Kein Kühlen des Zentralbands oder angeschwollener Euterviertel: Mit einer Ausnahme wurden die Euter der Kühe weder einer Behandlung mit Eisbeuteln noch einer Kühlung mit kaltem Wasser aus dem Schlauch unterzogen. • Keine Zwangsmassnahmen: Es wurden keine Schwanzklammern oder Schlagbügel eingesetzt. In einem Fall wurde einer Kuh nach der Vorführung für eine Oxytocin-Injektion der Schwanz senkrecht nach oben gehalten, damit sie ruhig bleibt.
Das war das einzige Mal während unseres Besuches, dass das Kühlen des Zentralbands mit Eiswürfeln beobachtet werden konnte.
Eine der wenigen Schaukühe, die von einem professionellen Kuhfitter gestylt und übermässig hergerichtet wurde.
• Keine Verwendung von Medikamenten. Keine Verwendung stark entzündungshemmender oder / und hyperämisierender Substanzen in Form von Cremes, Gels, Emulsionen. Nach dem Vorführen wurde ein Betreuer beobachtet, der seiner Kuh für das Ausmelken unerlaubterweise ohne Tierarzt Oxytocin verabreichte. Ein professioneller Kuhfitter stylte ca. 5 Kühe im grösseren Stil. Er verwendete auch hyperämisierende Substanzen wie beispielsweise Spiritus sowie Glanzlacke und Gels an Euter und Unterbauch. Bei allen anderen Tieren wurden für das Fell, wenn überhaupt, nur sehr zurückhaltend Farb-, Glanz-, und Glitzersprays eingesetzt. Am Euter wurden manche Kühe mit Babyöl eingestrichen, was aus unserer Sicht nicht unter den Begriff des übermässigen Zurechtmachens fällt.
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III. Was vom Schweizer Tierschutz STS im Vergleich zur letzten besuchten Kuhausstellung (Swiss Expo Lausanne Januar 2017) als besser beurteilt wird • Die fortschrittlichen Schauregeln, die das Versiegeln und Abdichten der Zitzen und Melkintervalle von mehr als 12 Stunden verbieten sowie der Grundsatz, dass das Styling und Herrichten der Topline als unnötig und überflüssig eingestuft wurde. • Die mehrheitlich strikte Einhaltung des Reglements durch die Aussteller. • Sofortiges Ausmelken der Kühe nach der Vorführung im Ring. • Entspanntes, wenig übertriebenes Herrichten und Vorführen der Tiere. • Keine beobachteten Manipulationen an den Zitzen. • Keine schmerzhaften Prozeduren beim Herrichten und Vorführen der Tiere. • Stark reduzierte Verwendung und kaum Gerüche von Sprays, Cremes, Lacken, hyperämisierenden Emulsionen oder Aceton. • Keine beobachtete Medikamentenanwendung vor der Vorführung. • Ein Richter, der auch Kühe prämierte, deren Milch tropfte oder floss. • Intakte, nicht abrasierte Tasthaare am Flotzmaul.
IV. Was aus Sicht des Tierschutzes noch verbessert werden könnte • Abspritzen mit Hochdruckreinigern: Einige Kühe wurden vor dem Aufstallen nach der Anlieferung abgespritzt und gewaschen. Leider wurde auch hier teilweise grob mit zwei Hochdruckreinigern gearbeitet. Die Tiere wehrten sich grösstenteils gegen den harten Wasserstrahl, er schien für sie schmerzhaft gewesen zu sein.
Hier wurde eine Kuh im Kopf- und Schulterbereich mit dem Hochdruckreiniger und kaltem Wasser abgespritzt. Das Tier versuchte mehrmals vor dem harten Wasserstrahl auszuweichen.
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Diese Kuh wurde beim Vorführen grob und grossflächig in die empfindliche Seite gezwickt.
Dieser Kuh wurde ruckartig die Kinnkette zusammengezogen. Am Kinn und im Bereich von Maul und Nase dürfte das für die Kuh sehr schmerzhaft gewesen zu sein. Wenn solche Führketten beim Führen der Tiere unter dem Kinn durchgezogen werden, dann muss aus Sicht des Tierschutzes immer eine Hand des Vorführers dazwischen liegen und den Druck abpuffern. Beispielfotos unten.
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• Vorführen der Schautiere mit schmerzhaften Methoden.
Diese prämierte Kuh war sehr gestresst, speichelte und schäumte.
Auch diese Kuh speichelte und schäumte stark – sie war offensichtlich von der Situation überfordert und belastet.
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• Gestresste Tiere beim Vorführen. Aus Sicht des Tierschutzes ist stets darauf zu achten, dass die Tiere durch das Ausstellen und Vorführen so wenig wie möglich belastet werden. • Kühlung des Zentralbands mit Eiswürfeln. Das minutenlange Kühlen des Zentralbands und der Euterviertel mit Eiswürfeln in Plastikbeuteln ist für die Kühe sehr unangenehm und häufig auch mit Schmerzen verbunden. Nebst dem unfairen Wettbewerbsvorteil, den das Kühlen des Zentralbands mit sich bringt, darf nicht vergessen werden, dass die Kuhhaut, insbesondere im Bereich des Euters, genauso sensibel auf äussere Einflüsse reagiert wie beispielsweise die des Menschen. Das Kühlen mit Eiswürfeln ist daher in der Schweiz in der Regel gemäss der Ausstellungsreglemente verboten.
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• Anbindehaltung der Kälber. Die Kälber waren über einen langen Zeitraum in einem kleinen Laufstall angebunden gehalten – auch die kleinsten im Alter von wenigen Wochen. Nach Schweizer Tierschutzbestimmungen dürfen Kälber erst im Alter von 4 Monaten angebunden gehalten werden. Das grösste Kalb war älter als 4 Monate, fror aber ununterbrochen. Es war komplett geschoren inklusive gestylter Topline und eingekerbten Rippenkonturen. Aus unserer Sicht müssen frisch geschorene Tiere bei kühlen Temperaturen unbedingt mit einer Decke vor dem Auskühlen geschützt werden – oder noch besser: gar nicht erst geschoren werden.
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NACHT DER HOLSTEINS
Das Kalb im Vordergrund war angebunden, komplett geschoren, hatte kalt und zitterte.
Auch das als Hauptgewinn verloste Kalb war den ganzen Tag bis zur Verlosung am Abend (22.30 Uhr) in Anbindehaltung und zudem noch isoliert von den anderen Kälbern gehalten worden.
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V. Fazit Bezüglich verschiedener tierschutzrelevanter Prozeduren konnte an dieser deutschen Viehausstellung (März 2017) eine bessere Tierwohlbilanz als an der Swiss Expo Lausanne (Januar 2017) festgestellt werden. Bis auf wenige Ausnahmen hielten sich die meisten Aussteller an die aus unserer Sicht weitestgehend tierschutzkonformen Schauregeln. Zwar wurde das vorgeschriebene Melkintervall von maximal 12 Stunden in einigen Fällen überschritten – aber die Milch konnte bei den betroffenen Tieren wenigstens ungehindert ablaufen. Das gab den Kühen deutliche Druckentlastung und war dadurch mit weniger Schmerzen verbunden. Zur weiteren Entlastung der Tiere und damit alle Aussteller die gleichen Wettbewerbsbedingungen haben sollten die Melkintervalle nicht über die vorgeschriebenen 12 Stunden hinausgehen. Daher sollten alle Kühe nach der Anlieferung unter Kontrolle block- oder abteilungsweise gemolken werden. Wir konnten beobachten, dass ein Aussteller ohne tierärztliche Kontrolle einer Kuh nach der Vorführung zum Ausmelken Oxytocin verabreichte. Die vorgeschriebenen Kontrollen sollten daher auch über die Vorführungen hinaus in den Stallungen stattfinden. Der Schweizer Tierschutz STS empfiehlt den Schweizer Ausstellern, Zuchtverbänden und Organisatoren eine unvoreingenommene Prüfung der in Buchloe (DE) zur Anwendung gekommenen Schauregeln. Aus STS-Sicht bietet es verschiedene konkrete tierschützerische Vorteile gegenüber dem aktuellen ASR-Reglement.
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Internationale Katzenausstellung Oberglatt 1. und 2. April 2017, besucht am 1. April 2017
I. Allgemeines Die internationale, gerichtete Katzenausstellung in Oberglatt wurde vom Katzenclub Züri-Leu organisiert. An den beiden Ausstellungstagen wurden gemäss Katalog insgesamt 198 Katzen verschiedenster Rassen ausgestellt und von einer internationalen Jury gerichtet. Die meisten TeilnehmerInnen stammten aus der Schweiz, etliche auch aus den Nachbarländern. Ausgestellt waren die Rassen Exotisch Kurzhaar, Perser, Ragdoll, Heilige Birma, Maine Coon, Norwegische Waldkatze, Sibirische Waldkatze, Türkische Angora, Bengalkatze, Britisch Langhaar, Britisch Kurzhaar, Burma, Kartäuser, Europäisch Kurzhaar, Ägyptische Mau, Ocicat, Abessinier, Balinese, Devon Rex, Orientalisch Langhaar, Orientalisch Kurzhaar, Peterbald, Russisch Blau, Siamkatze, Somali, Sphynx.
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INTERNATIONALE KATZENAUSSTELLUNG OBERGLATT
Hier erfüllten die Vorhänge ihren Zweck als Sichtschutz vollumfänglich. Erfreulich war, dass sämtliche Käfige an der Ausstellung über eine Unterlage sowie Vorhänge verfügten, wie es das Reglement auch vorschrieb (wobei bei den Vorhängen nicht definiert war, wo sie befestigt sein mussten resp. welche Funktion sie zu erfüllen hatten – ob eher Sichtschutz gegen das Publikum oder Abtrennung zum Nachbarkäfig – so dass es sowohl Käfige gab, an denen die Vorhänge tatsächlich eine Sichtschutzfunktion erfüllten und viele andere, wo schmale, seitlich angebrachte Vorhänge bestenfalls schmückendes Beiwerk waren). Auch mindestens ein Bettchen, eine Katzentoilette, Wasser und Futter sowie Spielzeuge waren in etwa der Hälfte der Käfige vorhanden. Mit der Anmeldung anerkannten die TeilnehmerInnen die Ausstellungsbestimmungen von FIFé und FFH (internationaler resp. helvetischer Rassekatzen-Dachverband). Diese enthalten veterinärpolizeiliche Vorschriften, jedoch keine spezifischen Tierschutzbestimmungen, untersagen jedoch bspw. den Tierverkauf im Rahmen von Ausstellungen. Dass die Ausstellungssituation für viele Tiere belastend war, zeigten die an den Tieren beobachteten Atemfrequenzen und Cat Stress Scores (CSS). Von den 14 Katzen, die aufgrund ihres besonders verängstigt oder im Gegenteil entspannt wirkenden Verhaltens untersucht wurden, zeigten sieben Tiere (also die Hälfte) Atemfrequenzen zwischen 100 – 160 Atemzüge pro Minute, ein einzelnes Tier sogar rund 200 (!) Atemzüge pro Minute (vgl. normale Atmung einer entspannten Katze ca. 20 – 40 Atemzüge in der Minute). Bei diesen Tieren wurde CSS zwischen 2b – 4 beobachtet (leicht entspannt – sehr angespannt). Ebenso wurden aber auch Tiere angetroffen, die sich trotz der Ausstellungssituation sehr gut entspannen konnten und die entsprechend auch nur Atemfrequenzen von 17 – 40 Atemzüge pro Minute aufwiesen und schliefen (CSS 1, sehr entspannt). Die meisten der anwesenden Tiere wiesen einen CSS 3 (leicht angespannt) sowie leicht erhöhte Atemfrequenz (ca. 50 – 60 Atemzüge pro Minute) auf.
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Einige Katzen waren trotz ihrer exponierten Situation tief entspannt. Bei mehreren Katzen, die in den Käfigen hinter den Tischen der Jury auf ihre Bewertung warteten oder die sich in den Ausstellungskäfigen mehr schlecht denn recht hinter Vorhängen oder unter Bettchen zu verstecken trachteten, konnte allerdings deutliches Angstverhalten beobachtet werden (kauernde Haltung, sich «klein machen» mit allen Vieren unter dem Körper, Schwanz eng angelegt und weit aufgerissene Augen mit erweiterten Pupillen). Einige verhielten sich vor allem während des Richtens auf den Tischen der Jury angespannt, duckten sich, legten die Ohren an, peitschten mit dem Schwanz oder versuchten vom Tisch zu springen – und in je einem beobachteten Fall schnappte ein Tier sogar nach der Hand des Richters resp. protestierte mit lautem Miauen gegen das Herumtragen durch die Besitzerin. Der Grossteil der Tiere verhielt sich während dem Richten jedoch ruhig und neugierig-aufmerksam. Das Handling durch die RichterInnen war professionell, behutsam und aus Tierschutzsicht durchwegs korrekt. Die meisten Katzen mussten nicht länger als ca. sieben Minuten in einem der Wartekäfige oder auf den Armen ihrer BesitzerInnen auf ihre Vorführung beim Richter warten. Die Tiere, welche in den rückzugslosen Wartekäfigen im Rücken der Jury zu warten hatten – mit Blick auf den ganzen Saal und ohne Versteckmöglichkeiten – wirkten jedoch grösstenteils verängstigt oder nervös, viele miauten angespannt, richteten sich am rückwärtigen Gitter auf oder kauerten mit dem Gesicht in einer Käfigecke. Dagegen wirkten die meisten Katzen, die auf den Armen ihrer BesitzerInnen warten durften, deutlich entspannter. Die eigentliche Prozedur des Richtens dauerte 5 – 7 Minuten, wobei etliche Katzen zweimal hintereinander vor den Richter gebracht wurden, zuerst einzeln und anschliessend nochmals in einer Rassengruppe (diese zweite Runde dauerte allerdings nur kurz und diente der Kür des jeweils besten Exemplars innerhalb der Gruppe). Insgesamt konnte festgestellt werden, dass die Ausstellungssituation von den einzelnen Tieren sehr unterschiedlich toleriert wurde. So gab es sowohl Katzen, die entspannt waren, in ihren Käfigen schliefen oder auf dem Richtertisch mit einem Federspielzeug spielten, als auch solche, die deutliche Anzeichen von Belastung und entsprechendes Vermeidungsverhalten zeigten. Es wurden erfreulicherweise relativ wenige Katzen mit übermässig ausgeprägten Extremzuchtmerkmalen angetroffen. Dennoch zeigten einige wenige Individuen starke Überzüchtungsmerkmale wie konkave Nasen (Exotisch Kurzhaar, Perser) oder verkümmerte Schnurrhaare (Devon Rex, Peterbald, Sphynx). Einige dieser Rassevertreter wurden leider sogar als «Best in Show» nominiert!
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Oben und links: Leider wurden auch problematische Rassen ausgestellt – wie diese Nacktkatze mit verkümmerten Schnurrhaaren – und teilweise sogar als «Best in Show» prämiert. Auf dem Werbeplakat der Züchterin sind die Nacktkatzen zudem wie Püppchen verkleidet.
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II. Was uns seitens Tierschutz an der Ausstellung gut gefallen hat Die vom Reglement geforderten Vorhänge und Unterlagen waren in sämtlichen Käfigen vorhanden, wenn sie auch nicht immer ihren Zweck – Sichtschutz und Rückzugsmöglichkeit gegenüber BesucherInnen und fremden Katzen – erfüllten. Die Mehrheit der Käfige war recht gut eingerichtet und enthielt z.B. Betten, Hängematten, erhöhte Liegeflächen, Futter und Wasser, eine Katzentoilette sowie Spielzeug. Toiletten befanden sich nicht überall permanent in den Käfigen, ebenso wie volle Wassernäpfe nicht die Regel waren. Sowohl Toiletten als auch Wasser würden gemäss Angabe des Ausstellungs-Verantwortlichen jedoch durch die Besitzer, die sich in der Regel in unmittelbarer Nähe ihrer Tiere aufhielten, «bei Bedarf» zur Verfügung gestellt werden. Sehr begrüssenswert war auch der korrekte und schonende Umgang sämtlicher RichterInnen mit den Katzen.
Trotz des behutsamen Umgangs der Richter waren manche Katzen auf dem Richttisch ziemlich gestresst – erkennbar etwa an Ohrenstellung oder fluchtbereiter Körperhaltung.
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III. Was sich im Vergleich zur letzten, vom STS besuchten Ausstellung verbessert hat Im Vergleich zur letzten vom STS besuchten internationalen Katzenausstellung (Uzwil, Februar 2016) konnte kein übermässiges Zurechtmachen der Katzen (Pudern, Toupieren, Sprayen etc.) beobachtet werden, und die durchschnittlichen Wartezeiten vor dem Richten waren mit nur 5 – 7 Minuten deutlich kürzer.
IV. Was sich im Vergleich zur letzten, vom STS besuchten Ausstellung nicht verbessert hat Leider wurden immer noch Katzen gezeigt, die mit der Ausstellungssituation sichtlich überfordert waren und die deutliches Angstverhalten zeigten. Solche Tiere haben an einer Ausstellung aus Sicht des Tierschutzes nichts verloren. Nicht wenige RassekatzenhalterInnen sind aber offenbar immer noch bereit, sensiblen, ängstlichen Tieren die Teilnahme an Ausstellungen und Schönheitswettbewerben zuzumuten, obwohl deren Belastungen nicht zu übersehen waren. Problematisch aus Tierschutzsicht ist auch, dass immer noch Katzen mit extrem kurzen Nasen oder verkümmerten Tasthaaren ausgestellt und prämiert werden dürfen – und dass GutachterInnen sich offenbar scheuen, solche Tiere in die Belastungskategorie 3 einzustufen, was einem Zuchtverbot gleichkäme!
Der Umgang der RichterInnen mit den Katzen war professionell und sorgsam.
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Leider wurden aber auch Extremzuchten prämiert wie diese Devon Rex mit verkümmerten Schnurrhaaren. Die Käfige im Wartebereich der Jury verfügten über keinerlei Sichtschutz hin zum Saal mit den Besuchern und fremden Katzen. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb ein Sichtschutz zwar in den Ausstellungskäfigen, nicht jedoch im Wartebereich vorgeschrieben sein sollte – zumal die Katzen im Wartebereich auch von vertrauten Menschen und Artgenossen getrennt sind. Etliche Katzen ruhten zudem auch an dieser Ausstellung im Katzenklo – viele von ihnen wohl notgedrungen, da ihnen kein Bett zur Verfügung gestellt wurde.
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Die Käfige im Wartebereich der Jury verfügten über keinerlei Sichtschutz oder Rückzugsmöglichkeit. Die Katze rechts zeigt deutliches Angstverhalten durch Verstecken des Gesichts in der Ecke und angespannt kauernde Haltung mit stark erweiterten Pupillen.
V. Fazit Die Katzenausstellung in Oberglatt wurde nach dem Reglement der FiFE und der FFH durchgeführt. Vorschriften, was das Katzenwohl an Ausstellungen anbelangt, gibt es darin aber kaum. Lediglich Vorhänge und eine Unterlage im Käfig sind obligatorisch. Selbst solch elementare Dinge wie frisches Wasser oder eine Katzentoilette müssen nur «bei Bedarf» bereitgestellt werden. Die für das Wohlbefinden von Katzen äusserst wichtigen Rückzugsmöglichkeiten werden in den Reglementen mit keinem Wort erwähnt. Auch wenn es viele ZüchterInnen gab, die die Ausstellungskäfige vorbildlich einrichteten, bestand bei etlichen doch auch Verbesserungsbedarf. Aus Sicht des STS sollte jeder Ausstellungskäfig zusätzlich zu den vorgeschriebenen Unterlagen und Vorhängen über frisches Wasser, eine Katzentoilette, Beschäftigungsmöglichkeiten (Spielzeug) und einen geeigneten Rückzugsbereich verfügen, der die Katze vor den Blicken der Menschen und Artgenossen schützt. Ausserdem sollten die Wartekäfige im Richterbereich mit Unterlagen und Sichtschutz bzw. Rückzugsbereich ausgestattet werden. Der STS fordert grundsätzlich, auf das Prämieren von Rassevertretern mit extremen Zuchtmerkmalen (z. B. konkaves Gesichtsprofil bei Persern und Exotisch Kurzhaar oder verkümmerte/fehlende Schnurrhaare bei Sphynx- und Rexkatzen) zu verzichten, damit der Züchtung von immer extremeren Körpermerkmalen und den damit einhergehenden Belastungen für die Tiere nicht weiter Vorschub geleistet wird.
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Exotische Kurzhaarkatze mit extrem flacher Nase.
Etliche Katzen ruhten mangels geeigneter Liegemรถglichkeit in ihrer Katzentoilette.
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Verhaltensbeobachtungen hinsichtlich Stresssymptomen zeigten auf, dass viele der ausgestellten Katzen durch die Ausstellungssituation eingeschüchtert bis verängstigt waren. Dabei ist zu beachten, dass offensichtliche Belastungsmerkmale wie beispielsweise Zittern, eine forcierte, schnelle Atmung sowie ängstliches Ducken und Verharren in einer Ecke des Käfigs, relativ selten beobachtet wurde. Der Grossteil der Katzen schien beim oberflächlichen Hinsehen vermeintlich gelassen und lag oder sass im Käfig. Die Körpersprache (z. B. stark erweiterte Pupillen, Ohrstellung) und massiv erhöhte Atemfrequenzen zeigten aber, dass auch diese Tiere in Wirklichkeit stark belastet waren. Bei Ausstellungen sollte daher in Zukunft von den Veranstaltern genau darauf geachtet werden, ob es Katzen gibt, die mit der Ausstellungssituation nicht zurechtkommen. Besitzer solcher Katzen sollten dann auch aufgefordert werden, ihre Katzen von der Ausstellung zurückzuziehen. Aus Tierschutzsicht ist es nicht tragbar, Katzen immer wieder wissentlich einer solch angstbesetzten Situation auszusetzen, nur um sich bei Ausstellungen mit anderen Züchtern zu messen.
Der Käfig rechts ist vorbildlich mit Vorhängen als Sichtschutz versehen. Allerdings stellt sich hier schon die Frage, ob Katzen, die derart viel Schutz und Rückzug benötigen, überhaupt an Ausstellungen gezeigt werden sollten!
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LUGA Luzern 28. April bis 7. Mai 2017, besucht am 28. April und 3. Mai 2017
I. Allgemeines Allgemeine Hinweise zur Messe
Die LUGA 2017 fand auf dem Gelände der Luzerner Allmend statt. In zwei Zelthallen präsentierten die Aussteller diverse Nutztierarten (Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine), Equiden (Pferde, Ponys), Vögel (Tauben, Hühner, Papageien, Kanarien) sowie Kaninchen und Meerschweinchen. In einer Zelthalle befand sich ein Streichelzoo mit verschiedenen Nutztierrassen und Equiden (Ponys, Esel). Unter einem überdachten Zeltrondell wurde Ponyreiten angeboten, während in der Arena zeitweise Tiervorführungen (Säulirennen, Islikers Tiershow, Präsentation von Nutztierrassen und Pferden) stattfanden. Der Schweizer Tierschutz STS besuchte die LUGA am ersten Ausstellungstag und am 3. Mai. Am 28. April stand die Begutachtung der Tierhaltungen im Vordergrund. Beim zweiten Besuch legte der STS besonderes Augenmerk auf die Tiershows und das Ponyreiten und überprüfte die Umsetzung der Kritikpunkte, die zu Beginn der Ausstellung aufgefallen waren. Am 28. April war es aufgrund einer Kälteperiode ungewöhnlich kalt, mit Aussentemperaturen von ca. 6 °C. Am 3. Mai lagen die Aussentemperaturen bei ca. 15 °C und die Innentemperaturen zwischen 19 und 22 °C.
Hinweise zur Tierhaltung
Die in der Tierschutzverordnung (TSchV) dokumentierten Mindestmasse wurden überall eingehalten, die für die jeweiligen Arten notwendigen Ressourcen waren vorhanden. Die Nutztier- und Pferdehaltungen gestalteten sich betreffend Flächen und Einrichtungen ähnlich wie letztes Jahr. Abgesehen von der Mutterkuhhaltung und den zentral platzierten Kühen in
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Anbindehaltung erhielten die Besucher meist nur von einer (vereinzelt von zwei) Seite Zugang zu den Gehegen. Die Kleintierhaltung indessen war 2017 einheitlicher gestaltet worden. Mit Ausnahme der Tauben gab es pro Tierart jeweils mehrere Gehege mit gleichartigem Platzangebot und ähnlicher Einrichtung. Die zur Verfügung stehenden Flächen bzw. Volumina waren im Falle der Kaninchen, Tauben und Kanarien grosszügig bemessen, diejenigen der Meerschweinchen, Hühner und Papageien akzeptabel. Alle Tierarten wurden in Gruppen gehalten. Die Einrichtungen gestalteten sich abwechslungsreich. Je nach Tierart waren nur eine bis maximal drei Seiten der Gehege für die Besucher zugänglich. Die Gehege der Meerschweinchen, Kaninchen und Hühner verfügten ferner über einen Rückzugsbereich, welcher von den Besuchern nicht eingesehen werden konnte. Mittels am Boden platzierten Holzscheiten, Schnitzeln und Bepflanzung wurde versucht, die Besucher auf Distanz zu den Gehegen zu halten.
