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Deutschland € 4,50 | Österreich € 5,20 | Schweiz CHF 7,60 | Italien € 6,10 | Luxemburg € 5,30
Das Magazin für Lesben
MAG
www.l-mag.de | Mai / Juni 2015
AUFBRUCHSTIMMUNG
Bereit für Dyke March und CSD?
SENSATION IN BERLIN
Mega-Ausstellung zur Homo-Geschichte
Lieblingsspielerinnen im L-MAG-Interview:
Nadine Angerer Nilla Fischer
COMING-OUT DER CHAMPIONS Alles zur WM in Kanada: Fußball, Frauen, Fans
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*03 Intro_00 Editorial Relaunch : Vorlage allgemein 12.04.15 18:08 Seite 3
INTRO
L-MAG Mai/Juni 2015 Das Fußball-Heft
L-MATES
Cover: Moritz Schmid, Model: Nadine Angerer Was für eine Freude: Das L-MAG-Fußball-Heft zur WM in Kanada mit 26 Seiten Fußball, Frauen und Fans. Vor allem die Gespräche mit den Top-Spielerinnen, der deutschen Kapitänin und Weltfußballerin Nadine Angerer sowie der schwedischen LGBT-Person des Jahres und genialen Abwehrspielerin Nilla Fischer vom VfL Wolfsburg haben das L-MAG-Team in ihren Bann gezogen. Der Juni steht also voll im Zeichen der WM und der kraftvollen Frauen in diesem wunderbaren, temporeichen Sport, denen es immer wieder gelingt, uns zu faszinieren.
TANJA SCHNITZLER 41, Fotografin. Lebt seit 13 Jahren in Berlin Neukölln. Für dieses Heft fotografierte sie Nadine Angerer und fuhr zum Training des VfL Wolfsburg. Nach dem Interview mit der beeindruckenden Nilla Fischer wurde auch sie zum Fußballfan.
MIRIAM REITH
[Fotos: imago/Kamerapress, privat, Julia Klaus, privat]
50, studierte Germanistik und Geschichte, bevor sie als Texterin und Konzepterin in der Werbung landete. Sie betreibt ihre eigene Agentur für Marketing-Kommunikation und eine Kunstgalerie in Frankfurt am Main. Sie stellt das Frankfurter „Jede Frau“-Fußball-Turnier vor.
UTA ZORN
COMING-OUT DER CHAMPIONS Alles zur WM in Kanada: Fußball, Frauen, Fans
L-MAG
46, Journalistin, lebt und liebt in Berlin. Als einziges Mädchen hat sie bereits in der Schulmannschaft gekickt. Sie ist leidenschaftlicher Fußball-Fan und veranstaltet sogar Public Viewing in ihrer Wohnung. Für dieses Fußball-Heft hat sie die Übersicht der 24 WM-Teams erstellt. 3
*04-05 Inhalt_00 Inhalt Relaunch 12.04.15 17:30 Seite 4
INHALT 3 INTRO 4 INHALT 6 LESERINNENPOST/ IMPRESSUM 8 MAGAZIN Rollerderby | Augspurg-Heymann-Preis für L-MAGVerlegerinnen | Mädchen-Empowerment mit filia | Festival-Update „ELLA“ und „OlaGirls“ | „Femory“Spiel | Heldin: Tanja Walther-Ahrens
11 L-KAMPAGNE Pornofilmerin Shine Louise Houston
12 MAGAZIN REGIO Hamburg: „Fußball und Liebe“-Festival | Berlin: Lesbenwohnprojekt von RuT | Bayern: „Popcorn-Party“, Rheinland-Pfalz: Zeitzeugen-Projekt
30 TITELTHEMA FUSSBALL Faszination Fußball | Die Kapitänin: Nadine Angerer im Interview | Fußball im Eishockeyland: Kanada vor der WM | Die künftigen Champions: 24 WM-Teams im Überblick | Role Model und Modellathletin: Nilla Fischer im Interview | Grenzen überwinden: Discover Football Festival | Back to the (Grass)Roots: Fußballturniere in Kassel, Frankfurt und Köln
56 FOTO Queer Wendland: Fotos von Katrin Karmann
22
62 MUSIK „Ich will Rockstar werden“: Rockband Arsen im Porträt | L-Sounds: L7, LoneLady, Adwoa Hackman, Two Bears North, Hungry Hearts, Courtney Barnett, Thee Satisfaction, Evvol
PERSONALITY Ein Treffen mit Pionierin Cristina Perincioli
66 FILM Verrückt nach Film: 25 Jahre Lesbenfilmtage Freiburg
68 DIGITALES LEBEN 14 POLITIK Geschichte wird gemacht: „Homosexualität_en“ Ausstellung, Interview mit Kuratorin Birgit Bosold
17 ABO 18 CSD UND DYKE* MARCH Bereit für den CSD? | Aufruf zum Dyke* March Berlin 2015 | CSD-Planer für 2015
22 PERSONALITY Bewegungs-Erfinderin Cristini Perincioli
26 FERNSEHEN LGBT-Vertreter im ZDF-Fernsehrat | Mehr als nur Knastlesbe: „Block B“ Darstellerin Claudia Gaebel im Interview
Wir sind Einhörner: LGBT-Profis in der Tech-Welt
72 BUCH Neuer Verlag w_orten & meer | „Unsagbare Dinge“ | „Orange is the new Black“ | „Orangenduft und Saxophon“
74 COMMUNITY Licht aus für die letzte Lesbenbar: die Serene Bar in Berlin
76 HEIM UND HERD Al dente genießen: Handgemachte Nudeln aus Brandenburg
78 EROTIK Die inneren Werte: überraschend gutes Sexspielzeug
80 KLATSCH L-MAG im Internet: www.l-mag.de
4
82 HOROSKOP
76 HEIM & HERD Handgemachte Nudeln aus Brandenburg
L-MAG
*04-05 Inhalt_00 Inhalt Relaunch 12.04.15 17:31 Seite 5
L-MAG MAI/JUNI 2015
30 TITELTHEMA FUSSBALL Nadine Angerer im L-MAG-Interview (Seite 34)
56
46
FOTO Landleben: „Queer Wendland“Fotoserie von Katrin Karmann
TITELTHEMA FUSSBALL Interview mit der schwedischen Starspielerin Nilla Fischer
[Fotos: Tanja Schnitzler(2), Anika Büssemeier, Katrin Karmann, imago/Annegret Hilse ]
L-MAG
5
*06-07 Leserbriefe_00 Editorial Relaunch : Vorlage allgemein 12.04.15 16:08 Seite 6
LESERINNENPOST L-MAG und Siegessäule präsentierten am 21. März einen Abend im SchwuZ (Berlin) zum Thema „Die unsichtbare Lesbe. Über das Verschwinden einer Identität“. Zu den zwei Podiumsdiskussionen kamen 400 Gäste. Im Anschluss wurde eine Kampflesbenlounge eingerichtet, die regen Zuspruch von 900 Partygästen fand Eine von vielen Dankes-E-Mails, die uns danach erreichten: Beschwingt gingen wir nach Hause ... Danke für den wunderbaren Abend, die interessanten und anregenden Diskussionen, und die rappelvolle Kampflesbenlonge. Der Begriff wird ja oft eher als Iiih-Begriff verwendet. Gestern Abend jedoch schienen sich viele Frauen (Lesben & queer) sehr wohl in der kämpferischen Ecke zu fühlen. Da scheint ja der Kampf (jenseits von Kicker und Armdrücken) nicht umsonst gewesen zu sein. ;-) Danke. Anne
Kleine Liebesbriefe zwischendurch versüßen den Redaktionalltag:
Mitten aus dem Leben von L-MAG-Leserinnen Liebe L-MAGRedaktion, wir möchten uns ganz herzlich bei euch für die Empfehlung von Beatrice Eli mit einem Foto bedanken. Die Musik hat uns so gut gefallen, dass wir spontan nach Göteburg gefahren sind. Das Konzert im Pustervik war wirklich atemberaubend. Liebe Grüße von Charlotte und Lara
Hallo liebes L-MAG-Team,
ich habe gestern ein großartiges Konzert im Yard-Club in Köln gesehen. Schade, dass nicht mal 100 Besucher/-innen da waren. Offensichtlich ist TOBY auf Europatour und niemand hat es mitbekommen. Dabei tourt sie mit Frau und Baby und Band :-). Wir waren alle begeistert und aufgrund der überschaubaren Anzahl von Fans konnten wir in der ersten Reihe feiern!!!
Liebes L-MAG-Team,
ich habe schon jahrelang ein Abo und für die neue Ausgabe möchte ich euch ein großes Lob aussprechen (man greift ja leider oft nur zur Tastatur, wenn man Kritik üben möchte). Mein Lob dient der Rubrik L-Sounds. Ich habe durch diese Seiten bereits etliches an schönen neuen Lieblingsliedern gefunden. In der aktuellen Ausgabe habt ihr euch übertroffen. Der Tipp TOBY war für mich gold Wert. Es ist unglaubliche Musik, welche ich ohne euch nie kennengelernt hätte. Ich habe mir sofort alle Alben runtergeladen und jedes Lied ist ein Geschenk. TOBY begleitet mich nun seit ein paar Tagen überall hin und gibt unendlich viel Kraft und Zeit zum Träumen. VIELEN DANK!!!
Lieben Gruß aus Köln und weiter so !!! Annika
ÜBER
16.000 Post(s) von L-MAGFreundinnen auf Facebook
FANS!
Steffi Jones wird 2016 neue FußballBundestrainerin der Frauen: Keine W.: Aaaaaaaah, echt jetzt? Bin gespannt, ob sie mithalten kann Natascha R.: Cool, warum nicht? Bis dahin kann sie noch viel von Silvia Neid lernen Andrea W..: Schade, dass Silvia Neid aufhört Susanne B.: Endlich kommt mal wieder Schwung in die Bude! Klasse! Zur Meldung, dass ein Anwalt aus Kalifornien per Volksbegehren die Todesstrafe für Homosexualität einführen will: Tine K.: Unmöglich und das im Jahr 2015
Liebe Leserinnen, schreibt uns, wir freuen uns: redaktion@l-mag.de Die nächste L-MAG, Ausgabe Juli/August, mit dem Titelthema CSD, erscheint am 26. Juni
Alexandra V.: Geht's noch???? Mir fehlen die Worte. Toleranz ist für die wohl ein Fremdwort. Asta D.: Tja, the land of the free ... Für manche aber nur, wenn man nach ihren Regeln lebt ... Silvia L.: Nur wenn's ums Bezahlen geht, sind wir alle gleich. Was für eine tragische Person
Gruß Katja
L-MAG ist Deutschlands Magazin für Lesben. Es erscheint zweimonatlich in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Verlag: Special Media SDL GmbH, Ritterstraße 3, 10969 Berlin, Tel.: (030) 23 55 39-0, Fax: -19 Geschäftsleitung: Gudrun Fertig, Manuela Kay Creative Director online: Gudrun Fertig Creative Director print und Chefredaktion: Manuela Kay (V. i. S. d. P.) Redaktion: Dana Müller Artdirektion: Sandy Volz Grafik & Layout: Stef Morgner
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[Foto: Privat]
IMPRESSUM
L-MAG
*06-07 Leserbriefe_00 Editorial Relaunch : Vorlage allgemein 12.04.15 16:08 Seite 7
*08-09 Magazin L-Kampagne_00 Inhalt Relaunch 12.04.15 16:09 Seite 8
L.MAGAZIN
Roll and Rock Rollerderby, der coolste Sport für Frauen seit Fußball, hat erstmals eine Bundesliga Fast unbemerkt wurde im März dieses Jahres etwas absolut Neues in Deutschland eingeführt: Die Rollerderby-Bundesliga. Für alle, die nicht schon vor Jahren über diesen Kultsport in L-MAG gelesen haben: Rollerderby ist eine auf traditionellen vierrädrigen Roll schuhen ausgetragene Teamsportart nur für Frauen! Die wilde Jagd in der Halle um enge Kurven ist mit sehr hohem Spaßfaktor und hartem körperlichen Einsatz versehen und kommt, wenig überraschend, aus den USA, wo es schon in den 50er Jahren gespielt wurde. Seit 2006 8
findet Rollerderby auch in Deutschland statt, zuerst übrigens in Stuttgart. Mittlerweile gibt es um die 900 Spielerinnen in Deutschland und circa 5.000 in Europa. Die Bundesliga umfasst in dieser ersten Saison zur „Sortierung“ aller 36 Teams erstmal vier Ligen. In der höchsten Klasse spielen die vier „Großen“: Berlin Bombshells, Stuttgart Valley Girls, die Hamburg Harbour Girls sowie die Kölnerinnen von Cologne Roller Derby. Im nächsten Jahr soll es auch um die Deutsche Meisterschaft in der ersten Liga gehen können. Aktuelle Spieltermine sind jeweils auf den Webseiten der Teams zu erfahren. Im Moment sind diese auch noch mit internationalen Wettbewerben wie den Championships der weltbesten 60 Teams beschäftigt. Einzige Europäerinnen dabei sind die Teams aus London und die Berlinerinnen. Klar, dass bei so einem rabiaten körperlichen Spaß der Lesbenanteil bei ungefähr der Hälfte liegt. Deshalb wird sich L-MAG im nächsten Heft // kay dem Phänomen Rollerderby nochmal ausführlich widmen.
[Fotos: Steve Jurkovic, Jackie Baier, Anna Meisinger, Promo ]
Rollerderby ist der Sport der Saison! Die Berlin Bombshells, hier in Aktion, gehören zu den Top Teams in Europa und haben mittlerweile sogar ein A-, ein B- und ein C-Team
L-MAG
*08-09 Magazin L-Kampagne_00 Inhalt Relaunch 12.04.15 16:09 Seite 9
Preisverdächtig L-MAG-Verlegerinnen Gudrun Fertig und Manuela Kay erhalten Augspurg-Heymann-Preis Manuela Kay (li.) und Gudrun Fertig (re.) freuen sich, den Preis am 14. Juni in Bochum verliehen zu bekommen
Glückwunsch! Die L-MAG-Verlegerinnen Gudrun Fertig und Manuela Kay werden am 14. Juni mit dem Augspurg-Heymann Preis für engagierte Lesben ausgezeichnet. Zum siebten Mal wird der Preis von der LAG (Landesarbeitsgemeinschaft) Lesben in Nordrhein-Westfalen vergeben. Nach dem Vorbild der Namensgeberinnen Dr. Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann werden damit Lesben ausgezeichnet, die zu „mehr Sichtbarkeit von Lesben im öffentlichen Raum“ beitragen und „insgesamt lesbische Identität als selbstverständliche Existenz“ vorleben, heißt es zur Zielsetzung des Preises. In der Reihe der Preisträgerinnen finden sich Persönlichkeiten wie die erste offen lesbische Bundesverfassungsrichterin Prof. Dr. Susanne Baer, Fußballspielerin und Aktivistin gegen Homophobie im Fußball Tanja Walther-Ahrens (Heldin auf Seite 10) sowie Schauspielerin und Sängerin Maren Kroymann. Für die fünfköpfige Jury steht fest: „Mit ihrer Arbeit und mit Herzblut, auch weit über den Verlag hinaus, engagieren sich Gudrun Fertig und Manuela Kay professionell und kontinuierlich für die Belange von Lesben, Schwulen und Transgendern, setzen Maßstäbe und geben wichtige Impulse in die Gesellschaft.“ Die beiden Geschäftsführerinnen des Special Media SDL Verlags freuen sich über die Auszeichnung und fühlen sich wahrhaftig geehrt. „Augspurg und Heymann sind für mich echte Vorbilder“, erklärt Gudrun Fertig, „sie waren Lesben, Feministinnen und engagierte Kämpferinnen für den Frieden vor Beginn des Ersten Weltkrieges.“ // dm
Gestärkter Nachwuchs
Lesben so weit das Auge reicht
filia Frauenstiftung fördert Mädchenprojekte
L-MAG präsentiert: OlaGirls und ELLA Festival
Junge Frauen und Mädchen brauchen spezielle Förderung in einer von Männern dominierten Gesellschaft. „Ohne Mädchen, ohne mich“ heißt es deshalb Mädchen-Empowerment hilft schon in jungen bei der filia Jahren das Selbstbewusstsein zu stärken Frauenstiftung aus Hamburg, die sich zum Ziel setzt, mit „Mädchen-Empowerment“ das Selbstbewusstsein zu stärken und zur Eigeninitiative beizutragen. In den letzten zwei Jahren gelang dies bei über 17 Projekten in ganz Deutschland, die 84.000 Euro bekamen. Wer ein Maximum von bis zu 5.000 Euro der Stiftung erhält, entscheiden Mädchen mit. Der Stiftung ist es wichtig, hier Selbstbestimmungsstrukturen zu haben, weshalb ein zwölfköpfiger Mädchenbeirat installiert wurde. In diesem sind übrigens genauso selbstverständlich auch zwei lesbische Vertreterinnen, wie das Thema sexuelle Identität und Orientierung auch insgesamt eine grundsätzliche Rolle spielt. Vor allem Mädchen die einer Mehrfachdiskriminierung ausgesetzt sind, zum Beispiel weil sie lesbisch sind, behindert, einen Migrationshintergrund oder andere Gründe haben, nicht stromlinienförmig in die Mehrheitsgesellschaft zu passen, sollen berücksichtig und gefördert werden. Für das Jahr 2016 werden Bewerbungen für eine Förderung angenommen! Und wer die Stiftung, die auf Solidarität und den Spenden von Frauen, die Frauenprojekten helfen wollen, beruht, mit Geld unterstützen will, kann dies mittlerweile sogar per SMS oder online tun. // kay
Die Festival-Saison ist eröffnet. Spanien lockt dieses Jahr gleich mit zwei lesbischen Festivals. Den Startschuss im sonnigen Süden gibt „OlaGirls“. Neu dabei: Special Guest Ruby Rose. Das australische Model und neuer Star in der 3. Staffel von „Orange is the New Black“ steht bei „OlaGirls“ an den Plattentellern und wird die Tanzwütigen ins Schwitzen bringen. Außerdem reist die Münchner Djane Eleni an. Durch das Programm führt die irische DJ und Schauspielerin MC Shivy. Entspannt und verträumt wird es zum Ausklang des Festivalwochendes bei den ElektroSoul-Tönen von DJ Ladyojer. Spätsommerfans hingegen können die letzten Sonnenstrahlen im September auf Mallorca bei „ELLA“ genießen. Auch für dieses Festival stehen bereits die ersten internationalen DJs fest. Eingeflogen werden: Gunn Lundemo (Schweden), Whitney Day (USA), DJ Fride (Norwegen) und einige deutsche Plattenprofis, wie Ploy Ceebel (Berlin) und Djane Blues (Köln). Live spielen die schwedische Jazz-Sängerin Kristin Amparo sowie die australische Rockband Stellar Addiction. Dazu gibt es dieses Jahr zum ersten Mal eine Business Convention, Networking Events und Podiumsdiskussionen. Und was wäre ein Festival in Spanien ohne Strand? Also wird für „ELLA“ ein Abschnitt des berühmten Platja de Palma nur für Lesben gesperrt. // dm
www.filia-frauenstiftung.de www.ohnemaedchenohnemich.de
ELLA – International Lesbian Festival, 1.–9. September, Palma de Mallorca, Buchungscode: „L-MAG 2015“, www.ellafestival.com
L-MAG
Star beim „OlaGirls“-Festival: DJ, Model und Augenschmaus Ruby Rose
L-MAG-Leserinnen erhalten 10 Prozent Rabatt für beide Festivals. Einfach im Buchungsformular den Code eingeben und sparen. OlaGirls, 5.–7. Juni, Calpe (Spanien), Buchungscode: „lmag“, www.olagirls.com
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*08-09 Magazin L-Kampagne_00 Inhalt Relaunch 12.04.15 16:09 Seite 10
L.MAGAZIN Tanja Walther-Ahrens
DIE HELDIN
(1970, Lehnheim/Hessen) Stürmerin gegen Homophobie im Fußball Tanja Walther-Ahrens wurde 1970 in Hessen geboren und wuchs in einem Dorf in der Nähe von Gießen auf. Von klein auf galt ihre große Leidenschaft dem Fußball – was in ihrer Familie allerdings nur wenig Begeisterung hervorrief. Vater und Oma befanden: „Das macht ein Mädchen nicht.“ Dank der Unterstützung ihrer Mutter durfte sie trotzdem bis zum 14. Lebensjahr in einer Jungsmannschaft spielen und musste danach feststellen, dass die Mädchenmannschaften wesentlich schlechter ausgestattet waren und die abgerockten Trikots vergangener Spielerinnengenerationen auftragen mussten. Nach Abitur und Coming-out zog sie in den 90er Jahren nach Berlin, um dort Sport und Sonderpädagogik zu studieren und – natürlich – weiter Fußball zu spielen. Erst bei Tennis Borussia Berlin und später in der Bundesliga bei Turbine Potsdam. Fußball war allerdings auch in den 90ern kein paradiesischer Ort für Homos: Den Spielerinnen der Nationalmannschaft wurde beispielsweise verboten, an den EuroGames teilzunehmen, und bei Tennis Borussia ermahnte eine Managerin
Walther-Ahrens, bloß nicht händchenhaltend mit ihrer Freundin zum Training zu kommen, das könne die Eltern anderer Spielerinnen abschrecken. Im Sportstudium musste sie sich die Erlaubnis, Fußball als Schwerpunktfach zu wählen, erst gegen den Willen der Dozenten erstreiten. Auch aufgrund dieser Erfahrungen begann WaltherAhrens sich gegen Homophobie im Fußball zu engagieren und wurde Mitglied der European Gay and Lesbian Sport Federation (EGLSF). Nachdem sie 2007 auf einem Kongress den damaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger kennenlernte, organisierte sie mit ihm die „Aktionsabende gegen Homophobie“ und die DFB-Kampagne „Viele Farben, ein Spiel“. Für ihr Engagement wurde sie mit zahlreichen Preisen, wie dem Zivilcouragepreis des Berliner CSD, dem Augs purgHeymann-Preis oder dem Tolerantia-Preis geehrt. Heute arbeitet sie als Lehrerin und veröffentlichte 2011 ihr Buch „Seitenwechsel – Coming-out im Fußball.“
„Die Fußballwelt könnte also noch bunter und vielfältiger sein, wenn sie endlich etwas gegen die Klischees von Männlichkeit und Weiblichkeit und die damit verbundene Homophobie tun würde.“
// Katrin Kämpf
Gedächtnissache Eine ordentliche lesbische Erziehung kann gar nicht früh genug beginnen und für eine Gedächtnisauffrischung in Sachen Symbole und Slogans der Frauenbewegung ist es auch nie zu spät. Da kommt das reizende „Femory“-Spiel des feministischen Frauenarchivs Auszeiten in Bochum gerade recht. Margit Hauser und Rita Kronauer stellten 32 Symbole aus 40 Jahren Frauen- und Lesbenbwegung für ein lustiges „Memory“-Spiel zusammen. Regelrecht warm ums Herz wird da der Spielerin, deckt sie die liebevoll gemachten Kärtchen mit Doppeläxten, Lesbenzeichen, den berühmt-berüchtigten und so verpönten „Vulva-Händen“ (die zum Dreieck geformten, erhobenen Hände) oder die Faust im Frauenzeichen auf. Begleitend zum Spiel gibt es ein Heftchen, in dem der Ursrpung aller auf den Karten verarbeiteten Aufklebern, Buttons, Ansteckern und Symbolen erklärt wird. Das Spiel kann für 19 Euro direkt beim Auszeiten Frauenarchiv bestellt werden und ist doch mal eine nette Alternative zum Kinobesuch beim ersten Date! // kay femory@auszeiten-frauenarchiv.de Erinnerungsarbeit durch „Memory“. Symbole der Frauen- und Lesbenbwegung als Spiel „Femory“
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[Fotos: Tanja Schnitzler, Auszeiten-Frauenarchiv, krizzy with a k!]
Mit „Femory“ zurück zu Doppelaxt und Vulvahänden
L-MAG
*08-09 Magazin L-Kampagne_00 Inhalt Relaunch 12.04.15 16:09 Seite 11
Schamlos lesbisch
DIE
L KAMPAGNE
L WIE OFFEN LESBISCH
Shine Louise Houston ist das Gesicht einer neuen, lesbischen und queer Pornografie, der es gelingt intelligente Handlung mit überzeugenden Sexszenen zu kombinieren. Ihr Film „Champion“ setzte neue Maßstäbe als pornografischer Spielfilm. Mit den „Crash Pad Series“ gelang ihr ein Dauerbrenner des Independent Porno mit unzähligen Episoden und immer wieder neuen sexuellen Begegnungen vor der Kamera. Ihre Produktionsfirma Pink and White Productions vertreibt die Filme der Kalifornierin weltweit und zeigt den Geist einer modernen, lesbischen, kämpferischen und dabei immer humorvollen Pornografin und Geschäftsfrau. // kay
*12-13 Magazin Regio_00 Inhalt Relaunch 12.04.15 17:48 Seite 12
L.MAGAZIN
REGIONAL
Hamburg
Fußball und Liebe
Festival gegen Sexismus, Rassismus und Homophobie
Berlin
Wohin im Alter? Lesbenwohnprojekt sucht Ort
4. und 16. Mai, Millerntor-Stadion, Hamburg www.1910-museum.de www.kiezhelden.com
8. Mai, 18 Uhr, im RuT www.rut-berlin.de
stände, Film- und Kinderprogramm erwarten die Besucher und Besucherinnen. Vertreter zahlreicher Fan-Initiativen und Künstler, wie Le Fly, Dubtari, TemmyTon, Tubbe und Roger Willemsen, freuen sich auf Gespräche und Liebeslieder. Veranstaltet wird das Festival vom Museum für den FC St. Pauli 1910 e. V. zusammen mit Kiezhelden, der sozialen Plattform des FC St. Pauli. // Uta Zorn
[Fotos: Antja Frohmüller, RUT, Promo]
Unter dem Motto „Alle reden von Fußball und Gewalt. Wir feiern Fußball und Liebe“ findet zum zweiten Mal das Festival „Fußball und Liebe“ statt. Gefeiert wird im MillerntorStadion des FC St. Pauli, über dem dauerhaft die Regenbogenfahne weht. Damit wollen die Fan-Initiativen des FC St. Pauli erneut ein Zeichen gegen Diskriminierung, Hass, Intoleranz und Ausgrenzung setzen und an das erinnern, was wirklich wichtig ist. Mit einer prominent besetzten Diskussionsrunde beginnt das Festival am Donnerstag in den Fanräumen der Gegengerade und wird am Samstag mit dem Gegengeraden-Fest fort gesetzt. Drei Live-Bühnen, Lesungen, Info-
Klassische Altersheime sind für viele Menschen eine Horrorvorstellung. Deshalb hat sich „Rad und Tat – Offene Initiative lesbischer Frauen“ (RuT) eine spannende Alternative überlegt: ein Wohn- und Kulturzentrum für Lesben, das Pflege, Beratung und kulturelle Veranstaltungen verbindet. Es soll ein Ort werden, an dem 60 Lesben in einer solidarischen Gemeinschaft altengerecht wohnen und leben können. Der finanzielle Rahmen ist bereits gesichert. Nun fehlt noch das passende Grundstück in Berlin. Bei den letzten Verhandlungen entschied sich der Grundstückseigner kurz vor Vertragsschluss gegen RuT. Deshalb findet im Mai eine Veranstaltung in den Räumen der Initiative statt, um Interessierte über den aktuellen Planungsstand des Projektes und die Grundstückssuche zu informieren. // dm
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L-MAG
*12-13 Magazin Regio_00 Inhalt Relaunch 12.04.15 17:48 Seite 13
Bayern
Zu mir oder zu den Popcorngirls? Neue Lesben-Party mischt die Münchner Szene auf In München sind lesbische Partys immer noch Mangelware. „Wir haben uns umgehört und es wurde uns mehrfach bestätigt, dass die Alternative, an anderen Wochenenden lesbisch auszugehen, fehlt“, so die Popcorngirls, „daher ist uns die Idee gekommen, uns dafür einzusetzen, mehr Auswahl anbieten zu können.“ Wer sie genau sind, verraten sie allerdings nicht. Die geheimnisvollen Popcorngirls haben sich vorgenommen, die Münchner Szene aufzumischen. Seit März gibt es nun einmal im Monat die lesbische „Popcorn Party“ in der stylischen Dreh-Bar. Bis zu 500 Gäste passen hinein. Tolles Gimmick der Location: Ein riesiges Bett dient als Raumteiler. Das klingt doch vielversprechend. Und für alle, die erst einmal reden müssen, bevor sie sich aufs Bett wagen, sind die Vorräume eine super Möglichkeit, sich in Ruhe zu unterhalten, ohne am nächsten Tag von Halsschmerzen gequält zu werden. Wer nach dem Tanzen hungrig ist oder gleich seine Eroberung zum Essen einladen will, kann obendrein ein paar Snacks, wie Wraps, Sandwiches oder Süßkram spendieren. // dm Gäste der ersten „Popcorn Party“ in München. Oder sind es die Veranstalterinnen selbst, die aber undercover bleiben wollen?
