Nr. 99 - November 2010
Insight
SEKEMs Journal für Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft in Ägypten
Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser, Weihnachten beginnt dieses Jahr in vielen Ländern der Welt acht Wochen früher. Zumindest könnte man diesen Eindruck gewinnen, sieht man die Auslagen in den Läden und die Sortiments der Supermärkte.
Schützen
Schenken
Spielen
Geschäfte - nur mit der Umwelt
Sinnvolle Geschenke von SEKEM
Jugendkulturaustausch in SEKEM
Gute Geschäfte mit der Umwelt Die “Blüte der Nachhaltigkeit” bettet SEKEMs Geschäftstätigkeit in ökologisches Verantwortungsbewusstsein ein. SEKEM Insight zeigt, wie.
Im Jahr der globalen Wirtschaftskrisen gilt der Einkauf nach Kräften manchen gar als „soziale Maßnahme“. Jetzt, wo es vielen besser geht, wird das wirtschaftsfördernde Shopping oft zum sozial verantwortlichen Handeln stilisiert. Doch ganz gleich, warum und weshalb Sie einkaufen: was Sie erwerben, macht den Unterschied. Für uns alle. Bei zahlreichen Organisationen der Entwicklungshilfe zum Beispiel, können Sie einer Familie in den ärmsten Weltregionen eine Milchziege spenden (im Internet bei UNICEF oder CARE). Oder sie investieren anstatt zu schenken in persönliche Mikrokredite bei KIVA oder Betterplace.org. Auch SEKEM Insight hat einige Vorschläge für sozial- und umweltbewusstes Schenken für Sie. Auf Seite 3 in dieser Ausgabe finden sie Produkte, mit deren Kauf sie soziale und umweltgerechte Entwicklung in Ägypten fördern können. Und das Wohlbefinden Ihrer Kinder.
Ihr Redaktionsteam
Umweltschutz bezieht sich in SEKEM nicht nur auf die landwirtschaftliche Produktion, wie hier der Agavenpflanzen auf der Farm Adleya. Er ist ein integraler Bestandteil aller Geschäftsaktivitäten.
U
mweltschutz, so könnte man sagen, liegt SEKEM natürlicher� weise besonders am Herzen. Die mei� sten ihrer geschäftlichen Aktivitäten sind landwirtschaftlicher Art. SEKEM nimmt deshalb den Umweltschutz in der Landwirtschaft besonders ernst. Der Schutz der natürlichen Grundlagen geht in SEKEM jedoch über den Produktionssektor und die landwirt� schaftlichen Aktivitäten weit hinaus. Auch das ist „naheliegend“, zieht man die Entwicklungsgeschichte der
Initiative und ihre Motivation für eine bessere Zukunft für alle Menschen in Betracht. Zum Abschluss der mehrteiligen Serie über die Aktivitäten SEKEMs im Jahr 2009 berichtet SEKEM Insight über den Schutz der natürlichen Umwelt. Integraler Teil der Entwicklung Wie in der SEKEM “Blüte der Nachhaltigkeit” dargestellt, entfaltet SEKEM Insight | November 2010 | Seite 1
Wirtschaft
sich SEKEMs nachhaltige Entwicklung in drei Dimensionen und der Ökologie, in die diese eingebettet sind. SEKEMs Umweltengagement zielt dabei nicht nur darauf ab, den „ökologischen Fußabdruck��������������������������� “ der Aktivitäten im eige� nen Verantwortungsbereich zu redu� zieren. Die Initiative will zu einer langfristig besseren, das heißt auch gesünderen Entwicklung des Landes und seiner Menschen beitragen. Der Jahresbericht 2009 folgt daher den Sphären der natürlichen Umwelt und erläutert an ihnen Engagement, Herausforderungen und Erfolge des Jahres 2009 im Hinblick auf das bes� sere Verständnis der Folgen des eige� nen Handelns, der Verbesserung von Effizienz, den Einsatz neuer Technologien und die Entwicklung innovativer