Standard-Pferdehaltung an der LUGA.
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Die Anbindehaltung der Milchkühe präsentierte sich gleich wie letztes Jahr.
Vor dem Mutterkuhgehege stand ein Absperrungsgitter und im hinteren Teil hatten die Kühe einen Sichtschutz.
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LUGA LUZERN
Die vier Kaninchengehege waren gleich gross und ähnlich eingerichtet. Die Grösse der Fläche ist vorbildlich und die Einrichtung bedürfnisgerecht.
Die Platzierung eines Rückzugs für die Meerschweinchen ist löblich. Die Tiere nutzten das
108 Häuschen intensiv.
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Hinweise zum Streichelzoo
Die Gehegeflächen und -strukturierungen sowie die präsentierten Tiere waren vergleichbar mit 2016. Das zur Verfügung stehende Platzangebot reichte für die Anzahl Tiere aus. Alle nötigen Ressourcen inklusive Rückzugsmöglichkeiten waren vorhanden, letztere waren bei den Rindern im Vergleich zum Vorjahr etwas vergrössert worden. Jedes Gehege wurde von einer Betreuungsperson überwacht. Während der Mittagszeit blieben die Gehege jeweils für eine Stunde geschlossen.
Die Flächen der Streichelzoogehege waren grosszügig bemessen. Lobenswert ist auch der bei den Rindern und Equiden vergrösserte Rückzug. Dieser könnte allerdings noch klarer deklariert werden.
Streichelzoos sind wertvoll für Mensch-Tier-Begegnungen, sofern sie nicht auf Kosten des Tieres gehen. Rückzug ist wichtig und wird, wie hier sichtbar, auch genutzt.
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Hinweise zum Ponyreiten
Das Ponyreiten gestaltete sich ebenfalls ähnlich wie letztes Jahr. Die Ponys liefen während der Besuchszeiten des STS stets auf linker Hand. Das Gewicht der Kinder schien passend für die Ponys, der Umgang mit den Tieren sorgsam.
Ponyreiten an der LUGA.
Hinweise zu den Tiervorführungen
An der LUGA fanden mehrmals täglich Tiervorführungen statt. Der STS besuchte das Säulirennen und Islikers Tiershow. Die im Säulirennen startenden Mastschweine schienen sich sowohl durch die Rennsituation wie auch die mit einem gewissen Lärmpegel (zwischen 90 – 113 dB) verbundene Besucherpäsenz nicht gross zu stören. Eine kurzzeitige Stressbelastung schien beim Einfangen der Tiere und Anziehen der Startnummern zu bestehen; dies wurde teilweise mit lautem Quieken quittiert, wobei individuelle Unterschiede bestanden. Beim Ausziehen der Startnummern im Ziel reagierten die Tiere hingegen kaum – das Futter war wohl wichtiger. Aus Sicht des STS könnte die Stressbelastung beim Einfangen minimiert werden, indem die Startnummern mit Viehmarkierstift aufgemalt würden, was nicht täglich gemacht werden müsste. Islikers Tiershow präsentierte eine Nummer mit Freiberger-Pferden, Shetlandponys, Ziegen und einem Border-Collie. Nebst Quadrillefiguren, Bodenarbeit aus dem Bereich der klassischen Dressur und Kunstreit-Nummern zeigten sie kleinere «Akrobatik-Einlagen» mit Pferden, Ziegen und einem Hund.
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Grossandrang beim Säulirennen.
Menschliche und tierische Akrobaten bei Islikers Tiershow. Die Tiere nahmen den Besucherandrang gelassen hin.
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II. Was uns seitens Tierschutz an der Ausstellung gefallen hat • Platzangebot: Grosszügige Flächen bei den Kaninchen, Tauben und Kanarien. • Gehegeeinrichtung: Abwechslungsreiche, bedürfnisgerechte Einrichtung der Kleintiergehege, insbesondere der Kaninchen, Meerschweinchen und Ziervögel. • Beschäftigungsmaterial: Den Schweinen, Kaninchen, Meerschweinchen, Ziervögeln und Hühnern wurde Beschäftigungsmaterial angeboten. • Klettermöglichkeiten: Für die Ziegen standen Klettermöglichkeiten und erhöhte Liegeflächen zur Verfügung. Aus Sicht des STS dürften diese aber noch etwas grosszügiger ausfallen. • Sichtschutz und Rückzug: Auch dieses Jahr befand sich auf der den Besuchern zugewandten Seite ein optischer Sichtschutz für die Mastschweine, welcher von den Tieren auch gerne genutzt wurde. Neu waren das Mastschweine- und das Schafgehege nur noch von einer Seite für die Besucher zugänglich. Der Aussteller Kleintiere Schweiz hatte den Hühnern, Meerschweinchen und Kaninchen Gehege konstruiert, welche für die Besucher nicht einsehbare Rückzugsbereiche enthielten. • Hygiene: Die Gehege waren sauber. • Tiergesundheit: Die Tiere machten einen augenscheinlich gesunden und gelassenen Eindruck. • Information: In der Kleintierhalle fanden sich an den Gehegen Informationen zur gezeigten Rasse sowie zur Tierhaltung. Ein mit Fotos bestücktes Paneel bot (mehrheitlich vorbildliche) Ideen für die Tierhaltung zu Hause.
Das Kaninchengehege wies hinten einen abgedunkelten Bereich auf, den die Besucher nicht einsehen konnten. Die Tiere nutzten diese Rückzugsmöglichkeit immer wieder. Positiv zu erwähnen ist auch die am Boden geschaffene Distanz zum Gehege.
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Die Kanarienhaltung konnte gelobt werden: Grosszügiges Volumen, vorschriftsgemässe Einrichtung, Beschäftigungsmaterial und Distanz der Besucher zum Gehege.
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Die Hühnerhaltung hätte flächenmässig grosszügiger ausfallen können, bot jedoch Rückzug und auch Beschäftigung durch Stroh und Frischfutter.
Die Mastschweine erhielten Heu zur Beschäftigung, auf dem Bild erkennbar ist auch der
114 Sichtschutz, welcher gerne als Ruhebereich genutzt wurde.
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Die im Gitzigehege platzierte Holzhütte sorgte für Sichtschutz und Klettermöglichkeiten. Das Gehege war für die Besucher nur von einer Seite zugänglich.
III. Was sich im Vergleich zur letzten Ausstellung verbessert hat • Mindestmasse: Die Mindestmasse der TSchV wurden nun bei allen Tieren eingehalten. • Badegelegenheit: Für die Tauben stand bereits zu Beginn der Messe eine Badegelegenheit zur Verfügung. • Zugänglichkeit der Gehege: Bei den Schafen und den Mastschweinen waren die Gehege neu nur noch von einer Seite für die Besucher zugänglich. In der Kleintierhalle versuchte man teilweise mittels Absperrungen (Ziervögel) bzw. «Bodendekoration» (Kaninchen, Meerschweinchen, Tauben, z. T. Hühner), die Besucher auf Minimaldistanz zu halten. • Rückzugsbereiche: Den Rindern und Equiden im Streichelzoo standen vergrösserte Rückzugsbereiche zur Verfügung. • Sozialkontakte: Die Kaninchen wurden dieses Jahr in Gruppen gehalten.
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Distanz der Besucher durch gen체gend tiefe Gehege ist wichtig, w채hrend den Ruhephasen hielten sich die Tiere im hinteren Bereich des Geheges auf. Dank des neu installierten Sichtschutzes auf der rechten Seite konnte nun die ganze Gehegel채nge genutzt werden.
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F체r die Tauben ist dieses Jahr eine Badegelegenheit bereitgestellt worden.
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IV. Was sich im Vergleich zur letzten Ausstellung nicht verbessert oder gar verschlechtert hat • Muttersau mit Saugferkel: Das Gehege war im Vergleich zum letzten Jahr kleiner. Beim Ferkelnest und der Ferkelbucht fehlte zu Beginn der Ausstellung eine Absperrung Die Besucher konnten auf das Nest sitzen und in die Ferkelbucht hineingreifen. Dies wurde später behoben. • Flächenmasse der Schafe, Ziegen und Pferde: Die TSchV wurde eingehalten, allerdings wären grössere Flächen (oder eine reduzierte Besatzdichte bei den Schafen) wünschenswert. Ziegen und Pferde bewegen sich von Natur aus viel, wobei erstere auch ausgiebig klettern und erhöhte Liegeflächen nutzen, wenn sie Gelegenheit dazu bekommen. Klettermöglichkeiten waren in den Gehegen zwar vorhanden, könnten jedoch dort, wo adulte Tiere untergebracht waren, grosszügiger bemessen sein, was grössere Gehegeflächen bedingt. • Rückzug beim Streichelzoo: Die Rückzugsbereiche bei den Hühnern, Rindern und Equiden waren immer noch mit hoch gespannten Seilen markiert. Ein stabiler Zaun mit einem Schlupf wäre aus Sicht des STS für die Besucher klarer erkennbar gewesen. Trotzdem schienen die Besucher zumindest während der Präsenzzeit des STS die Rückzugsbereiche zu respektieren, was zu einem gewissen Mass auch für die Bemühungen der Betreuungspersonen spricht. Leider variierten diese allerdings; eines der Kinder, welches am zweiten Besuchstag das Hühnergehege betreute, scheuchte die Hühner aus dem Rückzug.
Am ersten Besuchstag hatte man die Ferkelbucht und das Ferkelnest noch nicht abgesperrt, sodass die Besucher in die Bucht hineingreifen und auf das Nest sitzen konnten. Die Messeleitung installierte auf Anmerkung des STS hin eine Absperrung.
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Die Fläche des Ziegengeheges war aus rechtlicher Sicht ausreichend, aber zusätzliche Klettermöglichkeiten (welche auch mehr Platz benötigen) wären wünschenswert gewesen.
Eine der Betreuungspersonen scheuchte am 3. Mai die Hühner aus dem Rückzugsbereich.
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V. Fazit Die Tierschutzverordnung (TSchV) schreibt gesetzliche Mindestanforderungen für die permanente Tierhaltung vor. Für Ausstellungen können die Kantone aber Ausnahmebewilligungen erstellen und so eine kurzzeitige Unterschreitung der Mindestmasse tolerieren. Der Schweizer Tierschutz STS verfolgt hier einen anderen Ansatz, aus seiner Sicht haben Tierausstellungen immer eine Vorbildfunktion. Die Mindestmasse der TSchV sollten daher zumindest eingehalten, wenn immer möglich aber übertroffen werden, damit dem Publikum eine tierfreundliche Haltung vorgelebt wird. Im Vergleich zum letzten Jahr wurden an der LUGA 2017 die Mindestmasse der TSchV stets in mehr oder weniger grossem Masse übertroffen, was löblich ist. Die Kleintierhaltung zeigte sich aus Sicht des STS zufriedenstellend. Zwar waren einige Gehege flächenmässig etwas kleiner als letztes Jahr, dafür verzichtete man auf die Einzelhaltung in kleinen Ställen. Die Flächenmasse der Kaninchen-, Tauben- und Kanariengehege gestalteten sich insgesamt immer noch grosszügig, diejenigen der Meerschweinchen, Papageien und Hühner ausreichend. Grosser Wert wurde ferner auf Sozialkontakte durch Gruppenhaltung, eine bedürfnisgerechte Gehegeeinrichtung und Sichtschutz / Rückzugsmöglichkeiten gelegt. Die Wichtigkeit letzterer demonstrierte sich durch das Verhalten der Tiere, welche die Gelegenheit zum Rückzug nutzten. Zu verbessern wäre die Einstreu bei den Hühnern. Diese war aus Sicht des STS zu grob, um ein Staubbad zu ermöglichen, auch wären Nestabteile für die Tauben von Vorteil gewesen. Die Nutztier- und Pferdehaltung war mit dem letzten Jahr vergleichbar und insgesamt akzeptabel. Es besteht allerdings noch Verbesserungspotential – für die kommenden Jahre sollte darauf geachtet werden, hier nicht zu stagnieren. Für wirklich vorbildliche Haltungsbedingungen wären bei den adulten Ziegen, den Pferden und der Muttersau grössere Gehegeflächen wünschenswert. Diese würden es im Falle der Ziegen auch ermöglichen, zusätzliche Klettermöglichkeiten und erhöhte Liegeflächen anzubieten. Bei der Schafhaltung empfiehlt der STS nach wie vor eine reduzierte Besatzdichte. Positiv zu erwähnen sind die Bemühungen der Messeleitung um mehr Rückzug bei den Nutztieren; neu waren sowohl das Mastschweine- als auch das Schafgehege nur noch von einer Seite zugänglich. Auch die Installation einer Absperrung beim Ferkelnest (wenngleich sie erst auf Hinweise des STS hin installiert wurde) ist als positiv zu werten. Zum Streichelzoo ist folgendes zu bemerken: Streichelzoos können aus psychologischer und pädagogischer Sicht äusserst wertvoll sein, denn sie ermöglichen Mensch-Tier-Begegnungen und fördern die Freude der Besucher an den Tieren. Auch können den Besuchern Kenntnisse über die artgemässe Haltung der Tiere vermittelt werden. Ein Streichelzoo darf aber nie der alleinigen Bedürfnisbefriedigung des Menschen dienen, sondern soll auch Rücksicht auf die Bedürfnisse der Tiere nehmen. Aus diesem Grund müssen Streichelzoos über Rückzugsbereiche verfügen sowie von Aufsichtspersonen betreut werden, die die Einhaltung des Rückzugs sowie den umsichtigen Umgang mit den Tieren sicherstellen. Selbstverständlich benötigt ein Streichelzoo auch ausreichend Platz für Mensch und Tier sowie eine tierfreundliche Einrichtung. Der 2017 an der LUGA präsentierte Streichelzoo wies grosszügige Flächen auf, ebenso waren alle für die Tiere notwendigen Ressourcen sowie Rückzugsbereiche vorhanden. Die Anwesenheit von Betreuungspersonen in jedem Gehege ist ebenfalls positiv zu vermerken. Mit einer Ausnahme (siehe nachfolgend) schienen die Betreuungspersonen aufmerksam und konnten zumindest während der Präsenz des STS einen sorgsamen Umgang mit den Tieren sowie die Respektierung der Rückzugbereiche garantieren. Leider konnte einmal beobachtet werden, wie eine der Betreuungspersonen die im Rückzugsbereich ruhenden Hühner in den Besucherbereich scheuchte, was natürlich nicht Sinn der Sache ist! Nach wie vor sollte zudem verstärkt darauf geachtet werden, dass die Gehege der (sorgsamen) Mensch-Tier-Begegnung und nicht als Spielplatz für Kinder dienen.
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BEA BERN
BEA Bern 28. April bis 7. Mai 2017, besucht am 4. Mai 2017
I. Allgemeines Allgemeine Hinweise zur Messe
Die 66. BEA fand während 10 Tagen mit rund 950 Ausstellern und 600 Tieren auf dem BernexpoGelände statt. Mit über 300 000 Besuchern gilt sie als eine der grössten Schweizer Publikumsmessen. Parallel zur Gewerbe-, Landwirtschafts- und Industrieausstellung fand auch dieses Jahr die nationale Pferdemesse auf der BEA statt. Wie im letzten Jahr war das Aussengelände für das Ausstellen der Tiere kleiner bemessen als in früheren Jahren. Es wurden unter anderem Pferde, Esel, Ponys, Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine, Alpakas, Kaninchen, Meerschweinchen, Hühner und Küken, Wachteln, Wasservögel, Tauben, Ziervögel sowie Hunde ausgestellt. Zudem gab es verschiedene Tiervorführungen wie die Präsentation von Milchkühen, Zuchtschweinen, Ziegen, Springreiten, Gangpferdeshow, Parelli Natural Horsemanship und Hunde-Agility.
Hinweise zur Tierhaltung
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Die in der Tierschutzverordnung (TSchV) dokumentierten Mindestmasse wurden bis auf den Kükenschaukasten eingehalten, die vorgeschriebenen Einrichtungen waren grösstenteils vorhanden. Viele Gehege an der BEA zeichneten sich durch grosszügige Flächen und tiergerechte Rückzugsund Beschäftigungsmöglichkeiten aus. Es gab aber auch Gehege, welche noch Verbesserungsbedarf aufwiesen oder optimaler genutzt werden könnten. Z. B. waren die Ausläufe für Ziegen und Schafe in der Halle 16 am Vormittag trotz trockener Witterung geschlossen, für den STS unverständlich.
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BEA BERN
Geschlossene Ausläufe. Die meisten Tierhaltungen waren bezüglich Flächenmasse und Einrichtung sehr ähnlich wie im Vorjahr. Beispiele hierfür sind die Boxen und Gehege der Pferde, aber auch der Kühe in Gruppenhaltung. Auch die Einrichtung präsentierte sich in den meisten Fällen vergleichbar. Einige Tierarten wie beispielsweise ein Teil der Schafe, die Kälber, Alpakas, die Schweine in Gruppenhaltung und die Meerschweinchen hatten viel Platz zum Rückzug oder gar Sichtschutz. Andere Tiere erhielten weniger Raum zur Ruhe: Die Muttersau mit ihren Jungen war noch immer in einem exponierten Bereich der Messe, die Ziegen im Streichelzoo mussten im Rückzug auf erhöhte Liegeflächen verzichten und die Milchkühe im Laufstall hatten keine andere Möglichkeit, als sich beim Fressen zwangsläufig streicheln zu lassen.
Wollten die Kühe fressen, mussten sie sich den Berührungen aussetzen.
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Die Haltung der Pferde und Esel präsentierte sich wie im Vorjahr: Die Boxen und Gehege wiesen vergleichbare Flächen auf, auch die Einrichtung erinnerte an das Vorjahr. Bei den Pferden konnte die Fläche der Gehege im Aussenbereich gelobt werden, hier durften die Tiere zu zweit verweilen. In der Kleintierhalle lebten die meisten Tierarten erfreulicherweise in Gruppen. Einige Gehege wiesen äusserst grosszügige Platzverhältnisse auf, u. a. das Meerschweinchengehege, einige Kaninchenhaltungen (im Freiflugzelt) sowie der Freiflug für die Ziervögel im eigens dafür eingerichteten Zelt. Lobenswert waren zudem die abwechslungsreichen Gehegeeinrichtungen inklusive Beschäftigungsmaterial, u. a. bei den Meerschweinchen und den Tieren im Freiflugzelt. Die Zwergziegen hatten im Vergleich zu den grösseren Ziegenarten eine grosse erhöhte Fläche mit verschiedenen Stufen im Rückzugsbereich zur Verfügung.
So einfach gemacht, und so effektiv: Man sieht, dass solche Strukturen von den Tieren gerne genutzt werden und daher wichtig sind. Im Gegensatz dazu gab es auch weniger grosszügige Gehege oder auch solche mit minimalsten Rückzugsmöglichkeiten und Einrichtungen. Dazu gehörte unter anderem der Kükenschaukasten, welcher überbelegt war und für die Tiere keine Rückzugsmöglichkeit aufwies. Rückzug war auch in einem Gehege mit einem einzelnen Angorakaninchen Mangelware, dieses musste mit ein paar losen Tannenästen im Gehege vorlieb nehmen. Abgedunkelte Bereiche, welche von den Kaninchen geschätzt werden, fehlten. Ein ähnlich aussehendes Gehege beherbergte eine Henne mit ihren Küken, hier fehlten ein (sichtgeschütztes) Nest sowie Sitzstangen.
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Hier fehlten ein Nest sowie Sitzstangen.
Hinweise zum Streichelzoo
Die Gehegeflächen und -strukturierungen sowie die präsentierten Tiere waren vergleichbar mit 2016. Leider ging man auf die Kritik der letzten Jahre nicht ein: Es gab noch immer keine permanente Aufsicht zur Überwachung des Umgangs der Kinder mit den Tieren. Aufsichtspersonen waren nur zeitweise präsent. Zwar wurden die Rückzugsbereiche sowohl bei den Schweinen wie auch bei den Ziegen respektiert, die erhöhte Fläche bei den Ziegen in der Begegnungszone verwandelte sich jedoch rasch zu einem Spielplatz. Die schriftlich am Gehege angebrachten Hinweise, dass sich maximal 5 Kinder in den Bereich begeben sollen, beachteten die Besucher nicht. Wegen dem Tumult befanden sich die Ziegen – bis auf einige sehr neugierige Tiere – hauptsächlich im Rückzugsbereich, wo sie aber auf erhöhte Flächen verzichten mussten.
Die Streichelzone glich mehr einem Spielplatz für Kinder.
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Die Streichelzoo-Ziegen hatten eine Ruhezone, sie war jedoch ziemlich klein. Die Schweine hatten wie im Vorjahr einen grosszügigen Rückzugsbereich. Aber auch hier überwachte man nur zeitweise den Umgang mit den Tieren in der Streichelzone.
124 Die Besucher respektierten die Ruhezone bei den Schweinen.
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Hinweise zum Ponyreiten
Die Fläche für das Ponyreiten war ungefähr gleich gross wie im Vorjahr. Dieses Jahr war ein anderer Anbieter vor Ort. Im letzten Jahr kritisierte der STS, dass nirgends erkennbar war, wer für das Ponyreiten verantwortlich war. 2017 wurden die Namen der Betreiber gross am Gehege angeschrieben. Auch die Betriebszeiten wurden klar kommuniziert. Die Tiere wurden an Trensen ohne Zug auf viel Häcksel im grossen Oval geführt. Der Umgang war freundlich und behutsam. Die Kinder stiegen vorbildlicherweise via Strohballen auf die Tiere auf. Die Ponys waren pro Tag nur ca. 3 Stunden im Einsatz, die restliche Zeit verbrachten sie alle zusammen in einem grosszügigen Gehege auf dem Aussengelände. Auch in diesem Jahr war der Unterstand für die Anzahl Tiere knapp bemessen. Das Heu verteilte man auf dem Boden.
Sanft geführtes Pony.
Abgesattelte, gedeckte Reittiere auf dem Aussengelände, die Unterstände waren auch dieses Jahr knapp bemessen.
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Hinweise zu den Tiervorführungen
An der BEA finden mehrmals täglich Tiervorführungen statt. Bei den Pferden konnte beobachtet werden, wie manche Reiter stark an den Zügel zogen und kurzzeitig den Kopf der Pferde Richtung Brust einrollten. Der Auftritt der Schweine präsentierte sich vorbildlicher als im letzten Jahr. Sie wurden nicht herumgereicht, sondern durften sich in der Arena ausschliesslich frei bewegen, was sie sichtlich genossen. Der Eber musste die Arena nicht betreten. Diese Änderung nahm man aufgrund der Kritik des STS im Vorjahr auf.
In diesem Jahr war die Präsentation der Schweine besser.
II. Was uns seitens Tierschutz an der Ausstellung gefallen hat • Die Mindestmasse der Tierschutzverordnung wurden bei allen Tieren bis auf eine Ausnahme (Kükenschaukasten) eingehalten. • Die meisten Tiere befanden sich in Gruppenhaltung. Auf dem Aussengelände durften einige Pferde zu zweit in grösseren Gehegen verweilen. Einzig die Unterstände waren für zwei Tiere ehe knap bemessen. • Es gab viele grosszügige Gehege, beispielsweise dasjenige der Meerschweinchen, die «Familienhaltung» von Eber, Muttersauen und Ferkel, das Freiflugzelt oder auch die Aussengehege der Pferde. • Die Gehege waren mehrheitlich bedürfnisgerecht strukturiert und wiesen Beschäftigungsmöglichkeiten auf. So standen beispielsweise für die Ziegen Tannen zur Verfügung, welche gerne beknabbert wurden, und für die Schweine Stroh. • Alle Gehege waren sehr sauber. • Die Temperaturen waren tiergerecht. Auch die Lautstärke der Musik bei Vorführungen fiel tierfreundlich aus (grundsätzlich sehr leise). • Wie im letzten Jahr standen keine hochträchtigen Kühe in der Ausstellung, was aus Sicht des STS begrüssenswert ist. • Die Zwergziegen hatten ein grosszügiges Gehege mit ausreichend erhöhten Flächen, die Tiere nutzten diese auch intensiv. 126
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• Die meisten Pferde verhielten sich am Tag des Besuchs ruhig und ausgeglichen. • Die Alpakas hatten einen Rückzugsbereich, in welchen die Besucher kaum Einsicht hatten. Wie im letzten Jahr waren sie sichtlich entspannt. Auch den Meerschweinchen und den Tieren im Streichelzoo standen Rückzugsmöglichkeiten zur Verfügung. • In der Freiflughalle konnten die Ziervögel ihre natürlichen Verhaltensweisen ausleben und ausgiebig fliegen, Sozialkontakte pflegen oder sich mit der abwechslungsreichen Strukturierung beschäftigen. Dies ermöglichte auch den Besuchern spannende Beobachtungen. • Die Hunde genossen die erhöhten Flächen und präsentierten sich ruhig und gelassen. Die Besitzer kümmerten sich ausgiebig um ihre Tiere.