Rheinland-Pfalz
Gegen das Vergessen Forschungsprojekt sucht Zeitzeugen Schon seit 2013 läuft das Projekt „Archiv der anderen Erinnerung“ der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld. Ein Video-Archiv aus Erfahrungen und Erinnerungen der LGBTILebensgeschichten aus den 50er und 60er Jahren soll erstellt werden. Auch RheinlandPfalz will die strafrechtliche Verfolgung von Homosexuellen systematisch aufarbeiten. Für das Forschungsprojekt werden deshalb Menschen gesucht, die von Verfolgung und Diskriminierung von 1946 bis 1969 betroffen
L-MAG
www.popcornparty.de
waren oder als Zeitzeuginnen und -zeugen berichten können. Lesbische Frauen waren von strafrechtlicher Verfolgung zwar ausgenommen, dennoch waren auch sie Diskriminierung und Ausgrenzung ausgesetzt. Im Rahmen des Forschungsprojektes werden nun explizit Zeitzeuginnen und -zeugen aus Rheinland-Pfalz gesucht, die von ihren Erfahrungen berichten. Dem Projekt vorausgegangen war ein Beschluss des Landtages Rheinland-Pfalz. 2012 hatte dieser beschlossen, die strafrechtliche Verfolgung von Homosexuellen vollständig aufzuarbeiten und Verurteilte zu rehabilitieren. „Dieses Thema aufzuarbeiten ist ein wichtiger Schritt, um für homophobe Tendenzen zu sensibilisieren – gerade auch in der jüngeren Generation, die die Zeit der
strafrechtlichen Verfolgung homosexueller Menschen nicht persönlich miterlebt hat“, sagte Familienministerin Irene Alt. Durchgeführt wird das Projekt vom Institut für Zeitgeschichte München – Berlin (IfZ) gemeinsam mit der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld. Ergebnisse werden Ende 2015 erwartet und sollen als Bericht dem Landtag vorgelegt werden. Außerdem werden die Ergebnisse in einer Ausstellung aufgearbeitet, die in der Bildungsarbeit eingesetzt werden soll. // Lisa Bergmann
Zeitzeuginnen melden sich unter: zeitzeugen@queernet-rlp.de oder regenbogen@mifkjf.rlp.de
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*14-17 Abo & Politik_00 Inhalt Relaunch 13.04.15 13:48 Seite 14
POLITIK
Geschichte wird gemacht Eine sensationelle Ausstellung in Berlin wirft ihre Schatten voraus: In „Homosexualität_en“ wird – präsentiert von L-MAG – ab 26. Juni im Deutschen Historischen Museum und im Schwulen Museum* parallel erstmals eine Übersicht von 150 Jahren Homogeschichte abgebildet. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf lesbischer Geschichte
Der politische Beitrag, den die homosexuelle Emanzipationsbe wegung für die Entwicklung unserer demokratischen Gesellschaft geleistet hat, soll in das Blickfeld einer breiten Öffentlichkeit gerückt werden. Was für ein Projekt und was für eine Aufgabe! Breite Öffentlichkeit ist nicht untertrieben, denn fünf Monate lang wird die Ausstellung auf 1.600 Quadratmetern mit mehr als 1.500 Exponaten in zwei Museen in Berlin zu sehen sein. Zu verdanken ist diese schon jetzt als legendär zu bezeichnende Schau der Organisatorin und Kuratorin Birgit Bosold und dem Team des Schwulen Museums*. Dort wird zeitgleich mit dem Deutschen Historischen Museum, auf 600 Quadratmetern in allen Räumen des Hauses die Zukunft der Bewegung nach der Homo-Ehe auf den Prüfstand gestellt. Der historische Teil, die Dokumentation von den Anfängen der Bewegung bis heute, wird auf zwei Etagen des Neubaus des Deutschen Historischen Museums auf 1.000 Quadratmetern gezeigt. Und noch ein ungewöhnlicher Knüller: ganz besonders sollen die Verdienste lesbischer Aktivistinnen und der Einfluss der Frauen- und Lesbenbewegung auf die Geschichte Deutschlands herausgestellt werden. Gefördert mit Steuergeldern durch die Kulturstiftung des Bundes und der Länder wird nicht nur viel Kunst von Größen wie Tamara de Lempicka, Andy Warhol, Louise Bourgeois, Monica Bonvicini oder Jeanne Mammen zu sehen sein. Auch die traurig-legendäre BILD-Zeitung mit den „Verbrechen der lesbischen Frauen“, Flugblätter und Poster der Frauen- und Lesbenbewegung, eine Original-Broschüre der ersten Homo-Organisation der Welt, des whk (wissenschaftlich-humanitären Komitee) aus Berlin, oder auch das original Villeroy & Boch Kaffeeservice, dass die deutsche Nationalmannschaft der Frauen 1989 zum Gewinn des EM-Titels bekam, sind Teil der Mega-Homo-Ausstellung, die bis zum 1. Dezember gehen wird. L-MAG ist stolzer Medienpartner der Doppelausstellung und stimmt mit einem ersten historischen Text von L-MAG-Autorin Katrin Kämpf schon mal auf unsere 150-jährige Geschichte ein.
Ausstellungskuratorin Birgit Bosold mit einer Neuerwerbung im Schwulen Museum*. Die legendäre Serie der BildZeitung über Gewaltverbrechen lesbischer Frauen, die wegen eines Aufttagsmordes angeklagt waren
Am 30. Mai 1864 wurde eine 35jährige – heute nur noch als „Frl. N.“ bekannt – in die psychiatrische Abteilung der Berliner Charité gebracht. Kurz vor der Einweisung hatte sie unter Tränen gestanden, ein junges Mädchen „ganz furchtbar“ zu lieben und hatte die letzten Tage mal weinend, mal apathisch, mal zornig tobend bei ihrer Schwester verbracht. Während des Klinikaufenthaltes diagnostizierte der Psychiater Carl
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Westphal, N. leide an „conträrer Sexualempfindung“, an „einer Wuth, Frauen zu lieben“, wie er selbst in einem Aufsatz in einer Zeitschrift für Psychiatrie und Nervenkrankheiten berichtete. Im selben Jahr veröffentlichte der Jurist Karl Heinrich Ulrichs die erste seiner zwölf Schriften über „Forschungen über das Räthsel der mannmännlichen Liebe“. Ulrichs prägte dort den Terminus „Urning“ für Männer, die
[Foto: Uta Neumann]
Homobewegung zwischen Aktivismus und Sexualmedizin
L-MAG
*14-17 Abo & Politik_00 Inhalt Relaunch 13.04.15 13:48 Seite 15
Männer lieben, und ging davon aus, dass diese über eine „weibliche Seele“ im „männlichen Körper“ verfügten, was für ihn eine natürliche Veranlagung darstellte, die keinesfalls bestraft werden solle. Das weibliche Pendant seiner Urninge stellten die Urninden dar, für die er aber weit weniger Aufmerksamkeit aufbrachte. In einem Briefwechsel mit Ulrichs erfand schließlich der österreichisch-ungarische Schriftsteller Karl Maria Kertbeny 1868 die Begriffe homo- und heterosexuell (beziehungsweise „homo- und heterosexual“) und setzte sich ebenfalls für die Entkriminalisierung gleichgeschlechtlicher Sexualakte ein.
Eine neue Identität Im ausgehenden 19. Jahrhundert war die Idee, Begehren in der Biologie zu verankern, Menschen nach ihrer Sexualität zu klassifizieren und Sexualität als identitätsstiftende Kategorie zu begreifen, ein absolutes Novum. Gleichgeschlechtliche Sexualakte, häufig unter den Stichworten Sodomie oder Unzucht verhandelt, waren bis weit ins 19. Jahrhundert Angelegenheit der Strafjustiz, der Gerichtsmedizin, der Theologie oder der Kunst und wurden als Sünde, als rechtswidrige Handlung, als Unsittlichkeit oder Spielart der Lust diskutiert. Die Gedanken Ulrichs, Kertbenys oder Westphals, Sexualität als eine Art Essenz des Menschen, als angeborene pathologische Abweichung oder als identitätsbegründende Kategorie zu begreifen, legten einerseits den Grundstein für die moderne Sexualwissenschaft und schafften andererseits eine Basis für die erste Hochphase der Homobewegung. Konzepte wie Urningtum, conträre Sexualempfindung oder Homosexualität wurde sowohl von Aktivistinnen wie zum Beispiel Johanna Elberskirchen oder Anna Rüling, als auch von Psychiatern und Sexualforschern wie Richard von Krafft-Ebing oder später Magnus Hirschfeld aufgegriffen und weiterentwickelt – wobei sich auch viele Sexualforscher gegen eine Kriminalisierung aussprachen. Was also für „Frl. N.“ in einem zweimonatigen Aufenthalt in der psychiatrischen Abteilung der Charité, invasiven Vaginal-Untersuchungen und einer psychiatrischen Diagnose mündete, wurde von Aktivistinnen auch als Chance begriffen, sich mit dem Argument der Naturgegebenheit ihrer Veranlagung gegen Kriminalisierung und Ausgrenzung zu wehren.
Hochzeit der Bewegung Um 1900 kam es zu einer Flut an Publikationen, von großen sexualwissenschaftlichen Wälzern bis hin zu kleinen Broschüren aus dem
berühmt-berüchtigten Leipziger Max Spohr-Verlag, die sich forschend und aktivistisch mit Homosexualität befassten. Auf einer Versammlung des 1897 gegründeten Wissenschaftlich-Humanitären Komitees (WhK) hielt schließlich Theo Anna Sprüngli 1904 unter dem Pseudonym Anna Rüling die – so die Historikerin Christiane Leidinger – vermutlich erste lesbenpolitische Rede der Welt. Sie forderte die Frauenbewegung dazu auf, sich für die Belange der „Urninden“ einzusetzen. In den 1920er Jahren trugen die aktivistischen Bemühungen Früchte, in vielen europäischen wie auch amerikanischen Großstädten entwickelten sich rege Homo-Szenen. Als besonderer Hotspot gilt bis heute das Berlin der Weimarer Zeit mit seinen Damenclubs, Tanzdielen, Lesbenzeitschriften, und Organisationen wie dem WhK oder dem Bund für Menschenrecht. Dieser ersten Hochphase der Homo bewegung setzten in Deutschland die Nationalsozialisten ein Ende: Tanzlokale wurden geschlossen, Organisationen und Zeitschriften verboten, der Paragraf 175 wurde verschärft und etliche, von den Nazis als jüdisch kategorisierte Protagonistinnen und Protagonisten der Szene wurden verschleppt und ermordet.
In Vergessenheit geraten … „Frl. N.“ ist heute weitgehend in Vergessenheit geraten, Carl Westphals Aufsatz jedoch gilt bei Historikerinnen als einer der ersten sexualwissenschaftlichen Texte über Homosexualität. Als Westphal „N.“ im Jahre 1869 besuchte, soll sie ihm berichtet haben, dass sich an ihrer „Neigung“ nichts geändert habe, sie fühle sich aber als Mann und wolle auch gerne einer sein. Ob „N.“ sich heute also als homosexuell, als Lesbe oder vielleicht doch eher als trans* empfinden würde, ist nicht rekonstruierbar. „N.“ steht jedoch symbolisch für die fast vergessenen Wurzeln der Kategorie Homosexualität, die nicht nur in den Selbstbehauptungsversuchen der ersten Homo-Aktivisten und -Aktivistinnen liegen, sondern auch in einem medizinisch-psychiatrischen Modell von Homosexualität, das bis heute – sei es im Falle von sogenannten „Homoheilern“, sei es in der langjährigen Weigerung psychiatrischer Vereinigungen, Homosexualität zu entpathologisieren oder den oft brutalen Versuchen, queere Asylsuchende in starre sexualwissenschaftliche Raster zu pressen – gewisse Risiken und Nebenwirkungen birgt. // Katrin Kämpf www.schwulesmuseum.de www.dhm.de
L-MAG-SPECIAL Am Freitag, den 26. Juni, einen Tag nach Ausstellungseröffnung, beginnt der von L-MAG initiierte Dyke* March direkt vor der Tür des DHM in Berlin-Mitte. Zuvor bieten wir von 17 bis 19 Uhr eine Sonderbegehung der Ausstellung an. Mit Dyke* March-Flyer oder dem ausgedruckten Gutschein von www.l-mag.de/dykemarch könnt ihr am 26. Juni ab 17 Uhr zum ermäßigten Preis ins Museum!
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POLITIK
Reif fürs Museum?
Birgit Bosold mit einer Brigitte aus dem Jahr 1975 zum Thema Versteckte Lesben: „Alice Schwarzer sprach mit zwei Lesbierinnen.“
L-MAG: Der Sexualwissenschaftler Volkmar Sigusch hat vor ein paar Jahren das Ende des Zeitalters der Sexualität prophezeit – ist Sexualität also reif fürs Museum? Birgit Bosold: Ich finde, bei Homosexualität geht es nicht nur um Sexualität. Ich verstehe Lesbischsein oder Schwulsein nicht in erster Linie als sexuelle Praxis, sondern als soziale Praxis oder als Lebensentwurf. Das Private ist politisch, wie wir als Feministinnen ja wissen, und auch die Schwulenbewegung hat irgendwann gesagt: „Mach dein
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Schwulsein öffentlich!“ Das war eine wichtige Einsicht der Bewegung, dass es da um grundlegende gesellschaftliche Ordnungsmechanismen geht. Also wird es keine Ausstellung über Sexualität, sondern über Politik, Kultur, Lebensentwürfe und die Reproduktionsordnung – es geht letztlich um unsere Gesellschaftsordnung. Insofern würde ich eher sagen, dass Sexualität noch lange nicht „reif fürs Museum“ ist. Es soll einen starken Fokus auf lesbische Aktivistinnen geben, kannst du darüber schon etwas erzählen? In der Gesellschaft gilt ja nach wie vor Homosexualität als schwule Sexualität, bei „Homosexuelle“ denken in der Regel alle an Schwule. Da kann man sich alle möglichen Organisationen angucken, die Ressourcen, die Sichtbarkeit, die öffentliche Präsenz et cetera, das ist natürlich auch in der Community nicht symmetrisch verteilt – warum sollte das ausgerechnet bei uns in der queer Community so ganz anders sein als sonst? Sowohl in der kulturellen Repräsentation, was Museen oder Galerien betrifft, aber auch in der Historiografie ist die Geschichte von Frauen komplett unterrepräsentiert. Und da ist die schwule Kultur und Geschichte schon relativ unterbelichtet. Aber entsprechend schlimmer sieht es mit der Lesbenbewegung aus, die gibt’s nämlich eigentlich so gut wie gar nicht als Gegenstand eines historiografischen Diskurses. Und was wir jetzt in der Ausstellung machen, ist darauf hinzuweisen, dass diese Geschichte wahnsinnig spannend ist und dass es da sehr viel zu forschen gibt. Wir werden versuchen, zumindest schlaglichtartig zu zeigen, dass erstens wichtige Impulse zu politisch relevanten Debatten, wie zum Beispiel Rassismus, Disability-Bewegung, Gewalt gegen Frauen oder Missbrauch aus der Lesben bewegung kamen und zweitens, dass die Frauenbewegung ohne das Engagement und die grundlegende politische Radikalität der lesbischen Frauen nicht da wäre, wo sie heute ist. Also lesbische Aktivistinnen in den Fokus nehmen heißt, dass man überhaupt erstmal darauf aufmerksam macht, dass es da noch zu debattieren und vor allem zu forschen gilt. Und dafür bräuchte es wiederum an Unis mehr Raum für Lesben geschichte? Das ist eines der Trauerspiele, dass es in Deutschland nicht gelungen ist, das zu institutionalisieren. Das gilt auch für die Geschichte der Schwulenbewegung, wenn du dir anguckst, was es da an Geschichtsschreibung gibt, ist es auch nicht so, dass es 25 Lehrstühle zu schwuler Geschichte gibt. Da tut sich sehr wenig, und wenn du Wissenschaft aus so einer marginalisierten Position heraus machst wie eben die meisten schwulen Historiker, dann ist natürlich eine breite akademische Debatte nicht in dem Maße möglich. // Interview: Katrin Kämpf
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[Foto: Uta Neumann]
Birgit Bosold organisiert die Ausstellung „Homosexualität_en“ und hat die über 1500 Exponate hauptamtlich ausgesucht. Die Vorstandsfrau des Schwulen Museums* erklärt im L-MAG-Gespräch den Hintergrund und den lesbischen Fokus der Ausstellung
*14-17 Abo & Politik_00 Inhalt Relaunch 12.04.15 16:45 Seite 17
Fast so gut wie Fußball – das L-MAG-Abo L-MAG-Abonnentinnen sind attraktiv, immer gut informiert und können fast alle gut Fußball spielen. Werde auch du eine!
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*18-21 CSD_00 Inhalt Relaunch 12.04.15 16:12 Seite 18
CSD
Der „lesbische Freundinnenkreis“ in Aktion beim CSD in Berlin. Ende der 90er Jahre erfanden sie das „Mösenmobil“. Der Film dazu ist in der Ausstellung „Homosexualität_en“ zu sehen
Bereit, sich zu zeigen? CSD – drei Buchstaben, die in Deutschland für viel stehen. Allerdings nur in Deutschland. Denn „Christopher Street Day“ gibt es unter diesem Namen nur hier. Im Rest der Welt nennt man das Spektakel „Gay Pride“. Doch das mit dem Stolz klappt in Deutschland nicht so, und deshalb besinnt man sich – zumindest namentlich – auf den „Urknall“: die mehrtägige Straßenschlacht in der New Yorker Christopher Street, bei der sich die homosexuellen Gäste der Kneipe Stonewall Inn erstmals gegen Polizeigewalt und Willkür wehrten. Und das nicht mit netten Transparenten oder Partymusik, sondern mit Fäusten. Das war im Juni 1969. 46 Jahre später wird dieser Tag, ob
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nun Gay Pride oder CSD, weltweit gefeiert von Australien (wo es Gay Mardi Gras heißt) bis nach Island. Weltweit ist natürlich relativ, denn es gibt mindestens genau so viele Länder mit CSD wie ohne. In vielen Staaten ist ein stolzer Aufmarsch von Lesben und Schwulen und eine Sichtbarmachung alternativer Lebensweisen und anderer sexueller Identitäten noch immer undenkbar. Dazu gehören die meisten Länder auf dem afrikanischen Kontinent, viele asiatische Länder wie das gigantische China, oder der neue alte Lieblingsfeind Russland. Was in Nordamerika und vielen deutschen Städten zu einem teils heftig kritisierten Kommerzspektakel und einer gigantischen Großveranstaltung
[Foto: Brigitte Dummer ]
Die CSD-Saison naht: L-MAG bringt euch in Stimmung!
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*18-21 CSD_00 Inhalt Relaunch 12.04.15 16:12 Seite 19
mit Millionen Teilnehmenden geworden ist, wäre derzeit in Russland, Uganda oder Saudi-Arabien undenkbar und teils mit schwersten Strafen verbunden. Der CSD im Spannungsfeld von sinnentleerter Party und nacktem Kampf um Menschenrechte wird also nie langweilig. Besonders spannend dürfte in diesem Jahr der erste Europride in einem osteuropäischen und dazu noch Ex-Sowjetunion-Land sein. In der lettischen Hauptstadt Riga findet vom 15. bis 21. Juni der zentrale europäische CSD statt. Hauptunterstützer der einwöchigen Feierlichkeiten sind übrigens die Botschaften Deutschlands und der USA. Um die wohl größte LGBT-Demo in der Geschichte Lettlands und die einwöchigen Feierlichkeiten drumherum zu ermöglichen, wurde im April mit einer Crowdfunding-Kampagne finanziell mobil gemacht. Details zum Programm des Europride werden aber erst kurz vorher bekannt gegeben. Ob nun mutig und kämpferisch in Riga oder betrunken in Köln, am CSD kommen und wollen wir nicht vorbei. Deshalb stimmt euch L-MAG schon mal zur CSD-Saison ein, bevor wir uns dem Thema intensiv mit einem großen Schwerpunkt im Juli/August-Heft widmen. Für die ersten, frühen CSD-Wochenenden wünscht L-MAG nach nordamerikanischem Vorbild „Happy Pride!“ // Manuela Kay www.europride2015.eu
Ohne Wenn und Aber in Dresden Unter dem Motto „100 % Mensch. Ohne Wenn und Aber!“ steigt vom 5. bis 7. Juni der CSD in Dresden. Einige Wochen sah es danach aus, dass er in der sächsischen Landeshauptstadt in diesem Jahr ins Wasser fallen würde. Grund war ein Streit mit der Stadtverwaltung um den Ort für das geplante Straßenfest auf dem Dresdner Altmarkt. Mit der Begründung, dass die Veranstaltung zu laut für die Konzerte der zeitgleich stattfindenden Dresdner Musikfestspiele sei, wollte die Verwaltung den CSD aus der Innenstadt verbannen. Auf der Cockerwiese, dem Open-Air- und Gastspielort für Tournee-Zirkusse könne der CSD ungestört vonstattengehen, meinte das zuständige Ordnungsamt. Für die Organisatoren des CSD Dresden e.V. war dies nicht hinnehmbar. „Das wäre ungefähr so, als solle der ColognePride am Flughafen Köln-Bonn stattfinden“, kommentierte Vereinsvorstand Roland Zenker den Konflikt gegenüber der Presse. Auch organisatorisch wäre es unmöglich, das bewährte Konzept kurzfristig umzustellen. „Die komplette Route müsste geändert werden, um zum vorge schlagenen Areal zu kommen, aber auf die Wiese selbst dürften die LKW gar nicht fahren“, so Zenker weiter. Immer wieder hatte es in den vergangenen Jahren Ärger mit der Stadt gegeben. Der CSD, der seit 22 Jahren in Dresden stattfindet, bekam immer neue Auflagen. Vor drei Jahren gab es einen Konflikt um das Hissen der Regenbogenflagge am Rathaus. Inzwischen lenkte die Stadt, deren Image nicht zuletzt unter den Pegida-Demos stark gelitten hat, ein. Dirk Hilbert, Erster Bürgermeister, sagte den Veranstaltern zu, dass die Abend veranstaltung wie gewohnt auf dem Altmarkt stattfinden kann. Die Organisatoren wollen den Lärm während des Konzerts der Musikfestspiele in der benachbarten Kreuzkirche zwischen 20 und 22 Uhr auf 85 Dezibel beschränken. Um Terminkollisionen künftig zu vermeiden, wurden frühzeitige Absprachen für die nächsten Jahre vereinbart. Und weil Dresden so viel mehr als Pegida und eine spießige Ver waltung zu bieten hat, ruft der CSD in diesem Jahr alle Dresdner dazu auf, sich als Schirmherr_in* zum CSD zu bekennen. Bei der kostenlosen Fotoaktion kann jeder Flagge zeigen. // Sonya Winterberg www.csd-dresden.de/2015
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CSD
Zum Dyke* March Berlin 2014 kamen über 2.000 Teilnehmerinnen und einige Teilnehmer. Wegen des großen Erfolges der letzten zwei Jahre wird der March auch 2015 wieder durchgeführt – dieses Mal geht es vor dem Deutschen Historischen Museum und der „Homosexualität_enAusstellung los
Die Straße gehört uns! Am 26. Juni findet wieder der Dyke* March in Berlin statt. Dieses Mal marschieren wir vom Ursprung der lesbischen Geschichte los und landen bei der Fußball WM
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Dyke* March Berlin 2015 – die Fakten Start: Freitag, 26. Juni, 19 Uhr am Deutschen Historischen Museum, Berlin-Mitte, Vor dem Festungsgraben – ab 17 Uhr besteht die Möglichkeit zur Sonderbegehung der Ausstellung „Homosexualität_en“. Mit dem Dyke* March Flyer oder dem ausgedruckten Gutschein von www.l-mag.de/dykemarch könnt ihr von 17 bis 19 Uhr zum ermäßigten Preis ins Museum! Die Route ist circa 4,5 Kilometer lang und führt von Unter den Linden am Roten Rathaus vorbei nach Kreuzberg bis zum Kottbusser Tor. Dykes on Bikes: Erstmals soll der Dyke* March von Motorrädern angeführt werden. Wer mitfahren will, bitte bei dykesonbikes@l-mag.de bis zum 12. Juni melden. Ende: nach circa zwei Stunden endet der Dyke* March am Südblock. Ab 22 Uhr wird hier live das Viertelfinale der Fußball WM aus Montreal übertragen. Auch das 2. Spiel des Tages läuft ab 1.30 Uhr auf Großleinwand. Bitte verzichtet auf die Mitnahme von Nationalsymbolen, der Südblock ist eine Nationalhymnen und -flaggenfreie Zone! Aktuelle Info zum Dyke* March ständig auf www.l.mag.de oder www.facebook.com/DykeMarchBerlin
[Foto: Guido Woller]
Aufgrund des überragenden Erfolgs findet zum dritten Mal in Folge am Vorabend des CSD in Berlin der Dyke* March statt – erstmals angeführt von Motorrädern! Auf Initiative von L-MAG sollen Lesben und deren Freunde für lesbische Sichtbarkeit als Ergänzung zum CSD auf die Straße gehen. Auch Transgender, die sich als zugehörig zur lesbischen Community verstehen, sind ausdrücklich eingeladen – für sie steht das * im Titel. Wie schon zuvor verzichtet der Dyke* March Berlin auf lange Redebeiträge, große Lastwagen oder Sponsoren. Diese Demo im ursprünglichen und unkomplizierte Sinne hat die Ziele, Lesben zu feiern, sichtbar zu machen, sich öffentlichen Raum zu nehmen und den lesbischen Platz in der LGBT-Szene lautstark einzufordern. Die Demo beginnt anlässlich der Ausstellung „Homosexualtität_en“ (siehe Seite 14) am Deutsch Historischen Musem (DHM) in Berlin-Mitte. Vorher, von 17 bis 19 Uhr, gibt es die Möglichkeit zur Sonderbegehung der Ausstellung zum ermäßigten Preis. Der Dyke* March endet, wie schon die letzten Jahre, am Südblock in lockerem Beisammensein mit Musik, Getränken und in diesem Jahr auch mit Live-Fußball Übertragung der WM in Kanada.
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CSD-Planer – die Saison im Überblick DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND SCHWEIZ Aurich: 22. August Berlin: 27. Juni Berlin (Lesbisch-schwules Stadtfest): 20.–21. Juni Bielefeld: 20. Juni Braunschweig: 24.–25. Juli, Demo: 25. Juli Brühl: 20. Juni Chemnitz: 13. Juni Cloppenburg: 27. Juni Cottbus: 6.– 11. Juli Darmstadt: 15. August Dortmund: 22. August Dresden: 5.–7. Juni, Demo: 6. Juni Düsseldorf: 22.–24. Mai Duisburg: 25. Juli Essen: 31. Juli–1. August Frankfurt am Main: 17.–19. Juli, Demo: 18. Juli Gießen (Mittelhessen): 29. August Graz: 13. Juni Greifswald: 6. Juni Halle: 12. September Hamburg: 24. Juli–2. August, Demo: 1. August Hannover: 23.–24. Mai, Demo: 23. Mai Innsbruck: 6. Juni Iserlohn (Märkischer-Kreis): 5. September Karlsruhe: 30. Mai Kassel: 22. August Kiel: 30. Mai Köln: 3.–5. Juli, Demo: 5. Juli Koblenz: 14.–15. August Leipzig: 10.–18. Juli, Demo: 18. Juli Lübeck: 22. August Magdeburg: 14.–22. August, Demo: 22. August Mainz: 25. Juli
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Mannheim (Rhein-Neckar): 8. August München: 11.–12. Juli, Demo: 11. Juli Münster: 29. August Neumünster: 11. Juli Nürnberg: 1. August Oldenburg (Nordwest): 20. Juni Pirna: 4. Juli Regensburg: 22. August Rostock: 18. Juli Saarbrücken: 10.–12. Juli Schwerin: 19. Juni–4. Juli, Demo: 4. Juli Siegen: 15. August Stuttgart: 17.–26. Juli, Demo: 25. Juli Trier: 14.–18. Juli Ulm: 31. Juli–1. August Weimar: 13. Juni Wien: 16.–21. Juni, Demo: 20. Juni Wiesbaden: 6. Juni Wuppertal: 17. Mai–13. Juni Zürich: 19.–20. Juni, Demo: 20. Juni
Demo: 16. Mai Oslo (Norwegen): 29.–28. Juni, Demo: 27. Juni Paris (Frankreich): 27. Juni Prag (Tschechien): 10.–16. August Reykjavik (Island): 4.–9. August, Demo: 8. August Stockholm (Schweden): 27. Juli–1. August, Demo: 1. August
CSD WELTWEIT Los Angeles (USA): 12.–14. Juni, Demo: Mexiko Stadt (Mexiko): 28. Juni Montréal (Kanada): 10. – 16. August New York (USA): 23.–28. Juni, Demo: 28. Juni San Francisco (USA): 27.–28. Juni, Demo: 28. Juni Tel Aviv (Israel): 12. Juni Toronto (Kanada): 19.–28. Juni Washington (USA): 3.–14. Juni, Demo: 13. Juni
EUROPA Europride – Riga (Lettland): 15.–21. Juni, Demo: 20. Juni Amsterdam (Niederlande): 31. Juli–2. August, Demo: 1. August Bacelona (Spanien): 26.–28. Juni, Demo: 27. Juni Brüssel (Belgien): 14.–16. Mai, Demo: 16. Mai Dublin (Irland): 27. Juni Helsinki (Finnland): 22.–28. Juni Kopenhagen (Dänemark): 11.–15. August, Demo 15. August Lissabon (Portugal): 28. Juni London (England): 21.–28. Juni, Demo: 27. Juni Maspalomas (Gran Canaria, Spanien): 8.–17. Mai
DYKE MARCH Berlin: 26. Juni Boston (USA): 12. Juni Köln: 4. Juli New York (USA): 27. Juni Philadelphia (USA): 13. Juni San Francisco (USA): 27. Juni Seattle (USA): 27. Juni Vancouver (Kanada): 2. August Zusammenstellung: Dana Müller Stand: 6.4.2015, Änderungen vorbehalten Mehr aktuelle CSD-Info auf www.l-mag.de
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Bewegungs-Erfinderin Wer hat’s erfunden? Cristina Perincioli war es, so könnte man meinen. Die Pionierin der neuen Frauen- und Lesbenbewegung im L-MAG Porträt
Nach einem kämpferischen Leben für die Rechte von Frauen und Lesben lebt Cristina Perincioli heute gemeinsam mit Freundin Cäcilia „Cillie“ Rentmeister auf dem Land in der Nähe von Berlin
Die Filmemacherin und Feministin der ersten Stunde, Cristina Perincioli, kam 1968 nach West-Berlin und kämpfte für Lesben- und Frauenrechte. Welchen Anteil Lesben an der 68er-Revolte in Berlin hatten, berichtet sie in ihrem Buch „Berlin wird feministisch“ und im Interview. L-MAG traf Cristina Perincioli und ihre Freundin, die Hobbypilotin und Professorin Cäcilie „Cillie“ Rentmeister, im März dieses Jahres in ihrem Haus in Brandenburg.
