SEKEM Insight 12.13 DE

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Nr. 135 - Dezember 2013

Insight

SEKEMs Journal für Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Ökologie in Ägypten

Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser, die Rolle der Frau im Privat- und Berufsleben in Ägypten zu stärken, ist auch für eine Einrichtung von der Größe SEKEMs kein einfaches Unterfangen. Gesetzlich ist die Gleichstellung von Mann und Frau auch in der ägyptischen Gesellschaft in ihren wesentlichen Punkten vollzogen. Die Wirklichkeit sieht freilich anders aus. Die Gründe dafür sind vielfältig und umfassen kulturelle ebenso wie soziodemografische und praktische der Umsetzung und dauerhaften Verankerung in Prozessen und Arbeitsabläufen. Vor etwas einem Jahr haben die SEKEM-Firmen erstmals mit Unterstützung der GIZ eine geschlechtersensible Analyse der Wertschöpfungskette bei Naturetex durchgeführt. Außerdem nimmt SEKEM an entsprechenden Programmen der Vereinten Nationen teil und hat Deklarationen unterzeichnet. Jetzt zieht die Heliopolis Universität, die weiblichen und männlichen Studenten selbstverständlich schon immer offen stand, mit einem Förderprogramm für junge Frauen nach. Die aktuelle Ausgabe berichtet davon.

Ihr Redaktionsteam SEKEM finden sie im Internet auch auf:

Heliopolis Uni

SEKEM-Österreich

Musikbildung

Förderung begabter Frauen

Verein feiert 10jähriges Bestehen

Musik unterstützt Gemeinschaft

Heliopolis Universität fördert junge Frauen mit Vorbildcharakter Der österreichische SEKEM-Förderverein stiftet zwei „ÖsterreichStipendien“ und unterstützt so die Bildungsarbeit SEKEMs in Ägypten.

An der Heliopolis Universität studieren und arbeiten ägyptische und europäische Studenten und Studentinnen gleichberechtigt an drei Fakultäten, die sich Fragen der nachhaltigen Entwicklung widmen.

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ie SEKEM Initiative ist bisher von den revolutionären Umbrüchen im Land weitgehend verschont geblieben. Dazu gehören nicht nur die SEKEM-Betriebe. Auch die kulturellen und Bildungseinrichtungen können ihre erfolgreiche Arbeit zumeist ungehindert fortsetzen. So entwickelt sich die Heliopolis Universität trotz der weiterhin herausfordernden gesell­ schaftlichen und

politischen Situation im Land ausgesprochen positiv. Das Bedürfnis nach einer besonderen und fundierten hochschulischen Ausbildung, welche auf die praktischen Anforderungen der Gegenwart eingeht, ist sehr groß. Daher konnten für das Studienjahr 2013/14 insgesamt 231 Studenten neu aufgenommen werden. Die Gesamtzahl der Studierenden beträgt nun 363 in allen derzeit angebotenen Fakultäten. SEKEM Insight | Dezember 2013 | Seite 1


Kultur

Der gemeinnützige österreichische Förderverein SEKEMs, „SEKEMÖsterreich“, unterstützt diese Entwicklung auf vielfältige Weise. In diesem Jahr stellt er zusätzlich zum Elisabeth-Gergely-Stipendium erstmals ein eigenes „ÖsterreichStipendium“ zur Verfügung. Mit dem Gesamtbetrag von 7000,-Euro konnten für 2013/14 so ein Vollstipendium und ein halbes Stipendium vergeben werden.

seitdem dort an der Fakultät für Betriebswirtschaft und nachhaltige Entwicklung. Sie erhält nun im Hinblick auf ihre Leistungen und soziale Bedürftigkeit ein Vollstipendium, mit dem die Studiengebühren, Fahrtund Verpflegungskosten sowie Lehrmaterial bezahlt werden.

Voll- und Halbstipendien ab 2013 Das Vollstipendium wurde an die Absolventin der SEKEM Schule Mona Mohamed Abdallah Mohamed vergeben. Mona wurde in dem kleinen Dorf Gelfina in der Nähe von SEKEM geboren. Sie wuchs in einer armen ägyptischen Familie mit vier Geschwistern auf. Ihr Vater ist seit 25 Jahren Mitarbeiter von SEKEM. Zuerst war er als einfacher Arbeiter in der Landwirtschaft tätig; seit dem ist er zum erfahrenen Vorarbeiter aufgestiegen.

