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EIN MAGAZIN VON SECO AUSGABE 1/2017

HARTE BANDAGEN

WAS KÖNNEN SELBSTFAHRENDE AUTOS? DREI TRENDS IN DER SPANENDEN BEARBEITUNG

Der Trend in der Automobilbranche geht immer mehr zum selbstfahrenden Auto. Aber kann man der Technik vertrauen und das Lenkrad loslassen?


Inhalt

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NEWS UND TRENDS

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WISSEN – GLOBALE TRENDS DIE DIGITALE REALITÄT Die digitale Welt stellt unsere etablierte Industriepraxis in Frage. Lars Bergström, CEO von Seco Tools, lässt sich inspirieren statt entmutigen.

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FALLSTUDIE: AUSTRALIEN SIND SIE HART GENUG? Dank Seco kommen bei ComSteel die Waggons ins Rollen – an einem sehr unwirtlichen Ort.

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AM PULS DER ZEIT INTERVIEW MIT PATRICK DE VOS Der Seco Experte für Metallzerspanung beantwortet technische Fragen unserer Leser.

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AUSBLICK: SELBSTFAHRENDE AUTOS TITELGESCHICHTE ALLES WISSENSWERTE AUF EINEN BLICK Wir gehen der aktuellen Entwicklung selbstfahrender Autos auf den Grund.

18 MÖGLICHKEITEN NACHHALTIG UNTERWEGS Gebrochene Rekorde und Öko-Strom: zwei Männer und ihre mutige Vision

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EDGE UND SIE DIE VIERTE INDUSTRIELLE REVOLUTION „Ich mag Forschung, Wissenschaft und Lernprozesse. Aber am liebsten ist es mir, wenn die Theorie zur greifbaren Praxis wird.“

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FALLSTUDIE: RUSSLAND MESSERSCHARFE KOMBINATION Zusammen mit Seco hat das Jegorjewsker Maschinenwerk seine Prozesse optimiert, um der gestiegenen Nachfrage nach den Selbstfahrmähern der Firma gerecht werden zu können.

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EDGE UNTERWEGS FRIDA HANSDOTTER Während ihre Freunde feierten, war sie auf der Piste unterwegs. Frida Hansdotter verrät, wie das Skifahren vom Hobby zum Kampf um die Weltmeisterschaft wurde.

32 EDGEUCATION DREHMASCHINE MIT ATOMPHYSIK Als erstes Unternehmen der Welt konnte Seco messen, wie sich Werkstoffe bei der Bearbeitung verhalten.

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Gemeinsame Forschung für die Zukunft „Die Fertigungsindustrie durchläuft momentan einen Wandel, der zur Revolution führen wird“, prophezeit Professor

Sam Turner von der Universität Sheffield in seinem Beitrag in dieser Ausgabe. Das sehen wir bei Seco genauso. Und deswegen arbeitet unser Unternehmen seit vielen Jahren mit Hochschulen und Akademien an gemeinsamen Forschungsprojekten. Wir wollen bei der Untersuchung neuer Werkstoffe und Verfahren vorne stehen, da wir, wie die gesamte Fertigungsindustrie, die Auswirkungen spüren. Immer wieder lassen wir neue Erkenntnisse in unsere Forschungs- und Entwicklungsarbeit einfließen. Aber die Universität Sheffield ist nur ein Beispiel. Gemeinsam mit der Universität Linköping und dem Forschungszentrum DESY in Hamburg haben wir ein weiteres spannendes, geradezu revolutionäres Projekt am Laufen. Auf S. 32 bis 35 erfahren Sie mehr! Wie immer finden Sie auch in dieser Ausgabe der Edge Beiträge zu neuen Produkten, Geschäftsideen, Trends und Menschen aus aller Welt. Viel Vergnügen! HANS HELLGREN

VIZEPRÄSIDENT, VERTRIEB UND MARKETING EDGE@SECOTOOLS.COM EDGE ist ein Kundenmagazin von Seco Tools, das weltweit in 25 Sprachen erscheint. Seco Tools AB Marketing Department, 737 82 Fagersta, Schweden. Telefon +46 223-400 00 Fax +46 223-718 60 Internet www.secotools.com Herausgeber Hans Hellgren E-Mail hans.hellgren@secotools.com Redaktionsleitung Jennifer Gauffin E-Mail jennifer.gauffin@secotools.com Redaktion und Layout Appelberg Publishing Group Redakteur Per-Ola Knutas Editor Antony Riley Art Direction Cecilia Farkas, Johan Nohr Druck Elanders Titelfoto Samir Soudah EDGE (1. 2017)

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NEWS UND TRENDS

NEUES VOM WERKZEUGEXPERTEN

GARY MEYERS

stammt ursprünglich aus Detroit, Michigan in den USA, wohnt aber mittlerweile im schwedischen Fagersta. Seit den 1990er Jahren ist er in der Branche tätig und arbeitet seit fünf Jahren bei Seco als Globaler Produktleiter im Bereich Planfräsen.

FAKTEN Position: Produktleiter Planfrästechnik Ausbildung: Werkzeugmacher; Studium der BWL, CAD/CAM und Theorie zur Metallbearbeitung an der Universität Laufbahn: Nach seiner Zeit als Mechaniker bei der US Navy war Meyers als Werkzeugmacher und später in leitender Position tätig. Danach startete er bei Seco als Produktleiter für Wendeplattenfrässysteme und Jabro-/ Niagara-Fräser und zog dann nach Fagersta um, wo er als Globaler Produktleiter für Planfrästechnik arbeitet.

FOTO: GETTY IMAGES

Neuer Hauptsitz in Schanghai Seco hat eine neue Hauptniederlassung in Schanghai eröffnet. Das neue Werk bietet uns die Möglichkeit, Beziehungen zu Kunden in der Region aufzubauen, aber auch hochwertige und produktive Bearbeitungslösungen zu entwickeln. Seco China wurde 1994 als kleine Tochtergesellschaft gegründet und ist seitdem zum weltweit drittgrößten Markt des Unternehmens gewachsen. Die neue Seco-Niederlassung in Schanghai wurde von Bo Udsen, Geschäftsführer China, und Lars Bergström, Präsident und CEO, eingeweiht. Anwesend waren zahlreiche Kunden, Vertriebspartner, Geschäftspartner sowie einige Regierungsbeamte.

1932 AUSDREHKÖPFE EPB 890 Die Einstellung des Durchmessers ist am neuen, abnehmbaren Universal Digital Display Controller (UDDC) immer sehr gut abzulesen. Der UDDC ersetzt die analoge Mikrometerspindel durch eine große Anzeige, an dem die Durchmesser-Einstellungen angepasst werden können. Der UDDC zeigt entweder den Durchmesser oder aber den Radius an und ist das einzige Gerät, das im Relativ-Modus (Anpassung des Durchmessers) oder im Absolut-Modus (tatsächlicher vom Ausdrehkopf angefertigter Durchmesser) arbeiten kann. Darüber hinaus hat das System eine innovative, dynamische Auswuchtautomatik sowie eine doppelte Kühlmittelzufuhr.

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Das Jahr, in dem alles begann. Der schwedische Stahlproduzent startet mit der Produktion von Metallbearbeitungswerkzeugen unter dem Markennamen „Seco“ (lateinisch für „ich schneide“).

DER AMERIKANISCHE ZUKUNFTSFORSCHER JEREMY RIFKIN IST DER MEINUNG, DASS DAS 3D-DRUCKEN FÜR DEN BEGINN EINER NEUEN INDUSTRIELLEN REVOLUTION STEHT:

„ Die digitale Revolution in der Fertigung eröffnet uns jetzt die Möglichkeit, auch bei der Herstellung von Gebrauchsgütern nachzuziehen. In der neuen Ära kann im Prinzip jeder sein eigener Hersteller werden […]. Ich spreche hier vom 3D-Drucken.“


In der Fertigung wird wieder viel Wert darauf gelegt, dass jedes Werkstück passt. In vielen Bereichen gibt es keine Massenfertigung mehr. Für gute Ergebnisse, wird wieder mehr Zeit investiert.“ Patrick De Vos ist technischer Ausbildungsleiter bei Seco und stellt auf edgeupdate.com die Trends in der spanenden Bearbeitung vor. Im Internet: bit.ly/devosedge

FOTO: GETTY IMAGES

Hygiene-Initiative in Indien Gemäß unserer unternehmerischen Gesellschaftsverantwortung (CSR) ist Seco Tools Indien in der Region Koregaon Bhima bei Pune im Westen Indiens aktiv geworden: Gemeinsam mit einem NRO-Partner wandte sich das CSR-Team von Seco Indien an über 2000 Schüler und Studierende und klärte sie über sanitäre Anlagen und Hygiene auf. Im Zuge der Kampagne „Sauberes Koregaon Bhima“ wurden auch öffentliche Toiletten renoviert und Abfalleimer an drei Schulen aufgestellt.

Grüne Gedanken

PLANFRÄSER R220.88 Seco hat das Angebot an Planfräsern um ein Fräsersystem mit 88° Anstellwinkel erweitert. Das neue leistungsstarke und wirtschaftliche Planfrässystem R220.88 beinhaltet direkt gepresste Wendeplatten und einen neuen korrosionsfesten Fräskörperwerkstoff, der zur hohen Qualität des Fräsers beiträgt und darüber hinaus die Umwelt schont, da keine Vernickelung mehr notwendig ist. Das System wurde für anspruchsvolle Planfräsarbeiten von kleinen Losgrößen bis zur Massenproduktion entwickelt, wo es auf die Kosten pro Schneide, Produktivität und Zuverlässigkeit im Bearbeitungsprozess ankommt.