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Mit fast 70 Jahren sind beide noch aktiv am Arbeiten und hüten außerdem sieben Milchziegen. L-MAG: Wie hast du, als Pionierin der Frauenbewegung, den Weltfrauenkampftag am 8. März verbracht? Cristina Perincioli: Am 8.März hätte ich gerne demonstriert – ich habe per Mail die anderen feministischen Grauköpfchen gefragt, wer sich dafür interessiert, aber nur
Absagen bekommen. Richtig ist, dass wir auch in den 70ern „Latsch-Demos“ ab lehnten – lieber machten wir Demos, die nicht angemeldet waren, wo wir viel rennen mussten, gerne auch nachts. Daraus wurde unter anderem die Walpurgisnacht. Du beschreibst in deinem Buch „Berlin wird feministisch“ die unterschiedlichen Strömungen der Frauenbewegung zwischen 1968 und 1974 in Berlin. Welche Rolle hatten die Lesben dabei?
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[Fotos: Tanja Schnitzler]
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Sie waren in Berlin praktisch Vorreiterinnen. In den 70ern verschwand ja ein grosser Teil der engagierten Frauen in den K-Parteien (Anm. d. Red.: Kommunistische Parteien) und ließ sich dort schulen. Die Lesben dagegen gründeten mit den schwulen Männern zusammen die Homo sexuelle Aktion Westberlin (HAW) – eine der ersten linken Gruppen, die sich nicht nach einer Parteilinie, sondern autonom und basierend auf eigenen Bedürfnissen organisierte. Ein Teil dieser lesbischen Frauen hat dann ein Jahr später das Frauenzentrum mitgegründet. Diese Lesben wollten nicht nur die eigene, sondern die Lage aller Frauen verändern. Wie war damals die lesbische Szene in Berlin? Als ich 1968 nach West-Berlin kam, gab es das Sappho in der Uhlandstraße, Ecke Pariser Straße. Darüber war ein Puff; das Lesbenlokal gehörte also zum Rotlichtmilieu. Männer kamen vorbei, die jemanden für einen Dreier suchten. Als wir beim ersten Lesben-Pfingsttreffen gegen diese Männer protestieren, waren sofort Rausschmeißer zur Hand, die uns raussetzten. Es war unglaublich autoritär und von Leuten gemacht, die andere Interessen hatten als wir. Ich habe später manche
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Hetero-Frau dorthin gebracht, damit sie versteht, woher wir kommen und welche Unterdrückung wir erlebt haben. Diese spezielle Verachtung, die wir Homosexuellen im „Sub“ (Anm. d. Red.: Subkultur) erfuhren, hatte schließlich auch den Aufstand in der Christopher Street in New York ausgelöst.
„Wir Lesben haben jede Frau angemacht, die uns gefiel. Man hat nicht gewartet, bis eine Lesbe vorbeikam“
Auf den Bildern in deinem Buch sind hauptsächlich langhaarige Frauen zu sehen. Habt ihr Lesben euch damals untereinander erkannt? Ich wüsste nicht, woran man eine Lesbe erkannt hätte. Wir Lesben haben jede Frau angemacht, die uns gefiel. Man hat nicht
gewartet, bis eine Lesbe vorbeikam. Da hätte man ja lange warten können! Wenn man Erzählungen aus der Zeit hört, könnte man meinen, es wurde nur gekämpft, demonstriert und gefeiert. Wie sah der Alltag damals aus, habt ihr auch regelmäßig gearbeitet? Wir haben gearbeitet, aber brauchten sehr wenig Geld zum Leben. Die ganze linke, anarchistische Jugend hat den „Konsum terror“ abgelehnt. Man konnte und wollte auf Wohlstand verzichten. Nach London beispielsweise bin ich nicht geflogen, sondern getrampt. Die Mieten waren gering und die Wohnbedingungen einfach. Dadurch hatten wir Zeit, politisch zu arbeiten. Du hast deine Sexualität nicht nur politisch gemacht, sondern auch in deinen Filmen thematisiert. Was hat dich dazu angetrieben, was motiviert? Mir fällt dazu eine Geschichte ein von einer Frau, die bei uns in der Filmakademie arbeitete. Sie war bestimmt schon 50, offensichtlich lesbisch – aber verbittert und ver schlossen. Das Unglück dieses Wesens hatte mich berührt und motiviert. Als ich sie Jahre später, nachdem die Lesbenbewegung entstanden war, wieder traf, war sie geschminkt,
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*22-25 Personality_00 Inhalt Relaunch 12.04.15 16:31 Seite 24
PERSONALITY
Nach über 40 Jahren emanzipatorischem Kampf entspannt sich Cristina Perincioli nun auf dem Land und widmet sich der Produktion von Ziegenkäse
vergnügt und sprach mir gegenüber ganz selbstverständlich von ihrer Freundin als „meine Frau“. Von dir kam auch die Idee einer Frauenband. Daraufhin gründeten sich 1974 die Flying Lesbians als eine der ersten Frauenbands überhaupt. Die Mitglieder waren offen lesbisch und die Texte sind heute noch aktuell. Wie kam es zu dem kritischen Lied „Über Bisexualität“? Wir Lesben waren damals sozusagen missionarisch tätig. Wir waren für viele Hetero frauen eine wichtige Alternative, weil wir eben nicht von Männern abhängig waren. Viele Heterofrauen probierten damals Frauenbeziehungen aus. Manche blieben lesbisch, andere gingen zurück zu Männern. Manch eine Lesbe fühlte sich dadurch benutzt. Bewegungslesben waren – praktisch wie Konvertitinnen – besonders streng mit anders Orientierten wie den Bisexuellen. Ich teilte diese Kritik nicht; wir Altlesben waren in diesen Dingen großzügiger als manche Bewegungslesbe. Wir wollten sexuelle Unterdrückung und Ausgrenzung nicht sogleich selbst wieder gegen andere anwenden. Die Keyboarderin der Flying Lesbians ist „Cillie“ Rentmeister, mit der du hier auf dem Land lebst. Wann habt ihr euch kennengelernt und warum seid ihr hierher gezogen? Wir kennen uns seit 1973. Unsere Beziehung war von Anfang an offen, das heißt mit vielen Nebenbeziehungen. Das war von Anfang an beschlossene Sache und deshalb keine Enttäuschung, wie wenn eine irgendwann sagt: 24
„Da läuft nichts mehr, deshalb öffnen wir jetzt die Beziehung“. Wir waren beide der Überzeugung, dass man auch andere lieben kann – welchen Sinn hätte es, dies zu unterdrücken? Manchmal war die Beziehung sehr offen, aber wir haben immer wieder zueinander gefunden. 2003 sind wir hierher gezogen. Cillies Flugplatz ist im Nachbardorf und so kannten wir die Gegend schon vorher. Wir haben zwei große Arbeitszimmer oben im Haus und draußen einen Stall für die sieben Ziegen, um die ich mich kümmere. Ich stelle Ziegenkäse her und habe viel zu dem Thema Ziegengesundheit und Milchziegenhaltung geforscht und geschrieben. Wenn man sich deinen Werdegang anschaut, könnte man meinen, du hättest alles in deinem Leben gemacht. Oder gibt es irgendetwas, was du bereust, nicht getan zu haben? Ich hätte lieber länger in meinem Beruf als Regisseurin gearbeitet. Es war damals sehr hart, als Frau Filme finanziert zu bekommen. Das ist schade. Aber jetzt machen andere Frauen sehr gute Filme, wie beispielsweise Rita Knobel-Ulrich, die Dokumentationen für öffentlich-rechtliche Sender dreht. Habt ihr noch Kontakt zu den Frauen von damals? Ja, wir sehen uns jetzt regelmäßig bei Beerdigungen und das ist immer ganz schön. Dann kommen wirklich alle. Viele erzählen über die Verblichene, zeigen Fotos und Filme, eine schöne Art Abschied zu nehmen. // Ruth Wolter
Cristina Perincioli wurde 1946 in Bern geboren und kam 1968 zum Regie-Studium an die Deutsche Film- und Fernsehakademie (dffb) nach Berlin. Sie war überzeugte Anarchistin und aktiv bei der Untergrundzeitung Agit 883. Sie war Mitgründerin der Lesbenbewegung (1972), des Berliner Frauenzentrums (1973) und des ersten Notrufs für vergewaltige Frauen in Berlin (1977). Mit ihren Spielfilmen „Für Frauen – 1. Kapitel“ (1971), „Anna & Edith“ (der erste deutsche Fernsehfilm, der eine lesbische Beziehung thematisiert und 1975 im „Jahr der Frau“ im ZDF lief ) und „Die Macht der Männer ist die Geduld der Frauen“ (1978) repräsentierte sie den frühen Frauenfilm auch international. Ihr Buch „Berlin wird feministisch. Das Beste, was von der 68er Bewegung blieb“ erschien 2015 im Querverlag. Heute lebt Cristina Perincioli mit ihrer Lebensgefährtin, der Professorin für Gender Studies Cillie Rentmeister, in einem brandenburgischen Dorf südlich von Berlin und hütet dort sieben Milchziegen.
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FERNSEHEN
Mit dem Zweiten sieht man bunter?
Das ZDF soll staatsferner werden. Das Bundesverfassungsgericht entschied im März 2014, dass es weniger Einfluss der Politik und dafür mehr gesellschaftlich relevante Vertreterinnen und Vertreter in den Gremien geben soll. Deshalb musste nun ein neuer Staatsvertrag her. Der offiziell vorgestellte Entwurf Ende Januar dieses Jahres sorgte für reichlich Zündstoff. Noch im Entwurf vom Oktober 2014 war ein Mitglied für lesbische, schwule, bi- und transgender-Interessen vorgese-
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hen. Doch drei Monate später war dieser Passus wieder gestrichen. Nach zahlreichen Protesten sieht die endgültige Fassung nun doch einen Vertreter oder eine Vertreterin für LGBT vor. Erstmals in der Geschichte des Fernsehrates wird sich damit ein Fernsehratsmitglied für die Interessen der LGBT-Community einsetzen. Für ein tieferes Verständnis der Sachlage hilft ein genauerer Blick auf das Gremium. Der ZDF-Fernsehrat vertritt die Interessen der Bürge-
[Illustration: Linda Wölfel]
Ab 2016 wird es erstmals im ZDF-Fernsehrat eine Interessenvertretung für LGBT-Belange geben. Nach einigem Hin und Her gab der Fernsehrat diesbezüglich schließlich nach
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rinnen und Bürger gegenüber dem Sender. Er wird vom ZDF selbst als „Anwalt der Zuschauerinnen und Zuschauer“ bezeichnet. Die bislang 77 Mitglieder beaufsichtigen unter anderem Programm und OnlineAngebote des Senders, genehmigen den Haushaltsplan und wählen die Intendanz. Sie sollen „gesellschaftlich relevante Gruppen“ repräsentieren. Frauen, Migranten oder die oft zitierten „Bürger von nebenan“ sind bislang jedoch nicht die typischen Fernsehratsmit glieder. Stattdessen finden sich dort jede Menge männliche Berufspolitiker, unter anderem CSU-Minister Markus Söder, Christdemokrat Wolfgang Bosbach und FDP-Chef Christian Lindner. Aber auch Kirchen und Gewerkschaften sind in diesem Gremium vertreten. Neben den insgesamt 31 Vertretern und Vertreterinnen der Länder, des Bundes und der Parteien sind selbst in der sogenannten r-Gruppe (zuständig für Themen wie Kunst, Kultur, Medienwirtschaft, Verbraucher- und Tierschutz) ehemalige Politiker und Politikerinnen oder zumindest Parteinahe, ausgewählt von den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Bundesländer.
Medien brauchen Vielfalt Sieht so bereits Vielfalt aus? Kritikerinnen und Kritiker sagen: „Nein“. Auch das Bundesverfassungsgericht beanstandete die Staatsnähe und fordert, die „staatsnahen“ Mitglieder auf maximal ein Drittel zu reduzieren. Ende Januar stellte Jacqueline Kraege, Staatssekretärin des Landes Rheinland-Pfalz, deshalb einen neuen Vertrag vor. Die Inhalte: Der Fernsehrat wird auf 60 Mitglieder verkleinert, die Parteien verlieren ihr unmittelbares Entsenderecht. Die r-Gruppe wird gestrichen und die 16 Sitze neu besetzt. Hierfür benennt jedes Bundesland einen Vertreter aus einem ihm zugeordneten Bereich. Nordrhein-Westfalen entsendet beispielsweise eine Interessensvertretung für „Medienwirtschaft und Film“, Rheinland-Pfalz eine für „Menschen mit Behinderungen“. Die beiden großen Kirchen behalten jeweils zwei Sitze im künftigen Fernsehrat, auch der Bund der Vertriebenen bekommt einen Sitz zugesprochen. Ein Unding, findet Grünen-Politiker Volker Beck: „Warum hat der Bund der Vertriebenen im Jahre 2015, 70 Jahre nach der Vertreibung, erneut einen Sitz, obwohl er nicht mal einen Vertriebenen findet, der den Verband vertreten könnte?“, fragt er. Ähnlich irritiert zeigt sich der Journalistinnenbund und WIFT (Women in Film and Television) Germany e. V., die geplante Zusammensetzung des Gremiums sei „noch nicht so recht im 21. Jahrhundert angekommen“, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Rheinland-Pfalz‘ Staatssekretärin Kraege bestätigte Mitte März eine interne Diskussion um die Plätze. Zum Sitz des Bund der Vertriebenen sagte sie, dass es „kein Einvernehmen aller Länder für eine Streichung“ gab. Ebenfalls teilte sie mit, dass im vorgestellten Entwurf keine Vertretung für die Anliegen von LGBT vorgesehen war.
Thüringen rettet die LGBT-Interessen „Die Anzahl der gesellschaftlich relevanten Interessenbereiche überstieg bei weitem die Anzahl der zur Verfügung stehenden Plätze.“ Doch dann wendete sich das Blatt. Nachdem der LSVD und zahlreiche andere Gruppen die geplante Zusammensetzung scharf kritisiert hatten, kündigte Linke-Politiker und Chef der Thüringer Staatskanzlei Benjamin-Immanuel Hoff an, dass Thüringen einen Vertreter oder eine Vertreterin für die Interessen von LGBT entsenden werde und das Thema „Verbraucherschutz“ abgeben werde. Baden-Württemberg soll es nun übernehmen. Beim Land Brandenburg bündelt sich durch diese Verschiebungen eine Interessenvertretung für „Senioren, Familie, Frauen und Jugend“. Der neue ZDF-Staatsvertrag wird am 18. Juni von der Ministerpräsidentenkonferenz unterzeichnet und tritt am 1. Januar 2016 in Kraft. Es bleibt abzuwarten, ob ab dem kommenden Jahr dann zumindest mehr LGBT-Themen im Programm des ZDF behandelt werden. // Julius Brockmann
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FERNSEHEN
Mehr als nur Knastlesbe Sie ist die neue Lesbe im Fernsehprogramm: Chris Wuttke, tough, tätowiert und sexy, kämpft in der neuen RTL-Frauenknastserie „Block B – Unter Arrest“ um die Macht hinter Gittern, kontrolliert den Drogenhandel und baggert unverhohlen die Gefängnis direktorin an. Gespielt wird sie von TV-Newcomerin Claudia Gaebel, die zuvor auf Rügen bei den Störtebeker-Festspielen auf der Bühne stand. Mit L-MAG sprach die offen heterosexuelle Keine FrauenknastSchauspielerin über die Rolle, die serie ohne Lesben. sie auf den Radarschirm des lesbiClaudia Gaebel schen TV-Publikums gerückt hat. spielt die gefährliche, aber sexy Knastlesbe Chris
L-MAG: Schaust du dir „Block B“ im Fernsehen an? Wie fühlt sich das an, sich selbst zuzuschauen? Claudia Gaebel: Ich habe die ersten beiden Folgen mit Freundinnen geschaut und es war ein lustiger Mädelsabend. Sich zu sehen, ist natürlich immer ein bisschen merkwürdig, aber es gehört nun mal zu meinem Beruf. Wie wurde dir die Rolle Chris beschrieben, als sie dir angeboten wurde? Als das, was sie unter anderem ist: eine starke, selbstbewusste, tätowierte Lesbe, die im Knast um ihre Führungsrolle kämpft. Und wie würdest du selbst Chris beschreiben – jetzt wo du sie näher „kennst“? Chris ist eine spannende Rolle. Sie hat einen komplexen Charakter, und es macht großen Spaß, sie zu spielen. Sie ist eine Kämpfernatur, die weiß, wie man in schwierigen Situationen überlebt. Sie ist tough, kompromisslos, intelligent und frech. Aufgrund ihrer Vergangenheit hat sie gelernt, für sich selbst zu kämpfen und sich zu behaupten. Sie lässt sich nichts gefallen und fordert Loyalität und Gehorsam. Dafür beschützt sie Schwächere und ist ein verlässlicher Kumpel. Sie achtet auf ihren Körper und ihre Bedürfnisse. Es fällt schwer, sie zu durchschauen, und sie weiß, wie sie ihre Gefühle mit Coolness verbergen kann. Gibt es eigentlich eine Backstory über Chris’ Coming-out? Oder hast du dir eine überlegt? Chris kommt aus einem zerrütteten Elternhaus. Sie musste extrem unter ihrer alkohol- und drogensüchtigen Mutter leiden. Ihr Vater hat sie als Kind im Stich gelassen und die Familie verlassen. Dieses Trauma verfolgt sie ihr Leben lang. Sie landet im Heim und musste lernen, 28
allein zu Recht zu kommen. Die Wut auf ihre Eltern lässt sie immer wieder auf die schiefe Bahn geraten. Sie lebt einige Zeit auf der Straße und schlägt sich im wahrsten Sinne des Wortes durchs Leben. Sie ist auf der Suche nach ihrer Identität und hat sich auch sexuell aus probiert. Sie hat mit Männern geschlafen, aber irgendwann gemerkt, dass es nicht das ist, was sie will. Ihre Homosexualität lebt sie selbstbewusst und offensiv. Wie hast du dich auf die Rolle vorbereitet? Hast du vorher ein Gefängnis besucht? Ja, das Ensemble durfte eine JVA in Berlin besuchen, mit den Insassen sprechen und die Vollzugsbeamten mit Fragen löchern. Das war spannend und inspirierend. Bei lesbischen TV-Charakteren fokussiert sich das Medieninteresse häufig auf ihre Sexualität – hast du das schon erlebt? Ich denke dabei eher an die Hetero-Seite, bei Lesben ist das ja nicht weiter verwunderlich, zumal wir im deutschen Fern sehen immer noch kaum vor kommen. Bis jetzt erlebe ich das nicht so. Chris ist für mich ja auch so viel mehr als nur die „Knastlesbe“. Das Interesse für ihre Sexualität kommt interessanterweise nur aus homo sexuellen Kreisen. Die HeteroFraktion geht damit sehr natürlich um. Ich könnte dieses Interesse allerdings gut verstehen. Zwei attraktive Frauen, die sich lieben, hat viel mit Ästhetik, Sinnlichkeit und Weichheit zu tun. Das ist doch spannend und schön. Wer würde gewinnen bei einer Schlägerei zwischen Chris aus „Block B“, Walter aus „Hinter Gittern“ und Alex aus „Orange is the New Black“? Eine Schlägerei zwischen den dreien? Das wäre doch mal cool. (lacht) Ich weiß ja nicht, was die beiden so drauf haben, Chris und ich können auf jeden Fall Judo und Kickboxen. Und welche von den dreien kriegt die meisten Frauen? Kommt drauf an, auf welchen Typ Frau frau steht, oder? Wenn du dir von den Drehbuchautoren etwas wünschen dürftest: wie soll’s für Chris weitergehen? Ich lass mich gern überraschen. Hauptsache, sie bleibt die Chefin und kann weiterhin ihre vielseitige Persönlichkeit entfalten und ausleben. // Karin Schupp
[Foto: RTL/Claudius Pflug]
„Block B – Unter Arrest“ ist die neue Frauenknastserie im Fernsehen. Natürlich geht es nicht ohne fiese Knastlesbe. L-MAG sprach mit Darstellerin Claudia Gaebel über ihre Rolle
L-MAG
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L-MAG
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TITELTHEMA FUSSBALL
Kraftvoll und offen lesbisch: Die schwedische Nationalspielerin Nilla Fischer spielt in der deutschen Bundesliga beim VfL Wolfsburg. L-MAG traf sie in ihrer neuen Wahlheimat (Interview auf Seite 46–49)
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[Foto: iimago sportfotodienst]
COMING-OUT DER CHAMPIONS „Eine von Elf ist hetero“ titelte L-MAG im Sommer 2011 zur
ehrlich mit uns, genau wie die schwedische Nationalspielerin
letzten Frauenfußball WM und landete damit einen echten Hit. Das
Nilla Fischer. Die Angst vor dem „L-Wort“ im Frauenfußball scheint
Heft mit Nationalspielerin Fatmire Alushi (damals noch Bajramaj) auf
zumindest kleiner geworden zu sein. Wir sind gespannt, wie sich
dem Cover war eines der beliebtesten L-MAG-Hefte aller Zeiten.
eine mittlerweile offen lesbische Steffi Jones, die Silvia Neid als
Damals war es schwer, mit Spielerinnen und anderen Aktiven ins
Bundestrainerin 2016 ablöst, dazu verhalten wird. Auch wenn auf
Gespräch zu kommen und als Magazin für Lesben klar zu machen,
dem verhassten Kunstrasen gespielt wird, wir sind voller Vorfreude
dass unsere Leserinnen vielleicht die leidenschaftlichsten unter den
auf die WM in Kanada. Eine WM mit coolen, lockeren Lesben wie
Fans des Frauenfußballs sind. Geschlossene Türen und Verständnis-
Abby Wambach (USA), Pia Sundhage (Schweden), Megan
losigkeit bei Sportverbänden und auch bei Spielerinnen waren an
Rapinoe (USA), Casey Stoney (England), Caroline Seger (Schweden)
der Tages ordnung. Vier Jahre später, vor der WM in Kanada vom
oder Isabell Herlovsen (Norwegen) und vielen anderen. Eine WM
6. Juni bis 5. Juli, ist eine neue Zeit angebrochen. Deutschlands
mit hochklassigem Fußball und leidenschaftlichen Fans. Hier der
bekannteste Fußballerin Nadine Angerer plauderte offen und
L-MAG-Anpfiff zur 7. Weltmeisterschaft – haut rein Mädels!
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TITELTHEMA FUSSBALL
FASZINATION FUSSBALL Warum nur fasziniert uns dieses Ballspiel so? L-MAG-Autorin Lena Braun führt uns zurück zu den Anfängen des Fußballs und weiß, warum das richtige Zutreten Frauensache ist
Fußball verschafft Glücksmomente Und so kamen nicht nur einige der zwei hundert mittelamerikanischen Kartoffelsorten, sondern auch neues Gedankengut zum Thema „Brot und Spiele“ an die Höfe Europas. Unser heutiges Fußballspiel breitete sich von Großbritannien auf alle Kontinente aus und gilt durch seinen sozial verbindenden Einfluss weltweit als beliebteste Mannschaftssportart. Fußball ist Freizeitvergnügen, Gesprächsthema, Ersatz religion. Fußball erlöst von Frustrationen und verschafft Glücksmomente. Als 1863 Fußball durch die internationale Vereinheitlichung der Regeln zu einer Sportart wurde, spielten an den britischen Schulen auch die Mädchen. 1894 gründete Nettie Honeyball das erste Fußballteam, die British Ladies. Die Spielerinnen trugen wegen der Schicklichkeit zwar Hüte und über den Hosen zusätzlich Röcke, aber als 1895 England-Nord gegen England-Süd spielte, sahen das über 10.000 Zuschauer! Im ersten Weltkrieg wurde Frauenfußball eine Sensation. Die Männer waren auf dem Schlachtfeld, die Frauen fochten in den Stadien. Frauenfußball war in Großbritannien eine riesige Publikumsattraktion, das Spitzenspiel zwischen den Dick, Kerr’s Ladies und den St. Helens Ladies wurde 1920
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von über 53.000 zahlenden Zuschauern mitverfolgt. Doch 1921 wurde der Frauenfußball in England verboten und Deutschland zog 1954 nach. Es hieß: „Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut, Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden.“ War eben noch die Körperbeherrschung und das taktisches Können der Frauen ästhetisch gewesen, so nannte es der DFB nun plötzlich mannweibisch. Der Anthropologe F. J. J. Buytendijk ging sogar noch weiter: „Das Fußballspiel als Spielform ist wesentlich eine Demonstration der Männlichkeit. […] Das Treten ist wohl spezifisch männlich, ob darum getreten werden weiblich ist, lasse ich dahingestellt. Jedenfalls ist das Nichttreten weiblich.“ Und vielleicht liegt genau hier die Faszination. Denn eigentlich ist es doch eine recht absurde Sache, nach allen Regeln der Kunst auf so ein harmloses rundes Stückchen Leder einzutreten. Aber wie viel schöner ist Treten als Getretenwerden! Und darum machten die Frauen auf der ganzen Welt weiter, sie traten, obwohl es verboten und unschicklich war, gleichgültig ob man sie deswegen beleidigte, belachte oder verhaftete.
Erst seit 1991 Weltmeisterschaften 1970 – als die Emanzipation der Frau auf dem Vormarsch war – hob der DFB das Verbot wieder auf. Erst 1990 hatte man den Anstand, auch eine Bundesliga im Frauenfußball einzuführen. Seit 1991 haben wir endlich Weltmeisterschaften, eine Erlösung nach all den inoffiziellen Turnieren für Frauen-Nationalmannschaften. Der überregionale sportliche Wettstreit stammt ursprünglich aus der griechischen Antike. Ähnlich wie in der mesoamerikanischen Kultur verbanden sich in Olympia auf faszinierende Weise Sport und Kult. Kultur und Politik vereint sich heute neben den Olympischen Spielen hauptsächlich bei den Fußball-Weltmeisterschaften. Darum ist es so immens wichtig, dass dieses moderne kultische Ritual auch von Frauen ausgetragen wird. Auf dem afrikanischen Kontinent spürt man den Stolz auf diesen Fortschritt am deutlichsten: Das Nationalteam aus Ghana nennt sich Black Queens, das Team aus Namibia
bezeichnet sich als Brave Gladiators und die Frauenfußballstars aus dem Kongo sind die Diablesses Rouges. Da erschließt sich auch dem Nicht-Fan die Faszination für den Frauenfußball. Selbst wenn in vielen afrikanischen Ländern noch immer die Meinung weit verbreitet ist, dass Leistungssport Frauen unfruchtbar macht. Die Spielerinnen stört das wenig.
Besser Treten als Getretenwerden Auf der ganzen Welt verboten es Männer den Frauen und Mütter ihren Töchtern. Selbst Fußballstars von heute wie die geniale Mittelfeldspielerin Fatmire Alushi, Jahrgang 1988, die mit der deutschen Nationalelf in Kanada bei der WM spielen wird, mussten sich noch heimlich zum Training schleichen, weil sie hoch und heilig versprochen hatten, endlich mit diesem furchtbaren Männersport aufzuhören! Ja, wir lieben Frauenfußball, weil es uns immer noch frappiert, wenn Frauen wirklich gut spielen. Es ist kaum zu glauben, wie Marta Vieira da Silva den Ball verzaubert. Magisch, wie er immer an ihrer Seite bleibt, bis er endlich im Tor landet! Ja, vielleicht ist die Spielerin der brasilianischen Nationalelf, die schon fünfmal Welt-Fußballerin war, einfach die beste der Welt? Und wir jubeln, weil ein Mädchen, das, wie Silvia Neid, in den 1960er Jahren geboren wurde und eigentlich als Fleischerei-Fachverkäuferin Karriere machen sollte, sich mit ihrer Entscheidung, auf eigenen Beinen zu stehen, endlich ganz nach oben katapultieren kann! Weltmeisterin, Europameisterin, Deutsche Meisterin, Trainerin des Jahres: Silvia Neid, wir verbeugen uns vor deiner Leistung und vor dem Frauenfußball!