Lösungen. Nachhaltige Landwirtschaft SEKEM wendet ausschließlich biodynamische Anbaumethoden an und arbeitet partnerschaftlich mit mehr als 400 bio-dynamisch arbei� tenden Kleinbauern. Nur wenige Rohmaterialien, die ihrerseits nach strengen Bio-Standards zertifiziert sind, müssen aus dem Ausland impor� tiert werden. SEKEM möchte als Beispiel dafür die� nen, wie nachhaltige Landwirtschaft eine Antwort auf die kulturellen, sozioökonomischen und ökologischen Probleme unserer Zeit bieten kann, und engagiert sich, die Rolle der land� wirtschaftlichen Produkte als elemen� tarer Grundlage unserer Ernährung ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Bodenschutz Dass in diesem Zusammenhang die Beschaffenheit und Pflege der Böden eine besondere Rolle spielt, liegt auf der Hand. Die Landwirtschaft in SEKEM basiert auf der Verwandlung von Wüstensand in fruchtbare Agrarflächen und die Erhaltung gesun� der Böden durch Kompost und beson� dere Fruchtfolge. Um noch besser zu verstehen, wie die Landwirtschaft zum Erhalt unserer natürlichen Grundlagen beitragen kann, wurde
2009 das Labor für Mikrobiologie und Bodenanalyse ausgebaut. Die durch� geführten Analysen ermöglichen die Verbesserung sowie den Nachweis der positiven Wirkungen biolo� gisch-dynamischer Landwirtschaft. Studien zeigen, dass bio-dynamisch bewirtschaftete Böden 20-40% mehr Wasser als konventionell betriebene Flächen binden können. Sie speichern außerdem durchschnittlich 0,86t Kohlenstoff pro Hektar und Jahr. Pflanzenschutz Bio-dynamische Landwirtschaft baut auf gesunde, produktive Ökosysteme und strebt den Erhalt einer reichen Biodiversität an. Die SEKEM Hauptfarm dient als Lebensraum für mehr als 90 Baum- und Straucharten. Das wird durch rund 10% unbewirt� schaftete Grünflächen, die als Biotope fungieren, erreicht. Mischkulturen und Agroforst-Flächen wirken sich außerdem positiv auf die Artenvielfalt auf genutzten Flächen aus. SEKEM arbeitet zudem an der Züchtung eige� nen biologischen Saatguts und konnte bereits Testernten durchführen. Tierhaltung Durch die Kompostierung tie� rischer Abfälle nimmt Tierhaltung in der bio-dynamischen Landwirtschaft eine wichtige Rolle in der Erreichung eines geschlossenen Stoffkreislaufs ein. SEKEMs Nutztierbestand, der Rinder, Schafe und Geflügel umfasst, unterliegt ebenfalls den strikten demeter-Standards. 2009 gelang es SEKEMs Imkern, die bedrohte indi� gene Bienenart Apis mellifera lamar� ckii zu vermehren. Mit ihr konnte die Umstellung der Bienenhaltung auf das demeter-System und den freien Wabenbau begonnen werden. Heute bietet die SEKEM Hauptfarm als Lebensraum mehr als 60 Vogel-, Kleintier- und Insektenarten einen Lebensraum. Energiegewinnung und -nutzung 2009 konnte SEKEM die Dokumentation des Stromverbrauchs
weiter verbessern und bereits eine Reduktion zum Vorjahr von 4,1 Mio. kWh erreichen. Pilotprojekte zur Verbesserung der Versorgung mit erneuerbarer Energie wie solare Trocknungsanlagen, Warmwassergeneratoren oder Dampfanlagen, Windkraft- und Photovoltaikinstallationen wurden aufge� nommen. Elektrizitätssubventionen der ägyptischen Regierung machen ihren Ausbau jedoch noch unwirt� schaftlich und erfordern SEKEMs besonderes politisches Engagement. Luft und Klima Der CO2-Fußabdruck der SEKEM Gruppe hat sich geringfügig auf 5,2 Mio. Kilogramm CO2 erhöht. Er ist