Mona Mohamed Abdallah Mohamed

Mona und alle ihre Geschwister haben in SEKEM den Kindergarten und die Schule besucht. Mona war nicht nur in der Schule bis zum Abitur erfolgreich. Sie hat auch künstlerisches Talent und studierte Geige. Bei vielen musikalischen Aufführungen hat sie aktiv mitgewirkt. Aufgrund ihrer sehr guten Schulleistungen wurde sie im Herbst 2013 in die Heliopolis Universität aufgenommen und studiert

Förderverein SEKEMÖsterreich feiert 2014 zehnten Geburtstag

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er Verein SEKEM-Österreich besteht seit 23. Juni 2004. Daher wollen seine Gründe und Unterstützer im kommenden Jahr nicht nur die Förderung SEKEMs in ideeller und materieller Hinsicht mit allen Kräften weiterführen, sondern auch mit einer Reihe von Veranstaltungen an die Öffentlichkeit treten. Frühzeitig hinweisen möchte der Vereinsvorstand auf folgende Termine: 1.

Esraa Tarek Elagrab

Das halbe Stipendium erhält Esraa Tarek Elagrab. Auch sie besuchte den SEKEM Kindergarten und die SEKEM Schule und wurde nun nach einem einjährigen Praktikum in den USA an der Heliopolis Universität ebenfalls für ein Wirtschaftsstudium aufgenommen. Beide Stipendien wurden bewusst an förderungswürdige Mädchen vergeben, weil beide das Potenzial für eine Vorbildrolle in ihren dörflichen Lebensumfeldern haben. Sie können so zeigen, dass Frauen ihren Platz in einer modernen ägyptischen Gesellschaft nicht nur in der Familie, sondern auch in Studium und Beruf haben und so zum allgemeinen Wohlstand beitragen können. Der SEKEM-Förderverein „SEKEM Österreich“ dankt allen Mitgliedern und Freunden herzlich für ihre bisherige Unterstützung und bittet um weitere Spenden, um die Stipendien auch in Zukunft anbieten zu können. SEKEM-Österreich, Bijan Kafi Kontakt und Spenden: http://sekemoesterreich.at. SEKEM können sie auch besuchen:

www.SEKEM-reisen.de www.aventerra.de

Am 28. Februar 2014 findet die jährliche Generalversammlung statt. Sie wird diesmal im JohannJ o­s e p h - Fu x- Ko n s e r v a to r i um des Lan­ des Stei­ ermark stattfinden und mit einem Konzert der ägyptischen Harfenistin Neam Tarek verbunden sein, die von SEKEM-Österreich in ihrer musikalischen Ausbildung unterstützt wird.

2. Am 8.April 2014 veranstaltet der Verein mit dem Institut für Völkerrecht der Karl-FranzensUniversität Graz einen Vortrag mit Dr. Bruno Sandkühler zum Thema „Ägypten wacht auf Betrachtungen zur Aktualität des Alten Ägypten und zum aktuellen Geschehen seit Januar 2011“. 3. Im Rahmen einer großen, international besetzten MontessoriTagung in Niederösterreich wird SEKEM-Österreich am 25.April 2014 ein Seminar mit dem Thema „Von den Kamillekindern zur Universität für nachhaltige Entwicklung – SEKEMs Pädagogik als interkultureller Friedensweg“ gestalten. 4. Am 21.Mai 2014 veranstaltet der Verein mit der Kunstuniversität Graz ein Benefizkonzert, in dessen Rahmen Prof. Dr. Ibrahim Abouleish einen Vortrag zum Thema „Kunst und nachhaltige Entwicklung“ halten wird. SEKEM-Österreich

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Impressionen

Impressionen aus SEKEM

Die SEKEM Initiative und ihre Mitarbeiter bedanken sich bei allen Lesern von SEKEM Insight und den Unterst端tzern ihrer Arbeit im Jahr 2013. Sie w端nschen Ihnen eine geruhsame Weihnachtszeit, einen besinnlichen Jahreswechsel und Frieden und Gl端ck im Jahre 2014! Die SEKEM Gemeinschaft

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Kurznachrichten

Kulturübergreifender Musik-Workshop schult Gemeinschaftsbildung

Denk- und Gestaltungsprozesse in Einklang bringen

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Thomas Hemelaar, ein erfahrener Pädagoge aus Holland, der die Welt bereits viel bereist hat und sich an vielen Orten für die Entwicklung der Waldorfpädagogik einsetzt, kam auch in diesem Jahr nach SEKEM, um mit den Menschen in der Initiative zu arbeiten. Dieses Mal lag der Schwerpunkt darauf, einen Einblick in seine pädagogische Forschung zu ermöglichen. Mit ihm durch die Kulturepochen zu reisen und anhand der Abbildungen von zeittypischen Skulpturen die Bewusst­seins­ent ­wick­ lung der Menschheit besser zu verstehen, war für alle Teilnehmer ein Erlebnis.