[Foto: imago/Wombati]
Dass ein Ballspiel mehr als Kraftsport und Aggressionsventil sein könnte, war in Europa unbekannt, bis Kaiser Karl V. im 16. Jahrhundert eine aztekische Ballspielmannschaft vorgeführt bekam. Von der griechisch-römischen Antike bis ins Mittelalter hinein wurde das Ballspiel in Europa ausschließlich zur körperlichen Ertüchtigung und zum Trainieren von Soldaten eingesetzt. Fasziniert bestaunten die euro päischen Konquistadoren das Ballspiel der mesoamerikanischen Kultur, in dem es nicht um rohe Gewalt und Kräftemessen ging. Das Ballspiel in Mittelamerika war ein Gemeinschaftsakt, man spielte sich den Ball zu, statt sich um ihn zu balgen, und es gab noch eine weitere Dimension: Das Spiel vermochte auf spielerischer Ebene politische Entscheidungen herbeizuführen, entschied über Krieg und Frieden, Sieg oder Verlust. Wahrlich faszinierend!
L-MAG
*32-33 TT Faszination_00 Inhalt Relaunch 12.04.15 16:19 Seite 33
Frauenfußball in voller Aktion: Anna Blässe (li.) vom VfL Wolfsburg kämpft gegen Fatmire Alushi (re.) vom 1. FFC Frankfurt
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*34-39 TT Angerer_00 Inhalt Relaunch 12.04.15 16:55 Seite 34
TITELTHEMA FUSSBALL
Nadine Angerer bei einer Parade im deutschen Tor während der EM in Schweden 2013, bei der sie Deutschland zum Titel führte – nicht zuletzt durch den gehaltenene Elfmeter im Finale
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DIE KAPITÄNIN Sie wird Natze genannt und ist Deutschlands beliebteste Fußballerin. Die Kapitänin der Nationalmannschaft Nadine Angerer im L-MAGGespräch über Fußball, Frauen und ihre Autobiografie
[Foto: imago/Kamerapress]
Nadine Angerer ist vielleicht derzeit Deutschlands bekannteste Fußballerin, eine der erfolgreichsten, und ein Publikumsliebling obendrein. Im Februar veröffentlichte sie ihre Autobiografie, in der sie erstmals auch zu ihrem Lesbischsein Stellung nimmt. Im Vorfeld der WM in Kanada, bei der sie als Kapitänin das deutsche Nationalteam anführen wird, traf sie L-MAG-Verlegerin Gudrun Fertig zum Gespräch über die Lage des Frauenfußballs generell, die Erwartungen zur WM, und wie es war, fast ein Jahrzehnt auf der Ersatzbank zu sitzen. L-MAG: Deine Buch-Release-Party fand in einer Berliner Bar statt. Du hast sechs Jahre in Berlin gelebt und bei Turbine Potsdam gespielt. War bei der Party in Berlin auch Wehmut dabei? NADINE ANGERER: Nein, überhaupt nicht. Die Zeit in Potsdam habe ich sehr genossen, das war ein Kapitel, das sehr schön war. Aber ich lebe selten in der Vergangenheit und habe ja noch spannende Aufgaben vor mir. Bei der Party waren unter anderem Ariane Hingst (langjährige Spielerin bei Turbine Potsdam), Bernd Schröder (Trainer von Turbine Potsdam), Caroline Jönsson (ehemalige Torhüterin der schwedischen Nationalelf ) – viele deiner Wegbegleiterinnen und -begleiter, die man auch im Buch wiederfindet. Ist der Frauenfußball immer noch ein kleiner verschworener Haufen, der sich bei solchen Anlässen gerne trifft? Nein, wir sehen uns nicht regelmäßig alle. Das war ein besonderer Anlass. Aber natürlich schließt man über die Jahre Freundschaften, auch über Grenzen hinweg. Caroline ist eine
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wichtige Freundin geworden – ich habe mich sehr gefreut, dass sie da war. Seit deiner Zeit bei Turbine hast du dich weiterentwickelt und der Frauenfußball auch. Wie siehst du die Entwicklung des Fußballs? Auf der sportlichen Seite hat sich das ganze Spiel extrem weiterentwickelt, die Athletik, das Tempo. Ich spiele ja schon ein paar Jahre in der Nationalmannschaft und musste mich immer mitentwickeln. Die jungen Spielerinnen sind unfassbar fit, unfassbar gut, sie sind clever und charakterlich einwandfrei. Auf der anderen Seite ist der Frauenfußball viel professioneller geworden, auch wenn bei vielen Bundesligavereinen noch Luft nach oben ist. Aber wichtig ist erstmal, dass ein Fortschritt da ist. Was braucht es noch für eine weitere Professionalisierung – und ist diese überhaupt gut? Klar ist das gut. Je professioneller es ist, desto mehr Leistungsvermögen kann man herauskitzeln. Noch arbeiten viele Ehrenamtliche in den Vereinen – was auch gut ist –, weil das Geld fehlt, die Stellen hauptamtlich zu besetzen. Das muss kommen, dass mehr Fachleute, zum Beispiel ehemalige Spielerinnen, diese Stellen besetzen. Die wissen, was der Standard ist, wie hoch das Niveau ist. Das ist der nächste Schritt. Hast du selbst auch Ambitionen dies bezüglich? Auf jeden Fall. Ich habe ein großes Repertoire an internationalen Erfahrungen gesammelt. Ich weiß, wie es in Amerika abläuft, in Schweden, und wer weiß, was noch an Ländern kommt. Da kann ich viel Erfahrung einbringen. Gibt es vom DFB, seit Theo Zwanziger nicht mehr Präsident ist, der sich stark für den Frauenfußball einsetzte, noch genug Unterstützung für den Frauenfußball?
Absolut. Wenn man sieht, was für Bedingungen wir haben, ich glaube das hat kein anderer Verband. Wir sind gut untergebracht, die Strukturen sind professionell, das leistet der DFB. Es gab einen Eklat im Vorfeld der WM in Kanada. Du hast mit anderen Spielerinnen dagegen geklagt, dass das Turnier auf Kunstrasen gespielt wird. Warum seid ihr so massiv dagegen? Ich bin nicht generell gegen Kunstrasen, ich bin nur gegen schlechten Kunstrasen. Der Platz in Vancouver – das kann ich beurteilen – ist einfach eine Zumutung. Ich spiele in Portland auch auf Kunstrasen und da kann man als Torwart in kurzer Hose darauf trainieren, der ist sehr gut. Lieber ein guter Kunstrasen als ein schlechter Rasenplatz. Aber die Trainingsbedingungen in Kanada waren einfach katastrophal. Der Platz in Vancouver war Beton mit einem Schuhabstreifer darauf. Das sollte nicht das Niveau einer Weltmeisterschaft sein. Man muss sich nur vorstellen, im ersten Spiel reißt man sich die Seite oder das Knie auf, dann geht man in der nächsten Situation nicht mehr so rein. Das finde ich nicht fair, dass wir auf Kunstrasen spielen. Kanada hat das Geld – ich weiß nicht, welchen Grund es dafür gibt. Die Initiative ist ja erstmal gescheitert, gibt es einen neuen Anlauf? Das was wir erreichen wollten, auf Rasen zu spielen, haben wir nicht erreicht. Aber der Platz in Vancouver wird einen neuen Kunst rasen bekommen. Wir haben also doch etwas bewegt, und außerdem war es wichtig, ein Signal zu senden, dass man mit uns nicht alles machen kann. Du hast, wie so manch andere erfolgreiche Spielerin, als kleines Mädchen anfangs in
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TITELTHEMA FUSSBALL
einem Jungs-Team gespielt. War das ein Vorteil? Auf jeden Fall. Man muss sich anders durch setzen, weil die Jungs körperlich kräftiger und schneller sind, und ist deshalb schon in jungen Jahren auf einem hohen Niveau. Ich sehe es im Nachhinein absolut als Vorteil. Wäre das jetzt für ein Mädchen immer noch ein Vorteil oder hat sich die Basisarbeit verändert? Ich bin der Meinung, dass Mädchen auf jeden Fall erst mal mit Jungs zusammen spielen sollten. Ich denke, dass das gut ist, was Schnelligkeit und Durchsetzungsvermögen angeht. Und es ist auch spannend, dass man Rücksicht aufeinander nehmen muss. Da haben die Jungs einen Lerneffekt und die Mädels auch. Als ich mit den Jungs gespielt habe, das waren alles kleine Goldschätze. Ich war deren Prinzessin – ich war ja das einzige Mädel –, die haben
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mich immer verteidigt. Das war im Nachhinein ein sehr schönes Verhältnis. Aus der ursprünglichen Stürmerin wurde in deinem Fall dann die Torhüterin. Was ist der spezielle Reiz daran, im Tor zu stehen? Generell funktioniere ich unter Druck am besten. Aber die Torwartsituation ist schon speziell. Du kannst der Arsch sein, aber du kannst auch der Held sein. Dazwischen gibt es selten was. Du musst die Fähigkeit haben, mit Druck umzugehen, im richtigen Moment hellwach zu sein, obwohl du manchmal im Spiel wenig zu tun hast. Du musst dich mental sehr stark fokussieren und konzentrieren können. Du warst über zehn Jahre in der Nationalelf die Nummer zwei und bist an Silke Rottenberg nicht vorbeigekommen. Wie hast du das ausgehalten, so oft bei Turnieren auf der Bank zu sitzen? Das war natürlich eine Scheiß-Situation. Was
ich jetzt positiv sehen kann ist, dass ich Durchhaltevermögen habe. Und ich habe gelernt, dass sich das auszahlt. Dazu kam, dass ich in dieser Zeit bei Potsdam spielte und mit dem Verein sehr erfolgreich war. Dennoch bin ich oft völlig frustriert von der Nationalmannschaft zurückgekommen und habe sehr oft an Rücktritt gedacht. Dann war es wichtig, dass Menschen wie Birgit Prinz gesagt haben, jetzt komm mal wieder klar, du hörst auf gar keinen Fall auf. Mittlerweile bist du mit über 18 Jahren am längsten bei der Nationalelf dabei – bist du darauf stolz? Ich bin erst mal stolz auf meinen Körper. Ich mache so lange Profisport – ich bin jetzt 36 – und es tut mir nichts weh, ich bin nie verletzt, ich bin fit. Da muss ich mich wohl bei meinen Eltern bedanken, dass sie mir eine gute Grundausstattung in die Wiege gelegt haben. Ich
[Fotos: Tanja Schnitzler]
Nadine Angerer beim Gespräch mit L-MAG in einem Berliner Hotel im Februar 2015
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habe so viele Spielerinnen während der Zeit bei der Nationalelf kommen und gehen sehen, klar macht mich das stolz. Wenn man dein Alter betrachtet – wird die WM in Kanada dein letztes großes Turnier? Hast du dir schon Gedanken darüber gemacht? Nein. Warum? Mir geht es gut, ich bin fit. Aber ich bin auch sehr gut mit Almuth Schult (die jetzige Nummer zwei als Torhüterin in der Nationalelf, Anm. d. Red.) befreundet, und bin die Letzte, die an ihrem Stuhl klebt. Wenn ich das Gefühl habe, sie ist besser und ich kann der Mannschaft nicht mehr helfen, dann bin ich realistisch genug, zurückzutreten. Du schreibst in deinem Buch ganz klar: „ich liebe Frauen“. War dir das wichtig? Das musste jetzt nicht unbedingt in das Buch – aber ich habe Kathrin gesagt, das schreiben wir jetzt so. Das war aber kein großes Thema. Vor der WM 2011 – nach einem Interview im ZEIT-Magazin – schrieben verschiedene Medien, du wärest bisexuell. Hat dich das geärgert? Da habe ich mir gar keine Gedanken gemacht – ich lege da nicht so viel Wert darauf. Letztendlich hat es ja die Interviewerin Herlinde Koelbl im Zeit-Magazin so formuliert, und das war ja auch nicht gelogen. Ich war auch mit Männern zusammen. Aber jetzt ist es einfach so, dass ich mit Frauen zusammen bin – und das im Moment sehr glücklich. Wie findest du es, wenn Fans mit Transparenten gegen Homo phobie ins Stadion gehen? Bei der WM 2011 wurde das ja zum Teil verboten. Echt? Das wusste ich nicht. Generell geht es erstmal um den Sport, aber das ist natürlich auch eine Plattform und jeder kann seine Meinung kundtun. Ob das im Stadion die richtige Plattform ist, kann man so oder so sehen. In Portland gab es beim Männerspiel eine Riesen-Aktion gegen Homophobie – das fand ich ziemlich geil. Wie ist das denn mit den vielen lesbischen Spielerinnen im Fußball? Kann man da nicht endlich mal offen sagen: Klar, viele lesbische Spielerinnen haben diesen Sport groß gemacht, das ist super. Absolut. Ich habe da auch viele Weggefährtinnen kennengelernt, die haben einen ja auch geprägt, und ich bin auch sehr dankbar dafür. Was hast du dir persönlich für die WM vorgenommen? Erst mal, dass ich auf einem Top Level bin. Dass ich genauso viel Verantwortung übernehme wie im letzten Turnier. Wir haben eine sehr junge Mannschaft, und da sind erfahrene Stützen wie auch Saskia Bartusiak, Annike Krahn, Célia Šašić wichtig. Was sind die heißesten Mitfavoritinnen neben euch? Top-Favorit ist für mich Frankreich. Das ist eine unfassbar starke Mannschaft. Und daneben die üblichen Verdächtigen: USA, Japan, Schweden. Spannend wird es auch, wie diese Teams auf Kunstrasen spielen. Hast du eine Idee, wie man Frankreich knacken kann? Ich hoffe, Silv hat eine Lösung – und die wird sie haben! Was wünscht du dir für den Frauenfussball generell? Ich wünsche mir, dass die jungen Spielerinnen die Chance haben, ihren Sport professionell oder zumindest semiprofessionell ausüben zu können. Die meisten Bundesligaspielerinnen gehen acht Stunden arbeiten und dann noch trainieren.
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TITELTHEMA FUSSBALL MUSIK Nadine Angerer Nadine Angerer spielt aktuell im Wechsel in Australien bei den Brisbane Roar (Herbst/ Winter) und in den USA bei den Portland Thorns (Frühjahr/ Sommer). Sie ist seit knapp 19 Jahren im Kader des deutschen Nationalteams, seit über acht Jahren ist sie die Nummer eins im Tor, seit 2011 Kapitänin. Mit dem Nationalteam wurde sie zweimal Weltmeisterin, fünfmal Europameisterin und gewann dreimal die olympische Bronzemedaille. Auch auf Vereinsebene hat sie alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt: Meisterschaft, Pokal und den UEFA Women’s Cup, den Vorläufer der Women’s Champions League. 2013 wurde sie von der FIFA als weltbeste Fußballerin ausgezeichnet.
Ein langer Weg zum Erfolg – offenherzige Autobiografie von Natze Mitte Februar dieses Jahres erschien in Zusammenarbeit mit der Journalistin Kathrin Steinbichler Nadine Angerers Autobiografie. Im Buch „Im richtigen Moment“ schildert sie ihren Werdegang vom einzigen Mädchen im Jungs-Team des ASV Hofstetten bis zur Weltklasse-Tor hüterin. Einige Details zu ihrer Fußballkarriere sind dort nachzulesen, so fing Nadine Angerer als Stürmerin an und lieferte sich mit ihrer Vor gängerin im Tor des Nationalteams, Silke Rottenberg, einen erbitterten Kampf um die Nummer eins. Vor allem entwirft sie im Buch von sich das Bild einer unkonventionellen Rebellin mit außergewöhnlichem sportlichen Talent, die sich erst spät entschloss, ihren Sport wirklich ernsthaft zu betreiben. Außerdem stellt sie klar: „Ich liebe Frauen“, nachdem sie in der Presse lange als bisexuell gehandelt worden war.
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Nadine Angerer, Kathrin Steinbichler: „Im richtigen Moment. Meine Story“ Edel Books 240 Seiten 19,95 Euro
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TITELTHEMA FUSSBALL
FUSSBALL IM EISHOCKEYLAND Obwohl Kanada das Eishockeyland ist, waren doch während der letzten Fußball-WM der Männer Cafés und Sportbars voll mit Fußballfans. Zumindest in kanadischen Großstädten findet Fußball große Beachtung. Das liegt vor allem an der regen Einwanderung, Menschen aus aller Welt zieht es nach Nordamerika. Und natürlich bringen die vielen Neuankömmlinge aus Europa, Südamerika oder auch die dritte Generation italienischer Einwandererfamilien ihre Fußballbegeisterung mit. Rund ein Fünftel der Menschen in Kanada ist im Ausland ge boren und fast alle von ihnen leben in den Provinzen Ontario, Quebec, Alberta und British Columbia. Für sie sind die Metropolen Montreal, Vancouver und Toronto die erste Anlaufstelle. So auch für Marian Ramos Capelo, die vor sieben Jahren zum Studium von Mexiko nach Vancouver zog. Die 26-Jährige hat keinen Zweifel, dass Mexiko-Fans diesen Sommer mit Fahnen und Gesang die Stadien füllen, um ihr Team live zu unterstützen. „Das Stadion war voll mit mexikanischen Flaggen, als ich das Spiel Kanada gegen Mexiko in Vancouver gesehen habe“, erzählt Marian noch immer begeistert von der Stimmung im Stadion beim Freundschaftsspiel der Frauen.
Fiebern für Weltmeister Japan Die Studentin geht oft zu den Heimspielen der Männer des lokalen Teams, der Vancouver Whitecaps. Die Fußballmannschaft hat eine wachsende Fangemeinde, nicht zuletzt dank moderater Eintrittspreise. Ein Platz im Eis stadion, um die Vancouver Canucks zu sehen, kostet zwischen 100 und 400 Kanadische Dollar – fünfmal so viel wie ein Fußballticket. Mit den amtierende Weltmeisterinnen aus Japan wird es in Kanada vor allem für die vielen
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asiatisch-stämmigen Fans interessant. Japan ist die erste asiatische Mannschaft, die eine Fußball-WM als Weltmeister beendete. Eine Fangemeinde in Vancouver ist schon Monate
vor dem ersten Anstoß aktiv geworden und feierte den 100-Tage-Countdown – sie können den Auftritt der Japanerinnen kaum erwarten. Vancouver, ganz im Westen des Landes, hat einen großen japanisch-stämmigen Bevöl kerungsanteil, der viele Generationen zurückgeht, und zudem jede Menge japanische Austauschstudentinnen und -studenten. Nicht nur die Vorfreude, auch die Erwartungen sind groß an eine japanische Mannschaft, die bei der letzten WM 2011 die Gastgeber Deutschland im Viertelfinale aus dem Turnier warf und die Amerikanerinnen im Finale besiegte. Die Vancouver-Fangruppe kann sich glücklich schätzen: Das Endspiel sowie acht weitere der insgesamt 52 WM-Spiele finden in der Metropole am Pazifik statt. Auch viele Deutsche lockt es nach Vancouver, wie Martina Wolff, die vor knapp einem Jahr kam. Die 30-Jährige freut sich, die WM bald schon wieder im eigenen Land zu sehen. Sie will auf jeden Fall live beim Finale dabei sein. „Vielleicht treffen wir die Spielerinnen in den Bars auf der Davie Street“ (Vancouvers HomoViertel, Anm. d. Red.), hofft Martina. Aus Frankfurt am Main ist sie gewohnt, Spielerinnen des Top-Clubs FFC Frankfurt durchaus auch in der Szene anzutreffen. Wolff war schon als Kind begeisterter Fußballfan, doch Fußballfieber wie in Deutschland sucht sie in Kanada vergebens: „Bisher habe ich nur ein einziges Plakat gesehen, und das war direkt am Stadion“, erzählt die Deutsche. „Fußball ist schon eher deutsch, Kanada hat Eishockey.“
Eine Frage des Rasens Und die kanadischen Lesben haben vor allem Softball. „Wenn du hörst, dass eine in der
[Foto: Kevin Miller/istock]
Kanada ist Gastgeber der 7. Fußballweltmeisterschaft der Frauen. Wie ist die Stimmung im Land von Softball und Eishockey? L-MAG schnupperte schon mal Vor-WM-Luft
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WM-Stadt Vancouver mit dem BC Place Stadium, in dem unter anderem das Endspiel ausgetragen wird
Schule oder in der Uni Softball gespielt hat, kannst du dir sicher sein, dass sie lesbisch ist“, erklärt Softball- und Mable-League Fan CJ. Die Mable League wurde vor 25 Jahren als Softball-Liga für Lesben in Vancouver gegründet. Die „langsame“ Variante von Baseball, gilt auch wegen der günstigeren Trainings bedingungen und der weniger aufwändigen Ausrüstung noch vor Eishockey als der Lesbensport in Kanada. Traurig aber wahr: Ohne den Skandal um die Austragung der WM auf Kunstrasen hätte es im Vorfeld nahezu keine Berichterstattung ge geben. Die Spielerinnen beklagen, dass die FIFA am Rasen und damit an Geld spart und die Frauen auf zweitklassigen Spielfeldern spielen lässt. Kunstrasen birgt nicht nur eine höhere Verletzungsgefahr, sondern beeinflusst das Spiel auch durch den auf hartem Kunstrasen schnelleren und höher aufprallenden Ball.
Sinclair gilt als wortkarg Die FIFA verteidigt ihre Entscheidung und erklärte, dass auch bald die Männer ihre Weltklasse auf Kunstrasen zeigen müssten. Auch Christine Sinclair, Kapitänin des Kanadischen Fußballnationalteams, versuchte ihr Möglichstes, um die WM im eigenen Land doch auf Rasen spielen zu können. Sinclair gilt als die drittbeste Spielerin der Welt und ist die „One Woman Show“ des kanadischen Fußballs. Die Torjägerin, die gemeinsam mit der deutschen Kapitänin Nadine Angerer in Portland (USA) spielt, ist seit 15 Jahren in der National -
L-MAG
mannschaft und der Dreh- und Angelpunkt auf dem Feld. Die 32-Jährige gilt als verschlossen und wortkarg gegenüber Medien. Sinclair will sich allein auf den Sport konzentrieren. Nach Berichten des Magazins Walrus vom Juni 2013 sei Christine Sinclair weder „out noch in“. Also weder im Schrank, noch hatte sie ein Coming-out, es herrsche Unklarheit bezüglich ihrer Sexualität, so das Magazin.
Weltmeisterinnen im eigenen Land Kanadas neuer Nationaltrainer, John Herdman, will hundertprozentigen Einsatz seiner Spielerinnen. Zum Amtsantritt nahm er das Team erst einmal komplett auseinander, um es dann wieder zusammenzusetzen. Auf der Suche nach einer Kapitänin wurden sechs Spielerinnen nominiert. Jede Kandidatin musste eine Rede halten und darin möglichst offen und persönlich werden. Christine Sinclairs Ansprache, die ihre Mitspielerinnen als „Seelen-Striptease“ beschreiben, „offenbarte Geheimnisse“, die selbst ihren ältesten Teamkolleginnen unbekannt gewesen wären, zitiert Walrus. So tauchte eine ganz neue Spielführerin auf – auch wenn es die alte war. Herdman weiß, dass alle sportwissenschaftlichen Berechnungen und Trainingsmethoden nicht zum WM-Titel führen, wenn seine Mannschaft nicht so eng wie möglich zusammensteht. Störfaktoren haben da keinen Platz. Dem Traum vom Titel muss alles geopfert werden. Das klare, wenn auch unwahrscheinliche Ziel ist: Fußball-Weltmeisterinnen im eigenen Land werden! // River Tucker
Die WM im Fernsehen und gemeinsam mit L-MAG 24 Teams, 52 Spiele in 6 Städten und 5 Zeitzonen, 20 Spieltage im Zeitraum vom 6. Juni bis 5. Juli. Die Spiele sollen bei ARD und ZDF sowie bei Eurosport übertragen werden. Die ersten drei Guppenspiele des deutschen Teams beginnen jeweils um 22 Uhr mitteleuropäischer Zeit und werden live im TV übertragen. Wegen des Zeitunterschieds beginnen einige Spiele erst um 1.30 Uhr in der Nacht. Leider wird auch das Endspiel am 5. Juli um 1 Uhr nachts (dann 6. Juli) deutscher Zeit angepfiffen. Für Berlinerinnen präsentiert L-MAG gemeinsames Fußballschauen im Südblock in Kreuzberg. Die letzten 4 Spiele der WM (Halbfinale, Spiel um den 3. Platz und das Finale) werden auf großer Leinwand gezeigt. Bitte bedenkt: Der Südblock ist eine Nationlhymnen und -flaggenfreie Zone. Special zum Dyke* March am 26. Juni: direkt nach der Demo (siehe Seite 20) läuft im Südblock das 1. Viertelfinale um 22 Uhr. Das 2. Viertelfinale läuft dort ebenfalls live zum Gruppenschauen ab 1.30 Uhr. www.suedblock.org
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TITELTHEMA FUSSBALL
DIE KÜNFTIGEN CHAMPIONS Rund 500 Fußballerinnen aus 24 Nationen und fünf Kontinenten kommen vom 6. Juni bis 5. Juli 2015 nach Kanada zur WM. Die 24 Teams im L-MAG-Überlick
Costa Rica
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Defensive Disziplin und Pressing sind Kennzeichen der Fußballerinnen aus Costa Rica, die in Kanada zum ersten Mal das WM-Spielfeld betreten. Im Januar wurde Amelia Valverde von der Co- zur Cheftrainerin befördert. Wenn sie spielerisch überzeugen, sehen wir die Ticas vielleicht im Achtelfinale. Shirley Cruz (29) ist die Ikone des costaricanischen Frauenfußballs
[Foto: Aldia]
Mit 26 Jahren zählt Zhang Rui (26) bereits zu den ältesten im Team China
[Foto: imago sportfotodienst]
China Hao Wei hat eine der jüngsten Mannschaften im Turnier für China zusammengestellt. Das Durchschnittsalter liegt unter 23. Allerdings spielt diese Formation schon seit drei Jahren zusammen. Stahlrosen nennen sie sich – das passt sehr gut zur körperbetonten und defensiven Spielweise der Chinesinnen.
Miraildes Maciel Mota (38), kurz Formiga (port.: Ameise), spielt in Kanada ihre sechste Weltmeisterschaft
[Foto: Macho Carioca]
Asiens Fußballerin des Jahres, Katrina Gorry (22), spielt mit Nadine Angerer bei Brisbane Roar
Marta, Cristiane, Andréia und Formiga heißen die routinierten Stars der brasilianischen Auswahl. Ihre Stärke liegt im Angriff gepaart mit exzellentem Pressing. Nach dem WM-Titel 2015 steht die olympische Goldmedaille in Rio 2016 auf dem Programm für Trainer Oswaldo Alvarez. Da werden einige Teams etwas dagegen haben.
Ecuador
Obwohl die amtierenden Europaund zweimaligen Weltmeisterinnen als Top-Favorit gehandelt werden, dürfte es schwer werden mit dem 3. Stern. Verletzungssorgen plagen Silvia Neid. Weltfußballerin Nadine Keßler wird definitiv fehlen, viele Stammkräfte arbeiten noch am rechtzeitigen Comeback. Gut, dass die U20 bereits 2014 Weltmeister in Kanada werden konnte.
Ecuador hat eine noch sehr junge Nationalelf. Erst 1995 wurde das erste Länderspiel ausgetragen. Trainiert wird die Tricolores von der 26-jährigen Vanessa Arauz. Die Mannschaft zeichnen großer Kampfgeist und Anpassungsfähigkeit aus. So konnten sie sich mit einem last minute goal gegen Trinidad & Tobago erstmals für eine WM qualifizieren.
Die Jüngste im Team, Sara Däbritz (20), wurde von den Fans zur Spielerin des Algarve Cups gewählt
[Foto: Thomas Rodenbücher]
Deutschland
Hütet das Tor für Ecuador: Shirley Berruz (25)
[Foto: Agencia de Noticias ANDES]
Schneller Offensivfußball erwartet uns, wenn die Fighting Matildas in Kanada auflaufen. Trainer Alen Stajcic, der erst im September das Team übernommen hat, hat eine spannende Aufgabe vor sich. Mit den USA, Schweden und Nigeria befinden sich die Damen von Down Under in der härtesten Turniergruppe D.
Brasilien
[Foto: Warren Major]
Australien
L-MAG
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Das erste Weltmeisterschaftsspiel überhaupt bestreiten die Fußballfrauen der Elfenbeinküste am 7.6. in Ottawa. Gegen die Deutschen dürfte es jedoch sehr schwer werden. Aber schon die Qualifikation der Eléphantes bei der Afrikameisterschaft wird im Heimatland als historische Leistung angesehen.
