SEKEM Insight

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SEKEMs Journal für Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft in Ägypten

SEKEM Insight Nr. 78 - Februar 2009

Liebe Leserinnen, liebe Leser, die Europäische Union ist ein wichtiger Faktor in der Förderung der europäischen und internationalen Zusammenarbeit zum Beispiel in den Wissenschaften, in der wirtschaftlichen Entwicklung, oder im Sozialen. Auch in der Kultur haben sich die Förderprogramme der EU, die sich auch an internationale Einrichtungen wenden, als ein zentrales Werkzeuge bei der Entwicklung von fruchtbaren Kooperationen erwiesen. In ihrem Rahmen ermöglicht die EU zum Beispiel unter finanzieller Eigenbeteiligung der Partner interkulturelle Begegnungen, gemeinsame künstlerische Projekte, oder die Mobilität von Wissenschaftlern und Künstlern. Dass es auch auf private Initiative hin möglich ist, kulturelle Austauschprojekte von beträchtlichem Umfang und Dauer auf die Beine zu stellen, zeigen die zahllosen oft sehr persönlichen Initiativen von mit der Arbeit SEKEMs verbundenen Menschen. Viele von ihnen finden bereits seit Jahren statt. Die Monate Januar und Februar, wie diese Ausgabe zeigen möchte, waren gerade in künstlerischer Hinsicht besonders intensive Zeiten des Austausches, des Dialogs und des gemeinschaftlichen kreativen Arbeitens.

Ihr Redaktionsteam

Bildung

Kunst

Seminare

Eurythmie im Arbeitsleben

Bildhauertreffen in SEKEM

Neues IslamSeminar in SEKEM

7. Ausbildungskurs für Eurythmie im Arbeitsleben

Ägyptische Eurythmisten proben in den Räumen SEKEMs in Zusammenarbeit mit ihren europäischen Kollegen

Wie bereits regelmäßig in den vorangegangen Jahren fand auch in diesem Januar und Februar ein vierwöchiger Ausbildungskurs zum Thema „Eurythmie im Arbeitsleben“ für ägyptische und ausländische Eurythmielehrer statt. Eurythmie als “seelische Gymnastik” hat im Arbeitsleben die Funktion, festgefahrene Verhaltens- und Empfindungsweisen zu lösen, geistige Beweglichkeit zu fördern und so das Leistungsvermögen zu steigern. Durch das gemeinschaftliche Erarbeiten angewandter Übungen in betrieblichen Zusammenhängen können sich die

Teilnehmer dadurch Fähigkeiten erarbeiten, die ihnen für ihre praktische berufliche Tätigkeit nützlich sind. Sie sollen so auch zu selbständigem und verantwortungsbewussten Arbeiten angeregt werden und durch die Schulung intensiver physischer Zusammenarbeit eine Wahrnehmung für ihre Individualität als Glied eines Gesamtorganismus entwickeln. Sprechen wir über Wirtschaftsprozesse und betriebliche Zusammenarbeit, so benutzen wir dafür häufig Worte und Redewendungen, die einen Bewegungsablauf zum Ausdruck

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bringen. Wir sagen zum Beispiel „einen Schritt machen“, „etwas in Bewegung bringen”, „in etwas Hineinspringen” oder „für eine Sache einstehen”. Wir sprechen vom „Kommunikationsfluss” oder den „richtigen Standpunkt einnehmen“ oder „die Richtung ändern”.Dies zeigt, wie körperliche Bewegung oft unbewusst als Grundlage für eine gesunde Gemeinschaftsbildung und einen bewussten sozialen Umgang empfunden wird. In der Ausbildung zur eurythmischen Arbeit am Arbeitsplatz geht es in erster Linie darum, die Art und Weise der praktischen Anwendung eurythmischer Arbeit zu schulen. Geübt wird, wie betriebliches Handeln in Verbindung mit Eurythmie „umgebildet“ werden kann, so dass sich ein sinnvoller Weg zur Übung und Entwicklung der erwünschten Fähigkeiten ergibt. Ein wichtiger Aspekt ist der Umgang mit angemessenen Übungsformen zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort im Verlauf des Arbeitsprozesses. So soll Eigenständigkeit im Denken und eine positive Einstellung zur selbstbewussten Auseinandersetzung mit dem Arbeitsprozess gefördert werden. 9 TeilnehmerInnen aus Deutschland, der Schweiz, Holland und den Philippinen nahmen an dem diesjährigen Kurs teil. Genaue Beobachtung der Arbeitsabläufe in den verschiedenen Firmen bildete die Voraussetzung zur Erarbeitung geeigneter Übungen. Dies geschieht stets besonders