Das Fohlen war sichtlich entspannt.
Auf dem Aussengelände hatten die Pferde mehr Platz zur Verfügung und verweilten zu zweit. Einzig die Unterstände waren eher knapp bemessen.
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Grosszügige Fläche für die Meerschweinchen inklusive Versteckmöglichkeiten. Mit den Beschäftigungsmöglichkeiten könnte man jedoch noch etwas kreativer werden.
Die Freiflughalle ermöglichte den Papageien Sozialkontakte. Hier sichtbar: Gefiederpflege bei
128 Agaporniden.
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Die Hunde waren mehrheitlich entspannt und wurden gut umsorgt.
III. Was sich im Vergleich zur letzten Ausstellung verbessert hat • Die Gruppenschweinehaltung mit zwei Mutterschweinen, einem Eber und vielen Ferkeln fiel auch dieses Jahr positiv auf. Es war genügend Platz vorhanden, es gab reichlich Einstreu, Wärmelampen für die Kleinen in einem gut angelegten Rückzugsbereich und auch wieder einen grosszügigen Auslauf ins Freie. Im Vergleich zum letzten Jahr hatten die Schweine wieder einen Bereich zum Suhlen: Hier schien man auf die Kritik des STS eingegangen zu sein. • In einem Schafgehege wurde eine Holzwand als Sichtschutz installiert. Die Schafe legten sich offensichtlich gerne dahinter. • Neben Heunetzen konnten die Pferde auch Heubälle zur Beschäftigung nutzen. • Die in der Freiflughalle installierten Hühnergehege wiesen nun Sitzstangen auf. • Das Wachtelgehege wurde dieses Jahr optimaler platziert. Ein Seil hielt die Besucher auf (grössere) Distanz zu den Wachteln.
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Die Schweine hatten dieses Jahr wieder eine Möglichkeit zum Suhlen.
Küken und Wachteln hinter einer Absperrung. Die Platzierung der Wachteln an der Wand – weg
130 vom Besucherstrom – und die stabilere Absperrung erachtet der STS als positiv.
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Die Schafe konnten sich gut zurückziehen und hatten einen Sichtschutz zur Verfügung.
Futterball zur Beschäftigung des Pferdes.
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IV. Was sich im Vergleich zur letzten Ausstellung nicht verbessert oder gar verschlechtert hat • Das Mutterschwein in der Abferkelbox konnte sich wie bereits im letzten Jahr erneut nur gegen eine Wandseite zurückziehen. Die Atmung war beim diesjährigen Besuch wesentlich ruhiger. Leider ist das Gehege immer noch sehr exponiert. Sehr negativ fiel auf, dass die Besucher immer wieder in den Rückzugsbereich der Ferkel hineingriffen. • Durch Blumen und Abschrankungen mussten die Besucher zu den Kühen in Anbindehaltung Abstand wahren. Es gab jedoch auch einzelne Bereiche, wo das Berühren noch immer möglich war. Auch hier könnte man Absperrungen anbringen. Trotz allem bot sich hier ein vorbildlicheres Bild als an anderen Messen, an welchen jeweils alle Tiere berührt werden konnten.
Die meisten Kühe konnten nicht berührt werden, es gab aber Ausnahmen. • Sowohl die Mutterkuhhaltung wie auch die Milchkühe im Laufstall hatten ihren Fressbereich an der Seite des Geheges, die auch für die Besucher zugänglich war. So konnten die Tiere nur Fressen, wenn sie gleichzeitig die Berührungen in Kauf nahmen. Die grosszügigen Flächen inklusive Auslauf ins Freie konnten vom STS gelobt werden. Leider schloss man aber am Nachmittag die Ausläufe ins Freie. • Am Morgen des STS-Besuchstages waren die Auslaufbereiche bei Ziegen und Schafen trotz trockener Witterung geschlossen. Erst am Nachmittag hatten die Tiere Zugang ins Freie. • Obwohl die Fläche den Vorgaben der Tierschutzverordnung entsprach, mussten die Schafe aufgrund des geschlossenen Auslaufs ins Freie sehr beengt in ihrem Gehege stehen. Hier dürfte grundsätzlich mehr Platz zur Verfügung gestellt werden. • Die Ziegengehege präsentierten sich wie im Vorjahr. Eines der Gehege war bezüglich Platzangebot wie immer grosszügig, jedoch ging man auf die Kritik im Vorjahr nicht ein: Im Innenbereich gab es nur eine einzelne Holzkiste als erhöhte Fläche. Diese konnte jeweils nur von einem Tier genutzt werden. Im Aussenbereich diente einzig ein Stein als «Klettermöglichkeit». Die angebotenen erhöhten Flächen sind kaum bedürfnisgerecht und genügen auch anzahlmässig nicht. 132
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• ReiterInnen stiegen noch immer innerhalb der Pferdebox oder direkt ausserhalb auf die Tiere auf und ritten anschliessend durch die mit Besuchern dicht gedrängten Stallgassen hindurch. Dies könnte für Mensch und Tier gefährlich werden. Einigen Tieren waren die Menschenansammlungen sichtlich zu viel. Einige ReiterInnen mussten in der Folge die Besucher mehrmals auffordern, einen Schritt zurück zu treten. Viele übten deutlich sichtbaren Druck auf die Trense aus, um die Pferde zu kontrollieren. • In der Kleintierhalle präsentierte man ein einzelnes Angora-Kaninchen. In seinem Gehege gab es kaum Sichtschutz und keine abgedunkelten Rückzugsbereiche. Zudem war es von drei Seiten zugänglich. Insgesamt eine unzureichende, nicht artgerechte Unterbringung. • Den im Freiflugzelt ausgestellten Kaninchen standen zwar mehrere Rückzugsmöglichkeiten zur Verfügung. Diese erfüllten ihren Zweck aber nicht, da sie von den Besuchern ungehindert eingesehen werden konnten. • Die Wachtelgehege wiesen immer noch eine minimalistische Fläche auf. Bei den draussen platzierten Kaninchenställen sowie dem Angorakaninchen wäre ein grosszügigeres Platzangebot ebenfalls vorteilhaft gewesen. • Der Kükenschaukasten war wie bereits letztes Jahr überbelegt, hier wurden die Vorgaben der Tierschutzverordnung nicht erfüllt. Auch fehlte ein Rückzug für die Küken. • Rückzug fehlte auch in einem Gehege, welches eine Henne und ihre Küken beherbergte. Ein sichtgeschütztes Nest, in das sich die Henne mit ihren Küken zurückziehen kann, wäre notwendig gewesen.
Die Besucher konnten die Ferkel ungehindert berühren, sogar in den Rückzugsbereich hineinfassen.
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Eine einzige Kiste als erhöhte Fläche und Klettermöglichkeit für die Ziegen reicht nicht aus.
134 Dem Angorakaninchen fehlte ein abgedunkelter Rückzugsbereich.
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Gruppenhaltung bei den Kaninchen in der Freiflughalle, jedoch mit ungenügenden Rückzugsmöglichkeiten.
Ritt durch die Stallgasse.
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Dieses Tier konnte kaum herausgeführt werden, da die Besucher die Box umringten.
V. Fazit Die Ausstellungsverantwortlichen haben im Vorfeld in den Medien kommuniziert, dass sie die Kritiken des Schweizer Tierschutz STS konstruktiv aufnehmen und versuchen werden, Verbesserungen vorzunehmen. Deswegen stellten sie den Schweinen in der Gruppenhaltung in diesem Jahr wieder einen Platz zum Suhlen zur Verfügung. Weiter wurden die Ferkel in der Arena nicht mehr an Besucher herumgereicht, was der STS im Vorjahr bemängelte. Die meisten Kühe in Anbindehaltung konnten von den Besuchern nicht berührt werden, auch hier hebt sich die BEA von anderen Tierausstellungen ab. Das Alpaka-Gehege präsentierte sich grosszügig und tierfreundlich. Es verfügte über einen grossen, kaum einsehbaren Rückzugsbereich. Gewisse Tierhaltungen zeigten aber leider keine Optimierung: Zum Beispiel war die Muttersau mit ihren Ferkeln weiterhin stark exponiert und die Ferkel konnten von den Besuchern auch im Rückzugsbereich jederzeit berührt werden. Der STS rät hier für die BEA 2018 dringend zu einer Verbesserung! Beim Streichelzoo konnte zwar beobachtet werden, dass ab und zu Messemitarbeiter vorbeischauten, weiterhin gab es aber keine permanente Überwachung der Streichelzone. Dies führte dazu, dass sich diese schnell in einen Kinderspielplatz ohne Spielregeln verwandelte. Bei zwei von drei Ziegengehegen mangelte es an erhöhten Flächen und Klettermöglichkeiten. Vormittags waren die Ausläufe ins Freie für Schafe und Ziegen unerklärlicherweise geschlossen, dies trotz trockener Witterung. Am Nachmittag wurde den Kühen in Gruppenhaltung der Auslauf verwehrt. Nicht alle scheuen Tierarten hatten ausreichende und/oder geeignete Rückzugsmöglichkeiten (u. a. AngoraKaninchen, Henne und Küken).
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Trotz mehrerer Kritikpunkte ist die BEA in einigen Bereichen anderen Tierausstellungen eine Nasenlänge voraus, vor allem was die teilweise sehr tierfreundlich ausgestatteten Gruppenhaltungen, die grosszügigen Nutztiergehege sowie die Absperrungen der (meisten) Milchkühe betrifft. Viele Tierarten wie beispielsweise die Schweine in Gruppenhaltung, die Zwergziegen, die Vögel in der Freiflughalle und die Alpakas hatten grosszügige Gehege mit Beschäftigungs- und Rückzugsmöglichkeiten. Die Ausstellungstiere wurden sauber, gepflegt und bei guter Gesundheit präsentiert. Dass bis auf wenige Ausnahmen keine Einzelhaltungen gezeigt wurden, ist aus Sicht des Tierschutzes lobenswert. Der Schweizer Tierschutz STS wendet sich nicht grundsätzlich gegen Tierausstellungen, sondern findet diese pädagogisch wertvoll, sofern die Tierhaltungen vorbildlich sind und den Besuchern aufzeigen, welche Bedürfnisse die verschiedenen Tierarten haben und wie man diesen Rechnung trägt. Würde die BEA im 2018 die noch bestehenden Mängel beheben, könnte sie sich zu einer Vorzeige-Tierausstellung entwickeln.
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HIGA CHUR
HIGA Chur 20. bis 27. Mai 2017, besucht am 21. Mai 2017
I. Allgemeines Allgemeine Hinweise zur Messe
Die 61. HIGA in der Stadthalle Chur präsentierte sich mit rund 200 Ausstellern und wies eine Besucherzahl von ca. 50 000 Besucherinnen und Besucher auf. Jedes Jahr finden Sonderschauen statt, eine jeweils zum Thema Tiere. In diesem Jahr stellte man Kind und Bauernhof in den Vordergrund: Kinder sollten in «Natura» erleben, was es heisst, einen Bauernhof zu führen. Neben den landwirtschaftlichen Arbeiten mit Maschinen zeigte man die Haltung von Nutztieren im Stall. Veranstalter dieser Sonderschau war das Amt für Landwirtschaft und Geoinformation (ALG) Graubünden. Als Tagesprogramm(e) bot man den Besuchern vom 20. – 21. Mai eine Katzenausstellung: Die 63. Internationale Rassekatzenausstellung der Rassekatzen-Vereinigung Ostschweiz RKVO. Hier durften sich auch die Besucher als Preisrichter versuchen und mittels Wettbewerb den Publikumsliebling der HIGA 2017 wählen.
Hinweise zur Tierhaltung
Die Nutztiere der Sonderschau «Kinderbauernhof» befanden sich in der kleineren Halle neben dem Aussengelände. Ausgestellt wurde eine Milchkuh, mehrere Schafe und Ziegen. Alle ausgestellten Tiere machten einen entspannten Eindruck (fressen, wiederkäuen, liegen mit ruhiger Atmung). Die Milchkuh befand sich alleine in Anbindehaltung. Sie hatte Wasser und Heu zur Verfügung. Es gab keinerlei Absperrungen zur Kuh, so dass sie von den Besuchern von drei Seiten her permanent berührt werden konnte. Direkt neben der Milchkuh befanden sich in einem Gehege mit ca. 6 m2 Fläche die Schafe, angrenzend war ein etwa gleichgrosses Ziegengehege. Futter und Wasser stellte man den Tieren zur Verfügung. Aufgrund der geringen Gehegegrössen, konnten sich die Tiere von den Berührungen der Besucher kaum zurückziehen. Zudem waren keine Beschäftigungsmöglichkeiten für die Tiere vorhanden. Im Ziegengehege wäre u. a. eine Klettermöglichkeit begrüssenswert gewesen. Für die Katzenausstellung wählte der Veranstalter aus unserer Sicht eine sehr ungünstige Stelle in der Haupthalle aus: Alle Besucher und Besucherinnen mussten gezwungenermassen durch die gesamte Ausstellung spazieren, somit auch durch die Katzenausstellung. Zudem war der vorgegebene Weg in Anbetracht des Besucherstroms relativ eng. Die vielen Besucher zwängten sich in der Folge massenweise hindurch, man musste teilweise sogar anstehen.
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Menschenmasse bei der Katzenausstellung. Es war laut und unübersichtlich. Das Gedränge vor den ausgestellten Katzen war für die Tiere bedrohlich und belastend. Die Züchter präsentierten ihre Katzen in für Katzenausstellungen typischen kleinen Standardkäfigen. Futter, Wasser und Katzentoiletten waren in der Mehrzahl der gesichteten Käfige vorhanden. Manchen Katzen stand eine Rückzugsmöglichkeit zur Verfügung, beispielsweise in Form einer kleinen Stoffhütte. Andere durften sich hinter einem teilweise zugezogenen Vorhang verstecken. Für den Grossteil der Katzen waren jedoch keine Rückzugsmöglichkeiten vorhanden. Ausgestellt wurden auch Katzen mit extremen Zuchtmerkmalen. Eine stark brachycephale Katze mit extrem flacher Nase und konkaver Gesichtsfläche, fiel besonders negativ auf (vgl. Bild Seite 5). Auch sie wurde am Besuchstag von den Richtern beurteilt. Stark brachycephale Katzen sind häufig mit gesundheitlichen Einschränkungen wie beispielsweise Atemwegsproblemen und Gebissanomalien belastet. Tiere mit solch stark ausgeprägten Extremzuchtmerkmalen dürfen seit 2014 gemäss der Verordnung Tierschutz beim Züchten nicht für die Zucht eingesetzt werden, dürften demnach an einer Ausstellung auch nicht prämiert werden. Gegen Ende der Katzenausstellung gab es einen Bereich in dem die Katzen prämiert wurden. Auch hier hatten die Besucher freien Zutritt, dies wurde auch rege genutzt. So umringten sie die Richtertische, auf denen die Katzen den Richtern vorgeführt wurden. Eine Richterin wies die Aussteller darauf hin, dass es nicht gut sei, wenn die BesucherInnen sich so nah rund um den Tisch versammeln konnten. Niemand griff jedoch ein. In diesem Bereich standen kleinere Käfige ohne Strukturierung gegen die Wand, hier warteten die Tiere auf die Prämierung. Zwar war ein Sichtschutz zwischen den einzelnen Käfigen für die Katzen vorhanden, es wurden aber trotzdem Auseinandersetzungen beobachtet. Die Besucher konnten direkt vor diesen Käfigen stehen und die ungeschützten Tiere aus nächster Nähe beobachten. Hier wirkten die Katzen besonders gestresst. Sie liefen nervös hin und her.
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HIGA CHUR
II. Was uns seitens Tierschutz an der Ausstellung gefallen hat • In der Halle der Sonderschau «Kinderbauernhof» waren Aufsichtspersonen vor Ort. Es war ruhig und nicht von Besuchern überfüllt. Die Tiere schienen mehr oder weniger entspannt. Die Schafe und Ziegen standen teilweise direkt am Gehegerand und liessen sich freiwillig streicheln. Die Grundsatzidee, dass Kinder einen Einblick in das Leben eines Bauern/einer Bäuerin erhalten sollen, ist durchaus begrüssenswert. An der Umsetzung gibt es jedoch seitens Tierschutz klare Verbesserungsvorschläge. • Bei den Katzen gab es einige wenige tierfreundliche Beispiele mit Rückzugsmöglichkeiten, beispielsweise Käfige mit teils zugezogenen Vorhängen. Dadurch konnten sich diese Katzen von den Blicken der vielen BesucherInnen zurückziehen.
III. Was uns seitens Tierschutz an der Ausstellung nicht gefallen hat • Die Milchkuh in der Sonderausstellung wurde alleine und angebunden präsentiert. Der Schweizer Tierschutz STS beurteilt diese Haltung weder als zeitgemäss noch als tiergerecht. Gerade weil die Sonderschau pädagogischen Zwecken dienen sollte, wäre ein Laufstall mit mehreren Tieren inklusive Beschäftigungsmöglichkeiten moderner und tierfreundlicher gewesen. Und somit ein gutes Beispiel für Kinder, welche den Bauernberuf in Zukunft als Lebensmodell in Erwägung ziehen. Die Platzverhältnisse in der Halle hätten zugunsten des Tierwohls optimaler eingeteilt werden können (z. B. mehr Platz durch Reduktion der Spielstelle mit Bauernhoffahrzeugen). • Ebenfalls wäre auch bei den Ziegen und Schafen ein tierfreundlicheres Gehege angebracht gewesen. Weder Rückzugs- noch Beschäftigungsmöglichkeiten wurden geboten. Bei den Ziegen gab es zwar eine leicht erhöhte Fläche, diese diente jedoch nicht zum Klettern. Der STS ist der Meinung, dass die Beobachtung von Nutztieren in einem Gehege, das den Bedürfnissen der Tiere entspricht, für die Besucher, insbesondere für Kinder, wertvoller gewesen wäre. • Ebenfalls nicht optimal war die Tatsache, dass alle Nutztiere von den Besuchern von vielen Seiten berührt werden konnten. Die Milchkuh konnte sich vor den Berührungen gar nicht zurückziehen. • An der Katzenausstellung missfiel die Platzierung der Käfige auf dem engen Rundweg. Es waren viel zu viele Besucher auf einmal, die sich um die Tiere drängten.
140 Die Züchterinnen und Züchter mussten die Katzen an den Besuchern vorbeischleusen.
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• Viele der Käfige wiesen keine Rückzugsmöglichkeiten auf. Diese wären für die Tiere jedoch wichtig, damit sie sich aus dem Sichtfeld der Besucher und Nachbarskatzen entziehen und zur Ruhe kommen können.
Keine Rückzugsmöglichkeiten.
Katzen liegen normalerweise nicht in der eigenen Toilette.
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• Man präsentierte und prämierte Katzen mit extremen Zuchtmerkmalen. Es ist aus Sicht des STS nicht nachvollziehbar und nachlässig, dass trotz neuer Extremzuchtverordnung noch immer Katzen von RichterInnen prämiert und zur Zucht zugelassen werden, die deutliche gesundheitliche Beeinträchtigungen aufweisen.
Die unnatürlich breite und kurze Kopfform mit extrem flacher Nase verursacht meist Probleme bei der Atmung, der Zahnstellung und häufig auch bei den Geburten. • An einigen anderen Katzenausstellungen findet die Prämierung immerhin zwischenzeitlich in für die BesucherInnen unzugänglichen Bereichen statt. An der HIGA, exponierte man die Katzen während der Wartezeit und Bewertung durch die Richterinnen und Richter zu stark. Das war für die Tiere teilweise sehr belastend.
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Auch im Prämierungsbereich befanden sich zahlreiche Besucher.
Die Tiere wurden umringt und fotografiert.
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Warte- und Prämierungszone.
IV. Fazit Der Schweizer Tierschutz STS wendet sich nicht grundsätzlich gegen Tierausstellungen. Denn diese erfüllen durchaus ihren pädagogischen Zweck, sofern den Besuchern eine vorbildliche und tierfreundliche Haltung präsentiert wird. Die Nutztiere der Sonderschau waren zwar ruhig und zutraulich, vorbildlich und zeitgemäss waren die Gehege jedoch nicht und erfüllten somit aus Tierschutzsicht ihren pädagogischen Zweck nicht. Es fehlten in den meisten Bereichen ausreichend Platz, Rückzugs- und Beschäftigungsmöglichkeiten. Bei den Ziegen fehlte eine Klettermöglichkeit. Die Milchkuh war alleine und musste die gesamte Ausstellungszeit – vermutlich also mehr als sieben Tage – angebunden verbringen. Der STS beurteilt jedes Jahr verschiedene Katzenausstellungen. Die häufigsten Kritikpunkte sind das Zurechtmachen der Katzen, das Mitführen von Tieren, welche der Ausstellungssituation nervlich nicht gewachsen sind und die mangelnden Einrichtungen der Käfige (fehlende Rückzugs- und Liegemöglichkeiten, Katzenkistchen, Sichtschutz und Trinkgelegenheiten). An der HIGA in Chur war die Situation für die Katzen aus unserer Sicht besonders ungünstig: Die BesucherInnen mussten via vorgegebenem Messeweg ausnahmslos durch die Katzenausstellung, freiwillig oder unfreiwillig. So gab es ein grosses Gedränge um die Katzenkäfige, welche teilweise nicht einmal einen Rückzug für die Katzen boten. Der STS fordert die Organisatoren und Ausstellungsverantwortlichen auf, bei Tierausstellungen darauf zu achten, die Käfige besser zu platzieren. Die Route der BesucherInnen sollte grosszügig gestaltet sein, damit sie nicht so nahe an den Käfigen vorbeilaufen müssen. Für die Tiere ist dies stark belastend, weil sie nicht ausweichen und sich zurückziehen können. Des Weiteren sollte grundsätzlich auf eine tierfreundliche Präsentation geachtet werden: Ruhe- und Rückzugsmöglichkeiten, Beschäftigung, gesunde Zuchttiere und eine für Besucher unzugängliche Prämierungszone müssten minimale Voraussetzungen werden. Die HIGA wüsste eigentlich wie das geht: Im Jahr 2015 sprach der STS viel Lob für die präsentierte Freiflug- und Kleintierhalle aus.
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INTERNATIONALE HUNDEAUSSTELLUNG AARAU
Internationale Hundeausstellung Aarau 24. und 25. Juni 2017, besucht am 24. Juni 2017
I. Allgemeines Die 7. Internationale Hundeausstellung in Aarau fand unter freiem Himmel auf dem Gelände der Pferderennbahn Schachen statt. Organisiert wurde die Ausstellung von der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft SKG, das CAC/CACIB wurde für alle Rassen vergeben. Rund 3220 Hunde wurden von Rasse-Richtern aus 15 europäischen Ländern bewertet. Trotz bedecktem Himmel wurden am Samstagnachmittag Temperaturen von über 27 Grad Celsius gemessen. Die meisten Aussteller wählten ein Zelt als Witterungsschutz für den Aufenthalt und die Unterbringung ihrer Hunde. Leider bezogen aber nicht alle Aussteller solche Zelte, einige platzierten die Hundeboxen direkt um den jeweiligen Richterring. Dort stand nur den Richtern ein Schattenplatz zur Verfügung.
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INTERNATIONALE HUNDEAUSSTELLUNG AARAU
Auf der Wiese befanden sich Zelte und Richterringe, auf dem betonierten Bereich platzierte man die Verkaufsstände. Die Hunde waren mehrheitlich entweder angebunden oder in Boxen und offenen Gehegen innerhalb der Zelte untergebracht. Aussteller, die kein Zelt hatten platzierten die Tiere unter freiem Himmel und deckten die Boxen teilweise mit Tüchern ab, was wohl die Sonne etwas fernhielt, dafür aber die Luftzirkulation deutlich reduzierte.
146 Tiere und Aussteller unter dem Pavillon bzw. im Zelt.
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INTERNATIONALE HUNDEAUSSTELLUNG AARAU
Im Programmheft wies man darauf hin, dass die Hunde das Gelände nicht vor 16 Uhr verlassen durften. In der Regel mussten sie also mindestens von 9 Uhr bis 16 Uhr auf dem Gelände bleiben, was sich für viele Tiere in Anbetracht der warmen Temperaturen und fehlenden Schutzmöglichkeiten als Belastung herausstellte. Ausserdem wies die SKG im Ausstellungskatalog (wie auch bereits bei der Anmeldung zur Ausstellung) darauf hin, dass für das Zurechtmachen der Hunde nur Kämmen und Bürsten erlaubt ist. Das Sprayen, Wickeln und Einflechten der Haare während der Ausstellung war untersagt. Auch sogenannte Galgen durften für die Fixation der Tiere nicht eingesetzt werden. An den Richterringen platzierte man zudem deutliche Hinweise, dass die Anwendung von Würgehalsbändern und Zugleinen ohne Stoppvorrichtung untersagt ist. Ab 7.30 Uhr konnten die Züchter und Hunde das Gelände betreten. Die Hunde kamen entweder «zu Fuss» an der Leine oder wurden von den Besitzern über weite Strecken in Käfigen und Transportvehikeln zum Gelände gerollt.