vor allem dem Ausbau der Lieferfahrzeugflotte und der Nutzung von Dieselgeneratoren zur Überbrückung von Stromausfällen geschuldet. SEKEM ermittelt Emissionen auch durch Berechnungen für immer mehr eigene Produkte. Emissionen der Fahrzeugflotte, Geschäftsflüge und der Ladengeschäfte werden außerdem mit CO2-Zertifikaten ausgeglichen. Wasser 913206 m3 Wasser wurden 2009 aus SEKEMs eigenen Brunnen und dem öffentlichen Wassernetz entnommen. Zu 91% dient es der Bewässerung. Durch den Ausbau effizienter Bewässerungsmethoden wurde hier jedoch bereits eine erneute Reduktion zum Vorjahr von 5,4% erreicht. Maßnahmen zum Umweltschutz bilden also in SEKEM die Lebensgrundlage für alles Arbeiten mit natürlichen Ressourcen. Doch der grundlegend innovative Ansatz der demeter-Landwirtschaft strebt einen neuen Umgang mit den natürlichen Bedingungen für das Leben und die Ernährung der Menschen an. Er schafft ganzheitliche Rahmenbedingungen für alle Aktivitäten in der Initiative wirtschaftliche, landwirtschaftliche und soziale. Magdalena Kloibhofer
SEKEM Insight | November 2010 | Seite 2
Kultur
Sinnvoll Schenken – Entwicklung ermöglichen SEKEMs Puppen und Stofftiere sowie Handtücher aus bester Bio- und Fairtrade-Baumwolle machen beim Schenken doppelt Freude.
S
eit Anfang November bie� tet SEKEM eine Kollektion von Puppen und Stofftieren aus BioBaumwolle an, erstmalig unter der Marke „Naturetex by SEKEM“ – natür� lich mit dem Fairtrade-Siegel!
Bedingungen Mitarbeiter in der Textilproduktion zu beschäftigen und auszubilden. Die Puppen und Tiere werden größtenteils per Hand gefer� tigt und sorgfältig mit bester Bio und Fairtrade Baumwolle ausgestopft.
Damit wurde kurz vor der Adventszeit das Sortiment im Internetshop um sinnvolle Geschenkideen ergänzt: der faire Weihnachtsmann aus rotem Baumwollfrottee und die Püppchen Malik und Karim sind ein schönes Geschenk zum Kuscheln, Kamel, Esel und Affe bringen die Tierwelt Afrikas ins Kinderzimmer und sind wegen der unbedenklichen Farbstoffe (zertifi� ziert nach GOTS) auch für die Kleinsten geeignet.
So macht Schenken doppelte Freude: für den Beschenkten und für die Näherinnen und Näher in Ägypten. Dadurch werden die Menschen aus der Produktion und ihre Familien auf respektvolle Weise unterstützt: nicht durch Spenden, sondern durch trans� parente Zusammenarbeit.
Zum ersten Mal sind auch SEKEM Handtücher aus extra schwerem saug� fähigem Frottee zur Online-Bestellung verfügbar. Durch den Kauf der Produkte wird es SEKEM ermöglicht, in Ägypten zu gerechten
Das unabhängige Fairtrade Siegel gibt die Sicherheit, dass die Baumwolle nach den internatio� nalen Fairtrade-Standards zertifi� ziert wurde. Zusätzlich zu fairen Preisen für die Baumwolle geht ein extra Betrag, das sogenannte „Fairtrade-Premium“ direkt an die Baumwollbauern, die als Kooperative davon Entwicklungsprojekte für ihre Gemeinschaft umsetzen. In einer der kommenden Ausgaben stellen wir Ihnen die Kooperative und die bisher durchgeführten Projekte vor. Zu den neuen SEKEM-Textilien zählen weiche Püppchen, die auch schon für die Kleinsten einfach zu greifen sind, lie� bevoll auf der SEKEMFarm von Hand gefertigt und mit Bio-Baumwolle gefüllt, Handtücher aus schwerem, sehr wei� chem Frottee aus bester ägyptischer Bio-Baumwolle in verschie� denen Größen in den Farben naturweiß und dunkelbraun.