effektiv, wenn der Beobachtung ein bestimmter Schwerpunkt zugrunde gelegt wird, z.B. die Beobachtung der Beteiligung der Mitarbeiter an den 4 Dimensionen der Sinneserfahrung, die Anregung des einzelnen Mitarbeiters zu größerer Eigenständigkeit an seinem Arbeitsplatz, oder die Belebung eines möglicherweise eintönigen Ablaufs durch neue Formen geführter körperlicher Selbsterfahrung. Bei der Erarbeitung einer Übung ist es wichtig, stets vom Endresultat auszugehen um die Übung sachgemäß in einzelne, überschaubare Schritte bis zum Beginn der ersten Stunde einrichten zu können. So wird gewissermaßen „aus der Zukunft heraus“ in Richtung der Ursache für konkretes Handeln gearbeitet. Ein besonderer Höhepunkt, der in SEKEMs Ausbildungskurs bereits zu einer Tradition geworden ist, ist die Vorführung der erarbeiteten Übungen vor dem Führungspersonal in der letzten Stunde. Dies ruft stets Erstaunen und Bewunderung über das hervor, was in relativ kurzer Zeit erarbeitet worden ist. Auch mit dem gesamten Lehrerkollegium der SEKEM Schulen wurden dieses Mal Übungen durchgeführt, die unter anderem die Themen „Führen und Geführtwerden” sowie „Eigenverantwortung und Kooperation” behandelten. Im praktischen Teil der Eurythmiekurse in den Firmen waren dann auch die zwölf ägyptischen Eurythmiestudenten als Begleiter involviert, die so eine gute Vorbereitung für die eurythmische Arbeit mit Menschen in beruflichen Arbeitszusammenhängen erhielten. Die Organisatoren des Eurythmiekurses danken an dieser Stelle Annemarie Ehrlich, die den Kurs jedes Jahr in SEKEM stets mit großem persönlichen Einsatz verwirklicht. Martina Dinkel

Eurythmie am Arbeitsplatz hat in SEKEM ihren festen Platz

Kreativer Kulturdialog in SEKEM

Das Team junger Bildhauer begutachtet die abgeschlossene Arbeit mit Dr. Ibrahim Abouleish

Im Januar und Februar dieses Jahres fanden in SEKEM interkulturelle Arbeitswochen für Bildhauer mit 9 TeilnehmerInnen der Alanus KunstHochschule Bonn und 4 ägyptischen Bildhauerei-Studenten unter der Leitung von Prof. Andreas Kienlin statt. Aufgabe war es, Skulpturen für das Gelände der SEKEM Zentralverwaltung, der Heliopolis Akademie und für das neu entstehende Gelände der Heliopolis Universität in Kairo zu schaffen. Im Vordergrund stand das Thema der Begegnung und des interkulturellen Dialogs. Zum ersten Mal sollte aus der Partnerschaft der Alanus Hochschule mit der Heliopolis Akademie eine praktisch-künstlerische Zusammenarbeit hervorgehen. Künstlerische Anleitung im bildnerischen Prozess wurde durch Andreas Kienlin, Leiter des Fachbereiches Bildhauerei der Alanus Hochschule, und den künstlerischen Mitarbeitern und Dozenten Ludger Krause und Karin Humberg vermittelt. Die gemeinsame künstlerische Arbeit förderte im Laufe der Arbeitstage eine besonders enge soziale Umgangsweise und Vertrauensbasis unter den Künstlern und weckte auch in den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der verschiedenen Einrichtungen reges Interesse. Sie konnten die Entstehung der Kunstwerke mit-