STEADYLINE®-ANGEBOT

FOTO: GETTY IMAGES

Solarzellen auf dem Dach und Ladestationen für Elektroautos – die Seco Produktionsstätte im französischen Bourges setzt sich für die Umweltschutzziele des Unternehmens ein. „Die Produktionsstätte in Bourges hat sich der Industrie 4.0 verschrieben, mit dem Konzept einer so genannten grünen Fabrik“, sagt Werksleiter Matthieu Dassonville. Erst kürzlich hat das Werk ein rein elektrisch angetriebenes Auto gekauft, das für die Wartungsarbeiten vor Ort eingesetzt wird. Gleichzeitig wurden

für Mitarbeiter, die ihre eigenen Elektroautos laden möchten, Ladestationen eingerichtet - kostenlos. Weitere Stationen werden folgen, falls sich mehr Mitarbeiter für ein elektrisches Fahrzeug entscheiden. Außerdem wurde auf dem Dach ein 700 Quadratmeter großer Solarkollektor montiert, der jährlich etwa 100 Megawattstunden produziert. Das entspricht dem Energieverbrauch von sieben Haushalten!

Seco erweitert das Angebot an innovativen Steadyline-Drehbohrstangen und GL-Schneidköpfen um neue Produkte: Drehbohrstangen mit 60 und 80 mm Durchmesser und Dreh- und Gewindeschneidköpfe mit JetstreamKühlung. Beim Innendrehen, Gewindeschneiden und Aufbohren können Aufnahmen mit Steadyline-Schwingungsdämpfung für verschiedene Prozesse mit GL-Aufnahmen verwendet werden. Die GL-Aufnahme sorgt für eine hervorragende Schneidenpositionierung sowie eine hohe Wiederholbarkeit und ermöglicht dabei extrem schnelle Kopfwechsel.

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WISSEN GLOBALE TRENDS

AUF DER SUCHE NACH TALENTEN – EIN GLOBALER TREND

Digitale Zukunft

Die Cloud, Big Data, Globalisierung, das Internet der Dinge und die fortwährende Suche nach Talenten tragen alle dazu bei, dass die Fertigungsindustrie einen rapiden Wandel erfährt. Lars Bergström, CEO von Seco, lässt sich von erfolgreichen Digitalunternehmen inspirieren, damit wir mit dieser raschen Entwicklung mithalten können. Text: Per-Ola Knutas Foto: Emma Hanquist

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IE REGELN DER GESCHÄFTSWELT haben sich komplett geändert. Wenn wir von neuen Unternehmen wie Uber, Netflix und Google eines gelernt haben, dann dass die sicheren, traditionellen, konventionellen Geschäftsmodelle durch disruptive Innovationen völlig auf den Kopf gestellt werden können. Aber wie wirken sich die neuen Geschäftsmodelle auf die metallbearbeitende und produzierende Industrie aus? Auf Seco, einen klassischen Hersteller von Werkzeugen für die Metallbearbeitung mit 85-jähriger Geschichte? Die Auswirkungen sind weitreichend, nach Meinung von Seco CEO Lars Bergström, der kürzlich im Rahmen einer Geschäftsreise das Silicon Valley besuchte. Sieben Tage lang wurden verschiedenste Unternehmensformen besucht, vom kleinen Startup über Musterwerkstätten bis hin zu großen, etablierten Firmen wie Flextronics, Cap Gemini und GE Digital. „Schon seit Jahren sprechen alle von Globalisierung und den Auswirkungen auf die Industrie“, meint Bergström. „Aber mittler-

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weile ist in allen Branchen eine rasch voranschreitende Digitalisierung zu beobachten. Mit einer schnellen, günstigen Breitbandverbindung steht uns in weiten Teilen der Welt die nötige Infrastruktur zur Verfügung.“ „Ganz besonders ist mir aber aufgefallen“, fährt Bergström fort, „wie schnell und intelligent heute erfunden, entwickelt und zeitgleich produziert wird. Ganz klar ist, dass es in der Industrie auf Agilität ankommt und dass der Wandel unabwendbar geworden ist. Bisher haben wir bei unseren Entwicklungsprojekten über die kommenden Jahre gesprochen, heute dreht sich alles nur noch um Monate.“ Maßgeblich wird die Industrie auch vom Internet der Dinge beeinflusst. Damit ist die Vernetzung von Maschinen und Prozessen in einem weltweiten Netzwerk gemeint. Dieses Phänomen hat bereits jetzt zu Veränderungen in den Betriebsbedingungen der Fertigungsindustrie geführt. Bei Kundengesprächen wird Bergström immer häufiger damit konfrontiert.

Ganz klar ist, dass es in der Industrie auf Agilität ankommt und dass ein Wandel unabwendbar geworden ist. Lars Bergström CEO von Seco Tools


„Momentan findet eine umfassende Vernetzung statt. In Sekundenschnelle können enorme Datenmengen übertragen werden“, weiß Bergström. „Es ist also möglich, Ideen und Lösungen weltweit auszutauschen. Für einen Teilehersteller in Tschechien oder China ist die Einbindung in das globale, digitale Netz ein entscheidender Faktor für den Erfolg.“ Eine weitere starke Tendenz erkennt Bergström im relativen Wertverfall der Produkte. Schnell wird ein Produkt zum Massenartikel, den jeder innerhalb kürzester Zeit kopieren kann. „Im Gegenzug gewinnen Kompetenz und Service zusehends an Bedeutung.“ Und genau darauf konzentriert sich Seco. Da die Kunden immer mehr auf Effizienz achten und dementsprechend Personal abbauen, steigt der Bedarf an qualifizierter Beratung und Dienstleistungen vonseiten des Werkzeuglieferanten. „Je schneller die Entwicklungsgeschwindigkeit voranschreitet, desto besser müssen unsere Kunden beraten werden. Sie selbst

haben immer weniger Zeit, sich um die Optimierung der Prozesse zu kümmern“, erklärt Bergström. „Heute arbeitet ein Prozessingenieur vielleicht mit 30.000 verschiedenen Arbeitsmitteln in tausenden Kombinationen. Das ist extrem umständlich. Wir werden daher häufig als Spezialisten und Berater hinzugezogen, um die Prozesse des Kunden zu optimieren.“ Aus diesem Grund verstärkt Seco seine weltweite Präsenz. Erst kürzlich eröffnete das Unternehmen neue Technikzentren und Niederlassungen in Schanghai und im indischen Pune. „Gleichzeitig entwickeln wir unser digitales Service-Portal My Pages weiter. Es hilft bei weniger komplexen Problemen und gibt nützliche Hinweise mit der Vorschlagsfunktion ‚Suggest‘“, beschreibt Bergström. „Wir begegnen der neuen Welt ganz offensiv, indem wir expandieren und mit einer starken Vor-Ort-Präsenz in die Verknüpfung unserer weltweiten Kompetenzen investieren, um den Kunden näher zu sein.“

DREI TRENDS IN DER FERTIGUNGSINDUSTRIE DIE SUCHE NACH TALENTEN Unternehmen in aller Welt suchen fieberhaft nach talentierten Mitarbeitern. Die Branche muss also dafür sorgen, dass die angebotenen Stellen attraktiver werden.

DIGITALISIERUNG Stichwort Big Data: Innerhalb kürzester Zeit lassen sich riesige Datenmengen weltweit versenden. Produkte werden standortübergreifend virtuell entwickelt und mithilfe digitaler Arbeitsmittel bewegt. Der physische Standort hat in bestimmten Bereichen der Fertigung an Bedeutung verloren.

BESCHLEUNIGUNG Globalisierung führt zu verstärktem Wettbewerb und fordert Veränderung, Effizienz und Produktivität in allen Sektoren.

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FALLSTUDIE COMSTEEL, AUSTRALIEN

Die extreme Witterung in der entlegenen Region Pilbara in Westaustralien stellt die Bergbaumaschinen auf eine harte Probe. Das gilt auch für die Züge, die beim Eisenerztransport eingesetzt werden.

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HÄRTER als (fast) alle

Statt sich von der knapp 100-jährigen Unternehmensgeschichte einbremsen zu lassen, macht sich ComSteel, ein australischer Hersteller von Eisenbahnrädern, die langjährige Erfahrung lieber zunutze. Dank einer Kombination aus Tradition und moderner Technik produziert das Unternehmen weltweit führende Produkte. TEXT: DANIEL DASEY FOTOS: JOSHUA DASEY UND GETTY IMAGES

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FALLSTUDIE COMSTEEL, AUSTRALIEN

Laut Betriebsleiter Kevin Roberts sind die Bergbaukunden auf die Räder von ComSteel angewiesen, damit sie produktiv arbeiten können. Hier legt man großen Wert auf die Qualität, Härte, Zähigkeit und Sicherheit der Räder.

Regelmäßig schleppen 240 Grubenzüge in der entlegenen Region Pilbara Westaustraliens mehr als 33.000 Tonnen Eisenerz aus dem Bergwerk.