SEKEM-Unterstützer in Skandinavien ausgezeichnet
N
orwegens Nachhaltigkeitsbank „Cultura Bank“ vergab ihren bereits zum 9. Mal ausgelobten Kulturpreis an die Norwegerin Ragnhild Nilsen für ihre Arbeit mit SEKEM und die Förderung der Bio-Baumwolle. Der Preis, der an Aktivisten und Aktivistinnen vergeben wird, die ihre Spuren in der sozial-ökologischen Bewegung hinterlassen haben, ist mit 25000 norwegischen Kronen, rund 3000 Euro dotiert. Ragnhild Nilsen erhielt den Preis am 26. Oktober 2010. Nilsen, die sich im Rahmen des skandinavischen Fördervereins für SEKEM einsetzt, hat unter anderem mit bunten Perlborten geschmückte Handtücher aus Baumwolle entwor� fen, die in materieller Hinsicht ihr Lieblingsthema, das Perlentauchen und ihr besonders „kostbare“ sozi� ale Projekte in der ganzen Welt wider� spiegeln. Ihre Firma „Global Fairtrade“ importiert die Handtücher, die aus Fairtrade-Baumwolle in SEKEMs Textilfirma Naturetex hergestellt wer� den, und verkauft sie in Norwegen und anderen Ländern. Auf die Frage, was die Auszeichnung ihr bedeute, sagte Nilsen: „Ich möchte die Frage umdrehen: was bedeutet sie für die ökolo� gische Baumwollrevolution hier in Skandinavien? Mit dem erhaltenen Geld werden wir natürlich SEKEM Skandinavien unterstützen. Solch einen Preis zu erhalten zeigt auch, dass das, was wir tun, von einem brei� ten Publikum wahrgenommen wird. Unsere Botschaft ist klar: wir müssen lokal handeln und global denken.
Christina Boecker
!
Mehr Informationen und Bestellungen: www.sekemshop.de
Quelle: SEKEM Scandinavia
!
Mehr Informationen: www.globalfairtrade.com www.sekemscandinavia.com
SEKEM Insight | November 2010 | Seite 3
Kultur
Musikalischer Kulturaustausch führt junge Europäer nach Ägypten SEKEM intensiviert seit Jahren den künstlerischen Kulturaustausch mit Europa. Im Oktober besuchten 70 Jungen und Mädchen aus Deutschland SEKEM für ein Orchesterprojekt.
Das Programm war so gestal� tet worden, dass die Musik einen Bezug zu Ägypten hatte. Es wurde ein arabischer Tanz von Edvard Grieg gespielt, der „Sommer“ aus Antonio Vivaldis „Vier Jahreszeiten“, von W.A. Mozart die Ouvertüre der Zauberflöte, von L.v. Beethoven die Romanze in F-Dur für Violine und Orchester, von G. Verdi der Triumphmarsch aus Aida und als Zugabe ein ungarischer Tanz von J. Brahms. Außerdem wurde der erste Satz aus der 8. Sinfonie, „Die Unvollendete“ von Franz Schubert geboten. Kulturaustausch: deutsche Schüler und Schülerinnen musizieren mit jungen Ägyptern in der SEKEM-Schule.