Bisher war im Viertelfinale einer WM immer Schluss für die Three Lionesses. Nach dem frühen Aus bei der EM 2013 übernahm Mark Sampson als Coach und führte das Team wieder unter die Top 10 der Welt. Den Cyprus Cup in diesem Jahr gewannen die schnellen und technisch sehr anspruchsvoll spielenden Engländerinnen gegen Kanada.
Niederlande
Die Französinnen gehören zu den weltweit besten Nationalmannschaften. Mittlerweile rangieren sie auf dem 3. Platz der Weltrangliste. Bei der WM 2011 erreichten sie mit dem 4. Platz ihre beste Platzierung. Les Bleues sind für viele der Tipp für die WM. Die Titelverteidigung wäre dann 2019 im eigenen Land möglich.
Durch die erste WM-Teilnahme kletterten die Niederlande auf den 12. Platz der Weltrangliste. Nach der Neuorganisation der Liga zusammen mit Belgien 2012 tut sich was im Nachbarland. Eine Mischung aus jung und unbekümmert mit erfahrenen Spielerinnen wie Manon Melis oder Loes Geurts könnte uns bei der WM überraschen.
Beste Spielerin des Algarve Cups 2015: Eugénie Le Sommer (25)
[Foto: CC BY 2.0]
Frankreich
Japan
Kamerun
2011 überraschten die quirligen Japanerinnen mit ihrem eleganten Kurzpass-Spiel, ihrem Einsatz und besonders mit ihrer Ausdauer. Verdient wurden sie Weltmeisterinnen. Es folgten Silber bei den olympischen Spielen und endlich 2014 der Gewinn der Asienmeisterschaft. Die Titelverteidigerinnen gehören zum Favoritinnenkreis in Kanada.
Kamerun ist eins von acht Teams, die zum ersten Mal die Endrunde einer Weltmeisterschaft erreichen. Trainer Enow Ngachu setzt auf defensive Stabilität, dafür sorgt auch die als beste Torhüterin der Afrikameisterschaft ausgezeichnete Nove Zamky. In Gruppe C spielen sie gegen Japan, Schweiz und Ecuador.
Kapitänin Aya Miyama (30) führte Japan schon 2011 zum Welttitel
[Foto: Anders Henrikson]
[Foto: CC BY-SA 3.0] [Foto: CC BY-SA 3.0]
L-MAG
Trainerin Clementine Touré (38) führt das Team der Elfenbeinküste erstmalig zu einer Weltmeisterschaft
[Foto: James Boyes]
England
[Foto: RTI]
Elfenbeinküste
Lianne Sanderson (27), unter Mark Sampson zurück im Team England
„Goldene Spielerin“ und Torschützenkönigin der U19-EM 2014 wurde Vivianne Miedema (18)
Im Sturm der Löwinnen wirbelt Gaëlle Enganamouit (22)
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Der Frauenfußball in Kolumbien ist im Aufwind, wie auch der zweite Platz hinter Brasilien bei der Südamerikameisterschaft 2014 belegt. Dort kassierten die Cafeteras die wenigsten Gegentore. Sie verteidigen sicher im Kollektiv, ziehen ein variables Offensivspiel auf und jede ist für ein Tor zu haben.
Mit Christine Sinclair (31) als Torschützenkönigin bei den Olympischen Spielen in London 2012 gewann Kanada Bronze
Neuseeland
Die WM-Qualifikation war lange eine Zitterpartie, erst nach der Verlängerung gegen Trinidad und Tobago konnte Mexiko die Tickets für Kanada buchen. Das Team ist noch recht jung, aber der Trainer, Leonardo Cuéllar, ist schon seit 1998 im Amt und verantwortet die konstante Weiterentwicklung des Frauenfußballs in Mexiko.
Ganze fünf Tage benötigten die Football Ferns um beim Vier-Nationen-Turnier in Ozeanien die WM klar zu machen. Es ist bereits die dritte Teilnahme für die Neuseeländerinnen. Wir können gespannt sein, ob sie sich dieses Mal gegen Kanada, China und Holland in Gruppe A durchsetzen und die Hauptrunde erreichen.
[Foto: imago/Icon SMI]
Mexiko
Das mexikanische Wunderkind, Charlyn Corral (23), debütierte mit 13 Jahren im Nationaltrikot
Norwegen
Das stärkste Nationalteam des afrikanischen Kontinents stellt Nigeria. Markenzeichen: konsequentes Offensivspiel. Sieben von neun Afrikameisterschaften konnten sie bisher gewinnen und sie nahmen an allen Weltmeisterschaften teil. 1999 erreichten sie schon einmal das Viertelfinale – auch in Kanada?
Norwegen gehört zu den erfolgreichsten Fußballteams der Welt und ist Dauergast bei der Weltmeisterschaft. Als einzige Mannschaft konnten sie bisher Olympiasieger, Europa- und Weltmeister werden. Sie haben zwar etwas an Boden verloren, werden es aber den Deutschen in der Gruppe B bestimmt nicht leicht machen.
[Foto: images22]
Nigeria
Macht nicht nur im Tor der Super Falcons eine gute Figur: Schauspielerin Precious Dede (35)
Natalia Gaitán (24) ist die Kapitänin der Cafeteras
Alexandra Riley (27) ist fester Bestandteil der Abwehr Neuseelands
Zusammen mit ihrer älteren Schwester Andrine stürmt Ada Hegerberg (20) für Norwegen
[Foto: John G Riley]
„Das ist alles unglaublich aufregend“ für Christine Sinclair und ihr Team – die Vorfreude in Kanada ist riesengroß. Nach dem Vorrunden-Aus bei der WM 2011 hat sich das kanadische Team ständig verbessert und kann sich jetzt „zu Hause“ mit den besten Teams der Welt messen. Das Erreichen des Finales am 5. Juli in Vancouver wäre ein Traum für die Big Red.
[Foto: G.Garitan]
Kolumbien
[Foto: flickr]
Kanada
[Foto: CD Transportes Alcaine]
TITELTHEMA FUSSBALL
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L-MAG
Schweiz
Obwohl die Schwedinnen an allen Welt- und Europameisterschaften sowie Olympischen Spielen teilnahmen, konnten sie bisher nur einen Titel gewinnen. Pia Sundhage hat das Team um den Ü30-Kern mit Nilla Fischer, Caroline Seger, Therese Sjögran und Lotta Schelin taktisch neu ausgerichtet. Ballbesitz und Erfahrung sollen in Kanada eine Medaille bringen.
Zwei Jahre brauchte die ehemalige deutsche Nationalspielerin Martina Voss-Tecklenburg, um 2014 mit der Nati Geschichte zu schreiben. Erstmals erreichten die Eidgenossinnen mit der Qualifikation zur WM 2015 die Endrunde eines großen Turniers. Gegen Japan, Kamerun und Ecuador geht die Geschichte jetzt weiter.
Caroline Seger (30) zieht die Fäden im Zentrum der Schwedinnen
[Foto: Pechblaende]
Schweden
Südkorea
Das spanische Team spielt schon seit der Jugend zusammen und in dieser Geschlossenheit liegt ihre Stärke. Tiki-Taka – Kurzpass-Spiel und Ballbesitz, zeichnet die Spielweise der Spanierinnen aus. Als Ziel hat Kapitänin Boquete das Überstehen der Gruppenphase und die Qualifikation für Olympia in Rio ausgegeben.
Es ist bereits die zweite Teilnahme von Südkorea an einer WM-Endrunde. Spielführerin Cho Sohyun organisiert aus dem defensiven Mittelfeld heraus die starke Offensive um Ji Soyun, Yeo Minji und Park Eun-sun. In Kanada versuchen sie sich in Gruppe E gegen Brasilien und die beiden Neulinge, Spanien und Costa Rica, zu behaupten.
2014 war Verónica Boquete (25) nominiert für die Wahl zur Weltfußballerin
[Foto: CC BY-SA 3.0]
Spanien
Thailand
USA
Auch Thailand gehört in Kanada zu den Erstteilnehmern bei einer WMEndrunde. Wie wir es vom asiatischen Fußball kennen, spielen sie mit schnellen, kurzen Pässen, von Nuengruethai Sathongwien als erster Frau in Thailand gecoacht. Am 15. Juni treffen die Thailänderinnen das erste Mal, auf Deutschland.
Die Finalniederlage gegen Japan 2011 in Frankfurt wiegt für die erfolgsverwöhnten Amerikanerinnen immer noch schwer. Jill Ellis hat das Team 2014 übernommen und kann auf Spielerinnen wie Hope Solo, Christie Rampone sowie die Weltfußballerin Abby Wambach setzen. Ziel für die US-Ladies kann nur der Titel sein.
Kanjana Sungngoen (28) stürmt für Thailand auf der Außenbahn
[Foto: Jacqueline Cassell]
[Foto: CC BY-SA 3.0]
[Foto: Anders Henrikson]
[Foto: Anders Henrikson]
// Zusammstellung: Uta Zorn
Ramona Bachmann (25) gehört zu den torgefährlichsten Spielerinnen der Nati
Mit sechs Treffern sicherte sich Park Eun-sun (28) die Torkrone der Asienmeisterschaft 2014
Im Mittelfeld der USA sorgt Megan Rapinoe (29) für Druck nach vorn
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TITELTHEMA FUSSBALL
ROLE MODEL UND MODELLATHLETIN Die schwedische Fußballerin Nilla Fischer ist eine der besten der Welt. In ihrer Heimat ist sie so beliebt, dass sie zur LGBT-Person des Jahres 2014 gewählt wurde. L-MAG traf sie in Wolfsburg und erfuhr, warum sie sich in Deutschland wohlfühlt und was sie von der WM erwartet Der VfL Wolfsburg ist derzeit das Maß aller Dinge im europäischen Frauenfußball. Beinahe die Hälfte des deutschen Nationalteams spielt dort, Nationalspielerinnen aus der Schweiz, Japan, Norwegen und mit Nilla Fischer eine der besten Abwehrspielerinnen der Welt aus Schweden. L-MAG-Chefredakteurin Manuela Kay und Fotografin Tanja Schnitzler trafen eine entspannte Nilla Fischer zum Gespräch auf dem Trainings gelände in Wolfsburg und erfuhren, welches WM-Finale sich die eindrucksvolle „LGBTPerson des Jahres 2014“ für Kanada wünscht, wie sie den Frauenfußball in Deutschland mit dem in Schweden vergleicht, und wie das mit der „Heiratsklausel“ in ihrem Vertrag war. L-MAG: Ist Fußball für dich ein Fulltime-Job? Nilla Fischer: Wir trainieren maximal zwei Mal am Tag, für zwei bis drei Stunden. Es gäbe schon Zeit, um zwischendurch zu arbeiten. Da ich noch nicht fließend Deutsch spreche, arbeite ich nicht zusätzlich und spiele nur Fußball. Das ist ein schönes Leben! Du hast sehr früh mit Fußball angefangen? Ja, ich habe mit fünf Jahren begonnen, Fußball zu spielen. Und dann mit älteren Frauenteams so im Alter von 12, 13 Jahren. Und mit 15 Jahren spielte ich schon in der höchsten Liga in Schweden. Ist Fußball in Schweden so ein Riesenthema für Lesben, wie es das in Deutschland ist? Ich glaube, ein bisschen ist das in Schweden auch so. Aber das Gute ist ja, dass der Sport überhaupt so populär ist, egal ob du lesbisch bist oder nicht. Du bist jetzt im zweiten Jahr beim VfL Wolfsburg. War es eine gute Entscheidung für dich, nach Deutschland zu kommen?
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Ich bin sehr glücklich über unsere Entscheidung, hierherzukommen. Fußballtechnisch könnte ich nirgends besser aufgehoben sein, mit dem Team und der Organisation dazu. Und unser soziales Leben ist auch klasse. Wenn du irgendwo neu bist, dauert es ja eine Weile mit der Sprache. Aber die Mädels hier im Team sind sehr nett. Wir unternehmen viel zu sammen, gehen essen, Kaffeetrinken und hängen zusammen rum. Wir mögen es sehr hier. Deine Frau kam gemeinsam mit dir nach Wolfsburg? Ja. Für sie ist es auch eine Umgewöhnung, sie war sieben Jahre voll berufstätig in Schweden und hat ihr Leben jetzt praktisch für mich ausgesetzt. Darüber bin ich sehr froh. Ich habe zu ihr gesagt: Jetzt bin ich dran, danach kommst du an die Reihe. Aber sie mag die Mädels im Team auch sehr. Schwierig wird es natürlich, wenn wir alle auswärts spielen, wir haben viele Nationalspielerinnen im Team. Wenn ich weg bin, sind meist alle unsere Freundinnen auch weg. Dann ist sie leider allein mit unseren Hunden ... Aber sie kommt gut klar. Ich muss mal nach dieser berühmten „Heiratsklausel“ in deinem Vertrag fragen: Bevor du von Schweden nach Wolfsburg gewechselt bist, war die Bedingung, dass du zu deiner Hochzeit frei bekommst? Wie war die Geschichte genau? Das ist lustig, weil die schwedischen Zeitungen geschrieben haben, es gäbe einen solche Klausel in meinem Vertrag. Aber es war lediglich eine mündliche Absprache mit dem Trainer, weil wir das Datum für die Heirat schon festgelegt hatten. Und es ist ja auch gut gegangen: Ich konnte heiraten. Du fühlst dich wohl beim VfL Wolfsburg, der ja noch nicht lange das führende Team im
europäischen Frauenfußball ist. Was wird hier richtig gemacht, was ist das Geheimnis? Das Trainerteam findet Spielerinnen, die sehr gut hineinpassen. Sie werden nicht nur nach dem fußballerischen Können ausgesucht, sondern auch nach ihrer Persönlichkeit. Und obwohl es natürlich den Plan gibt, an der Spitze zu bleiben, lässt man den Spielerinnen auch Zeit, sich zu entwickeln. Das ganze Umfeld, die Trainingsbedingungen und das neue Stadion stimmen einfach. Welche Rolle spielt Geld dabei? Natürlich ist das wichtig, ich meine, wenn man mich nicht bezahlen würde, hätte ich nicht herkommen können. Aber das Wichtigste sind die Bedingungen, wir haben hier super Trainingsanlagen. Wenn wir auf Reisen sind, ist es super einfach und wir bekommen gute Hotels. Zum Beispiel spielen wir am Samstag in Malmö: wir fliegen Freitag hin und dann Samstag zurück, alles ist entspannt und gut organisiert. Wie würdest du das fußballerische Level hier in der deutschen Liga mit dem in Schweden vergleichen? Insgesamt ist die deutsche Liga besser, es wird ein höheres Tempo gespielt. Es gibt auch mehr gute Teams hier. Aber wenn man die Topteams in Schweden mit uns vergleicht, sind wir auf demselben Niveau. Oder schau auf die Champions League, da sind auch noch immer zwei schwedische Teams drin. Du bist Botschafterin für die EuroGames diesen Sommer in Stockholm. Wie kamst du dazu, war das deine Idee? Die sind auf mich zugekommen und ich habe ohne Zögern zugesagt. Ich kann nur leider nicht dabei sein, weil ich soviel spiele in der Zeit. Aber ich nutze meine Social-Media-
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[Foto: Tanja Schnitzler]
Nilla Fischer in ihrer aktuellen Heimat Wolfsburg
Kanäle, um auf die EuroGames aufmerksam zu machen. Viele bekannte homosexuelle Sportlerinnen und Sportler sind noch immer nicht out oder erst nach ihrer aktiven Karriere, wie dein Ko-Botschafter für die Eurogames, der deutsche Ex-Fußballer Thomas Hitzlsperger. Was ist der Unterschied zwischen dir und den anderen Profis? Bist du mutiger oder einfach ehrlicher als andere? Ich würde nicht sagen, dass ich ehrlicher oder mutiger bin. Man kann ja auf unterschiedliche Weise ehrlich sein, zum Beispiel zu Freunden und Familie. Mein Umfeld war sehr günstig für mich, so dass ich die Person sein konnte, die ich bin. Und wenn ich mir einer Sache sicher bin, sehe ich nicht, warum ich nicht out sein sollte und sagen sollte, wer ich bin. Ich habe sehr gute Freunde, die kein Problem damit haben, dass
L-MAG
„Mir hat noch nie jemand verboten, über LGBT- oder Menschenrechte zu sprechen“ ich lesbisch bin. Außerdem ist meine Frau schon immer sehr offen damit umgegangen und hat mich viel unterstützt. Ich sehe mich also nicht als mutige Person an. Ich war natürlich etwas unsicher, wie die Leute wohl reagieren würden, aber es war trotzdem nicht mutig in dem Sinne, mein Coming-out zu haben.
Gab es denn einen bestimmen Zeitpunkt deines öffentlichen Coming-outs? Ja, in einem Interview mit einem schwedischen Homomagazin wurde ich gefragt, ob es o.k. sei, über meine Freundin zu sprechen. Und ich sagte: „Ja sicher, das ist gar kein Problem, es hat nur noch nie jemand danach gefragt.“ Und dann habe ich ein bisschen erzählt, wie wir leben und so weiter. Natürlich wird daraus dann so eine Coming-out-Geschichte gemacht, weil die Zeitungen es interessant finden, darüber zu schreiben. Ich hoffe, in der Zukunft wird das irgendwann mal keine Schlagzeilen mehr machen, wenn eine bekannte Person oder sonst wer homosexuell ist. Viele Promis sagen aber, dass sie kein Aushängeschild werden wollen für irgendeine Bewegung. Du scheinst gar kein Problem damit zu haben, im Gegenteil. Du wurdest
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TITELTHEMA FUSSBALL MUSIK
Nilla Fischer Nilla Fischer voll im Einsatz gegen die Brasilianerin Marta, die für das schwedische Team Tyresö FF spielte. Beim UEFA Champions League Finale 2014 in Lissabon gewann der VfL Wolfsburg 3:4
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Wird am 2. August 31 Jahre alt. Sie ist in Kristianstad (Schweden) geboren und spielte in über 100 Länderspielen für die schwedische Nationalmannschaft. Seit 2013 spielt sie beim VfL Wolfsburg als Abwehrspielerin und ist mit dem VfL amtierender Deutscher Meister, DFB-Pokalsieger und Champions-League-Sieger. Am 1. Mai steht sie erneut im DFB-Pokalfinale und erreichte nach dem Interview auch das Halbfinale der Champions League. Sie heiratete 2013 ihre Freundin Maria Michaela, mit der sie gemeinsam in Wolfsburg lebt. 2014 wurde sie in Schweden zur LGBT-Person des Jahres gewählt. Darüber hinaus ist sie Botschafterin für die EuroGames 2015 in Stockholm, gemeinsam mit anderen Fußballstars wie Thomas Hitzlsperger und der schwedischen Ex-Spielerin Victoria Sandell Svensson.
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[Foto: imago/Annegret Hilse]
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2014 zur LGBT-Person des Jahres in Schweden gewählt. Freut dich das? Das ist natürlich toll und ich bin sehr stolz darauf. Wir haben jedes Jahr diese große Gala in Schweden, wo die Leute Nominierungen einreichen können, und es fühlt sich natürlich sehr gut an, dabei zu sein und dann ausgewählt zu werden. Aber ich verstehe auch, dass manche Leute nicht in eine Schublade gesteckt werden wollen, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Manche wollen sich eben voll auf ihren Sport oder ihre Karriere konzentrieren, anstatt das „homosexuelle Gesicht“ zu sein. Für mich ist das unproblematisch, und es ist mir wichtig darüber zu reden, es zu normalisieren, und wenn ich anderen damit helfen kann, macht mich das froh. Es ist gut, Leute wie dich in unseren Reihen zu haben – auch für unsere journalistische Arbeit natürlich. Wurdest du je gebeten, nicht „so lesbisch“ auszusehen oder nicht darüber zu sprechen? Nein, nichts davon. Es war nie ein Problem, mir hat auch noch nie jemand verboten, über LGBT- oder Menschenrechte zu sprechen. Kennst du die Theorie, dass Aktive im Sport ihre volle Leistung nur abrufen können, wenn sie nichts zu verstecken haben? Dass man nur voll aufdrehen kann, wenn man nichts von seiner Person zurückhalten muss – vor allem im Sport, wo man ja immer an seine Leistungsgrenze geht? Das ist eine interessante Theorie. Für mich kann ich nur sagen: wenn ich mich außerhalb vom Fußballplatz sehr gut fühle, ist auch meine Leistung im Fußball besser. Da liegt schon eine Wahrheit drin. Für mich ist es ja so: Mica ist meine erste Freundin und jetzt meine Ehefrau. Ich habe also nie etwas zu verstecken gehabt. Deshalb weiß ich nicht, wie das die Leistung auf dem Fußballplatz beeinträchtigen würde. Aber meine Erfahrung ist, wenn ich mich gut und selbstbewusst fühle, dann spiele ich auch besser. Würdest du demnach anderen Spielerinnen ein Coming-out empfehlen? Nein, das muss jede für sich entscheiden. Jeder Mensch ist anders und muss für sich selbst sehen, was gut für ihn ist. Man sollte sich die Zeit nehmen, die man braucht. Wenn man bereit zu einem Coming-out ist, sollte man sich damit auch wirklich wohl fühlen. Ich kann nur für mich sprechen. Für mich war das Comingout gut, weil ich zu 100 Prozent ich selbst sein kann und nichts verstecken muss. Warum glaubst du, sind so wenige im Fußball offen, wo es doch gerade im Frauenfußball überproportional viele lesbische Spielerinnen gibt? Es heißt, im Gegensatz zu Männern sei Homosexualität für Frauen im Fußball in Deutschland kein Problem. Doch das Gegenteil ist der Fall, sieht man sich einmal an, wie
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viele deutsche Spielerinnen tatsächlich out sind. Das ist ja rein statistisch schon so, dass es welche geben müsste. Um das genau zu beurteilen, müsste ich aber noch einige Jahre länger in Deutschland leben. Ich kann es nur mit Schweden vergleichen, dort ist der Frauenfußball im Gegensatz zum Männerfußball viel offener. Im Männerfußball ist es viel schwieriger und mehr „macho“. In diesem Umfeld schwul zu sein, ist eine harte Sache und macht das Coming-out schwer. Das ist ähnlich wie bei den generellen Normen der Gesellschaft. Bei den Frauen denke ich, dass viele in erster Linie als Fußballerin gesehen werden wollen, darauf wollen sie den Fokus legen und nicht auf ihr Privatleben.
„Es ist ein gutes Leben, wenn man nichts zu verstecken braucht“ Würdest du sagen, es geht in Schweden generell offener zu beim Thema Homo sexualität? Ist es dort lockerer mit Vorbildern wie dir oder Nationaltrainerin Pia Sundhage? Ja, es siehst fast so aus. Wie die erwähnte Gay Gala und solche Sachen, ich glaube, wir sind in Schweden einen Schritt voraus in Sachen Akzeptanz. Ich glaube, Schweden ist ein bisschen aufgeschlossener, natürlich je nachdem in welcher Stadt du bist. Aber was Vorbilder angeht und den offenen Umgang mit dem Coming-out, da scheint es mir in Schweden etwas offener. Nehmen wir zum Beispiel die Hochspringerin Kajsa Bergqvist oder die Skirennläuferin Anja Pärson. Es ist eben ein Prozess in jedem Leben, da möchte ich nicht über andere urteilen. Aber ja, ich denke, es gibt eine Menge offen lebender Promis in Schweden. Bei den Fußballerinnen in Deutschland werden die Haare immer länger. Böse Zungen behaupten, sie sollen nicht „so lesbisch aussehen“. Du hingegen hast schon immer kurze Haare. Gibt es diesen Druck, femininer und nicht so klischeemäßig lesbisch auszusehen? Nicht aus der Fußballwelt, also Verein, Trainer oder Leute mit denen ich zusammen arbeite. Aber natürlich wird ständig dein Aussehen beurteilt, auf Twitter zum Beispiel wird mehr dein Aussehen als deine Leistung kommentiert. Aber ich sehe auch einfach nicht gut aus mit längeren Haaren. Lass uns über die Weltmeisterschaft reden. Was sind deine Erwartungen für Kanada? Ich habe sehr hohe Erwartungen. Natürlich bin
ich mit meinem Team in der „Todesgruppe“. Aber wir sollten eigentlich in der Lage sein weiterzukommen. Der Traum ist natürlich immer die Goldmedaille. Wir haben eine gute Chance, unter die ersten drei zu kommen, aber nur wenn wir auf höchstem Niveau spielen. Wen außer deinem eigenen, schwedischen Team, siehst du als die Top-Favoriten? Deutschland, Frankreich, USA ... das sind die Top-Favoriten. Japan kann immer gefährlich werden und auch Brasilien. Die Standardfrage: gegen wen würdest du gern im Endspiel antreten? Eigentlich ist es egal, aber da ich ja hier spiele, wäre es natürlich ein besonderer Spaß, im Finale gegen Deutschland zu spielen. Das würde dir Spaß machen? Ist da der Druck nicht besonders groß? Und wenn du deine deutschen Vereinskameradinnen besiegst, hassen die dich nicht hinterher dafür? Hassen ist ein zu starkes Wort. Aber klar, niemand verliert gerne. Wenn wir gewinnen würden, das wäre wirklich toll! So ein Finale wäre doch sehr aufregend, und da wäre Deutschland mehr unter Druck als wir, weil sie in vergangenen Turnieren besser waren. Wie geht es dir damit, dass die WM in Kanada auf Kunstrasen ausgetragen wird? War die Kunstrasen-Debatte für dich ein Thema? Ja, das ist schlimm. Aber nun ist es so und wir müssen uns daran gewöhnen. Aber ich finde das sehr schlecht, so etwas würde man mit Männern niemals machen. Da werden wir zum Testen als Versuchskaninchen benutzt und das finde ich nicht okay. Wird der Kunstrasen dein Spiel und deine Leistung beeinträchtigen? Ich weiß, dass es für meinen Körper länger dauert, sich nach einem Kunstrasenspiel zu regenerieren. Und wenn du eine Grätsche machst und deine Haut dann auf dem Kunstrasen abschürfst, das tut höllisch weh, wenn du wieder an dieser Stelle auf den Boden kommst. Ich schätze, ich muss also eher stehenbleiben. Aber in Schweden spielen viele Vereine auf Kunstrasen. Es sind vor allem die französische und die deutsche Liga, die auf echtem Rasen spielen. Was ist dein ganz persönliches Ziel für die WM? Ich möchte mein Bestes geben und in jedem Turnier besser sein als zuvor und natürlich in jedem Spiel dabei sein. Eine fiese Frage zum Schluss: Wenn du dich entscheiden müsstest zwischen dem Champions League Finale und dem WM-Finale – welches Spiel würdest du wählen? Oh nee ... Da ich die Champions League ja schon mal gewonnen habe, würde ich, wenn ich wirklich, wirklich wählen müsste, das WMFinale nehmen. Aber ich bin ja in der glücklichen Lage, in beiden spielen zu können ...
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TITELTHEMA FUSSBALL
GRENZEN ÜBERWINDEN L-MAG präsentiert: Das Discover Football-Festival in Berlin. Bei diesem internationalen Treffen werden die Freude am Fußball, internationaler Austausch und Aktivismus verbunden
Das DiscoverFootball-Team um Sonja Klümper (vorn ganz links) mit L-MAG als stolzem Trikot-Sponsor
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ren Teilnehmerinnen kommen unter anderem aus Kambodscha, Burkina Faso und Afghanistan. Mit von der Partie ist auch ein Team aus Berlin, darunter auch Flüchtlinge – und zwei L-MAG-Leserinnen!
