THINK!

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think! Das innovationsmagazin der FH kärnten | Juni 2011

wahrnehmung

Das Innovationsmanagement bei Siemens und der Carl Zeiss AG

Apple

Der American Dream aus dem Silicon Valley

johnson & johnson

Ein Marktführer mit einem großen gesellschaftlichen Engagement

möbel für den olymp

Innovationskraft als Erfolgsrezept bei IKEA und Olympus

bayer healthcare

„Science For A Better Life“

3m

Innovation für mehr Lebensqualität

Otto bock

Ein Name der für Qualität steht

Zotter

Das Innovationsmanagement der Schokoladenmanufaktur

spezial

Kurzfassungen in Brailleschrift

Erfinderinnen im Porträt Lise Meitner Melitta Bentz Dr. Nicole Claudia Meisner Hedy Lamarr Kate Gleason


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EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser, mit dem vorliegenden Innovationsmagazin THINK! der Fachhochschule Kärnten halten Sie ein neues Magazin in Händen, welches sich mit aktuellen Themen- und Fragestellungen des Innovationsmanagements beschäftigt. Die vorliegende Ausgabe widmet sich zwei wesentlichen Faktoren für eine erfolgreiche Innovationstätigkeit – dem Faktor Mensch und dem Faktor Innovationssystem. Damit sich eine Idee zu einer erfolgreichen Innovation entwickeln kann ist, besonders in unserer hochtechnisierten und komplexen Welt, der Mensch, die innovative Persönlichkeit, zentraler Erfolgsbaustein. In dieser Ausgabe werden die Biographien, Erfolgs- und Misserfolgsgeschichten sowie die Innovationstätigkeit von sechs InnovatorInnen dargestellt. Gemeinsam ist ihnen allen, dass sie die zahlreichen Widerstände überwunden und bedingungslos an ihre Ideen geglaubt haben. Damit Innovationen nicht Zufallsprodukte von „Ausnahmepersönlichkeiten“ bleiben, kommt einer innovationsfreundlichen Organisationsform – auch als Innovationssystem bezeichnet – eine zentrale Bedeutung zu. Dazu werden die Innovationssysteme von über viele Jahre international erfolgreichen, hochinnovativen Unternehmen analysiert und gegenübergestellt. Ich danke den Studierenden des Masterstudienganges Gesundheitsmanagement für ihre engagierte Arbeit, gratuliere ihnen zu diesem Magazin und wünsche Ihnen eine spannende Lektüre und viele innovative Gedanken. Herzlichst Dr. Peter Granig

impressum Herausgeber. Studenten des FH Technikum Kärnten, Masterstudium Gesundheitsmanagement, Jahrgang 2010 • Innovationsmanagement • Leiter: Dr. Peter Granig • Mitarbeiter Redaktion: Kerstin Dörfler, Heidi Gasser, Bernadette Irnberger, Stefan Hinteregger, Viktoria Hocke, Doris Lichtenberger, Miramis Macek, Angelika Mandl, Hannes Martinz, Daniel Nedved, Christina Pichler, Sigrid Raditschnig, Manuela Reinbacher, Sarah Santer, Sabina Seidl, Bettina Slappnik, Daniela Winkler, Michaela Wegscheider • Alle Inhalte vorbehaltlich Fehler und Änderungen nach Redaktionsschluss • Grafische Gestaltung: Sigrid Raditschnig • Coverfoto: iStockphoto|MicrosoftOffice.com • Druck: Satz-& Druckteam GesmbH • Braille: Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs • THINK! dient nur zur internen FHVerwendung

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w a h r n e h m u n g S 6 – 2 9

INHALT

Das Innovationsmanagement bei Siemens und der Carl Zeiss AG

A p p l e S 3 0 – 4 4 Der American Dream aus dem Silicon Valley

j o h n s o n & j o h n s o n S 4 6 – 5 5 Ein Marktführer mit einem großen gesellschaftlichen Engagement

m ö b e l f ü r d e n o l y m p S 5 6 – 7 3 Innovationskraft als Erfolgsrezept bei IKEA und Olympus

b a y e r h e a l t h c a r e S 7 6 – 8 1 „Science For A Better Life“

3 m S 8 4 – 9 1 Innovation für mehr Lebensqualität

O t t o b o c k S 9 2 – 1 0 4 Ein Name der für Qualität steht

Z o t t e r S 1 0 6 – 1 1 8 Das Innovationsmanagement der Schokoladenmanufaktur

Erfinderinnen im Porträt

Lise Meitner

Melitta Bentz

S

S

27

45

Nicole Claudia Meisner

S

74

Hedy Lamarr

Kate Gleason

S

S

82

105 think! | 1 | 2011 | 5


i KURZFASSUNG I SIEMENS AG & CARL ZEISS AG

LISE MEITNER

Die letzten Jahre haben uns gezeigt, wie schnell Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten kommen können. Die jüngste Weltwirtschaftskrise hat zugleich viele wirtschaftliche Opfer gefordert. Zahlreiche Unternehmen konnten die Wirtschaftskrise nicht überstehen bzw. nur mit „Müh und Not“ durch staatliche Förderungen und Anreize überleben. Hingegen konnten manche Unternehmen die schwierige Zeit langfristig schadlos bewältigen. Jene Unternehmen hatten in dieser Phase ihre eigenen Strategien entwickelt, um die Krise zu überstehen. Gerade in dieser Zeit haben die Betriebe in Forschung und Entwicklung investiert und somit auf neue innovative Produkte und Prozesse gesetzt. Zwei Unternehmen mit dieser erfolgreichen Strategie sind die Siemens AG und die Carl Zeiss AG, welche die Krise erfolgreich überstanden haben und nach gelungenen Strategiemaßnahmen wieder Rekordumsätze schreiben. Bei diesen deutschen Unternehmen haben bereits die Gründer vor mehr als hundert Jahren erkannt, wie wichtig Innovationen sind. Das Innovationsmanagement der beiden Betriebe ist zwar divergent, aber beide konnten in den letzten Jahrzehnte innovative Produkte auf dem Markt bringen.

25 Jahre nach Tschernobyl und einige Wochen nach dem schweren Erdbeben in Japan, plus den daraus resultierenden Folgen des Nuklearaustrittes im Atomkraftwerk Fukushima ist die Atomenergie und deren Risiken wieder in allen unseren Köpfen. Ungeachtet der Gefahren hat die Atomenergie aber auch viele Befürworter. Anhänger dieser Energieform sind der Meinung, dass nur mit Atomstrom die Nachfrage auf dem Energiemarkt gedeckt werden kann. Die Entdeckung der Kernspaltung im letzten Jahrhundert wird daher als großer Schritt in der Wissenschaft gesehen. Neben Otto Hahn war auch eine gebürtige Österreicherin bei der Erfindung involviert: Lise Meitner, eine der bekanntesten Wissenschaftlerinnen im Bereich der Kernphysik und eine der wenigen Frauen, die sich in der „männerdominierenden“ Wissenschaft durchsetzen konnte. Sie war maßgeblich an der Entdeckung und Erforschung der Kernspaltung beteiligt. Sie arbeitete ab 1907 mit Otto Hahn zusammen, mit dem sie 1917 das Element Protactinium entdeckte. Allein Lise Meitner erkannte die Tragweite jener Experimente mit Uran, deren Resultate sie als die Spaltung der Atomkerne verstand. 1939 lieferte sie zusammen mit Otto Robert Frisch die erste physikalisch-theoretische Erklärung der Kernspaltung, die ihr Kollege Otto Hahn und dessen Assistent Fritz Straßmann am 1938 entdeckt und mit radiochemischen Methoden nachgewiesen hatten.

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WAHRNEHMUNG

Von Stefan Hinteregger, Hannes Martinz und Daniela Winkler.

Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen; sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem endlosen Meer. Antoine de Saint-ExupÊry

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i Erleuchtung I D a s I n n o v a t i o n s m a n a g e m e n t d e r S i e m e n s AG Ein effektiver und effizienter Innovationsprozess ist entscheidend für den Erfolg von verbesserten und neuen Produkten, denn er verspricht sowohl eine schnelle und kostengünstige Schaffung von Gütern und Dienstleistungen als auch deren Durchbruch am Markt (5). Im folgenden Abschnitt wird das Innovationsmanagement der Siemens AG vorgestellt - ein Unternehmen, dessen Geschichte durch Innovationen geprägt ist und dessen Gründer Werner von Siemens seine Produkte auch perfekt kommerziell zu nutzen verstand. Im Unterschied zu anderen Forschern seiner Zeit erkannte er das enorme Geschäftspotential seiner Erfindungen und ließ sie sich auch dementsprechend patentieren. Er begeisterte seine Kunden, motivierte seine Mitarbeiter und setzte schon früh auf Internationalisierung (6). Doch welche Methoden setzt das Unternehmen heute, über hundert Jahre nach dem Tod seines Gründers ein, um am Markt nachhaltig erfolgreich zu bleiben? Dabei interessieren uns weniger die Prozesse in den einzelnen Geschäftseinheiten der Organisation, sondern wir wollen unseren Beitrag auf die unternehmensweite Innovationsstrategie und die dazu eingesetzten Instrumente des Konzerns fokussieren.

phen, der die Nachrichtenübermittlung mit einer bis

S iemen s - eine Fi r men g es c h i c h t e g ep r ä g t von In n o vatio n en

dato unerreichten Reichweite von 50 Kilometern revolutioniert. Für die Herstellung dieses Geräts gründet er im Oktober desselben Jahres gemeinsam mit

irmengründer

Werner

von

Sie-

„Telegraphenbauanstalt von Siemens und Halske“ in

mens wird als 4. von 14 Kindern am

Berlin. Im folgenden Jahr erhält die Firma Siemens

13.12.1816 in der Nähe von Han-

und Halske den Auftrag, die erste Telegraphenleitung

nover geboren. Die wirtschaftliche

Europas zwischen Berlin und Frankfurt zu bauen, um

Lage der Gutspächterfamilie erlaubt es

Nachrichten von der Deutschen Nationalversammlung

nicht, dass der Bub eine den bürger-

nach Berlin übermitteln zu können (7).

lichen Ansprüchen entsprechende schulische Lauf-

Schon bald erkennt von Siemens die Wichtigkeit,

bahn einschlägt, sodass er ohne formalen Abschluss

im Ausland wirtschaftlich Fuß fassen zu können: ab

das Gymnasium beendet. Siemens tritt in die preußi-

1851 erhält er den Auftrag zur Errichtung und Ausbau

sche Armee ein, um dort die 3-jährige ingenieurswis-

des russischen Telegraphennetzes und gründet in St.

senschaftliche Ausbildung zu absolvieren und so den

Petersburg eine Niederlassung, die sein Bruder Carl

Grundstein für das Unternehmen Siemens zu legen

führt. Zeitgleich unterhält das Unternehmen bereits

(7).

eine Vertriebsstelle in London, die 1858 unter seinem

Von höchstem Interesse für das Militär war die

Bruder Wilhelm zur eigenständigen Niederlassung

schnelle und einfache Nachrichtenweiterleitung. 1847

wird und mit der Herstellung und Verlegung von tele-

entwickelt Werner von Siemens einen Zeigertelegra-

graphischen Seekabeln Erfolg hat (1870 Inbetriebnah-

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FOTO: SIEMENS PRESSEBILD

dem Universitätstechniker Johann Georg Halske die


WAHRNEHMUNG

„Der Technik sind gegenwärtig die Mittel gegeben, elektrische Ströme von unbegrenzter Stärke auf billige und bequeme Weise überall da zu erzeugen, wo Arbeitskraft disponibel ist. Diese Tatsache wird auf mehreren Gebieten derselben von erheblicher Bedeutung sein.“ (7) Dieser Aussage lässt Werner von Siemens Taten folgen, er findet immer neue Anwendungsgebiete für die Starkstromtechnik, wie beispielsweise (7): •

1879 erste elektrische Eisenbahn, erste elektrische Straßenbeleuchtung

1880 erster elektrischer Aufzug

1881 erste elektrische Straßenbahn

Neben seiner unternehmerischen Tätigkeit und seiner wissenschaftlichen Forschungsleistung setzt sich

WERNER VON SIEMENS

von Siemens auch für gesellschaftspolitische Belange ein. Für die Deutsche Fortschrittspartei ist er in den Jahren 62 bis 66 im Preußischen Landtag vertreten,

me der Indo-Europäischen Telegraphenlinie zwischen

wird 78 Mitglied im Reichspatentamt, ist 79 an der

London und Kalkutta, 1874 Verlegung des ersten

Gründung des Elektrotechnischen Vereins wesentlich

Transatlantikkabels). Diese Erfolge erhöhen das Anse-

beteiligt und fördert die Einrichtung von Lehrstühlen

hen des Unternehmens und führen zu großen interna-

für Elektrotechnik an den Technischen Hochschulen

tionalen Aufträgen (7).

(7).

Um seine hochqualifizierten Mitarbeiter zu motivieren und an das Unternehmen zu binden, veranlasst

Seine Fähigkeit, Grundlagenforschung zu betreiben

von Siemens bereits 1858, diese am Gewinn teilhaben

und die daraus resultierenden Erkenntnisse unterneh-

zu lassen, ab 1866 entsteht daraus die Inventurprä-

merisch umzusetzen, und zwar von der Idee bis zum

mie, auf die die heutige Gewinnbeteiligung der Mitar-

fertigen Produkt, bringt ihm im Laufe seines Lebens

beiter zurückgeht. Sein erklärtes Ziel ist es außerdem,

viele Auszeichnungen ein. Ihm wird die Ehrendoktor-

die soziale Lage seiner Arbeitskräfte zu verbessern,

würde der Philosophischen Fakultät der Universität

daher gründet er 1872 eine Pensions-, Witwen- und

Berlin verliehen (1860), die Aufnahme in die Königlich

Waisenkasse, 10 Jahre bevor die gesetzliche Alters-

Preußische Akademie der Wissenschaften zu Berlin

und Hinterbliebenenversorgung eingeführt wird (7).

(1873) oder die Ernennung zum Ritter des Ordens

Neben seiner unternehmerischen Tätigkeit forscht

„Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste“ (1886)

Siemens auf dem Gebiet der Elektrotechnik und ent-

angeboten. Im Jahr 1888 erhebt Kaiser Friedrich III.

deckt, aufbauend auf der Arbeit von Faraday, das dy-

Werner von Siemens in den Adelsstand (7).

namoelektrische Prinzip. Jetzt kann mithilfe der Dy-

1890 scheidet der Firmengründer offiziell aus dem

namomaschine mechanische Energie in elektrische

Unternehmen aus, behält jedoch bis zu seinem Able-

umgewandelt werden.

ben im Jahr 1892 das Mitspracherecht (7).

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MEILENSTEINE D ER UNTERNE H MENSGESC H IC H TE

1928 entwickelt sich daraus der Fernschreiber, 1933 entsteht das erste Telexnetz. 1953 wird das Zonenziehverfahren zur Herstellung von Reinstsilizium pa-

Werner von Siemens sah, welche unternehmeri-

tentiert, welches für Halbleiterbauelemente benötigt

schen Möglichkeiten seine Forschungstätigkeit bot,

wird. 1964 errichtet Siemens in Bayern eine Satelliten-

und wusste dies auch vielfältig umzusetzen. Hier

Erdfunkstelle, welche nach und nach zur weltgrößten

möchten wir nun einen Überblick über bahnbrechen-

ihrer Art ausgebaut wird (8).

de Innovationen geben, die in den jeweiligen Sparten für Furore sorgten.

1984 präsentiert das Unternehmen das private Kommunikationssystem HICOM. Es erfüllt den Welt-

i

standard des künftigen Nachrichtennetzes ISDN (In-

Informations- und Kommunikationstechnologie: vom Zeigertelegraph zum Fingerabdrucksensor

tegrated Services Digital Network) und integriert als

I

Netz, auf einer Leitung und unter einer Rufnummer (8).

Dieser Bereich war die Basis, aus der sich das

1983 wird die Entwicklung des 1MB-Speicherchips

Großunternehmen entwickeln konnte. Mit der Erfin-

zur Priorität erklärt, bereits 1987 wird der erste Chip

dung des Zeigertelegraphen (1847) begann wie be-

dieser Art produziert, 1996 kommt der 256-MB Spei-

reits kurz dargestellt, der Aufstieg zum Global Player.

cher heraus (9).

erstes System alle Kommunikationsformen in einem

Der Aufbau des russischen Telegraphennetzes in den

Der Fingerabdrucksensor erleichtert die Identifika-

1850 Jahren, das Verlegen der Indo-Europäischen

tion, sodass PINs, Schlüssel oder Passwörter bald

Telegraphenlinie 1870, 1875 die Inbetriebnahme des

nicht mehr nötig sein werden, um Schlösser zu öffnen

ersten direkten Transatlantikkabels sind Wegbereiter

oder Autos zu starten (8).

für den internationalen Erfolg (8).

i

automatischen Telefonvermittlung im Fernsprechamt

Energie: vom Dynamo zur Hochleistungsgasturbine (8)

München 1909, der Bildtelegraphie Mitte der 1920

I

Es folgen die Entwicklung und Inbetriebnahme der

Jahre, welches die Übermittlung von Bildern ermöglicht und für die Presse von großer Bedeutung ist,

1866 Entdeckung des dynamoelektrischen Prinzips durch Werner von Siemens. Ab 1925 wird Irland elektrifiziert, das Shannon-Was-

Telefon w48 aus dem jahr 1936

serkraftwerk gebaut. 1927 geht die erste kommerzielle Benson-Kesselan lage im Heizkraftwerk Gartenfelde in Berlin in Betrieb. 1930 Entwicklung von Expansionsschaltern, die den steigenden Belastungen gewachsen sind und nicht mehr explosionsanfälliges Öl enthalten, sondern 1974 geht das bis dahin größte Kernkraftwerk, Biblis A, ans Netz.

i

1975 Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung

gelingt erstmals Weiter geht es mit der Verbesserung der Brennstoffzelle, der Kombination von Gas- und Dampfturbinen im Kraftwerksbau, bis hin zum Weltrekord im Hochleistungsgasturbinenbau (2002).

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I

FOTOS: SIEMENS PRESSEBILD

Wasser.


WAHRNEHMUNG

TRANSRAPI D IN S H ANG H AI

i i Mobilität: von der Straßenbahn zum Transrapid (8)

Gesundheitswesen: von der Röntgenkugel zum vernetzten Krankenhaus (8) I

I Die Innovationen im Sektor Mobilität beginnen bei

1933 kommt die Röntgenkugel, ein mobiles Rönt-

der ersten elektrischen Eisenbahn, die 1879 in Berlin

gengerät, auf den Markt. 1944 wird der erste Elektro-

präsentiert wird, setzen sich fort in der ersten U-Bahn

nenbeschleuniger vorgestellt.

1896 in Budapest, einem Geschwindigkeitsrekord mit

1953 stellt Siemens den Pionieren der Echokardio-

einem Drehstromtriebwagen 1903, der 210 Stunden-

graphie Inge Edler und Hellmuth Hertz (Lund/Schwe-

kilometer erreicht.

den) den ersten Echokardiographen der Welt für For-

1924 wird die erste Lichtsignalanlage am Potsda-

schungszwecke zur Verfügung.

mer Platz zur Verkehrssteuerung eingesetzt, die erste

1958 wird der erste Herzschrittmacher implantiert.

automatische Ampel.

1965 wird das erste Ultraschall-Diagnosegerät prä-

Die hängende Hochbahn Dortmund nimmt 1984

sentiert.

den Betrieb auf, im Jahr darauf übernimmt Siemens

Ab 1983 werden Kernspintomografen entwickelt,

die Federführung für Elektrotechnik und Elektronik der

welche den Patienten nicht mehr der schädlichen

Triebköpfe beim ICE.

Röntgenstrahlung

1995 wird der Katalysator für Diesel vorgestellt, der den Stickoxidgehalt der Abgase um bis zu 95% vermindert.

während

der

Untersuchungen

aussetzen. Es folgen Computertomografen und PETScanner. Den momentanen Schlusspunkt stellt das vernetz-

Weitere Meilensteine sind die Lichtleittechnik des

te Krankenhaus dar: Das Krankenhaus der Cleveland

Flughafens Oslo, das piezoelektrische Dieseleinspritz-

Clinic Foundation besteht aus einem Verbund von sie-

ventil, und schließlich die Magnetschwebebahn Trans-

ben Krankenhäusern und zehn ambulanten Zentren,

rapid, die 2003 in Shanghai die Arbeit aufnimmt.

die in einem Radius von 75 km verteilt sind. Mit PACS

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SENSOREN F ÜR GEBÄU D E

(Picture Archiving & Communication System) werten

der Fertigungstechnik und ermöglicht rationellere Ar-

50 Radiologen pro Jahr über 500.000 Untersuchun-

beitsweisen. 1996 wird der von Siemens im Konsortium mit ei-

häuser und die ambulanten Zentren aus. Außerdem

nem

Bauunternehmen

schlüsselfertig

errichteter

werden Bilder, Befunde und damit verbundene Infor-

Flughafen Macao eröffnet. Siemens zeichnet für die

mationen an über 1.000 zuweisende Einrichtungen

Energieversorgung, das Air Traffic Management ein-

weitergeleitet.

schließlich Radar und Navigationshilfen, die Flugha-

i

fenbefeuerung sowie die Gebäudeautomation verant-

Industrie und Automatisierung: vom Walzenzugsmotor zum intelligenten Brandmelder (8)

wortlich. Im Tagebau bringt das Trolley-Trucksystem den

I

Bergbauunternehmen Einsparungen im Kraftstoffver-

1906 wird der erste Umkehrantrieb für die Walz-

brauch und höhere Geschwindigkeiten. Vollintegrierte

straße der Georgsmarienhütte konstruiert. Quecksil-

Automation ermöglicht neue Herangehensweisen an

berdampfgleichrichter bringen den Durchbruch, als

industrielle Automatisierungsaufgaben.

es darum geht, Wechselstrom möglichst verlustfrei in Gleichstrom zu8 konvertieren.

Die Briefautomatisierung schafft es, bis zu 40.000 Briefe pro Stunde richtig zu sortieren.

1959 bringt Siemens mit dem „Simatic“-System

Augmented Reality kombiniert reale Bilder mit Com-

Steuerungs- und Regelungsbausteine auf den Markt,

puterdaten, sodass etwa mithilfe einer Datenbrille und

die aus Transistorschaltungen bestehen. Diese er-

eines Computers situationsgerechte Anweisungen

setzen Relais, Schaltschütze und Elektronenröhren.

den User leiten.

So können Schaltungen zum logischen Verknüpfen, Speichern, Zählen und Rechnen realisiert werden. 1964 bringt das Sinumerik- System Erleichterung in

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Der 2004 vorgestellte intelligente Brandmelder verfügt über mehrere Sensoren, deren Zusammenspiel das Auslösen von Fehlalarmen verhindert.

FOTO: SIEMENS PRESSEBILD

gen für den Hauptcampus, die Verbundkranken-


WAHRNEHMUNG

i Licht: von der Bogenlampe zur Leuchtdiode (8)

sammenhänge verloren, daher wurde diese Herange-

I

hensweise gewählt. Eine übersichtsmäßige Kurzdar-

Mit der 1878 entwickelten Differential-Bogenlampe

stellung der bedeutendsten Phasen in der Geschichte

können die Kohlestäbe in der Lampe automatisch

des Unternehmens sieht folgendermaßen aus:

nachreguliert und mehrere Lampen an einen Genera-

• Unternehmensgründung und erste Expansion

tor angeschlossen werden. 1882 wird die erste ständi-

(1847 - 1865)

ge elektrische Straßenbeleuchtung in Berlin installiert.

• Siegeszug der Starkstromtechnik und

Weiterentwicklung vom Kohleglühfaden zum ersten

internationale Großprojekte (1865 - 1890)

kommerziellen Metallglühfadenlampe 1905- die Tan-

• Wachstum durch Konzentration und

tallampe.

Kooperation (1890 - 1918)

1980 bringt die Leuchtstofflampe Circolux eine Leis-

• Rückkehr auf den Weltmarkt und Einheit des Hauses (1918 - 1933)

eine 25 Watt-Lampe.

• Nationalsozialistische Konjunktur und

2005 bringt die Siemens-Tochter OSRAM die hellste weiße Leuchtdiode auf den Markt, diese besitzt eine Lebensdauer von 50.000 Stunden.

i Konsumgüter: von der Entstäubungspumpe zum automatischen Hemdenbügler (8)

i

tung von 75 Watt, verbraucht dabei aber nur soviel wie

Kriegswirtschaft (1933 - 1945) • Wiederaufbau und Aufstieg zum Weltkonzern (1945 - 1966) • Neue Märkte und Geschäftsfelder (1966 - 1989) • Deregulierung und Globalisierung (1989-2008)

I

I

Das genauere Eingehen darauf sprengt den Rah-

Hinter dem Namen Entstäubungspumpe kommt

men dieser Arbeit, daher folgt hier der Link für In-

1906 der erste Staubsauger auf den Markt. 1935 erster Handstaubsauger.

teressierte:

http://www.siemens.com/history/de/ge-

schichte/index.htm

1924 wird der Siemens D-Zug präsentiert, ein erster Rundfunkempfänger. Ab 1925 werden erste Elektroherde und Waschma-

IM WETTBEWERB BESTE H EN

schinen verkauft. 1935 Radio „Herr im Frack“, Fernsehgerät. 1964 erobert der Geschirrspüler die Herzen der Hausfrauen.

Gerade in technologieintensiven Industrien und Dienstleistungsbereichen findet ein starker Innovationswettbewerb statt (10), also genau in dem Be-

Das Aquastoppsystem sorgt seit 1985 für erhöhte

reich, in dem Siemens tätig ist. Dies wird besonders

Sicherheit bei Waschmaschinen und Geschirrspülern.

deutlich, wenn man sich folgende Zahlen vor Augen

Die Sensortechnik bei den neuen Glaskeramikkoch-

führt: Im Jahr 2007 wurden laut Jahresbericht des

feldern ermöglicht die gradgenaue Einstellung der

Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) 47.853

Temperatur.

Patente von Erfindern aus dem Inland angemeldet –

Seit 2004 übernimmt der Hemdenbügler „Dress-

europaweit liegt Deutschland damit bei den Patentan-

man“ das Bügeln von Hemden, Blusen, Arbeitsmän-

meldungen an erster Stelle. Die aktivsten unter den

teln und Ähnlichem mehr.

Patentanmeldern sind dabei weltweit tätige Unterneh-

Der Überblick stellt die einzelnen Unternehmensbe-

men und Großbetriebe. Angeführt wird diese Liste von

reiche dar und die für sie wichtigen Errungenschaften.

der Robert Bosch GmbH mit 2.509 Anmeldungen,

Natürlich könnte man auch chronologisch vorgehen,

dicht gefolgt von der Siemens AG mit 2.474 Eintra-

dadurch gehen aber aus Sicht der Autoren die Zu-

gungen. Betrachtet man das Jahr 2007, so lässt sich

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feststellen, dass rund 60% der Gesamtanmeldungen auf 3,6% aller Anmelder entfallen (11). Als Folge des Wettbewerbs investieren Unternehmen dementsprechend große Summen in den Bereichen Forschung und Entwicklung (F&E) sowie in ihre Produktentwicklungsprozesse. Die in diesem Rahmen getätigten Investitionen müssen sich als Folge der vorherrschenden großen Innovationsdichte in immer kürzeren Zeiträumen amortisieren – eine Voraussetzung dafür ist ein funktionierendes Innovationsmanagement (10). Innovationen stellen nicht nur den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens, der im Wesentlichen von der Fähigkeit abhängt, in welchem Umfang es neue Produkte und Dienstleistungen auf den Markt bringen kann, sicher, sondern sind zugleich auch ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor. Dies liegt in der Tatsache begründet, dass viele neu am Markt eingeführte Produkte und Dienstleistungen schlichtweg scheitern. Darüberhinaus erfordern sowohl die Entwicklung neuer, als auch die Verbesserung bestehender Produkte und Dienstleistungen stets größer werdende zeitliche und finanzielle

D IAGNOSTIK

Ressourcen (5). Nichtsdestotrotz macht Geld alleine nicht innovativ. So stellt eine im Industry Journal (12) zitierte Studie der Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton aus dem Jahr 2005 fest, dass „weder die Umsatz- noch die Gewinnentwicklung noch die des Shareholder Value (…) erkennbar mit dem Umfang der F&E- Budgets“ (12 S. 12) korrelieren. Natürlich, so halten die Autoren des Artikels fest, stellt es trotzdem keineswegs eine Option dar, die F&E- Tätigkeiten drastisch zu reduzieren, „denn wer sich keinen Weg zu neuen Produkten bahnt, führt sein Unternehmen in eine Sackgasse“ (12 S. 12).

F&E. Siemens betreibt 178 F&E Standorte in über 30 Ländern, verfügt über 57.900 aktive Patente und machte 8.800 Erfindungen im Geschäftsjahr 2010 (13). Die Siemens AG gliedert sich in zahlreiche Geschäftsbereiche, in denen –wie aus oben angeführten Zahlen ersichtlich- laufend eine Vielzahl an Produkten und Dienstleistungen innoviert werden. Die Mannigfaltigkeit der unterschiedlichen zu entwickelnden Produkte macht es erforderlich, dass den verschiedenen Geschäftseinheiten des Unternehmens entsprechend große Spielräume bei der Gestaltung des sie betref-

INNOVATION ALS ER F OLGSBASIS Die Siemens AG bezeichnet Innovation als die Basis ihres Erfolgs. Nach eigenen Angaben wurden im Jahr 2010 5,1% des Gesamtumsatzes in F&E investiert. Absolut sind dies 3,846 Mrd. €, der Konzern beschäftigt weltweit rund 30.100 Mitarbeiter im Bereich

14 | think! | 1 | 2011

Diese Spielräume müssen dennoch gelenkt und geregelt werden, damit die Innovationen auch der Geschäftsstrategie entsprechen (6). Wie Reichart und Reichart (5) feststellen, sind jene Geschäftseinheiten, die mit effektiv und effizient gestalteten Innovationsprozessen arbeiten, mit ihren Produkten oder Dienstleistungen signifikant erfolgreicher als jene, die ohne die Unterstützung von solchen arbeiten. Ebenso sind

FOTO: SIEMENS PRESSEBILD

fenden Innovationsprozesses eingeräumt werden.


WAHRNEHMUNG

diese Innovationsprozesse mit einem vergleichsweise geringeren zeitlichen und finanziellen Aufwand bei der Verbesserung und Innovation von Produkten und

Die Innovationsstrategie von Siemens, „wir wollen

Dienstleistungen verbunden (5).

Trendsetter in allen unseren Geschäftsfeldern sein,

Ziel des Innovationsmanagements ist es, Ideen zu

um einen möglichst großen Wettbewerbsvorsprung

verwerten. Dazu muss dem Innovationsmanagement

zu sichern“ (13 S. 21), lässt sich somit passend zu

ein klarer und strukturierter Prozess zugrunde liegen,

ihrer Firmengeschichte bezeichnen. Zur Umsetzung

wobei sich in der einschlägigen Literatur nach An-

dieser Strategie werden die in die in Abbildung 1 ge-

sicht von Schwarz, Riedl und Ures (14) eine Vielzahl

zeigten Instrumente eingesetzt, welche wir nun näher

unterschiedlicher Innovationsprozesse finden lassen:

beleuchten werden.

„Unternehmen orientieren sich an den generischen Siemens Innovation Framework ermöglicht und

aus jedoch ihre eigenen (…)“ (14 S. 35). Dies ist in

unterstützt die Qualität der Innovationsprozesse.

den verschiedenen Anforderungen der jeweiligen wirt-

Die Methode Pictures of the Future hilft,

schaftlichen Sektoren, aber auch in den unterschied-

Zukunftstrends frühzeitig aufzuspüren und zu

lichen internen Strukturen begründet. Für Becker und Reinhardt (10) zählt Siemens zu jenen Firmen, die Best-Practice-Eigenschaften im Innovationsmanagement aufweisen: „Als Best-Practice-Firmen werden Unternehmen bezeichnet, die als ‚Klassenbeste‘ mithilfe herausragender Praktiken bestimmte Prozesse

i

Modellen der Innovationsprozesse, entwickeln dar-

verstehen. Innovation Benchmarking sichert die Technologieführerschaft. Pilotkunden-Feedback – gemeinsam zum Erfolg Innovationskultur fördert Erfinder und Erfindungen.

I

Abbildung 1: Instrumente zur Umsetzung der Innovationsstrategie der Siemens AG

hervorragend beherrschen. Somit stellen diejenigen Unternehmen, die den gesamten Innovationsprozess oder Teilphasen hervorragend beherrschen, Best-

D ER RA H MEN – INNOVATION F RAMEWORK

Practice-Fälle im Innovationsmanagement dar“ (10 S. 257). Dies bedeutet, dass solche Firmen mehr in die

Siemens hat als Basis für seine Innovationstätig-

Ideenbearbeitung investieren und ihre Produkte auch

keiten den Siemens Innovation Framework definiert,

besser auf die Kundenbedürfnisse zuschneiden, was

welcher Rahmenbedingungen für erfolgreiche In-

in einer geringeren Nachbesserungsquote resultiert.

novationen beschreibt. Darin werden neben dem

Ebenso ist der kommerzielle Erfolg bei Best-Practice-

technologischen Know-how vor allen das Wissen

Innovationen höher als beim Durchschnitt und auch

um Kundenbedürfnisse und Markttrends, spezielles

der Umsatzanteil von Innovationen, die jünger als fünf

Branchen-Know-how, die Beherrschung der forma-

Jahre sind, ist weitaus größer (10).

len Innovationsprozesse und exzellente Mitarbeiter als

D IE BAUSTEINE D ES INNOVATIONSMANAGEMENTS BEI SIEMENS

notwendig beschrieben (6). Auch mit Verweis auf den Innovationsforscher Holger Ernst (zitiert nach 6) feststellen, dass gelungene Innovationen drei wesentliche Erfolgsfaktoren aufweisen: Formale Entwicklungs-

Innovation hat bei Siemens einen hohen Stellen-

prozesse, ständige kommerzielle Bewertung sowie

wert, man könnte fast sagen, das Unternehmen de-

die Orientierung am Markt und an Kunden. Auch Dr.

finiert sich aus diesem Begriff: „Werner von Siemens

Gisela Fuchs, Leiterin des Unternehmensprogramms

begründete (…) eine Tradition, der sein Unternehmen

Innovation der Siemens AG, meint dazu: „Um Inno-

heute noch folgt: Innovationen ziehen sich (…) wie ein

vationen erfolgreich am Markt einzuführen, ist es un-

roter Faden durch die Firmengeschichte“ (6 S. 47).

bedingt notwendig, dass wir eine fundierte Branchen-

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R F I D SYSTEM

kenntnis haben und klar erkennen, welchen Nutzen

zess zur effektiven Nutzung externer Technologien

die Innovation unseren Kunden bringt“ (6 S. 48). Das

und wissenschaftlicher Kommunikation mit externen

Branchen-Know-how, welches Siemens- Mitarbeiter

Institutionen“ (10 S. 257). Durch die Einbindung von

in den unterschiedlichsten Bereichen besitzen, er-

Wissensquellen außerhalb des Unternehmens wird

scheint hierbei als hilfreich.

die Innovationsfähigkeit gefördert, wozu sich die be-

So verfügt Siemens über Fachleute von der Stahl-

heit gewohnt, nach außen hin öffnen (15). In der Re-

erzeugung bis hin zur Pharmaindustrie, von der Ge-

gel sind Open Innovation Projekte für alle offen, die

bäudesicherheit bis zum kompletten Flughafen, vom

sich daran beteiligen wollen, wodurch sich mittels

Gesundheitswesen bis zu Wasserreinigung, von

der Teilnehmerbeiträge rasch ein breiter Überblick zu

Kraftwerken bis zur Verkehrssteuerung. Diese sind

bestimmten Themen verschaffen lässt. Dies schließt

mit den Bedürfnissen der jeweiligen Kunden dement-

Top-Universitäten und Forschungsinstitute aus der

sprechend vertraut. Siemens bezieht seine Kunden

ganzen Welt genauso ein wie Kunden, Think Tanks,

bei vielen Innovationen schon frühzeitig in den Ent-

andere Industriezweige, Start-ups, Venture-Capital-

wicklungsprozess mit ein (6) und nützt in dem Zusam-

Gesellschaften, Mitarbeiter und sogar Wettbewerber“

menhang auch jene Synergien, die sich dem Ansatz

(12 S. 20).

der Open Innovation (OI) als Instrument der Innovationsstrategie ergeben.

S tär ke d ur c h K o o p er a t i o n Op en Inn o vatio n (OI )

Siemens hat eine eigene OI-Abteilung für interne sowie externe Aktivitäten eingerichtet und hat in diesem Zusammenhang für sein Wissensmanagement ebenso wie für seine OI- Maßnahmen den zweiten Platz bei der Studie „The European Most Admired Knowledge

Unter diesem Ansatz versteht man die „vermehrte Einbeziehung externer Partner in den Innovationspro-

16 | think! | 1 | 2011

Enterprises“ (MAKE) des Marktforschungsunternehmens Teleos belegt.

FOTOS: SIEMENS PRESSEBILD

treffenden Unternehmen, mehr als in der Vergangen-


i

WAHRNEHMUNG

Im Rahmen von OI gelangen bei Siemens im Wesentlichen vier Methoden zur Anwendung: • Internetbasierte Netzwerkkonstruktionen,

Die Siemens AG geht im Rahmen ihrer F&E- Tä-

• Ideenwettbewerbe mit und für Kunden,

tigkeiten auch Kooperationen mit Universitäten, For-

• moderierte Internet-Diskussionen und

schungsinstituten und Industriepartnern ein. Eine

• persönliche Diskussionsrunden (12).

Form dieser Kooperationen stellen dabei die „Centers

I

of Knowledge Interchange“ (CKI) dar, welche mit Part-

Dabei haben sich Online-Netzwerke als besonders

neruniversitäten direkt am Campus eingerichtet und

erfolgreich erwiesen. In deren Rahmen werden teil-

von einem Siemens Manager betreut werden. Dieser

weise sogenannte „E-Broker“ eingesetzt, welche die

hat die Aufgabe, die Zusammenarbeit zu koordinie-

Aufgabe haben, bei besonders anspruchsvollen For-

ren, die richtigen Kooperationspartner zu identifizieren

schungsaufgaben externe Problemlöser mit Siemens

und Studierende an die Studentenprogramme von

zusammenzubringen. Konkret werden hierbei die je-

Siemens zu vermitteln. Siemens betreibt derzeit zehn

weiligen Forschungsfragen durch Siemens veröffent-

solcher CKI, beispielweise an der TU München, der

licht und die Problemstellungen auf den Webseiten

DTU Kopenhagen, der Tsinghua University Peking, am

der E-Broker erläutert. Für die beste Lösung wird ein

MIT in Boston und an der University of California in

Preisgeld ausgelobt, mit dem Ergebnis, dass Siemens

Berkeley (12).

so rund die Hälfte der gestellten Problemstellungen erfolgreich gelöst hat. An der Lösungsfindung kann sich im Übrigen jeder beteiligen (12). Den gleichen Weg beschreitet Siemens mit seinem „TechnoWeb“. Dahinter verbirgt sich ein geschlossenes Internet- Forum für registrierte Siemens- Mitarbeiter, in dessen Rahmen jeder Problemstellungen einbringen sowie bearbeiten kann – von komplizierten technischen Fragen bis hin zu Bedienungsfragen von Windows Word. Mithilfe dieser Methode können somit Forscher unterschiedlicher Fachrichtungen miteinander stärker vernetzt werden. Ein weiteres Instrument sind „Innovation Jams“. Dies sind webbasierte, moderierte und meist firmeninterne Diskussionsrunden mit einer unterschiedlichen Anzahl von Teilnehmern. Die Teilnehmerzahl kann von einigen Hunderten, bis sogar zu Tausenden von Teilnehmern variieren. Siemens veranstaltet darüber hinaus öffentliche Ideenwettbewerbe, um die Kreativität seiner Kunden abzurufen. Dabei können sich diese an der Innovationsfindung, meist auf Online- Plattformen, beteiligen. Dabei geht es vor allem um die Gewinnung von innovativen Anregungen, nicht so sehr um die Erstellung technisch- ausgereifter Lösungen (12).