Manchen Hunden war der Spaziergang zur Ausstellung nicht vergönnt – sie wurden den ganzen Weg in ihren Käfigen und Transportvehikeln hingerollt. Die Eingangskontrolle wurde von einer Tierärztin durchgeführt, die in einigen Fällen auch in Hundeboxen schaute. Teilweise mussten die AusstellerInnen die Ausweise ihrer Hunde vorweisen.
II. Was uns seitens Tierschutz an der Ausstellung gefallen hat • Im Gegensatz zu Ausstellungen, die in Hallen stattfinden, konnten die Hunde in Aarau durch die Weitläufigkeit des Geländes mit ausreichend Abstand zueinander platziert werden. Der Sichtschutz und Rückzug war in vielen Fällen gewährleistet. Bei Begegnungen konnten sich die Tiere gut ausweichen. Der STS beobachtete nur wenige Auseinandersetzungen zwischen den Hunden. • Die Hygiene konnte als sehr positiv gewertet werden, die Hunde verrichteten ihr Geschäft mehrheitlich auf den grossen freistehenden Wiesen und die Hundehalter sorgten vorbildlich für die Entsorgung des Hundekotes. • Die Zelte boten den Hunden Witterungsschutz und Rückzug.
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Viele Hunde wurden in Gehegen in Zelten untergebracht. Das bot ihnen häufig mehr Platz, Rückzug und Schatten. • Es gab Hundehalter, die ihren Tieren grössere Gehege zur Verfügung stellten, teilweise das ganze Zelt plus Aussenbereich. Andere lagen mit den Tieren zusammen im Zelt und streichelten und versorgten sie. Am Nachmittag konnte beobachtet werden wie ein Hund aufgrund der Hitze mit kühlenden Tüchern versorgt wurde.
148 Einigen Tieren wurde viel Platz und Schatten gegönnt.
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Entspannt neben ihren Haltern ruhende Salukis.
Am Nachmittag wurde es w채rmer. Diese Halter k체hlten ihr Tier mit T체chern und einem K체hlmantel.
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Diese Halterin verbrachte die freie Zeit mit ihrem Tier.
Entspanntes Duo – diese zwei Hunde konnten offensichtlich ihren Freiraum an der IHA Aarau
150 geniessen.
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III. Was uns seitens Tierschutz an der Ausstellung nicht gefallen hat • Viele Hundebesitzer führten ihre Hunde mit Zugleine ohne Stoppvorrichtung oder mit Stopp, aber sehr eng zugezogen, ohne von der Kontrollperson am Eingang auf ein Verbot von Würgeund Zughalsbändern ohne Stopp hingewiesen worden zu sein, in den Ausstellungsbereich. Im Verlauf des Morgens gab es keine weiteren Eingangskontrollen mehr, obwohl einige AusstellerInnen erst später mit ihren Hunden erschienen.
Eingangskontrolle am Morgen – viele Hunde wurden mit engen, würgenden Zughalsbändern und -leinen kommentarlos hereingelassen.
Manche Hunde wurden mit Führhilfen unter Kontrolle gehalten.
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• Dem STS fiel auf, dass man vermehrt Hunde mit Kopfhalfter auf das Gelände führte, weil sie vermutlich nur so unter Kontrolle gehalten werden konnten. Solche Führhilfen sollten jedoch nur eine vorübergehende Hilfe im Training sein und dienen nicht zur ständigen Anwendung. Die Haltis wirken Druck auf die Nase und den Nacken aus, der Hund kann sich dadurch beim Ziehen und Springen verletzen. • An der Ausstellung gab es etliche Verkaufsstände. An mehreren wurden Zughalsbänder und -leinen (auch ohne Stoppvorrichtung) sowie diverse Stylingprodukte angeboten und verkauft. In einem Fall konnte beobachtet werden, wie sich eine Ausstellerin über die Anwendung verschiedener Sprays beraten liess, mit der Begründung, sie wolle ihren Hund vor dem Richten noch etwas zurechtmachen.
An den Ständen konnten Zughalsbänder und -leinen ohne Stopp gekauft werden. Diese sind gemäss Tierschutzverordnung in der Anwendung explizit verboten.
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Eine grosse Auswahl an Sprays fand der STS bei den Verkaufsständen vor.
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• Unterbringung: Ausgestrecktes Liegen, was Hunden bei hohen Temperaturen und Hitze die Wärmeabgabe wesentlich erleichtert, war in den meist viel zu kleinen bzw. mehrfach belegten Boxen häufig gar nicht möglich. Die selbst bei warmen Temperaturen vergleichsweise kühl bleibende Wiese wurde für die natürliche Bodenkühlung kaum genutzt.
Dem Husky links vom Zelt stand kein Schatten zur Verfügung.
In der abgedeckten Boxe konnte die Luft nicht mehr ausreichend zirkulieren. • Manchen Tieren, welche sich ausserhalb der Zelte befanden, wurde gar kein Schatten zusgestanden. Anderen Hunden in Käfigen oder Boxen spendete man mit Tüchern Schatten, dafür konnte aber die Luft nicht mehr ausreichend zirkulieren.
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• Manche Hunde konnten in ihren Käfigen kaum aufrecht stehen, geschweige denn sitzen, sich umdrehen oder ausgestreckt liegen.
Deutlich zu enge Transporttasche für die Unterbringung dieser beiden Hunde.
Die häufig sehr hitzeempfindlichen Englischen Bulldoggen in einem zu kleinen Käfig. Es war den
154 beiden Tieren nicht möglich, sich gleichzeitig hinzulegen.
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• Herrichten der Hunde: Gut sichtbar auf der Wiese des Ausstellungsgeländes befand sich ein Tisch mit einem Galgen, an dem ein Hund zurechtgemacht und auch gesprayt wurde. Obwohl kaum zu übersehen, schien niemand einzugreifen, auch nicht die Kontrolleure.
Der Lagotto Romagnolo wurde verbotenerweise am Galgen zurechtgemacht.
Er wurde auch eingesprayt, was ebenfalls explizit verboten ist.
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Auch das Zurechtmachen mit der Schere war an der Ausstellung nicht erlaubt.
Es gab aber auch «menschliche Galgen». Hier fixierte eine Helferin den Kopf des Hundes, in
156 dem sie ihn an Halsband und Leine hochwürgte.
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Bei zugezogenem Zelt konnte man die Hunde gänzlich unbeobachtet und ungestört zurechtmachen. • Das an Hundeausstellungen bekannte Bild von übermässig zurechtgemachten Hunden mit eingeflochtenen Haaren, Spangen und Schleifchen, sowie Behandlungen mit Sprays und Puder, dominierte auch in Aarau:
Spängeli, Spray, ausharren, ruhig liegen, etc. – viele Hunde, wie auch diese beiden, mussten das Prozedere für längere Zeit über sich ergehen lassen.
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Dieser Malteser wurde mindestens fünfzehn Minuten lang zurechtgemacht und wirkte deutlich belastet. Zudem stören die langen Haare das natürliche Verhalten des Hundes.
Gewisse Hunde lagen beinahe regungslos auf dem Frisiertisch. Sie hatten aufgegeben und
158 wehrten sich nicht mehr gegen das langwierige und unangenehme Stylen.
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Hier wurde ungeniert trotz Verbot mit der Schere nochmals nachgebessert. • Einigen langhaarigen Hunden mit Hängeohren wurde ein Ohrenschutz übergezogen, damit die bereits frisierten und gestylten Haare an den Ohren nicht wieder verschmutzt oder zerzaust werden. Die Hunde fühlten sich mit dem Ohrenschutz nicht wohl – das war deutlich zu erkennen. Darüber hinaus waren sie auch in ihrem Ausdrucksverhalten einschränkt und wegen der fehlenden Luftzirkulation sowie den hohen Temperaturen zusätzlich belastet.
Der einschränkende und warme Ohrenschutz belastete die betroffenen Hunde, hier ein Afghane.
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• Im Ring: In den Vorführringen gab es keinen Schatten für die Hunde. Da der Himmel am Besuchstag bedeckt war, wurde die Temperatur mit etwa 27 Grad Celsius als knapp erträglich eingestuft, wobei die vielfach mit Atemwegsproblemen herangezüchteten Rassen, wie beispielsweise Englische Bulldoggen und Möpse, bereits deutlich Schwierigkeiten bei der Atmung aufwiesen. Auch grosse, schwere Hunderassen mit langem, dichtem Fell, wie beispielsweise Leonberger oder Huskys hatten mit den Wetterbedingungen vor Ort zu kämpfen.
Vorführung im Richterring – es gab grösstenteils keinen ausreichenden Witterungsschutz für die Hunde. • Im Ring: Der STS konnte bei den Vorführungen beobachten, dass eine Vielzahl der Hunde im Ring unsanft herumgezerrt und gewürgt wurde. Leider sahen sich die RichterInnen offenbar nicht veranlasst, entsprechend einzugreifen.
Die Hunde wurden vielfach rücksichtslos mit den Zugleinen nach oben gezerrt. Obwohl viele Leinen und Halsbänder Stoppvorrichtungen hatten, wurde diese so eng angelegt und festgezogen, dass kaum ein Hund bei der Vorführung nicht gewürgt worden war. Hier am Beispiel der Nackt160 hunde, die aufgrund des fehlenden Felles u. a. auch noch Probleme mit der UV-Strahlung haben.
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Dieser Glatthaar-Foxterrier wurde im Ring durch Hochziehen an der Leine gewürgt.
Hochreissen des Kopfes mit Würgen und Handgriff im Anogenitalbereich des Hundes während der Bewertung durch die Richterin. Das Verhalten wurde nicht beanstandet.
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Das Würgen bei der Vorführung wurde von den meisten Ausstellern unbeanstandet praktiziert. • Obwohl Würgehalsbänder und -leinen in der Anwendung gesetzlich verboten sind, fand sie der STS an der Ausstellung in Aarau bei etlichen Hunden vor. Eine Vielzahl der Hunde wurde an Zugleinen mit Stopp vorgeführt. Das wäre theoretisch gesetzeskonform. Nur wurden die Stoppringe grösstenteils so eng gesetzt, dass die Hunde gewürgt wurden konnten. Wir konnten nicht beobachten, dass die Verantwortlichen der Hundeausstellung und die RichterInnen eingegriffen, weder bei den «echten» Würgern noch bei den falsch eingestellten Leinen mit Stopp. Hier wünscht sich der STS ein konsequenteres Vorgehen von den Ausstellungsverantwortlichen und RichterInnen.
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Dieser Labrador hatte einen Stoppring an der Zugleine. Dieser war aber so angebracht, dass der Hund bei Zug auf die Leine gewürgt wurde. Eine solche Vorgehensweise hebelt das gesetzliche Verbot in der Tierschutzverordnung aus.
An jedem Ring gab es einen Hinweis, dass in der Schweiz die Anwendung von Zughalsbändern und -leinen ohne Stopp verboten ist. Gewürgt wurde aber trotzdem.
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Hier sieht man eine Dogge, welche direkt neben dem Schild gehalten wurde und mit einer Zugleine ohne Stopp ausgerüstet war. • Viele der Hunde zeigten im Ring Anzeichen von Angst und Nervosität. Sie hechelten stark, versuchten auszuweichen, wollten sich ständig hinlegen und zogen die Rute stark ein. Manche Hundehalter wurden teils sehr grob, wenn der Hund sich nicht ihren Vorstellungen entsprechend verhielt.
164 Dieser Hund war sichtlich verängstigt, konnte aber nicht entweichen.
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Auch hier zeigte der Windhund deutliche Anzeichen von Angst: Der Schwanz war eingezogen und der Hund weigerte sich, zum Richtertisch zu gehen.
Ein Dogo Argentino bei der Bewertung im Ring. Die Abbildung zeigt die angespannte Situation: Der Halter wĂźrgte den Hund und stellte sich so hin, als ob er jederzeit mit einem Vorpreschen seines Hundes rechnete.
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Derselbe Halter im Ring. Der Hund wurde stark gewürgt. Zudem stand der Halter mit dem Fuss auf seiner rechten Hinterpfote.
Die Körpersprache des Ausstellers ist offensichtlich nicht entspannt und der Hund wurde stark
166 gewürgt, um ihn in dieser Position zu halten.
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Dieser Windhundrüde hatte im Ring grosse Angst und wollte sich ständig hinlegen. Er war völlig verschreckt und desorientiert und wurde von seiner Halterin gewürgt. Der ausgeschachtete Penis, die stark eingezogene Rute und die eng angelegten, nach hinten gerichteten Ohren zeigen deutlich, wie stark belastet dieser Hund war. • Extreme Zuchtmerkmale: An der Hundeausstellung in Aarau wurden einige problematische Rassen mit extremen Zuchtmerkmalen präsentiert. Dazu gehörten beispielsweise die Nackthunde aufgrund ihrer Haarlosigkeit, die extreme Hautfaltenbildung etwa beim Mastino Napoletano, die ausgeprägte Kurzschnäuzig- und Schwanzlosigkeit der Bulldoggen sowie starke Hängelider z. B. beim Basset Hound. Die Selektion auf immer stärker ausgeprägte Rassemerkmale bleibt in vielen Fällen für die Hunde nicht ohne gesundheitliche Folgen, was auch an dieser Ausstellung erneut festgestellt werden konnte. Schwer atmende Bulldoggen mit deutlichen Atemgeräuschen etwa, die bereits am Morgen unter den Temperaturen litten. Kaum auszudenken, wie es ihnen ergangen wäre, wenn der Himmel an diesem Wochenende nicht bedeckt gewesen wäre und die Temperaturen weiter gestiegen wären (wie der Wetterbericht eigentlich voraussagte). Im Gegensatz zu den kompakten Hunderassen wurde bei den Deutschen Doggen und den Windhunden mindestens ein deutlich zu dünnes Tier präsentiert.
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Basset Hound mit extrem hängenden Augenlidern.
Diese Englischen Bulldoggen hatten kaum Platz um nebeneinander liegen zu können und bereits am Morgen hechelten sie stark. Eine der Bulldoggen war bereits 10 Jahre alt, was für die Rasse bereits ein recht hohes Alter ist. Trotzdem wurden ihr, mit 27 kg (!) Körpergewicht, die 168 Ausstellungs-Strapazen noch einmal zugemutet.
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Hier sieht man die deutlich herangezüchtete Abflachung des Schädels mit extrem kurzer Schnauze und vielen Gesichtsfalten. Derart brachycephale Tiere leiden häufig an Atemwegsproblemen.
Auch dieser Mops hatte Atemprobleme, hechelte stark mit deutlich hörbaren Atemgeräuschen. Sein Ohr wurde zudem mit einem Tape in einer zusammengefalteten Stellung fixiert, wahrscheinlich damit es für die Vorführung in die gewünschte Position gebracht werden konnte.
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Malteser mit überlangen Haaren. Normales Bewegungs- und Ausdrucksverhalten ist solchen Tieren nicht mehr möglich. • Als problematischen Trend, der bereits an anderen Ausstellungen beobachtet werden konnte, sind die Idealvorstellungen der Richter bezüglich des Gewichtes bei einigen Rassen zu nennen. So konnte beobachtet werden, wie bei einem Glatthaar-Foxterrier mit Normalgewicht (siehe Abbildung) vom Richter bemängelt wurde, dass dieser zu wenig auf den Rippen habe. Im Gegensatz dazu wurden einige Windhunde sehr positiv bewertet, die, auch wenn man die natürliche Schlankheit der Windhunde in Betracht zieht, deutlich zu dünn waren (siehe Abbildung Seite. 27).
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Dieser Glatthaar-Foxterrier wurde von den Richtern als zu d체nn eingestuft und daher nicht in die n채chste Runde gew채hlt.
Deutlich zu d체nner Windhund, der von den Richtern aber positiv bewertet wurde.
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INTERNATIONALE HUNDEAUSSTELLUNG AARAU
IV. Fazit Eine Ausstellung unter freiem Himmel bietet den Hunden mehr Platz und somit auch ausreichend Individualdistanz und Rückzug voneinander, was weniger Belastung für die Hunde bedeutet. Das grosse Gelände bot die Möglichkeit, mit den Hunden Spaziergänge zu unternehmen und hatte zudem einen positiven Einfluss auf die hygienischen Bedingungen an der Ausstellung (z. B. weniger Kot- und Uringestank). Allerdings waren die Temperaturen für einen Grossteil der Hunde mit 27 Grad Celsius zu hoch – darunter litten besonders diejenigen Hunderassen, welche wegen Überzüchtung ohnehin häufig mit Atemwegsproblemen zu kämpfen haben, wie zum Beispiel Möpse und Bulldoggen, oder die viel Fell und lange Haare aufweisen, wie beispielsweise Huskys, Chow Chows, Bernhardiner und Leonberger. Im Richterring gab es keinerlei Schatten für die Tiere, was eine zusätzliche Belastung darstellte. Hier stellte sich für den STS auch die Frage, wie die Aussteller und Organisatoren wohl auf noch höhere Temperaturen reagiert hätten? Denn diese hätten für manche Hunde gar lebensgefährlich werden können. Bei Ausstellungen im Freien sollten Aussteller bereits mit der Anmeldung auf den benötigten Witterungsschutz aufmerksam gemacht werden und Kontrolleure sollten ihr Augenmerk während der Ausstellung vermehrt darauf richten. Der vielfach wenig tierfreundliche Umgang durch die HalterInnen an der Hundeausstellung in Aarau (Einsatz von Galgen, Scheren, Sprayen, Einflechten, Würgen, Zerren etc.) zeigte klar, dass Ehrgeiz und Zuchterfolg häufig über das Tierwohl gestellt werden. Weder RichterInnen noch Ausstellungsverantwortliche sprachen aber hierfür Verwarnungen oder Ausschlüsse aus, so unsere Beobachtungen. Für den STS ist es schwer nachvollziehbar, weshalb die Verstösse gegen das Ausstellungsreglement und die Tierschutzverordnung seitens der Organisatoren vielfach ignoriert wurden – begann die Nichtbeachtung der Bestimmungen doch bereits beim Einlass von Hunden mit den deutlich erkennbaren Zugleinen und Halsbändern ohne Stoppvorrichtungen! Der Schweizer Tierschutz STS fordert von den RichterInnen ein konsequentes Durchgreifen: Die Leitlinie «NO POWDER, NO SPRAY, NO PROBLEM» sowie das verbotene Würgen mit Zughalsbändern und Showleinen müssen auch am und im Ring Beachtung finden und entsprechend sanktioniert werden. Zudem dürfen Hunde, welche offensichtliche gesundheitsbeeinträchtigende Zuchtmerkmale mitbringen, über- oder untergewichtig sind oder Problemverhalten zeigen, aus Sicht des Tierschutzes und im Sinne der Verordnung «Tierschutz beim Züchten» nicht prämiert werden. Sie müssten im Gegenteil zurückgestellt und/oder disqualifiziert werden.
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INTERNATIONALE HUNDEAUSSTELLUNG KREUZLINGEN
Internationale Hundeausstellung Kreuzlingen 5. und 6. August 2017, besucht am 6. August 2017
Zu kleiner Käfig für die drei Welsh Corgies: Sitzen geht – liegen nicht – Individualabstand fehlt gänzlich.
I. Allgemeines Die von der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft (SKG) zum 3. Mal organisierte internationale Hundeausstellung fand in Kreuzlingen in der Bodensee-Arena sowie in der benachbarten Tennishalle und auf dem gedeckten Eisfeld statt. Es wurden rund 1500 Hunde von mehr als 220 verschiedenen Rassen ausgestellt und richterlich bewertet. In Kreuzlingen ging es auch um die Anwartschaften für die Alpenchampion-Titel sowie um die Qualifikation für die Crufts, die grösste Hundeausstellung der Welt, die jährlich in Birmingham stattfindet. Die Hallentemperaturen bewegten sich – ausser in der Tennishalle, die deutlich wärmer war – in einem für die Hunde angenehmen Bereich zwischen 19 und 22 °C. Einzig im Ehrenring in der Eishalle waren die Temperaturen am Nachmittag in Bodennähe mit ca. 14,5 °C zu kühl. Dies lag daran, dass die Ausstellung aufgrund einer Terminverschiebung zu einem Zeitpunkt stattfand, an dem bereits eine Eisfläche auf der Halle war. Trotz einer Abdeckung war der Boden deshalb kalt und auch feucht bzw. nass. Einige Hunde wollten daher nur ungern absitzen oder sich auf dem Boden hinlegen. Selbst die Unterlagen wurden schnell feucht und dann kalt.
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Nasser Hallenboden. Die Lautstärke in den Hallen lag zwischen 70 und 80 Dezibel, was für Hunde als tolerierbar eingeschätzt werden kann. Die Situation in der Umgebung der Hallen, sowohl was die Parkplätze als auch die Begegnungsund Versäuberungsplätze anbelangt, stellte sich wie in den vorherigen Jahren dar. Die Ausstellungshallen liegen durch ihre Nähe zum See und zu einer Umgebung im Grünen mit vielen Spazierwegen grundsätzlich günstig. Problematisch blieb die Parkplatzsituation. Die für die Aussteller reservierten Parkplätze befanden sich praktisch ausschliesslich an der prallen Sonne. So fanden die STSFachpersonen vor Ort dann auch in zwei Fällen Hunde vor, die alleine in Autos zurückgelassen wurden und bereits unter den heissen Temperaturen im Innern der Autos litten. Nachdem die Organisatoren auf die Situationen aufmerksam gemacht wurden, handelten sie schnell und sorgten dafür, dass die Hunde aus den Autos geholt wurden.
II. Was uns seitens Tierschutz an der Ausstellung gut gefallen hat • Sauberkeit: Trotz der vielen Hunde und der zum Teil engen Platzverhältnisse blieben die Hallen während des ganzen Tages recht sauber und es stank wenig nach Urin und Hundekot. • Ruhiger und freundlicher Umgang: Positiv zu bewerten ist der entspannte, freundliche und tiergerechte Umgang einiger Hundehalter, der sich offensichtlich auch sehr positiv auf die Hunde auswirkte. • Lage der Veranstaltung: Die Nähe der Ausstellungshallen zum Bodensee und eine Umgebung im Grünen boten Hunden und Haltern die Möglichkeit für Spaziergänge. Das sorgte während der anstrengenden Ausstellungstage für etwas Abwechslung und Entspannung. • Schnelles Einschreiten: Als die STS-Fachleute den Verantwortlichen vor Ort mitteilten, dass auf dem Parkplatz in zwei Fällen Hunde bei zu hohen Temperaturen in Autos eingesperrt waren, handelten diese schnell und sorgten umgehend dafür, den Hunden aus ihrer misslichen Situation zu helfen. 174
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Dieser Hund sass mit erwartungsvollem Blick entspannt mittendrin. • Kontrolleure: Die Organisatoren sorgten dafür, dass Kontrolleure in den Ausstellungshallen präsent waren. • Es geht auch ohne Würgen: Einige Hundehalter bewiesen, dass Hunde mit dem nötigen Training und einer guten Mensch-Hund-Beziehung durchaus ohne Würgen im Ring präsentiert werden konnten.
Diese Hundehalterin brachte ihren Hund ohne Würgen dazu, die gewünschte Position einzunehmen.
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III. Was sich im Vergleich zur letzten Ausstellung in Kreuzlingen 2016 verbessert hat • Etwas weniger übermässiges Zurechtmachen: Das unerlaubte übermässige Zurechtmachen der Hunde mittels Sprayen, Einflechten, Schneiden etc. schien in diesem Jahr erfreulicherweise etwas weniger verbreitet gewesen zu sein bzw. wurde zumindest weniger offen ausgeführt. • Kontrolle des Parkplatzes: Positiv zu bewerten ist, dass die Organisatoren eine Kontrollperson für die Kontrolle des Parkplatzes abgestellt hatten. Diese überprüfte die parkierten Autos mehrmals, damit keine Hunde in den Autos zurückgelassen wurden und unter der Hitze im Innern des Autos leiden mussten.
IV. Was sich im Vergleich zur letzten Ausstellung in Kreuzlingen 2016 nicht verbessert oder gar verschlechtert hat • Parkplatzsituation: Die meisten Parkplätze, die für die Aussteller reserviert waren, lagen an der prallen Sonne, was zu dieser Jahreszeit für Hunde, auch wenn sie nur kurz im Auto zurückgelassen wurden, sehr gefährlich werden konnte. • Platzverhältnisse: Auch in diesem Jahr boten die drei Hallen für die Anzahl ausgestellter Hunde zum Teil zu wenig Platz. Das führte dazu, dass viele Hunde in beengten Platzverhältnissen (Käfige, Laufgitter, kurz angebunden) ausharren mussten. Für das Publikum und die Tierhalter mit ihren Hunden blieben in der Folge an vielen Stellen in den Hallen nur schmale Durchgänge. Dadurch begegneten sich die Hunde häufig auf sehr engem Raum. Da sie dabei die Individualdistanz oft nicht einhalten konnten, kam es häufiger zu Keifereien und Rangeleien zwischen den Hunden.