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eltweit gibt es keinen Ort, an dem die Schienenfahrzeuge härter belastet werden als in der Region Pilbara. Die Grubenzüge in dieser entlegenen Gegend ziehen regelmäßig über 33.000 Tonnen Eisenerz, wobei pro Achse 45 Tonnen Last anfallen. Die Temperaturen steigen oft bis auf 50 °C und die nächste Großstadt ist über 1500 km entfernt. Wer kann Eisenbahnräder herstellen, die für derart anspruchsvolle Bedingungen geeignet sind? Das klingt nach ComSteel, dem Hersteller in Waratah bei Newcastle (New South Wales), Australien. Mit seiner knapp hundertjährigen Unternehmensgeschichte blickt ComSteel auf eine lange Tradition zurück und arbeitet mit modernster Technik. Die hier produzierten Eisenbahnräder setzen in puncto Zähigkeit und Standfestigkeit weltweit Maßstäbe. Der ComSteel-Betriebsleiter für Eisenbahnprodukte heißt Kevin Roberts. Da die Großkunden aus dem Bergbau auf die Räder angewiesen sind, sagt er, lege man hier großen Wert auf Qualität, Härte, Zähigkeit und Sicherheit: „Die Züge in der Region Pilbara sind so groß,


„ Die Waggonhersteller wissen, dass sich unser Produkt auch für anspruchsvolle Anwendungen mit hohen Achslasten eignet. In einer solchen Umgebung kann man nicht jedes x-beliebige Rad einsetzen.“ ANDREW HEMSWORTH, BUSINESS DEVELOPMENT MANAGER EISENBAHNPRODUKTE BEI COMSTEEL

dass jeder Zwischenfall zu umfangreichen Schäden und Produktionsausfällen führt. Die Kunden kaufen unsere Räder, weil sie wissen, dass es damit keine Probleme gibt.“ COMSTEEL WURDE 1918 als The Commonwealth

Steel Company gegründet und gehört heute zum globalen Stahlkonzern Moly-Cop. Neben den über 150 verschiedenen Radvarianten stellt ComSteel Eisenbahnachsen und Radsätze her, aber auch Mahlkörper, die in der Industrie für die Erzzerkleinerung eingesetzt werden. Andrew Hemsworth, Business Development Manager, erklärt, dass ComSteel zwar vorwiegend Räder für den Gütertransport verkauft, nebenher aber auch sämtliche australischen Eisenbahnunternehmen mit Rädern für Lokomotiven und Personenzüge beliefert.

ComSteel UNTERNEHMEN: Teil der globalen Moly-Cop-Gruppe STANDORT: Waratah, New South Wales, Australien (ca. 150 km nördlich von Sydney) BETRIEBSZEITEN: rund um die Uhr PRODUKTE: Mahlkörper sowie Eisenbahnräder, Radsätze und Achsen für Güter-/ Personenwaggons und Lokomotiven KAPAZITÄT: 80.000 Räder jährlich BESONDERE EIGENSCHAFTEN: Stahlproduktion vor Ort BELIEFERTE MÄRKTE: Australien, Neuseeland, China, Südafrika, USA

ZU DEN EXPORTMÄRKTEN DES UNTERNEHMENS gehören Südafrika, Neuseeland, die USA und vor allem China. „Wir liefern Räder für Waggons, die in China gebaut und dann nach Australien verschifft werden“, sagt Hemsworth. „Die Waggonhersteller wissen, dass sich unser Produkt auch für anspruchsvolle Anwendungen mit hohen Achslasten eignet. In einer solchen Umgebung kann man nicht jedes x-beliebige Rad einsetzen.“ Das überzeugendste Verkaufsargument für die Räder von ComSteel ist die große Härte und Zähigkeit. Laut Hemsworth bestehen die Schwertransporträder aus mikrolegiertem Stahl, der vor Ort in einem Lichtbogenofen hergestellt wird. Die Stahlblöcke werden zunächst gesägt, geschmiedet und gewalzt. Nach der anschließenden Wärmebehandlung, Prüfung und spanenden Bearbeitung geht es in die zerstörungsfreie Sicht- und Dimensionsprüfung.

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FALLSTUDIE COMSTEEL, AUSTRALIEN

Harold Phipps von Seco (Mitte) berät ComSteel zu den Werkzeugen und hilft bei der Bearbeitung von Prototypen.

Die Räder von ComSteel sind von der Association of American Railways zertifiziert und richten sich nach den europäischen EN-Normen sowie nach der internationalen Norm für Qualitätsmanagement ISO 9001. Laut Kevin Roberts sind straffe Verfahren, ein Qualitätssicherungssystem und der Respekt vor der Erfahrung der Angestellten der Schlüssel zum Erfolg des Unternehmens. Ausschlaggebend sind aber auch die Kultur der kontinuierlichen Verbesserung und die Übernahme neuer Technologien. Das Ergebnis ist ein Produkt, das den Anforderungen der Kunden entspricht. AUCH DIE ZUSAMMENARBEIT mit zuverlässigen

Lieferanten ist für Roberts entscheidend. ComSteel hat seine Kooperation mit Seco in den letzten Jahren intensiviert, sodass Seco heute der bevorzugte Werkzeuglieferant des Unternehmens ist. „Die Werkzeuge von Seco eignen sich sehr gut für unsere Räder“, meint er. „Die von uns eingesetzte Hartmetall-Wendeplatte erzielt sehr gute Leistungen und ist bei der Bearbeitung des sehr harten mikrolegierten Stahls für unsere Räder die erste Wahl.“ Mit den Wendeplatten von Seco wer-

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den die Radscheibe und die extrem harte Lauffläche bearbeitet. Nach langjährigen Tests mit Dutzenden von Wendeplatten hat Roberts nach eigenen Angaben noch keine Wendeplatte gefunden, die sich bei der Mikrolegierung besser schlägt als das Produkt von Seco. „Die Werkzeuge stellen für uns einen hohen Kostenfaktor dar, aber aufgrund der hohen Leistung des Seco-Produkts halten sich die Kosten in Grenzen.“ Ein weiterer Vorteil sei der Service von Seco. Da ComSteel ständig bemüht ist, die Festigkeit seiner Stahl- und Radprodukte zu erhöhen, berät Seco das Unternehmen zu den Werkzeugen und hilft bei der Bearbeitung von Prototypen. Harold Phipps ist Gebietsleiter für Seco Australien. Er und seine Kollegen versuchen stets zur Stelle zu sein, wenn ComSteel Unterstützung braucht. Selbst an Wochenenden sind sie viele Stunden lang unterwegs, um die Probleme beim Kunden zu lösen. „Wir haben ComSteel bei der Senkung ihrer Werkzeugkosten geholfen und damit ihre Gewinnmarge erhöht“, erinnert sich Phipps. „Das ist eine echte Partnerschaft, von der ComSteel und Seco gleichermaßen profitieren.“

ComSteel-Räder aus Mikrolegierung ComSteel entwickelte die Mikrolegierung Mitte der 1980er Jahre. Dabei half der große Erfahrungsschatz aus der langen Firmentradition in der Stahlherstellung. Die zugesetzten Mikrolegierungselemente verbessern die Eigenschaften der Räder, weshalb sich die Härte des Werkstoffes erhöhen lässt, ohne den Kohlenstoffgehalt zu verringern und damit Einbußen in der Wärmeempfindlichkeit hinnehmen zu müssen. Neben der erhöhten Verschleißfestigkeit zeichnen sich die mikrolegierten Radbauwerkstoffe von ComSteel durch eine optimale Bruchzähigkeit und Resistenz gegenüber Rollkontaktermüdung aus, was auf die bessere Streckgrenze und Dehnungsfestigkeit zurückzuführen ist.

Seco-Produkte bei ComSteel Drehsorten Duratomic® Drehsorten Triple-Zero™ Keramikwendeplatten Secomax™ Gewindeschneider Threadmaster™ Werkzeuge von Seco-Capto™


AM PULS DER Zeit Q&A

PATRICK DE VOS, LEITER DER FACHAUSBILDUNG IN DER SECO TOOLS GRUPPE, BEANTWORTET IHRE FRAGEN ZUR ZERSPANUNGSTECHNIK.

Warum ist Seco Jetstream sinnvoll?

ANTWORT: Bei der spanenden Bear-

FRAGEN SIE PATRICK DE VOS

Haben Sie Fragen? Dann schicken Sie sie an folgende E-Mail-Adresse: patrick.de.vos@secotools.com

beitung entsteht im Schneidbereich viel Wärme. Dadurch verkürzt sich die Werkzeugstandzeit und es kommt zu einem ungünstigen Temperaturanstieg im Werkstück, der die Qualität der bearbeiteten Oberfläche beeinträchtigt. Die Wärme wird mithilfe von Kühlsystemen aus dem Schneidbereich abgeführt. Aufgrund der Drücke und Temperaturen im Schneidbereich ist es physikalisch unmöglich, das Kühlmittel zum Entstehungspunkt der Wärme zu transportieren, wo es am effektivsten wäre. Aus diesem Grund arbeiten die meisten Kühlverfahren indirekt, indem der Span gekühlt und die Wärme in der Folge vom Kopf abgeführt wird. Dieses Verfahren ist bei Werkstoffen mit guter Wärmeleitfähigkeit ausreichend, in anderen Fällen jedoch nicht (Titanlegierungen oder Superlegierungen). Seco Jetstream arbeitet mit einem kinematischen Druckaufbau, nicht mit statischem Druck wie konventionelle Systeme. Der Druck reicht aus, um das Kühlmittel in den Schneidbereich zu führen. Noch effizienter läuft der Prozess ab, wenn der Kühlmittelstrahl exakt auf den Schneidbereich gerichtet ist. 

