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Groninger Prärie Im Norden der Niederlande befindet sich wohl eines der spannendsten und zugleich größten Projekte, das sich der gärtnerischen Interpretation der Prärie widmet. Um vielfältige Ansätze aufzeigen zu können, hat die Gartengestalterin und Gräserexpertin Lianne Pot Kollegen eingeladen, sich an diesem Thema zu beteiligen. Text: Cordula Hamann
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wischen Leeuwarden und Groningen liegen die Gärten und die Gärtnerei der Gartendesignerin Lianne Pot. Obwohl der Schwerpunkt auf Präriepflanzen und Gräsern liegt, ist schon ein Frühjahrsbesuch zu empfehlen, denn mehr als 10 000 Blumenzwiebeln – von botanischen Tulpen, über Narzissen, Zierlauch, Blaustern, Milchstern, Steppenlilie und Camassia – zeigen hier dann ihre zauberhaften Blüten und das nach den Wintermonaten lang ersehnte frische Grün. Lianne Pots eigentliche Leidenschaft gilt aber den Gräsern, die Ausgangspunkt für den Garten und die Gärtnerei waren: Sie begann Ziergräser zu sammeln, gestaltete ihren eigenen Gräsergarten und eröffnete im Jahr 2000 die Gärtnerei. Seit 2005 hält sie die nationale niederländische Sammlung von Ziergräsern mit ungefähr 300 verschiedenen Arten und Sorten.
Faszination Prärie Besuche der Präriegärten im Berggarten in Hannover und im Hermannshof in Weinheim weckten Lianne Pots Begeisterung für Präriepflanzen, die schließlich zu einer Reise nach Nordamerika führte, um vor Ort die natürliche Pflanzengesellschaft zu studieren. Was Lianne Pot faszinierte, war
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die Schönheit der Präriepflanzen, die Stabilität und das Gleichgewicht der Pflanzengesellschaft. Die Idee ließ sie nicht mehr los, einen eigenen Präriegarten anzulegen, der die verschiedenen Lebensbereiche der Prärie aufgreift, der langlebig sein soll, weder gedüngt noch bewässert werden muss, mit geringem Pflegeaufwand auskommt und dazu noch über das ganze Jahr seine Schönheit zeigt. Hohe Ansprüche, die wohl jede gute Gartengestaltung ausmachen und zugleich die Herausforderung darstellen. Auf einer Fläche von 3 500 m² zeigte sich der Präriegarten 2011 – nach nur drei Jahren – in seiner ganzen Pracht. Die circa 12 000 Stauden und Gräser, letztere machen einen Anteil von 30 bis 50 % aus, sind nicht streng nach der amerikanischen Vegetationseinheit ausgewählt und zusammengestellt worden. Die Prärie wurde als Inspiration verstanden, die in gesteigerter Form wiedergegeben wird. Ihre Leitthemen waren: rabattenähnliche Pflanzungen, in denen Gräser und mehrjährige Stauden kombiniert sind; gemischte Pflanzungen, in denen besondere Farben den Verlauf eines ganzen Gartenjahres dominieren; die Mittel- und Hochgrasprärie, die vom Frühjahr bis zum
1 Wiesenartig leicht wirkt die Kombination in rosa- und blauvioletten Farben; die aufrechten Blütenkerzen der Duftnessel (Agastache ‘Black Adder’) stehen im Kontrast zu den runden, schon welken Blüten der Indianernessel ‘Kardinal’. Den Hintergrund bilden kräftige Gruppen von leuchtendem Sonnenhut und dem aufrechten Calamagrostis x acutiflora ‘Karl Foerster’. 2 Die Gartendesignerin Lianne Pot inmitten ihrer Präriepflanzen. Zart erheben sich die schmalen Blütenkerzen von Veronicastrum virginicum ‘Lavendelturm’ und helle Rispen von Bartfaden (Penstemon digitalis ‘Husker’s Red’) über den flachen Blütenscheiben der Schafgarbe ‘Credo’.