S
EKEM ist seit vielen Jahren bemüht, den interkulturellen Austausch zwischen den ägyp� tischen Einrichtungen der Initiative und europäischen Partnern zu inten� sivieren. Vor allem der künstlerische Aspekt der gemeinsamen Arbeit steht dabei im Vordergrund. 70 junge Deutsche des Orchesters der Freien Waldorfschule Schopfheim besuchten jetzt die SEKEM-Farm für ein einwö� chiges Orchesterprojekt. Die teilneh� menden SchülerInnen im Alter von 14 bis 20 Jahren wurden dabei von ihrer Dirigentin Elfriede Hochweber begleitet. In dreißigjähriger Arbeit hatte Frau Hochweber das Orchester auf� gebaut, das bereits seit langem das Schulleben durch eine leben� dige Orchesterarbeit prägt. Die Kleinsten beginnen in Schopfheim im Anfängerorchester - über das Unterund Mittelstufenorchester werden die Schüler ins Oberstufenorchester geführt. Dominiert wird die Arbeit durch die Jugendlichen, welche durch
die intensive Auseinandersetzung mit der klassischen Musik und die all� jährlichen Tourneen bis ins europä� ische Ausland tiefe Erlebnisse und soziale Erfahrungen auch hinsichtlich Willensschulung und künstlerischem Ausdruck sammeln können. Diesmal hatten auch die OrchesterteilnehmerInnen selbst zur Finanzierung der Reise beigetragen. Sie veranstalteten Straßenkonzerte und mehrere Aufführungen, um finan� zielle Unterstützung für die Reise zu erhalten. Ein Konzert wurde sogar für UNICEF anlässlich des „Tags der Kinder“ veranstaltet.
Die musikalische Tätigkeit umrahmte ein vielseitiges Programm für die deutschen Besucher. So war ein Fußballspiel mit ägyptischen Jugendlichen der SEKEM-Schule auf der Hauptfarm organisiert worden. Eine Führung über die SEKEM-Farm und ihre Produktionsstätten, ein Ausflug zu den Pyramiden, ein Besuch im Kairo Museum, ein Besuch des historischen Bazars und eine Fahrt in einer Feluke auf dem Nil boten weitere Abwechslung. Alle mitwirkenden MusikerInnen erhielten außerdem in SEKEMs Firma Naturetex extra für diesen Anlass her� gestellte T-Shirts mit dem SEKEMLogo, die unter großem Applaus verteilt wurden. Konzerte
Programm Der Besuch gab dem diesjährigen 33. SEKEM-Fest einen interkulturellen musikalischen Schwerpunkt. Nun mit Geige und Cello im großen Orchester mitspielen zu dürfen, war dabei vor allem für die 14 ägyptischen Kinder der SEKEM-Schule ein großartiges Erlebnis.
Die Orchestergruppe führte ins� gesamt vier Konzerte auf. Jede der Aufführungen an den verschiedensten Orten war aufs Neue ein großartiges Erlebnis und von Kontrasten geprägt. So hatte das Konzert in der Heliopolis Akademie einen festlichen Charakter, während die öffentliche Aufführung im „El Sawy“-Kulturzentrum in SEKEM Insight | November 2010 | Seite 4
Kultur
Kairo mitten im Verkehrschaos und direkt unter einer vierspu� rigen Hauptverkehrsstraße für alle Musizierenden eine große Herausforderung darstellte. In der SEKEM-Schule wurde das Orchester mit großer Begeisterung der SchülerInnen willkommen geheißen. Der Saal konnte nicht alle Besucher der Veranstaltung fassen. Das Konzert auf der Freilichtbühne im Amphitheater auf der Farm vor den Mitarbeitern und Berufsschülern SEKEMs sowie Gästen und Freunden im Rahmen des SEKEM-Festes stellte den krönenden Abschluss dar. Hier, unter dem offenen Himmel, konnte man erleben, wie der Himmel auf die Erde geholt wurde. Zusätzlich bestrit� ten einzelne Musiker kleinere Auftritte. Impressionen Das Erlebnis des musikalischen Gebens und Nehmens war für alle Teilnehmer der Orchesterwoche eine Kernerfahrung. Im Orchester ist man selbst „nur ein kleines Licht“ und kann alleine nicht viel bewirken. Doch indem man es in die Gemeinschaft integriert, entsteht ein Ganzes, etwas Größeres, das auch für den Einzelnen wahrnehm� bar ist, hieß es aus den Reihen der Musiker. Musik vermittele Menschen über Kulturen hinweg, ohne Sprache. Musik sei selbst