Gegen Vereinzelung, für Solidarität Nationalitäten werden auf dem Platz nebensächlich sein, erklärt Veranstalterin Sonja: „Die Teams werden zwar gemeinsam anreisen, doch für das Turnier werden die Spielerinnen gemischt.“ So sollen symbolisch auf dem Fußballplatz die Grenzen überwunden werden. Abseits des Feldes dürfen sich die Besucher und Besucherinnen auf ein spannendes Rahmenprogramm freuen: Workshops, Filmvorführungen, Mädchen-Fußball-Camps und Podiumsdiskussionen über Frauenrechte, Sportereignisse und Diskriminierung stehen auf dem Festivalplan. Dabei werden die eingeladenen Teams sich und die Situation der Frauen in ihren Heimatländern vorstellen. Wer die Spiele der Frauenfußball-WM in Kanada verfolgen möchte, darf sich außerdem auf Public Viewing freuen. Und auch musikalisch stehen Frauen im Fokus: Ein Abend des Turniers ist dem weiblichen Hip-Hop gewidmet. Denn auch in diesem Genre haben es Frauen, ähnlich wie im Fußball, mit männlich-dominierten Strukturen zu tun. „Wir finden es wichtig, mit anderen Frauen zusammenzuarbeiten, wo es nur geht. In männlich-dominierten Sphären wie der Musikindustrie oder dem Sport gelangen Frauen durch die Vereinzelung oft nicht an
[Foto: Anika Büssemeier]
Während Ende Juni die Fußball-WM der Frauen im weit entfernten Kanada in die heiße Phase geht, spielen in einem Berliner Stadion zur gleichen Zeit engagierte Frauen aus aller Welt. Über 90 fußballbegeisterte Frauen reisen an, um gemeinsam Fußball zu spielen und sich intensiv über Frauenrechte in ihren Heimatländern auszutauschen. „Uns geht es darum, dass sich engagierte Spielerinnen und Aktivistinnen aus der ganzen Welt treffen, um ihre Kompetenzen zu erweitern und ihr Wissen miteinander zu teilen“, sagt Sonja Klümper, eine der Veranstalterinnen des Fußball-Festivals. Zusammen mit rund 15 weiteren Aktivistinnen engagiert sie sich bei der in Berlin ansässigen Initiative Discover Football. Das Projekt bekämpft seit 2009 Diskriminierung, die Frauen aufgrund ihrer Leidenschaft für Fußball erfahren und fördert gleichzeitig interkulturelle Verständigung sowie Empowerment. „Überall auf der Welt sind Frauen, die Fußball spielen, mit Stereotypen konfrontiert“, erzählt Sonja, „mit unserer Arbeit wollen wir die Frauen vernetzen und ihnen zeigen, dass sie mit ihren Problemen nicht allein sind.“ Seit Monaten planen die Aktivistinnen von Discover Football ihr Event, das ganz im Zeichen des Mottos „Beyond Borders“ steht. Dafür laden sie dieses Jahr Teams und engagierte Einzelspielerinnen aus insgesamt 15 Ländern ein: unter anderem eine mexikanische Sportjournalistin, die sich für Frauenrechte einsetzt, ein südafrikanisches Team von Aktivistinnen, die sich offen für die Rechte von Lesben einsetzen und das erste Frauenfußballteam aus Tibet, das zurzeit im Exil in Indien lebt. Die ande-
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ihre Ziele. Solidarität und ein gemeinsames Netzwerk können dem entgegenwirken“, verdeutlicht Sonja. Die Veranstalterinnen wollen das Festival außerdem nutzen, um das schwierige Thema Homophobie im internationalen Fußball aufzugreifen. „Homophobie im Fußball ist ein sehr wichtiges Thema, dem wir uns während des Festivals auf jeden Fall widmen möchten“, stellt sie klar und fügt kritisch hinzu: „Bloß ist es nicht immer so einfach, das Thema offensiv zu behandeln, da viele Frauen in ihrem Land Diskriminierung erfahren und deshalb sehr vorsichtig damit umgehen.“ Dennoch hat sie auch oft die Erfahrung gemacht, dass Spielerinnen durchaus offen mit ihrer Homosexualität umgehen, wenn es einen sicheren Raum des Austausches gibt. „Es ist sehr unterschiedlich, da wir ja Teams aus allen Teilen der Welt einladen. Aber oft war ich überrascht, wie offen lesbisch die Spielerinnen waren.“ Durch ihr Engagement bei Discover Football hat Sonja viele starke Frauen kennengelernt, die sich gegen gesellschaftliche Missstände und für Frauenrechte engagieren. „Eine Frau, die Fußball spielt, muss sich fast überall auf der Welt in einem sehr männerdominierten Sport durchsetzen. Daher muss eine fußballspielende Frau auch eine starke Frau sein. Und da sie sich dafür entschieden hat, einen männerdominierten Sport zu treiben, setzt sie sich automatisch mit Geschlechterrollen auseinander.“ Diesen Gedanken greift Discover Football auf: Frauenfußball ist Leidenschaft, aber auch ein wirksames Mittel zum gemeinsamen politischen Kampf für mehr Rechte. // Isabel Lerch Frauenfußball-Festival „Discover Football – Beyond Borders“, präsentiert von L-MAG: 30. Juni bis 5. Juli in Berlin. Eintritt frei. www.discoverfootball.de
Jetzt bewerben! Zwei L-MAG-Leserinnen spielen bei Discover Football ! L-MAG verlost zwei Spielerinnen-Plätze im Heimteam von Dis cover Football zum großen Turnier in Berlin. Für L-MAGLeserinnen, die Fußball lieben, das Konzept von Discover Football unterstützenswert finden und ein bisschen Erfahrung im Fußball mitbringen, gibt es die Chance auf einen Platz im Fußballteam von Discover Football als Gastspielerin für eine Woche. L-MAG und Discover Football bieten: Täglich Fußball spielen im Team von Discover Football und das Turnier mit acht Teams aus aller Welt live aus Spielerinnen-Sicht erleben. Public Viewing der WM während des Turniers. Drei Tage Workshops zu Frauenrechten und Empowerment. Für kostenlose Übernachtung inkl. Frühstück vom 28. Juni bis 6. Juli sorgt das Mercure Hotel Berlin City. Voraussetzungen für die Bewerbung als Gast-Spielerin: Eigene Anreise nach Berlin und eine Woche rund um die Uhr Zeit und Interesse an internationalem Austausch und sozialem Engagement. L-MAG berichtet über die Gewinnerinnnen und das Turnier. Fotos von euch während des Turniers werden auf unserer Webseite und auf Facebook veröffentlicht. Bewerben mit Foto oder Video bis 26. Mai Schicke ein Foto oder ein Video von dir, das deine Fußball-Begeisterung zeigt, und ein paar Sätze zu dir selbst. Unter den Einsendungen wählt das L-MAG-Team zwei Gastspielerinnen aus. Die besten Bewerbungsfotos und -videos zeigen wir auf unserer Facebook-Seite. Bewerbungen bis 26.5. an: redaktion@l-mag.de
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TITELTHEMA FUSSBALL MUSIK
BACK TO THE (GRASS)ROOTS Nur wenige Fußballerinnen schaffen es zur WM. Viele andere spielen, bolzen und vergnügen sich auf echtem Rasen. L-MAG stellt drei Freizeit-Turniere dieses Sommers vor
Frauen Bolz WM in Kassel, 12. bis 14. Juni Während sich die Gemüter über die Kunstrasendebatte zur WM in Kanada erhitzen, lädt der Kasseler Verein Dynamo Windrad ganz gechillt zur Bolz WM ein – und feiert damit ein Comeback des ursprünglichen Fußballs mit Wiese, Matsch und Schlamm. Seit Monaten stecken die Fußball-Frauen des Dynamo Windrad ihre Köpfe zusammen, um ein ganz besonderes Freizeitspektakel auf die Beine zu stellen, unter ihnen die fünf leidenschaftlichen Kickerinnen Katha, Helen, Vera, Randi und Ester. „Bolzen bedeutet Fußball in seiner ursprünglichsten Form. Fußball geht auch anders, als es von offiziellen Stellen wie der FIFA vorgelebt wird“, erklärt Mitorganisatorin Randi. Zur Not wird also auch mal im Matsch gespielt, dafür aber mit umso mehr Leidenschaft.
Spielregeln gibt es nicht Das Motto „Real Grassroots Football“ spielt also auch auf den Freizeitcharakter des in Kassel geplanten Events an. Spielregeln im eigentlichen Sinne gibt es dort nicht. Die Bolz WM soll so ausgetragen werden, wie
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man auch früher auf der Straße einfach kickte. „Es gibt keinen Schiedsrichter, beide Teams klären Regelverstöße miteinander und sind fair zueinander“, erklärt Vera. Es gibt auch keine Trikots, die Teams müssen sich lediglich unterscheiden können. Geplant ist ein Kleinfeldturnier mit fünf Spielerinnen und einer Torhüterin à zweimal 10 Minuten. Aber auch das kann noch mal vor Ort neu ausgehandelt werden, wenn zum Beispiel das Wetter nicht mitspielt. Und letztlich muss man gar nicht Fußball spielen: „Unser letztes Turnier ist in einem riesigen Regenguss versunken, deshalb haben wir es dann zu großen Teilen einfach ausgekickert“, lacht Katha. „Hauptsache, man hat Spaß und ist sich einig“, ergänzt Vera. Keine Regeln heißt aber nicht kein Engagement. Die Organisatorinnen stellen seit Wochen ein immenses Programm auf die Beine. Damit es eine richtige WM wird, sind Teams aus der ganzen Welt eingeladen: Kenia, Südafrika, die Schweiz und die Niederlande werden genauso in Kassel dabei sein wie Freizeitkickerinnen aus Köln oder Frankfurt. Insgesamt sollen auf Waldauer Wiesen in Kasseler 24 Frauen-Freizeitteams auf dem Kleinfeld an den Start gehen. Damit alles gerecht abläuft, werden zwei Gruppen mit unterschiedlichen Spielniveaus gebildet. Den Dynamo-Frauen ist es gelungen, Doreen „Dodo“ Nabwire Omondi
[Fotos: Katharina Kastmann]
Aufwärmen beim Auswärtsspiel. Das Team Dynamo Windrad aus Kassel
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Training auf dem Heimplatz. Der Dynamo Windrad auf den Waldauer Wiesen. Zur Bolz WM wird dort gekickt
als Schirmherrin zu gewinnen. Die gebürtige Kenianerin spielte als erste afrikanische Spielerin im deutschen Frauenfußball (bei Werder Bremen, später beim 1. FC Köln). Inzwischen lebt Dodo wieder in Kenia und engagiert sich dort als Trainerin ihres sozialen Projektes „Girls Unlimited Nairobi“. Zur Bolz WM möchte sie mit ihrem ganzen Team nach Kassel kommen. „Wir freuen uns sehr, gerade Dodo als Schirmherrin für die Bolz WM gefunden zu haben, denn sie ist in den Slums von Nairobi aufgewachsen, kennt die soziale Bedeutung des Kickens und hat den Straßenfußball einfach im Blut“, sagt Helen.
Spaß und Kampf für Frauenrechte Das Bolzturnier soll Sport und Spaß mit sozialem Engagement, Fairness und Interkulturalität verbinden: „Es gibt eine ,Road To Bolz WM’, eine Veranstaltungsreihe, die zum Event im Juni hinführt“, erklärt Helen. Schon im März gab es eine Fotoausstellung zu den unterschiedlichen Fußballplätzen aus den Heimatländern der Frauenteams. Kurz ge schnittener Rasen im gepflegten Stadion war neben sandigen Plätzen mit netzlosen Holztoren zu sehen. „Mit dieser Ausstellung wollen wir in Bildern auf die unterschiedlichen Voraussetzungen und auch Unge rechtigkeiten hinweisen und zu Diskussionen anregen“, erklärt Randi. Während der Bolz WM wird die Ausstellung auf den Waldauer Wiesen erneut aufgebaut. Und nicht zuletzt gibt es unter den 24 Freizeit mannschaften auch zwei Flüchtlingsteams, eine Gruppe asylsuchender Frauen aus Kassel und ein Kickerteam aus Norddeich, in dem vor allem Nigerianerinnen vertreten sind. „Integration ist uns eine besondere Herzensangelegenheit“, so Esther, „schließlich muss man bedenken, dass Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung manchmal gar nicht in einem Verein, geschweige denn bei einem offiziellen Turnier kicken dürfen. Dabei ist Sport ein wunderbarer Weg, zur Integration beizutragen.“ Mit kaum einem anderen Thema dürften die Damen des Dynamo Windrad mehr am Puls der Zeit liegen. // Sabine Mahler Frauen Bolz WM 2015: 12. bis 14. Juni in Kassel www.frauenbolzwm.jimdo.com
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TITELTHEMA FUSSBALL
Das Miteinander zählt! Der Dynamo Windrad hält zusammen
Jede Frau Fußballturnier in Frankfurt, 27. Juni
Come-Together-Cup in Köln, 4. Juni
Das Jede Frau Fußballturnier ist seit über 25 Jahren eine feste Größe im Frankfurter Event-Kalender. Der Spaß am Fußballspiel ist die Haupt sache: wirklich jede Frau kann mitmachen! Auch für Fans ein abwechslungsreicher Sommer-Samstag im Grünen, bis hin zur Open-Air-Party nach der Siegerinnen-Ehrung. 20 Teams treten bei dem Traditionsturnier in Frankfurt am Main im Juni gegeneinander an. An dem Wettkampf nehmen Hobby-Spielerinnen und Kettenraucherinnen ebenso teil wie Fußballerinnen aus der Regionalliga und Ehemalige aus der Bundesliga. Sie kommen aus Bayern, Köln oder Hessen. Bloß, wie veranstaltet man mit 220 Frauen unterschiedlichster Fitness und Ballroutine ein funktionierendes Turnier? „Gespielt wird in zwei Leistungsklassen – ,just for fun’ und anspruchsvoller. Wobei nicht nur die sportlichen Erfolge zählen, sondern auch das Miteinander“, erklärt die Veranstalterin Claudia Bubenheim vom Xtremeties Eventservice. „Natürlich gewinnt das beste Team einen Pokal, ebenso die Torschützenkönigin, die beste Torfrau und die beste Spielerin. Aber auch das fairste Team wird ausgezeichnet und sogar die besten Fans.“ In Frankfurt ist nicht nur die ein oder andere weibliche FußballProminenz zuhause. Die Skyline-Stadt hat auch durchaus ihre idyllischen Ecken, die sich wunderbar zum Fußballspielen und Feiern eignen. „Anfangs trafen sich fußballbegeisterte Frauen im Ostpark. Das war Ende der 80er, als die lesbische Szene hier noch vielfältiger und aktiver durch Kneipen, Bars und Frauenläden repräsentiert war. Es waren Frauen der Lesbischen Informations- und Beratungsstelle (LIBS), die das Turnier jahrelang ehrenamtlich stemmten.“ Bis die ehemalige BundesligaSpielerin vom FSV Frankfurt, Claudia Bubenheim, mit ihrem damals frisch gegründeten Eventservice Xtremeties die Veranstaltung übernahm. „Irgendwann genügte der Ostpark nicht mehr unseren Anforderungen. Beim FC Ginnheim e.V. haben wir nicht nur saubere Duschen und Umkleiden. Die Gegend der Niddaauen mit den vielen Bäumen ist auch ideal für alles, was am Rande des Spielfeldes so läuft. Ein Biergarten gehört zur Anlage, du kannst hier schön picknicken und sogar zelten. Ob mit Hund oder Kids, hier fühlen wir uns wohl.“ // Miriam Reith
Fast dreimal so viel Teams wie bei der WM in Kanada, 60 nämlich – davon 30 Frauenteams –, treten bei dem legendären Come-Together-Cup an Fronleichnam auf den Vorwiesen des Kölner Rheinenergiestadions an. Nachdem sich Initiator Andreas Stiene nach 20 Jahren ehrenvoller und -amtlicher Tätigkeit zurückgezogen hat, wagt ein neues Team mit neuem Verein und Vorstand den Neustart. 20000 Zuschauerinnen und Zuschauer zieht das Event an. Hier trifft die LGBT-Community auf den Rest der Welt – bei freiem Eintritt. Spielen dürfen Teams aller Coleur, nur „mit den integrativen Zielen unseres weltoffenen Fußballturniers“ sollten sie sich identifzieren können, heißt es in den Regularien. Sowohl auf dem Rasen als auch bei Bier und Wurst, bei Musik und Party drumherum gilt das Motto „Gemeinsamer geht’s nicht“. Die Erlöse der Veranstaltung gehen zu gleichen Teilen an das Kölner LGBT-Jugendzentrum anyway sowie an die Kölner Aids-Hilfe. // kay
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L-MAG-VERLOSUNG L-MAG verlost 10 Panini-SammelAlben zur Frauenfußball-WM inklusive der ersten Tüten mit Klebebildern unter www.l-mag.de
[Fotos: Katharina Kastmann]
www.xtremeties.de
www.come-together-cup.de
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Landleben „QUEER WENDLAND“ VON KATRIN KARMANN Der Wind pfeift über Wiesen und Felder, Vögel zwitschern – das ist ländliche Idylle zum Träumen und Entspannen. Mitten in dieses ruhiges Landleben hinein wurde in den 70er Jahren ein Atommüll-Endlager geplant. Doch die Dorfbevölkerung wehrte sich prompt. Es entbrannte ein Protest, der nun symbolisch für die Anti-Atomkraft-Bewegung steht. Obwohl es auch heute immer wieder Proteste um Gorleben gibt, bleibt das Wendland geprägt von verschlafenen Dörfern und Land idylle. Katrin Karmann hatte 2002 genug vom Großstadttrubel und zog von Hamburg auf einen Hof im südlichen Wendland. Heute arbeitet sie als Schulmediatorin sowie Bäuerin, und im Sommer betreibt sie gemeinsam mit Freunden und Freundinnen ein Café auf ihrem Hof. Im Rahmen der „Kulturellen Landpartie“
nutzt sie ihren Hof für Ausstellungen. Die „Kulturelle Landpartie“ findet mittlerweile zum 26. Mal statt. Künstlerinnen und Künstler aus dem Wendland präsentieren in 122 verschieden Orten und 546 Ausstellungen ihre Arbeiten. Karmann nahm 2005 mit einer Rauminstallation zum ersten Mal teil. Zur Fotografie kam sie schließlich 2008. Für ihre diesjährige Aus stellung auf ihrem Hof schnappte sie sich einen „zugelaufenen Sessel“ und fuhr mit diesem von Ort zu Ort auf der Suche nach der LGBT-Community und ihren Lieblingsorten im Wendland. Insgesamt entstanden über 50 Porträts queerer Menschen. L-MAG zeigt eine kleine Auswahl. // dm
www.katrin-karmann.de
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MUSIK
„Ich will Rockstar werden“ Die künftigen Rockstars der Berliner Band Arsen (v. li.): Frontfrau und Sängerin Selly, Gelee (Bass), Norman (Gitarre), Arnd (Gitarre) und Dennis (Drums)
Probentermin im ORWOhaus, einem selbstverwalteten Musikzentrum mitten im Industriegebiet in Berlin-Mahrzahn. In den 70er Jahren noch eine Fabrik für Tonbänder und Cassetten, wird hier heute Rock ’n’ Roll produziert. Arsen probt auf geräumigen 80 Quadratmetern – viel Platz für Instrumente, Sofas und einen gut gefüllten Kühlschrank. An den Wänden hängen Ikonenposter. Auf dem Tisch finden sich Bier und Zigarettenkippen. Doch das war’s dann auch wieder mit den Klischees. „Mit uns war das Liebe auf den ersten Blick“, erzählt Norman, einer von zwei Gitarristen der Band, von der ersten Probe mit Frontfrau Selime „Selly“ Sahin. Es war sozusagen eine Internetliebe, denn die vier Musiker, auf der Suche nach Gesang und zweiter Gitarre, hat eine Online-Anzeige mit der jetzigen Sängerin zusammengeführt. „Zuerst waren sie ein wenig verwirrt, ob ich Junge oder Mädchen sei“, amüsiert sich Selly, und sie nahm die Verwirrung als Kompliment. Ihr 62
Coming-out als „Frau, die auf Frauen steht“ folgte promt. „Für uns war das cool, wie offen Selly damit umging. Bis dahin war mein Umfeld nur heterosexuell“, erinnert sich Dennis, der Schlagzeuger. Seit diesem Treffen vor drei Jahren wuchsen Selly (Gesang), Norman (Gitarre), Arnd (Gitarre), Dennis (Schlagzeug) und Gelee (Bass) zu einer engen Bandfamilie zusammen. Nach dem frühen Debütalbum „Worte gegen Krieg“ (2012) folgten viele Kilometer im Tourbus und positive Presse. Da gibt es in Medienberichten auch schon mal Vergleiche mit Bands wie den Guano Apes. Gemeint ist ihre Spielwut, die Kreativität der Sounds und natürlich Sellys Stimme. Ein Gesang, der zart und rauh sein kann, druckvoll und eigen phrasiert ist – besonders klangvoll in türkischer Sprache. „Ich singe deutsch und türkisch, habe zum Türkischen aber einen besseren Bezug, weil es meine Muttersprache ist“, erzählt Selly. Einige Jahre ihrer Jugend hat die heute
[Foto: M. Siegler]
Mit harten Tönen, einer starken Frauenstimme und deutsch-türkischen Texten tritt die Rockband Arsen gegen Klischees in der Metal- und Rockszene an. L-MAG traf die ungewöhnliche Band in ihrem Proberaum
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27-Jährige in der Türkei verbracht und dort auch die Liebe zur Rockmusik entdeckt. „In Deutschland wissen es viele nicht, aber in der Türkei ist die Metalszene richtig groß. Es gibt viele Blackmetal-Bands, die sich als atheistisch verstehen, und darunter einige Frauen, für die es auch politischer Protest ist, Frontfrau zu sein.“ Selly selbst kommt aus einer muslimischen Familie, aber weder ihr Lesbischsein noch die Vorliebe fur Rock ’n’ Roll waren ein Thema.
Headbangen in der Türkei „Meine Umgebung ist allgemein nicht konservativ und meine Mutter war selbstverständlich auch schon bei unseren Konzerten“, scherzt sie. 2014 legte Arsen das Album „Muttererde“ nach. Es wirkt ausgereifter – vom Artwork bis zur Aufnahme. Für den Vertrieb wurde sogar ein eigenes Label gegründet. „Das war wirklich ein Selbst findungsprozess vom ersten zum zweiten Album“, meint Arnd, „mittlerweile sind wir viel eingespielter – musikalisch und zwischenmenschlich.“ Noch facettenreicher im Gesang, überraschender im Stilmix und melodiöser als auf dem Vorgänger-Album kommentieren die zwölf zumeist gesellschaftskritischen Titel die Folgen einer neoliberalen Welt: Profitgier, Vereinzelung und Umweltzerstörung. Dabei gehört für Arsen auch etwas Pathos zum Punkrock. Die Schwere einiger Texte verfliegt jedoch sofort, wenn die Verstärker aufgedreht werden. Schon bei der Probe wird klar, welche mitreißende Wucht die Band entfalten kann. Über die Jahre hat sich Arsen zu einer starken LiveBand entwickelt. Dieses Jahr werden sie noch über 60 Konzerte spielen. Auf der Bühne wird die Band dabei schon mal zum Politikum. „Momentan ist der Deutschrock wieder angesagt, mit ganz viel Männergesang und politischer Grauzone,“ erklärt Dennis, „dann heißt es, ich bin ja kein Nazi, aber ...“
Gegen Rechts und Homophobie Grundsätzlich sind die Erfahrungen von Arsen positiv, ob mit Veranstaltern und Veranstalterinnen, Publikum oder Fans, die sich häufig auch gegen Rassismus und Homophobie äußern. Dennoch gibt es Gegenbeispiele: „Einmal haben wir auf einem Feuerwehrfest in Brandenburg gespielt und zum Osterfeuer wurde Deutschrock erwartet“, erzählt Dennis. Die fünf ließen sich von den rechten Flaggen und rassistischen Beschimpfungen nicht einschüchtern. „Wir wollten dagegen anspielen. Das Konzert war damit eher eine politische Aktion“, erklärt Norman. Im Erzählen häufen sich die Einzelfälle. „Ein Veranstalter wollte uns, aber keine türkischen Songs“, berichtet Norman. Ein anderes Mal hat Dennis mitbekommen, dass einige Männer während des Konzerts nicht tanzten, weil Arsen eine Frontfrau hat. Sexistische und rassistische Ressentiments fallen hier also zusammen. Für Selly und ihre Jungs ist das jedoch eher Ansporn als Hinderungsgrund. Den Traum der Band benennt sie in einem Satz: „Ich will Rockstar werden.“ // Steff Urgast www.arsen-band.de Neues Album: „Muttererde“ (White Lake City Roxx) L-MAG
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MUSIK
L-SOUNDS AUF TOUR
Legendenbildung L7 Sie sind zurück: L7, die härteste und vielleicht beste Frauenrockband der Welt! Schlappe 30 Jahre nach ihrer Gründung und nach 15 Jahren Abstinenz kündigte die Band im Januar 2015 ihre Reunion an. Und das in der Originalbesetzung mit Donita Sparks, Suzi Gardner, Jennifer Precious Finch and Dee Plakas. Nicht etwa die Musikerinnen aus Los Angeles hatten diese Idee, vielmehr ihre vielen Fans. Alles begann mit der Idee, aus dem Film- und Videomaterial über die Band eine Doku zu machen. Mit dem Start einer Facebook-Seite und einer Kickstarter-Kampagne, um den Film der Regisseurin Sarah Prince (der im September fertig sein soll) zu finanzieren, wurden die L7Fans in aller Welt wach und verlangten lautstark eine Wiederbelebung der Band. Nach einer Weile gab sich Donita Sparks, die Frau mit der wohl geilsten Rock ’n’ Roll-Stimme auf dem Planeten, geschlagen und rief ihre alten Bandmitglieder, die zum Teil 14 Jahre nicht miteinander gesprochen hatten, zusammen. Der erste Auftritt der Band soll im Mai in L.A. sein, bevor die vier im Juni nach Europa kommen. Vier Konzerte gibt es in Deutschland, zwei davon auf den Festivals „Rock am Ring“ und „Rock im Park“, weitere zwei leider nur als Vorband von Slash in Hamburg (9.6.) und Berlin (10.6.). // kay www.l7theband.com
Eine-Frau-Orchester LoneLady 2010 erschien das erste Album der britischen Künstlerin Julie Campbell alias LoneLady. Beeinflusst von Bands wie Joy Division und der industriellen Umgebung ihrer Heimatstadt Manchester schuf Campbell mit „Nerve Up“ einen bis auf das Gerippe reduzierten PostPunk-Sound, getragen von ihrer bisweilen an Sinéad O’Connor erinnernden Stimme. Fünf Jahre und einige Nebenprojekte später erscheint nun mit „Hinterland“ das großartige Zweitwerk des Eine-Frau-Orchesters, auf dem Campbell ihren harschen, von Drumloops und Gitarre erzeugten Minimalismus um eine groovende FunkNote erweitert. Beseelte Musik für ein Tänzchen auf Ruinen. // jano „Hinterland“ | WARP Records www.lonelady.co.uk
AUF TOUR
Verträumter Soul
Kanadische Bärinnen
Adwoa Hackman
Two Bears North
Die Wahlberlinerin Adwoa Hackmann sammelte erste Banderfahrungen bereits mit 15 Jahren. 2011 veröffentlichte sie schließlich ihr Debüt-Album „Tief wie das Meer“. Seitdem trat sie auf vielen lokalen Bühnen auf. Jetzt erscheint ihr zweites Album „Exil“, das verträumten Jazz und Soul mit einfacher Liebeslyrik paart. Die englisch-deutschen Texte handeln von verlorener und ersehnter Liebe, vereinzelt finden sich auch gesellschaftskritische Verweise. Ihre berührende Stimme ist für alle, die ihre eigenen Liebesdramen mit Musik verarbeiten wollen, genau das Richtige. //dm „Exil“ | Sugarpie Records www.adwoa-hackman.com
Sophie Heppell und Melissa Walker aus Edmonton in Kanada sind das Duo Two Bears North. Beim Anhören des Albums „Comeocean“, das im Mai in Deutschland herauskommt, meint man, die Indigo Girls kräftig grüßen zu hören. Melodiöser, eingängiger Pop mit zwei sehr lieblichen Stimmen zeichnet die Bärinnen aus den nördlichen Gefilden aus. Im Mai sind sie auf Tour und spielen in Hannover und Magdeburg sowie mehrmals in Hamburg. // kay „Comeocean“ | Devilduck www.twobearsnorth.com
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Mitten ins Gesicht Hungry Hearts Besucherinnen von L-Beach oder des Pornfilmfestivals Berlin kennen die Pin Up Performance Band aus Oslo nur zu gut und sind dem Charme und trockenen Humor der sechs Norwegerinnen um Mastermind Tonje Gjevjon längst verfallen. Im Juni bringen die Hungry Hearts ihr erstes Album mit acht Songs heraus. Der Albumtitel „Dykes Forever“ sagt bereits alles, und der Name ist Programm, selbst Weltraum-Hündin Laika wird im L-Club aufgenommen. Neu abgemischt für das Album wurde auch die Hymne „In Your Face“. Und weil es so schön ist, hier ein paar Textzeilen aus dem wohl lesbischten Lied aller Zeiten: „I want your pussy in my face, your fingers up my ass, your lips around my clit, your hands on my tits“ – einfach unwiderstehlich. // kay „Dykes Forever“ | Hungry Hearts Production www.hungryhearts.no
Träumen von Australien
Status Quo hinterfragen
Courtney Barnett
Thee Satisfaction
Nach einigen musikalischen Experimenten scheint Neuendeckung Courtney Barnett nun ihren Stil gefunden haben. Die australische Singer/Songwriterin probierte sich zunächst mit Garage Grunge aus. Später kamen Country-Einflüsse hinzu. Noch bevor sie ein erstes Soloalbum veröffentlichte, erregte sie Aufmerksamkeit mit ihrem Auftritt beim New Yorker CMJ Music Marathon 2013. Mit ein paar Songs im Gepäck reiste sie von Australien in die USA und überzeugte bei ihrem Auftritt selbst das Musikmagazin Rolling Stone. Zwei Jahre später veröffentlicht sie nun ihr erstes Soloalbum. Ihre starke Stimme, gepaart mit selbstkritischen Texten und tragenden Melodien, regt zum Träumen und Reisen an. Manche Songs haben eine leicht rockige Note. Oft sind sie leicht und beschwingt und lassen einen von einer Reise im Bus durch das australische Outback träumen. // dm
THEESatisfaction, das Projekt des Duos Stas und Cat aus Seattle, verbindet R&B mit experimentellen Beats und kritischen Texten. Ihr neues und zweites Album „EarthEE“ erschien auf dem eher für Indie-Rock weißer Hetero-Männer bekannten Sub Pop Label. Der Albumtitel „EarthEE“ ist eine kreative Abwandlung von „earthy“, das oft ironisch die Räucherstäbchen schwenkende Ökolesbe bezeichnen will. Dazu passend wendet sich das Album auch gegen die Zerstörung des Planeten und seiner Bewohner. Dennoch ist „EarthEE“ nicht so tiefgründig wie sein Anspruch. Viel Gutes ist dabei, wie Meshell Ndegeocello als Gastsängerin, aber auch mancher Fehlgriff wie Gast-Rapper Ishmael Butler mit seinen Vergleichen von weißem Hip-Hop und der Hitler-Jugend. Musik, die den Status Quo hinterfragt und unser Bewusstsein schärfen will, können wir gut gebrauchen, allerdings sollte sie auch zu Maßnahmen aufrufen und nicht nur höflich danach fragen. // Joey Hansom „EarthEE“ | Sub Pop Records www.theesatisfaction.com
„Sometimes I Sit and Think, and Sometimes I just Sit“ | Marathon Artist
www.courtneybarnett.com.au
Keine alten Zöpfe
[Fotos: Charles Peterson, Promo(3)]
Evvol
L-MAG
Zugegeben, das Debütalbum von Evvol macht es einem erstmal nicht leicht, denn eine ganze Menge alter Zöpfe müssen abgeschnitten werden, bevor man sich „Eternalism“ öffnen kann. Hinter Evvol verbirgt sich die ehemalige Band Kool Thing, die mit ihrem Debütalbum 2013 zu einer der vielversprechendsten Bands des queer Berliner Undergrounds aufstieg. Doch schnell trat eine lähmende Stille ein: Konzerte wurden abgesagt, die Band verschwand vom Radar, stattdessen machten die beiden lesbischen Musikerinnen Julie Chance und Jon Dark mit Soloprojekten von sich reden. Was war geschehen? Das Paar Julie und Jon hatte sich getrennt. Doch die Musikerinnen fanden privat und künstlerisch wieder zusammen, aus Kool Thing wurde Evvol. Nicht einfach nur ein anderer Name, sondern eine komplett andere Idee. Mit neuer Liebe komponierten sie ein zartes, lichtdurchflutetes, hypnotisches und experimentelles Album, getragen von synthetischen Klängen, mäandernden Melodiebögen und hauchzarten Gesangsharmonien. Großartige Musik für verschlafene Sommertage. // jano „Eternalism“ | Mad Dog & Love www.evvolmusic.com 65
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FILM
Auch beste Freundinnen streiten wie Liebespaare. Szene aus der Komödie „BFF – Best Friends Forever“
Liebeskummer in „Appropriate Behaviour“
Verrückt nach Film 25 Jahre Lesbenfilmtage. Im Juni wird Freiburg filmverrückt
35.000 Zuschauerinnen und Zuschauer, über 600 Filme Auf ein paar statistische Werte angesprochen, rechnet die Gruppe schnell und kommt auf erstaunliche Zahlen: rund 35.000 Zuschauerinnen und Zuschauer kamen in den vergangen Jahren insgesamt. Das Festivalpublikum kommt aus der ganzen Region, aus Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim, Tübingen und grenzüberschreitend auch aus Straßburg, Basel oder Bern. „Als wir angefangen haben, gab es noch gar nicht so viele lesbische Filme, mittlerweile zeigen wir pro Festival 20 bis 25 Spiel- und Dokumentarfilme sowie Kurzfilme“, erklärt Petra. Das macht in 25 Jahren immerhin über 600 Filme. Pro Festival 66
kommen circa 1.500 Zuschauerinnen und einige Zuschauer. Zur Festivalparty „Pink Planet“ werden über 500 Leute erwartet. Zum 25Jährigen gönnen sich die durchweg ehrenamtlichen Organisatorinnen etwas Besonderes: noch mehr Arbeit in Form eines zusätzlichen fünften Festivaltags sowie zwei neu eingeführte Publikumspreise. Die „Goldene Tanne“, die ihren Namen dem nahen Schwarzwald verdankt, wird für den beliebtesten langen Film sowie für einen Kurzfilm verliehen. Highlights aus dem diesjährigen Filmprogramm sind zwei Deutschlandpremieren: Die Dokumentationen „Lesbian Factory“ und „Rainbow Popcorn“ aus Taiwan sowie „Born to Fly“ von Catherine Gund aus den USA. Außerdem laufen die Komödie „Appropriate Behaviour“ und der philippinische Film „Anita’s last Cha-Cha“. Was aber ist eigentlich das Erfolgsgeheimnis der Lesbenfilmtage? „Wir suchen einfach tolle Filme aus, deshalb kommen immer viele Frauen. Und mit dem Kommunalen Kino haben wir einen idealen Spielort. Außerdem ist immer gutes Wetter, so dass manche Besucherinnen nicht mal ins Kino gehen, sondern einfach nur so kommen“, verrät Petra. Da bleibt L-MAG nur, herzlich zu gratulieren sowie viel gutes Wetter und enthusiastisches Publikum in Freiburg zu wünschen. // Manuela Kay
Freiburger Lesbenfilmtage: 3. bis 7. Juni im Kommunalen Kino www.freiburger-lesbenfilmtage.de
[Fotos: Promo, Pro-Fun Media]
Die Laune beim Orga-Team in Freiburg ist blendend, als es beim Telefonat mit L-MAG stolz über das 25-jährige Jubiläum der Lesbenfilmtage berichte. Immerhin können Petra Lutterbüse, Bettina Pfluger, Luzie Boger, Julia Lamke, Emriye Guel und Barbara Timm stolz auf eine in Deutschland einzigartige Geschichte zurückblicken. Wer hätte gedacht, das das älteste Lesbenfilmfestival des Landes ausgerechnet Freiburg im Breisgau mit nur 220.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, ganz im Süden Deutschlands, sein Zuhause nennt? „Freiburg ist eine tolerante Stadt, die ein queeres Festival unterstützt“, schwärmt Bettina aus dem Orga-Team, „Freiburg ist einfach filmbegeistert und hat eine Tradition als Filmstadt.“ Vor allem weil Freiburg als einzige Stadt sowohl ein schwules als auch ein lesbisches Filmfestival sein Eigen nennt – beide sind die ältesten Festivals ihrer Art im Land!