Was bedeutet Hochvorschubfräsen und warum ist es sinnvoll?

ANTWORT: Für die Leistung eines

Fräsers sind die folgenden Parameter ausschlaggebend: Schnitttiefe, Vorschub und Schnittgeschwindigkeit. Die Kombination aus allen drei Faktoren ergibt das so genannte Zeitspanvolumen (MRR = Schnitttiefe × Vorschub × Schnittgeschwindigkeit). Das Zeitspanvolumen ist ein Maß für die Produktionsgeschwindigkeit, Kosteneffizienz und Zuverlässigkeit des Prozesses. Bei Erhöhung eines Faktors erhöht sich auch die Produktivität. Entscheidend dabei ist jedoch, in welcher Reihenfolge die Faktoren erhöht werden. Wenn zuerst der Vorschub erhöht wird, so spricht man von Hochvorschubbearbeitung bzw. konkret vom Hochvorschubfräsen. Prozesse mit höherem Vorschub und moderater Schnitttiefe verbrauchen weniger Energie. Das Hochvorschubfräsen ist eine Maßnahme zur energieeffizienten Bearbeitung ohne Einbußen in puncto Produktivität. 

Wie funktioniert Seco Suggest?

ANTWORT: Heute bietet Seco über

30.000 verschiedene Produkte an. Aus diesem Sortiment lassen sich etwa 600.000 verschiedene Werkzeugkombinationen zusammenstellen. Bei der Werkzeugauswahl müssen alle Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, um das richtige Werkzeug für die Anwendung zu finden. Seco Suggest ist ein automatisches Auswahlprogramm. Der Kunde beschreibt die Anwendung anhand einer Zerspanungsbedingung, für die das Werkzeug und die Schnittdaten ausgewählt werden. In den Suggest-Datenbanken sind die Möglichkeiten und die Anwendbarkeit jedes einzelnen Werkzeugs in Form von Entscheidungstabellen beschrieben. Suggest prüft die Entscheidungstabellen anhand von Entscheidungsregeln und erstellt eine nach Eignung geordnete Werkzeugliste. Nachdem der Kunde die Werkzeuge ausgewählt hat, wird die optimale Kombination der Schnittparameter anhand von Bearbeitungsmodellen und mathematischen Formeln für das ausgewählte Werkzeug berechnet. Mit Suggest hat der Kunde die Möglichkeit, schnell und strukturiert die benötigten Werkzeuge und Schnittparameter zu ermitteln. 

Nicht verpassen! Patrick De Vos von Seco stellt auf

edgeupdate.com die neuesten Trends in der Bearbeitung vor.

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AUSBLICK SELBSTFAHRENDE AUTOS

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DIE AUTONOME

ZUKUNFT TEXT: DANIEL DASEY FOTOS: SAMIR SOUDAH, VOLVO CARS, GOOGLE

In den kommenden zwei bis vier Jahren werden die ersten kommerziellen autonomen Autos auf unseren Straßen unterwegs sein – allerdings ganz anders, als wir es aus Science-Fiction-Filmen kennen. Und dennoch: Während es bei den ersten Modellen noch gewisse Einsatzgrenzen geben dürfte, wird es wohl nicht mehr lange dauern, bis sich unsere Pkw und Lkw vollkommen eigenständig bewegen.

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ANIEL J. FAGNANT HOFFT, dass seine drei Kinder später nicht mehr für ihre Führerscheinprüfung üben müs-

sen. Als Forscher an der Universität Utah beschreibt Fagnant, der sich auf autonome Fahrzeuge spezialisiert, die Entwicklung als derart rasant, dass in spätestens 15 Jahren alle Aspekte des Autofahrens vom Fahrzeug übernommen werden können. „Mein ältester Sohn ist vier. Ich habe mir vorgenommen, dass er in 12 Jahren, also mit 16, keinen Führerschein mehr machen muss“, sagt Fagnant. Und tatsächlich gibt es guten Grund zur Annahme, dass seine Vision Realität wird. Überall auf der Welt testen die Automobilhersteller verschiedene autonome Steuerungen für Privatwagen, öffentliche Verkehrsmittel und Nutzfahrzeuge. Vorreiter war der ElektronikEDGE (1. 2017)

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AUSBLICK SELBSTFAHRENDE AUTOS

Treibende Kräfte Volvo will 2020 seinen ersten „vollkommen autonomen“ Pkw einführen. Trent Victor, Technischer Seniorchef für Kollisionsvermeidung bei Volvo Cars, weiß, welche Faktoren die Entwicklung autonomer Fahrzeuge vorantreiben:  mehr Sicherheit  weniger Umweltbelastung  ein besseres Kundenerlebnis

Riese Google, der erstmals vor sechs Jahren entsprechende Technik das Auto um mit selbstfahrenden Autos experimentierte. zehntausende US-Dollar teurer macht. Zwischenzeitlich haben sich namhafte „Aktuell rechnen wir mit 100.000 Dollar Fahrzeughersteller wie Volvo Cars, General Mehrkosten für die Technik. Bei der Wir bieten den Leuten ein Produkt an, Motors, Daimler, Ford, Jaguar, Audi, Tesla Markteinführung dürften wir uns dann mit dem sie den Stau im Berufsveroder BMW eingeschaltet und arbeiten im Bereich von 30.000 bis 50.000 Dollar kehr als freie Zeit nutzen können.“ Trent Victor, Technischer Seniorchef nun alle auf die Markteinführung ihres befinden. Sobald die Massenproduktion Kollisionsvermeidung, Volvo Cars eigenen „Autonomen“ hin. Im Bereich der einsetzt, sollte der Betrag auf 10.000 Dollar Nutzfahrzeuge entwickeln Daimler, Scania fallen und langfristig ist mit etwa und Volvo Trucks selbstfahrende Lkw. 3.000 Dollar Zusatzkosten zu rechnen.“ „In den kommenden zwei bis vier Jahren FAGNANT ERWARTET AUCH, dass die anfänglichen werden mehrere große Hersteller und Elektronikunternehmen in irgendeiner Grenzen der neuen Autos rasch Form ein autonomes Fahrzeug vorstellen“, überschritten werden. „Am Anfang wird man die Technik nur unter ganz schätzt Fagnant. „Der Mensch kann sich als Fahrer vorübergehend ausklinken und das bestimmten Bedingungen einsetzen Auto fahren lassen. Das geht aber nur auf können, zum Beispiel auf der Autobahn der Autobahn und in ähnlichen oder bei langsamer Fahrt“, meint er. „Aber irgendwann hat sich das erledigt und Situationen, danach muss er wieder selbst dann können die Autos auch in anderen lenken. In Europa will CityMobil2 die Technik in kleine Omnibusse integrieren, Umgebungen autonom fahren. Bis wir dahin kommen, dass man jederzeit ins die auf festgelegten Routen verkehren.“ Fagnant geht davon aus, dass die ersten Auto steigen und ein beliebiges Fahrtziel selbstfahrenden Autos kostspielig in der ansteuern kann, vergehen sicher noch 15 bis 20 Jahre. Das hängt alles davon ab, wie Anschaffung sein werden, da die

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Im Mai 2014 stellte Google den Prototypen für ein neues, selbstfahrendes Auto vor. Der Zweisitzer kommt ganz ohne Lenkrad, Gaspedal und Bremspedal aus!

Das Funktionsprinzip

“ Am Anfang wird man die Technik nur unter ganz bestimmten Bedingungen nutzen können, zum Beispiel auf der Autobahn oder bei langsamer Fahrt.“ DANIEL J FAGNANT, FORSCHER, UNIVERSITÄT UTAH

optimistisch man in die Zukunft blickt.“ Bei der Entwicklung autonomer Lkw ist man dem Pkw-Sektor bereits auf den Fersen. Erst kürzlich hat Daimler eine Kolonne autonomer Lastkraftwagen zwischen Stuttgart und Rotterdam auf die Straße geschickt. VOLVO CARS GEHÖRT zu den führenden

Unternehmen im Bereich des autonomen Fahrens und plant für 2017 entsprechende Versuche in Schweden, Großbritannien und China. Der Konzern will den ersten „vollständig autonomen“ Pkw schon 2020 präsentieren. Volvo Trucks testet indes autonome Lkw für den Einsatz im Untertagebau. Trent Victor ist bei Volvo Cars als Technischer Seniorchef für Kollisionsvermeidung tätig. Er sagt, der erste größere öffentliche Versuch mit autonomer Fahrzeugtechnik werde in Göteborg stattfinden, wenn Volvo Cars 100 SUVs des Typs XC90 an Testfahrer übergibt, die den Stadtring befahren sollen. „Der Stadtring ist eine Autobahn mit Mittelstreifen und 70 km/h Tempolimit“, weiß Victor. „Wir bieten den Leuten ein Produkt an, mit dem sie den Stau im Berufsverkehr als freie Zeit nutzen können.“ Zwar kann der Fahrer dem System

noch nicht während der gesamten Fahrt die Kontrolle überlassen, aber dennoch beschreibt Volvo Cars das Produkt als vollkommen autonom. „Damit meinen wir, dass wir bei aktiviertem System für die Sicherheit sorgen, während der Fahrer an das Auto übergibt. Volvo übernimmt die Verantwortung für das Fahren.“ Laut Victor erkennt Volvo Cars in der Einführung autonomer Fahrzeuge einen großen gesellschaftlichen Nutzen, nicht zuletzt wegen der erhöhten Sicherheit. Rund 94 Prozent aller Kraftfahrzeugunfälle sind auf Fahrfehler zurückzuführen. Dieser Wert lässt sich durch effiziente automatisierte Systeme potenziell reduzieren oder gar auf Null senken. Auch die Umwelt profitiert, weil der Verkehrsfluss begünstigt, Staubildung vermieden und Kraftstoff gespart wird. Für die Entstehung und Verschärfung von Verkehrsstaus ist unter anderem die lange Reaktionszeit des Menschen verantwortlich – autonome Fahrzeuge sind diesbezüglich weniger träge. „Der Kunde freut sich, weil er eine angenehmere Fahrt genießen kann“, ist Victor überzeugt.