PARTIKELT H ERAPIE think! | 1 | 2011 | 17


GASTURBINE Überdies beteiligen sich einige Bereiche Siemens

fügbar sind und gebraucht werden. Allerdings lassen

in Form von so genannten „Technology-to-Business-

sich damit Entwicklungssprünge und Diskontinuitäten

Centers“ (TTB) finanziell und fachlich an eigenstän-

nicht vorhersagen. Um diesen Nachteil zu begegnen,

digen jungen Unternehmen, welche eng mit Partne-

werden parallel dazu ganzheitliche Zukunftsszenarien

runiversitäten zusammenarbeiten. Als Beispiel ist hier

entwickelt, in die Annahmen über veränderte sozia-

das kalifornische Start-up-Unternehmen „Progressive

le und politische Strukturen, über Entwicklungen der

Cooling“ zu nennen, welches zusammen mit der Uni-

Weltwirtschaft, der Demographie oder über klima-

versität Cincinnati aus LED-Lampen eine extrem helle

tische Veränderungen, einfließen. „Daraus leitet Sie-

und effiziente Lichtquelle entwickelt hat (12).

mens Aufgaben ab, die heute gelöst werden müssen,

Z ukü n f tige T ren d s er ken n en - P i ct u r es o f t h e Fu tu r e u nd In n o v a t i o n - B en ch m a r ki n g

um morgen erfolgreich zu sein“ (12 S. 14). Durch die Verbindung dieser beiden Verfahren wird versucht, Technologien mit Wachstumspotential und Breitenwirkung zu eruieren und darüber hinaus zukünftige

Um Trendsetter in allen Geschäftsfeldern zu werden, wie es Siemens in seiner Innovationsstrategie

Kundenerwartungen

und

Geschäftsmöglichkeiten

aufzuklären.

auch erkennen zu können. Mit dem dafür entwickel-

Um den Innovationsprozess an sich zu analysieren

ten Verfahren „Pictures of the Future“ soll eine klare

und zu verbessern, kommt bei Siemens das „Innova-

Vorstellung über die Zukunft ermöglicht werden (6).

tion Benchmarking“ zum Einsatz. Dieses Instrument

Dieses Verfahren wird als ein zentrales Element des

wird genutzt um zu verstehen, wo das Unternehmen

Innovationsmanagements bei Siemens bezeichnet

gegenüber seinen Wettbewerbern Aufholbedarf hat

(12). Dabei wird das Road-Mapping, also das Fort-

und was getan werden kann, um diese Lücken zu

schreiben bekannter Technologien und Produktfami-

schließen (6). Dabei werden die verschiedenen ge-

lien in die Zukunft angewandt, um abzuschätzen, zu

schäftsführenden Einheiten daraufhin analysiert, ob

welchen Zeitpunkten bestimmte Technologien ver-

die Voraussetzungen für erfolgreiche Innovationen

18 | think! | 1 | 2011

FOTO: SIEMENS PRESSEBILD

festgelegt hat, ist es notwendig, zukünftige Trends


WAHRNEHMUNG

vorliegen sowie mit Hilfe mehrerer Kriterien die Stärken und Schwächen gegenüber der Konkurrenz de-

onsmanager aus allen Unternehmensbereichen in

finiert (12).

der „Community of Practice Innovation Manage-

I n n o vatio n en er la u b en - I n n o v a t i o n s ku lt ur Um innovieren zu können, ist es notwendig eine innovationsfreundliche

Umgebung

im

ment“ zum Erfahrungsaustausch abgehalten. • In Ideen- Workshops der Bereiche können Sie-

mens- Fachleute Lösungen und neue Wege

finden.

Unterneh-

• Im Arbeitskreis Innovation diskutieren unter an-

men zu schaffen. Innovationen sind dabei natürliche

derem Chief Technology Officers, die F&E- Leiter

Feinde des Bestehenden: so stehen nach einer Un-

der Bereiche und Vertreter aus den Regionen ak-

tersuchung des deutschen Psychoanalytikers und

tuelle Themen zu Innovationen und Technik.

Managementberaters Rolf Berth in großen Organi-

• Innovationskultur muss auch vom Management

sationen jedem engagierten Veränderer fünf ebenso

und allen darunter liegenden Ebenen getragen

engagierte Bewahrer gegenüber (12). Daher ist es

werden. Dazu tauschen sich Führungskräfte im

nicht verwunderlich, dass nach einer von Zechbauer

so genannten „Executive Circle Innovation“ aus.

(6) zitierten Studie von Booz Allen Hamilton (BAH), der Erfolg von Innovationen vor allem mit zwei Faktoren steht und fällt: einer ausgeprägten Innovationskultur

Die S um m e m ac h t ´ s – Die w ic h t igst e n I nst rum e nt e im Ü be rbl ic k

und der Qualität der Innovationsprozesse, wobei wir uns an dieser Stelle mit Ersterem befassen wollen.

Wir haben gesehen, dass Siemens eine Vielzahl von

Der Stellenwert der Innovationskultur beim Unter-

Instrumenten und Maßnahmen verwendet, um seine

nehmen lässt sich am besten an den verschiedenen

Innovationsstrategie umzusetzen und erfolgreich inno-

Programmen und Initiativen ablesen: so wurde, um

vieren zu können. Siemens kann nicht nur auf eine lan-

den Mitarbeitern optimale Werkzeuge bereitzustellen,

ge Tradition erfolgreicher Innovationen zurückblicken,

das Business-Excellence Programm top sowie die

das Unternehmen setzt diese Tradition auch fort und

drei Unternehmensprogramme Innovation, Kunden-

investiert dementsprechend in ihr breit angelegtes In-

fokus und Globale Wettbewerbsfähigkeit, aufgesetzt.

novationsmanagement.

Nach Dr. Gisela Fuchs (6), der bereits weiter oben

Natürlich brauchen Erfindergeist und Schaffensfreu-

zitierten Leiterin des Unternehmensprogramms Inno-

de einen gewissen Rahmen, damit die Innovationen

vation, wurden damit für fast alle Herausforderungen

auch mit der Unternehmensstrategie einhergehen

in weltweit tätigen Geschäften Methoden erarbeitet,

kann und vor allem auch dem Kunden den erwarte-

welche Weltklasse- Standards entsprechen und auf

ten Nutzen bringt. Auch das Erkennen zukünftiger

die Bedürfnisse der Siemens AG zugeschnitten wur-

Trends und möglicher Geschäftsfelder ist notwendig,

den. Die nachfolgende Übersicht gibt einen Einblick

um langfristig erfolgreich zu bleiben und Trendsetter

in die Maßnahmen, mit welchen die Innovationskultur

zu sein. Zudem erweitern Kooperationen mit externen

bei Siemens gepflegt wird (6):

Partnern oder auch Kunden den Horizont und unter-

• Jährlich vergibt Siemens die Auszeichnung

stützen den Entwicklungsprozess. Innovationen müs-

„Erfinder des Jahres“ an etwa zwölf herausragen

sen auch stattfinden können. Voraussetzung dafür ist

de Erfinder und ebenso den top Innovation Award

eine gelebte Innovationskultur, die auch das Manage-

für beispielhafte Innovationen.

ment mit einbezieht. Die Siemens AG zeigt, wie es

• Darüber hinaus motivieren Erfindervergütungen

funktionieren kann, sie scheint diese Dinge auch zu

und Prämien für gute Ideen die Mitarbeiter.

gut beherrschen und wird uns auch wohl noch lange

• Regelmäßig werden auch Treffen der Innovati

als erfolgreiches Unternehmen erhalten bleiben.

think! | 1 | 2011 | 19


i Sichtbar I C a r l Z e i s s AG - i n n o v a t i v s e i t 1 5 0 J a h r e n Zwei Weltkriege, die Teilung Deutschlands und etliche Wirtschaftskrisen konnte die Carl Zeiss AG in den letzten 150 Jahren erfolgreich überstehen. Ein Grund dafür ist unteranderem der lebende Innovationsgedanke des Unternehmens und folglich die konstanten Investitionen in den Forschungs- und Entwicklungsbereich. Was aber unterscheidet dieses Unternehmen von anderen? Gerade in der heutigen Zeit möchte jede Firma den Innovationsbegriff für sich beanspruchen. In Wirklichkeit dürfen aber nur wenige Betriebe sich als innovativ bezeichnen. In diesem Beitrag wird den Lesern dargelegt, warum gerade die Carl Zeiss AG sich als innovatives Unternehmen deklarieren darf.

V on d er klein en W er ks t a t t z u m er f o lg r e ic h e n Weltkon z er n

in der Werkstätte Fernrohre, Mikroskope, Reißzeuge, Waagen, Thermometer und andere Geräte, die man von verschiedenen Händlern bezog (16). Durch einen Rat seines akademischen Lehrers,

Die heutige Carl Zeiss AG hat ihren Ursprung in

Mattias Jacob Schleiden, fertigte Zeiss 1847 die ers-

einer kleinen Werkstätte in Jena, welche von dem

ten Lupenmikroskope an. In den kommenden Jahren

dreißigjährigen Carl Zeiss 1846 eröffnet wurde. Die

waren die Zeiss-Mikroskope sehr gefragt (16).

ersten Arbeiten waren zunächst Konstruktionen und

Aber bereits in dieser Zeit war Stillstand ein Rück-

Reparaturen von allen möglichen chemischen und

schritt, so musste auch Zeiss seine Mikroskope wei-

physikalischen Instrumenten. Nebenher verkaufte er

ter entwickeln und verbessern. Zusätzlich wuchs das

CARL ZEISS

Interesse der Naturwissenschaftler und Mediziner an zusammengesetzten Mikroskopen, weil nur mit ihnen eine höhere Vergrößerung möglich war. Um diesen innovativen Schritt zu setzten, suchte Zeiss die Zusammenarbeit mit seinem Privatdozenten für Physik Ernst Abbe auf. 1866 begann die Kooperation zwischen Carl Zeiss und Ernst Abbe mit dem Ziel, Objektive auf rechnerischer Grundlage zu bauen. Dieser Schritt kostete beiden viel Einsatz und Energie. Es vergingen Jahre, bis man nachweisen konnte, dass die Vergrößerung des Öffnungswinkels zur Vervollkommnung der Mikroskop-Funktion beiträgt (16) (17). Die aufwendigen theoretischen Arbeiten und prakdie Grenze ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit. Im Verlauf dieser Untersuchungen fand aber Abbe die Formel für die Sinusbedingung, als Kriterium für eine scharfe Abbildung. Die neuen Mikroskope fanden aber bald Anerkennung in der internationalen Fach-

20 | think! | 1 | 2011

FOTOS: ZEISS AG

tischen Experimente führten die kleine Werkstätte an


WAHRNEHMUNG folgenden Jahre für das Unternehmen aufgrund der fotooptischen Abteilung und der Produktion von Feldstecher erfolgsgekrönt (16). Der erste Weltkrieg unterbrach dann die Arbeit an den Zivilgeräten. Die Fertigung wurde nahezu ausschließlich auf optische Militärgeräte und andere vom Militär beanspruchte Erzeugnisse ausgerichtet (16). Aufgrund der militärischen Niederlage Deutschlands und den Bestimmungen des Versailler-Vertrages über die Rüstungsbeschränkungen musste das Unternehmen sich auf die Feinmessgerätetechnik spezialisieren. Das Zeiss-Unternehmen entwickelte neben einfachen Messinstrumenten bald auch komplizierte und

ERNST ABBE

leistungsfähige Geräte zum Messen von Gewinden, Werkzeugen und Zahnrädern (16).

welt. 1876 wurde Abbe dann stiller Teilhaber an der

Während der nationalsozialistischen Herrschaft

Werkstätte. Die folgenden Jahre waren sehr erfolg-

wurde das wissenschaftliche und produktionstech-

reich, so dass die kleine Werkstatt zu einem mittelgro-

nische Potential zunehmend auf die Ausrüstung der

ßen Unternehmen mit 360 Mitarbeiter bis Ende der

deutschen Wehrmacht und auf die kriegswirtschaftli-

1880er Jahre heranwuchs (16).

chen Erfordernisse positioniert (16).

1882 begann die Zusammenarbeit mit Otto Schott,

Nach Ende des 2. Weltkrieges wurde das Stamm-

welcher in Jena neue optische Gläser entwickelte und

werk in Jena von der sowjetischen Besatzungsmacht

später auch produzierte. Ein Jahr nach dem Ableben

demontiert. Wichtige Entscheidungen und Aufgaben,

von Carl Zeiss schuf Abbe 1889 die Carl-Zeiss-Stif-

sowie der Bereich Forschung und Entwicklung wur-

tung (16).

den an den Oberkochener Standort „Zeiss-Opton“

Abbe war bekanntermaßen ein mutiger Reformer

verlegt. Ungeachtet des heftigen Widerstandes der

seiner Zeit, der mit seinen sozialpolitischen Ideen

Geschäftsleitung und der Mitarbeiter setzten die kom-

weit voraus war. Um den Bestand der Unternehmen

munistischen Ideologen die Verstaatlichung der Jena-

Carl Zeiss und Schott unabhängig von persönlichen

er Zeiss-Werke durch (18).

Eigentümerinteressen zu sichern, gründete Abbe die

In Oberkochen befürchtete man nach der Verstaat-

Carl-Zeiss-Stiftung, die er 1891 zur Alleineigentümerin

lichung des Jenaer Werkes, dass die Amerikaner das

der Zeiss Werke und zur Miteigentümerin der Schott

Zeiss-Vermögen beschlagnahmen könnten. In Folge

Werke machte (17).

dessen teilte man die Unternehmen in zwei separate

Durch die Stiftung soll der dauerhafte wissenschaft-

Werke (16).

lich-technische Vorlauf des Unternehmens gewähr-

Jahre später wurde die Unternehmensbezeichnung

leisten werden. Zusätzlich wurden Wissenschaftler der

des Oberkochener Standortes geändert und das Un-

Jenaer Universität gefördert, die mit ihrer Forschungs-

ternehmen nannte sich von nun an „Carl Zeiss“ (18).

arbeit den Unternehmen nützlich werden konnten. Die

In den späten 40er und während der 50er Jahre

Stiftung erkannte, wie wichtig es war Produkte weiter

wurde nicht nur das traditionelle Fertigungsprogramm

zu entwickeln. Folglich wurden große Teile des be-

an beiden Standorten wieder aufgenommen, sondern

trieblichen Gewinns zur Weiter- und Neuentwicklung

die Wissenschaftler und Konstrukteure beider Unter-

der Erzeugnisse herangezogen. Somit waren auch die

nehmen wandten sich neuen Entwicklungsfeldern zu.

think! | 1 | 2011 | 21


Seit den 1960er Jahren eröffneten die Fortschritte in der Elektronik und Informationstechnik dem optischen Gerätebau zunehmend neue Endwicklungsmöglichkeiten. Die Kombination optischer, feinmechanischer und elektronischer Wirkprinzipien führte zu Geräten mit neuen Eigenschaften, welche für die nächsten Jahrzehnte viele Aufträge lieferte. Nach der deutschen Wiedervereinigung erwarb das Oberkochener ZeissUnternehmen die Carl Zeiss GmbH mit ihrem Sitz in Jena (16). 2002 stellt der Vorstand den Mitarbeitern und der Öffentlichkeit die neue, weltweit gültige Unternehmensvision vor. Sie ist die Grundlage für die neue strategische Ausrichtung des Unternehmens. Nach außen sichtbar wird der Anspruch in dem Slogan „We make it visible“ veröffentlicht. Seit 1. Oktober 2003 besteht die Carl Zeiss Aktiengesellschaft. Einzige Anteilseignerin des Unternehmens bleibt die Carl-Zeiss-Stiftung. Derzeit ist die Unternehmensgruppe in mehr als 30 Ländern und mit über 50 Vertriebsunternehmen weltweit vertreten. Die Produktionsstätten des Unternehmens befinden sich in Europa, Nord- und Mittelamerika sowie in Asien (17).

C a r l Z eis s AG , b r ei t es P r o d u kt p o r t f o li o g eg en Kr is en u nd R ez es s i o n en Heute beschäftigt sich die Carl Zeiss AG mit den Märkten Medical and Research Solutions, Industrial Solutions und Lifestyle Products. Wobei der Markt Medical and Research Solution die Unternehmensbereiche Medizintechnik und Mikroskopie umfasst. Der Markt Industrial Solution wird in die Halbleitertechnik und die industrielle Messtechnik gegliedert. Lifestyle Products beinhalten die Bereiche Markenoptik und Optronik. Ein zusätzlicher Unternehmensbereich ist die Augenoptik mit der Bezeichnung

ser, Planetariumstechnik, optronische Produkte, Film-

Carl Zeiss Vision (17).

und Fotoobjektive sowie Ferngläser und Spektive (17).

In den einzelnen Geschäftsfelder entwickelt und

Trotz des breitgestalteten Produktportfolios spürte

vertreibt das Unternehmen Operationsmikroskope,

auch die Carl Zeiss AG die Auswirkungen der Wirt-

ophthalmologische Diagnosesysteme, Mikroskope,

schaftskrise in den letzten Jahren. Durch innovative

Lithografieoptik, industrielle Messtechnik, Brillenglä-

Maßnahmen und Investitionen in Forschung und Ent-

22 | think! | 1 | 2011


WAHRNEHMUNG haben die Wirtschaftskrise unterschiedlich gespürt. Demzufolge trat auch der Aufschwung in den einzelnen Sparten divergent ein. Ein Bereich des Unternehmens spürte die Weltwirtschaftskrise am stärksten, die Halbleitertechnik. Gerade der Halbleiterbereich war von der Wirtschaftskrise stark betroffen, konnte sich dann aber wieder rasch erholen und sogar Rekordumsätze im Geschäftsjahr 2009/10 von 1.187 Millionen Euro liefern. Eine derartige Volatilität ist typisch für den Halbleitermarkt. Das Unternehmen ist aber für solche Schwankungen gut vorbereitet. Dank der flexiblen Aufstellung konnte die Unternehmenssparte die Auswirkungen des Downturns dazu nutzen, sich auf den neuen Aufschwung vorzubereiten. Prozesse und die Kostenstruktur wurden weiter optimiert und es wurde kontinuierlich in zukunftsträchtige Projekte investiert (19). Hingegen entwickelt sich der Unternehmensbereich der Medizintechnik auch während der Wirtschaftskrise positiv. Gerade die Konzentration auf den asiatischen

LASER SCANNING MICROSKOP LSM 7 MP

und pazifischen Raum war für das Unternehmen sehr erfolgreich. Der Unternehmensbereich fokussierte sich

wicklung konnte die Krise ohne nachhaltige finanzielle

nämlich frühzeitig auf die Wachstumsmärkte wie Indi-

Schwierigkeiten überstanden werden. Die Carl Zeiss

en und China und richtete sein Produktportfolio auf

AG konnte überdies gestärkt aus der Krise hervor-

die speziellen Bedürfnisse in diesen Märkten aus (19).

gehen, so dass das Unternehmen im Geschäftsjahr

Der Unternehmensbereich der Mikroskopie baute

2009/10 sogar einen Rekordumsatz von 2,98 Mrd.

mit einer umfassenden Produktzusammensetzung bei

Euro verbuchen konnte (19).

Systemen zur 3-D-Darstellunge und zur Beobachtung

FOTO: ZEISS AG

lebender Proben seine Technologieführerschaft im Während der Krise wurde in der Carl Zeiss AG die

Bereich der Mikroskopie aus. Besonders stark war die

Kurzarbeit eingeführt, um in der Zukunft hoch qualifi-

Nachfrage nach Systemen im Premium Segment so-

ziertes Personal zur Verfügung zu haben. „Nach der

wie nach neuen Mikroskopen für Routineanwendun-

Krise“ wurden in den Produktionshallen der Carl Zeiss

gen. Wie in der Medizintechnik entwickelt sich auch

AG 36 Prozent der Mitarbeiter beschäftigt.

hier der Markt in Asien sehr erfolgreich (19).

Auch in den Sparten Service und Vertrieb sind mehr

Die industrielle Messtechnik war das Unterneh-

als ein Drittel der Beschäftigten angestellt. Im Bereich

mensfeld, welche die Wirtschaftskrise als letzter

Forschung & Entwicklung werden 15 Prozent der Mit-

verspürte. Gerade die Bereiche Maschinenbau und

arbeiter engagiert. 14 Prozent der Mitarbeiter sind in

Autoindustrie wurden dann aber umso intensiver in

der Carl Zeiss AG im Umfeld Verwaltung tätig (17).

Mitleidenschaft gezogen. Bekanntlich wurde während

Auch die einzelnen Bereiche der Carl Zeiss AG

der Krise nur zögerlich in neue Maschinen und Mess-

think! | 1 | 2011 | 23


skypol gläser

techniken investiert Durch die internationale Marktauf-

Unternehmensbereich „Vision Care“ vollständig in die

stellung konnte aber auch diese schwierigen Zeiten

Carl Zeiss Gruppe zu integrieren (19).

überwunden werden (19). Planetarien, Foto- und Filmobjektive, Sicherheits-

Wie wichtig ein breites Produktportfolio ist, zeigt

techniken, Ferngläser und Spektive gehören zum

sich erst in schwierigen Zeiten. Wenn Unternehmen

breiten Produktspektrum des Unternehmensberei-

nur auf einzelne Produkte setzen, kann es bei diesen

ches Markenoptik & Optronik. Die einzelnen Bereiche

Betrieben dann zu finanziellen Schwierigkeiten kom-

der Markenoptik & Optronik spürten die Auswirkun-

men. Natürlich darf auch die Bedeutung des internati-

gen der Wirtschaftskrise unterschiedlich, wie auch die

onalen Marktes nicht unterschätzt werden. Beispiels-

Dynamik der Erholung. Die Nachfrage nach Foto- und

weise haben solche Unternehmen die Krise leichter

Filmobjektiven sowie nach Ferngläsern und Spek-

überstanden, welche frühzeitig auf die wachsenden

tiven wuchs schneller als im Bereich der Optronik.

Märkte im asiatischen und pazifischen Raum gesetzt

Viele Staaten haben nämlich in den letzten Jahren ihr

haben.

Budget in Sicherheit und Staatsverteidigung gekürzt bzw. Projekte auf unbestimmte Zeit verschoben. Der

Beides hat die Carl Zeiss AG bereits vor Jahren in

Geschäftsbereich mit Planetariumstechnik entwickelt

ihrer Strategieentwicklung berücksichtigt und dadurch

sich hingegen stabil (19).

auch die jüngste Wirtschaftskrise gut überstanden. Ein

Der weltweit zweitgrößte Brillenglashersteller Carl

weiterer Punkt ist sicherlich, dass das Unternehmen

Zeiss Vision GmbH gehörte bisher zu gleichen Teilen

gerade in dieser Phase in Forschung und Entwicklung

der Carl Zeiss AG und dem Private-Equity-Unterneh-

investierte und somit auf Innovationen gesetzt hat.

men EQT. Mit einer Neuordnung der Unternehmensfinanzierung hat die Carl Zeiss AG die Voraussetzungen geschaffen, das Unternehmen ab dem Geschäftsjahr

I nnov at ion, al s S c h l üsse l zum E r f ol g

2010/11 vollständig zu integrieren und mit dem neuen Heute ist der Begriff „Innovation“ in aller Munde. Wie aber die jüngste Zeit gezeigt hat, ist der Innovationsbegriff noch lange nicht in allen Köpfen. Innovationen haben eine sehr hohe Bedeutung für die langfristige beitsplatzsicherung sowie für das Kapital der Gesellschafter. Der Innovationsbegriff stammt von den lateinischen Wörtern „novus“, was „neu“ bedeutet bzw. „innovatio“, was mit „Neuerung“ oder „Erneuerung“ übersetzt

24 | think! | 1 | 2011

FOTO: ZEISS AG

Überlebensfähigkeit eines Unternehmens, für die Ar-


WAHRNEHMUNG

werden kann. Es handelt sich hierbei unteranderem um neue Produkte, neue Verfahren, neue Vertriebswege oder einer neuen Corporate Identity. Somit bedeutet Innovation mehr als rein technische Probleme in Betrieben (20). Damit ein Unternehmen den Prozess von der Idee bis zur erfolgreichen Markteinführung auch umsetzen kann, benötigt es ein funktionierendes Innovationsmanagement. Das Innovationsmanagement hat hierbei die Aufgabe, durch bewusste innovationsunterstützende Tätigkeiten die Anzahl und Qualität von Innovationen zu fördern (21). Technologiemanagement und das Management Abgrenzung Innovationsmanagement (23)

von Forschung und Entwicklung wird häufig mit dem Begriff des Innovationsmanagement in Verbindung gebracht. Einzig aber das Innovationsmanagement beschäftigt sich von der Grundlagenforschung bis hin zur Markteinführung eines Produktes. Beinhaltet somit auch die Bereiche Forschung und Entwicklung sowie dem Bereich des Technologiemanagements (21). Um als Unternehmen auch langfristig erfolgreich zu sein, braucht es vor allem eines: die richtige Innovationskultur. So sind unteranderem Innovationsquellen gezielt aufzuspüren und freizusetzen. Denn die meisten Ideen schlummern bereits in den Köpfen der eige-

think! | 1 | 2011 | 25


nen Mitarbeiter und müssen nur noch geweckt werden (22). Die Carl Zeiss AG unterstützt zum Beispiel mit unterschiedlichen Förderungsprogrammen die Kreativität der eigenen Mitarbeiter, was wiederum zu einem stetigen Strom neuerer Produkte und Lösungen führt. Um den Innovationsgedanken bei den Mitarbeitern hervorzurufen, beteiligen sich jedes Jahr dutzende Teams an einem innerbetrieblichen Innovationswett-

OPMI © v a r i o 7 0 0

bewerb, der in sechs Kategorien die besten Projekte auszeichnet. Gleichzeitig besteht ein Netzwerk zu führenden Hochschulen und Instituten, um einen

zeigt sich auch darin, dass die Hälfte des Umsatzes

schnellen Zugang zu Erkenntnissen der Grundlagen-

mit Produkten, die nicht älter als drei Jahre sind, er-

forschung zu besitzen.

wirtschaftet wird. Weltweit hält die Carl Zeiss AG rund

Die Carl Zeiss AG unterstützt auch Jugendliche beim größten europäische Wettbewerb „Jugend forscht“. Des Weiteren wurde der bekannte CarlZeiss-Forschungspreis von der Carl-Zeiss-Stiftung

4000 erteilte Patente (17).

C arl Z e iss AG e r f ol gre ic h , auc h nac h m e h r al s 1 5 0 J ah re N

zur Forderung der Forschung ins Leben gerufen (17).

Fo r s c h un g u n d E n t wi cklu n g a ls T ei l d es In n o vatio n s man a g emen t

Die Carl Zeiss AG zeigt, wie es nach zwei Weltkriegen und 150 Jahren Unternehmensgeschichte geht, erfolgreich zu sein. Mittels Innovationen, einem brei-

Im Geschäftsjahr 2009/10 beschäftigt die Carl Zeiss

Markt ist es möglich, auch schwierige Zeiten gut zu

AG 2007 Mitarbeiter im Bereich Forschung und Ent-

überstehen und diese Phasen für den anschließenden

wicklung, was ca. 15 Prozent der Gesamtmitarbeiter-

Aufschwung zu nutzen.

zahl entspricht. In den letzten Jahren lag der Anteil

Gerade die Investitionen in Forschung und Entwick-

an Mitarbeiter in der Forschungs- und Entwicklungs-

lung sind Faktoren für eine erfolgreiche Zukunft. Wie

abteilung konstant zwischen 15 und 16 Prozent (19).

aufstrebend die Carl Zeiss AG im Bereich Innovation

Gerade in der Wirtschaftskrise setzte die Carl Zeiss

ist, zeigen nicht nur die Unternehmensdaten sondern

AG auf Innovationen. So wurden 321 Millionen Euro

auch viele erhaltene Innovationspreise in den letzten

bereits im Geschäftsjahr 2007/08 in den Bereich For-

Jahren. So erhielt man heuer den Deutschen Innova-

schung und Entwicklung investiert um der Wirtschaft-

tionspreis 2011 als Auszeichnung für das intraoperati-

krise zu trotzen. In dem darauffolgenden schwierigen

ve Bestrahlungsgerät „Intrabeam“ (17).

Jahr wurden 14 Prozent und im letzten Geschäftsjahr

Um auch in der Zukunft erfolgreich zu sein, wird die

10 Prozent des Umsatzes für diesen Zuständigkeits-

Carl Zeiss AG auch in den nächsten Jahren weiter in

bereich aufgewendet (19).

Forschung und Entwicklung investieren.

Um die eigenen Erfindungen auch zu schützen, hat

Durch die große Forschungs- und Entwicklungsab-

das Unternehmen für zahlreiche Produkte Patente

teilung und durch Innovationsförderungsprogramme

angemeldet. Im Geschäftsjahr 2007/08 hat die Carl

ist die Carl Zeiss AG ein Vorbild im Bereich Innovation

Zeiss AG mit 422 Patentanmeldungen die höchste

und Innovationsmanagement und kann somit in eine

Anzahl der letzten Jahre zu verbuchen (19).

erfolgreiche Zukunft blicken. Denn Zeiss „make it vi-

Dass das Unternehmen den Innovationsbegriff lebt,

26 | think! | 1 | 2011

sible“.

FOTO: ZEISS AG

ten Produktportfolio und einem großen internationalen


WAHRNEHMUNG | PORTRÄT

i Strahlend I Lise Meitner „Als sich Ende 1938 herausstellte, dass einzelne Neutronen – elektrisch neutrale Elementarteilchen – Atomkerne zu zertrümmern vermögen, waren die Wissenschaftler völlig überrascht. Keine physikalische Theorie hatte das Phänomen vorhergesagt, und die Entdecker ahnten noch nicht, dass daraus bald Atombomben und Kernkraftwerke hervorgehen würden“ (1). Die österreichisch-schwedische Kernphysikerin war eine der führenden Wissenschaftlerinnen im Bereich der Kernphysik und eine der ersten Frauen überhaupt, die in der Wissenschaft Karriere machten. Sie war maßgeblich an der Entdeckung und Erforschung der Kernspaltung beteiligt. Sie arbeitete ab 1907 mit Otto Hahn zusammen, mit dem sie 1917 das Element Protactinium entdeckte. Allein Lise Meitner erkannte die Tragweite jener Experimente mit Uran, deren Resultate sie als die Spaltung der Atomkerne verstand. 1939 lieferte sie zusammen mit Otto Robert Frisch die erste physikalisch-theoretische Erklärung der Kernspaltung, die ihr Kollege Otto Hahn und dessen Assistent Fritz Straßmann 1938 entdeckt und mit radiochemischen Methoden nachgewiesen hatten... (2)

lise Meitner wurde am 7. November 1878 in Wien als Tochter von Dr. Philipp Meitner, Hof- und Gerichtsadvokat, und Hedwig, geborene Skovran geboren. Im Alter von sechzehn Jahren benannte sie sich in Lise um und unterzeichnete auch mit Lise Meitner. Das Ehepaar Meitner hatte fünf Mädchen und drei Buben und obwohl beide Elternteile jüdisch waren, ließen sie ihre Kinder protestantisch taufen (3; 4). Sie maturierte 1901 als externe Schülerin an einem Knabengymnasium,

LISE MEITNER

zumal es zu ihrer Zeit keine Mädchen-Mittelschulen gab, die zum Studium an einer Universität als ordentli-

beiten mit Otto Hahn. Die Erlaubnis zur wissenschaft-

che Hörerin berechtigten. Im Anschluss daran begann

lichen Zusammenarbeit knüpfte Hahns Chef an Meit-

sie an der Universität Wien Mathematik, Physik und

ners Versprechen, niemals das Institut zu betreten. Ihr

Philosophie zu studieren und schloss 1906 als zweite

Arbeitsplatz wurde eine Holzwerkstatt im Keller. Trotz

Frau erfolgreich ihre Promotion ab. Um, wie Meitner

dieser Widerstände gab Meitner nicht auf und wurde

sagte, ein „wirkliches Verständnis von Physik zu ge-

dafür 1912 mit einer Stelle als Universitätsassistentin

winnen“, wechselte sie im darauffolgenden Jahr nach

bei Max Planck belohnt (2). Sie war damit die erste

Berlin und begann ab 1907 ihre experimentellen Ar-

preußische Universitätsassistentin (4).

think! | 1 | 2011 | 27


WAHRNEHMUNG | PORTRÄT

IM LABOR MIT OTTO H A H N In den Jahren 1915/16 war sie im Zuge des ersten

mann zufällig die erste Kernspaltung. Da sie sich ihre

Weltkriegs in einem Frontlazarett als Röntgenschwes-

Ergebnisse nicht erklären konnten, fragten sie Meitner

ter tätig und setzte danach ihre Zusammenarbeit mit

schriftlich um Rat, welche die beiden drängte, weite-

Otto Hahn fort. Mit ihm zusammen entdeckte sie 1918

re Kontrollexperimente durchzuführen. Diese führten

das Element Nr. 91 (Protactinium) und übernimmt im

dann letztlich zur Entdeckung der Kernspaltung. Meit-

selben Jahr die Leitung der radiophysikalischen Ab-

ner lieferte 1939, gemeinsam mit ihrem Neffen Otto

teilung am Kaiser-Wilhelm-Institut. Besonders die Un-

Robert Frisch, die erste theoretische Deutung dazu

tersuchung von Alpha-, Beta- und Gamma-Strahlung,

(2). Dennoch erhielt 1944 Otto Hahn allein den Nobel-

derer sie sich widmet, macht sie international bekannt

preis in Chemie für die Entdeckung der Kernspaltung -

(3). 1922 habilitierte sie –als erste Frau- in Physik und

sowohl Lise Meitner als auch Fritz Straßmann wurden

lehrte ab 1923 an der Berliner Universität, wo sie 1926

dabei nicht berücksichtigt (4).

zum außerordentlichen Professor ernannt wurde. Im

1946 übernimmt sie eine Gastprofessur an der Ka-

Jahr 1933 wurde ihr ihre Lehrerlaubnis ob ihrer jüdi-

tholischen Universität Washington und wird im selben

schen Abstammung allerdings wieder entzogen. Da

Jahr zur Frau des Jahres in den USA gewählt. Im Jahr

sie jedoch österreichische Staatsbürgerin war, konnte

1947 erhielt Meitner eine Forschungsprofessur an der

sie ihre Stellung am Institut weiterhin behalten und ihre

Königlich- Technischen Hochschule von Stockholm

Arbeit fortsetzen.

und 1955 den Otto- Hahn- Preis sowie in weiterer Folge 1959 das Bundesverdienstkreuz.

Von 1908 bis 1938 publizierte sie 107 Arbeiten, 39

Achtzigjährig wurde sie Ehrenbürgerin der Stadt

davon alleine und 68 zusammen mit Otto Hahn und

Wien – ihre österreichische Staatsbürgerschaft hatte

anderen Wissenschaftlern. Nach dem Anschluss Ös-

sie nie abgelegt, obwohl sie bis 1960 in Schweden

terreichs an das Deutsche Reich wurde Lise Meitner

lebte und dann nach Cambridge übersiedelte, wo

deutsche Staatbürgerin und emigrierte im Juli 1938

sie 1968 starb (3; 4). Lise Meitner ist -neben anderen

nach Schweden, wo ihr in Stockholm am Nobel-Insti-

zahlreichen Bildungseinrichtungen- die Namensge-

tut eine Stelle angeboten wurde (4).

berin der ABC- Abwehrschule des Österreichischen

Im selben Jahr gelang Otto Hahn und Fritz Straß-

28 | think! | 1 | 2011

Bundesheeres.


WAHRNEHMUNG literatur

autoren

1. Sime, Ruth Lewin. Lise Meitner und die Kernspaltung. Spektrum der Wissenschaft. 1998, 5. 2. www.whoswho.de. Lise Meitner - Biografie WHO`S WHO. [Online] [Zitat vom: 11. 04 2011.] http://www.whoswho.de/templ/ te_bio.php?PID=723&RID=1. 3. Maurmair, Silke und Harders, Levke. Lise Meitner. LeMO Lebendiges virtuelles Museum Online. [Online] [Zitat vom: 11. 04 2011.] http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/MeitnerLise/. 4. Stadler, Helga. Lise Meitner. LISE - Mädchen und naturwissenschaftlicher Unterricht. [Online] [Zitat vom: 11. 04 2011.] http://

Stefan Hinteregger, BA

lise.univie.ac.at/physikerinnen/historisch/lise-meitner.htm.

Stefan.Hinteregger@edu.fh-kaernten.ac.at

5. Reichart, Sybille und Reichart, Markus. Erfolgsfaktor Innovationsprozess bei der Siemens AG. zfo. 75.Jg, 2006, 3. 6. Zechbauer, Ulrike. Immer einen Schritt voraus. Pictures of the Future. 2006, Herbst, S. 47-49. 7. Siemens History Site- Persönlichkeiten. 2011. [Zitat vom: 15. 5 2011.] http://www.siemens.com/history/pool/perseunlichkeiten/ gruendergeneration/werner_von_siemens.pdf. 8. Siemens History Site- Innovation. [Zitat vom: 17. 5 2011.] http://www.siemens.com/history/de/innovationen/index.htm. 9. Siemens Deutschland- Geschichte. [Online] [Zitat vom: 15. 5 2011.] http://www.siemens.de/ueberuns/geschichte/Seiten/

Hannes Martinz, BA

home.aspx.

Hannes.Martinz@edu.fh-kaernten.ac.at

10. Becker, Stefan und Reinhardt, Imke. Best Practices im Innovationsprozessmanagement. zfo. 2006, 5. 11. von Michel, Achim. Alle neun Minuten ein neues. Arbeit und Arbeitsrecht – Personal-Profi. 2008, 10. 12. Siemens AG. Das Geheimnis der erfolgreichen Innovation. Industry Journal. 2010, 3, S. 10-17. 13. —. Innovation@Siemens 2011. 12 2010. 14. Schwarz, Sven, Riedl, Gilad und Ures, Miloslav. Innerbetriebliches Innovationsmanagement als Prozess. HMD - Praxis der Wirtschaftsinformatik. 2010, 273, S. 35-45. 15. Gräfe, Gernot und Plaßmann, Birgit. Open Innovation und andere Organisationsformen für Innovationsprojekte im Vergleich – Ergebnisse einer qualitativen Studie zum Innovationsmanage-

Daniela Winkler, Bsc Daniela.Winkler@edu.fh-kaernten.ac.at

ment. Paderborn : Siemens AG und Universität Paderborn, 2010. ISSN 1619-7879. 16. Wolfgang Mühlfriedel, Edith Hellmuth. http://www.zeiss.de/ konzern. [Online] [Zitat vom: 7. April 2011.] 17. www.zeiss.de. [Online] Carl Zeiss AG. [Zitat vom: 7. 4 2011.] 18. Hermann, A. Und trotzdem Brüder: Die deutsch-deutsche Geschichte der Firma Zeiss. München : Piper Verlag GmbH, 2002. 19. AG, Carl Zeiss. Geschäftsbericht Carl Zeiss Gruppe 2009/10. Oberkochen : s.n., 2010. 20. Hausschildt, J. Innovationsmanagement. 3. völlig überarbeitete und erweiterte Auflage. München : Vahlen Verlag, 2004. In: Granig, P. Innovationsbewertung. Wiesbaden : Deutscher Universitäts-Verlag, 2007. 21. Granig, P. Innovationsbewertung. Wiesbaden : Deutscher Universitäts-Verlag, 2007. 22. Disselkamp, M. Innovationsmanagement. Wiesbaden : GWV

Fotos:

Fachverlag GmbH, 2005.