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DIGITALES LEBEN
Wir sind Einhörner
Was das Thema queer im Games- und technischen Bereich angeht, sind vor allem die USA Vorreiter. Dort existieren schon länger Netzwerke wie „Gaymer“ oder „Lesbians who Tech“ (von denen es auch eine Gruppe in Berlin gibt) und Messen wie „GaymerX“. Nicht selten ist auch die finanzielle Ausstattung besser als in Deutschland. Ein wichtiger Punkt hierbei: In etlichen Staaten der USA sind Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender offiziell Teil des gesetzlich festgelegten
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Antidiskriminierungsplans. Ja, mehr noch: Präsident Obama hat in seiner Rede zur Lage der Nation Anfang des Jahres ausdrücklich auf die Gleichstellung hingewiesen. Dementsprechend dürfen sich Unternehmen, die dies unterlaufen, auf erheblichen Imageschäden gefasst machen. Das funktioniert nicht zuletzt auch durch die Möglichkeit, im Netz schnell und effizient Missstände anzuprangern. Große Beachtung findet auch der jährlich er-
scheinende „Corporate Equality Index“ der Human Rights Campaign, eine der größten LGBT-Organisationen der USA. Dieser bewertet Unternehmen danach, wie sie mit ihren lesbischen, schwulen, bisexuellen und trans Beschäftigten umgehen. Existiert beispielsweise eine Antidiskriminierungspolitik im Haus? Gelten gleiche finanzielle Modelle für Heterosexuelle, Homosexuelle und Trans? Und wie verhält sich die Firma öffentlich zu LGBT-Themen?
[Illustration: Mirjam Dumont]
Offene LGBT-Profis in der Technik sind noch immer mit der Lupe zu suchen. Doch langsam gründen sich auch in Deutschland die ersten Netzwerke und Communities dank der „Unicorns in Tech“
L-MAG
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Dieses Jahr wurden 781 Unternehmen bewertetet, davon fallen immerhin über 50 in den digital-technischen Bereich. Zwei davon gelten als besonders engagiert: Apple, dessen mittlerweile offen schwuler Chef Tim Cook sich letztes Jahr für die überstaatliche Erweiterung des Gleichstellungsgesetzes ausgesprochen hat. Und Electronic Arts (EA), Hersteller und Vertreiber von Games, wie „Dragon Age“ oder „Mass Effect“, berühmt für ihre genderoffenen Avatare (siehe L-MAG Januar/Februar 2015). In Deutschland allerdings gehören LGBT im technischen Bereich eher in eine „Nische in der Nische in der Nische“, wie Stuart Cameron zu hören bekam, als er versuchte, für dieses Thema mehr Öffentlichkeit zu gewinnen. „Ich dachte, der Tech-Bereich sei so offen, aber es gibt noch immer eine Menge Leute, die dort arbeiten und sich verstecken.“ Schnell war sein Ziel klar: Ein Netzwerk zu gründen, in dem alle offen sein können, in dem man sich nicht jedes Mal wieder mühsam outen muss, sobald das Gespräch auf Privates kommt.
„Kein Mensch ist eine Insel“ „Die IT-Tech-Szene ist ohnehin sehr zersplittert“, fasst Regine Heidorn zusammen. Die Web-Programmiererin findet Verknüpfungen generell wichtig. „Warum also nicht auch unter dem Gesichtspunkt Gender und sexueller Orientierung, wenn das einen Rahmen bietet, der es für viele angenehmer macht? Kein Mensch ist eine Insel.“ Auch Anja Wiesinger wünscht sich mehr Organisation und gemeinsames Aktivwerden. „Querness ist eine Nische, Technik auch, und Austausch ist wichtig.“ Die Projektleiterin in einer digitalen und Marketingagentur ist schon seit den Anfängen der „Unicorns in Tech“ dabei. Den Umschwung in der Branche behält sie jedoch schon wesentlich länger im Auge. Seit ihrer Magisterarbeit in Kulturwissenschaften beschäftigt sie sich mit dem Thema „Technologie und Queerness“. „Durch das Internet
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ABC des Gamens: M MOD – Modifications Nein, wir reden hier nicht über englische Anhänger einer Subkultur, die sich in den 60er und 80er Jahren in die passenden Jeans und Sneakers warfen und mit Rollern durch die Gegend brausten. Mod im Gamebereich ist die Abkürzung von Modification – also Veränderung. Ein in der Games branche weitverbreiteter und teilweise etwas anarchistischer Eingriff in die Programmierung eines Spiels. So können bestehende Games nach den eigenen Vorlieben kreativ erweitert werden. Findige Hobbyprogrammiererinnen (aber auch reguläre Spieleentwickler) programmieren einen Zusatz, der innerhalb eines bestehenden Spiels funktioniert und beispielsweise das Aussehen der Spiel figuren oder die Umgebung verändert. Sogar spezielle Szenen, die ursprünglich nicht vorgesehen waren, können kreiert werden. So gesehen sind Mod’s interaktive Fanfiction. Einigermaßen berühmt wurde damit vor zwei Jahren Mike Mika, der das bekannte „Donkey Kong“ für seine kleine Tochter modifizierte. Diese wollte nicht länger eine männliche Hauptfigur spielen, welche am Ende die Prinzessin rettet. Also programmierte der Vater das Spiel so um, dass die Prinzessin die Heldin ist und am Ende Mario rettet. Auf YouTube: Donkey Kong – Pauline Edition (Kanal: Mike Mika)
hat die alte Form von Management von oben nach unten ausgedient“, weiß sie, „Energien werden frei, Räume öffnen sich und erlauben es, sich auszuprobieren, anders zu denken und dafür eine Öffentlichkeit zu gewinnen. Und dadurch letztlich Dinge zu verändern.“ Beide Frauen sprechen auf dem von den „Unicorns in Tech“ ins Leben gerufenen „#unit Festival“. „Das erste Queer Tech Festival“ lautet der volle Untertitel. Wirft man einen Blick auf das Programm, ist das Alleinstellungsmerkmal in der Tat gar nicht weit hergeholt. Nicht nur bei den Themen dürfte für alle etwas dabei sein – unabhängig von der eigenen Identität. Auch bei der Ausgewogenheit zwischen männlichen und weiblichen Vortragenden kann „#unit“ punkten. Stuart hat dafür eine Erklärung: „Oftmals unterstützt sich der „All-Boys-Club“ (jene zumeist weißen, heterosexuellen Männer, die schon miteinander studiert haben, Anm. d. Red.) für die wichtigen Positionen und züchtet ihren eigenen Nachwuchs heran.“ Mann kennt sich und netzwerkt schon seit Jahren miteinander. Auch Regine Heidorn findet in „Frauen-Zusammenhängen“ erfahrungsgemäß mehr Aufmerksamkeit für „gegenseitiges Weiterkommen, sich Mitnehmen und mehr sachorientiertes Nachfragen.“
Reden hilft Sie hat Glück mit ihrem Arbeitsumfeld und hat die richtige Umgangsweise gefunden: „Grob würde ich sagen, dass es in unserem Team ein ehrliches Bestreben gibt, sich mit den einzelnen Kollegen und Kolleginnen auseinanderzusetzen“, fasst sie zusammen. „Geschlecht spielt da zwar noch eine Rolle, aber es geht mehr darum, sich gegenseitig verstehen zu können, was kontinuierlich neue Perspektiven eröffnet. Ich mag das.“ Allerdings kommt das nicht ganz von selbst. „Ich spreche sehr klar darüber, wann und wie ich Geschlechterunterschiede wahrnehme. Ich habe mir angewöhnt, deutlich meine Meinung zu sagen, im Guten wie in der Kritik.
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DIGITALES LEBEN
Speed-Networking für Veränderung Im Moment gibt es aber noch einige Ungleichgewichte auszutarieren. So haben lesbische Frauen in diesem männlich-dominierten Bereich gleich auf mehreren Ebenen zu kämpfen. Frauen und Technik ist keine verbreitete Kombination. Die Frauenquote in Führungspositionen ist auch hier niedrig. Dem etwas entgegenzusetzen ist erklärtes Ziel der „Unicorns in Tech“, die für alle offen sein wollen, die im Bereich Technik unterwegs sind. Auf den monatlichen Treffen gibt es Vorträge und Präsentationen über „GeekThemen“, wie Stuart sie augenzwinkernd nennt. Das reicht von Petitions- und Netzwerkplattformen zur internationalen Wissensvermittlung über „tragbare Elektronik“ bis hin zur App-Entwicklung oder wissenschaftlichen Neuerungen. Danach folgt das Speed-Networking. Das „bricht das Eis“, findet Anja Wiesinger, denn es ist letzlich ein lockeres Beisammensein. Dabei kann sich
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noch große Teile in Deutschland, in denen ich persönlich nicht leben möchte.“ Die Unicorns haben also noch ordentlich etwas vor. Da sich gemeinsam mehr erreichen lässt als alleine von zu Hause aus, sind alle Interessierten willkommen.
Und weshalb das Einhorn?
Simone Veenstra Die langjährige L-MAG-Autorin ist Experin für digitale Games und virtuelle Welten. Sie stellt regelmäßig in L-MAG Spiele und Entwicklungen im Games-Kosmos vor.
entspannt über Projekte ausgetauscht werden. Damit Verbindungen entstehen, die auch dafür sorgen, sich gegenseitig zu empfehlen, miteinander Projekte anzugehen oder sich für neue Bereiche zu interessieren – ein Netzwerk eben.
350 Mitglieder in nur sechs Monaten Der Bedarf kann sich sehen lassen. Binnen eines halben Jahres haben sich über 350 Mitglieder zusammengefunden. Nahmen während der ersten Treffen bei Gastgebern aus der Branche wie SAP (Softwareunternehmen) oder wooga (Spielesoftwareunternehmen) etwa 30 Leute teil, waren es das letzte Mal bei soundcloud schon rund 100. Doch: „Auch, wenn alle gerade in Berlin immer so tun, als wären sie total offen und dass Homosexualität gar kein Problem darstellt, sieht die Wahrheit anders aus“, fasst Sabine zusammen. Für sie ist „noch lange nicht der letzte Satz zum Thema Gleichberichtigung und Akzeptanz gesprochen. Es gibt immer
Da bleibt zum Schluss nur noch eine Frage offen: Weshalb eigentlich das Einhorn? Etwa, weil dieses Fabelwesen mit uns gemein hat, eben scheinbar nur in Legenden vorzukommen? Womöglich, weil es immer auch ein klein wenig mit Regenbogen, Glitzer und Besonderheit assoziiert wird? Sonst könnten sich die „Unicorns in Tech“ ja auch die „Yetis in Tech“ nennen. Stuart bringt es auf den Punkt: „Das Einhorn hat kein eindeutiges Geschlecht. Auch wenn man mit ihm erst einmal Mädchen und Pink assoziiert, haben wir uns gesagt: Lasst es uns stolz und stark machen. Es ist nicht süß, aber einzigartig.“ Etwas, das die befragten Frauen aus dem Zusammenschluss vermutlich unterschreiben würden. Denn letztlich geht es darum, LGBT nicht aus falsch verstandener Nettigkeit im Unternehmen zu integrieren. // Simone Veenstra
Webseitenempfehlungen: www.unicornsintech.com/de www.facebook.com/unicornsintech UNIT: www.unicornsintech.com/unit-3/ Geekettes: www.geekettes.io Lesbians who Tech: www.lesbianswhotech.org GaymerX: gaymerx.com Women 2.0: www.women2.com Shewired: www.shewired.com LGBT Tech: www.lgbttechpartnership.org www.womenize.de www.digiheads.de www.kompetenzz.de/Netzwerke/Technik
[Illustration: Mirjam Dumont]
Dadurch habe ich insbesondere in meinem jetzigen Team sehr viel von den männlichen Kollegen gelernt. Und ich glaube, das gilt auch umgekehrt.“ Anja Wiesinger ist ebenfalls der Meinung, dass das familiäre Gefühl, sich als Gruppe Gleichgesinnter zu treffen, nur der Anfang ist: „Moralisch Position zu beziehen ist natürlich wichtig und als Gleiche unter Gleichen fühlt man sich wohl, doch dabei darf es nicht bleiben!“ Eine Aussage, die Sabine Maymann (Name v. d. Red. geändert) zutreffend findet. Die Marketingreferentin unterstützt das Netzwerk und das Festival mit ihrer Expertise. Ihr Wunsch: „Ich fände es toll, wenn wir es irgendwann schaffen, die Unicorns deutschlandweit zu einer festen Instanz zu machen, und zwar nicht als ,HomoVeranstaltung‘, sondern als ein gemeinsames tolles Event, das einfach Farbe in die graue Welt des Networkings bringt und eine so freundschaftliche tolle Atmosphäre schafft, dass sich jeder, egal ob homo, hetero, trans oder eben LGBTQ wohl fühlt.“
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MARKTPLATZ
Anwältinnen Barbara Wessel Christina Clemm
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BUCH
Empowerment mit Worten Neuer queer Verlag w_orten & meer in Berlin sagt alten Strukturen den Kampf an und bringt die ersten drei Bücher heraus Im Frühjahr 2015 wird die queer Verlagslandschaft noch bunter. L-MAG-Autorin Steff Urgast leitet den neuen Verlag: „Die Grundidee von w_orten & meer ist es, kritische, antirassistische, queere und feministische Politiken zu stärken und zu antidiskriminierendem Handeln zu inspirieren.“ Im Frühjahr 2015 erscheinen die ersten drei Bücher, in denen dies konkret umgesetzt wird. So behandelt das Werk der kanadischen Künstler Rae Spoon und Ivan E. Coyote die Genderdebatte aus einer persönlichen Sicht. Spoon und Coyote erzählen in dem Buch „Good bye Gender“ verschiedene Anekdoten aus ihrer Kindheit und Jugend, in der sie sich im im falschen Körper fühlten.Nach einem Geschlechtswechsel kamen sie zu dem Schluss, die Kategorie „Geschlecht“ als Identifikationskategorie hinter sich zu lassen. Emily Ngubia Kuria wiederum gibt als Dozentin in dem Buch „einge schrieben. Zeichen setzen gegen Rassismus an deutschen Hochschulen“persönliche Erfahrungen zum Rassismus in Hochschulen wieder, klärt Begrifflichkeiten und bietet Tipps zum Thema Diskriminierung an. Als drittes Buch im neuen Verlag wird „Das Licht ist weder gerecht noch ungerecht“ des Spoken-Word-Künstlers Jayrôme C. Robinet erscheinen. Theatermonologe, lyrische Prosa und eine Spoken-Word-CD dürfen hier freudig erwartet werden. Das Spektrum des Verlags reicht von subjektiven Erfahrungsberichten über Sach- bis hin zu Lyrik büchern. Gegründet hat den Verlag übrigens Lann Hornscheidt. Die Wortkreation „Professx“ geht auf Hornscheidt zurück – als Alternative etwa zu „Professor“ oder „Professorin“, um eine sprachliche Festlegung auf ein bestimmtes Geschlecht zu vermeiden. // Christine Müller L-MAG-Autorin Steff Urgast (re.) auf eigenen Verlagswegen. Gemeinsam mit Lann Hornscheidt (li.) gründete sie w_orten & meer in Berlin
Große Verlags- und Book-Release-Party: 22. Mai, Berlin, Südblock www.wortenundmeer.net
Nieder mit dem Patriarchat Ein feministischer Schlachtruf aus der Subkultur verbindet das Persönliche mit dem Politischen Wie ihre Mitkämpferin Judith Butler ist Laurie Penny eine Art Jeanne d’Arc des feministischen Schlachtrufs. Allerdings kommt sie nicht von der Universität, sondern von der Straße und aus der Subkultur. Ohne Umschweife macht sie zu Beginn von „Unsagbare Dinge“ klar: „Als Leitfaden zum Glück in einer abgefuckten Welt taugt diese Buch nicht!“ Es ist viel besser – es ist Kriegsbericht, Weckruf, Solidaritätsbekundung, Zündstoff, Bekennerschreiben und ein brilliantes Plädoyer für einen neuen Feminismus. Es ist ein wütender und wortgewaltiger Rundumund Befreiungsschlag, eine faszinierende und hervorragend informierte Demaskierung der Mechanismen, Strategien und Methoden des neoliberalen, kapitalistischen Patriarchats.
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Dieses Buch macht den Kopf frei. Penny ist eine auf der Höhe der Zeit denkende Humanistin und eine wunderbare Spielverderberin, die keine Gefangenen macht, wenn es um die Themen Armut, Essstörungen, Sex arbeit, Genderidentität, Klassensystem, sexuelle Gegenrevolution, Backlash gegen den Feminismus, Geschlechterunterdrückung, Pornografie, romantische Liebe, Vergewaltigungs kultur, Internet und Cybersexismus geht. Das Persönliche ist politisch und das Politische ist sehr, sehr persönlich: Pennys Diagnosen haben ihren Ausgangspunkt oft im Autobiografischen, im „intimen Territorium des Tumults“. Bei ihr treffen sich Herz und Konsequenz. // Egbert Hörmann
Laurie Penny: „Unsagbare Dinge – Sex, Lügen und Revolution“ Nautilus 283 Seiten 16,90 Euro
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L-MAG ARCHIV
Das wahre Knastleben Die Geschichte hinter der US-Serie „Orange is the New Black“ Junge Frau aus gutem Hause verliebt sich in Drogenkurierin, schmuggelt für sie einen Geldkoffer und landet zehn Jahre später dafür im Knast. Dank der US-Serie „Orange is the New Black“ ist Piper Kermans Geschichte längst weltweit bekannt. Jetzt ist auch ihr Buch, welches der Serie zugrunde liegt, auf Deutsch erschienen. Ihre Erinnerungen an 13 Monate Haft schrieb die New Yorkerin auf, um mit den gängigen Knast-Klischees – brutale Hölle oder All-inclusive-Hotel – aufzuräumen und das US-Gefängnissystem anzuprangern, das die Häftlinge weitgehend sich selbst überlässt. Kermans „Prison Camp“ wirkt wie ein desolates Schullandheim, in dem die – überwiegend nichtweißen – Knackis unerwartet freundlich und solidarisch zusammenleben. Was jedoch auch an einer privilegierten Insassin wie Kerman (sie hat Geld, einen Anwalt, ein soziales Netz und einen Job außerhalb der Gefängnismauern) zehrt, sind Langeweile, fehlende Privatsphäre, klein karierte Officer, die vielen Regeln und eine undurchsichtige Bürokratie: „Man fühlt sich vollkommen machtlos, verletzlich und allein.“ Eine Fortführung der Serie ist das Buch nicht: Kermans echte Knastschwestern dienten, von einigen Spitznamen und bio grafischen Details abgesehen, nur als lose
Vorbilder für die TV-Figuren. Und wer auf Lesbensex hofft, wird gänzlich enttäuscht: homophobes Personal, ein striktes Berührungsverbot und nur harmlose „Mädchenschwärmereien“ – mehr erfahren wir nicht. Wobei Kerman da keine Expertin ist. Sie hielt sich alle Flirtversuche vom Leibe und verschwieg ihre lesbische Vergangenheit. Für sie gab es und gibt es nur noch Larry, ihren heutigen Mann. Da ist von ihrer Ex mehr zu erwarten. Katherine Cleary Wolters, die sechs Jahre absaß (anders als „Alex“ in der Serie aber nur wenige Wochen mit Kerman) und in Interviews bereits freimütig von ihren „Knast-Ehefrauen“ erzählte, veröffentlicht ihre Memoiren im Mai. // Karin Schupp
L-MAG hat Sammlerwert Vervollständige deine Kollektion mit früheren Ausgaben von Deutschlands Magazin für Lesben. Jetzt nur 2,50 Euro pro Stück. Gleich bestellen, bevor sie endgültig vergriffen sind.
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Piper Kerman: „Orange is the New Black. Mein Jahr im Frauenknast“ rororo 374 Seiten 9,99 Euro 1/15
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Liebesroman zum Träumen
[Foto: Deborah Moses-Sanks]
Eine intensive Liebesgeschichte der Nach-Wende-Zeit In Berlin kurz nach der Maueröffnung begegnen und verlieben sich die so unterschiedlichen Frauen Doreen und Paula. Sie erfahren Annäherung und Liebe, aber auch Entfremdung und Distanz. Eingebettet in eine Zeit der Umbrüche und neuer Eindrücke folgt „Orangenduft und Saxophon“ den beiden Frauen in ihre Gefühlswelt und das sinnliche Erleben ihrer Beziehung. Ist es zu Beginn fast nur das Entdecken und Genießen der anderen und des Zusammenseins, so fallen mit der Zeit auch Schatten auf das Glück. Es folgen die Trennung und Geschichten mit anderen Frauen. Doch die beiden begegnen sich immer wieder, nähern sich an und werden Freundinnen. Bis eines Tages etwas ihr Leben verändert. Von da an träumen sich Elo van Vescas Protagonistinnen in andere Welten. Durch die bildgewaltige Sprache des Romans vermischen sich beständig Fantasie und Realität. Für Leserinnen, die einen roten Faden in einer
Geschichte schätzen, ist dies zuweilen schwer verdaulich. Oft weiß man nicht, was wirklich geschieht, und was nur in den Köpfen der Romanfiguren stattfindet. Dabei bleibt vieles Beschreibung und einiges einfach der Fantasie der Leserin überlassen. Wer sich beim Lesen einfach mit dem Strom treiben lassen will, wird diesen poetischen Roman genießen. // Claudia Lindner
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B E S T E L LC O U P O N Coupon und 5,- Euro in bar (nur Inland) für zwei Hefte senden an: Special Media SDL GmbH, Ritterstraße 3, 10969 Berlin Ich bestelle L-MAG Nr.:
Elo van Vesca: „Orangenduft und Saxophon editon bodoni 150 Seiten 12 Euro
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5,- Euro für jeweils zwei Hefte habe ich beigelegt Auslandsbestellung: 5,- Euro Portokosten habe ich beigelegt
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COMMUNITY
Licht aus für die letzte
Lesbenbar
In den 20er Jahren gab es hunderte Homobars und Clubs in Berlin. Noch vor 25 Jahren waren es dutzende Treffpunkte für Lesben. Mit der Serene Bar schließt die Letzte ihrer Art in Berlin
Die Serene Bar liegt im gemütlichen Bergmannkiez in Berlin-Kreuzberg. Von außen sieht die Bar unscheinbar aus, doch kaum ist man eingetreten, umfängt einen eine Traumwelt. Sanftes Licht, alles ist in Rot gehalten. Die Atmosphäre ist entspannt, aber prickelnd. Das Herz des Raumes bildet ein langgestreckter Tresen, rechter Hand liegt eine Tanzfläche. Die Serene Bar ist ein Club in Miniaturformat und die legendäre „Girls’ Dance“-Party am Samstag ist das Baby von Mona Mauritz, einer Vollblutgastronomin. Als Mona den Laden von einem Freund übernahm, war er ganz und gar keine Lesbenbar. Alles fing mit 74
einem Tag für lesbische Gäste an. Kurios: heute hat die Bar, außer für Sonderveranstaltungen, ausschließlich am lesbischen Samstag geöffnet! Über dem ziegelroten Tresen tanzen faustgroße Leuchtfaserkugeln. Mona greift hinter sich ins Regal: Gin, Kirschlikör, Bénédictine, Cointreau, sie gibt frisch gepressten Zitronensaft, einen Spritzer Angostura, Ananassaft und ein paar Eiswürfeln in einen EdelstahlShaker und schüttelt ihn. „Serene. Den Namen habe ich ganz bewusst ausgesucht. ,Serenity‘ bedeutet ,heitere Gelassenheit‘ und dazu passt eben auch das Interieur. Ich liebe das Styling! Es ist so schön!“ Mona
[Foto: Tanja Schnitzler]
Noch kann Barbesitzerin Mona Mauritz gelassen am Tresen ihrer Bar stehen. Ende des Jahres ist es dann aus und vorbei
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gibt den Inhalt des Shakers durch das Barsieb in zwei große Cocktailgläser, steckt Ananasscheiben an die Glasränder und lässt lächelnd je eine Cocktailkirsche und zwei Trinkhalme ins Glas gleiten. Dann stellt sie die fertigen Singapur Slings auf Cocktailservietten vor zwei plaudernde Frauen um die vierzig, ganz sicher Stammgäste.