176 Enge Raumverhältnisse in der Halle.
Dichtes Gedränge in der Halle.
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• Würgen von Hunden: Obwohl Würgehalsbänder und Vorführleinen ohne Stopp schon seit dem 1. Januar 2014 verboten sind und die Aussteller auch zur Genüge (bei der Anmeldung, im Ausstellungskatalog, auf Aushängen in der Halle und bei den Ringen) darauf hingewiesen wurden, war leider weiterhin oft zu beobachten, dass Hunde beim Styling und bei den Vorführungen vor den Richtern gewürgt wurden. Dies geschah entweder, indem trotz des Verbots auf Würgehalsbänder zurückgegriffen wurde oder der Stopp so weit vorgeschoben wurde, dass er keinerlei schützende Wirkung mehr gegen das Würgen hatte. Einige Hundehalter zogen ausserdem die Leine so stark nach oben, dass die Hunde auch ohne entsprechende Halsbänder gewürgt wurden.
Die Leine wurde während des Zurechtmachens hochgezerrt und ersetzte damit die Funktion des verbotenen Galgens.
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Beide English Setter wurden bei der Präsentation im Ring gewürgt.
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Die English Setter beim Traben im Ring. Wegen des Hochzerrens der Köpfe mussten sie sich nach oben strecken und mit unnatürlich in die Höhe gereckten Hälsen laufen, um nicht noch mehr gewürgt zu werden.
178 Dieser Scottish Terrier wurde ebenfalls durch Hochziehen der Leine minutenlang gewürgt.
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Hier sieht man deutlich, wie die Stoppvorrichtung der Vorführleine weit oben am Hals des Weimaraners platziert wurde und wie eng sie sich dann bei Zug zusammengezogen hat.
Derselbe Hund wurde mit viel zu eng eingestellter Vorführleine präsentiert und während der gesamten Vorführung gewürgt.
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Mit dem Zug der Leine nach oben und dem Gegendruck durch den Finger aufs Genick wurde der Druck auf die empfindlichen Stellen am Hals des Hundes zus채tzlich noch verst채rkt.
Diesem Irish Setter wurde der Kopf mit starkem
180 und engem Zug massiv nach oben gezerrt.
Gleicher Hund wie links: zugeschn체rt vorgef체hrt.
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Dieser Shih Tzu wurde im Ring mehrmals heftig nach oben gezerrt.
Selbst w채hrend der Pr채mierung im Ehrenring und auch f체r das anschliessende Fotoshooting wurde dieser Russische Terrier noch gew체rgt.
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• Grober Umgang: Einzelne Tierhalter zeigten ihren Hunden gegenüber einen groben Umgang, etwa während des Zurechtmachens oder auch indem Hunde durch einen Griff in den Anogenitalbereich oder ein starkes Zudrücken der Schnauze im Ring in die gewünschte Position gezwungen wurden.
Dieser Setter wurde mit hartem Griff um die Schnauze im Ring präsentiert.
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Griff an den Anogenitalbereich während der Präsentation im Ring.
Auch dieser Scottish Terrier wurde während der Präsentation mit Griff in den Anogenital bereich in die richtige Position gestellt.
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Dieser Chinese Crested wurde während des Zurechtmachens mit hartem Griff um die Schnauze zum Stillhalten gezwungen.
Der Russische Terrier (selber Hund wie auf Seite 9 unten) wurde sehr fest an der Schnauze gepackt und längere Zeit grob gebürstet. Für die Aussteller hat es sich gelohnt – der Hund wurde Tagessieger. Für den Hund allerdings war es eine einzige Plagerei.
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Diesem Hund wurden die Schnauzhaare sehr eng eingewickelt. Das Einwickeln der Haare ist auf der Ausstellung explizit verboten. • Kein konsequentes Eingreifen durch Kontrollpersonen und Richter: Sehr unbefriedigend bleibt weiterhin die Rolle der Kontrollpersonen wie auch der Richter. Der STS konnte am Besuchstag nie beobachten, dass Hundehaltern verbotene Handlungen (wie z. B. Würgen, unerlaubtes übermässiges Zurechtmachen etc.) untersagt wurde oder dass Aussteller entsprechend verwarnt wurden. • Extremzuchten: In Kreuzlingen wurden auch 2017 wieder problematische Rassen mit extremen Zuchtmerkmalen präsentiert. Dazu gehören in besonderem Masse die Hunderassen, die auf ausgeprägte Kurzschnäuzigkeit gezüchtet werden (wie etwa Bulldoggen oder Möpse) sowie Nackthunde oder auch Rassen mit ausgeprägter Faltenbildung und starken Hängelidern (z. B. Basset Hound). Die Selektion auf solch extreme Merkmale wird leider weiterhin durch Richter gefördert, die nicht selten diejenigen Rassevertreter mit den am stärksten ausgeprägten Merkmalen prämieren.
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Der Basset Hound wurde mit starken Hängelidern und übermässiger Faltenbildung präsentiert.
Dieser Chihuahua zeigte einen ausgeprägten Wasserkopf, der häufig gesundheitliche Probleme nach sich zieht.
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Dieser Pekingese wurde mit überlangen Haaren und extremer Kurzschnäuzigkeit vorgestellt. Er hechelte unaufhörlich und litt unter Atemproblemen.
Diese Französische Bulldogge mit ausgeprägt kurzer Nase sowie sehr tiefem und breitem Brustkorb kann sich aufgrund des Körperbaus im hinteren Körperbereich 186 nicht selbst putzen.
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Diese Französische Bulldogge hatte eine Schnauze, die so weit zurückgezüchtet wurde, dass sie im Profil auf einer Ebene mit den Augen liegt. Die Hündin wurde trotzdem Klassensiegerin.
Es geht auch anders. Diese Französische Bulldogge verfügte über eine gut ausgeprägte Schnauze, hatte aber leider bei den Richtern keine Chance auf einen Sieg.
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V. Fazit Die Grünflächen und der See in unmittelbarer Nähe zu den Ausstellungshallen boten den Hunden grundsätzlich gute Bedingungen. Es gab Hundehalter, die dies nutzten und mit ihren Tieren Spaziergänge in der Umgebung der Hallen unternahmen und ihnen so einen Ausgleich zum anstrengenden Ausstellungstag boten. Leider blieben die Parkplatzsituation und die zu knapp bemessenen Platzverhältnisse auch in diesem Jahr problematisch. Die Organisatoren haben die Aussteller in Kreuzlingen deutlich über das Ausstellungsreglement und somit über das Verbot des übermässigen Zurechtmachens und den verbotenen Einsatz von Würgehalsbändern und Leinen ohne Stopp informiert. Leider zeigte dies immer noch zu wenig Wirkung. Zwar schien erfreulicherweise das übermässige Zurechtmachen tendenziell etwas weniger verbreitet zu sein als bei früheren Ausstellungen, das Würgen und Hochzerren im Ring war aber leider weiterhin sehr verbreitet. Es zeigte sich auch an dieser Ausstellung wieder, dass Verbote nichts bringen, wenn deren Einhaltung nicht eingefordert wird. So leidet die Glaubwürdigkeit der Organisatoren, gerade auch gegenüber den Aussteller- und ZüchterInnen: Der Einsatz von Würgehalsbändern und Vorführleinen ohne Stopp sowie das übermässige Zurechtmachen sind zwar explizit verboten – es hat aber kaum Konsequenzen zur Folge, wenn diese Vorschriften missachtet werden. Sehr deutlich zeigte sich auch, dass das Verbot des Einsatzes von Würgehalsbändern und Leinen ohne Stopp grösstenteils völlig wirkungslos war. Zum einen setzten sich viele Aussteller am und im Ring schlichtweg darüber hinweg, zum anderen wurden viele Hunde nun einfach durch zu enge Stoppvorrichtungen, starken Zug und Hochzerren der Leine gewürgt. Die Vorschriften müssten deshalb konsequent dahingehend kontrolliert und umgesetzt werden, dass das enge Führen mittels Halsband und Leine (auch mit Stoppvorrichtung) sowie das Würgen von Hunden explizit unterbunden wird. Der Schweizer Tierschutz STS fordert deshalb, dass die Organisatoren und auch die RichterInnen das Einhalten der Tierschutzbestimmungen und des Ausstellungsreglements strenger kontrollieren und Verstösse auch entsprechend sanktionieren. Zudem sehen wir die RichterInnen auch in der Verantwortung, mit ihren Beurteilungen die erkennbaren Extremzuchtmerkmale stärker zu selektieren. Nur so kann nachhaltig gewährleistet werden, dass gesunde, nicht durch züchterische Extravaganzen vorbelastete Tiere nachgezüchtet werden.
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COMPTOIR SUISSE LAUSANNE
Comptoir Suisse Lausanne Vom 15. bis 24. September 2017, besucht am 16. September 2017
Diese Schweine schliefen in einem Gehege mit viel Platz und Ausweichmöglichkeiten ruhig nebeneinander und liessen sich nicht dabei stören.
I. Allgemeines Allgemeines zur Messe
Der Comptoir Suisse fand während zehn Tagen im Beaulieu Lausanne statt. Anlässlich der 98. Auflage wurden 108 000 Besucher vermeldet. Es gab einen Bereich für neue Technologien, einen Markt mit regionalen Produkten, zahlreiche kommerzielle Aussteller, exklusive Vorführungen und eine Wanderausstellung der Schweizer Armee. Der Hof umfasste in diesem Jahr 400 Tiere, darunter Nutztiere (Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen), Pferde, Ponys, Esel, Kaninchen, Hausgeflügel, Haustauben, Enten, Gänse, Ziervögel und Schildkröten.
Allgemeines zur Tierhaltung
Die Tierhaltung am Comptoir Suisse konnte wie in den Vorjahren als akzeptabel beurteilt werden. Alle Tiere waren am Besuchstag sauber und gepflegt und schienen bei guter Gesundheit zu sein. Ausser einem Schaf, das heftig atmete, waren alle ausgestellten Tiere ruhig und zeigten ein artgerechtes Verhalten. Sämtlichen Tieren stand Nahrung und Wasser zur Verfügung. Die Gehege hatten genügend saubere und trockene Einstreu. Einige Gehege zeichneten sich durch eine vorbildliche Grösse aus (Schweine, Mutterkühe, Ziervögel, einige Ziegen, Gänse).
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SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS
COMPTOIR SUISSE LAUSANNE
Einige Gehege zeichneten sich durch eine vorbildliche Grösse aus, beispielsweise diese Voliere. Den Nutztieren standen gegenüber dem Vorjahr bessere Möglichkeiten zur Verfügung, sich vor den Blicken oder Berührungen der Besucher zurückzuziehen oder zu schützen. Die angebundenen Rinder konnten von den Besuchern nicht mehr gestreichelt werden.
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Die angebundenen Rinder konnten von den Besuchern nicht mehr gestreichelt werden.
SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS
COMPTOIR SUISSE LAUSANNE
Die Mehrheit der Tiere hatte die Möglichkeit, sich zu beschäftigen. Nicht so die Enten und Esel. Den Schafen standen grössere Gehege und Unterstände zur Verfügung, in die sie sich zurückziehen konnten. Leider waren die Unterstände nicht so gross, dass sich alle Tiere zur gleichen Zeit zurückziehen konnten. Einige Ziegen hatten ein grosses, gut strukturiertes Gehege mit Holzpaletten und konnten darin klettern und sich auf erhöhten Bereichen ausruhen. Andere Ziegen hatten weniger Platz und konnten weder klettern noch sich zurückziehen. Die Stuten und ihre Fohlen standen in ausreichend grossen Boxen und konnten sich vor den Streicheleien der Besucher zurückziehen. Dies war bei den Ponys leider nicht der Fall. Das Heunetz befand sich in Reichweite der Besucher, sodass die Tiere nicht in Ruhe fressen konnten. Auch bei den Eseln hatte es einen Unterstand, dieser war aber im Vergleich zur Grösse der Tiere zu niedrig. Alle Kaninchen hatten Verstecke, und ihre Käfige waren mindestens auf einer Seite vor den Blicken der Besucher geschützt. Die Hälfte der Kaninchen wurde allein gehalten, obwohl es sich um soziale Tiere handelt, die angemessene Sozialkontakte mit Artgenossen brauchen. Die Enten, Gänse, Hühner und Tauben hatten keine Verstecke und waren daher ununterbrochen den Augen der Öffentlichkeit ausgesetzt. Einige Gehege mit Geflügel und Tauben waren von allen Seiten her einsehbar.
Kaninchen sind soziallebende Arten und müssen in Gruppen gehalten werden. Der Schweizer Tierschutz STS kritisiert, dass am Comptoir Suisse 2017 nicht alle gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanforderungen bei der Haltung der Tiere eingehalten wurden. Beispielsweise bei den Ponyboxen und einigen Taubenvolieren, die kleiner als die gesetzlichen Mindestgrössen waren, oder bei den Ziervögeln, die keine Bademöglichkeit und keinen Sand (Grit) zur Aufnahme und keine federnden Sitzgelegenheiten hatten. Aus Sicht des STS müssen Ausstellungen, auch wenn sie nur temporär sind, eine vorbildliche Tierhaltung zeigen. Die gesetzlichen Mindestanforderungen müssen dabei immer eingehalten werden.
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Allgemeines zum Ponyreiten
Das Ponyreiten war vorbildlich. Man konnte sich für einen kleinen Ausritt auf dem Rücken eines Ponys anmelden. Die Begleiter führten die Ponys am Halfter über eine Distanz von ca. 70 m und zurück. Das Ponyreiten bot den Tieren Bewegung und Beschäftigung an der frischen Luft. Das Ganze lief sehr ruhig ab.
Die Durchführung des Ponyreitens war vorbildlich.
II. Was uns aus Tierschutzsicht gefallen hat • Alle Tiere waren sauber und gepflegt und schienen bei guter Gesundheit zu sein. Ausser einem Schaf, das heftig atmete, waren alle ausgestellten Tiere ruhig und zeigten ein artgerechtes Verhalten. • Sämtlichen Tieren stand Nahrung und Wasser zur Verfügung. • Alle Gehege waren sauber. • Ausser den Ziervögeln hatten alle Tiere geeignete, saubere, trockene und in ausreichender Menge vorhandene Einstreu. • Einige Gehege boten viel Platz, z. B. für die Schweine, Mutterkühe, Ziervögel, Gänse und einige Ziegen. • Abgesehen von einer gewissen Anzahl Kaninchen wurde der Grossteil der ausgestellten Tiere in Gruppen gehalten. • Die angebundenen Kühe konnten von den Besuchern nicht gestreichelt werden. • Die Kälber hatten genug Platz, um den Berührungen der Besucher ausweichen zu können. • Eine Kontaktperson des Vereins Mutterkuh Schweiz war ständig an einem Stand neben den Gehegen zugegen. Ein vor den Gehegen aufgehängtes Banner warnte die Besucher davor, dass Mutterkühe ihre Kälber schützen und daher Vorsicht geboten war. • Den Schweinen stand ein grosses Gehege mit zwei Unterständen zur Verfügung, in die sie sich zurückziehen konnten.
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• Einige Ziegen hatten ein grosses Gehege (ca. 60 m2) mit zahlreichen Klettermöglichkeiten, höher gelegenen Liegeflächen und einem Unterstand. Die Heuraufen waren so angebracht, dass die Ziegen von den Besuchern ungestört fressen konnten. • Den Schafen und Eseln stand ein Unterstand zur Verfügung. • Die Boxen der Ponys waren für die Besucher nur von einer Seite her zugänglich. Die Ponys hatten Heu, sodass sie einer Beschäftigung nachgehen konnten. • Den Kaninchen standen Verstecke und Gegenstände zum Knabbern zur Verfügung. Die Käfige waren so positioniert, dass sie zumindest auf einer Seite nicht für Besucher einsehbar waren. Dadurch konnten sich die Tiere den Blicken der Besucher grösstenteils entziehen. • Die Gehege des Hausgeflügels waren mit Nestern, Futter- und Tränkevorrichtungen sowie geeigneter Einstreu in Form von Holzspänen ausgestattet. An den Gehegen waren Informationen zu den ausgestellten Rassen sowie die Namen der Züchter angebracht. • Die Mehrheit der Volieren war nur von einer bzw. maximal zwei Seiten her für Besucher zugänglich. Sie boten genug Platz, damit sich die Vögel vom Gitter und von den Besuchern zurückziehen konnten. In allen Volieren gab es Sitzstangen in Form von natürlichen Ästen unterschiedlicher Dicke, die in verschiedenen Richtungen angebracht waren. Abgesehen von einer Voliere befanden sich in allen Käfigen frische Äste mit Blättern, die den Vögeln als Versteck, Nahrungsquelle oder Beschäftigungsmöglichkeit dienten.
Abgesehen von einem Schaf, das heftig atmete, zeigten sich alle ausgestellten Tiere ruhig und entspannt.
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Die Heuraufen waren so platziert, dass die Ziegen von den Besuchern ungestört fressen konnten.
Die Sitzstangen in den Volieren, in Form von natürlichen Ästen unterschiedlicher Dicke, verliefen
194 in verschiedene Richtungen und wurden rege genutzt.
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An den Hühnergehegen befanden sich Informationen über die ausgestellten Rassen sowie die Namen der Züchter.
III. Verbesserungen gegenüber dem letzten Jahr • Die Hallentemperatur von ca. 23 Grad war für die Tiere akzeptabel. • Die Besucher konnten sich den angebundenen Kühen nur bis auf höchstens zwei Meter nähern. • Das Gehege der Schweine und die der Schafe waren grösser als im Vorjahr. • Eines der Ziegengehege war gut strukturiert mit vielen Holzpaletten, auf denen die Tiere herumklettern und sich an erhöhter Lage niederlegen konnten. • Bei den Schafen, Ziegen und Eseln gab es jeweils einen Unterstand, in dem sich die Tiere vor den Besuchern zurückziehen konnten, was sie gerne und regelmässig nutzten. • Den Stuten und ihren Fohlen standen im Vergleich zum Vorjahr grössere Boxen zur Verfügung. Die automatischen Tränkevorrichtungen waren tiefer montiert, sodass sie auch von den Fohlen erreicht werden konnten. • Mindestens eine Seite der Kaninchenkäfige war vor den Blicken der Besucher geschützt, und mindestens eine Seite der Käfige war für die Besucher nicht zugänglich. Kein Kaninchen atmete zu heftig. • Die Hühner hatten dieses Jahr Nester und wurden nicht mehr zum Verkauf angeboten. • Alle Vögel wurden mit Artgenossen zusammen gehalten. Sie zeigten keine Anzeichen von Nervosität. • Die Gehege der Schildkröten waren besser strukturiert. Sie hatten Verstecke, gut geeignete Einstreu, es stand ihnen ein Wasserbehälter und frisches Futter zur Verfügung.
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Die Schafe hatten dieses Jahr einen Unterstand, in den sie sich zurückziehen konnten. Leider war er nicht gross genug, um allen Schafen gleichzeitig Platz zu bieten.
Das gut strukturierte Ziegengehege bot den Tieren beliebte Kletter- und Ruhemöglichkeiten in
196 der Höhe.
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Auch die Fohlen konnten dieses Jahr die automatischen Tränken erreichen und daraus trinken, wann immer sie wollten.
Den Hühnern standen Nester zur Verfügung, die sie gerne nutzten. Allerdings sollten die Nester möglichst weit von den Besuchern weg platziert werden, beispielsweise im hinteren Bereich der Gehege.
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Das Schildkrötengehege war gut strukturiert, enthielt Verstecke, einen Wasserbehälter und frisches Futter. Es fehlten Wärme- und UV-Lampen sowie ein Substrat, idealerweise ein Erdgemisch, in das sich die Tiere eingraben könnten.
IV. Was uns aus Tierschutzsicht nicht gefallen hat und verbessert werden muss • Der Unterstand der Schafe war, vor allem für die grossen Rassen, zu klein, so dass sich nicht alle Tiere gleichzeitig zurückziehen konnten. Ein Texelschaf wurde mit einer Atemfrequenz von 220 Atmungen pro Minute beobachtet. Wahrscheinlich fühlte es sich durch die Anwesenheit der Besucher gestresst, und im Unterstand hatte es keinen Platz mehr. • Für die Paon-Ziegen, die Toggenburger Ziegen und die Burenziegen fehlten Klettermöglichkeiten. • Die Stuten und ihre Fohlen konnten sich nicht vor den Blicken der Zuschauer schützen. Sie hatten kein Heu. Wahrscheinlich hatten sie während der gesamten Dauer der Messe keinen Auslauf. Pferde, die in Boxen gehalten und nicht genutzt werden, müssen aber gemäss Tierschutzverordnung täglich mindestens zwei Stunden Auslauf haben. Es wäre viel attraktiver und tierfreundlicher, wenn den Besuchern eine moderne Pferdehaltung, zum Beispiel in einem Laufstall, präsentiert würde. • Die Ponyboxen waren nur 9 m2 gross. Für zwei Ponys ist gesetzlich jedoch eine Box von mindestens 11 m2 vorgeschrieben. Zudem war das Heunetz in der Nähe der Besucher angebracht, sodass die Tiere während des Fressens gestreichelt werden konnten und nicht die nötige Ruhe hatten. Für die Ponys gab es keine Möglichkeit, sich vor den Blicken der Besucher zu schützen. • Der Unterstand der Esel war nur etwa 1,4 m hoch. Ein Unterstand für Esel mit einer Widerristhöhe von 1 m muss jedoch gesetzlich vorgeschrieben eine Höhe von mindestens 1,8 m haben. Den Eseln stand den ganzen Tag über kein Heu zur Verfügung, das für Beschäftigung gesorgt hätte. Die Fläche des Eselgeheges war zudem leider kleiner als im Vorjahr. • Etwa die Hälfte der Kaninchen wurde allein gehalten. Da es sich um soziallebende Tiere handelt, sollten sie Sozialkontakte mit Artgenossen haben. Es wäre wünschenswert, dass Tierausstellungen den Besuchern eine vorbildliche und artgerechte Tierhaltung zeigen und die Tiere auf 198
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grösseren Flächen und in gut strukturierten Gehegen in Gruppen halten. Verstecke in Form eines dreieckigen Dachs sind wegen ihrer geringen Grösse nicht geeignet. Alle Käfige müssten mit Häuschen mit Flachdach ausgestattet sein, die auch als erhöhte Sitz- und Liegefläche dienen. Einige Kaninchen hatten die Plastikfolie des Käfigbodens zerrissen und angeknabbert. Eine Kaninchenmutter und ihre Jungen wurden vom Geschrei der Kleinkinder am Käfig erschreckt. Das vor Ort anwesende Aufsichtspersonal intervenierte nicht. • Zwei Gänse zeigten ein gestörtes Verhalten: Sie blieben den ganzen Tag am gleichen Ort und schauten den Enten im Nachbarsgehege zu. Sie nutzten weder ihr grosses Gehege noch das grosse Becken. Dem Gehege fehlte es an Strukturen und an der Möglichkeit, sich vor den Blicken der Besucher zurückzuziehen. • Auch in den Entengehegen fehlte ein Versteck, in das sich die Tiere vor den Blicken der Besucher zurückziehen konnten. Zudem boten die Gehege auch keine Beschäftigungsmöglichkeit, und das Wasserbecken war zu klein und zu wenig tief, als dass die Enten darin hätten baden können. • Drei Gehege mit Hühnern (Brahma-, Marans- und Orpingtonhühner) waren von allen Seiten einsehbar. Die vorhandenen Hühnerstangen hatten eine für die Hühner ungeeignete Grösse und wurden daher praktisch nie benutzt. Im Gehege der Janzéhühner gab es keine Sitzstangen, obwohl diese gesetzlich vorgeschrieben sind. Der Verantwortliche wurde informiert und versprach, den Fehler sofort zu korrigieren. Zudem fehlten Rückzugsmöglichkeiten und die Anzahl der Nester in den Gehegen mit mehr als zwei Hühnern war nicht ausreichend. • Vier Taubengehege waren von allen Seiten her einsehbar. Die Tiere konnten sich den Blicken der Besucher nicht entziehen. Zudem fehlte auch eine Bademöglichkeit und zwei der Gehege hatten nicht die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestmasse. Die Italienischen Mövchen gelten als Extremzucht-Rasse, weshalb sie aus Sicht des Tierschutzes nicht ausgestellt werden sollten. • Die Mehrheit der Vogel-Volieren verfügte weder über Bademöglichkeiten noch über Sand, obwohl dies gesetzlich vorgeschrieben ist. In einer Voliere fehlten frische Äste mit Blättern, was den Vögeln als Beschäftigung und Sichtschutz gedient hätte. Eine abwechslungsreiche Frischfutterkost hätte zudem zur weiteren Beschäftigung beigetragen. In einigen Volieren gab es keine freischwingenden Äste und in nur einer Voliere war der Boden mit Einstreu bedeckt. Keine der Volieren bot einen Unterschlupf als Rückzugsmöglichkeit. Dieser wäre aber für die unzertrennlichen Arten wie z. B. Agapornis sp. und Prachtfinken (Estrildidae), die in Höhlen leben, unerlässlich. In der Nähe der Volieren befand sich am Besuchstag kein Aufsichtspersonal. • Bei den Schildkröten fehlten Wärmelampen, die in den Bereichen, in denen sich die Tiere aufwärmen, Licht geben. Für Tiere, die nicht im Freien oder in einem Gehege mit direkter Sonneinstrahlung gehalten werden, sollten unbedingt auch UV-Lampen montiert werden. Der Boden sollte zudem mit einem Substrat, vorzugsweise Erde, bedeckt werden, in das sich die Tiere eingraben können. • In Halle 16 spielte eine Alphorn-Gruppe, wodurch der Lärmpegel auf 80 db stieg. Aus Sicht des STS wurden die Tiere dadurch übermässigem Lärm ausgesetzt, dem sie sich nicht entziehen konnten. • An vielen Käfigen, Gehegen und Volieren fehlten Informationen über die Tiere, die ausgestellten Rassen und ihre artgerechten Haltungsbedingungen sowie die Angaben der Besitzer. • Es standen Kaninchen und Vögel zum Verkauf. Der STS steht dem Tierverkauf an Ausstellungen kritisch gegenüber, da dies Besucher zu Spontankäufen verleiten könnte.