Archiv der Max-Planck-Gesellschaft, Berlin-Dahlem

23. Macharzina, K. Unternehmensführung. 2. Auflage. Wiesba-

Helmholtz-Zentrum Berlin; download am 20. Mai 2011 unter:

den : s.n., 1995. In: Granig, P. Innovationsbewertung. Wiesbaden :

http://www.helmholtzberlin.de/aktuell/pr /bildarchiv/allgemein/

Deutscher Universitäts-Verlag, 2007.

historie_de.html

think! | 1 | 2011 | 29


(

KURZFASSUNG

)

APPLE | JOHNSON & JOHNSON

MELITTA NENTZ

Spätestens seit den 70er Jahren, als sich die Verkäufermärkte zu Käufermärkten wandelten, mussten Unternehmen ihre Innovations-Strategien vermehrt am Kunden orientieren, ohne dabei ihre interne, ressourcenbasierte Sicht mit Fokus auf die Kernkompetenz zu verlieren. Erfolgreiches Innovationsmanagement muss daher ganzheitlich erfolgen und sich aktiv mit Visionen, Missionen und Werten auseinandersetzen (1). Die Unternehmen Apple und Johnson & Johnson schafften im Laufe ihrer Firmengeschichte beides sehr erfolgreich, einerseits sich an der Befriedigung von Kundenwünschen zu orientieren, sowie andererseits der Erfüllung ihrer sozialen Verantwortung innerhalb der globalen Gesellschaft gerecht zu werden.

Sie kam 1908 auf die Idee, den Kaffeesatz mit Hilfe eines Papierfilters aus den Tassen zu verbannen. Dazu durchlöcherte sie den Boden eines Messingtopfes zu einem siebartigen Gefäß und legte darauf ein Löschblatt aus dem Schulheft ihres ältesten Sohnes.

Die fast 35jährige Geschichte von Apple ist geprägt von dem Mythos der Erfüllung des „amerikanischen Traumes“. Drei Studenten aus dem Silicon Valley, Steven Paul Jobs, Stephen Gary Wozniak und Ronald Gerald Wayne, gelang es mit geringem finanziellem Startkapital ein Unternehmen aufzubauen, das aktuell einen Marktwert von 319,5 Mrd. US$ aufweist und im ersten Quartal 2011 erstmalig einen höheren Gewinn als sein größter Konkurrenten Microsoft ausweisen kann. (2) Ob bebe, o.b., Carefree, Compeed, Fenjal, Neutrogena, Penaten oder RoC, alles Markennamen, die jeder von uns kennt und die aus unserem Alltag bzw. Badezimmer nicht mehr weg zu denken währen. Hinter dieser Vielfalt an Markennamen steht die Johnson & Johnson GmbH. Ein Unternehmen in der Gesundheitsindustrie welche ihre Strategien und das eigens kreierte Firmencredo sehr glaubwürdig im Alltag verankert hat.

30 | think! | 1 | 2011

Melitta Bentz wusste vom bleibenden Wert ihres ramponierten Topfes. Sie meldete ihre Erfindung beim Kaiserlichen Patentamt zu Berlin an. Mit Registrierung vom 8. Juli 1908 auf Seite 1145 der Patentblätter des Kaiserlichen Patentamtes zu Berlin erhielt sie für ihren „Kaffeefilter mit auf der Unterseite gewölbtem und mit Vertiefung versehenen Boden sowie mit schräg gerichteten Durchflußlöchern“ und dazugehörigem „Filtrierpapier“ Gebrauchsmusterschutz. Noch im gleichen Jahr gründete sie eine Firma auf ihren Namen.


Von Heidi Gasser, Sigrid Raditschnig und Bettina Slapnik.

APPLE | JOHNSON & JOHNSON

„Wer innovativ ist, begeht manchmal auch Fehler. Dann ist es wichtig, diese so schnell wie möglich einzugestehen, um den Blick wieder nach vorne richten zu können.“(15) S t e v e J o b s think! | 1 | 2011 | 31


(

der apple kult

)

D e r A m e r i c a n D r e a m a u s d e m Si l i c o n V a l l e y Die fast 35jährige Geschichte von Apple ist geprägt von dem Mythos der Erfüllung des „amerikanischen Traumes“. Drei Studenten aus dem Silicon Valley, Steven Paul Jobs, Stephen Gary Wozniak und Ronald Gerald Wayne, gelang es mit geringem finanziellem Startkapital ein Unternehmen aufzubauen, das aktuell einen Marktwert von 319,5 Mrd. US$ aufweist und im ersten Quartal 2011 erstmalig einen höheren Gewinn als sein größter Konkurrenten Microsoft ausweisen kann. (2)

pple steht für Pioniergeist und In-

gend südlich von San Francisco verfiel in eine „elekt-

novation, die Produkte waren seit

ronische“ Aufbruchsstimmung, die immer mehr Bast-

Beginn der Firmengeschichte zu-

ler in diese Gegend führte. Als die Firma MITS 1975

kunftsweisend. iPod, iPhone und

mit dem „Altair“ den ersten Computerbausatz auf

iPad gelten zwar mittlerweile auch als Statussymbo-

den Markt brachte, wurde der „Homebrew Computer

le, doch Apple schaffte es im Laufe seiner Firmen-

Club“ gegründet, der Menschen wie Wozniak die Ge-

geschichte immer – wenn auch nicht mit all seinen

legenheit gab, ihre Entwürfe zu präsentieren und de-

Neuerungen – zukünftige Kundenbedürfnisse voraus-

ren Konzepte zu diskutieren. (4) Speziell für Stephen

zusehen und diese zu erfüllen. Der aktuell hohe Social

Wozniak war die Rückmeldung der anderen Clubmit-

Brand Value zum Beispiel – und die damit verbundene

glieder immer wichtiger Gradmesser, ob Apple mit sei-

Kundenloyalität – entsteht größtenteils dadurch, dass

nen Produkten auch den Ansprüchen der jeweiligen

es für Kunden möglich ist, mit Apple ihr steigendes

Zeit gerecht wurde.

Bedürfnis nach sozialer Interaktion zu befriedigen und die Marke dabei mehr als Partner denn als Verkäufer

Appl e I

gesehen wird. (3) Schon 1976 erkannten Steven Jobs und Stepehen

D i e ers ten J a h r e

Wozniak, dass Computer ein Massenprodukt werden konnten, wenn deren Bedienung nicht mehr nur den

Jobs und Wozniaks Jungendjahre waren geprägt

Spezialisten vorbehalten war. Der Apple I bestand ei-

von der Aufbruchsstimmung die im Silicon Valley der

gentlich nur aus einer Platine, die in einem Holzge-

siebziger Jahre herrschte. Intel produzierte 1971 den

häuse saß, trotzdem eröffnete er ein neues Compu-

ersten Mikroprozessor und die gesamte Küstenge-

terzeitalter: das der leicht bedienbaren Rechner für Privatpersonen. Obwohl Jobs und Wozniak nicht da-

Ap p le G es ch i cht e 1 97 6 – 20 1 0

von ausgingen, dass der Apple I schon kommerziell

197 6 Die ersten 100 Stück einer funktionstüchtigen PC-Platine,

Apple Computer wurde am 1. April 1976 in Palo Alto/Kalifornien gegründet.

32 | think! | 1 | 2011

der legendäre Apple I, wurden für 666.66 Dollar ab Mai 1976 in den Byte Shops zum Verkauf angeboten.


APPLE |

erfolgreich werden würde, bekamen Sie von einem lokalen Unternehmer – Paul Terell – den Auftrag 100 Stück davon herzustellen, allerdings mit der Auflage,

Apple II wuchs von mehreren Tausend Stück 1977, auf

dass der Apple I ein voll funktionstüchtiger Rechner

mehr als 35.000 Stück im Jahr 1979, was einen Um-

inklusive Kassettenlaufwerk sei.

zug im Jahr 1978 in ein neues Firmengelände in Cup-

Von Beginn an kristallisierte sich die ungewöhnliche

ertino nötig machte. Die Mitarbeiterzahl bis 1980 stieg

Arbeitsteilung der beiden im – am 1. April gegründe-

auf mehr als 1.000 Angestellte. Der Erfolg des Apple

ten – Unternehmen „Apple“ heraus. Wozniak, ein be-

II brachte aber auch immer mehr Konkurrenzprodukte

gnadeter „Tüftler“, arbeitete an der Weiterentwicklung

auf den Markt und die Apple Führung sah sich bald

seines Computers und Jobs kümmerte sich um die

mit der Tatsache konfrontiert, dass das Nachfolgepro-

Vermarktung und Finanzierung.

dukt, der Apple II Plus nicht mit den immer schneller steigenden Kundenwünschen Schritt halten konnte.

Der A p p le II

Als 1979 IBM ankündigte, in den PC Markt einsteigen zu wollen, konzentrierten sich die Bemühungen

Jobs Intentionen waren auch immer von dem

Apples auf die Entwicklung eines bürotauglichen PCs

Wunsch nach geschäftlichem Erfolg angetrieben, es

– den Apple III – um den Officemarkt nicht an IBM zu

reichte ihm nicht, seine Produkt-Ideen zu verwirkli-

verlieren.

chen, er wollte „Geld machen“. Deshalb suchte er nach an potenziellen Finanziers um die Produktivi-

De r Appl e III

tät steigern zu können. In Clifford Markkula – einem 34jährigen Aktienbesitzer mehrerer Elektronikfirmen –

Die technische Entwicklung des Apple III war nicht

fand er einen Mentor, der an das junge Unternehmen

mehr Wozniak unterstellt, sondern Jobs selbst leitete

glaubte.

ein Team aus 50 Mitgliedern. Er wollte seine Vorstel-

Markkula investierte 92.000 US $ Eigenkapital und

lungen vom Design einbringen und entwickelte das

bürgte für einen Kredit von weiteren 250.000 US $ bei

Gehäuse, bevor die Größe der benötigten Platine fest-

der Bank of Amerika. Damit konnten Jobs und Woz-

stand. Obwohl der Apple III bei Einführung 1980 den

niak 1977 den Apple II, den ersten richtigen Personal Computer mit Tastatur und – optional – Bildschirm, zum Preis von 1.298 US $ auf den Markt bringen. Erst durch diese finanzielle Absicherung ließ Wozniak sich überreden, seinen Job bei Hewlett Packard aufzugeben. Der Apple II war in BASIC programmiert, konnte Farbe ausgeben und durch seine zahlreichen freien Steckplätze war er mittels Speicherkarten aufrüstbar. Gleichzeitig mit Einführung des Apple II wurde ein neues Logo – das in der Silhouette bis jetzt gültige – Apple Logo zum Brand. Die Nachfrage nach dem

„Der Apple III entsprach einem Baby, das auf einer Gruppenorgie gezeugt worden war. Später klagten alle über starke Kopfschmerzen, und über das Mischlingsbaby sagte jeder: meins ist es jedenfalls nicht.“ Randy Wigginton, Mitentwickler (6)

197 7 Das Unternehmen wird in eine Aktiengesellschaft Apple produziert den ersten vollwertigen Personalcomputer, den Apple II. Dieser kostet 1.298 Dollar

umgewandelt und verbucht am Ende des ersten Geschäftsjahres 774.000 Dollar Umsatz.

und akzeptiert einen Fernseher als Bildschirm.

think! | 1 | 2011 | 33


(

innovationskultur

)

Untersucht man innovative Unternehmen so fällt oft der Name Apple. Seit 2004 wird Apple 5 mal als innovativstes Unternehmen weltweit gereiht. Wobei die einzelnen Erfolgsfaktoren nicht klar abgrenzbar sind

u Beginn verfolgte das Unterneh-

zelpersonen. So wurde im Sommer 1997 auch die

men eine radikale Produkt-Innova-

Beziehung zu Microsoft neu gestaltet, indem Apple

tionsstrategie. Bei Einführung gab

eine Kooperation mit dem ehemaligen Konkurrenten

es keine vergleichbaren Produkte,

einging und Microsofts Internet Explorer als Standard-

doch da diese meist nicht ausgereift waren, wurden

browser auf allen Macs installierte. Im Gegenzug dazu,

sie ständig weiterentwickelt, wodurch man dann von

verpflichtete sich Bill Gates das Office-Paket weitere

Neuheiten mit inkrementellen Innovationsgraden spre-

fünf Jahre für den Mac anzubieten. Gleichzeitig inves-

chen kann. (24)

tierte Microsoft 150 Millionen US $ in Apple.

Wozniak, der oft vor Mitgliedern anderer Computer-

Da keine Angaben über Gehaltszahlungen oder an-

clubs Reden hielt, betonte immer die seiner Meinung

dere Bonusprogramme zu recherchieren waren, kann

nach wichtigsten Erfolgsfaktoren von Apple: Erstens

nur über die Gründe der Einzelpersonen spekuliert

die intrinsische Intention – sie wollten Produkte her-

werden. Es ist aber anzunehmen, dass es für enga-

stellen, die sie gern selbst zu Hause hätten und mit

gierte Ingenieure sehr wohl von Interesse sein kann,

denen sie selbst gerne arbeiten würden.

bei einem so innovativen Unternehmen mit zu arbei-

Zweitens, seiner Meinung nach: Sie hatten Glück,

ten. Allerdings wurden den Mitarbeitern von Apple in

die richtigen Menschen zum richtigen Zeitpunkt zu

den Anfängen die Möglichkeit gegeben, günstig Akti-

treffen und sie an die richtigen Stellen zu setzen. (4)

en des Unternehmens zu erwerben.(8) Speziell Jobs sieht die größte Stärke des Unterneh-

Apple hat unter all seinen CEOs immer Technolo-

mens in den Talenten seiner Entwickler, seine Strate-

gie-Wissen zugekauft. Entweder in Form von Koope-

gie beruhte nie auf Kostenreduktion, sondern in der

rationen mit anderen Firmen, oder in Form von Ein-

Schaffung eines kreativen Umfeldes in dem Designer und Ingenieure die Möglichkeit haben, ihre Ideen um-

„Möchten Sie wirklich den Rest Ihres Lebens Zuckerwasser verkaufen, anstatt die Chance zu ergreifen, die Welt zu verändern?“ Steve Jobs zu John Sculley (10)

197 8

zusetzen. Das Unternehmen ist in einzelne Divisionen aufgeteilt, die Entwickler können Grundlagenforschung Apple geht an die Börse und betritt den europäischen Markt. Der Apple II wurde in der Produktionsstätte in Cork/Irland hergestellt.

1980 Apple überspringt die 100-Millionen-Dollar-Umsatzgren-

Umzug in ein neues Firmengebäude in Cupertino

ze und beschäftigte über 1.000 Mitarbeiter. Der Apple III wird der erste Flop in der Firmengeschichte

34 | think! | 1 | 2011


APPLE |

technischen Anforderungen des Marktes hinsichtlich Prozessor, Speicherkapazität und Grafikleistung entsprach, wurde er der erste Flop der Firmengeschich-

im Unternehmen, das bis zur Fertigstellung 1983 der

te. Aufgrund der von Jobs vorgegebenen maximalen

ersten PCs über 50 Millionen US $ an Entwicklungs-

Größe des PCs konnten keine adäquaten Kühlsyste-

budget verbrauchte. LISA fand zwar bei den Kritikern

me in den Rechner eingebaut werden und die PCs

großen Zuspruch, doch der Verkaufspreis von 10.000

waren nicht funktionstüchtig. (5)

US $ war für die breite Masse der Kunden zu hoch

Die 1981 vorgestellte Version des Apple III wies diese

und die fehlende Kompatibilität zu anderen Plattfor-

Fehler zwar nicht mehr auf, trotzdem blieb die Nach-

men wurde von den Kunden als zusätzlicher Mangel

frage nach diesem Produkt im Vergleich zum Apple II

angesehen.

so gering, dass Apple die Produktion des nochmals erweiterten Apple III Plus’ 1984 einstellte.

A p p le g eht a n di e B ö r s e

De r Ma c i nt osh Jobs und Sculley investieren den Großteil ihrer Ressourcen in die Entwicklung und Vermarktung des Ma-

1980, knapp vier Jahre nach Gründung, geht Apple

cintosh und am 22. Jänner 1984 wurde während des

an die amerikanische Börse und verkauft 4,6 Millionen

Super Bowl XVIII der mittlerweile legendäre Werbespot

Aktien zu je 22 US $. Schon am ersten Tag stieg der

zur Einführung des ersten Macintosh ca. 100 Millionen

Kurs auf 29 US $ und Apple hatte einen Marktwert

Fernsehzuschauern präsentiert. In einer orwellschen

von ca. 1,8 Mrd US $. Die Mitarbeiter, die in den Jah-

Zukunftsvision „erlöst“ eine bunt gekleidete Frau eine

ren davor große Aktienpakete günstig erworben hat-

Ansammlung von Menschen mit ausdruckslosen Ge-

ten, wurden somit zu Millionären bzw. Multimillionären.

sichtern von der Überwachung durch den allgegen-

Doch da Apple den Zugang in die amerikanischen

wärtigen Big Brother. Der Slogan danach lautet: „On

Büros mit dem Apple III nicht schaffte und IMB 1980

January 24th, Apple Computer will introduce Macin-

den „Big Blue“ ins Rennen schickte, der – obwohl we-

tosh. And you’ll see why 1984 won’t be like ‘1984’“

der technisch modern noch optisch neu – ein Riesen-

(10)

erfolg wurde, standen dem Unternehmen schwierige

Sculleys und Jobs kontroverse Marketingstrategie brachte der Einführung des Macintosh ein bisher nicht

Zeiten bevor.

da gewesenes Medienecho und die Entscheidung Apple arbeitete an einem neuen Computer der

den Spot nur einmalig auszustrahlen verstärkte dies

1981, oder 1982 für ca. 2.000 US $ auf den Markt

noch. Obwohl IBM nicht im Spot erwähnt wurde, war

kommen sollte. Das Konzept von LISA wurde im Auf-

die Botschaft klar, der Macintosh sollte die Antwort auf

trag von Jobs einer von Xerox entwickelter grafischen

den allgegenwärtigen Big Blue sein.

Benutzeroberfläche mit Symbolen und einer Menül-

Der Preis bei Einführung von 2. 495 US $ entsprach

eiste angeglichen, die sich fundamental von dem bis

zwar nicht mehr der ursprünglichen Vorstellung von

dahin üblichen textbasierenden Betriebssystemen

max. 500 US $, trotzdem standen die Menschen vor

unterschied. Bald galt LISA als das wichtigste Projekt

den Computerläden Schlange.

1981

1982 Apple schafft mit einem Umsatz von 583 Millionen

Stephen Wozniak verlässt Apple

Dollar als jüngstes Unternehmen den Sprung in die Top 500-Liste von Amerikas führenden Firmen.

think! | 1 | 2011 | 35


(

innovationskultur

)

ohne Kostendruck betreiben. Wenn führenden Mitar-

stellte ihm ein Team von 30 Mann zu Verfügung (26).

beitern die Weiterentwicklung eines Produktes nicht

Auch die Lizentpolitik des Unternehmens änderte sich

mehr herausfordernd genug erscheint, wird ihnen die

im Laufe des Bestehens mehrmals – je nach CEO und

Möglichkeit gegeben, neue Projekte zu initiieren. Wei-

Auftragslage.

ters werden ehemalige Mitarbeiter, die selbstständig an neuen Ideen arbeiten, oft wieder ins Unternehmen

Ein weiterer, wesentlicher Punkt ist die vom Unter-

zurück geholt. Wenn die Produktion von Produkten

nehmen verfolgte Marketingstrategie. Nicht nur, die

eingestellt wird, wird das Technologiewissen in andere

Gestaltung der Werbung war innovativ, Apple schaff-

Entwicklungen integriert. (12)

te es auch durch seine externe Kommunikation eine

Oft wird für ein Produkt in zwei mögliche Richtun-

persönliche Bindung zwischen Produkt und Kunden

gen entwickelt, so wurde seit den Anfängen von Mac

aufzubauen und so die Kundenloyalität über die Jahre

OS X daran gearbeitet, das Betriebssystem auch für

zu festigen, auch wenn die Marktlage schlecht war.

Windows basierende Rechner komaptibel zu machen.

Die Kunden fühlen sich der „Apple Community“ zu-

Gleichzeitig sicherte sich Apple die Kooperationsbe-

gehörig, deren wichtigstes Event die jährliche Mac-

reitschaft anderer Softwarehersteller damit es bei

World ist. Dieser vorangehend werden Plakataktionen

Bedarf zu keinen Lieferverzögerungen von externen

mit Vorankündigungen vorgeschalten, wobei nur die

Programmen kam.

Innovation, aber keine spezifischen Details veröffentlich werden. Weiters werden die Auslieferungstage

Aktuell kann man Apple als Unternehmen einstu-

der Produkte weltweit synchronisiert und auf den Tag

fen, dass ein „Open Innovation“ System betreibt.

genau konkretisiert, was zu einer weiteren Steigerung

Open Innovation wird als Gegenpol zum klassischen

des Interesses bei den Kunden führt. (24)

F&E System gesehen und lehnt an das Open-Source Verständnis der Softwareentwickler an. Es ist ein sich

Als letzter Punkt ist sicherlich die ungewöhnliche Art

weitgehend selbst organisierendes, eigenmotiviertes,

der Führung – nicht nur durch Steven Jobs – zu se-

internetgestütztes System zur Gestaltung von Innova-

hen. Alle der oft wechselnden CEOs übten ihre Tätig-

tionen.

keit mit großer Leidenschaft aus und versuchten den

Wenn die internen personellen Ressourcen nicht

innovativen Charakter von Apple zu erhalten. Von Ste-

ausreichen, kauft Apple auch Softwarelösungen zu

ven Jobs weiß man dass sein Führungsstil nicht von

und verringert so die Entwicklungszeit. So kaufte App-

allen Mitarbeitern geschätzt wurde (25). Er beschäftigt

le zum Beispiel die Grundidee für den iPod von einem

in den Anfängen des Unternehmens gerne junge Mit-

selbstständigen Entwickler zu, engagierte ihn und

arbeiter, die sich von seiner Begeisterung anstecken ließen, zog mit seinen Projekt-Teams oft in eigene Ge-

Apple stellt „LISA“ vor, den ersten PC mit Maus-

bäude, auf dessen Dach zum Beispiel die Piratenflag-

führung. John Sculley wechselte als CEO von

ge gehisst wurde und er sorgte für Vorzugsbehand-

Pepsi zu Apple

1983

lungen der am Projekt beteiligten Mitarbeiter.

1984

Im Geschäftsjahr 1983/84 erzielte Apple einen

… folgte der erste Macintosh (128K) mit einer gra-

Umsatz von über 1,5 Milliarden US-Dollar mit dem

fischen Oberfläche, Tonausgabe und einem hoch-

Verkauf von 1,2 Millionen Computern.

36 | think! | 1 | 2011

auflösenden Schwarzweißbildschirm. Apple schreibt erstmalig einen Quartalsverlust.


APPLE |

Doch der Macintosh war technisch nicht ausgereift, durch die fehlende Festplatte und die geringe

müssen. Sculley beauftragte damit Jean-Louis Gas-

Speicherkapazität arbeitete er träge, auch die Soft-

sée, einen ebenso großen Perfektionisten wie Steven

warehersteller, die sich vom Run auf die Geräte an-

Jobs. Das erste Apple Notebook verfügte über ein

stecken ließen, lieferten unausgereifte Produkte.

LC-Display mit einer Auflösung von 640x640 Pixel –

Gleichzeitig war das interne Entwicklerteam durch

1989 eine Innovation –, einer vollständigen Tastatur

die intensive Entwicklungsarbeit erschöpft und nicht

und einem bis zu 4MB aufrüstbaren Arbeitsspeicher.

in der Lage die Mängel zu verbessern. Erstmalig in

Obwohl das Notebook durch sein Gewicht von mehr

der Geschichte von Apple schrieb das Unternehmen

als 7 Kilogramm als mobiler Computer fast nicht zu

Verlust und musste 20% seiner Mitarbeiter verlassen.

gebrauchen war, verkaufte es sich gut und legte somit den Grundstein für alle Nachfolgeprodukte. 1991 kam

N eX T S teps

dann das PowerBook 100 auf den Markt, der erste Laptop nach heutigem Verständnis.

Der Vorstand von Apple machte mehrheitlich Jobs für die Verluste des Unternehmens verantwortlich,

d e r P ow e r PC

Jobs verließ daraufhin im September 1985 Apple und Der 1994 vorgestellte PowerPC war durch die von

gründete mit fünf Mitarbeiten NeXT. Sculley konzentrierte sich in den folgenden Mona-

Motorola weiterentwickelten 601 CPU Prozessoren

ten auf die Weiterentwicklung des Macintosh, aber

ca. doppelt so schnell, wie der damals teuerste Win-

erst 1987 schaffte der Macintosh II den Durchbruch.

dows PC. Die neue Betriebssoftware, die seit 1991

Dieser war durch seine SCSI-Schnittstelle mit anderen

entwickelt wurde, sollte endlich den Anforderungen

Geräten bzw. einem leistungsfähigen Bildschirm kom-

der Business-User gerecht werden, da sie erstmalig

patibel, im Inneren befand sich der neueste Prozessor

Möglichkeiten zur individuellen Anpassungen bot, so-

von Motorola. Durch eine leistungsfähige Grafikkarte,

wie präemptives Multitasking vorsah. Da die Umsätze

sowie die auf bis zu 128 MB erweiterbaren RAM und

konstant tief blieben und die Entwicklung neuer Pro-

die interne Festplatte von bis zu 80 MB schaffte es

dukte Aufgrund der von Amelio vorgenommenen Per-

der Macintosh zwar nicht in alle Büros, er entwickelte

sonalkürzungen nicht vorankam, setzte der Vorstand

sich aber zum führenden Werkzeug für Verlage. Die

Amelio am 6. Juli 1997 als CEO ab.

Kooperation mit Quark, das 1987 ein innovatives Layoutprogramm – XPress – auf den Markt brachte ver-

De r G3

stärkte die Position des Macintosh. Zur Produkteinführung der neuen G3 Serie, die es

D er er s te P o r t ab le PC

sowohl als günstiges Standgerät um 2.000 US $, sowie als PowerBook im Hochpreissegment um 5.700

Doch Apple entwickelte schon seit 1985 einen Por-

US $ gab, erneuerte Jobs die Zusammenarbeit mit

table PC, noch nach Jobs ursprünglichen Vorstellun-

Chiat/Day, die schon für den 1984er Werbespot ver-

gen. Danach sollte der Mac in Buchform auf keine

antwortlich zeichnete. Erstmalig konnten sich End-

der im Macintosh verwendeten Features verzichten

kunden ihren „Wunschmac“ auch elektronisch über

1985

1986 Vorstellung des Mac Plus, der über eine

Steven Jobs verlässt das Unternehmen und

SCSI-Schnittstelle verfügte und dessen

gründet NeXT und Pixar Animation Studios

Speicher bis zu 4 MB aufrüstbar war.

think! | 1 | 2011 | 37


begrüßte seine User mit einem lächelnden Gesicht. Technisch gesehen, war der iMac keine herausragende Neuerung, es wurden lediglich ein schnellerer Chip und eine standardmäßig größere Festplatte verwendet, doch Jobs Entscheidung auf Diskettenlaufwerk und SCSI Schnittstelle zu verzichten, erwiesen sich wieder einmal als zukunftsweisend. Durch die schnellere USB-Schnittstelle konnte der Mac besser mit Peripheriegeräten kommunizieren. Der iMac wurde um 1.299 US $ angeboten und war so weit günstiger als alle vergleichbaren Konkurrenzprodukte. Schon bei Ankündigung erhielt Apple 280.000 Vorbestellungen. Beim 1999 präsentierten iBook, Verkaufspreis 1.599 US $,

investierten die

Konstrukteure viel Zeit um alle Kundenwünsche zu berücksichtigen. Als extra Benefit verfügte es als ers-

m a c s t o r e 5 t h av e n u e

ter Computer über die neue WLAN Technologie, mit

die neuen AppleStores konfigurieren und bequem von

der sich drahtlose Netzwerke aufbauen ließen.

Zuhause aus ordern. Der AppleStore war Teil einer

Apple Strategie ging zu 100% auf. Durch das gute

neuen Vermarktungsstrategie, die neben dem beste-

Preis-Leistungsverhältnis konnten die hohen Ver-

henden Einzelhandel und Fachgeschäften verstärkt

kaufszahlen gehalten werden, was dem Unternehmen

das Internet mit einbezog.

einen Reingewinn von 600 Millionen US $ verschaffte.

Im Herbst 1997 startete Apple die „Think different“-

Im Jahr 2000 verkaufte Apple ca. 4.5 Millionen Macs.

Kampagne, die die Philosophie des Unternehmens

mac book pro

verdeutlichen sollte. Die Botschaft richtete sich an alle, die anders denken, sehen und hören. „Think different“ ehrte jene Querdenker wie Albert Einstein oder Mahatma Gandhi, die ihr Jahrhundert maßgeblich mitgestaltet hatten. Es sind diese leidenschaftlichen, kreativen Menschen, die unsere Welt verändern können, und genau für diese Menschen wollte Apple die besten Werkzeuge schaffen.

Der iMa c Daher entsprach der 1998 eingeführte iMac in keiner Weise dem herkömmlichen PC, statt grauen Kästen, wurden farbige Materialien verwendet, der iMac

1989 Einführung des ersten Apple Notebooks

1991 Apple verbündet sich mit IBM und Motorola gegen Microsoft

38 | think! | 1 | 2011


APPLE | Ei n e n eu e K r i s e

Int e l

Doch der Mark war gesättigt und Apple hatte keine Produkte die den Verlust aus den Absatzrückgängen

Trotzdem blieben die Apple Computer ein Nischen-

wettmachen konnten. Die Anfangseuphorie bei Einfüh-

produkt. Auch die 2002 gestartete „Switch-Kampa-

rung des iMac konnte nicht über die fehlende Wettbe-

gne“, die Windows User für Apple gewinnen sollte,

werbsfähigkeit des Mac Betriebssystems hinwegtäu-

brachte nicht die erwarteten Verkaufszuwächse.

schen. Apple hatte 1999 schon begonnen, eine neue

Apples Kooperationspartner bei der Entwicklung von

Systemstrategie zu entwickeln und so kündigte Jobs

schnelleren Prozessoren investierten Aufgrund des

2000 eine Version des neuen Mac OS X an, das keine

niedrigen Marktanteiles von Apple weniger Ressour-

Unterschiede zwischen Heim- und Office-Anwendern

cen in die Verbesserung ihrer Produkte und so wurde

beinhaltete. Die komplizierten UNIX Strukturen wur-

es für Apple schwierig mit den verbesserten PC Pro-

den hinter einer dem farbigen Erscheinungsbild des

zessoren der Konkurrenzprodukte Schritt zu halten.

iMAc angepassten Oberfläche verborgen.

Apple löste sich daraufhin aus der Abhängigkeit von

Als weitere Gegenmaßnahme stellte Apple auf der

FOTOs: courtesy of apple

Macworld 2000 seinen neuen G4 Cube vor, doch

Motorola und verwendete zwei schnelle IBM Prozessoren.

dieser entsprach nicht den Anforderungen der Kun-

Doch Jobs hatte andere Pläne und verkündete

den, da sein Prozessor im Vergleich zu Intel deutlich

2005, dass Apple zukünftig Intel Prozessoren für seine

langsamer arbeitete. Als die Fertigstellung des neu-

Rechner verwenden würde. Intel und AMD hatten sich

en Betriebssystems auf 2001 verschoben wurde, sah

in den vorangegangen Jahren um die Vorherrschaft

sich Jobs, der den Posten als CEO doch wieder an-

bei der Chipherstellung für PCs einen Wettstreit gelie-

genommen hatte, mit Kritik der Anleger konfrontiert.

fert und nach Ansicht von Steve Jobs, hatte Intel die

Doch Jobs sprach die Versäumnisse von Apple offen

besseren Produkte.

an und präsentierte den Anlegern seine Lösungsvor-

Schon seit Beginn der Entwicklung von Mac OS X

schläge. Der generalüberholte G4 wurde durch eine

unter Jobs hatte Apple die Rechner sowohl für Power-

neue Hauptplatine, bessere Grafikkarten und schnel-

PC als auch für Intel kompiliert und sich auch von den

lere Prozessoren sowie einem DVD-Brenner auf den

Softwareherstellern die Zusicherung geben lassen,

aktuellsten Stand der Technik gebracht.

ihre Programme bei Bedarf an Intel anzupassen.

Doch Steve Jobs verfolgte eine neue Strategie für

Innerhalb von acht Monaten stelle Apple die gesam-

Apple. Seiner Meinung nach würde nicht das Internet

te Produkt-Palette auf die Intel-Struktur um und war

für den Erfolg der PCs ausschlaggebend sein, son-

so plötzlich zu einer echten Alternative für PC-User

dern ihre Fähigkeit, den Bedürfnissen eines dem „Di-

geworden. 2008 verkaufte Apple zehn Millionen Macs

gital Lifestyle“ folgenden Kunden gerecht zu werden.

und hatte so seinen Marktanteil innerhalb von drei

Der Mac des 21. Jahrhunderts müsse in der Lage

Jahren mehr als verdoppelt.

sein, mit digitalen Entertainment Geräten zu kommunizieren.

Apple stellt eine neue Rechnergeneration vor, den PowerPC.

1993 Einführung des Newton und Einstellung

1994 In diesen Rechnern wurde der bisher verwendete

der Produktion des Apple II.

68000-Prozessor, durch einen wesentlichen

Sculley verliert seinen Posten als CEO

leistungsfähigeren RISC-Prozessors ersetzt.

think! | 1 | 2011 | 39


i p ad f a m i l y

iPod nicht zu viele Funktionen haben, um die Bedie-

D i e E nter t ai nm en t S t r a t e gi e

nung so einfach wie möglich zu gestalten. Jobs ging davon aus, dass die User das Gerät nur annehmen

Zurück ins Jahr 2001. Im Oktober 2001 kündigte

würden, wenn sie das Erlernen der Bedienungsfunk-

Jobs im Zuge der Bilanzsitzung die Einführung eines

tionen, ähnlich wie beim Mac, nicht viel Zeit kosten

neuen Produktes an. Mit den Worten „Say hello to

würde. Daher entwickelte Apple ein Menü, dass die

iPod“ (17) stellte er den versammelten Journalisten

User intuitiv durchforsten konnten und zu dessen Be-

einen MP3 Player vor, der ca. 1.000 Songs auf sei-

dienung nicht mehr als fünf Tasten notwendig waren.

ner Festplatte speichern konnte und mittels FireWire

Sobald man einen iPod an einen Mac anschloss,

Jobs Idee hinter der Entwicklung einer eigenen En-

startete iTunes und kopierte sämtliche Songs vom Gerät auf den Mac.

tertainment Hardware fußte auf dem Ansatz, dass

Offensichtlich bewahrheitete sich hier Wozniaks‘

der Mac als Schnittstelle für viele Geräte des digitalen

Einschätzung Apple hätte auch immer wieder Glück

Zeitalters fungieren sollte.

gehabt, die richtigen Leute zum richtigen Zeitpunkt zu

Apple hatte mit iTunes und iDVD und iMovie schon

treffen. Bei einem Routinebesuch bei Toshiba fanden

ein starkes Software Paket für die Zielgruppe der Di-

die Mitarbeiter der iPod Division eine 1.8 Zoll große

gital Lifestyle User entwickelt, aber obwohl es hervor-

Festplatte – von den Entwicklern lediglich als cooles

ragende digitale Foto- und Videokameras auf dem

Forschungsprojekt gesehen – und konnten so das

Markt gab, erfüllte keines der bestehenden Musik-

Speicherproblem für den iPod lösen.

geräte Apples Anforderungen. So beauftragte Jobs einen ehemaligen Mitarbeiter von NeXT mit der Ent-

2002 wurde die Speicherkapazität auf 20 Gigabyte

wicklung einer passenden Hardware, unter der Vorga-

erhöht und der iPod konnte auch mit Windows PCs

be möglichst viele Komponenten der Apple Technologie mit einzubinden. Seiner Meinung nach sollte der

Steven Jobs kehrt ins Unternehmen zurück. Apple erwirbt das von NeXt von Steven Jobs

1996

1997

Michael Spindler wir von Gilbert

Im August 1997 erneuerten Apple Computer und

Amelio als CEO abgelöst

Microsoft ihre Zusammenarbeit im Rahmen eines Kooperationsabkommens

40 | think! | 1 | 2011

FOTOs: courtesy of apple

Anschluss an den Mac angebunden werden konnte.


APPLE |

ipod family

Appl e b e häl t se i ne n i nno va t iv e n C h a r a k t e r Im Jahr 2000 telefonierten ca. 500.000 Menschen mit einem Mobiltelefon, 2005 war es knapp eine Milliarde. (18) Zieht man Rückschlüsse auf die ursprüngliche Intentionen der Apple Gründer aus, könnte die Veränderung der Mobiltelefone auch aus der Unzufriedenheit Jobs mit den angeboten Modellen herrühren. Schon 1999 ließ Apple sich die Domain iphone.org schützen, in einem Interview 2002 bestätigte Jobs, dass Apple an einen Smartphone arbeitete, das den verbunden werden. Innerhalb der ersten drei Jahre

Mobilfunkmarkt verändern würde. (19)

nach Einführung hielt Apple so ca. 70 % Marktanteil bei digitalen Musikplayern und im April 2007 wurden

Das iPhone war für Jobs die logische Weiterent-

mehr als 100 Millionen iPods verkauft. In Spitzenver-

wicklung von Geräten, die den Digital Lifestyle ihres

kaufsmonaten generierte der iPod so ca. die Hälfte

Users unterstützen sollten. Anbindung und Kompati-

des Gesamtumsatzes von Apple.

bilität mit allen Apple Produkten war Grundvoraussetzung. Das iPhone synchronisiert, ähnlich dem iPod,

Doch nach Jobs‘ Einschätzung der Kunden, bevor-

iphone

zugten diese im digitalen Zeitalter auch bei der Beschaffung neuer Songs eine einfache Vorgehensweise. So eröffnete Apple 2003 die iTunes Music Stores, in denen Kunden anfangs ca. 200.000 Song für je 99 Cent auf legalem Weg downloaden konnten. Dafür ging Apple Kooperationen mit den fünf größten Plattenlabels ein, was einer Revolution im Musikgeschäft gleicht kommt, da diese sich zu diesem Zeitpunkt mit massiven Umsatzeinbußen durch illegale Download und Raubkopien ihrer CDs und DVDs konfrontiert sah. Apple schaffte es für die Musikindustrie ein Vertriebsmodell aufzubauen, an dessen Entwicklung sie selber gescheitert war. Im Herbst 1997 startet Apple Computer die Aufsehen erregende „Think different“-Werbekampagne

1997 Im November 1997 läutet Apple mit der Einführung der Power Macintosh G3-Serie eine Erneuerung der

Die Apple G3 Serie wird durch eine portable Produktreihe ergänzt. (21)

1998 Apple meldet im ersten Geschäftsquartal einen Betriebsgewinn von 47 Millionen US-Dollar.

Gesamtproduktlinie ein, die erstmalig in einem AppleStore vom Endkunden erworben werden können

think! | 1 | 2011 | 41


(

biographie

)

Steven Paul Jobs In Zeiten, in denen weltweit tätige Unternehmen größtenteils Aktiengesellschaften sind, deren CEOs oft schneller wechseln, als das Geschäftsjahr, behält die Galionsfigur von Apple ihren Namen seit Firmengründung bei: Steven Paul Jobs. Er verkörpert das Unternehmen wie kein Zweiter. Schon 25 Jahre nach seiner Geburt war Steven Jobs Multimillionär. Seine visionärer, aber auch tyrannischer Führungsstil machten ihn zu einer der schillerndsten Persönlichkeiten der damals noch jungen Computerindustrie.