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verfolgten und die Veränderungen der Steine von Tag zu Tag beobachteten. Durch die künstlerische Auseinandersetzung mit den Skulpturen sollte ihnen auch die Möglichkeit gegeben werden neue Sichtweisen auf die Begegnung von Kunst und Alltag zu entwickeln sowie ihr Wahrnehmungsvermögen am konkreten Beispiel zu schulen. 4 große Steinblöcke mit einem Gesamtgewicht von rund 70 Tonnen, welche die Bildhauer in den Steinbrüchen am Fuße des Mokkatam Berges in Kairo selber ausgesucht hatten, wurden von den TeilnehmerInnen in unermüdlicher Arbeit rund um die Uhr bearbeitet. Um die gewaltige Masse der Steine zu bewältigen wurden in der letzten Woche sogar Nachtschichten eingelegt. Allen 4 Bearbeitungen lag das Thema der Durchdringung zugrunde und zwar jeweils in anderer Weise. Bei 2 Steinen enstand durch die Arbeit der Künstler ein vollständiger „Durchbruch“, bei einem anderen gelangte man durch die Bearbeitung wie in das „Innere des Steines“. Beim letzten Stein wurde das Durchdringungsmotiv wie in der Bewegung im Stein bewahrt dargestellt. In jedem der Objekte wurde die Polarität stark herausgearbeitet: bearbeitete Fläche in ihrem Verhältnis zum naturbelassenen Stein, Grobheit gegenüber der Glätte einer polierten Oberfläche. Es war ein bemerkenswerter Prozess, dass es gelang, alle 14 TeilnehmerInnen an allen Steinen arbeiten lassen zu können. „Man muss seine eigenen Wünsche und Vorstellungen zugunsten des gesamten Entstehungsprozesses aufgeben können“ hieß es von einem Künstler. „Immer wenn ich zu einem Stein wieder zurückkam, war wieder etwas ganz anderes daraus geworden“. SEKEMs Mitarbeiter werden die Gelegenheit haben zu beobachten wie sich die Steine in das Leben auf dem Universitätsgelände einfügen. Martina Dinkel

Islam-Seminar in SEKEM Wie jedes Jahr bietet Dr. Ibrahim Abouleish auch 2009 wieder ein Islamseminar vom 11.-14. April in SEKEM an. Neben Vorträgen von Dr. Abouleish selbst und künstlerischen Übungen (Islamische Dichtung, Arabische Schrift, Koranrezitation, Arabisches Liedgut, Eurythmie) ist ein Tagesausflug in das islamische Viertel nach Kairo geplant mit dem Schwerpunkt einer Besichtigung zahlreicher alter Moscheen. In einem Anschlussprogramm am 15.4. gibt es die Möglichkeit die Pyramiden und das ägyptische Museum zu besichtigen. Am 16.4. besteht zudem die Gelegenheit, einen Einblick in die verschiedenen kulturellen und wirtschaftlichen Arbeitsbereiche von SEKEM zu erhalten. Anmeldungen über: SEKEM-Reisen, Dietmar Kreuer, Tel: +49(0)7556931777, Fax: +49(0)7556931385, Mobil: +40(0)15209884485, e-mail: dietmarkreuer@web.de.

Schweizer Wirtschaftsdelegation besucht SEKEM Am 2. Februar besuchte die eine Schweizer Wirtschaftsdelegation in Begleitung von Bundesrätin Doris Leuthard SEKEM. Die ägyptische Initiative war ein Zwischenstop auf der dreitägigen Reise von Schweizer Wirtschaftsvertretern. Die fünfundzwanzigköpfige Delegation besuchte in Anwesenheit von Helmy und Ibrahim Abouleish zahlreiche Anlagen SEKEMs. Im Mittelpunkt standen Kooperationsmöglichkeiten mit Schweizer Firmen. Bundesrätin Doris Leuthard wies im Rahmen des Besuches besonders auf das Potential ägyptischer Produkte in der Schweiz hin. Viele natürliche Faserstoffe, die in Ägypten von Einrichtungen wie SEKEM noch produziert werden, werden in der Schweiz nicht mehr hergestellt, im kleinen Rahmen jedoch weiterhin nachgefragt.

Impressionen

Moderne Kommunikationstechnologien gehören heute bereits zu den alltäglichen Werkzeugen

In den ersten Jahren mussten die Mitarbeiter auf der in der Wüste gelegenen SEKEM-Farm mit dem Nötigsten auskommen - auch hinsichtlich technischer Hilfsmittel. Erst zwei Jahrzehnte später hielt das erste Mobiltelefon auf dem Farmgelände Einzug. Heute ermöglicht hoch entwickelte Technik allen Mitarbeitern auf der Hauptfarm wie in den Verwaltungen fast überall ortsungebundenes Arbeiten und ist so zu einem Rückgrat der Entwicklung SEKEMs geworden, das die Einrichtung bereits früh gegenüber anderen Initiativen ausgezeichnet hat. Dennoch muss auch heute noch, wie unser Bild zeigt, gelegentlich auf manchmal abenteuerliche Mittel zurückgegriffen werden, wenn die Technik einmal streikt.

Impressum: Herausgeber: SEKEM, Egypt Die Redaktion von SEKEM Insight dankt allen Korrespondenten, die an dieser Ausgabe mitgewirkt haben. Redakteure: Christina Boecker Bijan Kafi Kontakt: SEKEM-Insight c/o SEKEM Holding P.O.Box 2834, El Horreya, Heliopolis, Cairo, Egypt insight@SEKEM.com

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