sHeft.li no. 3

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sheft.li03



Hallo zum Dritten !

Vielen Dank dass Ihr Euch Zeit genommen habt, die dritte Ausgabe des Heftli zu

bewundern. Die Zeit ist allgegenwärtig, doch kaum einer hat sie.

Wir haben die Zeichen der Zeit erkannt und uns deshalb hingesetzt, um ein

Interview mit der Zeit zuführen. Wie Ihr sehen werdet, waren wir in den letzten

Monaten sehr aktiv, um Euch eine weitere Ausgabe der sinnfreiesten Zeitschrift

der Schweiz zu liefern. Unter anderem haben wir uns institutionalisiert und neu

organisiert.

Nach erfolgreich bestandener Probezeit ist nun Roger unser Chief Design Officer. Ausserdem kürten wir wieder einen Mitarbeiter der Ausgabe für seinen besonderen Beitrag. Über die vielen positiven Rückmeldungen haben wir uns gefreut. Offensichtlich befinden wir uns auf dem richtigen Pfad zur B-Prominenz. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit. Gerne könnt Ihr uns unterstützen, indem Ihr Euren Freunden, Verwandten und völlig fremden Leuten auf der Strasse vom Heftli erzählt. Um keine Zeit zu verlieren, arbeiten wir bereits an der nächsten Ausgabe. Unsere Leser haben Uhren, die Redaktion hat Zeit – um am vierten Heftli zu feilen und zu schleifen. Damit dieses ebenso zeitlos wird, dürft Ihr uns gerne Euer Feedback mailen, auf Facebook posten oder per Brieftaube schicken. Aller guten Dinge sind Drei. Es wird also Zeit umzublättern und Nr. 3 zu verschlingen. Viel Spass!

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Pascal Foelix


03 #


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Inhalt

03 Editorial

05 Inhalt

07 Make the Hood look Good!

13 Die Zeit, ein Gespr채ch

19 Skizzenbuchausz체ge

27 Nichts in der Ukraine

37 Breaking News

39 Salvador da Bahia, Bildstrecke

49 Mitarbeiter der Ausgabe

51 Fernsehen erw체nscht!

57 Taktische Seiten: Wasserdesinfektion

61 Open Broadcast

63 Impressum




Ist ja nicht so, dass ich mich Partytiger nennen würde - eher Sofasurfer

oder

Dauerwerbesen-

dungs-Junkie. Wenn es mich dann aber mal nach draussen ins grelle Licht zieht, dann muss das schon verdammt gute Gründe haben. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal im Vorverkauf Tickets geholt habe um umbedingt an einem Event dabei zu sein. Sicher hat da ein bisschen

Lokalpatriotismus

mitge-

spielt, aber ich habe auch einen unerklärlichen Hang zu Schweizer Rap, und von dem gabs am Hood Look Good Festival bis jetzt immer eine Menge zu sehen. Text: Andrea Savoca

Dementsprechend war ich im frühen Sommer 2010 äusserst gut gelaunt und etwas hibbelig, ich wollte ja genug früh da sein um die Schweizer Acts nicht zu verpassen. Um 17.00 Uhr begann DJ Vertigo mit der musikalischen Untermalung des Abends, Zuschauer waren ausser mir und meinem Schatz nur vereinzelt vor der Bühne anzutreffen. Leichtfüssig dribbelte ich mich um die wenigen Verteidiger der soeben eröffneten Bar und schmiss mich an einen Barkeeper erster Güte. Nach kurzen Verhandlungen waren der zu investierende Betrag und der Preis für einen Rum auf Eis ausgehandelt. Fortan wurde ich schon von weitem erkannt, wenn ich mich der Theke nähern wollte. Das Eis klimperte und der güldene Zuckerrohrschnaps floss ganz nach meinem Geschmack. Ich begab mich vor die Tribüne wo Benji Bonus und Chilli Mari den Abend eröffneten. Zwei gut ausgewählte Host's die das Quartier zum Strahlen brachten. Verschiedene Schweizer Rapcrews, wie HTC & Süde, der Tiggr, die Meauns Klikke, Rappas, sowie das Rappack wärmten die Meute auf, und Mano Dio und Chilli Mari füllten dann auch langsam den Platz vor der Tribüne. Der Aarauer Produzent Septass feierte seine Plattentaufe mit vielen coolen Acts und liess von seinen Jungs, eine limitierte Auflage seines Tapes, verschenken. Die Hände voll mit T-Shirts und CD‘s mussten wir uns hinsetzen. Das Rolling Rock Team hatte eine witzige Variante eines Ping Pong Turniers aufgebaut. Der Tisch war übersät mit Löchern, Hindernissen, Pokalen und Lampen. Gespielt wurde mit Küchenschneidebrettern. Gewinnen war grösstenteils Glückssache, was die ganze Angelegenheit extrem entspannte und auch die härtesten Players zum Schmunzeln brachte.


Gutes Stichwort - die Stimmung. Selten durfte ich an einem HipHop Festival dieser Grösse eine so gute Stimmung geniessen. Vielleicht lag dies auch am sorgfältig ausgewählten Line Up, welches sich fernab von Mainstream Gangster Rap hielt. Aber an jeder Ecke sah man lachende Gesichter, zufriedene Menschen, gut gelaunte Helfer bei der Arbeit und auch die Acts liessen es sich nicht nehmen sich unter das Volk zu mischen. Nehmt es mir bitte nicht übel, ich weiss bei Gott nicht mehr wer da alles noch aufgetreten ist, ausser den Dilated Peoples. Sicher auch wegen meiner miserablen Englisch Kenntnisse, aber vorallem weil mein Barkeeper einfach richtig gut drauf war. Die Pferderennbahn in Aarau konnte sich denn auch beim zweiten Teil des Festivals als perfekte Location für einen Anlass dieser Grösse beweisen. Die überdachten Zuschauer trotzen den Launen des Wetters und haben stets genügend Platz um sich frei zu bewegen. Dabei kann man sich richtig der Stimmung und der guten Akustik hingeben. Deshalb freut es mich ausserordentlich, dass auch dieses Jahr die Pferderennbahn im Schachen Aarau eine Nacht lang zu nationalen und internationalen Beats zittern wird! Wie jedes Jahr werden die Rookies das Feld anführen, und werden danach von der Lokalprominenz abgelöst. Zu erwähnen wären hier sicher das Rappack, Chameleonic, Lesson Learned, Ope, Hans Nötig, Benji Bonus und DJ Jesaya feat. Phumaso, Smack & S. Fizzy. Danach geben sich die Herren von Eldorado FM inklusive der wahnsinnigen Live Band die Ehre. Besucher der legendären Seiltänzer-Plattentaufe im Bierhübeli wissen von was ich spreche. Als Hauptacts sind gebucht: Rakim, Fashawn, Emilio Rojas, Reks, Ugly Duckling, Huss & Hodn. Die Beleidiger sollten jedem Deutschrapliebhaber ein Begriff sein, und wenn Rakim, der Meister der Lyrik ans Mikrofon tritt, dann ist das sein erster Auftritt seit 12 Jahren hier in der schönen Schweiz.