Weltsprache, die es allen ermögliche, ein gemeinsames Ziels zu verwirklichen. Einzelne Beobachtungen am Rande des Geschehens stärkten diesen Eindruck. Nachdem die ägyptischen Kinder ihren Orchesterbeitrag abge� schlossen hatten, saß Heba, eine Schülerin der 5. Klasse, nachdem sie ihre Geige eingepackt hatte, in der letzten Reihe und hörte aufmerksam zu. Aber ihre Arme waren immer noch sehr rege, sie dirigierte die noch fol� genden Stücke mit, in Gebärde und Ausdruck genau so, wie sie es bei der Dirigentin beobachtete. Herr Sherif, ein Lehrer der SEKEMSchule, kam nach dem Besuch der Probenarbeit gerührt zu sei� nen Mitteilnehmern: “Und da mitten
drin sitzen unsere Schüler und spie� len mit. Das bildet wirklich eine neue Generation.“ Ein weiterer Orchesterteilnehmer äußerte: „Wenn ich mit Menschen höchster Professionalität in einem Orchester spiele und es fehlt das Interesse und die Liebe untereinander, kann es mich unter Umständen weni� ger berühren, als wenn ich mit einer Laiengruppe spiele, die sich gemein� sam um eine Sache bemüht, so wie ich es unter uns erlebt habe.“ Die Eindrücke der erlebnisreichen Woche waren von herausragender Vielfalt geprägt: die Begegnung mit den lokalen Kulturen, der Besuch SEKEMs und das Zusammentreffen mit ihren Mitarbeitern, den Besuch der Pyramiden oder das Verkehrschaos in Kairo, die Begegnung der Kulturen beim Fußballspiel oder im Konzert. Diese Vielfalt wurde von allen TeilnehmerInnen als besonderes Geschenk empfunden. SEKEM als gastgebende Einrichtung wurde dabei nicht nur musikalisch beschenkt. Der Initiative wurde am Abschlussabend außerdem ein Cello übergeben. Es soll in Zukunft das Musizieren mit Freude in SEKEM fördern. Zusätzlich erhielten die Lehrer der Schule zwei musikalische Bearbeitungen für Orchester mitsamt allen Noten für die Einzelstimmen für Wolfgang Amadeus Mozarts „Zauberflöte“ und „Peer Gynt“ von Edvard Grieg. Die Organisatoren und Teilnehmer danken insbesondere den finanzi� ellen Förderern des Projekts: Waldorf Stiftung, DAAD und Auswärtigem Amt, Goethe Institut, Donata Stiftung, Ostheimer Stiftung, SEKEM Development Foundation, SEKEM Firmengruppe, und dem Förderverein SEKEMs in Deutschland. Großer Dank gebührt auch allen Mitwirkenden, den Eltern der SchülerInnen sowie den SEKEM-Mitarbeiterinnen Angela Hofmann und Yvonne Floride, die das Programm organisiert und die Gäste betreut haben.
Ägyptische und deutsche Schüler musizieren gemeinsam.
Aus einem Gespräch mit Elfriede Hochweber Was bedeutet das Orchesterspiel für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen? Zunächst lernen die Kinder auf ein� ander zu hören. Dann haben sie die Möglichkeit, sich durch die klas� senübergreifende Arbeit aus dem Klassenalltag zu erheben. Dadurch werden sie belastbarer im Sozialen und im Fachlichen. Doch es gibt auch den integralen Aspekt, denn SchülerInnen aus allen Klassenstufen und mit unter� schiedlichem musikalischem Können nehmen an einem „großen Ganzen“ teil. Das Orchesterspiel fördert auch das Durchhaltevermögen. Die Teil� nehmerInnen spielen oft auch eine tragende Rolle in der Klassengemein� schaft. Wie wird mit den Schülern geübt? Es wird viel aus Bildern und Stim� mungen heraus gearbeitet. Schwie� rige Passagen werden zum Beispiel auch rückwärts spielend geübt, was eine besondere Herausforderung ist und einen erstaunlichen Effekt erzielt. Wie haben Sie die ägyptischen Kinder wahrgenommen? Sie spielten innig und voller Ernst. Sie fühlten sich wie im Himmel. Auch für die Zuhörer war wahrzunehmen, dass eine gegenseitige Bereicherung stattgefunden hat. Die Gesichter haben sich verändert, der Himmel wurde ein Stück näher auf die Erde gebracht. Zur Person: Elfriede Hochweber baute das Schopfheimer Schüleror� chester in jahrzehntelanger Arbeit auf und begleitete die Schülerin� nen und Schüler nach Ägypten.