Autonome Fahrzeuge arbeiten mit verschiedenen Sensoren, Bordrechnern und Aktoren, um auf die wechselnden Umgebungsbedingungen reagieren zu können. Bei den Sensoren, erklärt Forscher Daniel J. Fagnant, der sich mit autonomen Fahrzeugen beschäftigt, handelt es sich um LIDAR-Laserentfernungsmesser, Radar- bzw. Sonarsysteme und Stereo-Videokameras. „Die Sensoren nehmen die Informationen auf und übertragen sie an die Bordrechner, die alle weiteren Entscheidungen treffen. Die Rechner werten die Eingangssignale aus und ermitteln die Position des Fahrzeugs auf der Fahrbahn sowie auf der geplanten Route. Daraufhin senden sie die entsprechenden Signale an die Aktoren, die ihrerseits Befehle an Lenkung, Bremsanlage und Gaspedal ausgeben.“ DIE GESCHICHTE DER AUTONOMEN FAHRZEUGTECHNIK 1968  Entwicklung des elektronischen Tempomaten 1978  Vorstellung des ersten ABS-Systems 1995  Vorstellung des ersten GPS-Navigationssystems für Fahrzeuge 2003  Vorstellung der ersten vollautomatischen Einparkhilfe (Toyota) 2010  Vorstellung des selbstfahrenden Autos Google X (Google) 2015  Versuche mit dem Highway-Pilot-System für Lkw auf öffentlichen Verkehrswegen (Daimler) 2016  Mehrere Automobilhersteller arbeiten an autonomen Pkw und Nutzfahrzeugen. Im Mai erlebt die Branche einen herben Rückschlag, als ein Tesla-Fahrer bei aktiviertem Autopilot ums Leben kommt. 2018  Geplante Markteinführung der ersten autonomen Fahrzeuge Quelle: 2025ad.com

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CHANCEN EIN FLUGZEUG MIT SOLARANTRIEB

DAS PHÄNOMEN Solartechnik

Die Solar Impulse 2 ist viel mehr als nur ein spektakuläres Solarflugzeug. Sie ist ein enormer Schritt in Richtung grüne Technik! TEXT: ANTONY RILEY FOTO: SOLAR IMPULSE

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SIE STEUERN EIN FLUGZEUG mit der Spannweite einer Boeing 747, dem Gewicht eines Familienautos und der Leistung eines kleinen Motorrads. Die Schweizer Piloten André Borschberg und Bertrand Piccard wussten, dass sie Aufmerksamkeit erregen würden. Vielleicht könnten sie ein paar Rekorde brechen. Sie wussten aber auch, dass kein Treibstoff an Bord sein würde. Tatsächlich handelt es sich um das größte Flugzeug mit dem geringsten Gewicht in der Geschichte der Menschheit. Als selbsternannte Botschafter einer grünen Zukunft haben sie mit ihrem Prototypen bereits acht Weltrekorde aufgestellt. Mittlerweile haben sie bei Tag und Nacht mit über 40.000 Flugkilometern die Erde umrundet – ohne Treibstoff, nur mit Solarenergie! Ihr Ziel haben die beiden mit Sicherheit erreicht: Sie wollten die gute Nachricht verbreiten, mit umweltfreundlicher Technik unterwegs zu sein.


EIN EIGENES FLUGZEUG BAUEN? Im Kapitel „Möglichkeiten“ unseres EDGE-Magazins werfen wir einen Blick auf kuriose Neuentwicklungen und in die Umsetzung der Konzepte mit den Werkzeugen von Seco Tools.

Im Leichtflug Kohlefaserverbundwerkstoffe spielen bei der Gewichtsreduktion der Solar Impulse eine wichtige Rolle. Seco bietet zahlreiche Produkte für die Luft- und Raumfahrt an. Am 26. Juli 2016 landete die Solar Impulse in Abu Dhabi und beendete damit die erste Weltumrundung mit reiner Solarenergie.

Seco PKD-Bohrer Dank 30 Jahren Erfahrung und der engen Zusammenarbeit mit unseren Kunden bietet Seco hochwertige PKD-Bohr- und Fräslösungen für die zerspanende Bearbeitung von Verbundwerkstoffen an. Darüber hinaus profitiert der Kunde bei Seco von einem qualifizierten internationalen Service, der maximale Produktivität gewährleistet und die Kunden bei ihren individuellen Projekten unterstützt. Lesen Sie weiter auf secotools.com/aerospace


„Motoren zu zerlegen hat mich nie interessiert. Ich bin Ingenieur und will Wissenschaft in Praxis umsetzen, um etwas zu bewegen.“ SAM TURNER, PROFESSOR UND TECHNISCHER DIREKTOR AN DER UNIVERSITÄT SHEFFIELD

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EDGE UND SIE

TECHNIK, DIE BEWEGT „Die Fertigungsindustrie durchläuft momentan einen Wandel, der zur Revolution führen wird“, meint Sam Turner, Professor und Technischer Direktor des Advanced Manufacturing Research Center (AMRC) an der Universität Sheffield. Das Forschungszentrum befasst sich vorrangig mit den Entwicklungen in der modernen Bearbeitungs- und Werkstoffforschung. Interview: Cari Simmons Foto: Tom Pilston

ICH MAG FORSCHUNG, Wissenschaft und

Sam Turner

Alter: 41 Tätigkeit: Professor und Technischer Direktor am AMRC, Universität Sheffield Standort: Sheffield, England Familienstand: verheiratet mit Grace, zwei Kinder (6 und 9) Ausbildung: Maschinenbau an der Universität Sheffield (1996), MSc in FertigungstechnolgieManagement (2001), PhD in Titan-Bearbeitungsstrategien (2009) Hobbys: Lesen, Sport schauen und betreiben, Zeit im nahegelegenen Peak District verbringen

Lernprozesse. Aber am liebsten ist es mir, wenn diese Theorie zur greifbaren Praxis wird. Genau darum geht es im AMRC. Wir versuchen, die Einstellung der Fertigungsindustrie zu verändern und die Technik der vierten industriellen Revolution zu präsentieren. Wir wollen die Besten der Welt sein und mit den Besten der Welt arbeiten. Wir verfügen über hochmoderne Einrichtungen mit Anlagen für Fertigungssektoren wie Automobilbau, Luft- und Raumfahrt. Dort wenden wir unsere Kenntnisse und Kompetenzen aus Technik, Wissenschaft und Forschung und Entwicklung an, um das Verhalten von Werkstoffen und Prozessen zu prognostizieren. Wir helfen anderen Unternehmen dabei, ihre Fertigungsprozesse umzustellen, neue Kapazitäten zu entwickeln und ihre Kosten zu reduzieren. Das AMRC arbeitet mit Partnerunternehmen wie Seco Tools an diversen Projekten. Wir bieten unseren Partnern zusätzliche Kompetenzen und technische Möglichkeiten und beschleunigen die Forschungs- und Entwicklungsarbeit. Mit Seco untersuchen wir verschiedene Zerspanungs- und Gussverfahren, erarbeiten aber auch Prozesse für die Herstellung von Verbundstoffen. Unsere Konstruktionsgruppe befasst sich mit neuen fertigungsgestützten Konstruktionsmodellen für generative Fertigungsverfahren und andere Technologien. Außerdem führt das AMRC Unternehmen zusammen, um deren Durchschlagskraft zu verstärken. Damit können wir wirklich etwas bewegen – und das mit einer erstaunlichen technischen Bandbreite. Es geht aber nicht nur um Forschung, sondern auch um den Nutzen für die Unternehmen, um reduzierte Kosten und um die Schaffung von Arbeitsplätzen. EDGE (1. 2017)

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FALLSTUDIE: JEGOREWSK, RUSSLAND

IM WANDEL DER ZEIT Trotz der wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Russland kann ein Landtechnikunternehmen im Großraum Moskau mit der Hilfe von Seco Tools seine Produktionszahlen steigern. TEXT: SHURA COLLINSON FOTO: ALEX BELENKY UND MASKOT BILDBYRÅ AB/JOHNÉR

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FALLSTUDIE: JEGOREWSK, RUSSLAND

Das Hauptprodukt des Jegorjewsker Maschinenwerks ist ein Selbstfahrmäher, der von A bis Z vor Ort hergestellt wird.