28. MAI 2011 RAKIM FASHAWN EMILIO ROJAS REKS UGLY DUCKLING HUSS & HODN


Dies meine Damen und Herren sollten doch einige wirklich vernünftige Gründe dafür zu sein, genau JETZT und HIER mal auf www.hoodlookgood.ch reinzuschauen, und sich die TICKETS zu besorgen. Die paar Fränkli für soviel Musik sollten relativ locker in der Tasche sitzen. Und weil man beim Eintritt so schön spart, bleibt mehr an der Bar hängen, welche wie jedes Jahr sehr faire Preise für sehr nette Drinks bietet. Weil ich mich ja schon als Freund von Dauerwerbesendungen geoutet habe, gibt es nur heute und nur jetzt wenn sie anrufen noch etwas obendrauf! Senden sie eine E-Mail mit dem Betreff „sheft.li-Gewinnspiel“ an info@hoodlookgood.ch und nehmen Sie an der Verlosung von 2x2 Tickets teil! Die Gewinner werden unter Aufsicht eines TV-Moderators mit Stirnband ausgelost und per E-Mail benachrichtigt! Also nicht zögern - wir freuen euch zu sehen wenn es wieder heisst: MAKE THE HOOD LOOK GOOD!

Send en si e eine mit d E e „shef m Betreff -Mai t Gewi .linn info@ s-spiel “ h a und n oodlookg n o e der V hmen Sie od.ch er a Ticke losung v n on 2x ts te 2 il!


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RAPPACK HANS Nテ傍IG CHAMELEONIC LESSON LEARNED OPE BENJI BONUS PHUMASO & SMACK


Die Zei t...

Diesen Winter durfte ich mehr oder weniger freiwillig Bekanntschaft mit einer alten Dame machen. Eigentlich wollte ich ihr erst gar nicht zuhören - doch ihre Augen beginnen so eigenartig zu funkeln wenn Sie mal in Fahrt kommt, dass einem Angst und Bange wird. Kommt Zeit - kommt Rat. Deshalb haben wir die Zeit heute zu einem exklusiven Interview eingeladen in dem Sich die Zeit etwas Zeit für uns nimmt und uns mit Ihrem Rat zur Seite steht.

... Text: Andrea Savoca Bilder: Merlin Leuenberger

Hallo Zeit! Schön bist du da! Möchtest du einen Kaffee?

Zeit: Nein danke, Kaffee macht mich immer so kribbelig.

Aber weisst du, ich war schon immer da, du hast mich nur nicht beachtet.

Na gut, es ist ja nicht so dass ich jetzt wirklich nach dir gesucht hätte. Du wurdest mir ja eher aufs Auge gedrückt... Zeit: Ich kann auch wieder gehen...

Nein nein, jetzt sei nicht gleich eingeschnappt, ich bin ja froh dass du da bist, nur ist es halt einfach etwas aussergewöhnlich. Zeit: Nein, aussergewöhnlich ist es für einen Menschen den ganzen Tag in einen Monitor zu starren...

Na komm jetzt aber - das ist mein Job!

Zeit: Natürlich ist es das - um 7Uhr morgens auf der Toilette auf Twitter zu surfen - das ist dein Job.

Ja also während der Morgentoilette mach ich ja auch sonst nichts Gescheites.

Zeit: Selbstverständlich! Und beim Autofahren updatest du deinen Facebook Status übers iPhone und schreibst: Manno, schon wieder im Stau!

Das ist wichtig für die anderen Verkehrsteilnehmer und meine Freunde!

Zeit: Schon klar.

Du nimmst mich nicht ernst...

Zeit: Ist es vielleicht nicht eben gerade andersrum?


Ja du bist ja auch nie für mich da, wenn ich dich brauche! Zeit: Was erwartest du denn bitte von mir? Dass ich dich streichle und jeden Abend frage wann du endlich ins Bett kommst? Nein, aber...

also

-

ja also das wär schon irgendwie

toll... Zeit: Na siehst du so einfach machst du es dir. Du willst nie etwas mit mir zu tun haben aber findest ich kümmere ich zu wenig um dich. Ich muss mich halt um ganz viele andere Sachen kümmern. Die Welt dreht sich weiter! Zeit: Ja deshalb haben die Damen welche alle einen Schal tragen auch mal die Sanduhr für dich angehalten. Damit du dich mal um mich kümmerst. Das habe ich anders eingeplant. Ich wollte dich mit 50 oder so kennen lernen, irgendwo in der Karibik! Aber nicht hier auf dem Sofa in irgendeiner Klinik! Zeit: Das ist doch schön, dieser Reim - für den hast du mich gebraucht. Siehst du? Das kann ich auch ohne dich! Zeit: Wirklich? Warum hast du dann soviel Musik gemacht

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und Texte geschrieben im letzten Jahr?


Jetzt wird es aber persönlich, also komm jetzt - ich meine ich hatte eine Schreibblockade! Diese Vorwurfsschiene kannst du für dich behalten! Zeit: Ich sag doch, ich war immer da. Ich hab dich beobachtet - wie du Nachts um 3Uhr auf Teufel komm raus kreativ sein wolltest. Pläne geschmiedet hast wie du in den Olymp der Schweizer Cervelat Prominenz aufsteigen wirst.

. . Wie du Abends um Acht noch das Gefühl hattest eine Tabelle durchrechnen zu wollen. In all diesen Momenten hast du mich auch ganz schön ausgenutzt!

Ich wollte dir nie das Gefühl geben es sei nur für eine Nacht oder so...

Zeit: Es war nie nur für eine Nacht, es waren alle Nächte der letzten Jahre! Du bist auf mir rumgesprungen als wäre ich die ausgelutschte Dorfmatratze vom Nachbarort! Du jetzt wirds aber primitiv...

Zeit: Du warst auch recht primitiv, wie du in den nobelsten Clubs auf Kosten anderer Rum getrunken hast. Und dann anfängst Allen die Welt zu erklären, nur weil ich nüchtern zu langweilig für dich bin. Aber sobald du einen sitzen hast, bist du ja der grosse Denker und Philosoph der stundenlang über das Leben nachgedacht hat - nur weil eine Flasche Zacappa Rum 23 rumsteht.

Ja ich philosophier halt schon sehr gerne in der Weltgeschichte rum.

Zeit: Siehst du, schon wieder ein Wortspiel! Ich tu dir gut merkst du?

Ja und was soll ich jetzt tun?

Zeit: Mach mal Sport du Flachzange! Und lass deine See-

le baumeln! Suche einen Ausgleich und nimm dir mal Zeit

für dich selber! Scheiss auf die neueste Version irgendeines

Videospiels, vergiss die Facebook Clowns welche im realen Leben nur auf den Boden starren und vor sich hinglucksen.

Kümmere dich um deine fünf richtigen Freunde anstatt belanglose Scheisse mit 450 Menschen zu teilen! Twitter macht keine Sit-Ups für dich und deine Playstation schwitzt auch nicht!


Ja aber ich hab jetzt dieses PS Move gekauft... da kann man hart so bewegungsgesteuerte Augmented Reality Sachen machen! Ich hab mir erst vor ein paar Tagen so ein Kung Fu Spiel runter Zeit: Du hast s nicht begriffen, gell? Doch, aber bei dir tönt es immer nach einem Vorwurf! Schau mal, in den letzten Jahren hab ich mich wirklich zusammengerissen! Ich nehm keine Drogen mehr, hab seit Jahren eine feste Beziehungen, bin Lehrlingsbetreuer, trinke viel weniger, rauche nicht mehr.... Zeit:: Und jetzt willst du ein Schoggistängeli oder was? Nein, aber ein „hey ich bin wirklich stolz auf dich“ wär auch mal angebracht! Zeit: Weisst du, ich bin wirklich stolz auf dich. Du verarschst mich! Zeit: Ja


So wird das nichts mit uns, ich dachte du müsstest total weise und alt sein. Ganz geschwollen reden und mir jetzt die Mega Ratschläge geben, so wie ich das im Einleitungstext oben geschrieben habe. Zeit: Das würde ich schon längst tun, wenn du einfach mal die Klappe halten würdest. Weisst du, du bist nicht mein einfachster Fall.