Steven Jobs wurde am 24. Februar 1955 in Green Bay, Wisconsin geboren. Seine unverheirateten Eltern gaben ihn aus Angst vor dem gesellschaftlichen Stigma zur Adoption frei. So kam es, dass er als Baby von Paul Jobs und dessen Frau Clara adoptiert wurde. Während seiner Kindheit lebte Steve in einer kleinen kalifornischen Stadt im Silicon Valley. Er galt als Einzelgänger, der Mühe hatte, seinen Platz im schulischen Umfeld zu finden. Im Jahr 1972 beendete er die High School und wechselte auf das Reed College in Portland, das er aber bald wieder verließ. Nach seiner Rückkehr aus Indien, wo er zwei Jahre verbrachte, begann Steve Jobs für Atari ein Videospiel zu entwickeln.

Ap p le, N eX T , Pixa r 1976 Gründung von Apple bei dem er bis 1985 blieb. Im September Gründung von NeXT, mit dem Ziel einen Computer zu entwickeln, der leistungsfähiger war als alle damals erhältlichen Computer von Apple. 1988 stellte NeXtT seinen ersten Computer vor. Zu selben Zeit gründete Jobs Pixar, ein Animationsstudio das 1995 den Disney Film Toy Story produzierte. In den ersten Jahren beschäftigte sich Pixar mit der Produktion von 3D-Grafiken und der Entwick-

2000 Jobs übernimmt wieder offizielle die Führung von Apple

42 | think! | 1 | 2011

lung von Software und Jobs investierte über 50 Millionen. Nach dem Erfolg mit Toy Story ging Pixar an die Börse und wurde zum Milliarden-Dollar-Unternehmen. Durch den Verkauf 2006 an Disney wird Steven Jobs wird größter Disney-Einzelaktionär. 1985 überreicht der amerikanische Präsident Ronald Reagan Jobs für seine Leistungen gemeinsam mit Wozniak die Nationalmedaille für Technologie.

R üc k k e hr zu Appl e Apple kaufte NeXT 1996 für mehr als 400 Millionen Dollar, um auf der Grundlage von NeXTStep das Macintosh-System der Zukunft zu entwickeln. Damit kehrte Jobs nach elf Jahren wieder in jenes Unternehmen zurück, das er 20 Jahre zuvor gegründet hatte. Bis August 2004 steht Jobs dem Unternehmen als CEO vor. Als er sich einer Krebsoperation unterziehen muss, kommuniziert er dies offen an all Mitarbeiter. Am 17. Jänner 2011 nimmt Steve Jobs erneut eine Auszeit Auugrund seiner Krebserkrankung. Steven Jobs lebt mit seiner Frau Laurene und den drei gemeinsamen Kindern im Silicon Valley. (23)

2001 Präsentation des G4 und der neuen Unternehmensstrategie für Apple Apple stellt den IPod vor

FOTO: courtesy of apple

Ki n d he i t un d Fa m i l i e


APPLE |

Kontakte und Internet-Services mit dem Mac, doch im Unterschied zum iPod war das iPhone schon bei Produkteinführung mit Windows PCs über USB kompatibel. Die den Apple Produkten gemeinsame, einfache Bedienungsführung wurde mit der Touchscreen Technologie auch auf das Smartphone übertragen. Jobs wollte von den Entwicklern ein System, welches das ursprünglichste Werkzeug der User, die fünf Finger einer Hand dazu nutzte, durch Auftippen auf Namen, Listen oder Nummern den gewünschten Dienst aus-

„( …). Apples Kunden sind sehr loyal, sie fühlen sich mit Apple verbunden, daran ändert auch die aktuelle Situation nichts.“ Steve Livinghouse, Geschäftführer eines Computerladens über Apples Probleme unter Spindler (13)

zuführen. Die Technologie die im Hintergrund benötigt wurde, kaufte Apple, wie beim iPod, größtenteils zu, achtete aber darauf sich die Rechte daran schützen

Aktualisierungen erlaubt. Der Erfolg des Tablet-Rech-

zu lassen. So wurden bis zur Einführung 2007 mehr

ners verschaffte Apple Rang drei der weltweit erfolg-

als 200 Patente für das iPhone angemeldet. Auch

reichsten Computer-Hersteller.

hier generierte Apple über den AppStore Zusatzumsätze. Die Entwickler der zum Teil kostenpflichtigen

Fa z i t

Applikationen müssen 30% der Einnahmen an Apple abliefern, was bei mehr als zehn Milliarden geladenen

In mehr als 35 Jahren schaffte Apple den Wechsel

Apps Anfang 2011 eine nicht unbeträchtliche Summe

vom kleinen Computerhersteller zu einem Weltkon-

ergibt. (20)

zern, der für innovative Produkte und einer einzigartigen Unternehmensphilosophie steht. „Think different“

D er bi sh er let z t e C lo u

war nicht nur ein erfolgreicher Werbeslogan, Apple Kunden glauben dem Unternehmen, dass es in ihnen

Beim 2010 präsentierten iPad übernahm Apple die

besondere Kunden sieht. Deswegen stehen sie viel-

Touchscreen Technologie der iPhones und übertrug

leicht auch stundenlang bei Produkteinführungen vor

sie auf ein Hochglanz-Widescreendisplay mit ca. 24

den Geschäften Schlange und akzeptieren dann die

cm Diagonalgröße. So wie der iPod die Musikbran-

Mängel die allzu oft in der Firmengeschichte bei neu

chen revolutionierte, eröffnete das iPad neue Märkte

eingeführten Produkten auftraten. Denn sie konnten

für die Print Branche. Erstmalig macht es für Verleger

sich mit der Intention hinter den Produkten zu 100 %

Sinn, eine digitale Alternative zu ihren Print-Publikati-

identifizieren, die immer war: den Kunden unnötige

onen anzubieten. Murdoch war einer der ersten Ver-

Arbeit abzunehmen. Und eines schaffte Apple immer:

leger, der Ausgaben eines seiner Produkte speziell für

die Produkte solange zu verbessern, bis sie konkur-

das iPad konzipierte.

renzlos gut waren. Wenn nicht, hatte das Unterneh-

Dafür schaffte Apple eigens eine Abofunktion für

men auch die Konsequenz das Produkt wieder vom

iTunes, die das automatische Beziehen regelmäßiger

Markt zu nehmen.

Eröffnung des iTunes Music Stores

Apple präsentiert das iPhone

20 0 3

2006

Apple rüstet auf Intel Prozessoren um verdoppelt in

2007

2 01 0 Apple stellt das iPad vor

den folgenden drei Jahren seinen Marktanteil

think! | 1 | 2011 | 43


APPLE autoren

Sigrid Raditschnig, BA Sigrid.Raditschnig@edu.fh-kaernten.ac.at

Bettina Slapnik, BA, M

Heidi Gasser, BA, M

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44 | think! | 1 | 2011


PORTRÄT

(

melitta bentz

)

„ Ei n e w a h r e Ka f f e e s ä c h s i n a u s D r e s d e n “

ie Metall- oder Keramikfilter des 20. Jahrhunderts schmälerten den Kaffeegenuss nicht unerheblich. Genau aus diesem Grund erfand Melitta Bentz den bis heute weltbekannten Kaffeefilter aus Papier. Vor nun fast hundert Jahren erfand sie den weltweit ersten Kaffefilter aus Papier. Ihr war es ein eher persönliches Anliegen, da sie den Kaffee ohne Kaffeesatz genießen wollte. Genau aus diesem Grund nahm sie sich einen kleinen Messingtopf und schlug mit Hammer und Nagel einige Löcher hinein. Danach ging sie zu ihrem Sohn und bat ihn um ein Löschblatt, um das heiße Wasser erstmalig durch einen Kaffeefilter rinnen zu lassen. Nach dieser ersten Erfahrung mit dem Löschpapier ihres Sohnes verbesserten sie und ihr

FOTO: ARCHIV

Mann den Filtereinsatz sowie das Papier dessen und schon wenige Monate danach war sie nun nicht mehr

der Marschallstraße 31. Das Startkapital der Familie

Melitta Bentz die Hausfrau, sonders Melitta Bentz die

Bentz lag bei „stattlichen“ 73 Reichspfennigen. Doch

Firmenbesitzerin mit einem Namen der später welt-

schon nach sehr geringer Zeit erhielten die Filterein-

weit jedem Kaffeetrinker ein Begriff sein sollte.

sätze großen Zuspruch.

Im damaligen Patentamt zu Berlin wurde ihre Erfin-

So wuchs das Unternehmen von 1915 mit 15 Mitar-

dung eingetragen als: „Kaffeefilter mit auf der Unter-

beitern und 200 Quadratmeter Produktionsfläche, bis

seite gewölbtem und mit Vertiefung versehenem Bo-

heute zu mehr als tausend Mitarbeitern heran. Die Er-

den sowie mit schräg gerichteten Durchflusslöchern

finderin des Kaffeefilters, Melitta Bentz, starb 1950 im

und dazugehörigem Filtrierpapier“.

Alter von 77 Jahren in Holzhausen (Niedersachsen).

Offizielle Unternehmerin wurde sie am 15. Dezember 1908. Ihr Firmensitz war die eigene Wohnung in

(

Ihre Enkelkinder Jörg, Stefan und Thomas führen den Weltkonzern weiter (27).

) think! | 1 | 2011 | 45


Ei n u n a n g e f o c h t e n e r Ma r k t f ü h r e r , d e r s i c h d u r c h g r o SS e s g e s e l l s c h a f t l i c h e s E n gag e m e n t a u s z e i c h n e t .

[

]

Ob bebe, o.b., Carefree, Compeed, Fenjal, Neutrogena, Penaten oder RoC, alles Markennamen, die jeder von uns kennt und die aus unserem Alltag bzw. Badezimmer nicht mehr weg zu denken wären. Hinter dieser Vielfalt an Markennamen steht die Johnson & Johnson GmbH. Ein Unternehmen in der Gesundheitsindustrie welche ihre Strategien und das eigens kreierte Firmencredo sehr glaubwürdig im Alltag verankert hat.

G es ch i chte Jo h n s o n & Jo h n s o n I n t er n a t i on a l

D a s Fi rm e nc re d o

Im Jahre 1888, also vor mehr als 120 Jahren revo-

„Das Auge ist der Spiegel zur Seele eines Men-

lutionierten drei Brüder das Gesundheitswesen durch

schen. Die Seele unseres Unternehmens ist unser

die Gründung des Unternehmens Johnson. Kurz dar-

Credo“. Dieses Credo wurde vom damaligen Com-

auf entwickelten sie bereits das erste First- Aid- Kit der

pany Chairman General Robert Wood Johnson 1943

Welt. In den darauf folgenden Jahren wurde Johnson

verfasst. Durch ihn wurde das US–Familienunterneh-

& Johnson immer mehr zum Vorreiter und Innovator

men zu einem Weltkonzern. Er erkannte schon sehr

am Gesundheitsmarkt. Zu Beginn gab es einen klei-

früh, dass ein Unternehmen nicht nur die Verantwor-

nen Familienbetrieb in New Brunswick (USA), doch

tung von Vertrieb und Produktion hat, sondern auch

nach und nach entwickelte sich Johnson & Johnson

eine Reihe von gesellschaftlichen Verantwortungen

zu einem der weltweit größten Unternehmen im Ge-

übernehmen sollte. Bereit im Jahr 1935 verfasste er

sundheitsbereich (1).

einen Aufruf an alle Industriellen zum Umstieg auf seine „New Industrial Philosophie“, indem sie ihre Verant-

Darüber hinaus spielt die soziale Verantwortung eine

wortung gegenüber den Kunden, ihren Angestellten,

überdurchschnittlich große Rolle im Unternehmen

dem Gemeinwesen und den Aktionärinnen gewähr-

Johnson & Johnson. Sie spiegelt sich in der Herstel-

leisten sollten.

lung hochqualitativer Produkte, dem Umweltschutz,

So ist auch das Leitbild von Johnson & Johnson

der Gesundheitsförderung, der Sicherheit am Arbeits-

geprägt durch das Bewusstsein der gegenseitigen

platz und zu Hause sowie in den Bedürfnissen der Ge-

Verantwortung. Der der Mitarbeiter gegenüber den

meinschaft, in der wir alle leben und arbeiten, wieder

Kunden sowie der Verantwortung des Unternehmens

(2).

gegenüber den Mitarbeitern. Darüber hinaus findet

46 | think! | 1 | 2011


sich auch die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und der Umwelt im Unternehmensleitbild von Johnson & Johnson wieder (3).

J ohnson & J ohnson

1888 Die Brüder James Wood, Edward und Robert Johnson

CSR - W h a t we c a r e ab o u t

1890

gründen das Unternehmen

Das erste Erste-Hilfe

mit Sitz in New Brunswick.

Paket wird vorge-

Nach einem katastrophalen Erdbebens in San Fran-

Das Unternehmen widmet

stellt.

cisco im Jahr 1906, leistete Johnson & Johnson zum

sich der Herstellung und Wei-

ersten Mal in der Unternehmensgeschichte Katastro-

terentwicklung von Produkten

phenhilfe. Nach diesem Ereignis wurde die Corporate

der sterilen Wundversorgung.

Social Responsibility (CSR) als integraler Bestandteil

Das Aussehen des J&J Logos

der Unternehmensphilosophie festgelegt. Der Auftrag

basiert auf der Unterschrift

lautete: „jenen zu helfen, die Hilfe benötigen.“ Heute

von James Wood Johnson.

Gründung der „Red

wird dieses Verantwortungsgefühl gegenüber der glo-

Mit diesem Schriftzug woll-

Cross Cotton“ Fabrik

balen Gemeinschaft vor allem in Form von finanzieller

ten sich die Brüder Johnson

Unterstützung sowie Produktspenden an karitative

schon damals von den Mitbe-

Organisationen rund um den Globus ausgedrückt.

werbern im Medizinproduk-

1901 in New Brunswick, heutiger Ort der Johnson Hall.

tefeld abheben. Von Beginn an ist den Brüdern auch ein gutes Verhältnis zu den Mitar-

1907

beiterInnen wichtig. In einem ausgeklügelten Kommunika-

„Panic of 1907“: Eine

tionssystem (Frage-Antwort

Finanzkrise erschüt-

Papiere) werden die MitarbeiterInnen über Firmenbelange informiert.

tert die Wirtschaft; J&J expandiert dennoch weiter.

1918 J&J startet erste Unterstüt-

1919

zungsmaßnahmen außerhalb der Company. Als erste

Das Unternehmen

Professional Education gilt

wird nach Kanada

damit die Mithilfe bei der

Jo h n s o n & Jo h n s o n M e di c a l i n Ö s t er r e i c h

erweitert.

Ausbildung von Krankenpflegepersonal und Krankenhaus-

Johnson & Johnson Österreich ist ein Teil eines rie-

management.

1924

sigen Netzwerks, welches sich über 57 Länder der Welt mit mehr als 100.000 Mitarbeiterinnen und Mit-

Gründung der

arbeitern erstreckt.

Johnson & Johnson

Johnson & Johnson Österreich hat sich zum Ziel gesetzt, durch ständige Innovation und sehr enger

Ltd. in Großbritannien.

think! | 1 | 2011 | 47


[

innovationskultur

]

I n n o va t i o n s m a n ag e m e n t b e i J o h n s o n u n d J o h n s o n a m B e i s p i e l E t h i c o n eist entstehen Ideen für Innovatio-

zur Verfügung steht, welches sich möglicherweise als

nen an vielen Orten in einer Orga-

besser erweist, möchte natürlich kein informierter Pati-

nisation bspw. im strategischen

ent das veraltete Produkt.

oder operativen Marketing, bei

Dieser dynamische Prozess bietet denjenigen Unter-

Forschung und Entwicklung oder im Außendienst. Bei

nehmen eine Chance welche sich als Vorreiter im Inno-

Ethicon wurde eine eigene Einheit in der Organisation

vationsprozess etablieren können. Um dies zu schaffen

geschaffen um das Übermaß an Projektvorschlägen zu

kooperiert Ethicon mit Meinungsforschern um jeweilige

bearbeiten und im Anschluss die besten unter ihnen in

Trends so früh als möglich zu erkennen. Dafür wurden

den Entscheidungsprozess mit einfließen zu lassen. Es

sowohl nationale als auch internationale Beratungsgre-

wird versucht alle Erkenntnisse über den Prozess der

mien eingerichtet. Um auch sehr komplexe Themen

Entstehung einer Innovation erfolgreich unter Einbezie-

bearbeiten zu können werden wissenschaftliche Kon-

hung des Kunden um zu setzen. Um dies zu erreichen

gresse organisiert, bei denen Forscher, aber auch An-

ist die Kooperation zwischen Ärzten und Ingenieuren

wender die neuesten Ergebnisse austauschen und sich

systematisch in den Entwicklungsprozess eingebet-

gegenseitig helfen sogenannte „Roadmaps“ für zukünf-

tet. Der Prozess erstreckt sich über die strategische

tige Forschungsprojekte zu entwickeln.

Planung, der Generierung der Produktidee bis hin zur Markteinführung des Produktes. In diesem Entwick-

Be da rf e rk e nne n

lungsprozess haben Ärzte nachfolgende Aufgaben:

Bevor jedoch mit der Entwicklung neuer Produkte

1. Im ersten Schritt, der Strategie: spüren sie

Trends auf,

begonnen werden kann, muss der Bedarf dafür erkannt werden. Hierbei stellen sie sich die Frage: „Welche Be-

2. Im zweiten Schritt, der Forschung: sind sie

dürfnisse des Kunden sind unbefriedigt? Welche davon

aufgefordert die jeweiligen Kundenbedürfnisse

sind ihm wichtig und entscheiden über die Effizienz und

zu finden, Produktanforderungen festzulegen,

Qualität seiner Arbeit? Für welche Bedürfnisse sind der

prinzipielle Lösungen zu finden,

Kunde und das Gesundheitswesen bereit, die Kosten

3. Im dritten Schritt, dem Übergang zur Entwick-

zu tragen? (8) Nach Beantwortung dieser Fragen läßt

lung: testen sie die Prototypen und validieren

sich das Ziel der Produktentwicklung und der Bedarf

diese, danach werden klinische Studien durch-

einer innovativen Lösung ableiten.

geführt. Im Anschluss wird untersucht in welchem Bereich

Ex t e rne I d e e n

genügend Wachstumspotential vorhanden ist bzw. wo-

Ein weiterer wichtiger Punkt wäre, dass Ethicon sehr

durch eine größere Nachfrage entstehen könnte. In der

aktiv darum wirbt, dass bspw. Chirurgen ihre hohe Kre-

strategischen Planung wird das Ziel der Produktent-

ativität und ihre Produktideen in das Unternehmen ein-

wicklung festgelegt. Im Anschluss werden die oben

bringen. Somit kann festgehalten werden, dass die Fir-

schon erwähnten Schritte durchlaufen.

menkultur bei Johnson & Johnson einen wesentlichen

Gerade im Bereich der Medizintechnik verändert sich der Markt sehr rasch. Denn wenn ein neues Produkt

48 | think! | 1 | 2011

Beitrag zur Effektivität der einzelnen Prozesse und auf die Innovationsfähigkeit hat (8).


Zusammenarbeit mit dem Personal an der Basis,

J ohnson & J ohnson

also mit Ärztinnen und Ärzten, Pflegemitarbeiterinnen

1943

sowie Mitarbeitern des Klinikmanagements, sowohl

General Robert Wood John-

qualitativ als auch menschlich die besten Leistungen

son, Sohn des 1910 verstor-

in der fortschrittlichen Medizin bereit zu stellen.

benen R.W. Johnson, schreibt

1950 Ortho Clinical Diag-

Johnson & Johnson Medical Österreich besteht aus

das berühmte Credo,

den folgenden sechs Geschäftsbereichen: Cordis,

das bis heute Gültigkeit hat

in Raritan, New Jersey,

DePuy, Ethicon, Ethicon Endo-Surgery, LifeScan und

und die Grundlage unseres

wird Unternehmens-

VisionCare (4).

1. C or di s

Handelns bildet.

bestandteil.

1946-66 J&J entwickelt sich zu einem führenden Unternehmen für Health Care

Cordis ist ein führender Anbieter von innovativen

Produkte und expandiert

Produkten auf dem Gebiet von vaskulären Erkrankun-

nach Afrika, Asien, Europa

gen. Zu den Geschäftsbereichen von Cordis zählen und Südamerika. Ethicon, Inc. mit Firmensitz in Somerville, Kardiologie, Radiologie und Biosense Webster. In vergangenen Jahren kam es zu zahlreichen Produktin-

New Jersey, wird als eigene

novationen und dadurch zu neuen Standards in der

Franchise gegründet.

Medizin und in der Behandlung von Patienten (5).

2. De P u y

nostics mit Hauptsitz

1986

1959 Die CILAG-Chemie, ein Schweizer Pharmaunternehmen, wird Teil der J&J Company.

1960 Janssen Pharmaceutica ergänzt J&J.

LifeScan wird Teil von J&J. DePuy ist seit mehr als 100 Jahren ist eines der tra-

Firmensitz ist Milpitas,

ditionsreichsten Unternehmen im Bereich der endo-

Californien.

prothetischen Orthopädie, Chirurgie und Traumatolo-

Ethicon Endo-Surgery

gie. Weitere Entwicklungsschwerpunkte liegen in den

wird als eigene Fran-

Bereichen Neurochirurgie, Arthroskopie und Sportmedizin (6). Darüber hinaus investiert die Firma DePuy fünf bis

1996 Zukauf von Cordis

sechs Prozent ihres Umsatzes in Forschung Entwick-

1998

lung neuer Produkte. An vorderster Stelle stehen da-

DePuy wird von Johnson

bei patientenschonende Operationsverfahren. Das

& Johnson zugekauft.

Resultat dieser Bemühungen sind beispielsweise Pro-

chise gegründet. Auch das European Surgical Institute (ESI) wird in diesem Jahr ins Leben gerufen.

2000

thesen mit einer Haltbarkeit von 30 Jahren und mehr.

Das Unternehmen beschäftigt

Trotzdem zeigt sich durch die jüngste Rückholaktion

weltweit ca. 122.200 Mitar-

ist ein Weltkonzern mit

von DePuy Implantaten, dass jede Innovation auch Ri-

beiter in über 175 Ländern,

einem Gesamtumsatz

siken mit sich bringt (7).

mit Produktionsstätten in 57 Ländern. Stammsitz des

FOTO: ZEISS AG

1992

Johnson & Johnson

von 29 Mrd. US-Dollar. Heute ist J&J die

DePuy „Deutschlands Beste Arbeitgeber“ 2005

Unternehmens ist in USA.

größte Health Care

Einer weiteren Herausforderung stellte sich die Fir-

Weltweit ist J&J in den drei

Company der Welt.

ma mit der Teilnahme am Award „Deutschlands Bes-

Geschäftsbereichen Consu-

Der Umsatz beträgt

ter Arbeitgeber“. Unter über 100 Unternehmen beleg-

mer, Medical Devices und

te DePuy Rang 37.

Pharma vertreten.

weltweit 61,1 Mrd. US-Dollar. (9)

think! | 1 | 2011 | 49


DePuy engagiert sich Zusätzlich engagieren sie sich für soziale Projekte,

3 . E t h i c on

im Vordergrund steht die Verbesserung der Gesundheitsfürsorge von Frauen und Kindern. Alle Mitarbei-

Ethicon ist Marktführer in den Bereichen Wundver-

ter der Firma können bei der Vergabe der jeweiligen

schluss, Implantationen, Hämostase und operativen

Fördermittel mitentscheiden. Ausgewählte Projekte

Therapieverfahren (11]).

folgend zwei Beispiele. Projekte

4 . E t h i c on E n d o- S ur g e ry Ethicon Endo-Surgery, ein weiteres Unternehmen der Johnson & Johnson Gruppe, stellt hochentwickel-

DePuy unterstützt das Projekt „Open Arms

te chirurgische Instrumenten für den Einsatz in der

Malawi“. In einem Säuglings- und Kinderheim

offenen und der minimal-invasiven Chirurgie zur Ver-

erhalten Waisen und Halbwaisen ein neues Zu-

fügung. „Ethicon Endo-Surgery wurde 1992 gegrün-

i

„DePuy unterstützt „Open Arms Malawi“

hause.

det und ist heute eines der weltweit führenden Un-

DePuy unterstützt die Kinderkrebshilfe Saar

ternehmen im Bereich der chirurgischen Stapler, der

DePuy unterstützt Projekte der Elterninitiative

laparoskopischen Instrumente sowie in der Nutzung

krebskranker Kinder im Saarland e.V.“ (10]

von hochentwickelten Energietechnologien in der Chi-

I

50 | think! | 1 | 2011

rurgie (12).“

FOTO: ISTOCKPHOTO/MICROSOFT

werden dauerhaft und nachhaltig unterstützt. Nach-


J ohnson & J ohnson 5. Li feS can Zahlreiche Dienstleistungen wie beispielsweise LifeScan ist weltweit führend im Bereich von mo-

1. Aus- und Weiterbildung (Professional Educa-

dernen und hochwertigen Blutzuckermessgeräten.

LifeScan versucht stets sich auf diesem Gebiet wei-

i

terzuentwickeln und dadurch die Lebensqualität von Diabetespatienten zu verbessern (13).

6. V i s i o n Ca re

management 2. Erprobte Konzepte für eine Verbesserung der

tauschbare Kontaktlinsen den augenoptischen Markt. „Höchste Qualitätsstandards, patentierte Herstel-

integrierten Versorgung (Action for Patient)

3. Prozessoptimierungsprogramme für erfolg-

Vision Care revolutionierte durch regelmäßig aus-

tion) für medizinisches Personal sowie Klinik-

reiches

Krankenhausmanagement

(Value

Stream)“

I und noch viel mehr wird den jeweiligen Kundinnen

und Kunden zur Verfügung gestellt (15).

lungsverfahren sowie Produktinnovationen sichern die

HCC - H e a l t h Ca re C om pl ia nc e

weltweit führende Stellung von ACUVUE® Markenkontaktlinsen (http://www.jnjmedical.at/geschaftsbereiche-vision-care.html, [04.04.2011]).“

Ein weiteres Ziel der Johnson & Johnson Medical

„Wir hören stets darauf, was unsere Kundinnen und

Group ist es, ihre Kundenbeziehungen bzw. die Be-

Kunden brauchen. Denn Erfolg im Gesundheitswesen

ziehung zu medizinischen Einrichtungen durch spezi-

bedeutet mehr als den Einsatz der richtigen medizi-

elle und strenge Richtlinien zu regeln. Hierbei geht es

nischen Produkte und Techniken. Deshalb sehen wir

nicht vordergründig um die Einhaltung von Konzern-

unsere Aufgabe viel weiter gesteckt – es geht unter

richtlinien, sondern darüber hinaus um die Einhaltung

anderem auch um Ökonomie, Aus– und Weiterbil-

und Kenntnisnahme von Gesetzen und den jeweiligen

dung oder Prozessoptimierung. Dienstleistungen in

Kodizes der Industrieverbände. Z. B. das Unterneh-

einer Form, wie sie andere nicht anbieten (14).“

mensleitbild „Unser Credo“, oder die Grundsätze der

B ec a us e we c a r e fo r yo u

Geschäftsführung. Durch diese Regelungen kann ein hohes Maß an Verantwortung gegenüber jeweiliger Partner im Gesundheitswesen, sowie ein sehr hohes

Im Mittelpunkt des Unternehmens Johnson & John-

Maß an Sicherheit und Integrität auf beiden Seiten ge-

son steht der Leitsatz „Because we care for you”. Hin-

währleistet werden. Somit stellen diese „Health Care

ter diesem Leitsatz steht, dass sie nicht nur ihre Ver-

Compliance- Richtlinien eine wichtige Basis für eine

antwortung in der Gesellschaft wahr nehmen, sondern

vertrauensvolle Geschäftsbeziehung dar. Untenste-

auch für ein umfassendes Know- how der Kundinnen

hend ein paar Beispiele:

und Kunden ihres Unternehmens Sorge tragen. Ihr Wissen durch das weltweite Unternehmensnetzwerk mit Ärztinnen und Ärzten, Schwestern und Pflegern, dem Klinikmanagement und den Wissenschaftlern immer weiter ausgebaut und weiterentwickelt. Somit hat sich das Unternehmen Johnson & Johnson zum Ziel gesetzt, „die Bedürfnisse der Kunden zu kennen und sie in ihrer Arbeit optimal zu unterstützen.

Veranstaltungen, fachspezifische Trainings • Bewirtungs- und Reisekostenübernahmen

i

wird durch ständige und langjährige Zusammenarbeit

• „Teilnahme an Kongressen, wissenschaftliche

• Spenden, Geschenke und andere Sachzu-

wendungen • Beratungs- Referenten- u. Hospitationstätig-

keiten

• Sponsoring von wissenschaftlichen Projekten“

(16) I

think! | 1 | 2011 | 51


D i e P r o ces s Ex cellen ce S t r a t e gi e v o n Jo h n s o n & Jo h n s o n

und als sogenannte „Standard of Excellence“ im Unternehmen geführt. Somit ist jede Geschäftseinheit bei Johnson & Johnson aufgefordert sich alle zwei Jahre selbst ein zu schätzen. Die interne Qualitätsabteilung

Johnson & Johnson setzt auf Six Sigma als Ma-

wurde beauftragt ein einheitliches Konzept zur Kon-

nagementtheorie. Sie haben erkannt, dass dieser in-

trolle der Qualität des gesamten Unternehmens zu

tegrierte Ansatz am Besten zum Erreichen von Busi-

entwickeln.

ness Excellence führt. Im Rahmen dessen werden

Danach war jede Geschäftseinheit aufgefordert ei-

jährlich die Besten Geschäftseinheiten ausgezeichnet

nen eigenen Katalog mit Verbesserungsmaßnahmen zu verfassen. Auf Basis dessen war es dann möglich alle wichtigen Zusammenhänge zwischen den

w a s i s t s ix s ig m a ?

einzelnen Prozessschritten zu erkennen. Im Beispiel des Konzerns von Johnson & Johnson ist deutlich zu erkennen, dass sich eine einheitliche Unternehmens-

Auf der Suche nach verschiedenen Verbesserungskonzepten und nach einem Weg zur Redu-

strategie sehr positiv auf alle Bereiche des Unternehmens auswirken.

zierung der Menge an Variationen entscheiden sich viele Unternehmen für Six Sigma. Der Grund

Die Hauptverantwortlichkeit der Einführung und vor

hierfür ist, dass mit Six Sigma eine Menge an

allem Weiterentwicklung einer Strategie wie Six Sigma

Verbesserungspotential in einer Vielzahl an Be-

obliegt jedoch der Unternehmensleitung. Alle Maß-

reichen umgesetzt werden kann. Six Sigma ist

nahmenkataloge werden nach dem sogenannten Top

also ein Geschäftsprozess bei dem allen Unter-

Down Prinzip eingeführt, d.h. alle wichtigen Parame-

nehmen ermöglicht wird, dass sie ihre Prozesse

ter wie Kunden, Mitarbeiter, Prozesse oder Innovation

erheblich verbessern, indem sie alltägliche Aktivi-

müssen berücksichtigt werden. Danach werden diese

täten so entwickeln und überwachen, das sie jeg-

nach dem bekannten Regelkreisprinzip geplant, ge-

liche Verschwendung von Ressourcen minimie-

steuert und überwacht (18.).

ren jedoch gleichzeitig ihre Kundenzufriedenheit Der Qualitätsbeauftragte der Johnson & Johnson

steigern (17). Es gibt unterschiedliche Sichtweisen bzw. Be-

Unternehmensgruppe führte im Rahmen einer Fach-

trachtungsweisen was Six Sigma ist, diese wer-

konferenz zum Thema: „Six Sigma in Chemie- und

den untenstehend angeführt:

Pharmaunternehmen“ die folgenden Komponenten

• „der Ausdruck für die Güte eines Prozesses, der

im Mittel nur 3,4 Defekte (oder Fehler) bei einer

Million Fehlermöglichkeiten erzeugt; • eine Methodenlehre, um Probleme zu lösen oder um operative und innerbetriebliche Pro-

zesse zu optimieren; • die Implementierung und Anwendung der Six

Sigma-Methoden in einem Unternehmen, wo-

bei Aufgaben, Rollen und Verfahren gemäß all-

gemein gültiger Standards verwendet wer-

den.“ (20)

„1. Regelmäßige Business Assessments: Ermitt

lung der Stärken und Schwächen und strate-

gischen Ausrichtung der Organisation, 2. Dashbords: die Organisation „auf Kurs“ halten

i

an:

und Verbesserungen messen,

3. Kombination aus Six Sigma/ Design Excel-

lence/ Lean Management: pragmatisch ange-

wandter Methoden-Mix, um in den ausge-

wählten Bereichen zu arbeiten (19).“

I

52 | think! | 1 | 2011


firmencredo

johnson & johnson

ALLEM VORAN STEHT UNSERE VERANTWORTUNG GEGENÜBER DEN ÄRZTEN, KRANKENSCHWESTERN UND PATIENTEN, ABER AUCH GEGENÜBER MÜTTERN, VÄTERN UND ALL DEN MENSCHEN, DIE UNSERE PRODUKTE VERWENDEN ODER UNSERE DIENSTE IN ANSPRUCH NEHMEN. DIE ERFÜLLUNG IHRER ANSPRÜCHE ERFORDERT VON UNS STETS HOHES QUALITÄTSNIVEAU. WIR MÜSSEN STÄNDIG BEMÜHT SEIN, UNSERE KOSTEN SO NIEDRIG WIE MÖGLICH ZU HALTEN, DAMIT WIR VERNÜNFTIGE PREISE BEIBEHALTEN KÖNNEN. AUFTRÄGE UNSERER KUNDEN MÜSSEN UMGEHEND UND ZUVERLÄSSIG AUSGEFÜHRT WERDEN. UNSEREN LIEFERANTEN WIE AUCH UNSEREN ABNEHMERN SOLLEN WIR DIE MÖGLICHKEIT GEBEN, EINEN ANGEMESSENEN GEWINN ZU ERZIELEN. VERANTWORTUNG TRAGEN WIR AUCH FÜR UNSERE MITARBEITER, FÜR ALLE JENE FRAUEN UND MÄNNER, DIE AUF DER GANZEN WELT BEI UNS TÄTIG SIND. JEDER VON IHNEN IST ALS INDIVIDUUM ZU ACHTEN. IHRE WÜRDE MUSS RESPEKTIERT UND IHRE VERDIENSTE MÜSSEN ANERKANNT WERDEN. SIE MÜSSEN AUF DIE SICHERHEIT IHRES ARBEITSPLATZES VERTRAUEN KÖNNEN. DIE VERGÜTUNG FÜR DIE ARBEIT MUSS FAIR UND ANGEMESSEN SEIN, DIE ARBEITSPLÄTZE UNFALLSICHER, SAUBER UND ORDENTLICH. WIR MÜSSEN UNSERE MITARBEITER AUCH BEI DER WAHRNEHMUNG IHRER VERANTWORTUNG GEGENÜBER IHREN FAMILIEN UNTERSTÜTZEN. DIE MITARBEITER SOLLEN SICH ERMUTIGT FÜHLEN, VORSCHLÄGE ZU MACHEN UND AUCH BESCHWERDEN VORZUTRAGEN. BEI ENTSPRECHENDER QUALIFIKATION MUSS CHANCENGERECHTIGKEIT GEGEBEN SEIN, SOWOHL BEI DER EINSTELLUNG ALS AUCH BEI FÖRDERUNG UND BEFÖRDERUNG. DABEI IST ES UNSERE AUFGABE, DAFÜR ZU SORGEN, DASS FÄHIGE FÜHRUNGSKRÄFTE ZUR VERFÜGUNG STEHEN, DIE GERECHT UND ETHISCH HANDELN. VERPFLICHTET FÜHLEN WIR UNS AUCH GEGENÜBER DEM GEMEINWESEN, IN DEM WIR LEBEN UND ARBEITEN, ABER AUCH GEGENÜBER DER GANZEN MENSCHHEIT. WIR MÜSSEN UNS ALS GUTE STAATSBÜRGER ERWEISEN, DAS GEMEINWOHL IM AUGE HABEN, WOHLTÄTIGKEITS-ORGANISATIONEN UNTERSTÜTZEN, SOWIE AUCH UNSEREN ANGEMESSENEN TEIL AN STEUERN TRAGEN. WIR MÜSSEN UNS DIE VERBESSERUNG ALLGEMEINER LEBENSBEDINGUNGEN, SPEZIELL DER GESUNDHEITSFÜRSORGE UND DER BILDUNG, EINSETZEN. WIR HABEN DAS FÜR UNSERE ARBEIT ANVERTRAUTE FIRMENEIGENTUM IN GUTEM ZUSTAND ZU ERHALTEN UND WOLLEN DABEI DEN SCHUTZ DER UMWELT NICHT AUSSER ACHT LASSEN. SCHLIESSLICH SIND WIR UNSEREN AKTIONÄREN GEGENÜBER VERANTWORTLICH. EIN ANGEMESSENER GEWINN MUß ERWIRTSCHAFTET WERDEN. WIR SOLLEN NEUE IDEEN GEGENÜBER STETS AUFGESCHLOSSEN BLEIBEN. DIE FORSCHUNG IST VORANZUTREIBEN, FORTSCHRITTLICHE ENTWICKLUNGSPROGRAMME SIND ZU ENTWERFEN, DURCH FEHLER ENTSTANDENE VERLUSTE MÜSSEN GETRAGEN WERDEN. NEUE AUSRÜSTUNGEN MÜSSEN ERWORBEN, NEUE EINRICHTUNGEN ERSTELLT WERDEN; AUCH SIND NEUE PRODUKTE AUF DEN MARKT ZU BRINGEN. RESERVEN ALS VORSORGE FÜR SCHLECHTERE ZEITEN MÜSSEN GEBILDET WERDEN. WENN WIR NACH DIESEN GRUNDSÄTZEN HANDELN, WERDEN DIE AKTIONÄRE EINE ANGEMESSENE DIVIDENDE ERWARTEN KÖNNEN.” (22)

think! | 1 | 2011 | 53


K U rz g e f asst

K u n d e n v e r s t ä n d n i s u n d S t r a t e gi e p r o z e s s z e n t r a l e E r f o l g s f a k t o r e n f ü r I n n o va t i o n e n abei sind höhere FuE-Ausgaben

Ausgaben vor. Die Liste wird von Toyota, Pfizer und

alleine kein Erfolgsgarant. Beson-

Ford angeführt. Unter den Top 10 nehmen mit Daim-

ders erfolgreiche Konzerne orga-

lerChrysler (5) und Siemens (9) zwei deutsche Konzer-

nisieren vielmehr den gesamten

ne vordere Plätze ein. Gegen den Trend haben beide

Innovationsprozess von der Ide-

Unternehmen allerdings ihre FuE-Ausgaben um 5,6

enfindung über die Entwicklung bis zur Vermarktung

Prozent bzw. 2,5 Prozent gegenüber 2005 gesenkt.

des fertigen Produkts nach strategischen Vorgaben.

Weitere deutsche Vertreter unter den ersten 100 sind:

Dabei evaluieren sie konsequent die Projektfortschritte.

Volkswagen (15), BMW (33), Bayer (39), SAP (60),

Die Macher der Studie stellen fest:

BASF (65), Infinion (66) und Merck (100).

