SEKEM Insight 09.13 DE

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Nr. 132 - September 2013

Insight

SEKEMs Journal für Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Ökologie in Ägypten

Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser, Produkte, die in SEKEM entstehen, benötigen mehr Arbeitseinsatz als solche, die in großen Fabriken vollautomatisch vom Fließband laufen. Seit ihrer Gründung folgt die SEKEM Initiative der Devise, dass mehr Handarbeit im Rahmen des wirtschaftlich Möglichen mehr Menschen ein menschwürdiges Einkommen ermöglicht und daher grundsätzlich wünschenswert ist. Da SEKEM im Umfeld der kleinen Dörfer am Rand des Nildeltas, welche die Gemeinde um die Initiative herum bilden, einer der wenigen Arbeitgeber ist, hilft jede Stelle, die so geschaffen werden kann, nicht nur bei der Entwicklung ländlicher Strukturen. Vor allem junge Frauen erhalten so die Möglichkeit, einer selbstbestimmten Beschäftigung nachzugehen und über ein eigenständiges Einkommen zu verfügen. Viele von ihnen erleben die Herstellung gesunder Produkte außerdem als eine besondere Befriedigung. In dieser Ausgabe berichtet die junge Studentin Afdal Farid von ihrem Praktikum in SEKEMs Betrieb ISIS und von den Erfahrungen, die sie hier gemacht hat.

Ihr Redaktionsteam SEKEM finden sie im Internet auch auf:

Erfahrungen

Bildung

Schweizer Spende

Mehr Einsatz für nachhaltige Produkte

Künstlerische Bildung am Arbeitsplatz

Förderverein finanziert Musikunterricht

Mehr Handarbeit für nachhaltigere Produkte Afdal Farid, eine junge Studentin der Heliopolis Universität, konnte die Arbeit in SEKEMs größtem Betrieb 6 Wochen lang genauer kennenlernen. Sie berichtet in dieser Ausgabe von ihren Erfahrungen.

Afdal Farid ist stolz, an der Heliopolis Universität zu studieren und damit Nachhaltigkeit in Ägypten zu fördern.

I

m Juli und August dieses Jahres hatte ich die Gelegenheit, an einem 6-wöchigen Praktikum bei ISIS, SEKEMs größtem Betrieb für die Produktion frischer Lebensmittel, teilzunehmen. Dieses Praktikum war meine erste Berufserfahrung. Zuvor hatte ich die SEKEM Schule besucht. Seit einiger Zeit studiere ich an der Heliopolis Universität internationales Management und Wirtschaft. In diesem Jahr war es mir wichtig, die

Wirklichkeit in der Arbeit für einen Betrieb wie ISIS genau kennenzulernen und zu verstehen, wie es funktioniert, die wirklich nachhaltigen Produkte für SEKEM herzustellen. Mich begeistert die Idee SEKEMs seit meiner Schulzeit. Jetzt an der Heliopolis Universität ist uns Studenten und Studentinnen die Unterstützung der Idee der nachhaltigen Entwicklung sehr wichtig.

SEKEM Insight | September 2013 | Seite 1


Wirtschaft

Viele von uns hörten hier das erste Mal von dem Begriff der „nachhaltigen Entwicklung“. Doch wir alle konnten uns im Zusammenhang der SEKEMBetriebe, die wir besuchen konnten, ein anschauliches Bild davon machen und möchten heute durch unsere Studien und unsere spätere Arbeit diese wichtige Idee unterstützen, um sie möglichst vielen Menschen in Ägypten nahezubringen. Im Juli 2013 trat ich meine Arbeit auf der SEKEM Farm an. Mich betreute Herr Andreas Kalbhenn, der als Deutscher seit einigen Monaten die Arbeit von ISIS hier in Ägypten unterstützt. Er hat mein Praktikum aufmerksam betreut und mich stets hilfsbereit gefördert. Der Schwerpunkt meiner Mitarbeit lag zunächst im Bereich Qualitätskontrolle. Ich wollte besser verstehen, wie das Produktsortiment zustande kommt. Außerdem war es mir wichtig, einen Einblick in die vielfältigen Produktionsprozesse nachhaltiger Produkte zu erhalten. Ich verbrachte eine Woche mit meinen dortigen Kollegen. Viel Handarbeit für viele Menschen In dieser Abteilung lernte ich die einzelnen Schritte der Produktionsund Verarbeitungsprozesse kennen. Vieles war mir zuvor gar nicht bewusst. Zum Beispiel war ich überrascht davon, wie viele Schritte bei der Produktion von SEKEM-Lebensmitteln von Hand ausgeführt werden. Ich hatte angenommen, fast alles sei automatisiert. Es hat mich überrascht und befriedigt, zu erfahren, dass dies bewusst geschieht, um mehr Menschen hier draußen auf dem Land Arbeit anbieten zu können. Für mich ist das ein wichtiger Teil einer „nachhaltigen Produktion“. In der Folgezeit besuchte ich nahezu alle Abschnitte der Lebensmittelproduktion in ISIS, z. B. in der Herstellung von Gewürzen, Datteln oder Honig. Ich begleitete die Mitarbeiter während ihrer ganzen Arbeit, um kennenzulernen, wie anstrengend manche Ar­beits­schritte