Werksdirektor Wladislaw Nikitin sieht die Zukunft des Jegorjewsker Maschinenwerks positiv. Der aktuelle Aufschwung in der russischen Landtechnikindustrie begünstigt die Nachfrage nach den Selbstfahrmähern des Herstellers.

D Mäher und Ersatzteile Das wichtigste Produkt aus dem Jegorjewsker Maschinenwerk trägt den Namen Meschtschera E-403 und basiert auf den älteren Modellen der Marke Fortschritt, die in der Landwirtschaft der ehemaligen Sowjetunion weit verbreitet waren. Darüber hinaus führt das Werk Reparaturarbeiten an Mäh- und Erntemaschinen durch und verkauft Ersatzteile für die Feldhäcksler des deutschen Herstellers Fortschritt sowie für die Anbaumähwerke der Italiener Gribaldi & Salvia.

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AS JEGORJEWSKER MASCHINENWERK liegt in der Moskauer Region, etwas mehr als 100 Kilometer von der russischen Hauptstadt entfernt. Eine typische Montagelinie sucht man hier vergebens. Das Werk, das überwiegend Selbstfahrmäher produziert, ist deswegen so außergewöhnlich, weil es eine hundertprozentige Fertigungstiefe pflegt. Die wichtigsten Produkte sind der Mäher Meschtschera E-403 und die Anbaugeräte, mit denen sich die Maschine an unterschiedliche Futtergüter wie Mais oder Gras anpassen lässt. „Das sind alles Umbauten des Basisprodukts, die sich nach den Anforderungen der Kunden richten“, erklärt Werksdirektor Wladislaw Nikitin. Bei den Kunden handelt es sich meist um Futterbaubetriebe, also beispielsweise Pferde-, Rinder- oder Schafhalter, die ihr Futter selbst anbauen.

Zwar wurde Russland in den letzten zwei Jahren von der Wirtschaftskrise erschüttert, aber dennoch kann das Jegorjewsker Maschinenwerk, das knapp unter 100 Angestellte beschäftigt, derzeit die Produktion erhöhen. „Diese Entwicklung geht auch an uns nicht vorbei, schließlich sind wir nicht komplett isoliert“, sagt Nikitin. Insgesamt aber seien die Aussichten positiv: „Wir haben einiges an Neukunden und es kommen immer mehr Bestellungen herein.“ Die Fabrik ist seit 1999 in der Metallverarbeitung tätig und konzentriert sich seit 2012 auf die Selbstfahrmäher. Die Maschinen verkaufen sich über ein Händlernetz unter dem Namen „Maral-Invest“ in den russischen Regionen Moskau, Tula, Krasnodar, Wologda und Leningrad. Um die Produktionssteigerung zu ermöglichen, rüste das Unternehmen die


„ Unsere Technikabteilung informiert sich bei Seco über den optimalen Einsatz.“ LADISLAW NIKITIN, DIREKTOR DES JEGORJEWSKER W MASCHINENWERKS

Produktionsstraße auf und setze moderneres Werkzeug ein, sagt Nikitin. Etwa 35 bis 40 Prozent dieser Werkzeuge – vorrangig für die Drehmaschinen – stammen von Seco Tools. Der Moskauer Seco Mitarbeiter Jewgenij Sannikow berichtet, dass seine Niederlassung seit Mitte 2015 mit dem Unternehmen zusammenarbeitet, im Werk aber schon länger mit Seco Werkzeugen gearbeitet wird. „Als wir das Werk besuchten, waren unsere Werkzeuge dort schon in Gebrauch“, sagt Sannikow und erklärt, dass viele Werkzeuge bislang im Online-Handel bezogen wurden, was oft zu Lieferverzögerungen führte.

„Mit unseren guten Serviceleistungen – damit meine ich zuverlässige Lieferzeiten und stabile Preise – konnten wir die Lieferzeiten des Werks enorm verkürzen“, fährt Sannikow fort. „Die Produktionsabläufe sind gut organisiert. Viel wichtiger als die um ein paar Prozent niedrigeren Preise waren die zuverlässigen Lieferzeiten, damit das Werk einen soliden Produktionszeitplan aufstellen konnte. Seit der direkten Partnerschaft greift das Jegorjewsker Maschinenwerk auch auf den Beratungsservice von Seco zurück. „Natürlich informiert sich unsere Technikabteilung bei Seco über den optimalen EDGE (1. 2017)

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FALLSTUDIE: JEGOREWSK, RUSSLAND

„ Dank der zuverlässigen Lieferzeiten konnte das Werk einen soliden Produktionszeitplan aufstellen.“ JEWGENIJ SANNIKOW, SECO TOOLS RUSSLAND

Einsatz der Werkzeuge“, sagt Nikitin. Anfang 2016 lud Seco den Cheftechniker des Werkes und sein Team in die Moskauer Niederlassung ein. „Wir haben unseren Besuchern eine Präsentation gezeigt, ihre Fragen beantwortet und konkret über einige Produkte gesprochen, damit sie mehr über unsere Werkzeuge erfahren“, beschreibt Sannikow. Da das Werk gerade neue Seco-Werkzeuge anschafft, wird das Team um Nikitin wohl erneut auf den Service zurückgreifen. Obwohl die russische Wirtschaft seit Jahren von staatlichen Großbetrieben dominiert wird, unterstützt die Regierung mittlerweile auch kleine und mittelständische Betriebe. Außerdem profitierte die heimische Landwirtschaft, als Russland 2014 als Reaktion auf das in der Ukraine-Krise über Moskau verhängte Embargo zahlreiche Lebensmittelimporte aus dem Westen sanktionierte. Anfang 2015 versprach die Regierung, die Subventionen für die Landwirtschaft auf über 2,8 Milliarden US-Dollar zu erhöhen. Und im selben Jahr stieg die landwirtschaftliche Produktion um 3,5 Prozent an – stärker als in jedem anderen Sektor. Nikitin findet, dass jedes Unternehmen mit eigenen Aufgaben zu kämpfen habe; seines bilde da keine Ausnahme. Dennoch scheint sich das Werk mit seinen Mähern eine Marktnische erschlossen zu haben, während die russische Landwirtschaft einen enormen Aufschwung erlebt. Jetzt will das Jegorjewsker Maschinenwerk seine Position mit einem hinlänglich bekannten Erfolgsrezept zementieren: garantierte Qualität.

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Trotz der Wirtschaftskrise ist der Landwirtschaftssektor in Russland um 3,5 Prozent gewachsen.

Dreh- und Bohrwerkzeuge Seco Tools liefert rund 35 bis 40 Prozent aller Werkzeuge für das Jegorjewsker Maschinenwerk, darunter Duratomic CVD-Drehwendeplatten oder Stechdrehwendeplatten für das MDT-System (Multi-Directional Turning) sowie Bohrer aus dem Seco Feedmax-Universalangebot an Vollhartmetallbohrern oder die Crownloc-Bohrer mit austauschbarer Bohrspitze.


Das Werk mit fast 100 Beschäftigten hat gerade die Produktion erhÜht und kann dank Seco Tools die Lieferzeiten an die Kunden einhalten.

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EDGE UNTERWEGS FRIDA HANSDOTTER

Zuhause bei der Ski-Königin Frida Hansdotter ist die erfolgreichste SlalomSkifahrerin der Welt und bei allen internationalen Wettbewerben vertreten. Mit ihrem Sponsor Seco teilt sie eine ganz besondere Eigenschaft: „Wir wollen beide in unserem Bereich die Besten der Welt sein.“ TEXT: KARIN STRAND FOTOS: JONAS GAUFFIN

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IR TREFFEN UNS AN EINEM HEISSEN SOMMERTAG im

Freilichtmuseum Fagersta in Schweden. Weiter als hier kann man von steilen Berghängen und verschneiten Pisten eigentlich nicht entfernt sein. Frida Hansdotter hat entschieden, die Skier für ein paar Monate beiseite zu legen. Das letzte Mal stand sie im Mai auf den Brettern, die ihre Welt bedeuten. Erst am 1. August wird es wieder Zeit, in die Skistiefel zu schlüpfen. 2016 gewann Frida Hansdotter den Slalom-Weltcup und darf sich jetzt als erfolgreichste Slalom-Skifahrerin der Welt bezeichnen. Doch hier in ihrer Heimat wirkt sie gar nicht wie eine Ski-Königin. „Das ist der große Unterschied zwischen meinem Zuhause und der Ski-Szene“, sagt sie mit einem Lächeln. „Hier bin ich nicht die Skifahrerin, sondern einfach nur Frida.“ Wenn ich auf die Saison 2015/2016 zurückblicke, muss ich natürlich zuerst an Jasná in der Slowakei denken. Das war Anfang März, als sie sich im vorletzten Rennen den Gesamtsieg des SlalomWeltcups sicherte. „Dieser Tag in Jasná war mein bestes und schlechtestes Rennen zugleich. Ich war nicht gut unterwegs und kam nur als Zehnte an, aber ich hatte den Gesamtsieg in der Tasche. In St. Moritz war ich ganz entspannt und habe es auf den dritten Platz geschafft.“ Hansdotter wuchs in Norberg auf, einer kleinen Ortschaft etwa 15 Kilometer von der Seco Tools-Hauptniederlassung in Fagersta