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Im Gehege dieser Ziegen gab es zwar einen Unterstand, aber es fehlten Klettermöglichkeiten.
Stuten und ihre Fohlen brauchen Sichtschutz und Rückzugsmöglichkeiten sowie täglich mindes-
200 tens zwei Stunden Auslauf.
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Die Ponys konnten nicht ungestört fressen, ohne von den Besuchern gestreichelt zu werden. Zudem entsprach die Grösse ihrer Boxen nicht den gesetzlichen Vorschriften.
Den Eseln wurde zwar ein Unterstand zur Verfügung gestellt, dieser war aber zu niedrig. Zudem fehlte es den Tieren an Beschäftigungsmöglichkeiten.
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Den Kaninchen sollten grössere Bodenflächen und geeignete Verstecke bereitgestellt werden. Ein Häuschen mit Flachdach bietet mehr Platz in der Höhe und kann gleichzeitig als erhöhte Sitz- und Liegefläche dienen, was Kaninchen meist sehr schätzen und häufig nutzen. Die Einzelhaltung von soziallebenden Kaninchen lehnt der STS ab.
Eine Kaninchenmutter und ihre Jungen wurden vom Geschrei der Kleinkinder am Käfig erschreckt.
202 Eine Intervention seitens des Aufsichtspersonals vor Ort blieb leider aus.
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Die Gänse schienen sich gar nicht wohl zu fühlen. Sie blieben den ganzen Tag am gleichen Ort und schauten den Enten im Nachbargehege zu. Dem Gehege fehlte es an Strukturen, Rückzugsund Sichtschutzmöglichkeiten.
Auch in diesem Jahr stand den Enten kein Versteck zur Verfügung, und es fehlten zudem auch Beschäftigungsmöglichkeiten. Das Wasserbecken war zu klein und zu wenig tief, als dass die Enten darin hätten baden können. Zudem müsste das Becken im hinteren Gehegeteil installiert werden, weit weg von den Besuchern.
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Die Sitzstangen der Hühner waren bezüglich Durchmesser und Form nicht für die Tiere geeignet. Sie wurden entsprechend von den Hühnern kaum benutzt. Wichtig ist auch die Platzierung: Sie sollten von der Besucherseite entfernt angebracht werden.
Vier Taubengehege waren von allen Seiten her einsehbar; es fehlten bereichernde Strukturen und den Tieren standen keine Sichtschutz-, Schlaf- und Rückzugsmöglichkeiten zur Verfügung. 204 Zudem fehlten auch Bademöglichkeiten.
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Diese Voliere war spärlich ausgestattet. Sie bot keine Beschäftigungsmöglichkeiten (z. B. frische Äste), keine geeignete Einstreu und keine Bademöglichkeit. Sie war von allen Seiten her einsehbar, und den Vögeln standen keine Sichtschutz-, Schlaf- und Rückzugsmöglichkeiten zur Verfügung.
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Die Kaninchen konnten sich dem übermässigen Lärm nicht entziehen.
V. Fazit In diesem Jahr wurden viele Tierhaltungen verbessert, was der Schweizer Tierschutz STS begrüsst. Beispielsweise waren das Gehege der Schweine und die der Schafe und der Stuten mit ihren Fohlen grösser als im Vorjahr. Eines der Ziegengehege war gut strukturiert mit vielen Holzpaletten, auf denen die Tiere herumklettern und sich an erhöhter Lage niederlegen konnten. Die Besucher konnten sich den angebundenen Kühen nur bis auf höchstens zwei Meter nähern. Bei den Schafen, Ziegen und Eseln gab es jeweils einen Unterstand, in dem sich die Tiere vor den Besuchern zurückziehen konnten. Die automatischen Tränkevorrichtungen waren tiefer montiert, sodass sie auch von den Fohlen erreicht werden konnten. Die Hühner hatten dieses Jahr Nester und alle Vögel wurden mit Artgenossen zusammen gehalten. Die Gehege der Schildkröten waren besser strukturiert. Der STS hofft, dass der Comptoir Suisse in diesem Sinne weitermacht und dass auch nächstes Jahr Verbesserungen vorgenommen werden. Aus Sicht des STS sollte eine Tierausstellung den Besuchern als Vorbild dienen und tiergerechte Haltungen zeigen. Vorbildliche Tierhaltungen sind zudem ein Plus für die Ausstellungen, da sie damit auch für die Besucher attraktiver sind. Verbesserungen können oft mit wenig Mitteln erzielt werden. Holzpaletten beispielsweise dienen Ziegen als Klettermöglichkeit und erhöhte Flächen. Sie sollten entsprechend in allen Ziegengehegen vorhanden sein. Die Unterstände der Schafe und Esel sollten vergrössert werden, damit die Tiere dort alle gleichzeitig Platz und Rückzug haben. Die Gehege der Gänse und Enten sollten tierfreundlicher strukturiert werden und den Tieren Beschäftigungs- und Rückzugsmöglichkeiten bieten. Höher gelegene Flächen in den Kaninchenkäfigen würden den Tieren Abwechslung und mehr Platz bieten; die verfügbare Käfighöhe könnte gleichzeitig besser genutzt werden. Die Tauben und Ziervögel sollten unbedingt Bademöglichkeiten bekommen. Den aktiven Tieren beim täglichen Baden und Putzen zusehen zu dürfen ist für Besucher eine sichere Attraktion. Mit den vorgeschlagenen Massnahmen könnte der Comptoir Suisse die Haltungsbedingungen der Ausstellungstiere stark verbessern und sich in Bezug auf eine tierfreundliche Tierhaltung zu einer vorbildlichen Publikumsmesse entwickeln.
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Reptilienbörse Aqua-Terra, Belfaux FR Samstag, 30. September 2017
Die temporären Haltungsbedingungen an Reptilienbörsen erfüllen die Tierbedürfnisse nicht.
I. Allgemeines Allgemeines zur Börse
Die Reptilienbörse von Aqua-Terra fand am Samstag, 30. September 2017, durchgehend von 10 bis 16 Uhr im Pfarrsaal von Belfaux (Kt. Freiburg) statt. Sie wurde vom Aqua-Terra Club Fribourg organisiert. Es waren rund zwanzig nationale Aussteller präsent. Ein Grossteil der verschiedenen Reptilienarten stand zum Verkauf, ebenso wie Insekten, Spinnen und Nagetiere. Die Besucher hatten die Möglichkeit, Tiere und/oder Zubehör für Terrarien zu kaufen oder auch nur die Ausstellung anzusehen. Das Börsenreglement, das vom Organisationskomitee erlassen wurde, enthält 33 Punkte, die die allgemeinen Bedingungen, die Einhaltung der nationalen und internationalen Gesetze sowie die Ausstellungsbedingungen umfassen. Das Reglement wurde allen Ausstellern vor der Veranstaltung zugestellt. Die Einhaltung des Reglements wurde von den Organisatoren überprüft. Bei Nichteinhaltung wurden die Aussteller aufgefordert, die festgestellten Mängel sofort zu beheben.
Allgemeines zur Tierhaltung
Die Temperatur im Saal betrug durchschnittlich 24 Grad, was aus Sicht des STS für die meisten Reptilien eine akzeptable Grundtemperatur darstellte. Die an der Börse ausgestellten Tiere wurden in der Regel in kleinen Kunststoffbehältern oder in sogenannten Displays gehalten. Die meisten Behälter waren von allen Seiten her einsehbar und es fehlte den Tieren mehrheitlich an Rückzugsmöglichkeiten. Einige Reptilien hatten die Möglichkeit, sich unter einem Stück Karton, unter einem Blatt oder unter Papier zu verstecken, das den oberen Teil des Behälters teilweise abschirmte. Fast allen Reptilien standen Einstreu oder Haushaltspapier,
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einigen Tieren auch Wasser und Nahrung zur Verfügung. Die meisten Behälter standen zur Ansicht einfach auf einem Tisch. Sie wurden von den Besuchern regelmässig angehoben und bewegt, damit sie die Tiere darin besser betrachten konnten. Zwei grosse und gut strukturierte Terrarien wurden vom Aqua-Terra Club Fribourg ausgestellt. Obwohl im Reglement der Börse vorgeschrieben, waren an keinem der Stände Name und Adresse des Verkäufers angegeben und es fehlte oft an Informationen über die zum Verkauf stehenden Tiere.
II. Was uns aus Sicht des Tierschutzes an der Börse gut gefallen hat • An der Ausstellung wurden als Beispiel für eine optimale Reptilienhaltung zwei grosse und gut strukturierte Terrarien gezeigt. • Alle Behälter waren geschlossen und die Tiere konnten von den Besuchern nicht spontan berührt werden. Der STS konnte nicht beobachten, dass Besucher die Behälter mit den Tieren öffneten. • Die meisten Tierbehälter verfügten über geeignetes Substrat. • Einige Reptilien (leider nicht alle) hatten Rückzugsmöglichkeiten und konnten sich unter einem Stück Karton, unter einem Blatt oder unter Papier verstecken, das den oberen Teil des Behälters teilweise abschirmte. • Einigen wenigen Tieren wurde immerhin Trinkwasser angeboten. • Einige Anbieter versuchten, die Behälter zu befeuchten, um damit eine gewisse Luftfeuchtigkeit für die Tiere sicherzustellen. • Ein Aussteller hielt Königspythons in gestapelten Kunststoffterrarien, welche zwecks Verbesserung des Tierwohls beheizt werden konnten. • Die giftigen Tiere waren aus Sicherheitsgründen in Doppelbehältern untergebracht. • Die ausgestellten Tiere wurden ständig von einer verantwortlichen Person überwacht. • Einige Aussteller (leider nicht alle) gaben mündliche und schriftliche Informationen über die richtige Haltung der Tiere ab.
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Diese drei Geckos (Paroedura vazimba) hatten Rückzugsmöglichkeiten, indem sie sich unter dem Karton verstecken konnten.
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Auch diese Geckos (Phelsuma spp.) konnten sich jeweils unter einem Blatt verstecken.
Einigen Reptilien stand Wasser zur Verfügung. Diesem Leopardgecko (Eublepharis macularius) fehlte allerdings die Möglichkeit, sich zu verstecken.
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Diesen Rotaugen-Buschkrokodilen (Tribolonotus gracilis) stand feuchtes, schaumstoffähnliches Substrat zur Verfügung, um in den Behältern für etwas Feuchtigkeit zu sorgen. Natürliche Substrate wie feuchte Erde und ein Blatt wären aus unserer Sicht allerdings besser geeignet gewesen 210 und das Blatt hätte so auch als Rückzug dienen können.
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Diese Boxen mit Königspythons (Python regius) verfügten über ein Heizungs- und Lüftungs system, was dem Tierwohl zugutekam. Zudem waren Informationen über jedes ausgestellte Tier angebracht. Die Einrichtungen könnten allerdings mit Verstecken und erhöhten Flächen optimiert werden.
Diesen Griechischen Landschildkröten (Testudo hermanni) stand Einstreu, Wasser und frische Nahrung zur Verfügung. Zudem war ihr Terrarium beleuchtet. Verstecke, beispielsweise in Form von Korkröhren, wären hier ein deutliches Plus gewesen.
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III. Was uns aus Sicht des Tierschutzes an der Börse nicht gefallen hat und verbessert werden sollte • Das Reglement der Börse wurde trotz Kontrolle in vielen Punkten nicht eingehalten: -- Mehrere Tiere befanden sich in Relation zur Körpergrösse in zu kleinen Behältern. -- Viele Behälter waren von allen Seiten her einsehbar. -- Der Mehrheit der ausgestellten Tiere fehlte es nach wie vor an Rückzugsmöglichkeiten. -- An mehreren Ständen fehlten Name und Adresse der Verkäufer. -- Oft fehlten Angaben über die ausgestellten Tiere und ihre Haltungsbedingungen. • In einigen Behältern fehlte geeignetes Substrat. • Die meisten Behälter waren in der Regel nicht oder kaum strukturiert. • Den meisten in den diversen Kunststoffbehältern ausgestellten Tieren stand kein optimales Klima zu Verfügung. • Die nachtaktiven Tiere, wie beispielsweise einige Geckos, konnten tagsüber nicht ruhen, was aus unserer Sicht tierschutzwidrig ist. • Vielfach fehlten schriftliche Informationen über artgerechte, tierfreundliche Haltungsbedingungen. • Farbmäuse, die den Reptilien als Lebendfutter dienen, sollten weder ausgestellt noch verkauft werden. Die Lebendfütterung von Wirbeltieren ist in der Schweiz gemäss Art. 4 der Tierschutzverordnung, abgesehen von ganz wenigen Ausnahmesituationen, verboten.
Diese rund 1 m lange Königspython (Python regius) wurde in einer Kunststoffbox gehalten, die gemäss Börsenreglement nicht der geforderten Mindestgrösse entsprach.
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Diese Streifenköpfigen Bartagamen (Pogona vitticeps) wurden in von allen Seiten her einseh baren Behältern gehalten und hatten kein Versteck. Zudem fehlten Angaben über die ausgestellten Tiere und ihre Haltungsbedingungen.
Diese Westafrikanischen Krallengeckos (Hemitheconyx caudicinctus), die nachtaktiv sind, wurden in kleinen Behältern ausgestellt, die von allen Seiten her einsehbar waren. Sie hatten keine Verstecke und auch hier fehlten Angaben über die ausgestellten Tiere und ihre Haltungs bedingungen.
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Diese beiden Pracht-Erdschildkröten (Rhinoclemmys pulcherrima manni) hatten weder Substrat in den Behältern noch Beleuchtung oder geeignete Rückzugsmöglichkeiten bzw. Verstecke. Es fehlten zudem Angaben über die ausgestellten Tiere und ihre Haltungsbedingungen.
Dieser Grosse Madagaskar-Taggecko (Phelsuma grandis) wurde in Relation zu seiner Körpergrösse in einem viel zu kleinen Behälter gehalten, in dem es zudem auch keinerlei Versteck- bzw. Rück214 zugsmöglichkeiten gab.
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Dieser Apothekerskink (Scincus scincus) versuchte seinem natürlichen Verhalten entsprechend ständig, sich zu vergraben. Die Späne stellten im Gegensatz zu Sand oder Haushaltspapier kein geeignetes Substrat dar. Es fehlten zudem Informationen über das Tier und seine Haltungsbedingungen.
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Dieser Riesenblauzungenskink (Tiliqua gigas) wurde in einem viel zu kleinen Behältnis ausgestellt. Er konnte sich zudem weder verstecken noch zurückziehen.
IV. Fazit Grundsätzlich gelten auch für Reptilienbörsen unsere Tierschutzbestimmungen. Für Tierbörsen, bei denen mit Tieren gehandelt wird bzw. Tiere verkauft werden, benötigt der Veranstalter zudem eine Bewilligung. Des Weiteren gilt beim gewerbsmässigen Verkauf zudem eine schriftliche Informationspflicht gegenüber dem Käufer. Es muss über die Bedürfnisse, die angemessene Betreuung und die tiergerechte Haltung der jeweiligen Tierarten sowie über die rechtlichen Grundlagen, z. B. Bewilligungspflicht für manche Reptilienarten, informiert werden. Die von einigen Börsen selbst erlassenen Reglemente werden unseren Beobachtungen zufolge noch zu selten umgesetzt, eingehalten und überwacht. Das öffnet der tierschutzwidrigen Tierhaltung und dem illegalen Verkauf Tür und Tor, vor allem auch, wenn keine kantonalen Kontrollen durch die Veterinärämter erfolgen. Der Schweizer Tierschutz STS fordert daher den Erlass von Ausführungsbestimmungen für die Ausstellung und den Verkauf von Reptilien an Börsen in der Schweiz sowie die systematische Kontrolle durch den Veterinärdienst vor und während der Börsen. Die kleinen Kunststoffbehälter und Miniterrarien erfüllen die Bedürfnisse der Tiere bei weitem nicht. Ihre Fläche ist in der Regel zu klein und die Tiere können sich darin nicht normal bewegen. Es besteht zudem darin kaum Platz, um eine artgerechte Strukturierung zu gewährleisten. Des Weiteren lässt sich das für die Reptilien wichtige (Feucht-)Klima in den kleinen Behältern praktisch 216 nicht reproduzieren. Um die Nutzung solch kleiner Behälter zu rechtfertigen, argumentieren man-
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che Halter mit dem Vorwand, dass die winzige Fläche den in Höhlen lebenden Tieren entgegenkommt und ihnen ein Gefühl von Sicherheit gibt. Ein weiterer Vorteil der kleinen Behälter sei, so die Halter, dass die Tiere beim Verkauf nicht herausgenommen und manipuliert werden müssen, sodass ihnen Stress und Verletzungen erspart blieben. Aus Sicht des STS ist dieses Argument aber nur stichhaltig, wenn die Behälter so stehen, dass sie von den Besuchern nicht in die Hand genommen werden können. Dies war an dieser Börse allerdings nicht der Fall, denn die meisten Behälter standen einfach auf dem Tisch und waren so für das Publikum leicht zugänglich und greifbar. Die Präsentation der Reptilien in den kleinen und spärlich ausgestatteten Behältern hat zudem den Nachteil, dass potenzielle Käufer, die auf dem Gebiet der Terraristik Neulinge sind, den falschen Eindruck erhalten, dass Reptilien anspruchslos und leicht zu halten wären. Um dies zu verhindern, müssten die Haltungsbedingungen der Tiere an Reptilienbörsen entsprechend verbessert werden. Die ausgestellten Tiere sollten über ausreichend Platz verfügen, damit sie sich ungehindert drehen und bewegen können. Die Behälter sollten maximal nur von einer Seite her einsehbar sein und über Verstecke und Rückzugsmöglichkeiten verfügen. Diese können aus Hohlräumen, Korkröhren, Pflanzen, Rinden- oder Papierstücken gestaltet sein und sollen jeweils den oberen Teil des Behälters abschirmen. Die Behälter sollten überdies mit Klettermöglichkeiten für baumbewohnende (arboreale) Gattungen ausgestattet sein und über ein geeignetes Substrat verfügen. Die Temperatur und Feuchtigkeit in den Behältern müsste auf die jeweiligen Tierarten angepasst werden können und es müsste ausserdem auf eine ausreichende Belüftung geachtet werden. Zudem sollten an Börsen als Positivbeispiele grosszügige Terrarien mit artgerechten und tierfreundlichen Strukturen gezeigt werden, damit die Besucher den Unterschied zwischen einer temporäreren Haltung an einer Börse und der ständigen Haltung zu Hause sehen können. Der Aqua-Terra Club Fribourg stellte an seiner Börse zwei vorbildliche Terrarien aus. Aus Sicht des STS bedarf es in Bezug auf die an den Reptilienbörsen vermittelten Informationen noch einiger Anstrengungen: So müssten beispielsweise Name und Adresse der Verkäufer an jedem Stand ersichtlich sein. Auf allen Behältern müssten Angaben über die ausgestellten Tiere, einschliesslich ihrer Herkunft und ihres Schutzstatus, angebracht sein. Die Verkäufer müssten den Käufern schriftliche Informationen über die Bedürfnisse, Haltung und Pflege der Tiere abgeben, wie dies von Fachgeschäften verlangt wird und oben bereits erwähnt wurde (Art. 111 der Tierschutzverordnung, TSchV). Der Organisator der Börse müsste prüfen, ob die Verkäufer von genehmigungspflichtigen Tieren über entsprechende Haltebewilligungen verfügen und auch, dass die Tiere nur an Personen verkauft werden, die in ihrem Wohnkanton eine solche Bewilligung besitzen. Die ausgestellten Tiere müssten vom Verkäufer ständig überwacht werden und sollten nur aus zwingenden Gründen aus ihren Behältern genommen werden. Diese beiden Punkte schienen an der Börse von Aqua-Terra während unseres Besuches erfüllt worden zu sein. Dennoch sollte darauf geachtet werden, den Zugang der Besucher zu den Tieren zu beschränken. Der STS lobt den Aqua-Terra Club Fribourg zu seinem umfassenden Reglement. Es wurden indessen hinsichtlich der Umsetzung einige Lücken festgestellt. Der STS fordert daher die Organisatoren und Verantwortlichen der Börse auf, die Einhaltung dieser Regeln besser zu überwachen. Aussteller, die die Tierschutzbestimmungen und das Börsenreglement nicht befolgen, sollten nach Aufklärung und insbesondere im Wiederholungsfall von der Börse ausgeschlossen werden.
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OLMA ST. GALLEN
OLMA St. Gallen 12. bis 22. Oktober 2017, besucht am 12. und 19. Oktober 2017
I. Allgemeines Allgemeine Hinweise zur Messe
Die 75. OLMA fand während 11 Tagen mit über 600 Ausstellern und zahlreichen Sonderschauen auf dem Messegelände St. Gallen statt. Es wurden nebst Milch- und Mutterkühen auch Pferde, Schafe, Schweine, Ziegen, Kaninchen, Hühner und Küken, Wasservögel und Tauben ausgestellt. Daneben gab es zahlreiche Tiervorführungen, darunter Präsentationen diverser Kuhrassen,von Schweinen und Ziegen, Islikers Tierschau mit Dressureinlagen, Hütehundevorführungen sowie Darbietungen der Schweizer Armee mit Pferden, Maultieren und Schutzhunden.
Hinweise zur Tierhaltung
Die in der Tierschutzverordnung festgelegten Mindestmasse von Haltungssystemen wurden überall eingehalten und die vom Gesetz verlangten Einrichtungen wie beispielsweise erhöhte Flächen bei Ziegen, Bademöglichkeiten bei Enten und Gänsen, etc. waren grösstenteils vorhanden. Viele Gehege an der OLMA zeichneten sich durch grosszügig bemessene Flächen, gute Strukturierung sowie Rückzugsmöglichkeiten aus. Die meisten Gehege inklusive Einrichtung waren analog zu den Vorjahren aufgebaut. Den Fleischschafen stellte man neu einen Sichtschutz zur Verfügung, der allerdings nicht allen Tieren im Gehege Platz bot. Gewisse Tierarten wie die Milchkühe in Anbindehaltung, die Muttersau in der Abferkelbucht sowie der Eber und die Jager in der Halle 7.0 waren allerdings, wie auch in den Vorjahren, stark exponiert und konnten von den Besuchern jederzeit angefasst werden. Während der Fütterungszeit und der Stallarbeiten am Morgen war die Stallgasse zwischen den Lägern der Milchkühe fürs Publikum gesperrt. Dies ermöglichte den Tieren, in Ruhe 218 fressen zu können.
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OLMA ST. GALLEN
Gehege der Fleischschafrassen mit neuem Sichtschutz. Angrenzend zum Gehege mit den Fleischschafrassen wurden zwei Schwarznasenschafe auf einer Fläche von 7,3 m² gehalten, was sehr grosszügig bemessen war und die gesetzlichen Mindestanforderungen deutlich überstieg. Seitens Tierschutz wäre aber auch hier ein Sichtschutz oder eine Rückzugsmöglichkeit für die Tiere nötig, damit sie sich wenigstens zeitweise von den Besuchern zurückziehen könnten.
Gehege der Schwarznasenschafe ohne Rückzugsmöglichkeit.
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Hinweise zu den Tiervorführungen
An der OLMA finden stets mehrmals täglich Rassenpräsentationen sowie Vorführungen mit Tieren statt. Die Isliker Tierschau am ersten Messetag wurde äusserst ruhig durchgeführt, die meisten Tiere schienen sich an die Publikumsvorführungen gewöhnt zu haben. So präsentierte man zwei Pferde, zeitweise gar ohne Gebiss, zwei Ponys, drei Kühe und einen Border Collie, die diverse Kunststücke zeigten (Springen über niedrige Stange, Hund sprang über Pferde, Tiere legten sich hin, drehten sich im Kreis etc.).