sind und welche Fähigkeiten man besitzen muss. Nach dieser Woche in der Praxis besuchte ich die Abteilung für Planung, Logistik und Vertrieb für die lokalen und internationalen Märkte. Vor allem der Kundenservice für unsere Partner in Europa war Teil meiner Arbeit. In diesem Bereich ist Herr Kalbhenn selbst tätig, der hier – wie auch viele andere internationale Mitarbeiter in SEKEM – vor allem mit der Qualitätssicherung betraut ist. In den folgenden 5 Wochen lernte ich hier alle Prozesse von der Anfrage eines europäischen Kunden bis zur Rechnungsstellung kennen – ein beeindruckendes Arbeitsumfeld! Ich konnte mich mit dem ganzen System vertraut machen, nach dem ein großes Unternehmen wie ISIS betrieben wird. Großer Aufwand für Qualität und Sicherheit Besonders beeindruckt haben mich die internationalen Verfahren und Standards, denen das Unternehmen entsprechen muss, wenn es seine Produkte hier und in Übersee vertreiben will. Besonders die Produktion von Bio-Lebensmitteln ist aufwendig und unzählige Kontrollen müssen durchgeführt werden, damit das Produkt weltweit anerkannten Qualitätsstandards entspricht. Mir ist durch mein Praktikum bewusst geworden, wie wichtig nachhaltige Produktionsmethoden für unser aller gesundes Lebensumfeld sind. Jetzt, wo ich die Hintergründe der Produktion in SEKEM besser verstehe, erkenne ich deutlicher, wie die Arbeit in den Fabriken mit meinem Studium an der Heliopolis Universität zusammenhängt. Mein nächstes Ziel ist es, ein Praktikum im Ausland zu machen. Ich würde gerne nach Deutschland gehen, wo am liebsten auch eine Firma für Bio-Produkte kennenlernen würde. Afdal Farid

SEKEM können sie auch besuchen:

www.SEKEM-reisen.de www.aventerra.de

Neue Kursangebote fördern soziale Verantwortung durch Kunst

S

obald es an der SEKEM Schule Sommerferien gibt, schwärmen die KunstlehrerInnen in die Firmen aus, um mit den MitarbeiterInnen künstlerisch zu arbeiten. In den diesjährigen Kursen konnte mit 15 Gruppen zu rund 12 TeilnehmerInnen schöpferisch gearbeitet werden. Die Hälfte der Teilnehmer sind üblicherweise Frauen. Jede Gruppe erhält durchschnittlich 3-4 Mal pro Woche eine halbe Stunde Unterricht. Die Kurse, die in diesem Jahr durchgeführt werden, umfassen Be­ triebs­­ eu­r yth­mie, Malen, geometrisches Zeichnen und Sprach­re­zi­tation und stehen alle unter dem Motiv der Per­ sön­lich­keits­entwicklung. Hierzu gehört in erster Linie die Sinnes- und Wahrnehmungsschulung, welche als Basis für Kommunikation und Gemeinschaftsbildung durch die Kunst besonders gefördert werden kann. Wie höre ich richtig zu? Wie beobachte, kooperiere, präsentiere ich? Wie entwickele ich soziale Verantwortung? In der Eurythmie geht es vorwiegend um Kooperation und gemeinschaftsbildende Elemente und das Wach werden für den Prozess von Geben und Nehmen als Grundlage des sozialen Lebens. Im Malen ist es der Sinn für die Schönheit und für alles, was ich mit meinem Sehsinn um mich herum wahrnehmen kann, der angeregt wird. Das geometrische Zeichnen gibt Struktur und Ordnung und regt die Gestaltungskräfte an. Beim künstlerischen Sprechen übe ich Ausdruckskraft artikuliertes Sprechen. Besonders in dieser Zeit, in der Ägypten durch eine Phase der sozialen und politischen Transformation geht, sind Momente, in welchen die Werte sozialer Fähigkeiten angesprochen werden und ein Raum geschaffen wird in dem jeder Einzelne daran üben kann wichtig. Martina Dinkel