Martina Dinkel, Sandra Bloch
SEKEM Insight | November 2010 | Seite 5
Impressionen
Impressionen aus SEKEM
S
EKEM hat in den vergangenen Jahren seine Leistungsfähigkeit in der Produktion erneuerbarer Energien ausgebaut. Vor allem auf der Hauptfarm im ländlichen Ägypten waren bis vor nicht allzu langer Zeit häufige Stromausfälle noch Gang und Gäbe. Bisher unterstützen Dieselgeneratoren die Produktionsstätten, wenn die städtische Versorgung versagt. Sie produzieren die nötige Energie, um bei� spielsweise Kühlhäuser nicht tauen zu lassen. Seit einiger Zeit ergänzen alternative Energieformen zunehmend die zur Zeit noch unumgängliche Nutzung fossiler Brennstoffe. Während auf den Dächern der Hauptverwaltung in Kairo bereits die ersten Windgeneratoren und Solarzellen installiert sind, versorgen die zwei Scheffler-Spiegel auf unserem Bild die Generatoren zur Erzeugung von Dampf auf dem Farmgelände mit der nötigen Energie. Die jeweils 16m2 gro� ßen Spiegel konzentrieren das Sonnenlicht und erreichen im Brennpunkt Temperaturen von über 600°C. SEKEM Insight | November 2010 | Seite 6
Kurznachrichten
GLS Bank zweifach ausgezeichnet
World Future Council vergibt Preis für beste Politik zum Erhalt der Biodiversität an Costa Rica
Die GLS Bank erhält gleich zwei Auszeichnungen in einer Woche: Die erfolgreichen Marketing- und Kommunikationsaktivitäten der GLS Bank prämierte der Marketing Award Bochum 2010, für sein außergewöhn� liches Umweltengagement wurde GLSVorstandssprecher Thomas Jorberg mit dem B.A.U.M. Umweltpreis geehrt.
Wie das Biodiversitätsgesetz von Costa Rica beweist, kann beispiel� hafte Gesetzgebung zum Schutz der Artenvielfalt erfolgreich in die Praxis umgesetzt werden. Am 25. Oktober 2010 versammelten sich Delegierte, Minister, Entscheidungsträger, Medien und Spender bei der Verleihung des Future Policy Award 2010, um die Verleihung des Preises an Costa Rica mitzuerleben und das Costa Ricanische Biodiversitätsgesetz als Meilenstein auf dem Weg hin zu den Zielen der UN Konvention über Biodiversität zu feiern.
Der Marketing Award 2010 prämiert den starken Markenauftritt der GLS Bank sowie ihre jüngste Kampagne. Das Kommunikationskonzept mit dem Fokus, das öffentliche Bewusstsein für die sinnvolle Wirkung von Geldanlagen zu erweitern, überzeugte die Jury. “Wir freuen uns sehr über diese Anerkennung”, so Vorstandssprecher Thomas Jorberg. “Als Begründer des sozial-ökologischen Bankings kommt es uns darauf an, dass unsere Aussage des dreifachen Gewinns – menschlich, zukunftsweisend, ökonomisch – auch tatsächlich durch unsere konkreten Bankleistungen erlebt wird.“ Im Rahmen der B.A.U.M.Jahrestagung erhielt Thomas Jorberg den B.A.U.M. Umweltpreis, mit dem sein Engagement für eine nachhal� tige Gesellschaftsentwicklung und einen werteorientierten Umgang mit Geld honoriert wird. “Geld ist ein Gestaltungsmittel der Gesellschaft”, erklärte Jorberg. Die Auszeichnung, so die Begründung der Jury, soll auch ein Zeichen für ein Bankgeschäft set� zen, das durch Transparenz und kon� sequente Nachhaltigkeit Vertrauen schafft und den Bedürfnissen der Menschen dient. Mit dem Preis zeich� net der Bundesdeutsche Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management e. V. Persönlichkeiten für ihr herausra� gendes Engagement für Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung aus. Quelle: GLS
!