DER KARRIERE-ÜBERBLICK: 2001 Erste Teilnahme beim Wettbewerb des Internationalen Skiverbands 2002 Erste Teilnahme am Alpinen Skieuropacup 2004 Erste Teilnahme am Weltcup 2007 Gold beim Slalom der Schwedischen Meisterschaft im Alpinen Skisport 2013 Silber (Mannschaft) und Bronze (Slalom) bei der Alpinen Skiweltmeisterschaft 2014 Erster Sieg beim Weltcupslalom 2014 Fünfte bei den Olympischen Spielen im Slalom 2015 Silber bei der Alpinen Skiweltmeisterschaft im Slalom 2016 Sieg beim Slalom-Weltcup

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entfernt. An die Skier ist sie von Geburt an gewöhnt – zunächst in der Rückentrage auf den Schultern von Papa Hans, später dann auf eigenen Beinen auf der örtlichen Skipiste Klackberg. Bis ins Teenager-Alter war sie auch auf Langlaufskiern unterwegs und spielte Fußball, aber danach drehte sich alles nur noch um Ski Alpin. „Wir waren eine sportliche Familie“, erinnert sich Frida Hansdotter. „Während sich meine Freunde am Freitagabend für die Disco schick machten, sind wir ins Auto gestiegen und zum Skifahren in die schwedischen Berge gefahren. Uns hat das viel Spaß gemacht!“ Mehrmals während unseres Gesprächs betont Frida Hansdotter, wie viel Freude ihr das Skifahren bereitet, sei es beim Wettbewerb, beim Trainieren oder einfach beim Freizeitfahren. „Der Spaß an der Sache hat mich so weit gebracht. Wenn ich am Starthang stehe, lächle ich immer“, beschreibt sie. „Ich bin überhaupt nicht nervös. Ich schaue nur, welche Möglichkeiten die Piste bietet und bereite mich darauf vor, alles zu geben. Dann schaue ich, wie weit mich das bringt.“ ABER IST ES WIRKLICH NUR DER SPASS? Braucht man nicht auch ein bisschen Ehrgeiz? „Na klar!“ meint sie. „Ich bin bei allem, was ich tue, sehr ehrgeizig. Egal ob beim Bowling, beim Wikingerschach [einem traditionellen schwedischen Picknick-Spiel] oder beim Knobeln.“ Ach ja, fällt ihr ein, sie musste lernen, sich zu konzentrieren. Das hat ihr in ihrer erstaunlichen Karriere immer wieder geholfen. „Erfolg ist für mich eine Kombination aus Konzentration, Harmonie und Technik. Und ich teste gerne meine Grenzen aus.“ Frida Hansdotter ist an rund 200 Tagen im Jahr mit Wettbewerben oder Reisen beschäftigt. Viele Länder hat sie schon bereist, wollte aber ihre Heimat nie verlassen: Nach ihrer Jugend in Norberg lebt sie heute mit ihrem Lebensgefährten in Fagersta. „Hier zuhause bei meinen Freunden und meiner Familie fühle ich mich sicher“, erklärt sie. „Es ist ein schönes Gefühl, hierher zurückzukommen, um Körper und Geist eine Pause vom Skifahren zu gönnen. Aber ich bereite mich natürlich auch auf die kommende Saison vor.“ Wenn sie Zeit hat, werkelt sie zuhause herum und verbringt Zeit mit ihren Freunden und ihrer Familie. Als ich sie frage, wo der Pokal mit der Kristallkugel steht, den sie beim Slalom-Weltcup

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Volle Attacke! Frida Hansdotter am 19. März 2016 beim Finale des Alpinen Skiweltcups im schweizerischen St. Moritz.

Drei Tipps für Skifahrer von Frida Hansdotter 1

I nsgesamt an der Fitness arbeiten. 2 Zusätzlich die Beine trainieren. Wer nicht ins Fitnessstudio will, kann zuhause mit Step-Ups, Ausfallschritten und Kniebeugen arbeiten. 3 Gute Stiefel kaufen.

gewonnen hat, muss sie zugeben, dass sie ihn noch nicht einmal ausgepackt hat. Ein Schicksal, das sich die Trophäe mit ihren anderen Pokalen teilt. „Wir haben eine Gästehütte, die ich im Ski-Stil dekorieren könnte. Vielleicht steht dort ja irgendwann ein spezieller FridaSchrank“, lacht sie. IN DER SAISON 2016/2017 wird die Konkurrenz Frida

Hansdotter auf den Fersen sein. „Mir ist noch gar nicht richtig bewusst, dass ich wirklich die Beste der Welt bin und jeder mich schlagen will“, gibt sie sich bescheiden. „Natürlich will ich den Titel behalten. Aber ich will auch endlich meinen ersten Riesenslalom auf dem Podium beenden. Deswegen freue ich mich auf ein schönes Rennen bei der Skiweltmeisterschaft in St. Moritz.“ Noch bis 2019 möchte Frida Hansdotter dem Profi-Lager erhalten bleiben. „Dann findet der Weltcup hier in Åre statt und es wäre ein toller Abschluss, in Schweden eine Medaille zu gewinnen. Danach werden wir sehen... Ich mache mir über die Zukunft keine Sorgen.“

FOTO: ALEXIS BOICHARD/AGENCE ZOOM, GETTY IMAGES

EDGE UNTERWEGS FRIDA HANSDOTTER


„ Der Spaß an der Sache hat mich so weit gebracht. Wenn ich am Starthang stehe, lächle ich immer.“

WAS HAT SECO DAMIT ZU TUN? Frida Hansdotter wird seit 2013 von Seco Nordic als Sponsor unterstützt. 2014 war sie am Seco Messestand auf der Stockholmer Maschinenbaumesse MAX anzutreffen. „Es ist echt toll, mit einem lokalen Unternehmen hier aus Fagersta arbeiten zu können“, zeigt sie sich begeistert. „Außerdem haben Seco Tools und ich dasselbe Ziel: Wir wollen beide in unserem Bereich die Besten der Welt sein.“

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EDGEUCATION ATOM-FORSCHUNG

Fakten zur Drehmaschine • Dimensionen des Tragrahmens: B 400 × T 400 × H 830 mm • Gewicht: 300 kg • Drehzahl: max. 800 U/min • Vorschubrate: max. 0,25 mm/U • Werkstückdurchmesser: max. 160 mm •F unktion: Die Spezialanfertigung stellt in Verbindung mit dem PETRA III (einem großen Partikelbeschleuniger) Messungen auf atomarer Ebene an.

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EINE DREHMASCHINE

wie keine andere…

Eine speziell angefertigte Drehmaschine, der Partikelbeschleuniger Petra III und die erfolgreiche Zusammenarbeit mit der schwedischen Universität Linköping bilden das Erfolgsrezept. Als erstes Unternehmen weltweit konnte Seco Echtzeitstudien auf atomarer Ebene durchführen, um das Verhalten von Werkstoffen während der spanenden Bearbeitung zu messen. Text: Anne Hammarskjöld Foto: Jonas Gauffin, Illustration: Josh McKible

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IE MÖGLICHKEIT, die Veränderungen im Schneidbereich einer Wendeplatte bei der Zerspanung beobachten zu können, ist seit über zehn Jahren das große Ziel von Industrie und Wissenschaft. Die größte Herausforderung war wahrscheinlich der Bau einer Zerspanungsmaschine, die für den Einsatz im Partikelbeschleuniger Petra III geeignet ist. Dieser Ringbeschleuniger wird im Hamburger Forschungszentrum DESY zu Testzwecken genutzt. Die benötigte Drehmaschine muss ausreichend klein und leicht sein, um im Beschleuniger normale Drehprozesse durchführen zu können, sollte dabei aber auch stabil, steif und wärmeresistent sein. Die im Petra III erzeugten energiereichen Röntgenstrahlen sind dünner als ein Haar, können das durchdrungene Objekt allerdings beeinflussen. Damit der präzise ausgerichtete Strahl genaue Messwerte ermitteln kann, muss das Objekt stabil bleiben. Bislang ist es nur einer Person gelungen, eine Maschine zu bauen, die alle Anforderungen an ein derartiges Experiment erfüllt. Diese Person ist Janne Eriksson von Seco in Fagersta. Eriksson stammt aus der bodenständigen Region Dalarna mitten in Schweden. Er ist

von Haus aus Techniker, interessiert sich aber auch für Elektronik – beste Voraussetzungen also für die Lösung eines so komplexen Bauvorhabens. Viele andere vor ihm haben sich vergeblich daran versucht. Eriksson ist der richtige Mann für diese Aufgabe, aber selbst er hatte schlaflose Nächte, als der Fristablauf des Projekts immer näher kam. Die entscheidende Idee für die Konstruktion des Tragrahmens – dem Herzstück der Drehmaschine – entsprang einer unerwarteten Quelle. „Ich habe mich mit Fachtexten zum Thema informiert, darüber nachgedacht, noch mehr über nachhaltige Bauweisen gelesen und dann überlegt, ob ich mich vielleicht verrannt hätte. Eines Tages saß ich in der Werkstatt und ließ die Gedanken schweifen. Mein Blick fiel auf den Feuerlöschhydranten und plötzlich wurde mir klar: Er ruht auf einem H-Träger, der das gesamte Dach trägt. In dem Moment hatte ich die Idee, aus der ich den Tragrahmen entwickelte.“ Mit der Hilfe seiner Kollegen im Seco Tools-Technikzentrum in Fagersta setzte Eriksson sein Konzept in die Praxis um. Nach Abschluss der Testläufe ergaben sich weitere Schwierigkeiten, als die Drehmaschine vor Ort auf einem der Träger des EDGE (1. 2017)

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EDGEUCATION ATOM-FORSCHUNG

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Das Funktionsprinzip 1. PETRA III ist ein 2,3 km langer Ringbeschleuniger und gleichzeitig die brillanteste Speicherring-Röntgenstrahlungsquelle der Welt. Mit 14 Messplätzen mit bis zu 30 Instrumenten bietet die Anlage optimale Testmöglichkeiten. 2. Testphase. Die speziell angefertigte Drehmaschine von Seco Tools wurde an einem der Messplätze montiert. Mit rund sechs Milliarden Volt Spannung wird ein extrem intensiver Lichtstrahl erzeugt. Dabei bleibt das Zerspanungswerkzeug komplett stabil und ist fest im Tragrahmen verankert.