..

Ich mag dich auch nicht so wirklich.

Zeit: Ja sicher magst du mich nicht! Denn jedes mal wenn ich bei dir bin, musst du dich überdenken und an dir arbeiten. Musst du tief in dich hineinschauen und dich reflektieren! Schau mal, die Frauen die alle einen Schal tragen haben dir den Weg gezeigt der auch ohne mich funktioniert! Der einfache Weg ist immer für dich da! Geh ihn ruhig! Diese Damen denken sie könnten mich die grösste Dimension aller, die Wahrheit und Lüge zugleich, deine Vergangenheit und die Zukunft - einfach in Momente und Gefühle einteilen. Sie denken nicht daran was ich bin, sondern daran was ich auslöse. Diese Gefühle verpacken sie dann in kleine Schachteln mit Tabletten drin, von denen du dir 14 Stück am Tag reinhaust. Glücklich sein, traurig sein, mutig sein, lustig sein, dann mal gefühlsbetont und irgendwann solltest du Hunger oder ein leichtes Schwindelgefühl verspüren. Das macht aber nichts denn bei Risiken und Nebenwirkungen schicken sie dir einen Psychiater. Auf dessen Pult liegen dann tonnenweise Kugelschreiber die von Schweizer Pharmakonzernen gesponsert wurden. So einfach geht das Leben ohne mich! Und dann wenn du dreissig bist, die Medis abgesetzt und den Entzug hinter dir hast - ein wirklich tolles Leben mit Hund und Katze führst, wünschst du dir eigentlich Kinder, weil das sicher eine total spannende und bereichernde Erfahrung für dein Leben sein wird. Und dann? Geht das alles wieder von vorne los? Sitzt du dann, wenn deine fünf Monate alte Tochter schreit, endlich zusammen mit mir an einen Tisch und kümmerst dich um dich selbst? Suchst du dann nach deiner inneren Mitte? Versuchst du dann den Sinn deines Seins zu entdecken? Überlegst du dir während dem Wickeln ob du eine Weiterbildung im Bereich Projektmanagement beginnst oder doch lieber der wilde Musikjournalist werden möchtest der von der Promigala geschmissen wird weil er zu betrunken ist?


Oder willst du nach Amerika auswandern und das grosse Glück finden? Die Tellerwäscher zum erfolgreichen Rapper Karriere hinlegen? Oder entdeckst du die Welt dann vielleicht erst im Pensionsalter? Weil du keine Eier hattest mit 25 alles hinzuschmeissen und auf Weltreise zu gehen? Ist doch vernünftig! Bis du 65 Jahre alt bist, erstmal so richtig viel Geld verdienen um dann an deiner Pensionierungsfeier in dem Moment einen Herzinfarkt zu erleiden, wenn das Häschen aus der Torte hüpft.

Sagt die Zeit, schaut mir noch einmal tief in die Augen und läuft mit einem lauten Seufzer davon. In diesem Moment klingelt mein Handy, irgendwer hat mir eine Sprachnachricht hinterlassen, die Nummer kenn ich nicht. Ich fange an die Nachricht abzuhören doch ich höre nur Rauschen und Stimmen - ein lautes Lachen - dann bricht die Verbindung ab.


Skizzenbuchausz端ge: Dimitra Charamanda









NICHT S N DER KR


RAINE

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Bevor wir uns ere En völlig r ergie esignie rt und gratis f ürs He ft.li ver ten, ma puffchten A ndrea und ic h d o ch das ei oder a ne ndere M al Anstalten , unser umstri nes Ta ttelent in Geld umzuw andeln . Diesm verschl al ägt es u ns in di Ukrain e e Text & – f a Bilder: st zum Beni Tr indest. aub


Angetrieben von jugendlichem Leichtsinn und einer Geschäftsidee auf wackeligen Beinen stiegen wir kurz entschlossen in meinen bordeauxroten Renault Safrane, um uns im Telli, Aaraus Banlieu, mit Grundverpflegung für eine längere Autofahrt einzudecken. Es war

die Zeit des Handelns, wir waren jung und die Strassen zum zum Beispiel für den Vorarlberg-Tunnel, beGlück schienen uns frei, unendlich und zahllos. Die Idee, ei- zahlt der Benutzer direkt nach der Durchnen exklusiven Sekt aus der Krim, einer ukrainischen Halbinsel am Schwarzen Meer, zu importieren und an ausgewählte Restaurants und Bars zu vertreiben schien uns erstens realistisch, zweitens, drittens und viertens lukrativ. Wir wollten direkt vor Ort, um mögliche Kontakte zu finden – es schien uns das einfachste zu sein. Ich weiss nicht mehr genau, warum wir Deutschland in unserer läppischen Routenplanung mieden, doch wir taten es. (Obwohl man im Schwabenland weder lästige Vignetten bezahlt noch Tempolimits zu beachten hat.) Wir beschlossen, auch in Österreich keine Vignette zu erwerben („Mer fahred ja d Nacht dure…“) und das mit dem Tempo schweizerisch liberal zu handhaben. In punkto Korrektheit sind uns die Österreicher übrigens schon um eine Nasenlänge voraus – oder liegen noch immer im habsburgischen Mittelalter, wie man will: Für längere Strassentunnels, wie

fahrt 9 Euro pro Personenwagen, 14 Euro für Lastkraftwagen (Preisangaben ohne Gewähr). Was ja viel fairer ist, als wenn der gewöhnliche Steuerabstotterer aus Appen-

Es war die Zeit des Handelns, wir waren jung und die Strassen zum Glück schienen uns frei, unend-

lich und zahllos. zell oder Schaffhausen den Urlaubsverkehr gottharddurchströmender holländischer Wohnwagen finanziert. Man könnte das Ganze jedoch auch argwöhnisch „Wegzoll“ nennen, eine einstmals gebräuchliche Einnahmequelle des jeweils Stärkeren. Und die Stärkeren waren diesmal, so unglaublich es klingt, die Österreicher.

Wie St. Gallen Zürich

Innsbr uck


en

Item, die Route: Zürich CH, St.Gallen CH, Innsbruck A, Wien A, Bratislava SK, Budapest HUN, Miskolc HUN, Kosice SK, Medzilaborce SK, Uzhgorod UKR. Ihr werdet euch fragen, weshalb die geplante Strecke zwei so markante Bögen aufweist, sieht irgendwie alles andere als „straight“ aus, ich weiss. (Ich mag dieses Wort seit Lil`Wayne`s „I like my drinks straight not gay!“, ist dem aufmerksamen Verzehrer meiner Texte bestimmt schon aufgefallen.) Getreu dem Motto „Der Jugend ist die Zeit knapp bemessen“ wählten wir die schnellste Variante, nicht die kürzeste. Schnell darum, weil Ungarn hunderte Kilometer bester Autobahnen subventioniert bekam, aber das mit dem Radar irgendwie verschlafen hat – uns soll es recht sein. Auf genau dieser wunderschön lautlosen, verkehrsarmen Asphaltschlange zwischen Bratislava und Budapest passierte zum ersten Mal etwas Erwähnenswertes. (Sofern man den unverschämten Wegzoll vom Vorarlberg inzwischen erfolgreich verdrängt hat.) Der Zeiger, der über das Volumen des Tankinhaltes Auskunft gibt, hielt sich tapfer einen Lichtstrahl breit rechts vom „E“. Wir wussten wohl, was dies zu bedeuten hatte, aber es steckte uns wie eine Gräte im Hals, dass wir bei allen Bemühungen kein französi-