Einziger Club für Lesben am Samstag Mona Mauritz stammt ursprünglich aus Mannheim, aber sie lebt schon eine halbe Ewigkeit in Berlin. Sie schätzt die Stadt, weil es hier freier zugeht als im Kleinstadtmilieu, und auch weil es spannend ist, neben ihren geliebten Stammgästen Frauen aus aller Welt zu Gast zu haben. Die Serene Bar ist in Berlin sozusagen „der letzte Mohikaner“, der einzige Club der Stadt, der am heiligen Samstag der Damenwelt huldigt. „Letzte Woche habe ich mit ein paar Frauen aus Australien gesprochen und mit einigen aus Istanbul, es ist so aufregend, was sie zu erzählen haben!“ Die Serene zu besuchen ist Kult; manch eine kommt wegen Monas tollen Cocktails, andere wegen des Tischkickers am Eingang, aber alle kommen wegen der Atmosphäre. Denn egal welche DJ auflegt, hier kann man tanzen und plaudern, was in Berlin selten ist. In den meisten Clubs ist es zu laut für ein Gespräch, und die Bars sind an den Wochenenden viel zu voll, um zu tanzen. Tanzen und plaudern, die Verbindung von beidem hat an diesem Standort in Kreuzberg Tradition. Einst gab es hier in denselben Räumen das Friesenschlösschen, ein Tanzlokal mit guter Küche, gepflegten Bieren und Life-Bands. Mona streicht sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Im Keller kann man noch die Überreste der Kegelbahn sehen!“ Ja, Kreuzberger Nächte sind und waren lang, und nebenan, wo heute eine Galerie ist, da gab es in den wilden Zwanzigerjahren das F 13, eine tolle Homobar, in Insiderkrisen auch Schnurrbartdiele genannt. Das Friesenschlösschen brannte schließlich ab, und heute ist das Laden lokal unterteilt. Vorn an der Friesenstraße gibt es in einer Trattoria nun gute Küche und im separaten hinteren Teil bei Mona gepflegte Getränke und Tanz. „Viele Frauen denken, dass mit Serene eine Meerjungfrau gemeint ist, das finde ich auch okay!“ sagt Mona und blickt auf die gut gefüllte Tanzfläche. DJ Marsmädchen hat das Gefühl für tanzbare Rhythmen. Mona lacht. „Am meisten Freude macht es mir, dass sich hier schon so viele Frauen kennengelernt und gefunden haben, viele von ihnen sind noch immer zusammen.“ Doch dann ist Monas Lachen plötzlich wie fortgewischt. „Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass es all das hier bald nicht mehr geben wird.“
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Gentrifizierung schluckt die Szene Es ist erst ein paar Wochen her, plötzlich stand er da, der gutaus sehende Mann Mitte zwanzig. Er stellte sich als neuer Hausbesitzer vor und erklärte ohne mit der Wimper zu zucken, dass es jetzt mit der Bar aus sei, denn er habe vor hier luxuszusanieren. Tja, und darum wird sich die Serene Bar nun im nächsten Jahr in teure Wohnungen mit reizenden Vorgärtchen verwandeln. Mona seufzt: „Einige der Stammgäste haben damit irgendwie schon gerechnet, als hier gegenüber plötzlich dieser gediegene Neubaukomplex hingesetzt wurde. Die meinten: ,Mensch Mona, das bleibt bestimmt nicht ohne Folgen, die Straße hier wird jetzt schick’.“ Und nun ist es soweit, die Gentrifizierung vertreibt die letzte regelmäßig geöffnete Lesbenbar Berlins aus ihrem angestammten Umfeld. Bis Silvester hat Mona noch Schonfrist bekommen, aber dann ist es definitiv aus und vorbei. „Ich versuche, die Zeit bis dahin noch zu genießen, aber wo der Weg hingeht? Ich weiß es einfach nicht!“ Aufmerksam nimmt Mona eine neue Bestellung entgegen, dann dreht sie sich um und zwinkert: „Aber, weißt du was? Ich vertraue darauf, dass etwas Neues auf mich zukommt!“ // Lena Braun
Serene Bar, Schwiebusser Straße 2, Berlin-Kreuzberg, www.serenebar.de L-MAG
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HEIM & HERD
Janine ist eine von 20 Mitarbeitenden und liebt ihren Job wegen der fairen Bezahlung und der Abwechslung Gründerin und Ko-Chefin Anke mit den fertigen Produkten
Al dente genießen „Wir sind gerade mitten in der TortellacciProduktion“, sagt Anke und führt uns in die Produktionshalle von Nudeln & Co im brandenburgischen Dallgow östlich von Berlin. Es ist erst neun Uhr morgens und die Tortellini sind schon alle fertig gefaltet und im Kühlhaus gelagert. Nun sind die etwa viermal so großen Tortellacci dran. Sechs Hände ziehen jeweils eine Teiglage durchs Eigelb, werfen dann die getränkten Teiglappen auf eine mehlige Arbeitsfläche, danach wird die Füllung zu einer golfballgroßen Kugel geformt, und eh man sich versieht, falten sechs 76
flinke Hände die Füllung und den Teig zu einer perfekten Teigtasche zusammen. „Wir produzieren italienische Pasta, Pesti und auch schwäbische Maultaschen“, erzählt die Geschäftsführerin und Gründerin Anke Fischer. „Auf dem Markt verkaufen wir auch Käse, Öl und Balsamico di Modena, aber das wird angekauft. Der Parmesankäse kommt in großen Laiben aus Italien“, erklärt sie weiter. Vor etwa 20 Jahren beschloss sie mit ihrer damaligen Partnerin, dem heutigen Transmann Carl, sich mit Nudeln selbstständig zu machen. Sie arbeiteten damals in einer
Bäckerei in Berlin. Anke ist gelernte Bäckerin und wollte auf Vollkornbrot umsatteln. So experimentieren die beiden Mitte der 90er Jahre zunächst mit einer kleinen Nudel maschine in ihrer Küche. Als die innerstädtischen Produktionsräume zu klein wurden, zogen sie nach Dallgow, einem kleinen Dorf östlich von Berlin.
Coming-out am Nudelholz Heute leiten Anke und Carl einen Betrieb mit 20 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die
[Fotos: Anika Büssemeier]
In dem kleinen Pferdedorf Dallgow bei Berlin werden liebevoll handgemachte Nudeln und Pesti hergestellt. L-MAG entdeckte den Betrieb mit vielen lesbischen Mitarbeiterinnen auf einem Wochenmarkt in Berlin
L-MAG
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ÜBERBACKENE TRONCHI IN WEISSWEIN Carl beim Zubereiten der großen gefüllten Teigrollen – der Tronchi
(für 2 Personen) Zutaten: 4 Tronchi 250ml Sahne 10–12 Cocktailtomaten 1/4 bis 1/2 Liter Weißwein (trocken) 200 g Parmesan, gerieben etwas Olivenöl Zubereitung : Die Tronchi in eine gefettete Auflaufform legen. Die Cocktailtomaten halbieren und auf den Tronchi verteilen. Danach die Form mit Sahne und Weißwein auffüllen, bis die Tronchi bedeckt sind. Das Ganze mit geriebenem Parmesan bestreuen und im vorgeheizten Backofen bei 180° circa 30 Minuten backen. Guten Appetit!
mehrheitlich lesbisch sind – vereinzelt auch schwul oder hetero. Janine, eine beein druckend große, bunt tätowierte Mitarbeiterin, wirbelt scherzend und lachend hinter der Spülmaschine hervor. „Klar, jetzt könnt ihr mich ruhig outen“, scherzt sie ausgelassen. Als sie vor sechs Jahren bei Nudel & Co anfing, wusste sie noch nichts von ihrer lesbischen Identität, mittlerweile ist sie mit ihrer Frau glücklich verpartnert. Die gelernte Bürokauffrau schätzt an dem Betrieb nicht nur das lockere, offene Klima, sondern auch die fairen Arbeitsbedingungen. „Mein Lohn ist viel höher als früher und die Arbeit viel abwechslungsreicher als im Büro“. Dienstags und mittwochs wird bei Nudel & Co in der Produktionsstätte gerollt, gemischt und geknetet, von Donnerstag bis Samstag stehen die Mitarbeiterinnen auf den Marktplätzen, um möglichst alle frischen Nudelwaren zu verkaufen. „Was übrig bleibt, dürfen wir selbst mit nach Hause nehmen“, sagt eine L-MAG
andere Mitarbeiterin, die mittlerweile mit einem Tronco beschäftigt ist, einer riesigen Teigrolle, die vor dem Verzehr in Scheiben geschnitten wird. Auf einem Teigabschnitt verteilt sie grüne Masse, danach rote: „Das ist die Rote-Beete-Füllung“, erklärt sie.
Familienbetrieb Viel bleibt für den Eigenverbrauch nach dem Verkauf nicht übrig, da die ökologische Pasta auf den Wochenmärkten sehr gut ankommt. „Wir haben sogar Stammkundinnen, die seit 18 Jahren jede Woche bei uns einkaufen!“, staunt Anke mit großen Augen, als könne sie es selbst kaum glauben. Die Atmosphäre ist wie in einem Familienbetrieb, in den Pausen wird gemeinsam gegessen und geraucht. Im vorderen Hausteil haben die Hunde einen Raum, oben ist das Büro von Anke und Carl, um nicht zu sagen von „Mama und Papa“ des Teams. Das Gründungspaar ist für die Organi-
sation und Koordination der verschiedenen Produktionsprozesse zuständig. Doch sie stehen auch selbst an der Teigmaschine und kneten die Füllungen. „Bald ist wieder Bärlauchzeit“, sagt Anke. Dann werden wieder Tortellacci, Crespelle, Gnocchi und Pesti mit frischem Bärlauch produziert. Alle Kräuter und Rohstoffe sind bio und kommen aus ökologischer Landwirtschaft aus der Region. Nur der Parmesankäse und die Öle werden aus Italien importiert. Den Unterschied zu industriell gefertigten Pasta-Arten sieht und schmeckt man. Ideal sind die frischen Nudeln für besondere Kochabende zuhause. Ohne lange Zubereitungszeit kann man sich schnell und einfach den Geschmack eines 5 SterneRestaurants auf den heimischen Esstisch zaubern. // Ruth Wolter
www.frischenudelberlin.de 77
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EROTIK
Die inneren Werte Nicht immer sieht man Sextoys ihre wahren Stärken an – der L-MAG-Test offenbart einige Überraschungen
Kleine Rennmaus Wer sich gelegentlich in den noch nicht komplett kommerzialisierten Ecken des Internets herumtreibt, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit schon einmal auf den ziemlich abseitigen Gerbil-Fetisch gestoßen: Der Legende nach führen sich Menschen ein kleines Nagetier, wie eine Rennmaus oder einen Hamster, in eine Körperöffnung ein, um sich an den Zuckungen der mit dem Tode kämpfenden Kreatur sexuell zu ergötzen. Laut Internet-Sexperten gilt das sogenannte „Gerbiling“ mittlerweile als urbane Legende. Wer allerdings tatsächlich das Bedürfnis verspürt, sich zuckende, mausgroße Gegenstände zu sexuellen Zwecken in die Vagina einzuführen, dürfte mit Hula Beads von Lelo bestens bedient sein. Es handelt sich um einen neuartigen Vibrator mit Fernbedienung. Er besteht aus einem vibrierenden Körper mit einem rotierenden Kopf und kann entweder komplett eingeführt werden oder er liegt mit dem größeren Teil auf Klitoris und Schamlippen auf und stimuliert mit dem Kopf den G-Spot. Hula Beads vibriert in acht einigermaßen kräftigen Modi, davon zwei mit „SenseMotion“-Funktion, das heißt die Intensität der Vibration ändert sich je nachdem wie man die Fernbedienung schwenkt. Hula Beads sind wasserdicht und relativ leise.
Doppelte Freude Die B Balls von Fun Factory sind eine Mischung aus Analkette und Analplug und bestehen aus zwei unterschiedlich großen, miteinander verbundenen Kugeln. In ihrem Inneren befinden sich weitere Kugeln, die bei jeder Bewegung rotieren und so ein leicht bassiges Schwingen erzeugen. Auf der Fun Factory-Webseite findet sich der, bei genauerer Hinsicht, etwas kryptische Hinweis „Ideal auch für Paare“ – was konkret nun an einem Ein-Personen-Anal-Toy besonders ideal für romantische Zweierbeziehungen sein soll, verrät der Werbetext leider nicht. Vielleicht sind Paare mit einem bällchen-gefüllten Anus entspannter und streiten deswegen seltener? Halten Ehen, in denen B Balls getragen werden länger? Sollte der Besitz von Analbällchen beim Ehegattensplitting steuerlich begünstigt werden? Wir konnten die Langzeitwirkungen auf romantische Paarkonstellationen leider nicht untersuchen, kurzfristig gilt jedoch: Wer Toys gemeinsam verwenden möchte, sollte sie zwischendurch reinigen oder Kondome verwenden.
FAZIT: Definitiv eine völlig neue Masturbationserfahrung und ein wichtiger Beitrag zur Rettung der Rennmäuse.
FAZIT: Die B Balls sind abwaschbar, wasserfest und eher für erfahrene Analspielerinnen geeignet.
Lelo – Hula Beads Hersteller: Lelo Preis: 129 Euro Maße: ca. 10 cm lang, 3,8 bzw. 3,6 cm Durchmesser Material: Silikon, Plastik Farbe: türkis, pink oder schwarz
Fun Factory – B Balls Hersteller: Fun Factory Preis: 29,50 Euro Maße: 3,2 cm und 3,6 cm Durchmesser Material: Silikon, ASB-Kunststoff Farbe: schwarz/rot oder weiß/violett
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REISEMARKT
Orgasmusgarantie Mona Wave ist ebenfalls ein neuartiger Vibrator aus dem Hause Lelo. Auf den ersten Blick sieht Mona aus wie ein relativ gewöhnlicher G-Spot-Vibrator, einmal angeschaltet entpuppt sie sich jedoch als nahezu vollautomatische Masturbations maschine. Mona vibriert nicht nur in zehn verschiedenen Rhythmen, sie bewegt und krümmt sich, ähnlich wie ein außergewöhnlich dicker menschlicher Finger. Mona ist wasserdicht, hat einen Akku, der circa zwei Stunden lang mitspielt, und ist leider relativ laut. Der Slogan „The Orgasm to end all Orgasms“ klingt zwar eher wie eine Morddrohung denn wie ein Produktversprechen. Eine spannende neue Idee, die geneigten Onanistinnen zahlreiche kleine Tode bescheren wird, ist Mona allemal.
FAZIT: Ideal für faule Masturbandinnen und Karpal tunnel-Geschädigte. Lelo – Mona Wave Hersteller: Lelo Preis: 139 Euro Maße: ca. 11 cm lang Material: Silikon Farbe: schwarz, blau oder rosé
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Frühlingsgefühle Joystick Spring Comfort ist ein leicht geschwungener Stabvibrator, der wasserdicht und batteriebetrieben in vier Intensitäten vibriert. Er hat eine angenehm weiche Oberfläche. Jedoch könnte die Vibrationsübertragung auf die Spitze noch ein wenig optimiert werden. Zwar kommt der Joystick ästhetisch nicht ganz an Designervibratoren heran, für seine Preisklasse ist er allerdings grund solide – und abgesehen davon sieht man die guten Stücke im Einsatz ja sowieso nicht. Außerdem besticht die Joydivision-Webseite mit Produktbeschreibungen von fast lyrischer Schönheit: „Joystick Spring lässt die Damen auf dem Weg zum Höhepunkt von innen aufblühen“.
FAZIT: Frühlingsgefühle für den kleinen Geldbeutel. Joydivision – Joystick Spring Comfort Hersteller: Joydivision Preis: ca. 32 Euro Maße: 16,5 cm lang, 3,8 cm Durchmesser Material: Silikon Farbe: brombeer, flieder oder orange
L-MAG
// Texte: kk
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KLATSCH
VON KARIN SCHUPP
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Weil’s in der letzten Zeit wohl nicht genug Promi-Skandale gab, setzten die Klatsch medien halt selbst ein paar Gerüchte in die Welt oder wärmten alten Tratsch neu auf: Hoch im Kurs steht immer noch die ange bliche Ehekrise von Ellen DeGeneres und Portia de Rossi, deren Scheidung längst im Gange sein soll – ungeachtet dessen, dass sie überall fröhlich zu zweit auftauchen: das sei pure Fassade. Dass Kristen Stewart und Alicia Cargile mehr als nur Freundinnen und Mitbewohnerinnen sind, ist zwar tatsächlich nicht unwahrscheinlich, aber eine Hochzeit, über die einige Webseiten spekulieren, wage ich schwer zu bezweifeln. Neu im L-Beziehungskarussell: „Orange is the New Black“-Star TAYLO R S C H I L L I N G [ 1 ] (Piper), bisher nicht als lesbisch oder bi bekannt, soll mit C A R R I E B R O W N S T E I N 80
[ 2 ] zusammen sein. Die bisexuelle Schauspielerin („Transparent“) und Gitarristin von Sleater-Kinney wurde kürzlich noch mit der frisch gebackenen Grammy-Gewinnerin St. Vincent in Verbindung gebracht. Die wiederum techtelt aktuell – und das stimmt offenbar! – mit Topmodel und Schauspielerin Cara Delevingne (ab 21. Mai in „Die Augen des Engels“ im Kino). Als Ex-„Akte X“-Star Gillian Anderson 2012 verriet, dass sie früher „einige Beziehungen mit Frauen“ gehabt habe, war sie ja noch heterosexuell liiert. Jetzt aber ist sie schon seit einiger Zeit Single und durchaus auch für weibliche Avancen offen: „Ich würde es nicht ausschließen“, sagte sie dem Telegraph. „Für mich geht es in einer Beziehung um die Liebe zu einem Menschen; ihr Geschlecht ist irrelevant.“ Aber bitte nur ernst gemeinte
Bewerbungen: Für die zweifach geschiedene Mutter von drei Kindern heißt es „the One“ oder keine! U L R I K E F O L K E R T S [ 3 ] , die leider lieber der Bild am Sonntag Interviews gibt als uns, verriet dort, dass ihr – seinerzeit von der Springer-Presse forciertes – Coming-out 1999 der „größte Einschnitt“ in ihrem Leben war: „Wie so ein großes Geheimnis, das ich damals gern für mich behalten hätte.“ Aber – puh! – es war dann doch nicht so schlimm: „Heute kann ich sicher sagen, ich habe diesen Umbruch gemeistert und bin daraus ganz gut hervorgegangen.“ Wo kann ich eigentlich die Petition unterschreiben, die britische Krimiserie „Heißer Verdacht“ (1991-2006) wieder aufleben zu lassen? Wenn es nach Oscar-Gewinnerin Helen Mirren ginge, die damals die HauptL-MAG
[Fotos: Christiane Pausch, imago/Future Image, imago stock&people(4), imago/APress]
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AKTUELLE PROMI-NEWS: K-WORD DIE KLATSCH-KOLUMNE VON KARIN SCHUPP Jeden Freitag auf www.l-mag.de
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4 rolle spielte, wäre die schroffe Kommissarin Jane Tenninson heute nämlich lesbisch. „Sie ist eine Lesbe und lebt mit ihrer sehr attraktiven Partnerin zusammen“, war sich die Oscar-Gewinnerin in einem Interview sicher. „Sie hat mit dem Trinken aufgehört und macht Yoga.“ Angel McCoughtry (Atlanta Dream), eine der erfolgreichsten Basketball-Profis der USA und amtierende Weltmeisterin mit dem USNationalteam, hatte ihr Coming-out. Anfang April postete sie auf Instagram ein Foto von sich und ihrer Verlobten und schrieb darunter: „Wir wurden diskriminiert! Wir verloren Freunde! Verwandte sind aufgebracht!“ Zudem habe ihr letzter Auslands-Club von ihr verlangt, ihre Beziehung öffentlich zu verleugnen – gemeint ist wohl Fenerbahçe Istanbul: dort wurde ihr Vertrag im Februar vorzeitig aufgelöst. Aber: „Je mehr ich zu Gott spreche, desto weniger fühlte ich mich vom dem Mann da oben verurteilt! Liebe ist ein großartiges Gefühl!“ Im US-Fernsehen läuft im Mai der TV-Film „Bessie“ mit Queen Latifah als die legendäre bisexuelle Bluessängerin Bessie Smith und Oscar-Gewinnerin Mo’Nique („Precious“) als „Mutter des Blues“ Ma Rainey, die eine ihrer Affären war. Latifah, die vor der Kamera ja nicht so zurückhaltend ist wie privat – sie L-MAG
spielte schon in „Set it Off“ (1996) eine Lesbe –, produzierte „Bessie“ selbst und engagierte mit DEE REES [4] („Pariah“) eine lesbische Regisseurin. Wir hingegen haben im Hauptabendprogramm derzeit nur Knastlesbe Chris (Claudia Gaebel) in der RTLFrauenknastserie „Block B“ (siehe Seite 28) und müssen um eine zweite Staffel bangen: die Einschaltquoten sind nämlich nicht besonders gut. Ebenfalls nur mittelgut läuft in den USA die neue lesbische Sitcom „One Big Happy“. Leider nicht zu Unrecht: die von Ellen De Generes produzierte Serie ist nämlich nicht besonders lustig. Schade, wo doch Hauptfigur Lizzy nicht, wie befürchtet, nur auf dem Papier lesbisch ist – in den ersten Folgen tauchten schon eine Ex und ein Flirt auf –, und Darstellerin ELISHA CUTHBERT [5] („24“) sich, wie Instagram-Fotos beweisen, von Expertinnen wie Kate Moennig und Leisha Hailey ins Thema einführen ließ. Da hätten sie wohl mal besser gleich Leisha gecastet! Die ist übrigens gerade im Video zu J E N N I F E R H U D S O N S [ 6 ] Song „I Still Love You“ zu sehen. Und noch mal Blues und bi: Oscar- und Grammy-Gewinnerin Hudson („Dreamgirls“) spielt ab Herbst im BroadwayMusical „Die Farbe Lila“ die bisexuelle Bluessängerin Shug Avery. 81
*82 Horoskop_00 Editorial Relaunch : Vorlage allgemein 13.04.15 12:06 Seite 82
HOROSKOP
Silvia Neid (Stier), geboren am 2. Mai 1964 in Walldürn (B-W), Ex-Fußballerin, seit 2005 Trainerin des deutschen Frauen-Nationalteams
VON THOMAS SCHNEIDER
WIDDER 21.3.–20.4.
STIER 21.4.–20.5. In Liebesangelegenheiten kann es Ende des Monats heiß hergehen, Gefühle und Geheimnisse können explodieren. Das kann von Vorteil sein, wenn es gilt, Festgefahrenes aufzulösen und die Karten in Sachen Beziehung nochmal neu zu mischen. Es geht auch um Ernsthaftigkeit. Keine Zeit für Spielchen, und auch Flirts haben es eher schwer, da Leichtigkeit gerade nicht verstanden wird.
ZWILLINGE 21.5.–21.6. Die vielen Planeten, die in dein Zeichen wandern, geben dir sehr viel Kraft. Leider wachsen auch die Widerstände, die auf dich zukommen. Deine Haltung wird entscheiden. Wenn es dir gelingt, deinen Humor, deine Leichtigkeit, dein Lachen nicht zu verlieren – also deine Souveränität zu bewahren – wirst du am Ende die Punkte machen können. Leider liegt auch Betrug in der Luft, also schön wachsam bleiben!
KREBS 22.6.–22.7. Im Mai heißt es Kuscheln und sich allem zuzuwenden, was du liebst und schön findest. Versuche, dir Freiräume zu schaffen, um diesen „Dingen“ und natürlich auch Menschen nachzugehen. Sich dem Schönen und Guten hingeben ist die Devise des Monats, ohne Rücksicht auf die Effizienz und darauf, was es dir im Leben „bringt“. Dann kannst du gestärkt in den Juni gehen und den Alltag wieder besser bewältigen.
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sens, einen Kompromiss oder einen Bruch bedeutet. Wie auch immer – so oder so – es wird zu Ende verhandelt, was dich frei macht für neue Lebensabschnitte!
SCHÜTZE 23.11.–21.12.
LÖWE 23.7.–23.8. Im Mai geht es darum, sich nicht verwirren zu lassen und allem faulen Zauber gegenüber kühl zu bleiben. Ab Juni gibt es dann einen Themenwechsel: Venus kommt in dein Zeichen, es geht darum, Sinnliches zu erleben. Liebe, Kunst, Schönheit, Wahrheit sind die Themen, die dich suchen werden. Müßiggang und Kontemplation sind der Weg dorthin, Entspannung und Offenheit macht das Genießen erst möglich!
JUNGFRAU 24.8.–23.9. Nun ist es an der Zeit, zu deinem Wort zu stehen. Trotzdem solltest du unbedingt das Kleingedruckte lesen oder das, was zwischen den Zeilen gesagt wird. Hol auch Rat von Freundinnen und Expertinnen ein. Es lohnt sich gründlich zu sein, bevor du dich auf etwas einlässt. Wenn das getan ist, heißt es, Nägel mit Köpfen zu machen.
WAAGE 24.9.–23.10. Die Entspannungstendenzen, die schon im Frühjahr begonnen haben, setzen sich weiter fort. Unangenehme Dinge kommen nun zu einem Ende. Die Liebe und die Harmonie sind dein großes Thema, deine große Sehnsucht. Durch günstige Aspekte solltest du jetzt in Partnerschaften Farbe bekennen, zu deiner Frau stehen oder Gesicht zeigen bei einer Eroberung!
SKORPION 24.10.–22.11. Machtkämpfe, die in den vergangenen Monaten nochmal aufgeflackert sind, kommen nun zu einem Ende. Es liegt sehr stark an dir, ob dieses Ende einen Kon-
Die Zeit ist von großer Ernsthaftigkeit geprägt. Schummeleien, Halbherzigkeiten, Verdrängungen, Verschiebungen – all das hat keinen Erfolg in der nächsten Zeit. Auch über diese zwei Monate hinaus nicht. Aber alles, was du ernst nimmst und ernst meinst, hat großen und langfristigen Effekt. Durch einen Venus-Aspekt heißt es also in diesem Frühsommer, mit der Liebe Ernst zu machen!
STEINBOCK 22.12.–20.1. In privaten wie beruflichen Angelegenheiten solltest du dich nur auf Dinge, Menschen und Gefühle ein lassen, zu denen du auch stehst, die du voll und ganz vertreten kannst. Dann, wenn das für dich geklärt ist, solltest du dich aber auch mit Feuereifer in diese Beziehungen und Positionen stürzen und sie durchkämpfen.
WASSERMANN 21.1.–19.2. Die Zeit der großen Würfe und Höhenflüge ist noch nicht vorbei. Anfang Mai und Ende Juni stehen die Zeichen auf Sturm. Es ist viel möglich, all das, was man sich unter Berücksichtigung der Realität auch zutraut. Das klingt wie eine Phrase, muss aber tatsächlich ständig neu ausgelotet werden. Jetzt heißt es, sich soweit nach oben, nach vorne zu trauen, wie es geht. Mit Blick auf die Realität!
FISCHE 20.2.–20.3. Neptun wird im Juni rückläufig und es gilt für dich nochmal, nach innen zu schauen und deinen Träumen zu folgen. Aber das sollte nicht die Hauptbeschäftigung in diesem Frühsommer sein. Vielseitigkeit und wechselnde Strategien sind die Trümpfe, die du spielen solltest. Ernsthaftigkeit in Liebesdingen, Visionen im Inneren entwickeln und das Glück solltest du ver suchen, auch wenn es nicht frei von Anfeindungen ist.
[Foto: imago/Kamerapress]
Niemand weiß so gut wie du, dass das Glück aus Mut gemacht wird. Belohnt wird nur, wer das Glück auch wagt und herausfordert. Du hast sehr viel Kraft in den kommenden Monaten und solltest diese Kraft auch einsetzen, um dir das zu holen, was du dir wünschst. Es wenigstens versuchen, heißt der Euphemismus dazu. Natürlich darfst du nicht blind werden in deinen Aktionen – eine große Widder-Gefahr! Aber wenn du mit kühlem Kopf und feurigem Herzen voranschreitest, könnte es sich lohnen!
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