Isliker Tierschau mit routinierten Teilnehmern. Am zweiten Besuchstag fand eine Präsentation der Schweizer Armee mit Pferden, Maultieren und Schutzhunden statt. Dies ging grundsätzlich ruhig vonstatten, einige der Reiterinnen und Reiter hatten aber sichtlich Mühe, ihre Tiere dazu zu bringen, ruhig zu stehen. Die besagten Tiere wurden in der Folge kontinuierlich durch grobes Zügelzerren durchpariert.
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Grobes Durchparieren der Militärpferde durch starkes Zügelziehen. Die am Nachmittag des zweiten Besuchstages durchgeführte Hütehunde-Show hinterliess insgesamt einen etwas chaotischen Eindruck: Als Erstes wurden die Tiere in der Arena ausgeladen (Schweine, Schafe, Enten, Gänse). Danach wurden in einer 30-minütigen Prozedur die Requisiten aufgebaut, während sich die Tiere frei in der Arena bewegen und ihre Umgebung erkunden konnten. Der grösste Teil der Tiere wirkte dabei entspannt und neugierig, nur die Schafe reagierten verängstigt und rannten ungestüm umher. Das zeitgleich laut spielende Militärorchester schien die Tiere zusätzlich in Panik zu versetzen; sie schienen mit der Situation überfordert gewesen zu sein. Die eigentlichen Vorführungen liefen später allerdings abgesehen vom Teil, bei welchem Kinder aus dem Publikum in die Arena geholt wurden, relativ ruhig ab.
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Durch die vielen Kinder in der Arena verängstigte Schafe.
II. Was uns seitens Tierschutz an der Ausstellung gefallen hat Die Mindestmasse der Tierschutzverordnung wurden bei allen Tieren eingehalten und die meisten Tiere befanden sich in Gruppenhaltung. Positiv aufgefallen sind wie in den Vorjahren die Gehege von Mutterkuh Schweiz, welche auf dem Aussengelände einen Stier, zwei Muttertiere und zwei Kälber ausstellte. Die Tiere wurden in Gruppen gehalten, hatten ausreichend Platz und konnten sich in der Mitte des langen Geheges und zu den Seitenwänden hin zurückziehen.
222 Mutterkuhgehege im Aussenbereich.
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Im Hallenbereich befand sich ein weiteres grosses Gehege, in dem sich drei Mutterkühe mit vier Kälbern befanden. Sie hatten ebenfalls zwei Raufen zur Verfügung und konnten sich zurückziehen. Für die Fellpflege stand ihnen zudem eine rotierende Kratzbürste zur Verfügung. Die Kälber hatten wie im letzten Jahr einen eigenen Rückzugsbereich (Kälberschlupf).
Mutterkuhgehege mit Kratzbürste im Halleninnern. Die Haltung der Pferde präsentierte sich gleich wie im Vorjahr: Im Aussenbereich befanden sich zwei grosszügige Pferdeboxen von etwa 19 m² Grösse, jeweils mit einer Stute und ihrem Fohlen. Damit waren diese Boxen grösser bemessen als gesetzlich vorgeschrieben. Auch im Innenbereich der Halle 7.0 gab es zwei Pferdeboxen von rund 18 m² Grösse, in welchen ein Haflinger und ein Freiberger untergebracht waren. Auch diese Boxen waren grösser bemessen, als es das Gesetz verlangt. Erfreulicherweise stand den Pferden ein Heu-Toy zur Beschäftigung zur Verfügung, welcher von den Tieren rege genutzt wurde.
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Heu-Toy: eine gerne genutzte Beschäftigungsmöglichkeit. Die Pferde der Brauerei Feldschlösschen waren in einem separaten Stallzelt neben der Halle 2 in Einzelboxen untergebracht. Sie hatten täglich einen Auftritt in der Arena und damit wenigstens etwas Bewegung während der 11 Ausstellungstage. Ob zusätzlich die Möglichkeit zur freien Bewegung gewährt wurde, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden. Die 15 Rennschweine mit einem Gewicht von je rund 50 – 60 kg wurden im selben Gehege wie in den Vorjahren gehalten. Ihnen standen zwei Iglus als Unterschlupf zur Verfügung, welche allein als Liegefläche für die Schweine gemäss Tierschutzverordnung nicht ausreichen würden. Da jedoch die gesamte Bucht eingestreut und überdacht war, kann auch diese Fläche als Liegefläche angerechnet werden – zumal die Tiere über die gesamte Bucht verteilt lagen –, womit die gesetzlichen Vorschriften erfüllt waren. Die Schweine nutzten die reichlich vorhandene Einstreu zum Spielen und Fressen und schienen an beiden Besuchstagen recht entspannt.
224 Die Rennschweine zeigten sich grösstenteils entspannt.
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Die Lämmer im Obergeschoss der Halle 7 hatten neu in den beiden rund 14 m² grossen, grosszügig bemessenen Gehegen einen Unterschlupf in Form einer Hütte zur Verfügung. Sie war allerdings nicht gross genug, um allen zehn Tieren gleichzeitig Platz zu bieten. Das Gehege war im Vergleich zum Vorjahr nur noch von zwei Seiten her zugänglich. Die Lämmer wirkten an den Besuchstagen sichtlich ruhig und entspannt. Das Lämmerschöppeln fand jeweils zwei Mal täglich statt. Durch Vergabe von Zetteln mit Nummern ging das Ganze ruhig und geordnet vonstatten; Gestürm und Drängeln durch die Kinder konnte so vermieden werden. Zudem wurden die Kinder stets von Fachleuten beaufsichtigt und wenn nötig unterstützt.
Gut organisiertes Lämmerschöppeln mit – wo nötig – fachkundiger Unterstützung.
Die neue Liegehütte im Lämmergehege. Sie bietet leider nicht allen Tieren eine Rückzugsmöglichkeit.
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Wie bereits in den Vorjahren fiel die grossflächige, sehr gut strukturierte Ziegenhaltung positiv auf. Die Ziegen hatten mehrere erhöhte Flächen und Kletterstellen, konnten sich in einen dunkleren, ruhigen Bereich zurückziehen und es stand ihnen reichlich Beschäftigungsmaterial zur Verfügung.
Vorbildlich strukturiertes Ziegengehege.
226 Gerne genutzter Rückzugsbereich.
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Insgesamt gab es im Obergeschoss der Halle 7 vier Gehege mit Kaninchen in Gruppenhaltung. Die Grundfläche von 4 m² je Gehege war grosszügig bemessen und mit je einer erhöhten Fläche und einem Rückzugsort ausgestattet, der für die Besucher nicht einsehbar war. Die Tiere konnten nicht berührt werden und auch auf der Bewegungsfläche gab es einen Unterschlupf. Naturäste dienten als Nagemöglichkeit. Kleintiere Schweiz präsentierte den Besuchern hiermit eine sehr tierfreundliche und tiergerechte Kaninchenhaltung.
Die im Gitzigehege platzierte Holzhütte sorgte für Sichtschutz und Klettermöglichkeiten. Das Gehege war für die Besucher nur von einer Seite zugänglich.
Tiergerechte Kaninchenhaltung: Gruppenhaltung mit viel Platz, Möglichkeiten zum Rückzug sowie Naturäste zum Benagen. Die Tiere schienen mehrheitlich entspannt. Einzig ein Kaninchen zeigte am ersten Besuchstag eine sehr hohe Atemfrequenz. Dies konnte jedoch beim zweiten Besuch nicht mehr festgestellt werden. Positiv wurden auch die zahlreichen Informationstafeln beurteilt, welche zusätzlich über die Kleintiere und ihre Haltungsbedingungen informierten. Auch die Taubenhaltung konnte grundsätzlich für gut befunden werden. Die Aussenvoliere war rund 180 cm hoch und wies eine Grundfläche von ca. 6 m² auf, womit den Tieren viel Platz zur Verfügung stand. Es gab diverse Sitzmöglichkeiten in Form von Sitzstangen aus Vierkanthölzern. Diese sind in dieser Form erlaubt, Naturäste wären aber aus unserer Sicht für die Fussballengesundheit der Tiere wesentlich besser geeignet. Der Innenbereich der Voliere mass etwa 7 m² und die Tiere konnten sich darin gut zurückziehen. Es bestand zudem eine Bademöglichkeit. Ansonsten fiel die Strukturierung des Geheges eher dürftig aus. Des Weiteren erhielt der STS die Auskunft, dass den Tieren ab und zu Grit zur Verfügung gestellt werde. Dies erachtet der STS als erfreulich, weil es die Verdauung der Tiere positiv beeinflusst.
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Grosse Taubenvoliere mit zahlreichen Sitzgelegenheiten, aber zu wenig Struktur. Der Verein «Züchterverein für ursprüngliches Nutzgeflügel» präsentierte in drei grosszügig bemessenen Hühnergehegen insgesamt zehn Tiere, darunter Vertreter der Rassen Schweizer Huhn, Appenzeller Spitzhauben und Appenzeller Barthühner. Die Volieren waren vorschriftsgemäss mit Sitzstangen in unterschiedlichen Höhen ausgestattet, als Nester dienten Harasse, was durchaus eine geeignete, kostengünstige und zweckmässige Lösung darstellt. Weiter gab es einen Blumentopfuntersetzer, der mit Sand zum Staubbaden gefüllt war. Die Tiere bekamen u. a. auch Äpfel gefüttert, die auch der Beschäftigung dienten. Vorbildlich präsentierte sich auch der aufgebaute Kükenstall (Rasse Appenzeller Spitzhauben). Darin befanden sich wenige Tiere, die zu Messebeginn gerade erst einen Tag alt waren. Der Stall, der nur über eine leicht geöffnete Klappe vom Publikum einsehbar war, bot im hinteren Bereich einen dunklen und geschützten Bereich. Die Tiere waren beim zweiten Besuch sehr zutraulich und suchten bei der Öffnung richtiggehend den Kontakt mit den Besuchern.
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Kükenstall mit Rückzugsbereich. Weiter wurde ein mobiles Hühnerstallmodell der Firma Inauen mit drei aneinander angrenzenden Volieren ausgestellt. Die Tiergruppen hatten jeweils ca. 150 x 250 cm zur Verfügung, was deutlich mehr war als gesetzlich vorgeschrieben.
Voliere der Masthühner.
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In der vordersten Voliere befanden sich Legehennen (11 Tiere), in der Mitte Masthühner (15 Tiere) und in der hinteren Voliere Junghennen (18 Tiere). Als erhöhte Sitzgelegenheit standen den Legeund Junghennen mehrere Sitzstangen und den Masthühnern eine Sitzstange sowie eine erhöhte Sitzplattform zur Verfügung. Futter und Wasser sowie ausreichend Einstreu zum Scharren war überall vorhanden.
III. Was sich aus Sicht des Tierschutzes im Vergleich zur letzten OLMA verbessert hat • Im Gehege für die Fleischschafrassen wurde dieses Jahr neu eine Holzwand als Sichtschutz installiert. Diese wurde rege von den Tieren genutzt, was zeigt, dass sie bedürfnisgerecht ist. Leider war der Sichtschutz nicht gross genug, um allen 12 Tieren dahinter Platz zu bieten. • In beiden Lämmergehegen wurde eine von zwei Seiten zugängliche Kiste als Unterschlupf angeboten, was die Lämmer gerne nutzten. Leider war auch diese eher knapp bemessen. • Die Pferde im Halleninneren bekamen das Heu in Heu-Toys verabreicht, was die Beschäftigungs- und Fressdauer auf positive und artgerechte Weise verlängerte.
IV. Was sich aus Sicht des Tierschutzes im Vergleich zur letzten OLMA nicht verbessert oder gar verschlechtert hat • Noch immer werden an der OLMA hochträchtige Kühe ausgestellt, welche dann während der Messe ihr Kalb gebären. Der STS kritisiert die Kälbergeburten an der OLMA, weil der Transport und die ungewohnte Umgebung für die Kühe zusätzlich zur weit fortgeschrittenen Trächtigkeit Belastungen darstellen. Zudem konnten auch die hochträchtigen Kühe von den Besuchern berührt werden. • Leider gab es in diesem Jahr keinen Kuhlaufstall mit Melkroboter mehr. Im letzten Jahr war der STS davon begeistert, weil dem Publikum damit eine tiergerechte und moderne Kuhhaltung präsentiert wurde. Bis auf die Mutterkühe waren leider alle Kühe angebunden. • Bereits letztes Jahr kritisierte der STS, dass die Kühe in Anbindehaltung von hinten und die am Rand stehenden Kühe gar auch von vorne permanent von den Besuchern berührt werden konnten – dies stellt für die Tiere unnötige, zusätzliche Belastungen dar. An Ausstellungen wie beispielsweise Comptoir Suisse sind die Tiere komplett vor Berührungen geschützt – dies wäre auch für die OLMA zukünftig wünschenswert.
230 Für Besucher zugänglicher Stallgang mit Möglichkeit zur Berührung der Tiere.
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• An der Ausstellung gab es in der Halle 7 vier Schweinegehege. In zwei Standard-Abferkelbuchten befand sich jeweils eine Muttersau mit ihren Ferkeln. Eine Bucht war gegen drei Seiten, die andere gar gegen vier Seiten für die Besucher offen, die sich in Scharen darum herum versammelten. Für die Schweine in den Buchten gab es hingegen keine Möglichkeit, sich zurückzuziehen. Der STS kritisierte diese Präsentation bereits im Vorjahr. Für die stark exponierten Tiere ist es belastend, wenn sie keinerlei Rückzugsmöglichkeiten haben und den Besuchern während elf Tagen auf diese Weise „ausgeliefert“ sind. Die Muttersau konnte in der Mitte des Geheges nicht berührt werden, weshalb sie sich meist dort aufhielt. Für die Ferkel gab es wie üblich eine nur für sie zugängliche Ferkelkiste. Ob wie im Vorjahr immer wieder jemand die Ferkel zum Streicheln fürs Publikum herausnahm, konnte an beiden Besuchstagen nicht beobachtet werden.
Komplett einsehbare, aber auf zwei Seiten nicht zugängliche Abferkelbucht ohne Berührungsmöglichkeit. In zwei identischen Buchten à rund 6,5 m² wurden ein Eber resp. drei Jager gehalten. Der vorgeschriebene Platzbedarf für den Eber war damit knapp erfüllt, hätte jedoch aus Sicht des Tierschutzes grosszügiger ausfallen können. Für die Jager war diese Fläche deutlich ausreichend. Allerdings konnten sich die Tiere in den beiden Buchten nicht in einen separaten Bereich zurückziehen. Immerhin waren sie vor Berührungen geschützt und wirkten trotz der Ausstellungssituation entspannt. • Die Diepholzer Gänse vom Züchterverein für ursprüngliches Nutzgeflügel waren zwar in einem relativ grosszügigen Gehege von 7,5 m² mit Unterschlupfmöglichkeit, zwei geschlossenen Gehegeseiten sowie einer Badestelle von 1 m Durchmesser untergebracht. Dennoch schienen sie am ersten Besuchstag von der Ausstellungssituation klar überfordert zu sein und zogen sich in die hinterste Ecke hinter dem Unterschlupf zurück. Beim zweiten Besuch eine Woche später schienen sie sich eingewöhnt zu haben und hielten sich auch im vorderen Teil des Geheges auf. • Drei Pommernenten befanden sich auf einer grosszügigen Fläche von ca. 6 m² und hatten ebenfalls eine Badestelle von 1 m Durchmesser zur Verfügung. Ihnen fehlte allerdings eine uneinsehbare Rückzugsmöglichkeit.
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Den neugierigen Pommer Enten fehlte ein uneinsehbarer Rückzugsbereich im stark exponierten Gehege.
V. Fazit Die OLMA konnte ihr bezüglich Tierhaltung solides Niveau grundsätzlich auch in diesem Jahr halten. Viele Tierhaltungen waren tierfreundlich ausgestattet. Dennoch wäre es aus Sicht des STS wünschenswert, wenn die Kritik der Vorjahre gehört und entsprechende Verbesserungen umgesetzt werden würden. Beispielsweise das Ausstellen hochträchtiger Kühe und die an der OLMA stattfindenden Geburten, der mangelhafte Schutz der Kühe in Anbindehaltung vor dem Publikum und die z. T. ungenügenden Rückzugsmöglichkeiten für einzelne Tiergruppen (insbesondere der Schweine) in ihren Gehegen. Auch die Strukturierung fiel in einigen Gehegen (z. B. Tauben) eher dürftig und auch nicht sehr kreativ aus. Seitens der Vorführungen wäre es zudem wünschenswert, wenn nur Tiere eingesetzt würden, welche an solche Auftritte gewöhnt sind und mit welchen entsprechend trainiert wurde (Gewöhnung an Publikum, Kinder, Lärm, Musik etc.). Aber der STS konnte auch einige positive Veränderungen feststellen: Neu gewährte man den Fleischschafrassen Sichtschutz und den Lämmern einen Unterschlupf, jedoch konnten diese tierfreundlichen Elemente leider nicht von allen Tieren gleichzeitig genutzt werden. Die Heu-Toys als Verlängerung der Beschäftigung bei den Pferden haben wir ebenfalls mit Freude zur Kenntnis genommen. Positiv war zudem auch die Sonderausstellung von Kleintiere Schweiz, welche den Besuchern eine äusserst tiergerechte Kaninchenhaltung aufzeigte. Wie das Auslaufregime der Pferde und Kühe an der OLMA gehandhabt wird, konnte im Rahmen der beiden Besuche nicht festgestellt werden. Es ist zu hoffen, dass die Tiere jeweils mindestens einmal täglich in der Arena die Möglichkeit zur freien Bewegung erhalten. Der Schweizer Tierschutz STS stellt sich nicht grundsätzlich gegen Tierausstellungen, sondern erachtet diese, sofern die Tierhaltung tierfreundlich ausfällt und die Tiere mit der Ausstellungssituation nicht überfordert sind, als wertvollen Begegnungsort zwischen Tierhaltern und der Bevölkerung. Die Ausstellungen sollen dabei auch pädagogische Aufgaben erfüllen und den Besuchern eine 232 artgerechte Tierhaltung und einen freundlichen Umgang mit den Tieren aufzeigen.
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Internationale Katzenausstellung Lausen 4. und 5. November 2017, besucht am 5. November 2017
I. Allgemeines Die internationale gerichtete Katzenausstellung in Lausen wurde vom Katzenclub beider Basel organisiert und fand in der Mehrzweckhalle Stutz statt. Gemäss Ausstellungskatalog wurden an den beiden Ausstellungstagen insgesamt 245 Katzen der Rassen Exotic Kurzhaar, Perser, Ragdoll, Heilige Birma, Maine Coon, Neva Masquerade, Norwegische, Waldkatze, Sibirer, Türkisch Angora, Bengal, Britisch Langhaar, Britisch Kurzhaar, Burma, Kartäuser, Ägyptische Mau, Abessinier, Balinese, Devon Rex, German Rex, Orientalisch Langhaar, Orientalisch Kurzhaar, Siam, Somali, Sphynx und Thai ausgestellt. Die Atmosphäre an der Ausstellung war ruhig und die Temperatur mit etwa 23 °C für die Katzen in einem angenehmen Bereich. Die Hygiene an der Ausstellung war sehr gut und es roch kaum nach Katzenurin.
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INTERNATIONALE KATZENAUSSTELLUNG LAUSEN
Die Katzen hielten sich, wie für Ausstellungen üblich, in Einzelkäfigen (70 x 70 x 70 cm) oder in Doppelkäfigen (140 x 70 x 70 cm) auf. Obligatorisch mussten die Käfige über eine Unterlage sowie über Vorhänge verfügen, wobei nicht näher erläutert wurde, wie diese Vorhänge anzubringen waren. Ausserdem wurde empfohlen, den Katzen Wasser sowie eine Katzentoilette anzubieten. Es verfügten dann auch sämtliche Käfige über eine Unterlage sowie Vorhänge, wobei diese leider häufig nur Dekoration waren und keinerlei Sichtschutz für die Katzen boten. Auch die empfohlene Katzentoilette und das Wasser waren bis auf wenige Ausnahmen vorhanden. Leider verzichteten die Organisatoren weiterhin darauf, von den Ausstellern zu verlangen, dass sämtliche Käfige über eine Rückzugsmöglichkeit verfügten. Das Richten der Katzen fand auf der Bühne der Mehrzweckhalle statt und war für Zuschauer nicht zugänglich. Die Katzen wurden meist von den Ausstellern zum Richten gebracht. Entweder verbrachten sie danach die Wartezeit bis zur Beurteilung auf dem Arm des Ausstellers oder sie wurden in einen der Wartekäfige neben den Richtertischen gebracht. Leider waren diese Käfige auch in Lausen ohne jegliche Einrichtung. Es gab keine Unterlagen, keinen Sichtschutz und keine Rückzugsmöglichkeiten. In diesen Wartekäfigen verbrachten die Katzen bis zu 15 min. Das Richten selbst dauerte im Schnitt etwa 5 min.
Auf der Bühne der Ausstellungshalle fand das Richten der Katzen statt. Zutritt hatten hier nur Züchter und Richter.
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INTERNATIONALE KATZENAUSSTELLUNG LAUSEN
II. Was uns seitens Tierschutz an der Ausstellung gut gefallen hat • Umgang der Richter mit den Katzen: Sämtliche Richter zeigten am Besuchstag einen ruhigen, schonenden Umgang mit den Katzen und gingen sehr professionell vor. So gab es dann auch einige Katzen, die das Richten verhältnismässig ruhig und entspannt über sich ergehen liessen.
Behutsamer und professioneller Umgang der Richterin (links im Bild) mit der Katze während des Richtens. • Umgang der Züchter mit ihren Katzen: Erfreulicherweise gab es an der Ausstellung in Lausen einige Tierhalter, die mit ihren Katzen spielten oder sie streichelten und ihnen so die lange Aufenthaltszeit an der Ausstellung angenehmer und abwechslungsreicher gestalteten. • Käfige mit weicher Unterlage: Sämtliche Käfige verfügten, der Ausstellungsvorschrift entsprechend, über eine weiche Unterlage. • Gut eingerichtete Käfige: Einige gut eingerichtete Ausstellungskäfige mit Rückzugsmöglichkeit, Katzenbett, erhöhter Liegefläche, Spielzeug, Katzentoilette sowie Futter und Wasser fielen positiv auf. Bei diesen Käfigen standen erfreulicherweise nicht die Optik und der bunte Dekor im Vordergrund sondern das Wohlbefinden der Tiere. Die Tierhalter orientierten sich an den Bedürfnissen der Katzen.
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Gut eingerichteter Ausstellungskäfig mit Rückzugsmöglichkeit, Wasser, Futter, Spielzeug und einem Katzenbett. • Ruhige und entspannte Katzen: An der Katzenausstellung in Lausen schien der Grossteil der Katzen gut mit den Gegebenheiten zurechtzukommen. Viele Tiere zeigten sich ruhig und entspannt und an die Ausstellungssituation gewöhnt.
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Entspannte Katze, die lang ausgestreckt auf dem Rücken liegend im Käfig ruhte.
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III. Was sich im Vergleich zur letzten vom STS besuchten Ausstellung (Oberglatt 2017) verbessert hat • Weniger beobachtete Katzen, die mit der Ausstellungssituation überfordert waren: Im Vergleich zur letzten Ausstellung schien es erfreulicherweise etwas weniger Katzen zu geben, die mit den Bedingungen vor Ort überfordert waren. Wir beurteilen es grundsätzlich positiv, wenn Züchter darauf verzichten, ängstliche und überforderte Tiere an eine Ausstellung mitzunehmen.
Diese beiden Katzen schienen trotz des fehlenden Rückzugs entspannt. • Wenig übermässiges Zurechtmachen: In Lausen konnte nur selten beobachtet werden, dass Katzen über das Bürsten hinaus zurechtgemacht wurden. Ob dieses übermässige Zurechtmachen tatsächlich weniger verbreitet war oder einfach mehr im Verborgenen stattfand, war schwer zu beurteilen. Puder- und Spraydosen, die bei einigen Katzenhaltern herumstanden, zeigten aber, dass nicht alle Züchter von diesen Praktiken abliessen.
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IV. Was sich im Vergleich zur letzten vom STS besuchten Ausstellung (Oberglatt 2017) nicht verbessert oder gar verschlechtert hat • Vertreter von Extremzuchten: Ein hoher Anteil, ca. 20 %, der Katzen an der Ausstellung gehörten Rassen an, die den Extremzuchten zugeordnet werden, wie z. B. stark brachycephale Perser und Exotic Shorthair, aber auch Devon Rex und Sphynx-Katzen.
Perserkatze mit Extremzuchtmerkmalen: massiv verkürzte Nase und konkaves Gesichtsprofil.