Medzilaborce Kosice Bratislava

Uzhgorod Miskolc

Budapest


sches Wort mit „e“ finden konnten, welches irgendwie mit „leer“ zu assoziieren ist. Es ist wohl so traurig wie wahr, dass dieser einst stolze französische Automobilkonzern sich des englischen „E“ für „empty“ bedient hatte. Quelle misère… Natürlich fuhren wir inzwischen schon auf Reserve, welche uns laut Bordcomputerhochrechnungen noch 93 Kilometer versprach, wenn wir den bisherigen Verbrauchsdurchschnitt beibehalten würden. Uns dessen bewusst, was für ein Katzensprung 93 Kilometer in der Weite Ungarns sind, taten wir alles, um den Verbrauch zu drosseln. Keiner von uns – und ich bin mir sicher, auch keiner von euch – wollte in einer eisigen Februarnacht, mitten im Nirgendwo Ungarns, das durchziehen müssen, was wir den „Kanisterstyle“ nennen. (Wir fühlten uns beide noch zu jung, um elendiglich auf einem Pannenstreifen – und sei er noch so feinporig – erfrieren zu müssen.) (Also ja, eigentlich ging es ja um Andrea. Wer uns kennt, weiss, er würde zuerst sterben und ich zwei Wochen von ihm leben können. Aber wir vom Heft.li handhaben das wie der Bundesrat, man darf nicht immer sagen, wie es ist – Kollegialitätsprinzip halt…) Also: Sound aus, Fernlicht aus, Heizung aus, 80 km/h, fünfter Gang, gaaanz sachte. Als wir ein Schild mit der desillusionierenden Information „Nächste Tankstelle: 180 km“ passierten, wurde uns klar, dass wir den Ausfahrtsjoker nehmen mussten. Der kann ganz schön nach hinten losgehen in Ländern, die keine dezentrale Besiedlung pflegen. Die Autobahn beinhaltet immerhin die an-

Die Autobahn beinhal Chance, vor dem Erfrier zeug mit hilfsbereiten I – was man von einer ei ironischem Lächeln auf

sehnliche Chance, vor dem Erfrierungstod noch von einem Fahrzeug mit hilfsbereiten Insassen gefunden zu werden – was man von einer einsamen Landstrasse nur mit ironischem Lächeln auf den Stock-zähnen und fast unverschämt viel Optimismus erwarten könnte. Wir nahmen also den Ausfahrtsjoker und verliessen uns in der Folge ganz auf den Instinkt, der Urbansurviver wie uns, die oft zu völlig rhythmusverdrehten Zeiten irgendwas von der Tanke brauchten, kaum je im Stich lässt. (Wer noch nie 40 Kilometer Au-


ltet immerhin die ansehnliche rungstod noch von einem FahrInsassen gefunden zu werden insamen Landstrasse nur mit den Stock-zähnen und fast unverschämt viel Optimismus erwarten könnte.

tobahn in Kauf genommen hat, um morgens um 3 einen geöffneten Tankstellenshop zu finden, der KEIN verdammter Migrolino ist, versteht das nicht.) Erstaunlich schnell fanden wir eine „anmächelig“ beleuchtete Tankstelle – zu unserer Freude kein Migrolino, sondern ein Tesco, die klassische Ostblock-Lebensmittelkette. (Da wir beide abwechselnd fuhren, konnten wir diesen Vorteil jedoch nicht ausschöpfen.) Die Blechkiste schluckte durstig gurgelnd über 70 Liter Bleifrei, ein weiters Indiz dafür, dass es höchste Zeit war, das Vieh zu tränken. Dass wir noch nicht aus der Klemme waren, wurde im Ladeninneren klar. Der leicht gesichtslahme Studiumerschleicher hinter der Kasse war ein schlaues Kerlchen, alleine im Laden und sich seiner Position uneingeschränkter Macht sehr wohl bewusst. So kam es, dass der Sprit nach unnachvollziehbarem Tippen auf dem Taschenrechner

seines Mobiltelefones 2.13 Euro pro Liter (!!!) zu kosten schien. Unser Versuch, ihn durch Auslachen aus dem Konzept zu bringen, perlte an ihm ab wie Regentropfen auf den Blättern wachsschichtbildender Kohlsorten. Da wir überhaupt keine andere Wahl hatten, willigten wir schliesslich ein, jedoch nur unter der Bedingung, dass wir noch zwei Snickers (get some nuts!) und einen Yogidrink dazu geschenkt bekamen. Ehre gerettet, Sonnenaufgang, Morgentau auf endlosen Äckern, Fischreiher alleine in der Weite stehend, Budapest 200 km to go. Deftiges Rührei mit Schinken und ein erstes Zähneputzen inklusive Gesichter waschen erfrischten ungemein nach dieser durchgefahrenen Nacht. Die Wintersonne drang durch den leichten Morgennebel, als hätte sie nie etwas anderes getan, und die Luft war herrlich unverdorben. Die Fahrt bis zur Hauptstadt war wunderbar, wir genossen den mässigen Verkehr, die warmen Strahlen und den Facebook-Layout-blauen Himmel. Was uns dann doch ein wenig verwirrte, waren die entweder nicht vorhandenen oder vielleicht auch einfach nicht beschilderten Umfahrungen der 1.7-Millionen-Stadt, die sich wenige Minuten nach der ersten Verwirrung als Autobahnkreuzung herausstellte. Morgenchaos in Budapest. Wir wünschten uns zurück zu Benzinmangel und Preisbetrug, als alles noch einfach war. Da wir Manns genug waren, um einen 3000-Kilometer-Trip ohne Navi anzutreten, mussten wir uns auch jetzt auf unseren Instinkt verlassen.


Dieser führte uns direkt auf den Parkplatz eines Plattenbaus aus der Nachkriegszeit. Wir verlangsamten und nahmen mit Erstaunen die fünf glatzköpfigen Springerstiefeltypen inklusive der Dobermänner wahr, die, aus welchem Grund auch immer, schon morgens um halb Acht sehr finster dreinblicken konnten. Der Rückwärtsgang wurde relativ rasch eingelegt, die rauchenden Reifen des nimmersatten Renault Safrane sprachen eine eigene Sprache. Falscher Ort, falsche Zeit. Wie wir aus der Stadt, die übrigens meiner Meinung nach zu den schönsten Europas zählt, herausfanden, weiss ich bis heute nicht. Irgendwann passierten wir die Grenze zur Slowakei und der Trip verlief weiter glatt bis Kosice, der östlichsten unter den nennenswerten Städten des Landes. Dem aufmerksamen Beobachter wird es bereits aufgefallen sein: Auch Medzillaborce liegt alles andere als auf dem direkten Weg nach Uzghorod – wie auch schon der Ungarnumweg hat dies einen Grund: Lubo – aber den kennen unsere gewiefteren Stammleser ja bereits. Ich hatte ihn auf keiner seiner vier Telefonnummern erreichen können. Wir brauchten jedoch sein Knowhow im Umgang mit ukrainischen Beamten unbedingt, und so beschlossen wir, hilfesuchend bei ihm reinzuplatzen. Wir fanden Lubos Heimatstadt mühelos. Nach dem „Hier fuhr ich schon mal durch“-Prinzip, mit welchem Männer mit solchem Überschuss an Scharfsinn, wie ich ihn nun mal habe, sich orientieren, fanden wir direkt seinen Plattenbau. Lubo stand gerade auf dem Parkplatz. Ich meine, er stand gerade auf dem Parkplatz! (Mit Ausrufezeichen, besser so.) Wir legen über tausend Kilometer zurück, trotzen Gefahren, Studenten und Grossstädten, ignorieren Scheibenputzer und Zeitungsverkäufer an Ampeln, zahlen Wucherpreise für Treibstoff, Vignetten (ja, eine slowakische gönnten wir uns – es war ja auch hell, weil Tag) und Löchern in Bergen, kreuzen unangemeldet bei Lubo auf, der acht Monate pro Jahr im Ausland arbeitet, in den restlichen vier beinahe jeden Tag in der Ukraine umherdümpelt – der steht dort, als würden wir im Block nebenan wohnen und hätten uns zum Parkplatzbier verabredet. Entsprechend verdutzt war auch er.