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Impressionen

Impressionen aus SEKEM

Im März 2013 konnte SEKEMs skandinavischer Förderverein durch eine großzügige Spende insgesamt 11.600 norwegische Kronen der SEKEM-Initiative spenden. Ziel war es, die Einstellung einer Kunstlehrerin an der SEKEM-Schule zu unterstützen und der ägyptischen Musiklehrerin Theresa Naki die Möglichkeit zu geben, als Chor-Lehrerin für Kinder der Klassen 1 bis 6 tätig zu sein. In der Folgezeit konnte sie durch die Spende mit 70 Jungen und Mädchen sowohl in arabisch als auch englische Lieder einstudieren. Über das ganze Schuljahr hinweg konnten die Kinder mehrmals in vor der ganzen SEKEM-Gemeinde ihre Künste vorstellen. Die Kinder genossen das Singen und vor allem ihre öffentlichen Darbietungen vor Publikum. Das Singen sollte jedoch nicht nur eine Menge Spaß machen, sondern stellt auch ein wichtiges Instrument dar, das persönliche Gesangs- und Hörverständnis zu verbessern und sich ein Gefühl für Musik, Harmonie und Schönheit zu erarbeiten. Präsentationen der erworbenen Künste lehren die Kinder, auf die eigenen Fähigkeiten und ihr können zu vertrauen. Der Chor erlaubt es also den Kindern, den Lernprozess zu genießen und gleichzeitig Solidarität und soziales Verhalten im Team zu üben. Aus diesem Grund stellt der Chor ein wichtiges Instrument bei der charakterlichen Schulung und der Persönlichkeitsbildung der jüngsten Generation von Ägyptern dar. Doch das Konzept funktioniert nur, wenn ein Vertrauenslehrer sich dauerhaft um die Kinder kümmern kann – was durch die Spende, für welche die SEKEM-Initiative herzlich dankt, ermöglicht wurde.

SEKEM Insight | September 2013 | Seite 3


Kurznachrichten

Neue App für Smartphones verbindet Farmer mit Konsumenten

Biopionier setzt neue Impulse in NachhaltigkeitsBerichterstattung

Veranstaltung: SEKEMMitarbeiter bei Mündener Gesprächen

Eine Gruppe spanischer Program­ mierer ist derzeit mit der Entwicklung einer revolutionären App für Smart­ phones befasst, die künftig Bauern und Konsumenten direkt zusammenführen soll. „Wir wollen die Lebensmittelindustrie durch eine direkte Verbindung zwischen Verbrauchern und ihren lokalen Produzenten zu revolutionieren“, so die Entwickler auf ihrer Website.

Pünktlich zum Weltumwelttag am hat die Firma Lebensbaum, langjähriger Partner SEKEMs, in diesem Jahr als erstes Bio-Unternehmen einen A+-bestätigten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Die A+-Bestätigung wird im Rahmen der internationalen „GRI-Initiative“ verliehen, die sich um die Förderung verlässlicher und vergleichbarer Unternehmensberichte bemüht.

SEKEMs Mitarbeiter für Presseund Öffentlichkeitsarbeit in Europa, Bijan Kafi, spricht am 12. Oktober im Rahmen der „Mündener Gespräche“ in Kassel zum Thema neues Wirtschaften in Ägypten am Beispiel SEKEMs.