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Spätherbst in verschiedene Farben getaucht sein sollte; der echte Präriegarten, in dem Gräser dominieren und gemischte prärieähnliche Bepflanzungen, die sich für kleine Gärten eignen. Die gestalterische Qualität zeigt sich im Präriegarten in der Kombination von Farben und Formen und in der Verwendung von Gräsern, mehrjährigen Stauden, Füllpflanzen und Frühjahrsblühern. Im hinteren Bereich des Gartens hat man von einer kleinen Anhöhe die Möglichkeit, sich einen Überblick zu verschaffen und das wogende Farben- und Formenmeer auf sich wirken zu lassen.
Gemischte Rabatten und „echte“ Prärie Die Grundform des Präriegartens erinnert an ein Eichenblatt, dessen Blattadern das Wegenetz symbolisieren, auf dem man durch den Garten flanieren kann. Die Randbereiche sind von Lianne Pot mit großen Gruppen von hohen Gräsern und kräftigen Stauden bepflanzt, die eine Art Rahmen und Kulisse für die gesamte Anlage bilden. So hat eine lange Reihe des
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Gartensandrohrs Calamagrostis × acutiflora ‘Karl Foerster’ raumbildende, lebendige und doch schlichte Wirkung. In anderen Bereichen hat sie das Gartensandrohr kombiniert mit der WaldSchmiele (Deschampsia cespitosa ‘Goldtau’), gelbem Brandkraut und der rotlaubigen Fetthenne ‘Matrona’ und bleibt damit in einem warmen Farbthema. Diese gemischte, an traditionelle Staudengärten erinnernde Bepflanzung ist der einzige Bereich, der in der Pflege aufwendiger ist, da die Pflanzen in gewissen Abständen aufgenommen und geteilt werden müssen. In dem Beet der „echten“ amerikanischen Prärie pflanzte Lianne Pot typische Gräser wie das hohe Bartgras (Andropogon gerardii), Kleines Präriegras (Schizachyrium scoparium), Goldbartgras (Sorghastrum nutans), Rutenhirse (Panicum virgatum) und Tautropfengras (Sporobolus heterolepis). Dazu gesellte sie in Habitus und Farbe einige kräftige Stauden wie Arkansas-Scheinaster (Vernonia arkansana), Präriezapfenblume (Ratibida pinnata), Seidenpflanze (Asclepias incarnata), Sonnenhüte und die aufrechte Prachtscharte (Liatris spicata).
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Farbthemen Nachdem Lianne Pot die verschiedenen Bereiche ihres Präriegartens entworfen hatte, bat sie drei andere Gartengestalter, ihre eigenen Ideen einzubringen. Patricia Stols hat sich besonderen Farben gewidmet. Im Beet mit Violett-, Blauund Rosétönen bezaubert der blasse Scheinsonnenhut (Echinacea pallida) mit seinen herunterhängenden, zarten Blütenblättern in Gemeinschaft mit Storchschnabel und Kugeldistel. Orange und feuriges Rot leuchten in einem anderen Beet um die Wette. Während im Frühjahr und Früsommer mehr lichte und warme Gelb- und Orangetöne in den Vordergrund treten – unterstützt von leuchtend orangem Island-Mohn (Papaver nudicaule), die wie zufällig eingestreut wirken – leuchten im Sommer kräftige Rottöne. Blatt und Blüten von Sedum ‘Matrona’, Indianernessel, unzählige Scheinsonnenhutsorten, rot-orange Gaillardia, rote Schafgarben oder die matt-rote Lupine ‘My Castle’ ergänzen einander. Zum Herbst, mit abgeschwächten Rot-, Gelb- und Brauntönen, sorgen Gräser mit gedeckteren Farben für eine milde
Versöhnlichkeit. Die Pflanzen sind kräftig, erreichen ein gewisses Volumen und sind doch keine „Giganten“, sodass sich dieses Thema auch in kleineren Gärten umsetzen ließe. Ob aber der wüchsige, rotlaubige Felberich (Lysimachia ciliata ‘Firecracker’) wirklich in Schach gehalten werden kann, wird sich in den folgenden Jahren noch zeigen.