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Sphynx-Katze, die neben der fehlenden Körperbehaarung auch eine übermässige Faltenbildung aufwies.
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• Fehlende Rückzugsmöglichkeiten: In etwa 50 % der Katzenhaltungen an der Ausstellung in Lausen, verfügten die Tiere über keine oder nur ungenügende Rückzugsmöglichkeiten. Rückzugsmöglichkeiten in Unterkünften und Gehegen müssen gemäss Tierschutzverordnung jedem Tier – auch an Ausstellungen – zur Verfügung gestellt werden. Abweichungen von den gesetzlichen Vorgaben dürfen nur nach Genehmigung durch das kantonale Veterinäramt gestattet werden.
Diese beiden Katzen fühlten sich ohne Rückzug sichtlich unwohl. Sie kauerten sich in die Ecke des Käfigs. Die Katze links im Bild versuchte wenigstens hinter ihrer Käfiggenossin etwas Deckung zu finden.
Diese Katze ruhte mangels Alternative in ihrer Katzentoilette.
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Diese Katze duckte sich mit maximal geweiteten Pupillen ängstlich in die Ecke des Käfigs. Mit einem geeigneten Rückzug hätte man diesem Tier den Aufenthalt an der Ausstellung sicher etwas erträglicher machen können. • Kein Wasser und keine Toilette: Einige Halter boten ihren Katzen kein Wasser und keine Katzentoilette an, obwohl dies von den Organisatoren empfohlen wurde und gemäss Tierschutzverordnung grundsätzlich zur Verfügung stehen muss. • Mit der Ausstellungssituation überforderte Katzen: Einige Katzen waren offensichtlich mit der Ausstellungssituation überfordert. Sie reagierten auf die Belastungen z. B. mit ständigem Miauen, aufgerissenen Augen und stark geweiteten Pupillen, geduckter Körperhaltung und einer sehr hohen Atemfrequenz. So hatten dann auch mehrere Katzen einen hohen Cat Stress Score (CSS) 1 von 4 (stark gespannt). Bei mindestens 2 Tieren erreichte er mit 6 (verängstigt) gar den höchsten Stresslevel.
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1 Kessler & Turner (1997)
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Diese Katze war im Wohlbefinden beeinträchtigt und zeigte ihre Überforderung durch ständiges Miauen.
Diese Britisch Kurzhaar zeigte während der Ausstellung Maulatmung und mit gegen 200 Atemzügen pro Minute eine sehr hohe Atemfrequenz.
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Bengalkatze in ihrem Ausstellungskäfig ohne jegliche Rückzugs möglichkeiten.
Dieselbe Katze, laut Ausstellungsprogramm ein etwa halbjähriges Tier, litt offensichtlich unter der Ausstellungssituation. Der auf den Untergrund gepresste Körper, die aufgerissenen Augen mit den maximal geweiteten Pupillen sowie die nach hinten gelegten Ohren sprachen eine unmissverständliche Sprache. Besonders unverständlich, dass ein solch junges, offensichtlich verängstigtes Tier ohne jede Rückzugsmöglichkeit ausharren musste. • Wartekäfige ohne Rückzug und Unterlage: Im Richterbereich mussten die Katzen auch an dieser Ausstellung bis zu 15 Minuten in einem Käfig ausharren, der über keinerlei Einrichtung verfügte – also nicht einmal über eine Unterlage oder einen Sichtschutz. Viele Katzen verhielten sich in dieser Umgebung folglich unruhig und verängstigt. 242
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V. Fazit Das Ausstellungsreglement verlangte von den Ausstellern in Lausen, wie auch an anderen Ausstellungen üblich, lediglich, dass die Käfige mit einer Unterlage und Vorhängen ausgestattet waren. Ausserdem empfahlen die Verantwortlichen, den Tieren Wasser und eine Katzentoilette zur Verfügung zu stellen. Unsere Beobachtungen zeigten aber, dass diese Vorschriften für das Tierwohl nicht ausreichend waren und zudem nicht den gesetzlichen Mindestanforderungen entsprachen. Des Weiteren wurden die Minimalanforderungen des Reglements nicht in allen Fällen eingehalten. Gerade der fehlende Rückzug in etwa der Hälfte aller Käfige stellte ein grosses Problem dar. Zwar gab es Katzen, die offenbar an die Ausstellungssituation gewohnt und charakterlich so veranlagt waren, dass sie auch ohne Rückzugsmöglichkeit auskamen. Andererseits verfügten aber praktisch alle verängstigten Katzen, die an der Ausstellung beobachtet werden konnten, über keinerlei Sichtschutz oder Rückzugsmöglichkeiten. Aus diesem Grund fordert der Schweizer Tierschutz STS die Verantwortlichen auf, ihr Ausstellungsreglement anzupassen und den Rückzug in jedem Käfig zwingend zu verlangen. Die Änderungen der Tierschutzbestimmungen verlangen ab März 2018, dass Tiere, die mit der Ausstellungssituation überfordert sind, vom Veranstaltungsort entfernt und entsprechend gepflegt und versorgt werden müssen (Art. 103a). Zudem sind nur mehr kurzzeitige geringfügige Abweichungen von den Mindestanforderungen der Tierschutzverordnung an Tierausstellungen erlaubt. Dem ist in den Ausstellungsreglementen Rechnung zu tragen. Selbes gilt für die Wartekäfige im Richterbereich, die zwingend mit Unterlagen und Sichtschutz bzw. Rückzugsbereich ausgestattet werden müssten. Auch in Lausen wurden Katzen ausgestellt, die unter der Ausstellungssituation so litten, dass sie von ihren Besitzern gar nicht erst hätten ausgestellt werden sollen. In einem Fall konnte über einen längeren Zeitraum eine etwa eineinhalbjährige Britisch Kurzhaar Katze beobachtet werden (Seite 9, unten), die auf der Seite liegend eine Atemfrequenz von gegen 200 Atemzügen pro Minute zeigte (bei einer ruhenden Katze liegt die Atemfrequenz etwa bei 20 – 40 Atemzügen pro Minute). Ausserdem zeigte sie Maulatmung, was bei Katzen eher selten auftritt, und wenn, dann im Zusammenhang mit einer Erkrankung, Überhitzung oder Stress steht. Auf unsere Frage hin, wieso dieses Tier so atme, gab die Besitzerin zur Antwort, dass es der Katze zu heiss sei, mit dem Tier ansonsten aber alles in Ordnung sei. Erfahrungsgemäss haben Kurzhaarkatzen bei Temperaturen von 23 °C kaum Probleme mit der Thermoregulation. Hier dürfte primär die stark belastende Ausstellungssituation die Ursache gewesen sein. Der STS fordert die Ausstellungsverantwortlichen und jeden einzelnen Aussteller auf, dringend dafür zu sorgen, dass sämtliche Katzen an der Ausstellung auf Stresssymptome (erhöhte Atemfrequenz bei ruhenden Tieren, Maulatmung, nach hinten gelegte Ohren, auf den Boden gepresster, geduckter Körper, aufgerissene Augen mit geweiteten Pupillen, Speicheln etc.) überprüft werden. Aussteller, deren Katzen sich trotz Rückzugsmöglichkeiten nicht beruhigen, sollten in Zukunft nicht mehr ausgestellt werden dürfen bzw. müssten das Ausstellungsgelände verlassen. Leider war der Anteil an Rassevertretern mit extremen Zuchtmerkmalen (Perser und Exotisch Kurzhaar mit stark verkürzter Nase und Sphynx- sowie Rexkatzen mit verkümmerten oder fehlenden Schnurrhaaren) an dieser Ausstellung sehr hoch. Der STS fordert, auf das Präsentieren und insbesondere auf das Prämieren solcher belasteter Tiere zu verzichten, um der Züchtung von immer extremeren Körpermerkmalen entgegenzuwirken. Die Tatsache, dass Rassen mit Extremzuchtmerkmalen an Ausstellungen präsentiert werden, kann beim Publikum zur falschen Annahme führen, dass es sich hierbei um unproblematische, gesunde Rassen handle und die Anschaffung solcher Tiere erstrebenswert sei.
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ZIERVOGELAUSSTELLUNG
Exposition nationale Paires, Marin-Epagnier Vom 17. bis 19. November 2017, besucht am 18. November 2017
Dieser Pflaumenkopfsittich fand nur teilweise Sichtschutz hinter dem Bewertungsblatt.
I. Allgemeines Allgemeine Hinweise zur Messe
Die Exposition nationale Paires fand in einer Halle auf dem Espace Perrier statt. Die Aussteller präsentierten diverse kleine bis mittelgrosse Papageien, Tauben, Wachteln, Prachtfinken und Finken, darunter auch mehrere einheimische Finkenarten. Insgesamt wurden rund 550 Vögel ausgestellt. Die Vögel an der Exposition nationale Paires wurden gerichtet; dies geschah aber bevor die Ausstellung für das Publikum geöffnet wurde. Wie sich das Handling und die Präsentation der Vögel für das Richten gestaltete, konnte der STS demzufolge nicht beurteilen. Während der Ausstellung selbst wurden weder zu Demonstrationszwecken noch zum Streicheln Vögel aus den Käfigen genommen. Soweit ersichtlich, waren auch keine Vögel zum Verkauf ausgeschrieben. Am Besuchstag herrschte in der Ausstellungshalle Raumtemperatur (ca. 20 °C), Zugluft war nicht vorhanden. Da sich der Besucherzustrom in Grenzen hielt, konnte die Lärmbelastung als unbedenklich eingestuft werden.
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ZIERVOGELAUSSTELLUNG
Hinweise zur Tierhaltung
Die Haltung der Vögel erfolgte paarweise, wobei auch Männchen-Männchen- oder Weibchen-Weibchen-Kombinationen vorkamen. Bei den Käfigen handelte es sich um herkömmliche LeuenbergerAusstellungskäfige aus Holz in vier verschiedenen Käfiggrössen. Die Kanarien und manche Prachtfinken (Zebrafinken, Gouldamadinen) wurden in den kleinsten Käfigen (ca. 45 x 25 x 36 cm) gehalten. Die Mehrheit der Prachtfinken sowie kleinere Papageienarten (Wellensittiche, Agaporniden, Bourkesittiche, Neophemen) bewohnten die mittleren Käfige (ca. 60 x 30 x 40 cm). Die Nymphensittiche, verschiedene Wachtelarten sowie kleinere Taubenarten (z. B. Sperlings- und Diamanttäubchen, Lachtaube) waren in mittelgrossen Käfigen à ca. 60 x 40 x 50 cm untergebracht. Für mittlere bis mittelgrosse Papageien (z. B. Schildsittiche, Halsbandsittiche, Pflaumenkopfsittiche) sowie Brieftauben kamen schliesslich die grössten Käfige à ca. 100 x 50 x 80 cm zum Einsatz. Die in der Tierschutzverordnung (TSchV) deklarierten Mindestvorschriften für die Haltung von Vögeln wurden leider mehrheitlich nicht eingehalten. Die Vorder- sowie Oberseiten der Käfige waren aus Metallgitter und folglich einsehbar. Die Käfigeinrichtung gestaltete sich karg. Sie bestand zumeist aus einem auswechselbaren Boden (Papier oder Karton), zwei fest installierten Holzsitzstangen, einer Futterschale und einer Tränke. Den Wachtelarten stand Einstreu zur Verfügung. Federnde Sitzgelegenheiten waren nicht vorhanden. Abgesehen von wenigen Ausnahmen fehlten auch Badestellen sowie adäquate Beschäftigungsmöglichkeiten. Rückzugsmöglichkeiten waren nur dort in reduziertem Masse vorhanden, wo das Bewertungsblatt einen Teil des Käfigs verdeckte. Die Käfige waren in mehreren Reihen auf Tischen platziert. Insbesondere bei den kleinen Käfigen bestand dadurch die Möglichkeit, sich über die Käfige zu beugen; lediglich einzelne Züchter deckten die Käfigoberseite mit einem Blatt Papier ab. Da von oben kommende Bewegungen dem Fluchttier Vogel einen sich nähernden Beutegreifer suggerieren, sollten Käfige aus Sicht des STS nie von oben einsehbar sein. Auch sollten die Besucher stets auf Distanz zu den Käfigen gehalten werden, damit die Vögel nicht in Angst versetzt werden. Dies war allerdings nicht der Fall, die Käfigreihen waren eng beieinander platziert und Absperrungen nicht vorhanden. Die Besucher kamen sehr nah an die Käfige heran oder berührten diese sogar, wenn sie sich beim Betrachten der Käfige gegenseitig ausweichen mussten.
Die Käfige waren aneinandergereiht auf Tischen platziert. Eine Absperrung zum Besucher hin war nicht vorhanden.
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ZIERVOGELAUSSTELLUNG
Standard-Käfigeinrichtungen bei gerichteten Ausstellungen. Die Platzverhältnisse waren äusserst beschränkt, die Einrichtung gestaltete sich karg. Diese zwei Bourkesittiche hatten immerhin noch etwas Kolbenhirse zur Beschäftigung – ein «Luxus», welcher vielen Vögeln verwehrt blieb.
Hinweise zum Verhalten der Vögel an der Ausstellung
Aufgrund der fehlenden Absperrung und den engen Käfigreihen konnten sich die Besucher den Käfigen ungehindert nähern. Die Vögel indessen erhielten infolge der kleinen Käfige und fehlenden Versteckmöglichkeiten keinerlei Gelegenheit, sich den Blicken der Besucher zu entziehen oder zumindest räumliche Distanz zu schaffen. Dies führte bei verschiedenen Vögeln zu Stressbelastung, wobei die Belastungen im Verlaufe des Nachmittags mit ansteigendem Besucherstrom zunahmen. Insbesondere die einheimischen Wildvögel (u. a. Distelfink, Gimpel, Bluthänfling), aber auch zahlreiche «domestiziertere» Arten (z. B. Kanarien, Schwarzköpfchen) zeigten Angst- und Stresssymptome wie Ducken, Verstecken hinter dem Partner, Flügelzittern oder Schnabelatmung. Mehrere Vögel führten stereotype oder stereotypieähnliche Verhaltensweisen aus, indem sie beispielsweise am Käfigboden hin- und herrannten oder repetitive Flugmuster vollführten. Stereotypien sind Verhaltensstörungen und deuten auf ungenügende Haltungsbedingungen und Belastungen hin. Einzelne Vögel, konstant frustriert durch die erfolglosen Fluchtversuche, wechselten gar zu einer Strategie des apathischen Stillsitzens am Boden. Dieses Verhalten wird «learned helplessness» genannt: Das Tier hat aufgegeben, es kann mit all seinen Bewältigungsversuchen nichts ausrichten; ein Zustand der kompletten Frustration und des stummen Leidens.
II. Was uns seitens Tierschutz an der Ausstellung gefallen hat • Die Vögel wurden paarweise gehalten. • Den Wachteln sowie den chinesischen Zwergwachteln stand Einstreu zwecks Beschäftigung sowie Staubbaden zur Verfügung. • Einzelne Züchter deckten die Käfigoberseite mit einem Papier ab, um den Tieren zumindest zur Käfigoberseite hin Deckung zu geben. • Die Lautstärke im Raum war angenehm, auf Durchsagen wurde verzichtet, und auch der Restaurantbetrieb war ausserhalb des Tierraums platziert. 246
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Im Gegensatz zur SWISSBird, an der die Vögel einzeln gehalten wurden, verfügten die Tiere an der Exposition nationale Paires über Sozialkontakte.
Die Wachteln und die chinesischen Zwergwachteln verfügten löblicherweise über Einstreu und somit eine Staubbademöglichkeit – aber leider fehlte der für die scheuen Tiere notwendige Rückzug.
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III. Was sich im Vergleich zur letzten vom STS besuchten Vogelausstellung verbessert hat Die «Exposition Paires» wurde erstmals vom STS besucht, daher können keine Vergleiche zu den Vorjahren gezogen werden. Verglichen mit der nationalen Vogelausstellung SWISSBird, bei welcher ähnliche Bedingungen vorherrschten, hoben sich hier insbesondere die paarweise Haltung sowie der räumlich abgetrennte Restaurantbetrieb positiv hervor. Auch wurde auf die ganz kleinen Käfigtypen verzichtet, und es wurden keine verletzten Vögel beobachtet.
IV. Was dem STS an der Ausstellung nicht gefallen hat und verbessert werden muss Verglichen mit der nationalen Vogelausstellung SWISSBird fiel die Exposition nationale Paires in folgenden Punkten schlechter aus: • Absperrungen vor den Käfigen fehlten; die Besucher erhielten ungehindert Zugang zu den Käfigen und nutzten dies auch aus (bei der SWISSBird waren 2015 immerhin bei einem Teil der Käfige Absperrungen vorhanden). • Die Käfige waren vergleichsweise niedrig platziert, mangels Absperrungen konnten sich die Besucher insbesondere über die kleinen Käfigtypen beugen oder von oben fotografieren. Da Vögel Fluchttiere sind, in den kleinen Käfigen aber keine Möglichkeit zur Flucht oder zum Rückzug hatten, entstand für die ausgestellten Tiere eine erhebliche Belastung. • Adäquate Rückzugsmöglichkeiten fehlten auch bei der Exposition nationale Paires. • Die Käfige entsprachen nicht den Bedürfnissen der Vögel. Die Einrichtung präsentierte sich karg und auf das Nötigste beschränkt. Die Platzverhältnisse waren gering, die überwiegende Mehrheit der Käfige unterschritt die Mindestvorschriften der TSchV. • Im Gegensatz zur SWISSBird fehlten Schauvolieren, welche den Besuchern eine tierfreundliche, bedürfnisgerechte Haltung aufzeigen und den Unterschied zu Haltungsbedingungen bei prämierten Ausstellungen verdeutlichen würden. • Aufsichtspersonal war zwar vorhanden, es griff jedoch während der Anwesenheit des STS nicht ein, wenn sich Besucher zu nahe an die Käfige bewegten oder Kinder herumrannten. • Zahlreiche Vögel zeigten Belastungsanzeichen: -- Schnabelatmung: z. B. Distelfinken, Kanarien-Distelfinken-Hybriden, Frisé-Kanarien, Farbkanarien -- Ducken hinter dem Partner oder am Boden: z. B. Rostkappenpapagei, Blaugenicksperlingspapagei -- Stereotype Bewegungsabläufe: z. B. Bluthänfling, Birkenzeisig, Feinsittich, Gimpel -- Learned helplessness: regungsloses Verharren am Boden bei Fein- und Glanzsittichen • Insbesondere bei den Kanarien wurden verschiedene Zuchtformen mit Abweichungen im natürlichen Aussehen ausgestellt: Nebst verschiedenen Farbzuchten, u. a. bei Kanarien und Agaporniden, waren auch Vögel mit Gefiederabnormitäten präsent. Es handelte sich hierbei um Frisé-Kanarien, deren Brust-, Rücken- und Schulterfedern stark gekräuselt waren, sowie haubentragende Schauwellensittiche und Kanarien. Insbesondere Letztere sahen teilweise kaum mehr unter den Federhauben hervor. Der STS sieht solche Zuchtformen kritisch, denn die Tiere verfügen über ein eingeschränktes Sehvermögen und folglich eine eingeschränkte Reaktionsfähigkeit auf Umweltreize. Der STS ist der Ansicht, dass solche Vögel stark belastet sind und mit solchen Extremmerkmalen nicht gezüchtet werden sollten. • Auch an der Exposition nationale Paires wurden diverse bewilligungspflichtige Wildvogelarten sowie Hybriden zwischen Wild- und Ziervögeln präsentiert: Gimpel, Fichtenkreuzschnabel, Distelfink, Erlenzeisig, Birkenzeisig, Bluthänfling sowie Hybriden zwischen Distelfink und Kanarienvogel. Auf die Bewilligungspflicht wurde allerdings nicht hingewiesen, was der STS kritisiert. Da Wildvögel aufgrund der kürzeren Domestikationszeit in der Regel eine höhere Fluchtbereitschaft haben und scheuer sind, sind sie an Ausstellungen grösseren Belastungen ausgesetzt.
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Diese beiden Feinsittiche verharrten während der Anwesenheit des STS mehrheitlich regungslos am Boden, zeitweise rannte einer der Vögel stereotyp hin- und her.
Auch diese beiden Glanzsittiche verbrachten den Nachmittag regungslos am Boden sitzend.
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Mehrere Vögel zeigten Schnabelatmung, so auch diese Kreuzung zwischen Kanarien und Distelfinken.
Diese Bluthänflinge zeigten stereotype Flugmuster, indem sie immer wieder von einer Sitzstange gegen die Decke, wieder auf eine Sitzstange, auf den Boden und anschliessend wieder auf eine 250 Sitzstange flogen.
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Absperrungen fehlten, dementsprechend näherten sich die Besucher den Käfigen auf kurze Distanz. Diese Besucherin fiel mehrmals negativ auf, indem sie nahe am Käfig fotografierte. Die Schwarzköpfchen im Bild reagierten auf ihr Näherkommen mit einem erfolglosen Fluchtversuch.
Manche Besucher platzierten dreist ihr Handy auf dem Käfig. Die Aufsichtspersonen korrigierten dieses Verhalten nicht.
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V. Fazit Die Tierschutzverordnung (TSchV) schreibt gesetzliche Mindestanforderungen für die Tierhaltung vor, auch für die Haltung von Vögeln. Für Ausstellungen können die Kantone aber auf Gesuch der Veranstalter Ausnahmebewilligungen erstellen und so Unterschreitungen der Mindestmasse erlauben. Der Schweizer Tierschutz STS verfolgt hier einen anderen Ansatz, aus seiner Sicht haben Tierausstellungen immer eine Vorbildfunktion. Die Mindestanforderungen der TSchV sollten bei Tierausstellungen immer eingehalten und wann immer möglich zu Gunsten des Tierwohls übertroffen werden. Das interessierte Publikum kann sich so über tierfreundliche Haltungsbedingungen informieren, die Beispiele mit nach Hause nehmen und nachleben. Gerade an gerichteten Ausstellungen wären Schauvolieren mit grosszügigen Platzverhältnissen und artgerechter Strukturierung ein pädagogisch wertvolles Hilfsmittel, auch, um den Besuchern die Unterschiede zwischen tierfreundlichen Haltungsbedingungen und den kargen Verhältnissen bei prämierten Ausstellungen aufzuzeigen. Bei den Besuchern darf keinesfalls der Eindruck entstehen, die Vögel könnten zu Hause in derart kleinen und karg eingerichteten Käfigen gehalten werden! Die Haltung an der Exposition nationale Paires war abgesehen von der Tatsache, dass keine einzelnen Vögel präsentiert wurden, wenig tierfreundlich. Da überdies keine Absperrungen zu den Käfigen vorhanden waren und auch die Aufsichtspflicht nicht ausreichend wahrgenommen wurde, wurden diverse Vögel durch die Ausstellungssituation stark belastet und in ihrer Anpassungsfähigkeit überfordert. Diese Vögel litten höchstwahrscheinlich stark unter den vorherrschenden Bedingungen. Aus Sicht des STS sind Ausstellungen nur dann gerechtfertigt, wenn sie für die Tiere nicht mit Leiden verbunden sind. Es sollten daher an Vogelausstellungen nur Arten und Individuen ausgestellt werden, die mit der Ausstellungssituation verhältnismässig gut zurechtkommen. Der STS fordert die Aussteller ferner auf, zukünftig Absperrungen vor den Käfigen zu installieren, damit die Besucher auf Distanz zu den Käfigen gehalten werden. Auch sollten die Besucher ermahnt werden, die Käfige nicht zu berühren, keine Kameras an die Käfige zu halten und beispielsweise die Bewertungsblätter an den Käfigen nicht beiseite zu schieben (so mehrmals geschehen und von der Aufsicht toleriert). Aus Sicht des STS sollten die Aussteller den Vögeln zudem ein Minimum an Rückzug zugestehen. Das Bewertungsblatt, welches bei manchen Käfigen für einen reduzierten Sichtschutz sorgte, ist hierfür nicht ausreichend, insbesondere für grössere Vögel. Aus Sicht des STS sollte eine effizientere Form des Sichtschutzes (z. B. Karton, Holzbrett oder Kunststoffplatte) angebracht werden. An der Exposition nationale Paires wurden mehrere nachgezüchtete einheimische Singvogelarten gezeigt. Gemäss Art. 7 Jagdgesetz (JSG) gelten alle einheimischen Vögel (ausser die als jagdbares Wild deklarierten Arten) als geschützt, und es bedarf einer kantonalen Bewilligung nach Art. 10 JSG für ihre Haltung. Aus Sicht des STS sollten solche Vögel an Ausstellungen höchstens dann gezeigt werden, wenn explizit auf die Bewilligungspflicht hingewiesen wird; dies war nicht der Fall. Zu beachten ist auch, dass Wildvögel aufgrund der kürzeren Domestikationszeit in der Regel scheuer und anfälliger für Stressbelastungen sind als schon lange in Menschenobhut gezüchtete Arten. Der STS steht ihrer Ausstellung daher kritisch gegenüber.
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