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Das Projekt eröffnet uns ein neues Forschungsfeld.“ Jens Birch, Professor für Dünnfilmphysik an der Universität Linköping

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3. Das Beschichtungswachstum und die Veränderungen in der Beschichtung beim Zerspanen wurden auf atomarer Ebene untersucht.

Partikelbeschleunigers montiert wurde. Beispielsweise musste sie umgebaut und an die neue Umgebung angepasst werden. In dieser Phase war Eriksson vom Erfolg des Projekts noch nicht überzeugt. „Ich dachte: ‚Die Maschine ist jetzt im Beschleuniger, dreht einen 30 Kilogramm schweren Metallklumpen und läuft komplett vibrationsfrei‘“, berichtet Eriksson. „‚Aber wie lange hält das an? Ein paar Minuten?‘. Doch irgendwann hatte ich

keine Zweifel mehr, mittlerweile läuft die Maschine mehrere Tage am Stück. Im vergangenen Jahr waren wir beim Petra III und haben die Drehmaschine bei jedem Test montiert und wieder zerlegt. Trotzdem arbeitet sie jedes Mal einwandfrei.“ Die Drehmaschine wurde im Zuge des Projekts X-Cut entwickelt, einem Zusammenschluss des deutschen Forschungsinstituts HZG Geesthacht mit Seco Tools und der Universität Linköping. Secos Kooperations-

leiter ist Mats Johansson Jõesaar, ein F&E-Experte aus der Seco Abteilung Werkstoff- und Technologieentwicklung. ALS FORSCHER UND SECO MITARBEITER IST JOHANSSON JÕESAAR sehr stolz auf den Erfolg der einzigartigen Drehmaschine und die Möglichkeit, die Reaktion der Werkstoffe auf den Zerspanungsprozess studieren zu können. Zwar ist schon viel über diesen Prozess bekannt, aber das neue Messverfahren auf atomarer Ebene hat


4 Fragen an Jens Birch Professor für Dünnfilmphysik an der Universität Linköping

FOTO: PER GROTH

S Janne Eriksson und Mats Johansson Jõesaar von Seco − ein ungewöhnlicher Geistesblitz führte zur genialen Erfindung

„ Seco ist das weltweit erste Unternehmen in der Metallbearbeitung, das in diesem Bereich forscht. Das verschafft uns einen großen Vorsprung.“ MATS JOHANSSON JÕESAAR, F&E-EXPERTE, SECO TOOLS

eine große Bedeutung für die Entwicklung von Beschichtungen und Werkstoffen. „Je mehr wir über die Beeinflussung des Werkstoffes erfahren, desto mehr Möglichkeiten ergeben sich bei der kundenspezifischen Komposition von Werkstoff- und Werkzeugeigenschaften. Ich spreche hier von längeren Werkzeugstandzeiten und geringerem Produktverschleiß“, erklärt Johansson Jõesaar. „Mit dem erweiterten Wissen kann Seco effizientere

Produkte mit besserer Reproduzierbarkeit entwickeln. Die Kenntnisse, die wir auf atomarer Ebene über das Werkstoffverhalten im Zerspanungsprozess gewinnen, bilden die Grundlage für die nächste Werkstoff- und Produktgeneration. Seco ist das weltweit erste Unternehmen in der Metallbearbeitung, das in diesem Bereich forscht. Das verschafft uns einen großen Vorsprung vor der Konkurrenz.“

ECO TOOLS UND DIE UNIVERSITÄT LINKÖPING kooperieren seit 2010. Doktoranden untersuchen mit Röntgentechnologie die Beschichtungen von Seco in Echtzeit. Warum arbeitet Ihr Institut mit der Industrie zusammen? „Einfach gesagt: Wir optimieren den Materialprozess, um Werkstoffe besser verstehen zu können. Unsere Forschungsarbeiten sollten unbedingt realitätsnah ablaufen. Deswegen informieren wir uns über die Fragen und Probleme der Industrie. Auf der Suche nach der Antwort erlangen wir neue Erkenntnisse, daraus ergeben sich neue Fragen und neue Ideen für neue Werkstoffe. Das macht wirklich Spaß.“ An welchen Aufgaben arbeiten Sie mit Seco Tools? „Wir arbeiten schon lange zusammen, unter anderem an Echtzeitstudien zu den Auswirkungen von Druck, Temperatur und anderen Variablen auf die Eigenschaften der Schichten im Einsatz. Wir betrachten mehrere Schichten gleichzeitig, um die Eigenschaften der einzelnen Schichten besser zu verstehen und die Ergebnisse auswerten zu können. Weil die Röntgenstrahlen im Petra III so energiereich sind, haben wir in diesem Bereich einzigartige Möglichkeiten hinsichtlich der Anzahl der Messpunkte und Datenmengen. Allein eine Sekunde im Petra III liefert mehr Informationen als mehrere Tage an unseren eigenen Röntgenmessgeräten.“ Wie würden Sie die von Seco entwickelte Drehmaschine beschreiben? „Ein einzigartiges Forschungsmittel, das so präzise arbeitet, dass wir erweiterte Echtzeitstudien durchführen können.“ Wie werden Sie die Erkenntnisse aus Petra III nutzen? „Die Ergebnisse liefern uns neue Erkenntnisse über das Verhalten der Schichten im Maschineneinsatz. Wir können also ein paar Schritte weitergehen und beispielsweise untersuchen, wie sich Werkstück, Späne und Wendeplatte beim Drehen gegenseitig beeinflussen. Damit eröffnet sich uns ein sehr interessanter neuer Forschungsbereich.“ EDGE (1. 2017)

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SIE WOLLEN MEHR? HINGUCKER! Die neue Optik auf Edgeupdate.com mit Links zu unseren Seiten auf Facebook, Twitter und Instagram.

Mit der einzigartigen Einsatzerkennung von Seco ist für den Kunden selbst nach einer leichten Schlichtbearbeitung deutlich zu erkennen, ob die Schneide bereits gebraucht wurde.

EDGE AKTUELL Ebenso wie das Magazin wurde auch Edgeupdate.com vollkommen neu gestaltet und bietet zahlreiche neue Funktionen. Worauf warten Sie noch?

YOUTUBE-KANAL Besuchen Sie auch den YouTube-Kanal von Seco. Hier können Sie unsere Produkte bei der Arbeit bewundern. Videos zu diversen Werkstücken von der Gelenkprothese bis zum Flugzeugtriebwerk.

DIE NÄCHSTE DURATOMIC®-GENERATION: TP3501

DIE ERFOLGSGESCHICHTE GEHT WEITER FOLGEN SIE UNS! Vergessen Sie nicht, uns auf Facebook und Instagram zu besuchen, und twittern Sie uns zu allem, was mit Seco zu tun hat.

MYPAGES Ihr digitales Portal rund um Seco. mypages.secotools.com

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NACH DEN BISHERIGEN Erfolgen der Wendeplattensorten TP2501, TP1501 und TP0501 mit Duratomic-Beschichtung erweist sich auch die TP3501 als besonders zäh, wärmeresistent und chemisch reaktionsträge. Das ermöglicht extrem lange Werkzeugstandzeiten, aber auch erhöhte Schnittgeschwindigkeiten. Auch die neue Sorte hat eine Einsatzerkennung, sodass der Techniker gebrauchte Schneiden mit bloßem Auge sofort erkennt.

Wenn es beim Drehen von Stahl um Zuverlässigkeit, Einsatzvielfalt, Ausgewogenheit oder erhöhte Produktivität geht, sind die Sorten TP3501, TP2501, TP1501 und TP0501 die erste Wahl. TP3501 ist eine zuverlässige Sorte mit extremer Schneidenzähigkeit, die beim Drehen von Stahl maximale Produktivität und einen sicheren Produktionsprozess gewährleistet. Sie ist die bevorzugte Sorte für Einsätze mit hohen Drehzahlen, großen Werkstoffanforderungen und schwierigen Einsatzbedingungen.

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