In der Gemüsegärtnersprache, die natürlich nur dieselben sprechen und verstehen können, dafür in der ganzen Welt – das erinnert mich irgendwie an Rosenkreuzer oder Steinmetze – klärte ich Lubo über das Ziel unserer Reise auf. „Hast du Visum?“ fragte er in normalem Migrantendeutsch. „Visum?“ Meine Gegenfrage hielt sich schlicht. „Für Ukraine brauchst du Visum“. Mich fragend, warum wir die Personenfreizügigkeit mit der EU eingegangen sind, obwohl wir damit nicht mal in die Ukraine fahren dürfen, ohne vorher die lokale Botschaft aufzusuchen, schaute ich zu, wie unser Plan sich aufzulösen begann. Und das ging blitzartig. (Wer jetzt denkt, ich wisse nicht, dass die Ukraine nicht zur EU gehört, irrt. Ich bin nun mal Zyniker und mag es, an Brüssels Bein zu pinkeln.) Nachdem wir uns im besten Hotel der Stadt, das trotzdem umgerechnet nur zwanzig Franken pro Nacht verlangte und nicht sehr gut, aber auch nicht schäbig war, einquartiert hatten, genehmigten wir uns eine Müt-


ze voll Schlaf. Duschen und Zähneputzen war ebenfalls fällig, wie Blätter im November. Irgendwann assen wir noch ausgiebig etwas Warmes, ich glaube Hirsch mit Kartoffelnknödeln, Schlagrahm, Konfitüre und Preiselbeersauce. Das würd` ich „seven dizzles a wizzle“ essen, wäre ich Snoop Dogg im Ostblock. Wir beschlossen, dass wir zumindest nicht umsonst gereist wären, wenn wir uns noch gebührlich mit den lokalen Spirituosen eindecken würden, und so brachte uns Lubo IN einen Schnappsladen. „In“ habe ich gross geschrieben, weil diese Art von Lokalen eher Kioske sind, durch deren vergitterte Front man den Tropfen seiner Wahl nur gebückt erhält. Wir waren jedenfalls drin, zu dritt, vier mit der Verkäuferin. Am einfachsten vergleiche ich das mit einem Lift, denn ihr alle kennt das, den gewöhnlichen 8-PersonenLift. Einfach rundum Regale, vom Boden bis zur Decke und alles VOLL Engelsmacher. Das „Voll“ habe ich gross geschrieben, weil es eine Möglichkeit ist, dem Begriff so noch mehr Nachdruck zu verleihen. (Ich hab zwar mal gelesen, das sei recht „amateurig“ und dass Journalisten auf sowas verzichten sollten, falls sie von ihren Kollegen ernst genommen werden wollen oder irgendwelche selbstbestätigende Preise für ihr Treiben zu erhalten gedenken, um damit ihre hübschen jungen Kolleginnen, die tatsächlich noch daran glauben, als Journalistin die Welt verbessern zu können, zu beeindrucken. Bin ich froh, bin ich nur ein Schmierfink und werde von niemandem fürs schreiben bezahlt.) Ich frage mich manchmal, ob ich mir Medikamente gegen mein ständiges Abschweifen verschreiben lassen sollte. Wie Achtjährige im Legoland, stellten wir uns die Kiste unserer Wahl per Fingerzeig zusammen. Wir wollten ihren besten Wodka und erhofften uns irgendein kyrillisch beschriftetes, uns völlig unbekanntes Traditionsdestillat aus Russland oder der Ukraine. Sie hielt uns „Polar“ unter die Nasen,


„Made in France“. Ein stilistisches NoGo, ganz klar. (Wir brettern doch nicht in die Slovakei, an den östlichsten Zipfel Europas, nur um dort einen Wodka zu erwerben, der gleich in der Grande Nation westlich von uns gebrannt wird. Seit wann zum Teufel machen DIE eigentlich Wodka? Tönt für mich wie Rum aus Schottland.) Auf die enttäuschte Frage nach dem zweitbesten ihrer Kollektion, präsentierte sie lustlos ein Kartoffelerzeugnis aus Finnland. Natürlich würde ich das nur in Finnland kaufen, wo es hingehört. (Immerhin kann Finnland, nach all den Russenkriegen und anderer ungemütlicher Nachbarschaft, mindestens mehr oder weniger auf eine Wodkatradition zurückschauen.) Wir beendeten unseren Einkauf, nur um folgende Erkenntnis zu gewinnen: Irgendwie hat die rustikale Händlerin erraten, dass wir keine Locals sind, und so schlug der „Westeuropäer-Zuschlag“ schlagartig zu und machte Freund Mengenrabatt platt. Egal, immer noch günstiger als von gewissen infiltrierenden und schlecht zahlenden Grossdetailhändlern (perfides Wort, stimmt aber so) aus dem Norden. Klar, würden wir die Reisekosten und unsere Zeit mitkalkulieren, wäre dieser Spass selbst für schwedische Verhältnisse sündhaft teuer gewesen. Erzählenswert ist ab da nicht mehr vieles, war ja auch mehr so ein „Quickie“, dieser Trip. (Wer nicht weiss, was das ist, sollte „Two and a half men“, Staffel 3, Folge 16 anschauen, dort befasst sich der kleinste und dickste Hauptdarsteller intensiv mit die-

ser Frage.) Eines aber blieb mir sehr gut: Andreas Sternstunde kurz vor Wien. Dort laufen mehrere Autobahnen zu einer dicken, temporär sechsspurigen Piste zusammen, um sich sehr wenig später wieder in die verschiedenen Richtungen zu trennen. Mein vielseitig talentierter Freund und Chef, wenn das Heft.li eine Hierarchie hätte, verbuchte dort einen einzigartigen Erfolg: „Woah yeah! Ich han grad en Bentley versaaget!“ teilte er mir begeistert mit, nur um sofort wieder zu verstummen, weil er eben realisiert hatte, dass der vermeintlich zersägte nun unterwegs Richtung Schweiz war, während unsere Spur sich absenkte und wir unweigerlich Richtung „Wien Zentrum“ fuhren. Das hatte unseren übermüdeten Wasserköpfen gerade noch gefehlt. Einbahn-Wien bei Nacht, nicht mal der hinterletzte Wurstsemmelstand wollte uns noch offen stehen, und die Wegweisungen waren mehr als dürftig – vor allem Richtung Schweiz. Eine halbe Stunde und Nerven, die sonst für 300 Kilometer Autobahn gereicht hätten, verflossen sang- und klanglos in der Mozartstadt. Genau diese Nerven fehlten uns später am Zoll und wir setzten nicht auf die risikoreiche Pokertour, die Frage nach zu verzollenden Gütern mit kaltem „Nei, nüüt“ zu erwidern. Sogar eine nette Quittung haben wir gekriegt. Als kleines Nachspiel überprüften wir die Grundidee noch einmal, um ernüchtert festzustellen, dass der Aufwand für Bewilligungen und Lizenzen bei rund dreissigtausend Franken liegen würde. Ganz zu schweigen von der ganzen Bürokratie, die es mit sich brächte, in die EU zu im- und gleich danach in die Schweiz zu exportieren. Dann die Lebensmittelverordnung, Etiketten auf Deutsch, Alkoholsteuern, Mehrwertsteuern, Transportkosten, Bankkontis Unter dem Strich blieb uns nichts ausser guten Erinnerungen, meterweise Stoff für Seemannsgarn und der hochkarätigste Chili-Vodka der Welt – made in Italy.