„Das profunde Verständnis der Kundenbedürfnisse ist das zentrale Erfolgskriterium. Entwicklungsabteilungen,

W e i t e re E r g e b n i sse d e r S t u di e :

die ihre Kunden direkt in den Innovationsprozess einbe-

75 Prozent der in 2006 investierten 447 Milliarden

ziehen, führen zu einer doppelt so hohen Gesamtkapi-

US-Dollar entfallen auf die besonders for-

talrendite. Das Wachstum des operativen Ergebnisses

schungsintensiven Bereiche Computer- und

ist sogar dreimal so hoch wie bei Wettbewerbern, die

Elektronikindustrie mit 127 Milliarden US-Dollar,

nur einen indirekten Kundenzugang haben.“

den Gesundheitssektor mit Milliarden US-Dollar

Zudem erzielen Player, die ihre Innovationsstrategie

sowie die Automobilhersteller mit 74 Milliarden

direkt aus der Unternehmensstrategie ableiten, in den

US-Dollar.

letzten drei Jahren ein um 40 Prozent stärkeres Wachs-

Die Top 100 stehen für 64 Prozent der FuE-Aus-

tum des Betriebsergebnisses und eine doppelt so hohe

gaben der „Global Innovation 1.000“.

Eigenkapitalrendite wie solche, die diese beiden Strate-

Geschätzte globale FuE-Ausgaben 2006: 879

giebereiche nur schwach koppeln.

Milliarden US-Dollar. Damit stehen die „Global

So hat beispielsweise der DAX-Konzern Adidas diesen

Innovation 1.000“ für 84 Prozent der Unterneh-

Kundenfokus sowie das Thema Innovation konsequent

mens- und 52 Prozent der globalen FuE-Ausga-

in der Unternehmensstrategie verankert und umgesetzt.

ben (inklusive Non-Profit-Organisationen sowie

Die Folge: Auch 2006 zählt der Sportartikelhersteller

Regierungen).

zu den so genannten „high-leverage-Unternehmen“. FuE-Ausgaben auf, übertreffen aber ihre Wettbewerber

Design der Studie „Global Innovation 1.000“ von Booz Allen Hamilton:

nicht nur bei Umsatz und Gewinnwachstum, sondern

Für die Studie identifizierte Booz Allen Hamilton die Top

auch bei der Kursentwicklung. Diese Gruppe der Top-

1.000 der globalen Unternehmen, die ihre FuE-Ausga-

Innovatoren wuchs 2006 von 94 auf 118 Mitglieder und

ben veröffentlichen. In einem zweiten Schritt wurden für

damit 11 Prozent der untersuchten Unternehmen an.

die Studie die wichtigsten Finanz-, Umsatz-, Ertrags,

Weitere prominente Beispiele dieser Outperformer in

Kosten- und Profitabilitätskennzahlen der vergangenen

Sachen Innovation: Apple, Ebay oder Black&Decker.

sechs Jahre analysiert und in Zusammenhang mit den

Deutsche Unternehmen weiterhin auf vorderen Plätzen

historischen Ausgaben für FuE gebracht. Die Zuord-

Mit der Studie stellt Booz Allen Hamilton auch ein Ran-

nung der Firmen zu Regionen folgt der Angabe des

king der Unternehmen mit den weltweit höchsten FuE-

Unternehmenssitzes. (21)

Diese weisen zwar im Branchenvergleich niedrigere

54 | think! | 1 | 2011


JOHNSON & JOHNSON literatur 1. http://www.jnjmedical.at/unternehmen-wer-wir-sind.html#JnJAustria, 16.03.2011

autoren

2. http://www.jnjmedical.at/sites/all/files/Geschichte%20JNJ.pdf 16.03.2011 3. http://www.jnjmedical.at/unternehmen-wer-wir-sind.html#JnJAustria, 16.03.2011 4. http://www.jnjmedical.at/unternehmen-wer-wir-sind.html#JnJAustria, 16.03.2011 5. http://www.jnjmedical.at/geschaftsbereiche-cordis.html, 04.04.2011 6. http://www.jnjmedical.at/geschaftsbereiche-de-puy.html, 04.04.2011 7. http://www.charity-label.com/de/eigendarstellung/index. html?INR=431, http://kurier.at/nachrichten/gesundheit/2098583.

Heidi Gasser, BA, M Heidi.Gasser@edu.fh-kaernten.ac.at

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Sigrid Raditschnig, BA, Sigrid.Raditschnig@edu.fh-kaernten.ac.at

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Bettina Slapnik, BA, M BettinaRosemarie.Slapnik@edu.fh-kaernten.ac.at

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Z

nnovation ist die Kunst einen lukrativen Markt zu finden und dessen bestehendes Angebot, auf eine kreative Weise, zu verbessern und dessen Erfolgspotenziale rechtzeitig zu erkennen. Erfolgreiche Pioniere identifizieren die wahren Wünsche der Kunden und bedienen sie mit einem intelligenteren, besseren, leistungsfähigeren Produkt, mit einem Service, der mehr liefert, als die Konkurrenz. Sie heben sich von der Masse ab und stechen aus dem Meer an Anbietern heraus. IKEA und OLYMPUS sind zwei höchst unterschiedliche Unternehmen. In beiden Unternehmen spielt Innovation eine wichtige Rolle, wenn auch in unterschiedlichen Formen und Ausprägungen. Von den Gründern (Ingvar Kamprad – IKEA und Takeshi Yamashita –OLYMPUS) und deren persönlichen Geschichten stark geprägt erlangten sie Weltberühmtheit. Der wirtschaftliche Erfolg zeigt sich in den Umsatzzahlen. Im Jahr 2010 erwirtschaftete IKEA mit einem Mitarbeiterstand von 127.000 einen Umsatz von 16,1 Mrd. EUR. Olympus mit weltweit 35.276 Mitarbeitern 7,2 Mrd. Dabei gilt zu berücksichtigen, dass IKEA als Stiftung und Handelsunternehmen mit ihren Produkten ein ganz anderes Geschäftsfeld bedient als das börsennotierte Handels- und Forschungsunternehmen OLYMPUS. Ein Vergleich scheint daher erheblich erschwert. Während OLYMPUS in der Entwicklung und Produktion von Analysesystemen

56 | think! | 1 | 2011

z

KURZFASSUNG

für Medizin und Industrie sowie Digitalkameras und anderen optischen Komponenten den Fokus auf Qualität und Arbeitseffizienz legt und sich sehr stark in der Forschung engagiert, ist dies für das Handelsunternehmen IKEA keine notwendige Basis zur Weiterentwicklung von Produkten. IKEA legt sein Augenmerk auf modernes, farbenfrohes Design und Kosten- & Ressourceneffizienz, man hat sich die „Leistbarkeit für Alle“ zum Auftrag gemacht. Die Geschichte zeigt, das Ziel ist erreicht. Ausschließlich an den Produktneuheiten gemessen muss OLYMPUS als Innovationsunternehmen bezeichnet werden. IKEA hingegen ist ein Vorreiter im Bereich der Kundenbindung. Jedoch erscheint das Innovationssystem bei OLYMPUS nachhaltiger zu sein, was sich auch in der firmeneigenen UmweltCharta und der Social-IN Strategie wiederspiegelt. Dahingegen konzentriert man sich bei IKEA auf Kooperationen mit wichtigen Institutionen wie WWF und UNICEF. Die Ausrichtung der Geschäftstätigkeiten auf die Kundenbedürfnisse ist sowohl bei IKEA als auch bei OLYMPUS stark verankert und spiegelt sich jeweils in den Werbeslogans wieder: „Wohnst du noch oder lebst du schon“ (IKEA) und „Your Vision, Our Future“ (OLYMPUS). Die unterschiedlichen Ansätze vom Innovationgedanken in den Unternehmen sind wegweisend für weitere Unternehmen und verdienen höchsten Respekt!


IKEA | OLYMPUS

Von Viktoria Hocke, Bernadette Irnberger, Angelika Mandl und Manuela Reinbacher.

®

Möbel für den Olymp Innovationskraft als Erfolgsrezept Innovation ist die Kunst einen lukrativen Markt zu finden und dessen bestehendes Angebot, auf eine kreative Weise, zu verbessern und dessen Erfolgspotenziale rechtzeitig zu erkennen. Erfolgreiche Pioniere identifizieren die wahren Wünsche der Kunden und bedienen sie mit einem intelligenteren, besseren, leistungsfähigeren Produkt, mit einem Service, der mehr liefert, als die Konkurrenz. Sie heben sich von der Masse ab und stechen aus dem Meer an Anbietern heraus. Unternehmen wie IKEA und Olympus können hinsichtlich ihres Produktsortiments unterschiedlicher nicht sein. Umso spannender scheint es, gerade diese hinsichtlich ihres Innovationsmanagements zu analysieren und Vergleiche dahingehend anzustellen.

think! | 1 | 2011 | 57


®

Ein Beispiel dafür, dass man mit ein wenig Geschick und Ideenreichtum, zu Milliarden kommt, ist der IKEAGründer Ingvar Kamprad. Möbel scheinen kein lukrativer Markt zu sein, aber seine Ideen und die schnelle Reaktion auf ökonomische und gesellschaftliche Veränderungen, haben IKEA zu einem weltweit agierenden Unternehmen gemacht, das selbst in Zeiten der Weltwirtschaftskrise Gewinne einfährt.

T h e I K E A Wa y

Abbildung 3 Erfolgsrezept - Flache Pakete

IKEA besinnt sich seit Jahrzenten auf seine schwedischen Wurzeln, hierfür sind nicht nur die Farben des

diesen Ansatz vertritt IKEA und gestaltet ein attraktives

Logos, das Geld und Blau der schwedischen Flag-

Angebot für Jedermann, ob jung oder alt und auch für

ge, ein Indiz. Den Menschen aus Småland sagt man

Menschen die nicht so viel im Portemonnaie haben.

nach, dass sie bescheiden sind und aus den wenigen Ressourcen, die ihnen die Natur gibt, das bestmög-

Um dies zu erreichen, versucht IKEA an allen Pro-

liche machen wollen. Diesen Ansatz hat auch IKEA

duktionspunkten anzusetzen und die Kosten niedrig

übernommen, in dem sie Artikel mit guter Qualität zu

zu halten. Die Einsparungen sollen direkt für den Kun-

einem niedrigen Preis anbieten wollen. Schweden ist

den spürbar werden, indem sich das Sortiment ver-

aber auch für sein Sozialsystem bekannt, das ver-

billigen, ohne an Qualität ein zu büßen. Um dies zu

sucht allen Menschen die gleichen Möglichkeiten zu

erreichen müssen innovative Wege und Methoden ge-

gewährleisten, sowie Arm und Reich diesel-

funden werden, was seit Beginn der IKEA Geschichte

ben Möglichkeiten zu bie-

ein Hauptinteresse Kamprads war.

ten. Auch

Hierfür werden zunächst Berechnungen angestellt, wie teuer ein Produkt werden kann und sollte. Auf Basis dieser Berechnung werden dann Händler und Hersteller ins Boot geholt um niedrige Preise, schon auf der Werkebene, zu gewährleisten. Dabei wird auf die bestmögliche Nutzung der Ressourcen, durch effizienten Einsatz von Rohstoffen, die Anwendung technischer Innovationen und das bestmögliche Design, geachtet. Wichtig ist auch die Senkung der Transportkosten, dies wird vor allem durch die flachen Pakete erreicht, die es ermöglichen die Artikel leicht und efAbbildung 2 Streichhölzer - der Beginn IKEAs

58 | think! | 1 | 2011

fektiv zu lagern und sie den Kunden zur Selbstmontage mitzugeben.


Ingvar Kamprad

ZUR PERSON

amprad wurde 1926 in der Provinz Småland, im Süden Schwedens, geboren. Er wuchs auf dem Bauernhof Elmtaryd, nahe dem Dorf Agunnaryd auf. Schon als kleiner Junge fing er an Geschäfte zu betreiben. Er verkaufte Streichhölzer an seine Nachbarn und kaufte sich vom Gewinn ein Fahrrad um sein Verkaufsgebiet weiter auszubreiten. Nach einiger Zeit fand er heraus, dass er in Stockholm Streichhölzer in einer größeren Menge zu niedrigen Preisen kaufen kann, um diese dann mit einem niedrigen, aber profitbringenden Preis weiter verkaufen zu können. Später expandierte er und fing an Haushaltswa-

Abbildung 1 Ingvar Kamprad

ren an den Mann zu bringen, hierzu gehörten Kugelschreiber, Tischdecken, Schmuck und diverse andere

Leben hin. Unter anderem hält er auch seine Ange-

Gebrauchsgegenstände.

stellten an sparsam zu sein und Blätter beidseitig zu

Mit 17 erhielt Kamprad von seinem Vater eine Be-

beschreiben. Auch in seinem Werk mit autobiographi-

lohnung für die erfolgreich abgeschlossene Schule

schen Zügen „Das Testament eines Möbelhändlers“

und den Beginn des Studiums an der Handelsschule

wird auf die Ideen und die Umsetzung hinter IKEA

Göteborg. Er benutzte das Geld als Startkapital für

verwiesen und klargestellt wie wichtig Sparsamkeit

die Erfolgsgeschichte, die hinter IKEA steckt. Die Na-

ist. Über den bescheidenen Lebensstil Kamprads

mensfindung schien ganz einfach - IKEA setzt sich

ist allerhand zu hören, zum einen sind Schweden für

aus den Initialen Kamprads und aus den Anfangs-

Sparsamkeit bekannt, zum anderen ist es eine PR-

buchstaben von Elmtaryd, seinen Familienhof, und

Masche sich - frei nach dem IKEA-Prinzip, niedrige

Agunnaryd, dem nahe gelegenen Ort, zusammen.

Preise für gute Qualität - von unnötigem Luxus fern zu

(Ingvar Kamprad, Elmtaryd, Agunnaryd)

halten und ein gemütliches Leben zu führen. Selten

Auf Grund einer Schwäche für Zahlen, die es Kam-

hört man von dem Landbesitz in Schweden, der Villa

prad erschwerte sich Seriennummern zu merken, fing

in der Schweiz oder dem Weingut in Frankreich. Nicht

er an den Produkten schwedische Namen zu geben.

umsonst gehört Kamprad zu den reichsten Unterneh-

Dies differenzierte er soweit, dass die Namensgebung

mern der Welt. Sein Vermögen wird, laut Forbes, auf

heute auf einem System beruht. So werden beispiels-

23 Mrd. US-Dollar geschätzt.

weise Badezimmerartikel nach Flüssen und Seen be-

Kamprad ist in zweiter Ehe verheiratet, aus dieser

nannt, Gartenartikel nach Inseln. Und so gibt es für

Ehe entstammen drei Kinder: Peter Arras Feodor (*

jede Produktsparte Benennungsregeln, die im Laufe

1964), Hans Jonas Ingvar (* 1966) und Niclas Achim

der Jahrzehnte mit der Ausweitung des Sortiments

Mathias (*1969), alle drei bekleiden Positionen in den

entstanden.

Vorständen und leiten Abteilungen bei IKEA. Aus ers-

Seit 1976 wohnt Kamprad in Schweden und weißt immer wieder auf sein sparsames und einfaches

ter Ehe stammt eine Adoptivtochter, mit der er wenig Kontakt hat.

think! | 1 | 2011 | 59


Abbildung 4 Innovativ - Möbelzusammenstellungen als Einrichtungsidee Kurz gefasst besagt die IKEA Geschäftsidee: „Wir

Sei t J ahrz e nt e n e rf ol gr ei c h

wollen ein breites Sortiment formschöner und funk-

Die Geschichte Ikeas ist wohl auch die Geschichte

tionsgerechter Einrichtungsgegenstände zu Preisen

Ingvar Kamprad, wie berichtet begann alles mit dem

anbieten, die so günstig sind, dass möglichst viele

geschäftstüchtigen Jungen aus dem Småland, der

Menschen sie sich leisten können.“ Menschen mit

seine Nachbarn mit allerhand Nützlichem versorgte.

unterschiedlichen Bedürfnissen, Wünschen und Ge-

Schon damals wusste er, dass er ein eigenes Unter-

schmäckern.

nehmen aufbauen wollte.

Um den Kunden bei der Auswahl der richtigen Wa-

1943 ließ sich Ingvar Kamprad den Namen IKEA

ren zu helfen, war IKEA das erste Einrichtungshaus,

schützen und verkaufte anfangs weiter Gebrauchsge-

das die Artikel in einer Zusammenstellung als Einrich-

genstände, die er versuchte zu einem günstigen Preis

tungen darstellte.

gewinnbringend an die Menschen zu verkaufen. Das Geschäft lief gut und so begann Kamprad seine Pro-

Ein letzter Punkt der Unternehmensphilosophie,

dukte mit Hilfe des örtlichen Milchwagens und einigen

ist die Verantwortung für die Umwelt. Nach häufiger

Inseraten in größerem Umfang und einem erweiterten

Kritik, dass IKEA das illegale Abholzen in bestimmten

Gebiet zu verkaufen.

Regionen unterstützt, wurde vermehrt darauf geach-

Ab 1948 werden auch Möbel verkauft, die von orts-

tet klarzustellen, dass IKEA auf akzeptablen Arbeits-

ansässigen Herstellern bezogen wurden. Die Nachfra-

bedingungen, regenerierbare Ressourcen und den

ge war groß und so fing IKEA an sich auf die Produk-

Schutz der Umwelt und des Klimas achtet.

tion und den Verkauf von Möbeln zu konzentrieren.

IKEA möchte als langlebiges und verantwortungsvolles Unternehmen wahrgenommen werden.

60 | think! | 1 | 2011

1951 erschien der noch heute beliebte IKEA Katalog, der als erstes Möbel in Zimmern abbildete und


IKEA |

Abbildung 6 Offener Lagerraum für die Kunden ten und so gebaut werden konnten das sie sich zum Selbsttransport und -montage eigneten. Anfang der 60er Jahre verschärfte sich der Preiskampf und andere Möbelhäuser, die von dem selber Hersteller bezogen, forderten Kunden und Händler zum Boykott IKEAs auf. Kamprad umging die Zulieferschwierigkeiten indem er nun Geschäftsbeziehungen Abbildung 5 Frontansicht

nach Polen suchte und sich von dort beliefern ließ,

des ersten IKEA-Katalogs

IKEA wurde somit international tätig. So wundert es nicht, dass nach dem ersten Einrich-

so zum wichtigsten Bindeglied zum Kunden wurde.

tungshaus, 1985 in Älmhult, schon 1963 das erste

Ein weiterer wichtiger Fortschritt war die erste Möbe-

Haus außerhalb Schwedens in Oslo, Norwegen, er-

lausstellung 1953 in Älmhult, Schweden. Hier konn-

richtet wurde.

ten Kunden erstmals die Waren vorher betrachten

Die Eröffnung in Oslo übertraf alle Erwartungen und

und sich von der Qualität des Produktes überzeugen.

die Mitarbeiten kamen in Handlungszwang, da sie die

Kamprad reagierte damit auf einen starken Preis-

Vielzahl an Bestellungen nicht zu bearbeiten schafften.

kampf, mit seinen Konkurrenten, der drohte sich auf

Auch hier wird wieder einmal die Findigkeit Kamprads

die Qualität der Produkte auszuwirken. Schon damals

zum Glücksfall. Er ließ die Lager öffnen, sodass Kun-

ergreift Kamprad die Idee vom Selbsttransport der

den ihre Waren selber suchen und mitnehmen konn-

nach und nach verfeinert wurde. Dazu kam, dass die

ten. Noch heute ist dies Praktik des offenen Lager-

Möbel nun vermehrt aus eigener Produktion stamm-

raums, ein Merkmal IKEAs.

think! | 1 | 2011 | 61


Um auf sinkende Besucherzahlen zur Mittagszeit zu

und stellte den Konzern unter den Besitz einer Stif-

reagieren integrierte Kamprad schon früh ein Restau-

tung, die Stichting INGKA Foundation, mit Sitz in den

rant im ersten Einrichtungshaus, das den gewünsch-

Niederlanden.

ten Erfolg erzielte, die Kunden länger im Haus zu

Zwei Jahre später begrüßt Ingvar Kamprad sein

halten und nun Einzug in allen folgenden Geschäften

10.000 Mitarbeiter und freut sich über 60 Einrich-

finden sollte.

tungshäuser auf der ganzen Welt.

Der Einfallsreichtum Kamprads zeigt Wirkung, 1969

1986 zollt Kamprad seinem Alter Tribut und über-

erreicht IKEA Dänemark und eröffnet 1973 ein Einrich-

gibt die Konzernleitung Anders Mosberg, der nun die

tungshaus in der Schweiz, die Erfolge ermöglichten

Geschäfte übernimmt. Kamprad bleibt jedoch Berater

eine schnelle Expansion nach Deutschland 1974 -

der INKA Holding und behält die Entscheidungsge-

dem Markt der noch heute den größten Anteil stellt.

walt.

IKEA expandierte immer weiter bis sie 1977 auch in

In den 90er Jahren erlässt IKEA ethische Regeln für

Österreich ihr erstes Einrichtungshaus in Wien errich-

die Produktion seiner Artikel, hierzu gehört beispiels-

ten. (weitere Expansion siehe gelbes Feld)

weise die Verpflichtung zum Bezug aus nachhaltiger

1982 wollte der IKEA Gründer eine Struktur schaf-

Holzwirtschaft und weitere Regelungen zum verant-

fen, die eine langfristige Unabhängigkeit gewährleistet

wortungsvollen Umgang mit Rohstoffen und der Umwelt. Hiermit soll wohl auch auf die große Zahl von Berichten reagiert werden, die IKEA beschuldigen Holz

I K E A Exp a n s i o n e n ü b e r d ie Ja h r e

aus illegalen Rodungen zu beziehen. Hierfür wird 1998 auch ein eigener Forstverantwortlicher eingestellt, der die Lieferanten überprüfen soll und forstwirtschaftliche

1963

Norwegen, Oslo

Projekte fördert und entwickelt, hierfür arbeiten sie un-

1996

Dänemark, Kopenhagen

ter anderem auch mit dem WWF zusammen.

1973

Schweiz, Zürich

1975

Australien, Sydney

Kooperationspartner IKEAs. Schon 1997 reagierte

1976

Kanada, Vancouver

IKEA auf die Bedürfnisse seiner Kunden mit Kindern

1077

Österreich, Wien

und integrierte das sogenannte Småland für die Be-

1979

Niederlande, Rotterdam

treuung von Kindern, mit Spiel- und Beschäftigungs-

1981

Frankreich, Paris

möglichkeiten.

1984

Belgien, Brüssel

1985

USA, Philadelphia

Konzernleitung, Anders Mosberg, wird von Anders

1987

Großbritannien, Manchester

Dahlvig abgelöst.

1989

Italien, Mailand

1990

Ungarn, Budapest

nach einem eigenen Verhaltenskodex „The IKEA

1991

Tschechische Republik, Prag

Way“. In ihm ist festgelegt, was Lieferanten von IKEA

Polen, Poznan

erwarten können und was IKEA im Gegenzug von den

1996

Spanien, Madrid

Lieferanten in Bezug auf gesetzliche Anforderungen,

1997

IKEA weltweit www.IKEA.com

Arbeitsbedingungen, die aktive Vorbeugung von Kin-

1998

China, Shanghai

derarbeit, Umwelt und Forstwirtschaft erwartet. Dar-

2000

Russland, Moskau

über hinaus wird der Kodex „Vorbeugende Maßnah-

2004

Portugal, Lissabon

men gegen Kinderarbeit – The IKEA Way“ eingeführt,

2006

Japan, Tokio

um sicherzustellen, dass ihre Lieferanten oder Subun-

Desweiteren sind auch UNICEF und Greenpeace

1999 kommt es zu einem erneuten Wechsel in der

Ab dem Jahr 2000 koordiniert und arbeitet IKEA

ternehmer Kinderarbeit unterlassen.

62 | think! | 1 | 2011


IKEA |

Ein Jahr Später wird der Hauptsitz von Dänemark in

Abbildung 7 Struktur des IKEA Konzerns

die Niederlande verlegt. Seit 2006 können IKEA Kunden nun auch

aus

einem eigenen Lebensmittelsortiment wählen. Die

gabe der Lizenzen. Hier wird das Vermögen durch Investments aller Art vermehrt.

Produkte basieren auf schwedischen Rezepten und

Die Grüne Gruppe beinhaltet alle privaten Engage-

Traditionen und werden zu einem niedrigen Preis ver-

ments der drei Kamprad-Söhne in Banken, Versiche-

kauft. Hierzu zählt auch der allseits beliebte und be-

rungen, Asset-Management, Immobilien und im Ein-

kannte IKEA Hotdog.

zelhandel, seit dem ihr Vater, Ingvar Kamprad ihnen

S tr u ktu r

diese im Jahr 2000 zu je einem Drittel vermachte. Nach Aussagen Kamprads werden die Gewinne in

Der IKEA Konzern ist dezentralisiert und splittet

die Weiterentwicklung und zu Sicherung der Langle-

seine Geschäfte in drei Bereiche, diese werden firme-

bigkeit des Unternehmens investiert und sollen auch

nintern als Blaue, Rote und Grüne Gruppe bezeich-

für Expansionen genutzt werden. Spekulationen ver-

net. Die Bereiche agieren wirtschaftlich und rechtlich

weisen darauf, dass am Ende trotzdem immer einer

unabhängig voneinander und führen ihre Geschäfte

oder der gesamte Kamprad-Clan steht und die Ge-

selbstständig.

winne verwaltet. Durch den Verzicht auf den Börsen-

Die Blaue Gruppe, die IKEA Group, betreibt 281

gang kann IKEA nicht zerschlagen werden und wird

Möbelhäuser in 26 Ländern, dirigiert die Produktions-

weiter in fester Hand der Kamprads bleiben, auch

gesellschaften, steuert den Einkauf, die Logistik und

wenn der Besitz durch Stiftungen geregelt ist.

das Produktdesign. Ihre Gewinne werden durch den Verkauf der IKEA Artikel erwirtschaftet.

Z ahl e n & F ak t e n

Inter IKEA, die Rote Gruppe, ist Hüterin der Ikea-

Der IKEA Konzern verzeichnete im Geschäftsjahr

Markenrechte, hier agieren Unternehmer für das

2010 (1. September 2009 bis 31. August 2010) ei-

richtige Marketing, wählen Länder und Standorte zur

nen Umsatz von 23,1 Mrd. Euro, dies bedeutet einen

Expansion und entwickeln das IKEA-Konzept weiter.

Anstieg zum Vorjahr von 7 Prozent. 79 Prozent davon

In das Aufgabengebiet fällt auch das Kassieren der

wurden in Europa erwirtschaftet. Die 5 Länder mit

Franchisegebühren (3% des Umsatzes) und die Ver-

dem höchsten Umsatz sind Deutschland (15%), USA

think! | 1 | 2011 | 63


Arbeitsmarkt profitiert von IKEA. Mit 103.500 Angestellten, werden hier neben Asien und Australien mit 8.000 Mitarbeitern und Nordamerika mit 15.500 Mitarbeitern, die meisten Leute beschäftigt. Der berühmte IKEA Katalog, der Teile des 9.500 Artikel umfassendes Sortiments präsentiert, erschien 2011 in einer Auflage von 197,5 Mio. Exemplaren in 61 Editionen und 29 Sprachen. Im Geschäftsjahr 2010 strömten 626 Mio. Menschen in die IKEA Einrichtungshäuser. Allein 6,16 Mio. davon besuchten in Österreich eins der sieben Einrichtungshäuser (Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz Abbildung 8 Gewinne von 2000-2010 in Mrd.

Haid, Salzburg, Wien Nord und Wien Vösendorf). In Österreich hat IKEA im Geschäftsjahr 2009/2010 den Umsatz um 5,1 Prozent auf 595,2 Mio. Euro steigern können.

Die bang e F rag e nac h d e r Z uk unf t Muss sich sicher nicht in naher Zukunft gestellt werden. IKEA ist eines der, wenn nicht das größte Einrichtungshaus weltweit und wird noch über Jahre seine Umsätze machen und die Leute in Massen in die einzelnen Häuser ziehen. IKEA steht für einfache, aber stilvolle Möglichkeiten, das breite Sortiment gibt den Kunden die Möglichkeit alles

Abbildung 9 Verteilung der IKEA

nötige bei einem Einkauf zu erle-

Einrichtungshäuser

digen. Schon lange ist IKEA nicht

Abbildung 10 Ikea-Plakat zur Eröffnung in Wien

nur eine Kette, es ist ein Kult, dem viele gerne angehören. Um diesem Kult zu genießen

(11%), Frankreich (10%), Italien (7%)

sind neue Häuser in Planung und

und Großbritannien 6%.

es werden sicherlich noch einige

IKEA beschäftigt derzeit 127.000

dazukommen, um die Nähe zum

Mitarbeiter rund um den Globus.

Kunden zu suchen und die Besu-

96.500 von ihnen arbeiten in den

cherzahlen zu steigern.

280

Einrichtungshäusern

in

26

Doch es kommt die Zeit wo In-

Ländern. Dazu kommen 36 Ein-

gvar Kamprad, auf dessen Ideen

richtungshäuser in 16 Ländern auf

und Intuitionen sich das IKEA Un-

Franchise-Basis und damit gibt es

ternehmen stützt, nicht mehr die

317 Einrichtungshäuser weltweit.

Fäden zieht. Schon 1986 gab er die Leitung des Kon-

9.600 Mitarbeiter sind in der industriellen Produktion

zerns ab und wurde Berater. Sein Einfluss ist seit dem

tätig, weitere 8.400 sind für Sortiment, Einkauf oder

ungebrochen und es ist kein Geheimnis, dass trotz

Großhandel verantwortlich. Vor allem der europäische

Rücktritts er die Entscheidungen fällt und bestimmt

64 | think! | 1 | 2011


IKEA | So sicher wie vor ein paar Jahren, als für ihn klar war das sein ältester Sohn die Leitung übernimmt und der zweit- und drittgeborenen sich um Einkauf und Sortiment kümmern könnten, scheint Kamprad sich nicht mehr zu sein. Mittlerweile spricht er davon allen die gleichen Rechte und Pflichten aufzuerlegen und sie unter die Führung aller drei zu stellen. Aber auch hierrüber wird Verdruss laut und es stellt sich oft die Frage, wie es mit dem IKEA Konzern weiter gehen wird, ist einst der Gründer, die Person die IKEA zu dem gemacht hat was sie heute ist, nicht mehr da. Mittlerweile kommt das Gefühl auf, Kamprad ist sich selbst uneinig und unsicher ob er sein Konzern in die Hände seiner Söhne geben soll, erst letztes Jahr wurde die Leitung der IKEA Gruppe nicht an einen von ihnen, sondern an Mikael Ohlsson übergeben, der seit 30 Jahren für das Unternehmen arbeitet und sich vom Teppichverkäufer zum Verantwortlichen für die Geschäfte in Nordamerika und Südeuropa, bis dann 2010 zum Konzernleiter hochgearbeitet hat. Sicher ist, dass die Zukunft einst von den drei Kamprad Sprösslingen bestimmt wird, übernehmen sie die Geschäfte liegt es an ihnen, dass was ihr Vater aufgewas mit dem Unternehmen geschieht. Diese Macht

baut hat weiterzuführen und neue Ideen, an denen es

möchte Kamprad bei Zeiten seinen Söhnen überge-

IKEA in den vergangenen Jahren fehlte, voranzubrin-

ben, aber darüber macht sich im Unternehmen Unmut

gen. Die Innovationskraft lässt mit weiterem Zurück-

breit.

treten des Seniors nach. Es fehlt an neuen Gedanken,

Den Söhnen wird fehlender Ehrgeiz, mangelnder

was viele auf die starke Expansion zurückführen. Die

Geschäftsinn und Desinteresse am Unternehmen

Kraft reicht einfach nicht für beides. Bleibt nur zu hof-

vorgeworfen. Viele aus der Managementriege können

fen, dass sich die Urteile über die Kamprad Söhne,

und wollen sich nicht vorstellen unter der Leitung ei-

Peter, Jonas und Mathias, nicht bestätigen und sie

nes der drei Söhne zu stehen.

das erfolgreich weiterführen, was ihr Vater ihnen eines

Den Söhnen wurde nach und nach schon Teile des Konzerns vermacht und sie bekamen die Chance in

Tages hinterlässt und sie sich nicht vor der immer stärker werdenden Konkurrenz in acht nehmen müssen.

eigenen Projekten zu Arbeiten. Doch an diesen schei-

Und spätestens seit dem Enthüllungsbuch von Jo-

terten sie alle. Keiner konnte es schaffen zu überzeu-

han Stenebo, einem früheren Führungsmitglied, muss

gen und so verschiebt sich die Entscheidung über die

das Unternehmen wohl auch heftig um sein Image

Nachfolge des alten Kamprads. Ein Beispiel hierfür ist

bangen.

das Scheitern des Möbelkonzerns Habitat, das Kam-

Die Zeit wird zeigen wie es mit dem riesigen Kon-

prad 1992 kaufte und das seine Söhne auf Vorder-

zern weiter geht und wie lange uns das blau-gelbe

mann bringen sollten, sie scheiterten und so wurde

Logo in unseren Wohnungen und Häusern noch be-

die Tochtergesellschaft 2007 wieder abgestoßen.

gleiten wird.

think! | 1 | 2011 | 65


in zweites Beispiel für besonderen Ideenreichtum und Gespür für die sich verändernden Bedürfnisse des Einzelnen und des Marktes stellt das Unternehmen Olympus dar. Der Unternehmensslogan: „Your Vision, Our Future“ unterstreicht dies in besonderer Weise. Man hat sich mit der Entwicklung, Herstellung und dem Verkauf von Präzisionsmaschinen und Instrumenten für die Bereiche Medizin, Industrie und Foto & Audio einen weltweiten Namen gemacht.

Abbildung 13 Mount OLYMP, Griechenland

U nt e r n e h m e ns g e s ch i ch t e

De r N am e n

Das Unternehmen Olympus welches ursprünglich

Das Unternehmen, welches bereits in ihren An-

auf das Geschäft mit Mikroskopen und Thermome-

fangsjahren die Produkte mit dem Warenzeichen

tern spezialisiert war, wurde von dem Juristen Takeshi

„Olympus“ kennzeichnete, wurde nach dem „Olymp“,

Yamashita gemeinsam mit seinem Freund aus Juris-

einem Berg der nach der griechischen Mythologie Sitz

tenzeiten, Shintaro Terada, im Jahr 1919 in Tokio un-

der zwölf höchsten Götter und Göttinnen ist, benannt.

ter dem damaligen Firmennahmen Takachiho Seisa-

Der absolute Anspruch des Unternehmens, weltbe-

kusho gegründet.

rühmte Produkte in höchster Qualität herzustellen,

In den Jahren danach entwickelte das Unternehmen zunehmend optische Geräte und die Thermo-

sollte dadurch versinnbildlicht werden.

metersparte wurde abgestoßen. Folglich wurde der

U nt e rn e hm e nsph i l osoph ie

Firmenname im Jahr 1942 auf Takachiho Optical Co.

„Bei allen geschäftlichen Aktivitäten möchten wir

abgeändert. Aus Gründen der Aufwertung des Images

eine wesentliche Rolle in der Gesellschaft spielen, ihre

erfolgte 1949 eine weitere Abänderung in Olympus

Werte leben und zu einer Wertschöpfung beitragen,

Optical Co., bis schließlich 2003 unter dem Namen

damit alle Menschen rund um den Globus ein gesün-

Olympus Corporation ein Neuanfang zur Schaffung

deres und erfüllteres Leben führen können“.

einer dynamischen Konzernmarke gestartet wurde.

Die Unternehmensphilosophie welche auf diesen

Auf die „Opto-Digital Technologie“ wird seit einigen

Leitgedanken aufbaut hat bei Olympus einen eigenen

Jahren das Hauptaugenmerk gelegt. Damit vermoch-

Namen: „Sozial IN“. Soziale Werte werden als wesent-

te es das Unternehmen eine Technologie zu ihrer

licher Bestandteil der Geschäftsideologie gefördert.

Kernkompetenz zu entwickeln dessen Imitation durch

Außerdem wird auf das Verhältnis zu einzelnen Men-

die Konkurrenz nur schwer möglich ist. Durch die Fo-

schen größten Wert gelegt. „Statt uns ausschließlich

kussierung auf diesen Bereich konnte einerseits der

auf die Entwicklung von sehr funktionellen und hoch-

Unternehmenswert maximiert und die Marktführung in

leistungsfähigen Produkten zu konzentrieren, streben

diesem Bereich erreicht werden.

wir nach neuen Werten zur Schaffung einer Solidar-

66 | think! | 1 | 2011


gemeinschaft, in der die Sicherheit, Gesundheit und Vitalität der Menschen gefördert werden“.

De r G ründ e r

Der Slogan „Your Vision, Our Future“ macht den Fokus des Unternehmens offensichtlich. Das größte

Der

Gründer

von

Potenzial für die Zukunft wird in den Bedürfnissen der

Olympus, Takeshi Ya-

Gesellschaft gesehen. Die Einbindung der Wissen-

mashita, wurde im Jahr

schaft und Nutznießer in die Entwicklung von Inno-

1879 geboren. Nach

vationen trägt zusätzlich zur Kundenbindung bei. Mit

seinem

dem Olympus Bio Imaging Laboratory (in Kooperation

an der Tokyoter Im-

mit der Japanischen Gesellschaft für Krebsforschung

perial University Law

Abbildung 12

- JFCR) und der RIKEN BSI-Olympus Collaboration

school absolvierte der

Takeshi

Centers (gemeinsam mit RIKEN) gründete das Unter-

Anwalt den einjährigen

Yamashita

nehmen zwei Institutionen zur Forschung auf höchs-

Wehrdienst.

tem Niveau und Weiterentwicklung von relevanten

trat er in das Handels-

Technologien. Neben der Optimierung der Produkte

unternehmen

wird auch die dadurch unterstützte Weiterentwicklung

Shokai ein, für das er beträchtliche

der Biowissenschaft als Anliegen formuliert.

Gewinne im Zuckerhandel erwirt-

U ms e tz u n g d e r P h i lo s o p h ie Schon die Gründung durch Takeshi Yamashita war von dessen Bedürfnis geleitet weltweite Anerkennung für in Japan hergestellte Mikroskope zu erlangen.

Jura-Studium

Danach

(*1879 +1959)

Tokiwa

schaftete. Als Belohnung dafür unterstütze das Unternehmen den 30jährigen in der Gründung von Takachiho Seisakusho, dem späteren Olympus. Mit der Produktion von optischen

Die Unternehmensphilosophie ist in alle Geschäfts-

und digitalen Geräten für Medizin

felder sehr stark eingebunden. Schon der Internetauf-

und Industrie hat sich Olympus einen

tritt macht die Verbundenheit mit den Bedürfnissen

weltweiten Namen gemacht. Im Jahr

des Einzelnen und der Gesellschaft offensichtlich: Me-

1919 gegründet, blickt das Unter-

dizin – „Erfüllung des Wunsches eines Arztes in die

nehmen auf eine über 90jährige Ge-

Dunkelheit zu sehen“. Im industriellen Bereich hat man

schichte zurück die gespickt ist mit

sich die Unterstützung der Sicherheit von Menschen

Innovationen in den verschiedensten

und Unternehmen zum übergeordneten Ziel gesetzt.

Geschäftsbereichen

Die Erzeugnisse sollen zum Einen zur Sicherheit der

Biowissenschaft, Industrie, Film und

sozialen Infrastruktur wie beispielsweise von Flugzeu-

Fotographie. Kundenorientierung, die

gen und Stromerzeugungsanlagen dienen. Auch im

Ausrichtung auf Innovation und Origi-

Fotografiesektor konzentriert man sich auf persönli-

nalität sowie das Streben nach einer

che Werte. Gelenkt werden diese durch Leitsätze wie:

verbesserten Zukunft für die Gesell-

„Aufbau von Freundschaften durch Bilder“ und „Unbe-

schaft durch die Verwirklichung von

zahlbare Ansichten der Erde und besondere Augenbli-

Visionen sind ausgewiesene Ansprü-

cke des Alltags für immer festhalten.“

che des Unternehmens. Der Slogan

Ge s ch ä fts f e ld e r

wie

Medizin,

„Your Vision, Our Future“ verdeutlicht dies in eindrucksvoller Weise.

