sensor Mainz #109 Juni / Juli 2021

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Wasserqualität

sensor 06-07/21

Baden auf eigene Gefahr: Fäkalkeime könnten sogar einen Brechdurchfall auslösen

Ein heißer Sommertag: Was wäre schöner als ein sauberes Gewässer vor der Haustüre, um sich abzukühlen? Gewässer: Ist vorhanden. Sauber? Eher nicht, denn abgesehen von der teils gefährlichen Strömung, ist es um die Wasserqualität des Rheins nicht gut bestellt. Strandfans lassen sich dennoch nicht abhalten, sie kennen die beliebten Stellen. Doch wie (un-)bedenklich ist es tatsächlich, in einem Fließgewässer wie dem Rhein zu baden? Schlechte Noten zum Baden Nicht nur der Rhein, die meisten Fließgewässer in Deutschland sind in keinem „guten ökologischen Zustand“. Genau genommen erreichen nur acht Prozent die Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Im Bereich Mainz / Wiesbaden weist der Rhein eine „mäßige“ ökologische Qualität auf, in anderen Bereichen ist sie sogar „unbefriedigend“. Schadstoffe wie Quecksilber aus der Kohleverbrennung, bromierte Flammschutzmittel und Biozide (TBT) belasten das Wasser. Auch Nährstoffe wie Ammoniak, Nitrat oder Phosphor aus der Gülle und von Feldern werden immer mehr zum Problem. Für Menschen, die sich im Wasser aufhalten, sind die Stoffe in den vorhandenen Konzentrationen jedoch weniger bedenklich. Wenn man dunkel gegrillte Wurst oder gut durchfrittierte Pommes isst, dann nimmt man jede Menge PAK auf. Auch Stadtluft, die wir dauerhaft einatmen, ist da gefährlicher, weiß Ökotoxikologin Dr. Carolin Völker vom Institut für sozial-ökologische Forschung. Verglichen damit sei der Kontakt mit Rheinwasser vernachlässigbar, denn die Haut stelle eine natürliche Barriere dar. Wasserorganismen seien die-

Der Rhein – ein Fluss zum Baden? Die Wasserqualität der Flüsse lässt nach wie vor zu wünschen übrig

sen Schadstoffen viel stärker und dauerhaft ausgesetzt, was dazu führe, dass die Biodiversität in Gewässern abnehme und sich nur die robusten Organismen durchsetzten. Nur langsam Besserung Dennoch: Seit den 70er- und 80erJahren hat sich die Wasserqualität des Rheins deutlich verbessert. Doch es kommen auch neu entdeckte Schadstoffe hinzu, beispielsweise Arzneimittelrückstände oder antibiotikaresistente Keime, sogenannte multiresistente Erreger (MRE), die durch die Landwirtschaft oder kommunale Kläranlagen in die Flüsse gelangen können. 2018 hat die Unimedizin Mainz fast 70 Gewässer stichprobenartig untersucht, darunter neun Fließgewässer, und in zwei davon wurden MRE gefunden. Daher sollten Vorerkrankte, Ältere oder auch Personen mit offenen Wunden, Hauterkrankungen oder unter Antibiotika Fließgewässer sicherheitshalber meiden. Eine gesunde Person kommt in der Mehrheit der Fälle mit der Keimbelastung klar und kann deshalb auch mal den Kopf unter Wasser stecken. Doch Obacht: Auch nach starken Niederschlägen oder Hoch-

wasser gelangen vermehrt ungereinigte Abwasser in die Flüsse. Corona im Rhein? Kein Bakterium, sondern ein Virus findet sich zudem im Abwasser seit März 2020: Sars-CoV-2. Das rheinland-pfälzische Umweltministerium hat ein Projekt gestartet, um mehr über die Virenlast und das Verhältnis zur Inzidenz zu erfahren. Das Mainzer Abwasser wird daher seit Ende Mai durch PCR-Analysen auf den Krankheitserreger untersucht. Abwasserproben, so weiß man inzwischen,

Vorsicht vor den Strömungen Mit die größte Gefahr im Rhein geht von den Strömungen aus, weiß Alexander Pfleger, Einsatzleiter bei der DLRG Mainz. Besonders gefährdet sind Kinder, wie sich im letzten Sommer gezeigt hat. „Auch Frachtschiffe können aufgrund ihrer Sogwirkung zur tödlichen Gefahr werden.“ Das Baden im Rhein ist laut Badeverordnung für den Oberrhein zwischen Rheinkilometer 497 und 503 – also im gesamten Stadtgebiet von Mainz – ohnehin verboten. „Wer in Kontakt mit dem Wasser sein möchte, dem empfehle ich eher einen SUP-Kurs, einen Schnupperkurs beim Ruder- oder Kanuverein oder bei der DLRG vorbeizuschauen.“ Für Wassersport gibt es nämlich kein Verbot. Danijela Milosevic Das Mainzer Abwasser wird auf Coronaviren untersucht

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Lukas Görlach

können als Frühwarnsystem dienen. Zudem soll untersucht werden, ob Corona-Viren durch Kläranlagen in die Umwelt gelangen. Bislang kann man dies nicht zu 100 Prozent ausschließen. Generell überleben die Viren im Abwasser vermutlich aber nur kurz. Die Ergebnisse sollen Anfang 2022 vorgelegt werden.


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