Mehr Informationen: www.gls.de
Die Erfolge des Gesetzes spre� chen für sich: Indem es 26 % seiner Landfläche zu geschützten Gebieten erklärte, schaffte es Costa Rica als ein� ziges Entwicklungsland, die Abholzung nicht nur zu stoppen, sondern eine signifikante Wiederbewaldung zu erreichen. Im Ergebnis belegt das lateinamerikanische Land den ersten Platz des Happy Planet Index 2009 und ist als Ökotourismus-Pionier bekannt. Der Future Policy Award ehrt jährlich Gesetze mit besonders positiven Auswirkungen für die Lebensbedingungen gegenwär� tiger und zukünftiger Generationen. Es ist der erste Award, der poli� tische Programme auf internationa� lem Niveau auszeichnet und dadurch gezielt Lösungsansätze bekannt� macht. Jakob von Uexküll, Gründer des World Future Council und des Alternativen Nobelpreises, betonte, wie wichtig es sei, dass Regierungen die richtigen Regeln und rechtlichen Rahmenbedingungen aufstellten: „Sie bringen Millionen von Menschen dazu, täglich das richtige zu tun.“ Prof. Marie-Claire Cordonier Segger, Direktorin CISDL und Vorsitzende der WFC-Kommission Zukunftsgerechtigkeit, markierte den Höhepunkt der Zeremonie, als sie in ihrer Laudatio das Costa Ricanische Gesetz als „so umfassende wie
brillante politische Maßnahme“ bezeichnete, die großen Respekt für alle Formen des Lebens und der kulturellen Vielfalt zeige und den Artenschutz wie auch die Inter- und Intragenerationengerechtigkeit effek� tiv fördere. Sie übergab den Future Policy Award 2010 an Mario Fernandez, Botschafter von Costa Rica in Japan. Fernandez drückte seine tiefe Dankbarkeit aus und sagte: „Ich fühle mich geehrt, diesen Preis des World Future Council entgegenzunehmen. Das Biodiversitätsgesetz unseres Landes integriert den Schutz der Biodiversität und den nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen, die sie uns zur Verfügung stellt. Es ermögli� cht uns, den wunderbaren natürlichen Reichtum Costa Ricas zukünftigen Generationen weiterzugeben.“ Die ausgezeichneten Biodiversitätspolitiken aus Costa Rica und des zweitplatzierten Australien sowie vier weitere beispielhafte Gesetze werden in einer World Future Council-Broschüre mit dem Titel „Celebrating the world’s best biodiver� sity policies“ vorgestellt (siehe Link). Quelle: WFC
!
Mehr Informationen: http://www.worldfuturecouncil.org/ publications.html
Herausgeber v.i.S.d.P.: SEKEM, Egypt Die Redaktion von SEKEM Insight dankt allen Korre� spondenten, die an dieser Ausgabe mitgewirkt haben. Redakteure: Christina Boecker Bijan Kafi Kontakt: SEKEM-Insight c/o SEKEM Holding P.O.Box 2834, El Horreya, Heliopolis, Cairo, Egypt insight@SEKEM.com Bildnachweis: 1,6: Bijan Kafi; 3,4,5: SEKEM Keine Vervielfältigung ohne schriftliche Einwilligung des Herausgebers. Markenzeichen sind Eigentum der jeweiligen Markeninhaber.
SEKEM Insight | November 2010 | Seite 7