Die Marke Olympus ist in verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens mitbestimmend. Neben Medizin, Biowissenschaft, Industrie Film und Foto bemüht

think! | 1 | 2011 | 67


man sich auch um die Erschließung neuer Geschäfts-

Im ag i ng ( K am e ra & A ud i o)

möglichkeiten und Forschung und Entwicklung.

Olympus verfolgt in dem Bereich die Geschäfts-

Me d i z i n

zweige Digitalkamera, Audio, Ferngläser und optische Komponenten. Die digitale Bildgebung wird gefördert

Im Sektor der Medizin konzentriert sich das Un-

unter dem Leitsatz: „Bereicherung des täglichen Le-

ternehmen auf drei wesentliche Geschäftszweige:

bens durch Schaffung neuer Werte“. Damit zielt man

Endoskope, Endochirurgie und Endotherapie. Die

auf den Spaß am Fotografieren durch hohe Qualität

Produktpalette ist weitreichend und geht von gast-

der Produkte ab.

rointestinalen und chirurgischen Endoskopen über endotherapeutische Geräte und endoskopische Ult-

New B us i n e ss C r e at i on

raschallgeräte bis hin zu medizinischen Informations-

Strategisches Denken ist im Unternehmen tief ver-

systemen. Marktführend, mit einem Anteil von 70%,

ankert. So deklariert Olympus die Erschließung neuer

zeigt sich das Unternehmen in der Herstellung von

Geschäftsmöglichkeiten als einen eigenen Geschäfts-

flexiblen Endoskopen. Die Förderung von technischen

bereich. Man bemüht sich die Bedürfnisse der Zukunft

Neuerungen im minimal-invasiven Diagnostik- und

frühzeitig zu erkennen und zu nutzen. Mit der Grün-

Therapiebereich ebenso wie die Entwicklung von Pro-

dung der Olympus Business Creation Corporation im

dukten zur Steigerung der Arbeitseffizienz im Gesund-

Mai 2010 soll die Entwicklung neuer Geschäftsfelder

heitsbereich (z.B. ENDOBASE-Software) sollen dazu

beschleunigt werden und folglich dem ganzen Unter-

beitragen, diese Vormachtstellung zukünftig erhalten

nehmen zugutekommen.

bzw. ausbauen. Des Weiteren vermag es das Unternehmen, auch aufgrund ihrer forschenden Tätigkeit in den eigens gegründeten Institutionen, ihre Kunden

Abbildung 14 GT-I Gastrokamera, 1952

und Patienten mit wesentlichen Informationen hinsichtlich endoskopischer Therapie und der Früherkennung sowie –therapie von Krankheiten wie Krebs zu versorgen.

Li f e S c ie nc e Olympus unterstützt die Forschung und damit die Weiterentwicklung der medizinischen Versorgung durch Technologien wie der Live Cell- und der Bio Imaging-Technologie. Sie dienen der Beobachtung und Untersuchung von Bewegungen und Mechanis-

F &E ( Re s e arc h & De v e l opm e nt )

men von Molekülen in lebenden Organismen und wer-

Forschung und Entwicklung wird bei Olympus groß-

den in der Lebensmittelwissenschaft, Landwirtschaft,

geschrieben. Unter dem Deckmantel der zukünftigen

Fischereiwirtschaft und Nutztierhaltung angewandt.

Wertschöpfung für die Gesellschaft konzentrieren sich

In d u s tr i a l

die Anstrengungen auf die Entwicklung neuer Technologien im Kernkompetenzbereich der Opto-Digital

Für den Bereich der Industrie hat sich der Konzern

Technologie und die Entwicklung moderner Tele-

hauptsächlich auf Prüfgeräte spezialisiert. Reparatur-

kommunikations- und Informationstechnologien mit

und Wartungsgeräte gehören ebenso zum Produkts-

dazugehörigen Service-Tools. Die Beobachtung von

ortiment wie Fernsichtprüftechnologien und –verfah-

Trends soll zur gezielten Erfüllung gesellschaftlicher

ren die über das Internet angewandt werden können.

Erwartungen und menschlicher Bedürfnisse führen.

68 | think! | 1 | 2011


O lympus | sammenarbeit mit unternehmensfremden Forschern stets sehr bemüht. Ein weiteres Anliegen Olympus ist es benutzer- und umweltfreundliche Produkte zu entwickeln. Die Umweltbelastungen die durch die Geschäftsaktivitäten verursacht werden, wurden als ein Hauptproblem erkannt. Diese zu verringern ist eines der Hauptziele des Unternehmens. Durch die Nutzung führender TechnoAbbildung 16 EndoALPHA - „OP der Zukunft“, 2004 Abbildung 15 Asahi Mikroskop, 1919

logien des eigenen Forschungs- und Entwicklungszentrums und das vorhandene technische Know-how der einzelnen Geschäftsfelder wird von Seiten des Konzerns mit Hochdruck an der Zielerreichung gearbeitet.

Das Portfolio des Unternehmens beinhaltet fünf Sparten: „optische Technologie“, „Prä-

Mei l e nst ei n e d e s U nt e rn e hm e ns

zisionstechnologie“, „elektronische und Bild-

Die Erfolgsgeschichte von Olympus begann mit

gebungstechnologie“ und „biomechanische

Takeshi Yamashita und seiner Vision, in Japan

und biologische Grundlagentechnologie“ und

hochwertige Mikroskope zu produzieren. Im Alter

„gemeinsame Schlüsseltechnologie“. In den

von nur 30 Jahren und nur sechs Monate nach der

verschiedenen Geschäftsfeldern werden die

Gründung seiner Firma „Takachiho Seisakusho“

modernen Technologien genutzt und durch

am 12. Oktober 1919 hatte sein erstes Produkt

die Förderung von Synergieeffekten zwischen

unter dem Namen „Asahi“ (deutsch: „Aufgehen-

den Technologien Wertschöpfung erzielt.

de Sonne“) Premiere. Das Asahi 600x Mikroskop,

Speziell im Bereich der Biowissenschaft

wurde als besonders wertvolles Industrieprodukt

bemüht man sich um die Weiterentwick-

erachtet. Die Produktion des Mikroskops Sei-

lung der regenerativen Medizin wie auch

ka GE begann 1927. Zur damaligen Zeit war die

um die noch frühere Diagnose von Krebs-

Herstellung eines solchen Mikroskops eine tech-

erkrankungen mit dem Ziel die medizinische Versor-

nische Höchstleistung. Im Sektor Forschungsan-

gung und die Biowissenschaft zu fördern. Vor allem im

wendung nahm man damit aufgrund der hohen

Bereich der Medizintechnik wird der Zusammenarbeit

Qualität des Produktes eine Vorreiterstellung ein.

mit medizinischem Fachpersonal hohe Bedeutung

Mikroskope und klinische Thermometer stellten

beigemessen. Auch auf das Fachwissen von inter-

den zweiten Produktionszweig des Unterneh-

nationalen Vertretern der Industrie, Wissenschaft und

mens dar. So wurde 1930 das MC-Metallurgie-

öffentlichen Hand wird im Rahmen von Studienprojek-

mikroskop entwickelt. 1934 begann Olympus

ten zurückgegriffen. Des Weiteren unterhält das Un-

mit der Entwicklung von Kameraobjektiven und

ternehmen enge Beziehungen mit medizinischen und

die erste Kamera wurde 1936 vorgestellt, Semi-

forschungsspezifischen Einrichtungen. Entwickelte

Olympus I. Die Zuiko Objektive für die Fotogra-

Technologien werden in der Folge für die unterschied-

phie waren entwickelt. Seither tragen alle Olym-

lichsten Geräte genutzt. Eine frühzeitige Vermarktung

pus Kameras Objektive mit dem Markennamen

neuer Produkte ist wesentlich für den Erhalt und Aus-

Zuiko.

bau der Marktposition. Darum ist Olympus um die

Eine besondere Vorreiterstellung nahm das Un-

Förderung und Einführung neuer Projekte, auch in Zu-

ternehmen mit der Entwicklung der ersten Gast-

think! | 1 | 2011 | 69


rokammera ein, welche 1952 zur Markteinführung

Entwicklungsinstitut für Telekommunikationstechnolo-

gelangte. In der Folge wurden die Errungenschaf-

gie in San Diego, Kalifornien (USA) eingerichtet und

ten immer weiter entwickelt und der Marktanteil

ein Stützpunkt zur Erfassung von Informationen zu

mit Innovationen erweitert. Auszugsweise mit fol-

hochmoderner Technologie in San Jose, Kalifornien,

genden Produkten:

eröffnet. Gemeinsam mit neuen Technologie- und Ge-

1959:

schäftspartnern sollen so neue Geschäftsoptionen er-

Olympus Pen Halbformatkamera

1966: Unversal-Forschungsmikroskop

PHOTOMAX

schlossen werden. Weitere Möglichkeiten der sogenannten „offenen In-

1969: Ziko Pearlcorder – das erste

novation“ sollen zukünftig erschlossen werden um die

Mikrokassetten-Diktiergerät

Entwicklung der Kerntechnologien zu beschleunigen.

1979:

Olympus XA die erste Kamera weltweit

mit Objektivschutzschieber

O l y m pus- P r ei s

1986:

endoskopisches Videoinformations-

Im Jahr 1988 wurde anlässlich des 25jährigen Be-

system und autoklavierbares Athroskop

stehens der Olympus-Europa-Gruppe die gemeinnüt-

1994:

Inverse Mikoskopsystem zur

zige „Olympus-Europa-Stiftung – Wissenschaft fürs

biologischen Anwendung

Leben“ mit Sitz in Hamburg gegründet. Zweck der

1999:

Eye-Trek FMD-100 - Videobrille

Einrichtung ist die Förderung von Wissenschaft und

mit neuem optischen Filter

Forschung in Europa zum Nutzen der Gesellschaft in

2004:

EndoALPHA wird auf dem

den Bereichen:

europäischen Markt eingeführt

• wissenschaftliche Fotografie • endoskopische Diagnostik und Therapie

In n o vat i on Innovation ist in allen Bereichen des Unternehmens

• Pädiatrie • Mikroskopie • klinischen Chemie.

Olympus tief verankert. Die Vielzahl der Produktneu-

Die Organisation unterstützt wissenschaftliche For-

heiten die Olympus im Laufe seines Bestehens auf

schungsprojekte oder Bildung in Form von Stipendi-

den Markt brachte spiegelt dies in eindrucksvoller

en und Zuschüssen. Folgende Preise und Stipendien

Weise wieder. Jedoch sind es nicht nur die auf den

werden jährlich verliehen:

Markt gebrachten Produkte in denen sich das Inno-

Olympus Preis auf Mustererkennung (5000 €, seit

vationswesen des Unternehmens zeigt sondern auch

1991 mit der Deutschen Gesellschaft für Musterer-

die Herangehensweise ist beeindruckend. Neben den

kennung DAGM)

konzerneigenen Forschungs- und Entwicklungsstät-

Olympus Preis auf visuelle Methoden in der Me-

ten unterhält man enge Beziehungen zu universitären

dizin (5000 €, seit 2008 mit der Deutschen Gesell-

Forschungseinrichtungen, arbeitet gezielt mit inter-

schaft für Biomedizinische Technik DGBMT)

nationalen Wissenschaftlern der verschiedenen und

Ludwig-Demling-Stipendium auf Gastroenterolo-

relevanten Fachrichtungen zusammen um das über-

gie (15000 €, 1988 bis 2001)

geordnete Ziel der Wertschöpfung für die Gesellschaft zu erreichen.

O l y m pus – Innovat i ons- P r ei s

Das Unternehmen ist bemüht auf Basis internatio-

Der US-Amerikanische Innovations-Preis wird von

naler Zusammenarbeit eine offene Innovationskultur

der nationalen Olympus Corporation und der National

zu schaffen. Zum Beispiel wurde neben den Studien

Collegiate Inventors and Innovators Alliance (NCIIA)

die in Kooperation mit namhaften internationalen Uni-

gesponsert. Prämiert werden Personen, die innovati-

versitäten durchgeführt werden das Forschungs- und

ves Denken in der Bildung pflegen und fördern. Seit

70 | think! | 1 | 2011


O lympus |

der Gründung des Olympus Innovation Awards Programmes im Jahr 2004 zeigt das Unternehmen fortlaufendes Engagement für technologische Innovation und Bildung. Dieses Programm verleiht drei Auszeichnungen: • Olympus Innovation Award

Z ahl e n & F ak t e n

• Olympus Lifetime of Educational Innovation

Die Firmenstruktur teilt sich in vier wesent-

Award

liche Bereiche:

• Olympus Emerging Educational Leader Award.

• Olympus Europa Holding GmbH

Beispielsweise wurde 2011 die amerikanische Ma-

• Corporate Devision

schinenbauingenieurin und Erfinderin Amy Smith für

• Consumer Product Devision

Ihre Konzeption und Erstellung von D-Lab auf wissen-

• Medical Systems and Micro-Imaging

schaftlicher Basis ausgezeichnet. D-Lab ist ein Pro-

Mit seinen 35.376 Mitarbeitern erwirtschafte-

gramm zur Förderung und Schaffung kostengünstiger

te sich das Unternehmen im Jahr 2010 einen

Technologien zur Entwicklung von nachhaltigen Lö-

Nettoumsatz von ¥883.086 Millionen, umge-

sungen von Problemen in Entwicklungsländern.

rechnet 7,2 Mrd. EUR. Mit gut 42% macht

G lob a l e Expa n s i o n

OLYMPUS seinen verhältnismäßig größten Teil des Umsatzes nach wie vor in Japan. Ge-

Olympus verfolgte von Beginn an die Schaffung

folgt vom Nordamerikanischen (22,2%) und

neuer Werte aus einer globalen Perspektive. Die Um-

dem Europäischen Markt (21,3%). Auf Asien

setzung globaler Strategien wird ausgehend von den

entfallen weitere 11,3%. Betrachtet man im

USA und Europa seit den 1960er Jahren verfolgt. Die

Weiteren die Verteilung nach den Geschäfts-

Folge daraus ist weltweite Anerkennung und eine au-

bereichen, so wird mit 39,7% der Hauptteil

ßergewöhnliche Brand Power vor Allem in den Ge-

mit Produkten aus dem medizinischen Sek-

schäftsbereichen Imagine (Kamera und Audio) und

tor umgesetzt. Auch Informations- & Kom-

Medizin.

munikationsprodukte sowie Produkte aus

Das Unternehmen verfolgte in ihrer Geschäftstätigkeit stets das Ziel die unterschiedlichen Kulturen

dem Bereich Audio & Fotographie sind mit je knapp 20% wichtige Absatzmärkte.

und Bräuche sowie Eigenheiten der Märkte der einzelnen Länder zu berücksichtigen dem eine globale Geschäftsstruktur, die eine schnelle Entscheidungsfindung unterstützt, übergeordnet wurde. Des Weiteren hat sich die Olympus Group zum Umweltschutz verpflichtet und im Rahmen des Environmental-Management-Systems eine konzerneigene „Umwelt-Charta“, die in allen Niederlassungen umgesetzt wird, verfasst. Im Zentrum der globalen Geschäftsaktivitäten steht die Social-IN-Management-Philosophie. Nicht zuletzt dadurch erwartet man sich auch zukünftig seine Brand-Power ausbauen und neue Werte schaffen zu können. um folglich entsprechend weltweite Anerkennung zu finden.

think! | 1 | 2011 | 71


EINE GEGENÜBERSTELLUNG Gründung

1943 in Småland, Schweden

1919 in Tokyo, Japan

Unternehmensform Stiftung

Aktiengesellschaft

Namensherkunft

Berg „Olympus“, der nach der griechischen

Ingvar Kamprad, Elmtaryd, Agunnaryd

Mythologie Sitz der zwölf Götter und Göttinnen ist.

Firmengründer

Takeshi Yamashita (1879 – 1959)

Ingvar Kamprad ( geb. 1926)

Mitarbeiter 127.000

35.376

Umsatz 2010

weltweit :

weltweit:

23,1 Mrd. US Dollar bzw. 16.1 Mrd. Eur.

¥ 883.086 Mio. bzw.

Österreich: 595,2 Mio. Eur.

7,2 Mrd. Eur.

Zertifizierungen

EN ISO 9001:2008, EN ISO 13485:2003+AC:2007

Erstes Produkt Streichhölzer

Mikroskope und Thermometer

Geschäftsfeld Handelsunternehmen

Handelsunternehmen

Forschung & Entwicklung

Produktpalette Handelswaren

Opto – Digital – Technologie

Haushaltswaren

Endoskopie u. –chirurgie

Gebrauchsgegenstände

Ultraschallgeräte

Möbel

medizinisches Informationssystem

Badezimmerartikel

Digitalkamera

Audio, Ferngläser

optische Komponenten

Knochenersatzmaterial

Innovationen

Schwedische Artikelnamen

GT-I Gastrokamera

Kinderbetreuung mit Spiel-

Olympus Pen Halbformatkamera

und Beschäftigungsmöglichkeiten

Unversal-Forschungsmikroskop

Restaurants um die Aufenthaltsdauer

PHOTOMAX

von Kunden zu verlängern

Ziko Pearlcorder – das erste

Mikrokassetten-Diktiergerät

Olympus XA die erste Kamera weltweit mit

Objektivschutzschieber

Endosk. Videoinformationssystem und

autoklaviebares Athroskop

Eye-Trek FMD-100 - Videobrille

mit neuem optischen Filter

EndoALPHA – OP der Zukunft, u. V. m.

Philosophie

„Wir wollen ein breites Sortiment formschöner

„Bei allen geschäftlichen Attraktivität

und funktionsgerechter Einrichtungsgegenstände

möchten wir eine wesentliche Rolle in der

zu Preisen anbieten, die so günstig sind, dass

Gesellschaft spielen, ihre Werte leben und

möglichst viele Menschen sich das leisten können“.

zu einer Wertschöpfung beitragen, damit alle

Menschen rund um den Globus ein gesünderes

und erfüllteres Leben führen können.

Innovationsgedanke

Schnelle Reaktion auf ökonomische und

Strategisches Denken im Unternehmen

gesellschaftliche Veränderung

tief verankern

Anwendung technischer Innovation und

Entwicklung von benutzer- und

bestmögliches Design

umweltfreundlichen Produkten

Senkung der Transportkosten durch flache Pakete

Förderung med. Entwicklung

Leichte und effektive Lagerung

Wertschöpfung für die Gesellschaft

Einsparung für Kunden durch Selbstmontage

„offene Innovation“

Öffnung der Lager zum Selbsttransport

Unterstützung wissenschaftlicher

Forschungsprojekte durch Stipendien

Berücksichtigung von Kultur und Bräuchen,

sowie Eigenheiten der Märke einzelner Länder

72 | think! | 1 | 2011


I K E A & O lympus |

Sowohl IKEA als auch OLYPUS können auf eine sehr erfolgreiche Unternehmensgeschichte zurückblicken. Von den Gründern und deren persönlichen Geschich-

ihrer Abnehmer zeugen vom Bewusstsein der jewei-

ten stark geprägt erlangten sie Weltberühmtheit. Auch

ligen gesellschaftlichen Rollen. Wenngleich sich IKEA

nach dem Tod von Takeshi Yamashita im Jahr 1959

im Bezug auf die Umweltfreundlichkeit schon einiger

konnte OLYMUS seine Erfolgsgeschichte fortführen

Vorwürfe konfrontiert sah, gehört diese Eigenschaft

und weiter expandieren. Ebenso hat IKEA das Poten-

bei beiden zur Werbestrategie. Die Nachhaltigkeit mit

zial den positiven Kurs zukünftig beizubehalten. Wäh-

der man den Umweltgedanken in der OLYMPUS AG

rend IKEA mit einem Personalstand von 127.000 Mitar-

verfolgt wird mit der konzerneigenen „Umwelt-Charta“

beitern sein Geschäft bestreitet, sind im Vergleich dazu

offensichtlich. Zieht man zum Vergleich der Innovati-

für OLYMPUS weltweit nur 35.376 Mitarbeiter tätig.

onstätigkeit ausschließlich die Produktneuheiten he-

Dabei gilt zu berücksichtigen, dass IKEA als Stiftung

ran so muss OLYMPUS als Innovationsunternehmen

und Handelsunternehmen mit ihren Produkten ein ganz

bezeichnet werden. IKEA hingegen ist ein Vorreiter im

anderes Geschäftsfeld bedient als das börsennotierte

Bereich der Kundenbindung. Beispielsweise ist die

Handels- und Forschungsunternehmen OLYMPUS. Ein

Idee ein Restaurant in ein Möbelhaus einzubinden eine

Vergleich scheint daher erheblich erschwert. Während

Geschäftsidee die von IKEA ausgehend auf viele an-

sich OLYMPUS sehr stark in der Forschung engagiert

dere Anbieter überschwappte. Auch die angebotene

und viele Kooperationen aufgebaut hat (u.A. Japanische

Kinderbetreuung ermöglicht ein entspanntes Einkaufs-

Gesellschaft für Krebsforschung, MAXCURA PHY-

erlebnis wodurch Kunden mehr Zeit vor Ort verbrin-

SIOTHERAPIE, diverse Universitäten, HS Fresenius in

gen. Eine weitere Marktneuheit brachte IKEA durch die

Hamburg), hat ist dies für das Handelsunternehmen

Bezeichnung ihrer Waren hervor, Möbel die plötzlich

IKEA keine notwendige Basis zur Weiterentwicklung

einen Vornamen trugen.

von Produkten. IKEA legt seinen Fokus auf modernes, farbenfrohes Design und Kosten- & Ressourceneffizi-

F az i t

enz, man hat sich die „Leistbarkeit für Alle“ zum Auf-

IKEA und OLYMPUS sind zwei höchst unterschied-

trag gemacht. Design spielt bei OLYMPUS-Produkten

liche Unternehmen. Innovation spielt in beiden Un-

wiederum eine eher untergeordnete Rolle. Vor Allem für

ternehmen eine wichtige Rolle, wenn auch in unter-

den Gesundheitsbereich ist man darauf bedacht Qua-

schiedlichen Formen und Ausprägungen. IKEA wird

litätsprodukte zur Arbeitseffizienzsteigerung zu entwi-

von der Person Ingvar Kamprad getragen und es

ckeln. Schon zu Beginn der Erfolgsgeschichte setzte

bleibt offen, was ohne sein Ideenreichtum aus dem

sich Takeshi Yamashita das Ziel weltberühmte Produkte

Konzern wird. Daher scheint das Innovationssystem

mit höchster Qualität in den Sektoren Mikroskope und

OLYMPUS nachhaltiger, was sich in der firmeneigenen

Kamera herzustellen. Die Geschichte zeigt – das Ziel ist

Umwelt-Charta und der Social-IN Strategie, sowie in

erreicht. Im Bezug auf die soziale Verantwortung haben

der Anzahl der Produktneuheiten und Kooperationen

sich beide Unternehmen klar positioniert. Hat man sich

im Forschungsbereich wiederspiegelt. Die Ausrich-

bei OLYMPUS für das Management mit Social-IN eine

tung der Geschäftstätigkeiten auf die Kundenbedürf-

eigene Strategie und einen Leitgedanken zurechtgelegt

nisse ist sowohl bei IKEA als auch bei OLYMPUS stark

so geht IKEA hier Kooperationen mit wichtigen Organi-

verankert und spiegelt sich jeweils in den Werbeslo-

sationen wie dem WWF, UNICEF, UN-Entwicklungspro-

gans: „Wohnst du noch oder lebst du schon“ (IKEA)

gramm, Safe the Children und dem Business for Social

und „Your Vision, Our Future“ (OLYMPUS) wieder. Die

Responsibility ein. Als eine weitere Gemeinsamkeit ist

unterschiedlichen Ansätze vom Innovationsgedanken

die starke Kundenorientierung anzusehen. Das Ziel der

in den Unternehmen sind wegweisend für andere Un-

Kundenzufriedenheit und der Fokus auf die Wünsche

ternehmen und verdienen höchsten Respekt!

think! | 1 | 2011 | 73


Dr. Nicole Claudia Meisner

ie 1976 geborene Pharmafor-

bei Novartis um ein Jahr. Dann begann sie mit Ihrem

scherin Nicole Meisner ist eine

Team die Forschung genau gegen den Krebs, an

der jüngsten Laborleiterinnen

dem ihre Großmutter gestorben ist. In einem Inter-

bei Novartis. Sie entwickelte

view mit Teresa Arrieta im März 2007 bekräftigt sie

unter anderem einen neuarti-

noch „Meine Vorgeschichte verleiht mir zusätzlichen

gen Ansatz zur Krebstherapie und ist in andere gro-

Antrieb. Ich habe mir damals vorgenommen, durch

ße Forschungsprojekte eingebunden.

Arbeiten an Wirkstoffen und angewandte Forschung

Nicole Meiser hat das Studium Molekularbiologie/ Biophysik an der Universität Salzburg abgeschlos-

meinen Beitrag zu Verbesserungen in der Krebstherapie zu leisten.“

sen. Ihre Forschungsleidenschaft hat die Molekularbiologin schnell in die Arbeitswelt eingeschlossen,

Das erkennen neuer Zusammenhänge ist es, was

denn unmittelbar nach dem Abschluss des Dokto-

der Salzburger Wissenschaftlerin Freude an der Ar-

ratsstudiums übernahm sie mit 29 Jahren bei der

beit macht. Deshalb ist es kein Wunder, dass sie

Pharmafirma Novartis die Leitung des Labors für

sich immer wieder selbst zurücknehmen muss um

zelluläre Biophysik. Sie ist somit eine der jüngsten

nicht allzu oft mehr als 70 Stunden pro Woche zu

Laborleiterinnen der Firma Novatis.

arbeiten. Sie selbst sagt dazu: „Ich muss mir heute immer öfter ins Bewusstsein rufen, dem Leben

Im Jahr 2006 entwickelte die Forscherin gemeinsam mit ihrem Team einen hochwirksamen Ansatz

außerhalb der Arbeit höhere Priorität zu geben. Damals war‘s mir viel bewusster.“

dass diese viel früher als die bereits bekannten an-

Den Sackler-Preis für medizinische Grundlagen-

setzt. Die entwickelte Substanz, die sich „Messen-

forschung erhielt Meisner für ihre Dissertation über

ger RNA Stabilitäts-Modulation“ nennt, sollen die

diesen neuen Ansatz der Krebstherapie, weiter be-

entarteten Zellen des Krebses in einem sehr frühen

kam sie den Preis der Maria-Schaumayer-Stiftung

Stadium angreifen und somit das Tumorwachstum

überreicht und einige Förderungs- und Leistungs-

verhindert und eine Metastasenbildung gehemmt

stipendien. Im Zuge ihrer beruflichen Laufbahn hat

werden. Eine Chemotherapie oder Strahlentherapie,

Meisner eine ungewöhnlich viele Erfindungen paten-

wie sie derzeit durchgeführt wird, wäre dann nicht

tieren lassen. Allerdings gilt ihre Begeisterung dem

mehr erforderlich.

Sozialverhalten der Moleküle „Wir messen mithilfe

Der Grund für den Forschungsehrgeiz bei Nicole

von Spektroskopie einzelne Moleküle: Wie schnell

Meisner war der Krebstod ihrer Großmutter, die sie

sie sich bewegen, wie schnell sie rotieren, wie hell

bis zu ihrem Tod pflegte. Dafür stellte sie sogar ihre

sie sind, welche Farbe sie haben, ob sie alleine sind

Karriere zurück und verzögerte den Berufseinstieg

oder zu zweit.“ Kürzlich patentierte Nicole Meisner

74 | think! | 1 | 2011

FOTO: LISA HOLZER

gegen Krebs. Die Neuheit an dieser Therapie ist,


I K E A & O lympus |

– ei n P o r t r a i t

autoren

Viktoria Hocke, BA Viktoria.Hocke@edu.fh-kaernten.ac.at

Bernadette Irnberger, BA BernadetteAnnaJosefa.Irnberger @alumni.fh-kaernten.at

Angelika Mandl BA Angelika.Mandl@edu.fh-kaernten.ac.at

Abbildung 18 Dr. N.C. Meisner eine Methode, Gene mit Hilfe kleiner DNA- oder RNA-Sequenzen künstlich einzuschalten, was beispielsweise die Blutgefäßbildung verbessern könnte. Die Folge daraus könnte eine Therapie für Menschen mit schlechter Wundheilung, wie

Manuela Reinbacher, BA

zum Beispiel Diabetikern oder alten Menschen,

Manuela.Reinbacher@edu.fh-kaernten.ac.at

sein. Derzeit sind mehrere Arbeitsgruppen weltweit an diesem Forschungsprojekt beteiligt. Dieses Projekt hat eine internationale Dimensi-

literatur

on bekommen.

http://d-lab.mit.edu/about

Über ihr berufliches Ziel ist Nicole Meisner sich klar: „Ich möchte mit meinem Forschungsprojekt bis zu dem Punkt kommen, an dem man entscheiden kann, daraus eine therapeutische

www.ikea.at www.ikea.de www.ikea.com www.manager-magazin.de www.olympusamerica.com www.olympus-europa.com

Anwendung zu entwickeln, oder eben nicht.“

www.olympus-global.com

Der Wunsch von Nicole Meisner ist es, in den

www.olympus.at

Hauptsitz der Firma nach Cambridge zu wech-

www.olympus.de

seln um von dort aus international zu forschen.

www.olympus.com www.wiwo.de IKEA Fotos mit freundlicher Genehmigung IKEAs http//:diestandard.at www.salzburg.gv.at

think! | 1 | 2011 | 75


H

Bayer HealthCare: Bayer ist ein weltweit tätiges Unternehmen mit Kernkompetenzen auf den Gebieten Gesundheit, Ernährung und hochwertige Materialien. Bayer HealthCare ist ein Tochterunternehmen der Firma Bayer. Ihr Leitbild lautet: „Bayer HealthCare: Science For A Better Life”. Hierbei steht das Wort “Life” für folgende Punkte: Leadership (Führung), Integrität, Flexibilität und Effizienz. Bayer HealthCare steht rund um den Globus für innovative und hochwertige Produkte. Ihre Marke symbolisiert Vertrauen und Zuverlässigkeit. Bayer HeathCare unterteilt sich in den Divisionen „Animal Health”, „Pharmaceuticals“, „Consumer Care“ und „Medical Care“. In allen Divisionen ist Bayer HealthCare ein führendes Unternehmen bezüglich Forschung und Entwicklung und beschäftigt weltweit 50.700 MitarbeiterInnen. Ihr Ziel ist es, innovative Produkte zu erforschen, zu entwickeln, zu produzieren und zu vertreiben, um die Gesundheit von Mensch und Tier weltweit zu verbessern. Ihre Produkte dienen der Diagnose, der Vorsorge und der Behandlung von Krankheiten und leisten einen Beitrag zu einer besseren Lebensqualität. Ihr Umsatz 2010 beträgt 16.913 Millionen Euro. Hauptsitz der Firma Bayer HealthCare ist in Leverkusen (Deutschland).

76 | think! | 1 | 2011

h

KURZFASSUNG

3M – Minnesota, Mining & Manufacturing Company Der Technologiekonzern 3M ist eines der 3 innovativsten Unternehmen weltweit. Es ist gekennzeichnet durch 45 hoch innovative Technologie-Plattformen, 7.000 ForscherInnen, weltweit circa 80.000 MitarbeiterInnen und 26.000 Patenten, welche als Basis für die Forschung dienen, um permanent neue Produktlösungen zu bieten. 3M ist ein sehr vielfältiges Unternehmen, das weltweit in allen wichtigen Märkten in mehr als 65 Ländern vertreten ist, mit einer Vermarktung in rund 200 Ländern. Alle Bereiche und Niederlassungen dieses Konzerns arbeiten bei der Forschung, Herstellung und Vermarktung der 3M Produkte eng zusammen. Die 3M Geschäftsbereiche gliedern sich wie folgt auf: Kommunikation, Büro und Verbrauch; Display, Werbung und Design; Elektro, Elektronik, Telekommunikation; Industrie und Handwerk/Transportation; Medizin und Gesundheit; Sicherheit: Arbeit, Personen und Verkehr. Die 3M Vision „Wir möchten für unsere Kunden das innovativste Unternehmen und bevorzugter Lieferant sein“ zieht sich durch das gesamte Unternehmen und bildet die Grundlage für die gute und erfolgreiche Arbeit des Technologiekonzerns. 2010 betrug der Umsatz von 3M insgesamt 26,7 Mrd. US$.


Bayer HealthCare | 3M

Von Kerstin Dörfler, Miramis Macek, Sarah Santer und Sabina Seidl.

h

H

Bayer ist ein weltweit tätiges Unternehmenmit Kernkompetenzen auf den Gebieten Gesundheit, Ernährung und hochwertigeMaterialien. Bayer HealthCare ist ein Tochterunternehmen der Firma Bayer. Ihr Leitbild lautet: „Bayer HealthCare: Science For A Better Life”.

H

novative und hochwertigeProdukte.Ihre Marke symbo-

h

Bayer HealthCare steht rund um den Globusfür in-

Div isione n B a y e r He a l t h C a re

lisiert Vertrauen und Zuverlässigkeit.Bayer HeathCare unterteilt sich in den Divisionen„Animal Health”, „Phar-

Leitung Sitz

maceuticals“, „Consumer Care“ und „Medical Care“.

Animal Health

Dr. Jean-Luc Lowinski Monheim | D

In allen Divisionen ist Bayer HealthCare ein führendes

Pharmaceuticals Andreas Fibig

Berlin | D

Unternehmen bezüglich Forschung und Entwicklung

Consumer Care Erica L. Mann

Morristown | USA

und beschäftigt weltweit 50.700 Mitarbeiter/innen. Ihr

Medical Care

Alan Main

Terrytown, N.Y. | USA

Ziel ist es, innovative Produkte zu erforschen, zu entwickeln, zu produzieren und zu vertreiben, um die Ge-

Abbildung 1: Leitung und Sitz der einzelnen Divisionen von

sundheit von Mensch und Tier weltweit zu verbessern.

Bayer HealthCare (2)

Ihre Produkte dienen der Diagnose, der Vorsorge und der Behandlung von Krankheiten und leisten einen

weltweit über 100 verschiedene Tierarzneimittel und

Beitrag zu einer besseren Lebensqualität. Ihr Umsatz

Pflegeprodukte für Nutz- und Haustiere. Sie gehört zu

2010 beträgt 16.913 Millionen Euro. Hauptsitz der Fir-

den erfolgreichsten Anbietern in der Veterinärmedizin

ma Bayer HealthCare ist in Leverkusen (Deutschland).

und nimmt im internationalen Markt Platz vier ein. Der

1. An im a l He a l t h

Umsatz 2010 von Animal Health beträgt 1.120 Millionen Euro. Weiters befindet sich der Hauptsitz von Ani-

Die Division „Animal Health“ wird geleitet von Dr.

mal Health in Monheim (Deutschland). Die Advantage-

Jean-Luc Lowinski und produziert und vermarktet

Produktfamilie mit Flohschutzmitteln für Hund und

think! | 1 | 2011 | 77


Der Umsatz 2010 von Animal Health beträgt 1.120 Millionen Euro. Weiters befindet sich der Hauptsitz von Animal Health in Monheim (Deutschland). Die Advantage-Produktfamilie mit Flohschutzmitteln für Hund und Katze zählte 2010 zu den umsatzstärksten Produkten mit einem Jahresumsatz von 408 Millionen Euro. (2) „Baycox zur Behandlung von Kokzidiose, einer parasitären Infektionskrankheit bei Nutztieren, zeigte ein zweistelliges Umsatzwachstum gegenüber dem Vorjahr. Im Frühjahr 2010 begann die Markteinführung des neuen Entwurmungsmittels Profender-Tabletten zur Bekämpfung aller relevanten intestinalen RundKatze zählte 2010 zu den umsatzstärksten Produkten

2 . B a y e r He a l t h C a re Pha rm ace ut ica l s

mit einem Jahresumsatz von 408 Millionen Euro. (2) Zu ihren wichtigsten Produktinnovationen zählen

Bayer HealthCare Pharmaceuticals wird geleitet

Flohschutzmittel wie Advantage für Hunde und Kat-

von Andreas Fibig. Sie ist eines der umsatzstärksten

zen, Zeckenprodukte, Arzneimittel zur Therapie von

Unternehmen in der Pharmaindustrie in Deutschland.

Infektionskrankheiten von Nutz- und Hobbytieren

Sie entwickeln innovative Therapien auf den Gebieten

(Baytril), Produkte gegen Endoparasiten (Drontal und

der diagnostischen Bildgebung (Diagnostic Imaging),

Drontal Plus) und das innovative Arzneimittel Baycox

Allgemeinmedizin (General Medicine), Spezialphar-

zur Bekämpfung spezieller Darmerkrankungen in der

maka (Specialty Medicine) und der Frauengesundheit

Nutztierhaltung. (2)

(Women’s Healthcare). Der Hauptsitz von Pharmaceu-

Sc i e n c e F o r A B e t t e r L i f e Leadership:

Integrität:

• „Eigeninitiative zeigen, andere inspirieren

• „Vorbild sein

• Gesetze, Richtlinien und Regeln einhalten

und motivieren

• Sich für Mitarbeiter engagieren

• Anderen vertrauen und vertrauensvolle

und Leistung fördern

Beziehungen aufbauen

• Verantwortung übernehmen für Aufgaben

• Ehrlich und zuverlässig sein

• Aufmerksam zuhören und angemessen

und Ergebnisse,

• Erfolge und Misserfolge

• Andere fair und mit Respekt behandeln

• Nachhaltig handeln: kurzfristige Ergebnisse

• Klar, ehrlich und zügig Feedback geben

mit langfristigen Anforderungen

• Konflikte konstruktiv lösen

in Einklang bringen

• Werte schaffen für unsere Aktionäre, Kunden,

• Menschen und Umwelt schützen, Sicherheit

Mitarbeiter und die Gesellschaft“ (1)

78 | think! | 1 | 2011

kommunizieren

gewährleisten“ (1)

FOTOS: ISTOCKPHOTO/MICROSOFT

und Bandwürmer bei Hunden.“ (2)


B AYER H EALT H C ARE |

ticals befindet sich in Berlin (Deutschland). Ihr Jahresumsatz von 2010 beträgt 10.908 Millionen Euro. Zu ihren umsatzstärksten Produkten zählen:

forschung und –entwicklung vertreten. Ihr jährlicher Umsatz 2010 betrug 3.371 Millionen Euro. (2)

• Betaferon/Betaseron

(Multiple Sklerose)

• YAZ/ Yasmin/Yasminelle

(Hormonelles

Verhütungsmittel)

„Hierzu zählen Schmerzmittel, Medikamente zur Prä-

• Kogenate

(Bluthochdruck)

vention kardiovaskulärer Risiken, Erkältungspräpara-

• Mirena

(Horonelles

te, Dermatologieprodukte, Produkte gegen Magenbe-

Verhütungsmittel)

schwerden und Nahrungsergänzungsmittel.“ (2)

• Avalox/Avelox

(Atemwegs-

infektionen)

• Levitra

(Erektile

Sie ist auf 170 rezeptfreie Produkte spezialisiert.