Wie eine Blumenwiese Der Gartendesigner Michael King würde seine Gestaltung eher in den Bereich der wilden, aber mehrjährigen Blumenwiese ansiedeln. Alles wirkt natürlich, wie einfach mit einer großzügigen Geste ausgestreut. Es soll ein Beispiel für einen Präriegarten auf kleinem Raum sein. Dreiviertel der Pflanzen nennt er Themenpflanzen, wie die Kombination von Ehrenpreis (Veronica longifolia ‘Inspiration’), Indianernessel (Monarda ‘Scorpion’), Scheinaster (Vernonia arkansana ‘Mammuth’), Sonnenbraut (Helenium ‘Waltraud’) und Chinaschilf ‘Ghana’. Dazu kommen mit einem Anteil von 25 % sogenannte Füllpflanzen, zu denen Tulpen, Gemswurz, Prachtscharte und Tautopfen-
gras gehören. Diese Pflanzenzusammenstellung von etwa sechs bis acht Pflanzen pro Quadratmeter, die sich auf einer Fläche unregelmäßig wiederholt, bestimmt den natürlich wirkenden Charakter und die Farben eines Beetes mit rosa-roten Tönen, wobei die Sonnenbraut in Orangebraun für einen besonderen Kontrast sorgt. Es gibt keine klassische Höhenstaffelung, sondern eine natürliche, eher zufällig wirkende Anordnung wie in einer Wiese. Der Kontrast von runden oder kerzenförmigen Blüten und den Farben Violett, Blau und Gelb tritt optisch in den Vordergrund. Einen besonderen Reiz versprüht die Kombination aus Coreopsis verticillata ‘Moonbeam’, Salvia nemorosa ‘Blaukönigin’, Perovskia atriplicifolia ‘Blue Spire’, Heliopsis helianthoides ‘Asahi’ und Schizachyrum scoparium ‘The Blues’, das wie ein grünblauer Schleier wirkt. Durch die Wiederholung der Pflanzen wird ein stimmiges, harmonisches Bild geschaffen.
Gemischte Prärie Der Abstraktion der Mittel- und Hochgrasprärie Nordamerikas widmete sich der belgische Staudengärtner Jan Spruyt, der
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Präriegärten zur Besichtigung: Lianne’s Siergrassen, Jan Gosseswijk 31, NL-9367 TE De Wilp, Öffnungszeiten: 21. März bis 1. November, Do, Fr, Sa 9 bis 17 Uhr und besondere Schautage, www.siergras.nl Berggarten Hannover, Herrenhäuser Str. 4, 30419 Hannover, www.berggarten-hannover.de Schau- und Sichtungsgarten Hermannshof, Babostr. 5, 69469 Weinheim, Öffnungszeiten: Sommer täglich 10 bis 18 Uhr, Winter Mo bis Fr 10 bis 16 Uhr, www.sichtungsgartenhermannshof.de Staudengärtnerei und Schaugarten, Jan Spruyt-Van der Jeugd, Mostenveld 30, B-9255 Buggenhout, Öffnungszeiten: Fr 8 bis 15 Uhr, Sa 8 bis 12 Uhr, www.vasteplant.be
bereits mit seinem eigenen Präriegarten in Buggenhout langjährige Erfahrung sammeln konnte. Vom zeitigen Frühjahr bis zum späten Herbst zeigen sich kräftige Farben, umgeben von Gräsern, die einen Anteil von gut einem Viertel ausmachen. Mehrjährige Beet- und Präriestauden sind
3 Farbenspiel in Blau und Rot: Umgeben von Gräsern wird Phlox ‘Blue Paradise’ eingerahmt von der im Aufblühen dunklen Echinacea ‘Sundown’ und ‘Art’s Pride’. 4 Die ineinander verwobenen Blüten in Rosa bis Violett von Duft- und Indianernessel und Mädesüß (Filipendula palmata) werden aufgehellt durch das hellgelbe Trifolium ochroleuca. Das Gartensandrohr im Hintergrund bildet den Übergang in die Landschaft. 5 Echinacea pallida mit ihren schmalen blassrosa Blütenblättern verleiht der Pflanzung eine gewisse Zartheit; ergänzt von den kompakten Blüten der noch grünen Kugeldistel Echinops bannaticus ‘Taplow Blue’ und dem Blütenteppich des Storchschnabels ‘Rosemoor’.