er deutsch-dänische Musiker Hans Erik Deckert war schon einige Male in SEKEM, zuletzt in Begleitung seines Cello-Orchesters. Hier hat er die Menschen in den Produktionsstätten und auf der Bühne sowie an vielen anderen Orten zum musikalischen Erleben angeregt. Ein weiteres Mal kam er jetzt nach Ägypten, um mit 5 ägyptischen Musikern an einem Schubert-Quintett (Forellenquintett) zu arbeiten und dieses während seiner Konzerte auch musikalisch zu erläutern. Gleichzeitig veranstaltete er den Workshop „Schulung musikalischer Prozesse als Grundlage und Vorbereitung der Gemeinschaftsbildung“. Musikalische Prozesse können sinnbildlich menschliches Miteinander veranschaulichen. Daher hat Musik eine friedensstiftende Kraft in einer Zeit voller Konflikte. Wie können wir entdecken, was in der Musik geschieht? Durch „strukturelles Hören“, durch Hören auf Zusammenhänge. „Musikalisches Bewusstsein entsteht durch die erlebte Aneignung der musikalischen Phänomene. Die intellektuelle Tätigkeit ist Zwischenstadium in diesem Prozess. Musikalisches Bewusstsein ist Erkenntnisweg, der Weg zur Identifikation mit den eindeutigen Gesetzen der Musik“, so Deckert dazu selbst. Dies zu üben sollten die musikalischen Stunden mit Hans Erik Deckert anregen. Anhand des Schubert Quintetts, auch das „Forellenquintett“ genannt, das im Zusammenwirken von SEKEM Musikern und Musikern aus Kairo erarbeitet wurde, erklärte Deckert die subtilen musikalischen Prozesse. Einzelne Stimmen wurden vorgestellt, auf das Thema wurde aufmerksam gemacht, Rhythmen wurden deutlich. In den verschiedenen Stimmführungen konnten soziale Vorgänge und Bewegungen wiedererkannt werden. Es wurde so deutlich, wie sich in der

Musik symbolisch soziales Leben widerspiegeln kann: Hervortreten – Zurücknehmen, forte – piano, Frage – Antwort, ein Dialog, eine Auseinandersetzung, die Dissonanz und Konsonanz, der Einklang und die Harmonie, die Mehrstimmigkeit in einem Miteinander. Deckerts praktische Erläuterungen transformierten das Zuhören der Teilnehmer, welche dieses als aktiver erlebten. Es gelang viel besser, die Musik innerlich zu hören und mit zu verfolgen, so eine Teilnehmerin. „Musikalischer Prozess bedeutet die immerwährende Kontinuität des Brückenbaus zwischen Vergangenheit und Zukunft, die Überwindung des Zeitlichen, die Wahrnehmung des ewigen Augenblicks, das Erleben des Panoramas der Gleichzeitigkeit von Anfang und Ende.“, so Hans Erik Deckert selbst zu seinem Verständnis von Musik und ihrer gemeinschaftlichen Übung. Durch den Workshop wurden viele Menschen in dieser Woche berührt, Schulkinder und Universitätsstudenten, Dozenten, Mitarbeiter und Künstler. In lebendiger Weise wurden alle während des Spielens der Musiker mit eingebunden, indem der Orgelpunkt mitgesungen wurde oder ein Rhythmus mitgeklatscht werden konnte. So konnte die Musik auch für nicht geschulte Ohren zum Erlebnis werden. Das gegenseitige Erleben der Musiker in Harmonie mit der inneren und äußeren Tätigkeit der Zuhörer trat hervor und auch für die Musiker veränderte sich dadurch ihr Spielen, hieß es aus den Reihen der Künstler. Das gemeinsame Hören wurde zu einem Urbild für das gemeinsame Miteinander. Martina Dinkel

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Mehr Informationen:

Darüber hinaus arbeitete Thomas Hemelaar auch mit den Studenten und Mitarbeitern der Heliopolis Universität. Dabei sollten geistige Denk- und körperliche Gestaltungsprozesse in Einklang gebracht werden. Derartige Kurse sollen auch zukünftig als integraler Teil des Lehrplans durchgeführt werden. In der SEKEM Schule hat Hemalaar einen solchen bereits vor 10 Jahren für die Werklehrer erarbeitet. Auch dieses wurde diesmal mit den derzeitigen Lehrern überprüft und überarbeitet. Yvonne Floride

SEKEM Insight abonnieren Herausgeber v.i.S.d.P.: SEKEM, Egypt. Die Redaktion von SEKEM Insight dankt allen Korrespondenten, die an dieser Ausgabe mitgewirkt haben. Redakteur: Bijan Kafi Kontakt: SEKEM-Insight c/o SEKEM Holding P.O.Box 2834, El Horreya, Heliopolis, Cairo, Egypt insight@SEKEM.com Bildnachweis: 1-4: SEKEM. Keine Vervielfältigung ohne schriftliche Einwilligung des Herausgebers. Markenzeichen sind Eigentum der jeweiligen Markeninhaber.

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SEKEM Insight | Dezember 2013 | Seite 4


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