Dysfunktion)

• Aspirin Cardio • Glucobay

(Diabetes) (2)

3. Co n s u mer C a r e Die Division Consumer Care wird geleitet von Erica L. Mann und hat ihren Hauptsitz in Morristown (USA). Sie zählt weltweit zu den führenden Consumer HealthCare Unternehmen und ist in über 140 Ländern mit 14 Produktionsstandorten und zwei Zentren für Produkt-

Hierbei steht das Wort “Life” für die Punkte: Leadership (Führung), Integrität, Flexibilität und Effizienz.

Flexibilität:

Effizienz:

• „Vorbild sein

• „Ressourcen optimal einsetzen

• Gesetze, Richtlinien und Regeln einhalten

• Sich auf Aktivitäten konzentrieren,

• Anderen vertrauen und vertrauensvolle

• Aufgaben einfach und effektiv erledigen

Beziehungen aufbauen

die Wert schaffen

• Ehrlich und zuverlässig sein

• Die erforderliche Qualität rechtzeitig

• Aufmerksam zuhören

• Schneller zu überlegten Entscheidungen

und angemessen kommunizieren

und zu angemessenen Kosten bereitstellen

• Nachhaltig handeln: kurzfristige Ergebnisse

mit langfristigen Anforderungen

• Entscheidungen konsequent umsetzen

in Einklang bringen

• Gemeinsam bessere Lösungen finden“ (1)

kommen

• Menschen und Umwelt schützen, Sicherheit

gewährleisten“ (1)

think! | 1 | 2011 | 79


Zu ihren wichtigsten Innovationen zählen Produkte wie: • Schmerzmittel:

Aspirin, Aleve, Aktren und Midol

• Gastro-Präparate:

Alka-Seltzer, Antra, Lefax, Phillips‘ Milk of

Magnesia, Rennie und Talcid

• Dermatologika/Topische Produkte:

Bepanthen, Bepanthol, Canesten, RID,

Germolene, Germoloids und Bactin

• Husten-/Erkältungsmittel:

Alka-Setzer Plus, Aleve, Cold & Sinus und

Tabcin • Multivitamine und Nahrungsergänzungsmittel:

Berocca, One-A-Day, Pluravit, Supradyn,

Flintstones, Elevit und Redoxon. (2)

4. M e d i ca l C a re Medical Care wird von Alan Main geleitet und umfasst Blutzuckermesssysteme für Menschen mit Diabetes sowie Geräte für die diagnostische Bildgebung und medizinische Therapie. Zu den Innovationen in diesem Bereich gehört der Contour USB, ein Blutzuckermessgerät, das sich direkt mit einem PC verbinden lässt. Der Hauptsitz von Medical Care befindet sich in Tarrytown, New York (USA). Ihr Jahresumsatz von 2010 beträgt 1.514 Millionen Euro. Zu ihren umsatzstärksten Produkt, den Blutzuckermessgeräten zählen: Contour, Contour TS, Contour Link, Contour USB, Didget und Breeze2. 2010 setzte die Bayer HealtCare-Division Medical Care die weltweite Einführung von Contour USB fort. (2) „Dieses Messgerät lässt sich direkt mit einem Com-

langfristige Blutzuckereinstellung. Viterion TeleHealth

puter verbinden und schafft damit leichten Zugang zu

liefert Technologien zur Patienten-Fernüberwachung,

Informationen und Trends des eigenen Blutzucker-

die das Management chronischer Erkrankungen wie

spiegels. Zu den Messgeräten für die Bestimmung des

Diabetes und Herzschwäche erleichtern.“ (2)

Langzeitzuckerwertes gehören das Messgerät A1CNOW+ für medizinisches Fachpersonal und das A1C-

Weiters entwickelt und vermarktet Medical Care

NOW SELFCHECK für die Messung zu Hause. Der

Kontrastmittel-Injektionssysteme, die in der Compu-

Langzeitzuckerwert ist ein wichtiger Indikator für die

tertomographie (CT), Positronen-Emissions-Tomogra-

80 | think! | 1 | 2011


B AYER H EALT H C ARE | U m sät ze ba y e r h e a l t hca re

2010

2009

Änderung

Mio Euro

Mio Euro

%

Bayer HealthCare

16.913 15.988 5,8

Div. Animal Health

1.120 977 14,6

Div. Consumer Care

3.371 3.080 9,4

Div. Medical Care

1.514 1.464 3,4

Div. Pharmaceuticals

10.908 10.467 4,2

Abbildung 2: Umsatz Bayer HealthCare 2009 und 2010 (2)

Die 2 0 um s a t zst ärk st e n Pro d uk t e von Ba y e r He a l t h C a re 2 01 0 Produkt

Division

Umsatz

in Mio Euro

Betaferon®/Betaseron®

Pharmaceuticals 1.206

Yasmine®/Yas®/ Yasminelle®

Pharmaceuticals 1.111

Kogenate®

Pharmaceuticals 1.004

Nexavar®

Pharmaceuticals 705

Adalat®

Pharmaceuticals 664

Contour®

Diabetes Care

Mirena®

Pharmaceuticals 539

Avalox®/Avelox®

Pharmaceuticals 497

Levitra®

Pharmaceuticals 429

Aspirin®

Consumer Care

phie (PET), Magnetresonanztomographie (MRT) und Angiographie / kardiovas-kulären Bildgebung eingesetzt werden. „2010 erhielt die Division für ihr Medizingeräte-Geschäft bereits zum zweiten Mal den Malcolm Baldrige National Quality Award, die höchste Auszeichnung, die ein US-amerikanisches Unternehmen für Qualität und Business Excellence bekommen kann.“ (2)

FOTO: BAYER HEALTHCARE

Advantage®-Product line® Animal Health

602

418 408

Aspirin Cardio®

Pharmaceuticals 358

Glucbay®

Pharmaceuticals 347

Ultravist®

Pharmaceuticals 313

Aleve® Naproxen

Consumer Care

Cipron®/Ciprobay®

Pharmaceuticals 262

Magnevist®

Pharmaceuticals 215

273

Bepanthen®/Bepanthenol® Consumer Care

212

Canesten®

Consumer Care

210

Iopamiron®

Pharmaceuticals 185

Abbildung 3: Die 20 umsatzstärksten Produkte von Bayer HealthCare 2010 (2)

think! | 1 | 2011 | 81


h

Die Erfinderin

H

H e d y La m a r r – F r e q u e n c e H o pp i n g an glaubt es kaum, Erfindungen

ben oder sogar gestohlen. Denn alles was eine Frau

von Frauen findet beziehungs-

besaß, also auch ihre Erfindungen, galt vor Gesetz,

weise benutzt man öfters als man

bis in das 19. Jahrhundert als Eigentum des Mannes.

denkt. Angefangen vom Filter-

Deshalb verkauften viele Frauen ihre Erfindungen oder

Kaffee, über Geschirrspüler und Wegwerfwindel bis

ließen sie unter dem Namen ihres Mannes patentie-

hin zur ersten Computersprache. Allzu oft geraten

ren. Das erste Patent, dass auf eine Frau ausgestellt

weiblichen Erfinderinnen jedoch in Vergessenheit oder

wurde, war 1809. Mary Dixon Kies war ihr Name. Sie

deren Schöpfungen werden einem Mann zugeschrie-

erfand eine spezielle Methode zum Weben von Stroh mit Seide. (3) Hätten sich die Schauspielerin Hedy Lamarr, die als Hedwig Kiesler am 9.11.1914 in Wien geboren wurde, und der amerikanische Avantegardemusiker George Antheil (8.7.1900 – 12.2.1959) im Sommer 1940 nicht auf einer Dinnerparty in Hollywood kennengelernt, gäbe es heute wahrscheinlich weder GSM-Mobiltelefone noch Notebooks. Die beiden entwickelten, mithilfe einer silbernen Streichholzschachtel und deren Inhalt als Modellbaukasten, am Boden liegend, ein Gerät zum abhör- und störungssicheren Funkfernsteuerung von Torpedos, welches auf der Grundlage von Hedy Lamarrs technischen Vorschlägen beruhte. (3) Ihre zugrundeliegende Idee: Das Funksignal, mittels welchem das Torpedo gelenkt wird, sollte nicht auf einer einzelnen Frequenz übermittelt werden, sondern auf einer willkürlich gewählten Abfolge von unterschiedlichen Frequenzen. (3)

war die Ehefrau eines Waffenproduzent namens Fritz Mandl und hatte dadurch unmittelbaren Einblick in die Planung zur Produktion von ferngesteuerten Torpedos. Jene Idee war jedoch nicht umgesetzt worden, weil sich die Steuerung per Funk, als zu störanfällig erwies. So entstand ihre Idee ein Steuersignal über mehrere Frequenzen zu verteilen. (4)

82 | think! | 1 | 2011

FOTOS: MISCHIEF FILMS

Zum Hintergrund der Entdeckung: Hedy Lamarr


PORTR Ä T tärs angesehen. Ende der siebziger Jahre wurde die erste, öffentlich zugängliche, wissenschaftliche Publikation, unter dem Aspekt der aktuellen Forschung zum Thema „Spread Spectrum“ dokumentiert. Anfang der achtziger Jahre begann man mit der zivilen kommerziellen Nutzung. Das Konzept ermöglicht nicht nur eine schnelle, abhör- und störungsfreie/sichere Datenübermittlung per Funk, sondern auch eine gemeinsame Nutzung von Funkfrequenzbereichen durch eine große Anzahl unabhängig voneinander kommunizierenden Funkteilnehmer. Angesichts der knapp bemessenen Frequenzspektrums und der immer noch teuren Kabelwege ist es vor alles die Eigenschaft, die Dies würde dazu führen, dass ein Gegner, der diese Abfolge nicht kennt, beinahe keine Chance hat das

Hedy Lamarrs Patent zu einem nach wie vor revolutionären technologischen Fortschritt macht. (3)

Leitsignal zu belauschen oder zu stören. Es ist nur wichtig, die Sequenz bei Sender und Empfänger zu

1997 wurde Hedy Lamarr mit dem Pioneer Award

synchronisieren. In diesem Falle kam den Erfindern

der Electronic Fontier Fondation (EFF) ausgezeichnet.

Antheils musikmechanische Vorbildung zu gute. Denn

1990 wurde sie durch den Artikel im US-Wirtschafts-

er erkannte, dass sich das Prinzip des automatischen

magazin „Forbes“ die Wiederentdeckung dieser ge-

Klaviers, welches mittels einer Art Lochstreifen gesteu-

nialen Frau stattgefunden. Nach dem EFF – Pionier

ert wird, für die Synchronisierung nutzen lässt. Und so

Award erfolgten noch weitere Preise. (3)

entstand der Entwurf für ein Torpedolenksystem auf

Hedy Lamarr starb am 19. Jänner 2000 in Florida,

88 Frequenzen, welche den 88 Tasten der Klaviatur

wo sie bis zuletzt zurückgezogen von der Öffentlich-

entsprechen. (3)

keit gelebt hatte. (3)

Im Jahre 1941 reichten die Beiden ihre Idee beim amerikanischen Patentamt ein, und bekamen am 11. August 1942 ein Patent bewilligt. Seine Nutzung überlies der Erfinder dem US-Militär. Leider verschwand die Erfindung von Lamarr und Antheil in der Schublade es Militärs und kam erst 1962, während der KubaKriese zum Einsatz. (3) In den folgenden Jahren wurde die Erfindung, unter dem Fachbegriff, zum „spread spectrum“ und „frequence hopping“ und wurde als eine Grundlage in der Chanel 1

Chanel 2

Chanel 3

h

Kommunikationstechnologie des amerikanischen Mili-

think! | 1 | 2011 | 83

H


84 | think! | 1 | 2011


3M

M i n n e s o t a , M i n i n g & Ma n u fac t u r i n g C o m pa n y

INNOVATION FÜR MEHR LEBENSQUALITÄT h

H

Der Technologiekonzern 3M ist nach einer Umfrage im Jahr 2010 von Booz & Company eines der 3 innovativsten Unternehmen weltweit. Die Befragten in dieser Studie, welche die Verantwortlichen von 1.000 forschungsintensiven Unternehmen sind, nannten an erster Stelle Apple, dahinter Google und 3M. Dabei gehört 3M zu den weltweit am breitesten aufgestellten Konzernen mit 45 hoch innovativen Technologie-Plattformen, 7.000 Forschern und 26.000 Patenten, welche als Basis für die Forschung dienen, um permanent neue Produktlösungen zu bieten. 40% des Umsatzes soll mit jenen Produkten erreicht werden, welche weniger als fünf Jahre am Markt sind. (5)

1902 wurde das Unternehmen 3M in TwoHarbors

besser zu gestalten. Zudem werden die Kompetenzen

am Lake Superior in Minnesota (USA) von 5 Leuten

von 3M so gezielt eingesetzt, um auch den Investoren

gegründet, die die Idee hatten, ein Mineralienvorkom-

langfristig eine attraktive Rendite zu sichern.

men für die Herstellung von Schleifpapier zu nutzen. Eine qualitativ hochwertige Produktion wurde aller-

Auch dem ethisch einwandfreien Verhalten hat 3M

dings erst Jahre später realisiert. 1910 siedelte das

von Anfang an große Aufmerksamkeit geschenkt.

Unternehmen nach St. Paul und schüttete dort 1916

Kompromisslose Ehrlichkeit und Integrität sind für alle

durch die frühen Innovationen im Bereich Technik

Mitarbeiter hohe Priorität. Um dies langfristig halten zu

und Marketing ihre erste Dividende aus. Im Laufe der

können, werden alle Mitarbeiter durch Online-Kurse

Zeit gab es für das Unternehmen auch einige wichti-

und durch Schulungsveranstaltungen mit dem Verhal-

ge Meilensteine, welche ihr Sortiment an Produkten

tenskodex regelmäßig geschult, um die konsequente

wachsen ließen.

Anwendung in der Praxis sicherzustellen. (9) Bereits seit Jahrzehnten folgt 3M der Überzeugung,

Wo lieg en d ie G r ü n d e f ü r I n n o v a t i o n ?

dass für den Wert eines Unternehmens nicht nur seine

3M produziert Tausende von innovativen Produkten

wirtschaftliche Leistung, sondern ebenso seine Ge-

und ist führend in vielen Bereichen wie zB medizinische Produkte und bei der Verkehrssicherheit, bis hin zu Büroartikeln, Schleifmitteln und Klebstoffen. Aus den 40 Technologie-Plattformen ergeben sich immer wieder neue Anwendungslösungen für die Kunden, was als Ausgangsbasis für den Erfolg dient. All dies wird aber erst durch die wertvollen 3M-Mitarbeiter möglich, welche eine außergewöhnliche Bereitschaft dafür zeigen, das Leben der Menschen einfacher und

schäftspraktiken ausschlaggebend sind.

3 M V ision: „Wir möchten für unsere Kunden das innovativste Unternehmen und bevorzugter Lieferant sein!“ think! | 1 | 2011 | 85


M ei len s t ei n e

1921

Die Unternehmensphilosophie macht dies deutlich: • „Wir stellen unsere Kunden durch höchste Quali

tät und hervorragenden Service zufrieden. • Wir sichern unseren Investoren eine attraktive

wird das erste wasserfeste

1925 kam das Scotch® Abdeck-Klebeband auf den Markt

i

Schleifmittel weltweit entwickelt

Rendite durch kontinuierliches Wachstum. • Wir respektieren die gesellschaftlichen Werte und unsere Umwelt. • Wir wollen ein Unternehmen sein, auf das die Mit-

arbeiter stolz sind und bei dem sie gerne arbei-

ten.“ (10)

I

1939 stehen erstmals Verkehrsschilder mit 3M™ Scotchlite™ Reflexfolie in Minneapolis

Nachha l t igk e it s- S t r a t e gie n: Verantwortungsbewusstes,

unternehmerisches

Handeln wird bei 3M mit dem Streben nach Zufriedenheit der Kunden gleichgesetzt. Die Arbeits-, Ge-

1948

sundheits- und Umweltschutzpolitik bei 3M streben danach, die Umwelt zu schonen und sichere Ar-

kommen sterile Einmal-Abdecktücher für

beitsbedingungen zu schaffen und nimmt mit dem

Operationen zum Sortiment hinzu

Bekenntnis zur Umweltverantwortung und dem beispielhaften 1975 eingeführten Umweltprogramm eine

1954 wurden erste Fernseh-Aufzeichnungen mit Scotch™ Videobändern durchgeführt

Vorreiter-Rolle ein. (8)

F ü h rung un d Ma n a ge m e nt v on 3 M : Die Führungsebene des 3M Unternehmens, das eines der international renommiertesten Anbieter am

1960

globalen Markt ist und stets eine führende Position

wurde neben dem transparenten

gen Mitarbeiter der Schlüssel zum Erfolg von 3M sind.

Scotch® Magic™ Klebebands auch der

Denn der Erfinderreichtum der Beschäftigten hat 3M

Overhead-Projektor entwickelt

übernimmt, gibt an, dass die im Unternehmen täti-

zu dem gemacht, was es heute ist. 3M sieht es als enorm wichtig an, die eigenen Mitarbeiter zu fördern und diese weiterzuentwickeln, um dadurch weiterhin so erfolgreich am Markt mitarbeiten zu können. (11) Dass es den Mitarbeitern im Unternehmen gut geht, und dass sie sich wohl fühlen, dafür bietet 3M in Österreich diverse betriebliche Gesundheitsförderungs-programme an. Ein weiteres wichtiges Kriterium für 3M ist die „Gesundheit am Arbeitsplatz“. Ihr Unternehmensmotto ist hierzu „Fit ist Hip“, was durch

86 | think! | 1 | 2011


3M ein eingeführtes Programm gekennzeichnet ist, dass versucht präventive Maßnahmen bereits im Unternehmen einzuleiten um eventuellen Erkrankungen frühzeitig entgegen wirken zu können. Außerdem soll durch das Programm und die aktive Teilnahme auch die Mitarbeiterzufriedenheit angehoben werden. Die Schwer-

1961

punkte dieses „Fit ist Hip“-Programmes sind vor allem

wurde die 3M Österreich GmbH

das Stressmanagement, Bewegung und Ernährung und die Gesundenuntersuchungen. (12) Das auch die Mitarbeiter von 3M zufrieden mit dem Unternehmen sein müssen, zeigt die verliehene Auszeichnung des „Great Place to Work“-Instituts“ im Jahr 2011. Dieses Institut ermittelt die jeweilige „Qualität“

3M Company gegründet

197 2 gelang 3M™ ein Durchbruch bei der Archivierung von Daten durch Data Cartridges

und „Attraktivität“ die man als Arbeitgeber einnimmt.

197 9

3M erzielte den 5. Platz in der Kategorie „50 bis 250

kommt die Thinsulate™ Wärme-Isolierung

Mitarbeiter“, sprich in der Klasse der mittelgroßen Unternehmen in Österreich. Die wichtigsten Elemente

auf den Markt

die in den Unternehmungen hinterfragt wurden waren

1980

„Glaubwürdigkeit und Fairness des Managements“,

starten die Post-it® Haftnotizen ihren

„Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Arbeitsplatz“ sowie „Respekt und Teamgeist im Unternehmen“. (13)

3 M – E in U n ter n e h men , da s s t ä n d i g in In n o vatio n en s t eckt : Das 3M auch kontinuierlich vom Innovationsgeist um Unternehmen geprägt ist, zeigen unter anderem folgende Angaben: 3M initiiert „Zukunft-Innovation.“ Das ist eine Plattform im Internet (www.Zukunft-Innovation.com), die Unternehmen mit Innovatoren vernetzt und dahinge-

weltweiten Siegeszug

1994 wurde das Dental-Anästhesie-Gerät EDS zur lokalen Betäubung bei der Zahnbehandlung ohne Spritze vorgestellt

1998 erhält die Aldara® Creme als innovatives Medikament die Zulassung der FDA

hend versucht die Innovationskultur zu fördern. Der-

2002

zeit sind 41 Firmen, 978 Innovatoren beteiligt und

hatte das 3M™ Digital Wall

2666 Ideen eingegangen (Stand: 18.05.2011). Das Ziel ist es, das Unternehmen Fragen stellen, und die Communitiy kreativ tätig und schlussendlich dafür auch prämiert wird. (15) Außerdem ist 3M Österreich respACT Mitglied. Das FOTO: 3M

als Tochtergesellschaft der

ist eine führende Unternehmensplattform für CSR – Corporate Social Responsibility und für nachhaltige Entwicklungen in ganz Österreich. (16)

Displays als Multifunktions-System für Präsentationen seine Premiere

2008 kam er der erste Micro-Beamer auf den Markt, der für den Einsatz mit Mobiltelefonen, MP3-Playern oder Laptops verwendet wurde (6)

think! | 1 | 2011 | 87


Per s o n a lgr u n d sä t z e v o n 3 M : Bereit im Jahre 1944 stellte „William McKnight“, der damalige Präsident von 3M Unternehmen, Prinzipien zur Mitarbeiterführung auf, die auch heute noch zum Tragen kommen. Das Unternehmen ist bestrebt, ein Arbeitsklima herzustellen, in dem: (14) … die Würde und der Wert des Einzelnen respektiert werden und zu größtmöglichen Leistungen in einem fairen, herausfordernden, neutralen und kollegialen Arbeitsumfeld

i

angespornt wird. Die Rechte von Einzelnen werden respektiert und es wird zu rechtzeitiger und offener Kommunikation zu und von den Mitarbietern angeregt. Die Führungskräfte sind mitverantwortlich für die Leistung und die Entwicklung ihrer Mitarbeiter.

I

Dieser Plattform ist 3M beigetreten, weil sie bereits

i i

… die Eigeninitiative jedes Mitarbeiters an-

seit der Überzeugung nachgehen, dass nur wirtschaft-

geregt und gefordert wird und angemessene

licher Erfolg alleine nicht den Wert eines Unterneh-

Freiräume, kreativ zu arbeiten, eingeräumt

mens kennzeichnet, sondern das vor allem auch die

werden. Bereitschaft zu Risiko und Innovatio-

Ethik ausschlaggebend ist. Diese Unternehmung ist

nen sind Voraussetzung für Wachstum. Beides

in ihrem innovativen Fortschritt stets darauf bedacht,

ist in einer intakten und respektvollen Atmo-

sowohl ökologische als auch gesellschaftspolitische

sphäre anzuregen und zu unterstützen.

Werte in ihrem Unternehmen mit einfließen zu lassen.

I … die Fähigkeiten des Einzelnen durch einen

Das heißt sie arbeiten umweltschonend und sind

optimalen Arbeitseinsatz, gute Einarbeitung

stets darauf bedacht den rund 80.000 weltweit täti-

und gezielte Entwicklung gefördert und gefor-

gen Mitarbeitern schonende Arbeitsbedingungen bie-

dert werden. Persönliche Entwicklung ist eine

ten zu können. „Pollution Prevention Pays“ ist eines

gemeinsame Verantwortlichkeit der Mitarbei-

der renommiertesten und firmenweitesten Umwelt-

ter, Führungskräfte und des Unternehmens.

schutz-Programme für erfolgreichen Umweltschutz in

I

der Industrie und 3M führte dies bereits 1975 in ihrem

i

… für Chancengleichheit bei der Entwick-

Unternehmen ein. Es zeigt sich, dass umweltbewuss-

lung und faire Anerkennung guter Leistungen

tes Denken bereits bei den Mitarbeitern versucht wird

gesorgt wird. Leistung wird an der Zielerrei-

zu verankern, um somit diverse Umweltbelastungen

chung, an arbeitsbezogenen Kriterien bewer-

bereits von vornherein ausklammern zu können bzw.

tet und durch angemessene Anerkennung und

diese zu reduzieren. (16)

Vergütung belohnt.

I

2001 baute 3M sein internes Unternehmensbild weiterhin aus und schuf das „Environmental, Health

88 | think! | 1 | 2011


3M D a t e n un d F a k t e n 3M ist ein sehr vielfältiges Unternehmen, das weltweit in allen wichtigen Märkten vertreten ist. Alle Bereiche und Niederlassungen dieses Konzerns arbeiten bei der Forschung, Herstellung und Vermarktung der 3M Produkte eng zusammen. (7)

G run dw e rt e von 3 M : • „Wir legen in sämtlichen Geschäftsaktivitäten al lergrößten Wert auf Ehrlichkeit und Integrität. • Wir stellen unsere Kunden durch innovative Technologien sowie ein Höchstmaß an Quali tät, Nutzwert und Service zufrieden. • Wir sichern unseren Investoren eine attraktive Rendite durch nachhaltiges, weltweites Wachs tum. • Wir respektieren unsere gesellschaftliche Umand Safety (EHS) Management System“. Dies ist ein

gebung und gehen weltweit mit Umwelt und

Verfahren, dass die Bereiche Arbeits-, Gesundheits-

Ressourcen verantwortungsvoll um.

und Umweltschutz zusammenfasst und dahingehend

• Wir schätzen und unterstützen die vielen ver-

versucht so verantwortungsbewusst wie nur möglich

schiedenen Talente, die Einsatzbereitschaft

mit den Ressourcen die uns die Natur bietet umzu-

und die Führungsqualitäten unserer Mitarbei-

gehen. Außerdem wird versucht kontinuierlich an Ver-

ter.

besserungen zu arbeiten und diese zu fördern. (16)

• Wir streben weltweit eine hohe Wertschätzung

Darüber hinaus ist das „EHS-System“ durch ein Life

unseres Unternehmens in allen Bereichen an.“

Cycle Management geprägt, das eingesetzt wird, um Kundenanforderungen zu erfüllen und diese zu identifizieren, um schlussendlich in diversen Bereichen wie

K e nnz ah l e n 3 M w e l t w e it :

der Entwicklung, der Produktion, im Vertriebsbereich,

• 2010: Umsatz von 26,7 Mrd. US$, davon 65%

in der Handhabung und in der Entsorgung von 3M Produkten die möglicherweise für den Menschen und die Umwelt entstehenden Belastungen zu minimieren. (16)

außerhalb der USA • 3M Gesellschaften in mehr als 65 Ländern ver

treten • weltweit ca. 80.000 Mitarbeiter • Vermarktung in rund 200 Ländern

Die unternehmensweit gültigen Umweltvorgaben

FOTO: 3M

finden bei 3M in deren Unternehmensphilosophie feste Verankerung und stellen somit auch Firmenziele

K e nnz ah l e n 3 M in Öst e rre i ch :

dar. (16)

• 2010: Umsatz von 77,9 Mio. Euro

Was 3M in Österreich betrifft ist außerdem zu er-

• ca. 135 Mitarbeiter (8)

wähnen, dass es nach ISO 9001:2000 zertifiziert ist. (16)

think! | 1 | 2011 | 89


3 M G es ch ä f ts b er ei ch e:

autoren

• Kommunikation, Büro und Verbraucher • Display, Werbung und Design • Elektro, Elektronik, Telekommunikation • Industrie und Handwerk/Transportation • Medizin und Gesundheit • Sicherheit: Arbeit, Personen Verkehr (19)

Kerstin Dörfler, BA Kerstin.Doerfler@edu.fh-kaernten.ac.at

Ma rken u n d P r o d u kt e v o n 3 M : • Command™: Montageprodukte, mit denen man seine Umgebung ganz individuell gestalten kann. Sie sind selbst klebend und bieten eine hohe Klebkraft, dennoch lassen sie sich wieder einfach und sauber

Semiramis Macek, Bsc

von der Wand ablösen.

Semiramis.Macek@alumni.fh-kaernten.at

• Filttrete: Diese Produkte bieten eine „reine“ Umgebung. Es handelt sich um Filter, wie z.B. Luftfilter, Flüssigkeitsfilter, etc. • Nexcare: Erste-Hilfe-Produkte, welche für die Bedürfnisse aktiver Familien von heute entwickelt wurden. Die Auswahl reicht von den verschiedensten atmungsaktiven und den besonders hautfreundlichen Pflastern, über Kalt-/Warmkompressen bis hin zur Versorgung unterschiedlichster Haut- und Wundtypen. • Post-it: Diese Haftnotizen sind schon seit über 25 Jahren am Markt. Ideal für vertikale Oberflächen oder effiziente Meetings. • Scotch: Klebebänder für den Alltag, die beinahe unsichtbar sind oder auch Deko-Klebebänder für bestimmte Anlässe gehören in das Sortiment dieser Marke von 3M. • Scotch-Brite: Reinigungsmittel und Schleifpads für den gewünschten Glanz, welche auch für besonders empfindliche und raue Oberflächen geeignet sind. • Scotchgard: Diese Marke steht für „Schutz“. Die Produkte schützen und pflegen Einrichtungen aller Art. • Scotchprint: Mit dieser Marke hilft 3M, alle Werbeideen und Prints auf gewünschten Oberflächen abzubilden. (19)

90 | think! | 1 | 2011


3M autoren

literatur 1. Jörg Schäfer. Bayer Investor Relations. [Online] 28. Februar 2011. [Zitat vom: 27. April 2011.] http://www.investor.bayer.de/de/ berichte. 2. Bayer HealthCare AG. Bayer HealthCare. [Online] 16. August 2010. [Zitat vom: 27. April 2011.] http://www.bayerhealthcare.de/ scripts/pages/de/unternehmen/unternehmensprofil/index.php. 3. Faden der Erinnerung. Frauengeschichten. [Online] [Zitat Sarah Santer, BA

vom: 16. Mai 2011.] http://www.meinhard.privat.t-online.de/frau-

Sarah.Santer@edu.fh-kaernten.ac.at

en/patent.html. 4. Frequency Hopping. [Online] [Zitat vom: 16. Mai 2011.] http:// www.hedylamarr.at/freqHopping1.html. 5. [Online] http://pte3.pressetext.com/partner/3m/view. mc?id=667. 6. [Online] http://solutions.3maustria.at/wps/portal/3M/de_AT/ about-3M/information/more-info/history/. 7. [Online] http://solutions.3maustria.at/wps/portal/3M/de_AT/ about-3M/information/about/us/.

Sabina Seidl, BA

8. [Online] http://solutions.3maustria.at/wps/portal/3M/de_AT/

Sabina.Seidl@edu.fh-kaernten.ac.at

about-3M/information/about/businesses/ . 9. [Online] http://solutions.3maustria.at/wps/portal/3M/de_AT/ about-3M/information/corporate/business-conduct/ . 10. [Online] http://solutions.3maustria.at/wps/portal/3M/de_AT/ about-3M/information/corporate/responsibility/ . 11. 3M Österreich. Führungskultur und Management. [Online] [Zitat vom: 20. Mai 2011.] http://solutions.3maustria.at/wps/ portal/3M/de_AT/about-3M/information/about/leadership/. 12. 3M Österreich. Jobs & Karriere. [Online] [Zitat vom: 20. Mai 2011.] http://solutions.3maustria.at/wps/portal/3M/de_AT/about3M/information/about/careers/. 13. 3M Österreich. Great Place to Work®-Gewinner 2011. [Online] [Zitat vom: 20. Mai 2011.] http://pte3.pressetext.com/ partner/3m/view.mc?id=681. 14. 3M Österreich. Personalgrundsätze. [Online] [Zitat vom: 20. Mai 2011.] http://solutions.3maustria.at/wps/portal/3M/de_AT/ about-3M/information/about/leadership/local/. 15. Zukunft Innovation. [Online] [Zitat vom: 20. Mai 2011.] http:// www.zukunft-innovation.com/teaser/. 16. respACT. austrian business council for sustainable development. [Online] [Zitat vom: 20. Mai 2011.] http://www.respact.at/ content/site/mitglieder/info/article/4409.html. 17. [Online] http://solutions.3maustria.at/wps/portal/3M/de_AT/ about-3M/information/corporate/financial-facts/ . 18. [Online] http://solutions.3maustria.at/wps/portal/3M/de_AT/ about-3M/information/corporate/responsibility/ .

think! | 1 | 2011 | 91


92 | think! | 1 | 2011


Von Doris Lichtenberger, Daniel Nedved, Christina Pichler und Michaela Wegscheider.

OTTO BOCK & ZOTTER

think! | 1 | 2011 | 93


)

Die Firma Otto Bock wurde vor mehr als 90 Jahren von einem gleichnamigen Orthopädiemechaniker im Jahr 1919 gegründet. Mit dem Ziel, tausenden Weltkriegsversehrten mit Prothesen und orthopädischen Produkten zu versorgen, gründete dieser die Orthopädische Industrie GmbH in Berlin. Bereits Anfang der 30er Jahre wurden Aluminiumteile in die Prothetik eingesetzt. Jahrelange Forschung und Testung verschiedener Materialien auf ihre Verwendbarkeit für die Produktion waren der Schlüssel zu diesem Erfolg und dem damit verbundenen Wachstum auf 600 Beschäftigte. Der Zweite Weltkrieg und die damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen, machten leider auch vor diesem Unternehmen keinen Halt. Vor allem die Nachkriegszeit machte Bock zu schaffen. Drei Jahre nach Ende des Krieges wurde das gesamte Privatvermögen der Familie, sowie die Fabrik in Königsee entschädigungslos enteignet. Dieses Tief konnte jedoch überwunden werden. Heute hat die Die Otto-Bock HealthCare GmbH ihren Hauptsitz weiterhin in der Duderstadt (Deutschland) und hat 43 Vertriebs- und Servicestandorte in der ganzen Welt und zu 140 Ländern Exportkontakte. Mit 60 Prozent Marktanteil ist Otto Bock Weltführer in den Bereich Prothetik. Das Credo von Otto Bock lautet „Qualität for Life“ (Otto Bock Österreich, 2011). Laut den Verantwortlichen liegt die Zukunft sowohl in der Integration wichtiger Schlüsseltechnologien in bereits existierende Produkte als auch in der Entwicklung neuer Produkte. Dem wachsenden Kostendruck im Gesund-

94 | think! | 1 | 2011

(

KURZFASSUNG

heitswesen und den erforderlichen Nachweise eines therapeutischen Nutzen wird mit der direkten kontinuierliche Kundennähe und der Platzierung der Produkte zum richtigen Zeitpunkt am Markt sowie mit Emotionen, Vertrauen und Verlässlichkeit zwischen den Eigentümern und allen seinen Mitarbeitern entgegen gewirkt (Näder, 2010). Der Standort in Wien zählt zu den bedeutendsten F& E Standorte der Otto bock HealthCare GmbH. Das Produktportfolio beinhaltet hier die Arm- und Beinprothesen, Orthesen, manuell und elektrisch betriebene Rollstühle, Neuroimplantate sowie SoftwareProgramme für die Prothesen- Justierung. Besonders ist, dass Otto Bock den demographischen Wandel nicht als selbstverständlich sieht und ständig in die Forschung und Entwicklung investiert. Besonders ist in diesem Bereich, dass Wien und damit Österreich einen wesentlichen Faktor für ein Unternehmen, welches weltweit expandiert, spielt. Anhand der Firmenphilosophie ist zu erkennen, dass es sich um Produkte, welche einen menschlichen Nutzen haben und den Alltag dieser erleichtert, handelt. Ein Indiz dafür ist auch der besondere Umgang mit den Mitarbeitern, welche durch ständige Schulungen, Veranstaltungen usw. immer wieder forciert und in den Betrieb miteinbezogen werden. Ein Unternehmen kann nur funktionieren, wenn das Betriebsklima reibungslos funktioniert.Es handelt sich hier bei weitem um mehr, als einen blauen Schriftzug in der Branche der Orthetik und Prothetik. Jahrelange Innovation brachte Otto Bock dorthin, wo es nun steht, aber sicherlich nicht stehen bleiben wird.


OTTO BOCK |

wobei vorwiegend auf Otto-Bock Österreich eingegangen wird Ein blaues Logo. Ein blaues Logo mit dem Namen Otto Bock. Ein Logo, welches für viele ein Synonym für Qualität ist. Für viele, welche auf die Orthetik sowie die Prothetik der Firma Otto Bock angewiesen sind. Nein, aber nicht nur diesen ist dieser blaue Schriftzug bekannt. Es ist viel mehr als ein Schriftzug. Doch was steht genau dahinter? Ist es das Logo eines neuen Unternehmens des 21. Jahrhundert, welches sich aufgrund modernster Technologie in einigen Jahrzehnten auf diesem Markt etablieren konnte? Oder ist es der Erfolg eines anfangs konservativen Familienunternehmens, welches sich durch jahrelange Innovation, sowie Forschung und Entwicklung erst einen Namen verschaffen konnte? Um den auf die Spur zu kommen, muss kräftig am Rad der Zeit gedreht werden.

iese Erfolgsgeschichte begann

diese dann direkt an die Orthopädiemechaniker vor

nämlich vor mehr als 90 Jah-

Ort zu liefern. Dies war schließlich der Grundstein für

ren. Wir schrieben das Jahr

die Orthopädische Industrie. Es wurde jedoch weiter

1919, welches ein Meilenstein

investiert und bedacht. Das junge Unternehmen such-

für diese Branche werden soll-

te sich nach einem neuen Standort um, und fand die-

te. Die Gründung ist auf einen zielstrebigen Orthopä-

sen schließlich in Königsee in Thürigen, der Heimat

diemechaniker mit dem Namen Otto Bock zurück zu

von Otto Bock. Bereits Anfang der 30er Jahre wurden

führen. Mit dem Ziel, tausenden Weltkriegsversehrten

Aluminiumteile in die Prothetik eingesetzt. Jahrelange

mit Prothesen und orthopädischen Produkten zu ver-

Forschung und Testung verschiedener Materialien

sorgen, gründete dieser die Orthopädische Indust-

auf ihre Verwendbarkeit für die Produktion waren der

rie GmbH in Berlin. Kurz nach der Gründung konnte

Schlüssel zu diesem Erfolg und dem damit verbunde-

man der Realität ins Auge blicken, und zum positiven

nen Wachstum auf 600 Beschäftigte.

Schluss kommen, dass die traditionell handwerklichen

Der Zweite Weltkrieg und die damit verbundenen

Methoden, mit denen man bis dato noch arbeitete bei

wirtschaftlichen Folgen, machten leider auch vor die-

weitem nicht ausreichend waren, dem wachsenden

sem Unternehmen keinen Halt. Vor allem die Nach-

Bedarf gerecht zu werden. Die innovative Denkweise,

kriegszeit machte Bock zu schaffen. Drei Jahre nach

welche sich bis zur Gegenwart wie ein roter Faden

Kriegsende wurde das gesamte Privatvermögen

durch das Unternehmen zog, schlug schließlich ihre

der Familie, sowie die Fabrik in Königsee entschädi-

Wurzeln. Bock reagierte prompt auf die eben ange-

gungslos enteignet. Doch war es der eiserne Wille, die

führten Problematiken und realisierte seine Idee, Pro-

Zielstrebigkeit und das Arrangement der Verantwort-

thesenpassteile in Serienproduktion zu fertigen um

lichen, ein Unternehmen dieser Art weiter zu führen,

think! | 1 | 2011 | 95


was schließlich die Kraft gab, die schwierige Zeit im Nachkriegsdeutschland zu überstehen. So fand die-

Geschäfts- und Produktbereiche

ses die Basis im niedersächsischen Duderstadt. Otto

Orthobionic®

Bock´s Schwiegersohn, Dr.- Ing. E.h. Max Näder hatte dort im Jahr 1946 eine neue Fertigungshalle aufgebaut. Obwohl ein Mangel an Fachkräften, Geld und Material herrschte, behielt Max Näder die Firmenphilosophie bei, demnach er immer Ausschau nach neuen Ideen und Technologien hielt. (Otto Bock Österreich, 2011)

U nter n eh mens p r o fi l O t t o B o ck welt wei t Noch heute hat die Otto Bock HealthCare GmbH

Prothetik

Orthetik

• Obere Extremitäten

• Modulare Orthesensysteme

• Untere Extremitäten

• Orthesen / Bandagen

• Liner und Volumen

• Materialen

Management-Systeme

• Bewegungsschienen

• Materialien

• Rehaband / Sport

• Osseointegration Quelle: Näder (2010)

ihren Hauptsitz in Duderstadt. Zusätzlich konnte sich das Unternehmen 43 Vertriebs- und Servicestandor-

Das wesentliche Ziel, welches sich Otto Bock vor

te in der ganzen Welt schaffen. Dies verschafft dem

Augen gesetzt hat ist sowohl die Integration wichtiger

Unternehmen mit dem Credo „Qualität for Life“ einen

Schlüsseltechnologien in bereits existierende Produk-

Marktanteil von 60 Prozent im Bereich der Prothetik.

te, als auch die Entwicklung neuer Produkte. Mit der

(Otto Bock Österreich, 2011).