Der Bericht des auf Kaffee, Tee und Gewürze spezialisierten Biopioniers aus dem niedersächsischen Diepholz hat damit das bestmögliche Anwendungsniveau der Global Reporting Initiative (GRI) erfüllt – gerade einmal drei weiteren deutschen Mittelständlern ist das bisher gelungen. GrowCrowd möchte Landwirte und Heimgärtner direkt mit ihren Kunden in ihrer Nachbarschaft verbinden. Die App funktioniert als lokaler Markt für Bio-Lebensmittel (Gemüse, Kräuter, Früchte & Nüsse). Produzenten können ihre Produkte im eigenen Lebens­umfeld selbstständig anbieten. Kunden können nahe Betriebe und Produkte lokalisieren, um frische Lebens­­ mittel zu guten Preisen zu kaufen und lokale Erzeuger zu fördern. Die Entwickler stellen sich vor, dass GrowCrowd Kunden dazu animiert, stärker auf lokale Produkte zurückzugreifen und sich so gesünder, schmack­ hafter und erschwinglicher zu ernähren. Auf diesem Wege sollen diese auch zur Unabhängigkeit lokaler Bauern beitragen. Zusätzlich reduzieren sie negative Auswirkungen der Intensivlandwirtschaft. Interessenten können sich auf der angegebenen Website informieren.

Die GRI wurde mit Unterstützung des UN-Umweltschutzprogrammes ins Leben gerufen, um einen weltweit anerkannten Standard zur Nachhaltigkeitsberichterstattung zu schaffen. Wer wie Lebensbaum alle GRI-Indikatoren transparent berichtet und einen unabhängigen Prüfer hinzuzieht, erreicht das höchste Level A+. Jährlich erhebt Lebensbaum für seinen Nachhaltigkeitsbericht rund 150 Kennzahlen – von der CO2-Bilanz bis zur Mitarbeiterverpflegung. „Das ist aufwendig, aber so können wir die Nachhaltigkeitsleistungen unseres Unternehmens für jedermann nachvollziehbar dokumentieren“, macht Lebensbaumgründer Ulrich Walter deutlich. „Wir sind bisher das kleinste Unternehmen, das einen A+-Bericht veröffentlicht hat. Jetzt wollen wir andere ermutigen, diesen Schritt zu wagen“, erklärt der Biopionier.

Quelle: GrowCrowd

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Mehr Informationen: http://www.indiegogo.com/projects/ grow-crowd-ios-app

Quelle: Ulrich Walter GmbH

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Mehr Informationen:

In den Vorträgen und Diskussionen der zweitägigen Tagung zum Thema „FinanzkriseBodenmärkte-Welternährung“ sollen Erscheinungsformen und Ausmaße der modernen Landnahme ebenso verdeutlicht werden wie die vielfältigen Gegenbewegungen. Neben einer Präsentation SEKEMs als wegweisendem Beispiel für eine naturverträgliche Landwirtschaft soll der grundsätzlichen Frage nachgegangen werden, wie für jeden Menschen auf der Erde unveräußerliche Landnutzungsrechte verwirklicht werden können. Und schließlich: Wie hängen Finanzkrise und Boden­ spekulation zusammen? Weitere Informationen und Anmel­ dung auf der angegebenen Website. Quelle: Sozialwissenschaftliche Gesellschaft

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Mehr Informationen: http://www.muendener-gespraeche. de/MundenerGesprache/ mundenergesprache.html

SEKEM Insight abonnieren Herausgeber v.i.S.d.P.: SEKEM, Egypt. Die Redaktion von SEKEM Insight dankt allen Korrespondenten, die an dieser Ausgabe mitgewirkt haben. Redakteure: Bijan Kafi und Christina Anlauf Kontakt: SEKEM-Insight c/o SEKEM Holding P.O.Box 2834, El Horreya, Heliopolis, Cairo, Egypt insight@SEKEM.com Bildnachweis: 1,3: SEKEM Keine Vervielfältigung ohne schriftliche Einwilligung des Herausgebers. Markenzeichen sind Eigentum der jeweiligen Markeninhaber.

http://www.denkmal-film.com http://www.rapunzel.de

SEKEM Insight | September 2013 | Seite 4


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