Breaking News —

— Umweltschützer fordern in der Sch Kängurus zu ersetzen, weil diese M zen. — ­ Die Mehrzahl von Rolex wurde sich dabei um einen Markennamen ha in schweizer Gefängnissen werden kü von ihnen verursachten Kosten mit Or müssen. — Schweizer Panzer erkenn an, dass sie mit Blinkern und Rückspi sind. — SVP fordert: migranten, welch selbst mitbringen, sollen ab 2012 eine dem laufband strom erzeugen. — die zur schuldentilgung texas und new verkaufen. — Im Jahre 2010 zog Muam sein ganzes Vermögen aus der schweiz nen blieben auf schweizer konten. —


txt s. 332/834

hweiz die Kühe durch Methangas-frei fure nie bestimmt, da es andelt. — Häftlinge ünftig einen Teil der rganspenden decken nt man weltweit dariegeln ausgestattet he ihren strom nicht e stunde pro tag mit u.s.a. beschliessen, mexico an mexiko zu mmar al-Gaddafi fast z ab - nur 700 millio-


Salvador da Bahia


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abb. Titel: Mit über 3 Millionen Einwohnern zählt Salvador als die dritt grösste Stadt Brasiliens, nach Rio de Janeiro und Sao Paulo. abb. 2: Salvador ist die Hauptstadt des Staates Bahia und war bis 1763 die Hauptstadt von Brasilien. Auffallend typisches Merkmal sind die sehr bunt bemalten Häuser. abb. 3: Die Legende besagt, dass in Salvador 365 Kirchen stehen – für jeden Tag im Jahr eine. Hier zu sehen ist die Igreja do Bonfim, das bekannteste Gotteshaus. Von hier stammen auch die Fitinha, bunte Armbänder mit denen drei Wünsche in Erfüllung gehen sollen.



abb. 4: Eine 70 Meter hohe Bergkette teilt Salvador in zwei Ebenen. Mit dem bekannten La-cerda Aufzug gelangt man vom Hafen bzw. der Unterstadt in die Oberstadt. abb. 5: Als die Portugiesen frĂźher Sklaven aus Westafrika nach Brasilien schifften, wurden die Sklaven auf dem Pelourinho, dem grĂśssten Sklavenmarktplatz, verkauft. Nach dem Ende der Sklaverei, 1888, verfiel der Stadtteil zu einer Favela. Vor 30 Jahren wurde der gesamte Stadtteil saniert und ist nun eine Touristenattraktion.



abb. 6: Viele andere

abb. 7: Carlinhos Brown

abb. 8: Rund zwei

Teile der Stadt zerfal-

ist einer der bekann-

Drittel der Bevölkerung

len weiter vor sich

testen Musiker Brasili-

sind Afrobrasilianer,

hin. Oft stehen nur noch

ens und stammt aus der

weshalb Salvador als

die schön bemalten Fas-

Nähe von Salvador. Im

die schwarze Hauptstadt

saden – dahinter stehen

Hafenviertel hat er ein

gilt. Der afrikanische

jedoch lediglich Stüt-

riesiges Gebäude gekauft

Ein- fluss macht sich vor

zen. Links im Bild woh-

und veranstaltet im In-

allem in der Sprache,

nen Leute zwischen

nenhof jeweils Konzerte.

der Religion und in der

zwei leeren, fast ein-

Als Bühne dient dabei

Küche bemerkbar. Zu-

stürzenden Häusern.

ein Raumschiff.

dem gilt Salvador als das Zentrum des Capoeira.


abb. 9: Ausserhalb der Stadt trifft man auf eine lange tropische Küste. Diese bietet ein ideales Klima für Mangroven. abb. 10: Die Küste bietet für uns Menschen natürlich auch schöne Sandstrände. Hier in Trancoso, südlich von Salvador, kann man den Caipirinha im Liegestuhl kaum ablehnen.




Für die unermüdliche Arbeit im Bereich der internationalen Beziehungen des sheft.li‘s geht der Titel „Mitarbeiter der Ausgabe“ diesmal an..: Merlin Leuenberger, Fotografie & so


FER ERWU


RNSEHEN WUENSCHT

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Die Zeit der einseitigen Kommunikation ist vorbei. Worte ans Fernsehen, Worte an seine Anbeter. Auch wenn es zu spät ist. Text: Beni Traub / Illustrationen: Roger Lehner Fernseher, es tut mir Leid, es ist nicht mehr wie früher. Wir haben uns auseinandergelebt, und ich kann nur noch bedauern, was aus uns geworden ist. Du warst so voller Potential, so facettenreich. Du könntest träumen lassen, Wissen vermitteln, aufklären, verzaubern. Gute Filme sind für mich etwas Wunderbares, ein Sinnewetzen, ein Mitdenken. Meisterwerke zu entschlüsseln ist ein reichhaltiger Zeitvertreib, auch wenn ich nicht gerade danach lechze, meine Zeit auf Erden zu vertreiben. Streifen wie Guy Ritchies „Snatch“, Tarantinos „Pulp Fiction“ oder „Fight Club“ von David Fincher spiegeln für mich wider, was für ein geniales Medium du wärst. Dokumentarfilme können mich packen, in mir eine Reiselust und Wissbegierde wecken oder mich zum Gedankenjonglieren anregen. Das einzige, wozu du mich heute noch anzuregen vermagst, ist, Kritik zu üben. Immer, wenn ich meine Aufmerksamkeit von dem Fenster zur Welt besetzen lasse – und da bin ich im Vergleich zum Durchschnitt sicher am unteren Ende der Statistik, ich besitze ja nicht mal eines –, befällt mich nach dem Abschalten desselben ein beklemmendes Gefühl der Leere. Das wird der Grund sein, warum viele ihr Televisionsgerät gleich wieder ein-, respektive jeweils gar nicht mehr ausschalten. Wer will schon leer sein? Wer mag noch Stille? Also lassen wir uns täglich beschallen mit Informationen, die von Leuten, die wir nicht kennen – und denen wir nicht trauen sollten – gefiltert und geformt wurden. Deren Auffassung wird uns als Fakt vermittelt, deren Zusammenschnitt verdreht die Aussage eines Interviewpartners. Einer Aussage, die mit gezielten Zwischenkommentaren beliebig aufgepuscht oder ins Lächerliche gezogen wird. Man bestimmt, worüber wir mehr „wissen“ wollen. Zum Beispiel über Heidi Klum, ein deutsches Topmodel mit Aufmerksamkeitsdefizit und vernarbtem Ehemann. Heidi war oder ist wenigstens Topmodel, was man von den Hühnern, die sie rekrutiert, nie wird behaupten können. Auch wenn sie allesamt schon mehr Vorschusslorbeeren ernteten als Barack Obama, ein Präsident, der in seinem ersten Amtsjahr mehr finanzielle Ressourcen verbrannte als seine bösen Vorgänger in acht. In anderen Fällen sind es Doku Soaps, in denen irgendwelche „Profis“ mit „harten“ Jobs ihren spektakulären Alltag überdramatisiert nachspielen. Oder Talkshows, in denen sich halbschlaue Hartz-IV-Empfänger um irgendwelche Krümel oder Vaterschaften streiten, betreut von Hobbypsychologen, deren Outfit von C&A gesponsert wurde. Dieter kürt Idioten zu Stars, um es mit Friederich Kautz` Worten zu sagen. Oder man spielt auf fantasievollen Drehbüchern basierende Gerichtsfälle nach, inszeniert von schlechten Schauspielern, denen wohl irgendjemand „vom Film“ eine grosse Chance prophezeite, wenn sie sich bei Salesch oder Hold zum Affen machen würden – meist etwa so