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6 Im Frühsommer leuchtet das zarte Grün der Gräser Eragrostis und Panicum virgatum ‘Rehbraun’ zwischen gelben und roten Blüten mit Echinacea paradoxa, Fackellilien und Island-Mohn. Braunrotes Laub von Lysimachia ‘Firecracker und Sedum ‘Matrona’ setzt Akzente. 7 Kontrastreiche Formen und Farben: Das Violett von Perovskia atriplicifolia ‘Blue Spire’ und das Goldgelb von Heliopsis ‘Asahi’ werden gestützt durch das niedrige Mädchenauge in Schwefelgelb. 8 Über Stachys officinalis ‘Rosea’ schweben die Blüten von Gaura lindheimeri und Festuca mairei. 9 Duftnessel ‘Black Adder’ und Witwenblume vor Mädesüß und den noch grünen Dolden von Peucedanum verticillare.
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Der Weg zum Erfolg Das Natürliche, vermeintlich Einfache und Zufällige ist genau überlegt. Neben guten Pflanzenkenntnissen und einem Gespür für Farben und Formen sind für die Anlage und das Gelingen eines Präriegartens folgende Voraussetzungen von Bedeutung:
ein von Wurzelunkräutern freier, durchlässiger Boden. Viele Präriepflanzen gedeihen auf frischem Boden, Staunässe vertragen dagegen nur die wenigsten. Ausreichend Licht und Sonne müssen vorhanden sein und der Garten sollte mit einer 6 bis 8 cm dicken mineralischen Mulchschicht bedeckt sein, wofür sich beispielsweise Lavasplitt eignet. Diese Schicht verhindert ein zu starkes Austrocknen und macht zusätzliche Bewässerung, außer in den ersten Monaten, überflüssig. Das Auflaufen von Wildkräutern wird dadurch verringert. Dennoch muss auch der Unkrautbekämpfung – vor allem am Anfang – Zeit gewidmet werden. Ergänzungen mit Blumenzwiebeln und Begleitstauden versprechen einen längeren Blütenflor. Eine Beschreibung kann die Wirkung und Magie des Gartens nur bedingt wiedergeben. Es sei daher dringend empfohlen, ihn selbst einmal zu besuchen – und sich von dem flirrenden Farben- und Gräsermeer betören zu lassen und die Düfte, das Summen der Bienen und das Schweben der Schmetterlinge zu genießen. ❚
Gp-Verweis Prof. Cassian Schmidt: Präriemischpflanzungen auf trockenen Böden. Gp 5/2004, S. 32. Prof. Cassian Schmidt: Präriemischpflanzungen auf frischen Böden. Gp 7/2004, S. 17. Prof. Cassian Schmidt: SavannaMischpflanzungen: Präriestauden für den Gehölzrand. Gp 1/2005, S. 50. Prof. Cassian Schmidt, Bettina Jaugstetter: Pflanzenverwendung im Lurie Garden in Chicago. Gp 11/2007, S. 22.
AUTORIN
meist in Gruppen gesetzt, einige Gräser auch in geschwungenen Drifts. Eine beeindruckende Zusammenstellung ist die Kombination aus violettblaublühendem Salbei (Salvia sylvestris ‘Dear Anja’) und Duftnesseln (Agastache ‘Blue Fortune’) mit gelbgrüner Wolfsmilch und umschmeichelndem Diamant-Reitgras (Calamagrostis brachytricha). Die Farben in den großzügigen Beeten verändern sich im Laufe der Gartensaison. Im Frühjahr und Frühsommer liegt der Schwerpunkt auf Blautönen, unterstützt von Weiß, frischem Gelb von Klee (Trifolium ochroleucon) oder Grüngelb von Wolfsmilcharten wie Euphorbia wallichii. Im Sommer übernehmen dann Pfirsich, Violett und Rosa das Zepter, während es im herbstlichen Feuerwerk die Farben Gelb, Orange, Rot und Braun sind.
Cordula Hamann Gartengestalterin, Buchautorin und Leiterin von Gartenreisen
Fotos: Modeste Herwig (1, 2, 4, 7, 8), Cordula Hamann (3, 5, 6, 9)
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