emotionsgeladen wie Vladimir Putin, ein russischer Fadenzieher der dunklen Macht. Oder es läuft der verfilmte Lebensabschnitt einer Handvoll famegeiler Schulabbrecher und solariumbrauner Pudernasen, die sich in einem kamerabespickten Container um Veloständerproblemchen und Erdnüsschen streiten. (Wie zum Teufel kann offensichtlicher Schund wie „Big Brother“ schon seit zehn Jahren Sendezeit belegen?) Wer nicht ein Brett vor dem Kopf hat, muss erkennen, dass wir uns offensichtlich gut fühlen sollten: Hauptsache, der Zuschauer sieht Menschen, die noch bedauernswerter sind als er, noch fetter, noch hässlicher – so fühlt er sich automatisch überlegen und merkt nicht, wie rückständig er selbst ist, wie düster seine Zukunft und wie markant die Probleme seiner Regierung. Dann gibt man uns auch noch ein Gefühl der Macht. Wir dürfen wählen, wenn wir die Hotline bezahlen. Zum Beispiel den „Schweizer des Jahres“. Aber das Volk wählt nicht den „Schweizer des Jahres“, sondern einen derer, welche das SF als Kandidaten nominiert hat. Dass unter den Vorgeschlagenen über die Hälfte entweder mit der SRG zusammenarbeitet oder sonst wie eng damit in Verbindung gebracht werden kann, merkt der Wähler nicht einmal mehr. Denn längst hat er aufgehört, zu hinterfragen und mitzudenken. Falls eine Serie dann mal gesellschaftskritisch ist, wie es bei den „Simpsons“ oder „South


Park“ der Fall ist – beides Klassiker der versteckten oder undiplomatisch direkten Sozialkritik –, erkennen wohl nicht mal zwanzig Prozent der ZuschauerInnen den Baum im Wald. Weil sie keine Parallelen ziehen können, auf ihrer Couch sitzend, mit offenem Mund vor sich hin starrend. Den ganzen Rest der Zeit versucht man uns durch oft primitivste Werbung ein surreales Weltbild, verdrehte Wertvorstellungen und vermeintliche Bedürfnisse in den Kopf zu setzen. Aber ja, auch ich glaube daran, dass eine „jetzt noch grössere Bürste“ die Wimpern bis zu vierzig Prozent verlängern kann. (Bin ich eigentlich der Einzige, der sich für verdammt dumm verkauft vorkommt, wenn er solche Dinge hört?) Ja, ich weiss, niemand hat mir gesagt, ich solle fernsehen, ist ja freiwillig. Stimmt so auch, völlig korrekt. Es geht ja auch nicht um mich: Ich betrachte das Ganze kritisch, hinterfrage und denke mir meinen Teil. Doch ich mache mir einfach Sorgen um die, die noch nicht selber urteilen können, die Kinder – irgendwann auch meine Kinder. Die Kinder sind unsere Zukunft. Auch ihr solltet euch Sorgen machen, denn Kinder trauen ihren Augen – es gibt nichts Formbareres als sie. Und ich werde meinen Job tun, ich werde versuchen, meine Kunden und Mitmenschen mit Respekt und Würde zu behandeln. Werde weg von Zuhause sein, auf Achse, während irgendwelche anonymen Manipulatoren, Schundverleger und Schmierjournalisten durch die Blume des farbigen, sich bewegenden Bildes meinen faszinierten Kindern weismachen, dass sie mit einem Pickel im Gesicht nie beim anderen Geschlecht ankommen werden. Aber was soll`s, alles andere ist ja bereits verboten. Fernsehen ist erlaubt – oder wohl eher sogar erwünscht, denn es stellt ruhig, stimmt fantasielos und manipuliert. Die dummen Bürger waren schon immer die besten Bürger. Und ich weiss, es ist euch egal. Falls ihr überhaupt bis hier gelesen habt. Geht wieder fernsehen.


„Aber ja, auch ich glaube daran, dass eine „jetzt noch grössere Bürste” die Wimpern bis zu vierzig Prozent verlängern kann.”


TAKTISCH E SE ITE / FOLG E I I

Wasserdesinfektion In punkto Wasserversorgung sind wir meines Erachtens die verwöhnteste Nation der Welt. In der Schweiz muss man wissen, wo suchen, wenn man einen Wasserhahn finden will, aus dem kein Trinkwasser fliesst — ich vermute, für neunzig Prozent der Weltbevölkerung trifft das Gegenteil zu. Schon in weiten Teilen unserer Nachbarländer trinkt man nur aus der versiegelten Flasche. Wir hingegen spülen sauberstes Wasser kubikkilometerweise die Toiletten runter. Text: Beni Traub Bilder: Andrea Savoca Diese Dekadenz, diese Poleposition hat aber einen gewaltigen Nachteil: Während zum Beispiel ein Yanomami-Indianer aus dem Amazonasbecken bedenkenlos aus einem Bach trinken kann, werde ich höchstwahrscheinlich mit fürchterlichem Durchfall dafür bezahlen. (Dies gilt natürlich für lokale Gewässer. Ein Schweizer Bach würde den Yanomami vielleicht auch „durchputzen“, weil er sich „nur“ brasilianische Erreger gewohnt ist.) Der Schweizer ist im Vergleich zu Menschen aus ärmeren oder minder industrialisierten Gefilden krankheitsanfälliger, was einige von euch bestimmt schon auf Reisen ausserhalb Europas erfahren durften. Mitschuld ist unser System, das allmählich übersteril wird. Als Quittung dafür nimmt die Zahl der Allergien und Intoleranzen zu.


Zurück zum Wasser. Bin ich in unseren Breitengraden

unterwegs,

trage

ich

höchst selten mehr als drei Liter Wasser bei mir. Meist zwei Petflaschen à 1.5 Liter oder, wenns taktischer sein soll, ein Beuteltrinksystem wie z.B. Camelbag – zwei Liter Fassungsvermögen. Bis jetzt fand ich immer innerhalb der Zeitdauer, für die diese drei Liter ausreichen (ein bis max. drei Tage) eine Quelle, eine andere saubere Auffüllmöglichkeit oder ein Gewässer. Wenn ich Naturwasser und Zeit habe, koche ich es ab, eilt es, dann wird mittels Micropur Forte MF 1T (rezeptfrei in der Apotheke Ihres Vertrauens erhältlich) entkeimt. Frischer Schnee und Bachwasser ist zu bevorzugen. Flüsse sind nicht optimal, aber besser als stehende Gewässer. Saubere Seen, vor allem in den Bergen zu finden, sind aber durchaus eine Möglichkeit. Wichtig ist, dass ihr niemals eine leere Flasche entsorgt – denn man weiss nie, wann man das nächste Mal für wie lange Trinkwasser findet oder eine eingeplante Flasche beispielsweise beim Abkochen schaden

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nimmt. Damit Keime und Bakterien abgetötet werden, sollte Wasser mindestens drei Minuten lang sprudelnd kochen – im Gebirge länger, da der Siedepunkt bei niedrigem Luftdruck sinkt. Als Faustregel rechne ich: Pro zusätzliche 150 Höhenmeter eine Minute länger kochen lassen. Da ich nur beim Camping oder anderen

TAKTISCH E SE ITE / FOLG E I I

lockeren Anlässen (bei denen ich zudem selten abkochen muss) einen Topf bei mir trage, gehen wir nicht näher auf diese äusserst einfache Methode ein. Viel öfter musste ich in Situationen Wasser sterilisieren, in denen ich über keinen Topf verfügte. Das scheint ein Problem zu sein, ist aber mit Übung ein kleines. Mit etwas Geschick ist es möglich, Wasser in Petflaschen, Plastiksäcken oder Camelbags über dem Feuer abzukochen – am einfachsten über einem kleinem Feuer. Faustregel: Solange die Innenseite des Behältnisses Wasserkontakt hat, kann der Kunststoff nicht schmelzen, da der Schmelzpunkt der heute verwendeten Kunststoffe allermeist höher ist als die Maximaltemperatur des Wassers (flüssig maximal 100° Celsius). So kühlt selbst kochendes Wasser die Petflasche und hindert sie am Schmelzen. Je dünner der Kunststoff, desto weniger Fehler sind erlaubt: Direkter Glutkontakt lässt einen feinen Sack selbst dann undicht werden, wenn das darin befindliche Wasser noch eiskalt ist. Wichtig ist auch die Aufhängung, denn überall, wo kein direkter Wasserkontakt ist, sollten nicht mehr als 150° Celsius herrschen. Richtig oder


falsch existieren hier nicht, solange es funktioniert. Am einfachsten ist es, wenn man Draht dabei hat. Falls ihr das ganze Unterfangen an einem Ort praktiziert, an dem junge Fichten (Rottannen) spriessen, solltet ihr Folgendes mal versuchen: Jedes Jahr wachsen die Spitzen der Zweige um einige Zentimeter, was sehr gut an der hellgrünen Farbe erkennbar ist. Kneift diese Enden ab und gebt eine Handvoll davon ins Wasser. Wenn der Tee dann rötlich wird, hat er auf jeden Fall genügend gekocht und der Fichtengeschmack übertönt das manchmal störende Aroma wilden Wassers auf angenehme Weise. Ein bisschen Zucker wäre „formidable“. (Kleiner Hinweis, sozusagen zum Verbraucherschutz: In Kanada und Alaska solltet ihr diesen Tee nur bei hervorragenden Baumkenntnissen brauen – es wächst dort eine tödlich giftige Fichtenart.) Ich betone noch, was logisch sein sollte: Flaschen während des Abkochens auf keinen Fall verschliessen – ansonsten wird die Physik euch eine eventuell sehr schmerzhafte Lektion erteilen.


OPEN BROADCAST Plattform für Musiker und Radios

Wie kommen Radi

die Musiker bzw

stationen ihre

in der Hoffnung

für die Musiker

net kam die Mög

bemustern, also

wurde die Bemus Text: Pascal Foelix


ios eigentlich zur Musik? Früher haben

w. ihre Labels und Vertriebe den Radio-

e neue Platte / CD per Post zugesandt,

g im Radio gespielt zu werden. Dies war

r natürlich sehr teuer. Mit dem Inter-

glichkeit die Radiostationen digital zu

o ein MP3 per Mail zu schicken. Dadurch

sterung für alle sozusagen gratis. Im Frühling 2010 haben die vier Major-Labels Universal, Warner, EMI und Sony ein neues Regime für die Bemusterung eingeführt. Sie gründeten eine Plattform namens "Music Promotion Network" oder kurz MPN. Die Idee ist simpel: Jeder kann seine Lieder auf MPN hochladen und die Radios können sie herunterladen. Nun kommt jedoch der Haken - der Preis. Radio und Musiker sind nicht mehr länger Partner, sondern zahlende Kunden. Neuveröffentlichungen gibt es also nur noch gegen Bezahlung. Dies trifft vor allem die kleinen Musiker und Radios hart. Pro Song den man hochlädt, bezahlt man 100 Franken; ohne Gewähr dass dieser dann auch gespielt wird. Die kleinen nicht-kommerzorientierten Radios wiederum müssen rund 4000 Franken pro Jahr für den Zugang zu MPN bezahlen. Viele dieser kleinen sogenannten Unikom-Radios können sich das nicht leisten. Somit haben sie keinen Zugang zu sämtlichen Neuveröffentlichungen der Major-Labels. Hinzu kommt, dass die Major-Labels ein Interviewverbot für alle Radios verhängt haben, welche nicht im MPN arbeiten. Dies verärgerte die Musikredaktionen der Unikom-Radios und gab ihnen die Motivation ein eigenes Projekt zu lancieren. Der Verband Unikom umfasst 18 Radiosender, welche zusammen ungefähr eine halbe Million Zuhörer und Zuhörerinnen erreichen. Ihr jüngstes Mitglied, der DAB-Sender, konnte die bestehende InternetPlattform zum ersten "user generated Radio" ausbauen, was die Grundlage für eine eigene Bemusterungsplattform bildet. Diese Plattform nennt sich "Open Broadcast" und ermöglicht eine günstige Bemusterung der Unikom-Radios. Musiker, Labels und Vertriebe können somit ihre Lieder kostenlos auf Open Broadcast laden und haben die Möglichkeit die Lieder mit Zusatzinformationen für die Verwertungsgesellschaften (z.B. Suisa, GEMA, etc.) zu versehen. Damit erhalten die Musiker die Einnahmen aus den Senderechten, falls ihre Songs gespielt werden. Die Major-Labels zeigten sich gar nicht erfreut über die Eigeninitiative der Unikom-Radios, da sie dadurch weniger zahlende Mitglieder auf MPN haben. Derzeit wird die Plattform Open Broadcast noch ausgebaut und der Kampf Major-Labels vs. Unikom Radios ist noch im Gang. Wie die Geschichte ausgeht und genauere Informationen zum Projekt, könnt Ihr auf http://www.openbroadcast.ch/en/ projektunikom verfolgen.

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Redaktionsleitung: Beni Traub Fotografie: Merlin Leuenberger, Pascal Foelix, Beni Traub, Marco Nietlisbach, Andrea Savoca Grafik & Layout: Roger Lehner Texte: Beni Traub, Pascal Foelix, Andrea Savoca Illustrationen: Roger Lehner, Dimitra Charamanda Anzeigenleitung: Pascal Foelix Webauftritt: Andrea Savoca Erscheinungsdatum: Mai 2011 ©2011 für alle Beiträge. Für unverlangt eingesandtes Text- und Bildmaterial wird keine Haftung übernommen. Der Export der Zeit- schrift sheft.li und ihr Vertrieb im Ausland sind nur mit Genehmigung des Verlages zulässig. Bei Nichtbelieferung ohne Verschulden des Verlages oder infolge von Störungen des Arbeitsfriedens bestehen keine Ansprüche gegen das sheft.li. www.sheft.li



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