Platzierung der Produkte zum richtigen Zeitpunkt am Markt, vor allem aber mit Kundennähe, Emotionen,

Was sich in der heutigen Zeit jedoch geändert hat,

Vertrauen und Verlässlichkeit zwischen den Eigentü-

ist der Markt welcher immer komplexer wurde, und

mern und allen seinen Mitarbeitern wird dem erforder-

daher sich das Unternehmen in drei Kernbereiche und

lichen Nachweis eines therapeutischen Nutzen sowie

in verschiedene Geschäftsbereiche aufgeteilt.

dem Kostendruck im Gesundheitswesen entgegen gewirkt. (Näder, 2010).

Drei Kernbereiche

2003 verbuchte die Otto Bock Firmengruppe eine Umsatzsteigerung auf 437 Millionen € im Vergleich

Otto Bock

• Fachbereiche Medizintechnik

zum Vorjahr. Dies entspricht einen währungsbereinig-

HealthCare

• Umsatz 499,7 Mio. Euro

ten Wachstum um 6,3%, wobei 355,5 Millionen € allei-

• Mitarbeiter: 4.218

ne durch die Otto Bock HealthCare GmbH umgesetzt

wurde. Hier stieg das operative Ergebnis (EBIT) von 2002 auf 2003 um 1,2 Millionen € auf 35,5 Millionen Otto Bock

• Fachbereich Kunststoff

€. In den USA stieg der Umsatz währungsbereinigt um

Kunststoff

und Chemie

24 %, wobei 21, 3 Millionen € in die Entwicklung in-

• Umsatz 71,1 Mio. Euro

novativer Produkte und Dienstleistungen der Bereiche

• Mitarbeiter. 213

Orthopädie und Rehabilitation/ Mobility investiert wurden. (6% mehr als im Jahr 2002) Ebenfalls wurden im Jahr 2003 in den Hauptsitz

Sycor GmbH

• Fachbereich: Informations-

Kommunikationstechnologie

in Duderstadt 15 Millionen € in ein modernes Logis-

• Umsatz: 34,8 Mio. Euro

tik-, Call- und Servicecenter investiert. Ein Jahr dar-

• Mitarbeiter: 271

auf übernahm Otto Bock France alle Anteile an der französischen Gesellschaft Valtech Holding SARL und

96 | think! | 1 | 2011


OTTO BOCK | O t t o B oc k in W ie n Bionicmobility® Mobility Solutions

Neurostimulation

50 Jahre nach der Firmengründung in Deutschland, fasste die Firma Otto Bock in Österreich Fuß. Dies jedoch nicht am eigentlichen Standort

• Manuelle Rollstühle

• FES-Therapie

Wien, sondern in einem kleinen Ort in Salzburg.

• Elektro-Rollstühle

• Neuroimplantate

Wie rapide sich die später benannte Otto Bock

• Kinder-Reha

HealthCare Products GmbH entwickeln konnte,

• Seating & Positioning

wird im folgenden Abschnitt mit den wichtigsten

• Premium Produkte

Eckdaten ersichtlich: 1969 Die österreichische Erstniederlassung in

die dazugehörigen Firmen Prothese Generale SA und

Seekirchen in Salzburg -

Proteval SA. (Finanznachrichten Deutschland, 2011 )

Gesellschaft Otto Bock Austria

Im Jahr 2010 kam es schließlich zu einer Steigerung

1972 Anmietung des 4. Stockwerks des

des Umsatzes auf 685 Millionen €. In weiterer Folge

Fabrikgebäudes in der Kaiserstraße 39

wurde die Mitarbeiterzahl von 4872 auf 5044 aufge-

in Wien als Zweigstelle von Salzburg.

stockt. Das Unternehmen plant langfristig, weitere

Marktanteile in Staaten wie Brasilien, China, Russland

1980 Firmennamensveränderung auf

und Indien zu erobern. Der gesellschaftsführende Ge-

sellschafter, Prof. Näder meint dazu:“ Wir konzentrie-

Mitarbeiterstand: ca. 20 Personen

ren uns nicht nur auf unsere Innovationsstrategie, son-

1986 Gründung der Otto Bock Orthopädische

dern entwickeln marktgerechte Lösungen.“ (Thüringer

Allgemeine, Deutschland, 2011)

1999 Zusammenlegung der Aktivitäten von

O tto B o ck in W i en

Mitarbeiterstand: 4 Personen Otto Bock Austria GesmbH.

Vertriebs-GesmbH Seekirchen Seekirchen und Wien in Wien

Umsatz: EUR 16,26 Millionen; Mitarbeiterstand: 141

Zu den vorher erwähnten 43 Vertriebs- und Service-

2004 Übernahme der Holdingfunktion durch

standorten gehört auch jenes in Wien. Dieser Stand-

Otto Bock Austria GesmbH und Gründung

ort zählt zu den bedeutendsten F& E Standorte der

Otto Bock Healthcare Products GmbH

Otto bock HealthCare GmbH. Das Produktportfolio

Umsatz: EUR 45,42 Millionen;

beinhaltet hier die Arm- und Beinprothesen, Orthesen,

Mitarbeiteranzahl: 248

manuell und elektrisch betriebene Rollstühle, Neu-

2007 Eingliederung von Osteuropa Vertriebs-

roimplantate sowie Software- Programme für die Pro-

thesen- Justierung

Umsatz: EUR 67,03 Millionen;

Zurzeit wird der dieser Standort aufgewertet. Das

gesellschaften in die Wiener Holdingfirma

Mitarbeiterzahl: 353

Ziel ist, dass der Umsatz mit Prothesen bis zum Jahr

2009 Vierzig jährige Jubiläum Otto Bock

2015 von 80 auf 200 Millionen € zu bringen ist. Bis

Österreich

2012 soll für die Fertigung am Standort Brehmstraße

2010 Umsatz: EUR 80,0 Millionen;

ein Gebäude errichtet werden, bis 2015 die Standor-

Mitarbeiteranzahl: 440.

te aus der Kaiserstraße nach Simmering übersiedeln.

Exportanteil: 91 Prozent

Hierfür lässt sich das Unternehmen nicht nehmen, 25

think! | 1 | 2011 | 97


Unternehmensphilosophie Millionen € zu investieren. Im Jahr 2010 verbuchte

Mobilität

Otto Bock in Wien eine Mitarbeiterzahl von 440 bei einem Umsatz von 80 Millionen €. Im Jahr 2015 soll die Anzahl der Mitarbeiter auf 670 aufgestockt werden. Dies bei einem Umsatz von 200 Millionen €. (Wirtschaftsblatt Österreich, 2010) Der Erfolg der weltweit anerkannten Forschungsund Entwicklungstätigkeit der Otto-Bock HealthCare GmbH liegt in der stark ausgeprägten Forschungs-

Erfolgsmaßstab: Das Plus an Lebensqualität

Der Mensch mit seinem körperlichen Handicap

Lebensfreude

landschaft der Stadt Wien, in der eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit führenden Wissenschaftlern von

Selbstständigkeit

Universitäten sowie Partnern aus dem Anwendungsbereich und Fachhandel geboten wird.. (Otto Bock Healthcare Products GmbH, 2011) So beschäftigt sich die Einheit „Strategisches Technologiemanagement“ mit der Erprobung der Anwen-

U nt e rne hm e nsphil osophie

dungen von neuen, im Unternehmen noch nicht verwendeten Technologien. Zusätzlich unterstützt diese

Doch warum ist dieses Unternehmen tatsächlich so

sowohl die Fertigungsabteilung als auch die Entwick-

erfolgreich geworden? Wo liegt das Erfolgsrezept? Die

lungsabteilung bei der Lösung von Problemstellun-

Unternehmensphilosophie sei, „Die Welt mit den Au-

gen. (Sahin, 2011)

gen von Menschen mit einem körperlichen Handicap

U n ter n eh mens p r o fi l O t t o B o ck W i en

zu sehen“. Mit den Produkten, dem dazugehörigen Know- how und den Service von Otto Bock ist es die tägliche Herausforderung dieses Unternehmens, „die

Das Management der Otto Bock HealthCare

Lebensqualität dieser Menschen zu verbessern.“ Ein

Products GmbH setzt sich aus einem Geschäfts-

wichtiger Beitrag für die Lebensqualität von Menschen

führer, drei Bereichsverantwortlichen und einem

mit einem körperlichen Handicap ist es vor allem, die

Inlandsvertriebsleiter zusammen:

Mobilität und die Lebensfreude durch Technologie für

• Dipl. Ing. Dr. Hans Dietl

Menschen zu schützen und zu fördern. Die Vision des

Geschäftsführer/ Managing Director

Unternehmens ist daher, ein Höchstmaß an Mobilität

Bei Otto Bock seit 02.03.1987

und Unabhängigkeit zu ermöglichen. Auf Grund der

• Martin Hollitsch

neuen Technologien hat sich das Tempo der Entwick-

Geschäftsvertriebsleiter Österreich

lungen rapide beschleunigt. Auch für zukünftige For-

Bei Otto Bock seit 02.06.1998

schungen des Unternehmens gilt: Der Mensch steht

• Dipl.- Ing. Johannes Valenta

im Mittelpunkt.

Geschäftsleiter Produktion

Der Austausch zwischen den weltweiten Netzwer-

Bei Otto Bock seit 01.02.1994

ken wird als großer Wettbewerbsvorteil von Otto Bock

• Dipl.-Ing. Dr. Hans-Willem van Vliet

gesehen. Durch den Zugang zu den lokalen Märkten

Geschäftsführer Forschung & Entwicklung

auf Grund der interdisziplinären Zusammenarbeit er-

Bei Otto Bock seit 02.05.2002

folgt ein direkter Kontakt zu den Kunden. Zusätzlich

• Mag. Michael Wagner

können auf Grund der Marktnähe die unterschiedli-

Geschäftsleiter Finanzen

chen regionalen Anforderungen der Kunden und die

Bei Otto Bock seit 01.08.1995

unterschiedlichen Bedürfnisse der Anwender in die

98 | think! | 1 | 2011


Produktentwicklung miteinbezogen werden. Wichtig ist die klar definierte und transparente Unternehmensstruktur, wo jeder Mitarbeiter seinen Platz

OTTO BOCK | P re ise und A usze ic hnunge n f ür W ie ne r P roduk t e

kennt, denn nur wenn die Ziele des Unternehmens kommuniziert werden, können sich die Mitarbeit ziel-

Für das jahrelange Arrangement in diesem Bereich,

gerichtet engagieren. Das Qualitätsmanagement der

Forschung & Entwicklung, sowie ständiger Inno-

Otto Bock Healthcare analysiert und wertet alle Pro-

vation, konnte Otto Bock Austria bereits zahlreiche

zesse im Unternehmen nach den strengen Vorgaben

Preise und Auszeichnungen verbuchen.

der DIN 13485 aus. Jeder Mitarbeiter kennt seine Aufgabe und seine

1999 „Staatspreis für Innovation für C-Leg®“

Verantwortung im Prozess sehr genau. Er weiß, wel-

„Mercure Preis“ für C-Leg®;

che Kollegen und Bereiche von der Qualität seiner Ar-

Innovationspreis der Wirtschaftskammer

beit abhängig sind.

2002 Silbermedaille des Deutschen

Das Plus an Lebensqualität ist der Maßstab, an dem sich die Produkte von Otto Bock messen lassen.

V on d er I dee z u m P r o jekt

Designerclubs (DDC) für das C-Leg®

Otto Bock UK: „ Independent Living

Design Award“ für Design und Technologie

des C-Leg®

2005 Nominierung für „Adolf Loos Staatspreis

für Design“ für GeriLight (Kooperation mit

Die Bionik (Natur und Technik) untersucht Struktu-

Studio Novo), Österreich

ren und Prozesse der Natur, um daraus technische

„red dot award“, Produkt Design für

Lösungen abzuleiten und stellt daher die Grundlage

DynamicArm®, Deutschland

für die Forschung und Entwicklung für die Medizin-

2006 da Vinci Award 2006 für C-Leg®, USA

technik dar, mit der die natürliche Mobilität erhalten

Hermes Award – Normiert Top 5

oder wieder hergestellt wird.

für DynamicArm®, Deutschland

Die Orthobionic® ist der Kompass und der Motor

Good Design Award winner - C-Leg®, Japan

für die Forschung und Entwicklung bei Otto Bock.

Viennovation-Award der Stadt Wien

Die technische Orthopädie folgt dem Vorbild der Na-

für DynamicArm®

tur und schafft die Verbindung mit dem biomecha-

Focus – Bilder der Forschung, Marco Moog

nischen Wissen mit dem Ergebnis eines innovativen

mit C-Leg®-Bild „chinesische Mauer,

Produktes in der Prothetik und Orthetik. Im Zentrum

Deutschland

der gesamten Arbeit von Otto Bock steht der Mensch.

Innovationspreis des Landeskreises

Das Ziel der Produktentwicklung ist ein kommerzi-

Göttingen, DynamicArm®, Deutschland

Von der Idee bis zum Projekt

2007 Wiener Zukunftspreis für Kinderhandsystem

„Popular Mechanics Award 2007“ für das

Projekt „Revolutionizing Prosthetics 2009“,

USA, Otto Bock Österreich –

als Forschungspartner

„red dot award“ Produkt Design für C-Leg®

- best of the best, Deutschland

2008 Wiener Zukunftspreis 2008 für Quelle: Dietl (2010a)

Forschungsprojekt „Gedankengesteuerte

Armprothese

think! | 1 | 2011 | 99


P r eis e u n d A u s z ei ch n u n g en fü r Wien er Pr o d u kt e

einen Projektantrag der folgende Elemente beinhaltet: Priorität, Art, Ziel, Team, Beschreibung, Kostenplanung des Projektes und Projektrisikoschätzung (Zeit, Finanzziel, technische Umsetzung, Anwender, Kos-

2009 „iF product Design award“ 2009, C-

tenersatz, etc.). (Dietl H. , 2010).

Leg® compact, Deutschland

Design Korea 2009 – Aufnahme von

AXON Hand System in den Katalog

„Word Best Design Exchange in 2009.

Design, Engine of Green Growth“

Geschäftsführung wird ein Projektteam gebildet, wo-

2010 „Trio Award“ (für engagierte Lehr-

bei der Projektleiter als „Projektmotor“ für den rei-

betriebe), Stadt Wien & Wiener Arbeits-

bungslosen Ablauf des Projektes, die Verteilung von

nehmerInnen Förderungsfonds (waff)

Aufgaben, die Einführung von klaren Kommunikati-

(Otto Bock Healthcare Products GmbH, 2011)

V om P roj e k t zum P roduk t Nach der Freigabe für den Projektstart durch die

onsstrukturen sowie für Planung und Controlling verantwortlich ist. Der Produktmanager ist für die markt-

elles Produkt oder die Verbesserung eines Produktes,

technischen Gesichtspunkte und für die Beobachtung

die Entwicklung eines Produktes für firmeninterne Ver-

des Marktes zuständig, während das Projektteam das

wendung, eines Servicebehelfes oder eines Messebe-

Hauptaugenmerk auf die Durchführung der gestellten

helfes.

Aufgaben in der geplanten Zeit legt und die Geschäfts-

Anzumerken sei, dass nicht jede Idee zu einem neu-

führung die Verantwortung für die Bereitstellung der

en Entwicklungsprojekt automatisch von Beginn an

Mittel und des qualifizierten Personals zu Erreichung

einen wirtschaftlichen Nutzen als Produkt für das Un-

des Projektziels trägt. Die fachliche und technische

ternehmen darstellt. So wurde zum Beispiel C-Leg®

Zusammenführung der verschiedenen Disziplinen zu

vor zehn Jahren als Produkt für eine Nische entwi-

einem gemeinsamen Ziel fällt in den Aufgabenbereich

ckelt- ein visionäres Konzept im Hochpreissegement.

des Projektleiters-Technik.

Produkt wurde zum Hauptumsatzträger.

Für die Definition der Kundenanforderungen werden die Kunden in drei Gruppen aufteilt: Prothesenträger,

Warum manchmal aus einer Idee kein Projekt wird,

Vertreter von Heilberufen wie z.B. Orthopädietechni-

kann daran liegen, dass die Ideen der verfügbaren

ker, Therapeuten, Fachärzte und die Krankenkasse.

Technologie einen oder sogar mehrere Schritte voraus

Die zu Beginn festgelegten Anforderungen bilden die

ist, es zu geringe verfügbare Kapazitäten gibt oder der

Basis der Entwicklungstätigkeiten und definieren alle

wirtschaftliche Nutzen zu gering ist.

Ziele, die das Produkt erfüllen soll.

Einzigartig ist der Prozess der Entscheidungsfin-

Während der Forschungsphase werden aus den

dung. Das Ziel dieser ist es, eine Produktidee auf

Kundenanforderungen die detaillierten technischen

ihre Verfügbarkeit zu prüfen. Es wird vom Produkt-

Anforderungen für die Umsetzung abgeleitet und als

manager, Marktmanager und Risikomanager eine

Produktmerkmale bei der Entwicklungsvorgabe (De-

Entwicklungsstrategie erstellt, welche die erforderli-

sign Input) integriert. Probandentests unter kontrol-

che Wettbewerbs- und Machbarkeitsanalyse und die

lierten Bedingungen werden durchgeführt, wenn ein

Patent- und Literaturrecherchen enthält. Zusätzlich

Prototyp zur Verfügung steht. Auf Grund der Resultate

werden neben Kundenanforderungen auch die ent-

dieser Untersuchungen kommt es eventuell zu Verän-

sprechenden behördlichen Anforderungen für Strate-

derungen, anschließend werden CE-gekennzeichnete

gieentwicklung miteinbezogen. Anschließend erstellen

Prototypen hergestellt. Dieser funktionsfähige Proto-

der Entwicklungsmanager und der Produktmanager

typ muss alle in der Bedienungsanleitung angeführten

100 | think! | 1 | 2011

FOTO: PRESSEBILD OTTO BOCK GMBH

Bis heute wurden über 31.000 Stück produziert, das


OTTO BOCK | Von der Idee zum Produkt

Quelle: Dietl (2010b)

M it arbe it e r-Qual if izie rung Ein besonderer Fokus, welcher auch zum Erfolg beiträgt, ist sicherlich die ständige Schulung und Weiterbildung der Mitarbeiter. Unter dem Motto „Ein Unternehmen ist so gut wie seine Mitarbeiter“ und „Lebenslanges Lernen“ organisiert Otto Bock im RahFunktionen beinhalten, damit sichergestellt wird, dass

men der internen „Otto Bock Academy“ Seminare

die Kundenanforderungen und die gesetzlichen Anfor-

und Weiterbildungen für das gesamte Unternehmen.

derungen erfüllt werden. In einem KEIB (=kontrolliertes

Die Schwerpunkte sind Arbeitstechniken, Software-

erstmaliges Inverkehrbringen) erfolgt die Weitergabe

Anwendungen, Mitarbeiterführung und Fremdspra-

von Kopien des funktionsfähigen Prototypen inklusi-

chen. Auch Themen wie „Konfliktmanagement „ und

ve Fragebögen direkt an die Testanwender. Das neue

„Kommunikationstraining“ sind im Seminarangebot

Produkt wird für eine vorgegebene Zeitdauer auf die

zu finden. Im Umgang mit Betroffenen und gehandi-

Alltagstauglichkeit geprüft und die Ergebnisse Rah-

capten Menschen steht die soziale Kompetenz der

men eines Erfahrungsberichtes zur Verfeinerung des

Mitarbeiter im Vordergrund. Otto Bock investiert kon-

funktionsfähigen Prototypen an die Entwicklung wei-

sequent in den Bereich der Personalentwicklung, um

tergeben. Beim Design Freeze Meeting wird nochmals

auch morgen auf hochqualifizierte Mitarbeiter bauen

kontrolliert, ob alle Anforderungen aus dem Pflichten-

zu können. Seit Mitte 2009 hat die Otto Bock Acade-

heft erfüllt werden und der Prototyp auf dem aktuellen

my Wien die globale Verantwortung für Schulungen

Stand „eingefroren“.

im Bereich Neurostimulation und Prothetik der oberen

Die Vorrichtungen für die Produktion und Werkzeu-

Extremität. Das Wissen wird nicht nur an Orthopädie-

ge für den Service werden erstellt. Mit Hilfe der Validie-

mechaniker sondern auch an Fachärzte und Thera-

rung wird neuerlich überprüft, ob das fertige Produkt

peuten weitergegeben, denn bei der Herstellung von

sämtliche Herstellspezifikationen und Kundenanfor-

komplexen Produkten hat die Zusammenarbeit in ei-

derungen entspricht. Bevor der Produktionsstart, der

nem interdisziplinären Team hohe Priorität. In Zukunft

Verkaufsstart und die Stückzahl festgelegt werden,

wird es zum vermehrten Einsatz von E-Learning als

wird im Produktionsmeeting kontrolliert, ob alle Vorbe-

Vorbereitung zu den Schulungsverantstaltungen kom-

reitungen für eine Serienproduktion getroffen wurden

men und das praxisorientierte Hands-on Training ver-

(Dietl H., 2010).

stärkt werden (Otto Bock, 2010)

think! | 1 | 2011 | 101


Z eitsch r ift D i a lo g

Techniker-Teams werden auf Grund des multikulturellen Zusammentreffens so zusammengestellt, dass alle wichtigen Sprachen und Kulturen abgedeckt wer-

Erwähnenswert ist vor allem die Zeitschrift „Dialog“, welche alle 2-3 Monate von der Otto Bock Healthcare Products GesmbH herausgegeben wird. Es informiert

den (Otto Bock Österreich, 2011).

Ök onom ie und Ök ol ogie

vor allem Kunden, was sich im Bereich der Forschung und Entwicklung getan hat und welche Meilensteine

Die Bekenntnis zur Innovation, der Mut zur Investition

gesetzt wurden. Aktuelle Themen werden vorgestellt

und das Selbstverständnis der Firmeninhaber als verant-

und auf die Veranstaltungen rund um das Unterneh-

wortliche Bürger-Unternehmer sind die Kompetenzen,

men hingewiesen. Der „Dialog“ gilt jedoch nicht nur

die es ermöglichen, zwei Gegensätze wie Ökonomie

als Informationsträger für die Kunden, auch die Mit-

und Ökologie zu vereinen: Es werden umweltrelevante

arbeiter werden informiert, bzw. werden ebenfalls Be-

Emissionen in den Produkten fast vollständig vermie-

richte über diese veröffentlicht.

den. Der Energieverbrauch im gesamten Unternehmen

P ar a lympis ch es E n g a g emen t

wurde enorm gesenkt durch die thermische Verwertung von Produktionsabfällen, die Wärmerückgewinnung bei Lüftungsanlagen und den Einsatz der Frequenzumfor-

Das Paralympische Engagement ist für Otto Bock

mertechnik zur Stromeinsparung. Zum Standard im

zu einem Teil der Unternehmensphilosophie gewor-

Unternehmen zählen sortenreine Recycling-Systeme

den. „Wir sehen uns gern in der Pflicht, unsere Kom-

für Metall und Kunststoff (Otto Bock Österreich, 2011).

petenz, unsere Globalität und unsere Erfahrung mit orthopädietechnischen Spitzenqualität auch dem

O t t o B oc k und die Z uk unf t

weltweiten Sport von Menschen mit Behinderung zur Verfügung zu stellen“, sagt Professor Hans Georg

Die Ansprüche an Otto Bock in der Zukunft sehen

Näder, Geschäftsführender Gesellschafter von Otto

für Herr DI Dr. Dietl, Geschäftsführer der Otto Bock

Bock. „ Der Partnerschaftsvertrag mit dem Internatio-

Healthcare Products GmbH in Österreich und in Du-

nal Paralympics Committe (IPC) ist das Fundament für

derstadt, folgender Maßen aus: Die iPod-Generation

die Kontinuität unserer Unterstützung für Sportler aus

wächst heran und fordert das perfekte „Mensch-

aller Welt.“ (Otto Bock Österreich, 2011)

Maschine-Interface“ und das wird auch die zukünfti-

Seit mehr als drei Jahrzenten fördert Otto Bock den

ge Anforderung an die Orthopädische Industrie sein:

Sport von Menschen mit Behinderung. 1988 begann

Rehabilitationssysteme, die sich ideal den Bedürfnis-

das Engagement bei den Paralympics, als fünf Ortho-

sen des Nutzers anpassen, die auf unterschiedlichste

pädie-Techniker des Tochterunternehmens Otto Bock

Situationen so reagieren, wie es der Anwender will.

Australien bei den Sommerspielen in Seoul ihre Diens-

Das Hilfsmittel fügt sich natürlich in den Alltag ein, wie

te anboten. 1992 wurde in Barcelona das Projekt aus-

das iPhone. Die Behinderung wird als solche gar nicht

geweitet und eine mobile Werkstatt von Deutschland

mehr wahrgenommen. Man geht selbstverständlich

aus angeliefert, da erkannt wurde, dass Otto Bock

und selbstbewusst damit um und sieht sich als Indi-

den Leistungsport der Athleten mit Behinderung nicht

viduum mit speziellen Bedürfnissen und nicht als Be-

nur mit der Produktentwicklung unterstützen konnte.

hinderter. Man kommuniziert online mit Therapeuten

Seitdem ist Otto Bock bei allen Sommer- und Winter-

und Technikern und tauscht sich in User-Groups aus.

spielen der Paralympics dabei. Vor und während der

Selbstverständlich ist der Anspruch auf ein gutes De-

Sommerspiele Vancouver 2010 hatten die Techniker

sign hoch und mitentscheidend bei der Wahl der Pro-

von Otto Bock mehr als 2.000 Arbeitseinsätze. Die

these oder anderer Systeme (Dietl H., 2009).

102 | think! | 1 | 2011


OTTO BOCK |

produktübersicht Um sich eine besseren Einblick zu verschaffen, was

der kontinuierliche Anpas-

die wesentlichen Produktfelder dieses Unternehmens

sung des Übersetzungs-

zu bieten haben, wird in den folgenden Kapiteln kurz

verhältnisses an die

beschrieben, was die Funktionen sowie die wesent-

Umfeldbedingungen

lichen Punkte sind, welche die Qualität dieser aus-

• Individuelle Anpassung der

zeichnet.

Steuerung an die Fähigkeiten des Patienten durch Unterschied liche Programme und Parameter • Anpassung von Form und Grundfarbe an das • Gesamtbild des menschlichen Körpers • Natürlich Wirkende Ellbogen-Unterarm Konstruktion • Größtmöglicher Funktionalität schafft mehr Lebensqualität Quelle: Sahin (2011)

SensorHand Speed steht für: • Präzision und Leichtigkeit der Steuerung der Geschwindigkeit • Verbesserte Signalverarbeitung

FOTOS: PRESSEBILD OTTO BOCK GMBH

• Geschwindigkeit von bis zu 300 mm pro

C-Leg® steht für:

Sekunde mit der eine Frisbee-Scheibe blitz-

• vollständig mikroprozessorgesteuertes

schnell und sicher gefangen werden kann

Beinprothesensystem

• Ergreifen eines rohen Ei oder anderer zerbrech-

• automatische Anpassung an Schrittgeschwin-

licher Gegenstände ohne Sichtkontrolle

digkeit, -länge und -frequenz in Echtzeit

Quelle: Sahin (2011)

• hohe Sicherheit und minimale Sturzgefahr • bestmögliche Annäherung an das natürliche

Transcarpal Hand steht für:

Gangbild

• Regelung der Griffgeschwindigkeit und Griff-

• Wireless Remote Control und zusätzlicher

kraft werden ganz natürlich proportional zur

Stehmodus für mehr Unabhängigkeit und

Höhe des Muskelsignals

Komfort

• Optimale Anpassung der Griffgeschwindigkeit

Quelle: C-Leg Otto Bock (2011)

und Griffkraft erlauben ein direkt gesteuertes physiologisches Greifen

DynamicArm® steht für:

• Schnelle Erlernbarkeit

• Heben bis zu sechs Kilogramm

• Verhinderung einer ungewollten Grifflockerung

• Natürliches Bewegungsverhalten auf Grund

durch einen virtuellen Handschalter

think! | 1 | 2011 | 103


O tto B o ck- M e h r a ls ei n U n t er n eh men ?

autoren

Dass es sich bei diesem Unternehmen um keinen mittelständischen Betrieb handelt, wurde auf den vorigen Seiten ersichtlich. Fast ein Jahrhundert lang wird auf Menschen mit besonderen Bedürfnissen eingegangen. Dass Otto Bock Marktführer in seiner Branche ist, kommt nicht von irgendwo. Betrachtet man

Doris Lichtenberger, Bsc Doris.Lichtenberger@edu.fh-kaernten.ac.at

die Marktanalyse, wird ersichtlich dass der Umsatz aufgrund der demographischen Änderung von Jahr zu Jahr steigt. Besonders ist, dass Otto Bock den demographischen Wandel nicht als selbstverständlich sieht und ständig in die Forschung und Entwicklung investiert. Besonders ist in diesem Bereich, dass Wien und damit Österreich einen wesentlichen Faktor für

Daniel Nedved, Bsc Daniel.Nedved@edu.fh-kaernten.ac.at

ein Unternehmen, welches weltweit expandiert, spielt. Anhand der Firmenphilosophie ist zu erkennen, dass es sich um Produkte, welche einen menschlichen Nutzen haben und den Alltag dieser erleichtert, handelt. Ein Indiz dafür ist auch der besondere Umgang mit den Mitarbeitern, welche durch ständige Schulungen, Veranstaltungen usw. immer wieder forciert und in

Christina Pichler, BA Christina.Pichler@edu.fh-kaernten.ac.at

den Betrieb miteinbezogen werden. Ein Unternehmen kann nur funktionieren, wenn das Betriebsklima reibungslos funktioniert. Resümierend sei auf jeden Fall der Schluss zu ziehen, dass es sich bei diesem Unternehmen wirklich um mehr, als einen blauen Schriftzug in der Branche der Orthetik und Prothetik handelt. Jahrelange Innovation brachte Otto Bock dorthin, wo

Michaela Wegscheider Michaela.Wegscheider@edu.fh-kaernten.ac.at

es nun steht, aber sicherlich nicht stehen bleiben wird.

literatur Dr. Bock, O. (2011). Produktbilder Otto Bock. Abgerufen am 17. 05 2011 von http://www.ottobock.de/cps/rde/xchg/ob_de_de/ hs.xsl/20536.html Dietl, H. (2009). Ein Blick in die Zukunft. Dialog Österreich Otto Bock , Ausgabe 11, S. 6. Dietl, H. (2010 b). Vom Projekt zum Produkt. Dialog Österreich Otto Bock, Ausgabe 16, S. 1 - 3. Dietl, H. (2010 a). Was uns bewegt. Dialog Österreich Otto Bock, Ausgabe 15, S. 1 - 2. Finanznachrichten Deutschland, 2011. (kein Datum). Abgerufen am 17. 05 2011 von http://www.finanznachrichten.de/ nachrichten-2004-05/3433133-wachstumsstrategie-erfolgreich-otto-bock-firmengruppe-steigert-umsatz-und-ergebnisweltmarktfuehrer-otto-bock-healthcare-gmbh-fokussiert-aufwachst-007.htm

104 | think! | 1 | 2011

Geschäftsführung Otto Bock Wien. (2011). Abgerufen am 31. 05 2011 von http://www.ottobock.at/cps/rde/xchg/ob_at_de/ hs.xsl/8287.html, http://www.ottobock.at/cps/rde/xchg/ob_at_ de/hs.xsl/696.html, 16. 05. 2011. (kein Datum). More than the games. (2011). Abgerufen am 17. 05 2011 von http://www.morethanthegames.co.uk/paralympics/0113774-london-2012-organisers-appoint-second-paralympic-only-sponsor Näder, H. (2010). Begreifen, was uns bewegt. Dialog Österreich Otto Bock , Ausgabe 17, S. 2 - 3. Otto Bock Healthcare Products GmbH. (2011). Pressebericht. Wien: Otto_Bock_Healthcare_Products_GmbH. Otto Bock Österreich. (2011). Otto Bock Österreich, 2011 [Online]. Abgerufen am 09. 05 2011 von www.ottobock.at Otto Bock Österreich. (2009). Zeitreise durch 40 Jahre Otto Bock Österreich. Dialog Österreich, Otto Bock , Ausgabe 11, S. 8 - 9. Otto Bock. (2010). Otto Bock stellt sich vor-Otto Bock Academy, Wien. Dialog Österreich Otto Bock , Ausgabe 15, S. 8 - 9.


PORTRÄT

frauen in der technik:

D

d

Kate Gleason – die Erfinderin des Fertigteilhauses

ate Gleason wurde 1865 in Rochester, New York, als Tochter eines Werkzeugfabrikanten geboren. Bereits mit 12 Jahren arbeitete Kate in der Fabrik ihres Vaters mit 1884 begann sie ein Maschinenbau-Studium an der Cornell Universität, das sie allerdings nicht beenden konnte, da ihr Vater ihre Hilfe in der Firma benötigte. Obwohl das für sie eine große Enttäuschung war, konnte Kate später diesen Schritt als versteckte Fügung betrachten, da sie ohne die Mithilfe in der Firma ihres Vaters niemals die Möglichkeit gehabt hätte, das Werkzeugmaschinengeschäft von der Pike auf zu lernen. Kate wurde zur Hauptbuchhalterin des Unter-

FOTO: ARCHIV

nehmens, bereits mit 25 Jahren zur Vertriebsleiterin. 1893 reiste sie per Dampfschiff alleine durch Europa

neue Herausforderung, die sie in ihre bedeutendste In-

und sicherte in England, Schottland, Frankreich und

novation verwandelte: In den USA fehlte es überall an

Deutschland Aufträge für Gleason Maschinen.

erschwinglichem Wohnraum. Sie überlegte, wie man

Im selben Jahr half sie auch ihrem Vater eine Ma-

die Methoden der Massenproduktion auf die Herstel-

schine zu optimieren, die Kegelradgetriebe produ-

lung von Wohnraum übertragen könnte. Das von ihr

zierte. Dank ihrer Erfindung konnten die Getriebe

entwickelte Verfahren ermöglichte es, Flüssigbeton so

schneller und billiger produziert werden. Kate galt

in Form zu gießen, dass viele Teile eines Hauses vorab

als Verkaufstalent: Aufgrund ihrer ausgezeichneten

in großen Mengen hergestellt werden konnten. Dies

Verkaufserfolge wurden die Gleason Werke auf dem

war die Geburtsstunde des Fertigteilhauses, das Kate

Gebiet der Getriebe-Herstellung führend in den USA.

seit dem Jahr 1921 unter dem Namen „Concrest“ ver-

1917 wurde Gleason als erste Frau in die American

kaufte. Das Haus bestand aus 6 Zimmern und war

Society of Mechanical Engineers, der amerikanischen

mit einem Gasherd, Einbau-Regalen, Spiegeln sowie

Gesellschaft der Maschinenbauingenieure aufgenom-

einem Bügelbrett ausgestattet und blieb dennoch für

men. In Deutschland schloss zu dieser Zeit die erste

eine Arbeiterfamilie erschwinglich.

Diplomingenieurin – Elsbeth Steinheil – ihr Studium

Kate Gleasons Modell-Siedlung mit 100 Concrest-

ab. Von 1917 bis 1919 war Kate Gleason außerdem

Häusern wurde das Vorbild für viele Vorstadt-Siedlun-

als erste Frau Präsidentin der First National Bank of

gen in den USA. Gleason starb 1933 und hinterließ ein

Rochester.

Vermögen, das zu großen Teilen in den Kate Gleason

Nach dem ersten Weltkrieg fand Kate Gleason eine

Fund, eine Stiftung für soziale Zwecke, floss.

think! | 1 | 2011 | 105


„Unser Innovationsmanagement? Das ist ganz einfach – unser Innovationsmanagement ist Josef Zotter“, erklärt uns der Abteilungsleiter der Produktion, als wir die Zotter Schokoladenmanufaktur besuchen. Eine Antwort, die für uns nach fast 3 Stunden Autofahrt zunächst ziemlich unbefriedigend wirkt. Über zahlreiche Hügel und teilweise sehr schmale Straßen hat uns das Navigationsgerät gelotst, bis wir endlich das kleine Dorf Bergl erreicht haben. Wir haben uns alle die gleiche Frage gestellt: Mitten in dieser abgeschiedenen Gegend soll es ein international bekanntes und renommiertes Unternehmen mit über 120 Mitarbeitern geben? Aber wie wir im Laufe des Tages und unserer Recherchen noch feststellen sollten, macht genau diese Regionalität das Unternehmen Zotter aus.

Die Geschichte des Unternehmens beginnt mit der

folgte das Ziel, geschmackliche Vielfalt auf höchstem

Geschichte von Josef Zotter, der 1961 in Feldbach in

Niveau anzubieten. Diese Kombination aus Raffinesse

der Oststeiermark als Bergbauernsohn geboren wur-

und natürlicher Ursprünglichkeit stellte sich schließlich

de. Nach der Lehre zum Koch und Konditor arbeitete

als Erfolgsrezept heraus. Zotter entschloss sich dazu,

er jahrelang im renommierten Hotel Imperial in Wien

eine Schokoladenmanufaktur inmitten der Felder auf

als Patissier. 1987 machte er sich mit einer Kondito-

dem Land in Bergl bei Riegersburg zu errichten, da es

rei in Graz selbstständig – zum ersten Mal. Denn 10

für ihn wichtig war, einen direkten Bezug zum Anbau

Jahre später musste Josef Zotter Konkurs anmelden.

und zur Produktion der Rohstoffe zu haben (vgl. Die

Nicht, weil seine Produkte nicht qualitativ hochwer-

Presse, 09.09.2010; Zotter, 2008, S. 364ff).

Qualität seiner Produkte und kaum bis gar nicht auf

Mittlerweile hat die Zotter Schokoladenmanufaktur

das Management seines Unternehmens konzentrier-

GmbH ein eigenes „Schokoladen-Theater“, wo die

te. Bis zum Jahr 1997 hatte er auf 4 Filialen aufge-

Kunden die Produktion der Schokolade von der Boh-

stockt, die ohne professionelles Management nicht

ne bis zur Tafel – also „from bean to bar“ – verfolgen

mehr zu führen waren. Nach seinem Konkurs war er

und Schokolade in all ihrer durch Josef Zotter verlie-

gezwungen, drei seiner Filialen zu schließen (vgl. Die

henen Vielfalt probieren können. Das Schokoladen-

Presse, 09.09.2010).

theater kann pro Jahr 170.000 Besucher verbuchen. Das kleine Dort Bergl ist damit zum Ort mit der zweit-

1999 beschloss Zotter, sich ausschließlich auf die

höchsten Besucheranzahl in der Steiermark nach

Produktion von Schokolade zu konzentrieren. Zu Be-

Mariazell geworden. Der Umsatz der Zotter Scho-

ginn bestand das Unternehmen Zotter ausschließlich

koladenmanufaktur hat sich seit 2002 verzehnfacht

aus Josefs Ehefrau, seinem Künstlerfreund Andreas

– von 1,3 Millionen Euro auf 14,3 Millionen Euro im

Gratze und ihm selbst. Das kleine Unternehmen ver-

Jahr 2008. Drei Viertel des Umsatzes werden durch

106 | think! | 1 | 2011

FOTOS: zotter, zotter/C.Jungwirth

tig waren, sondern weil er sich ausschließlich auf die


think! | 1 | 2011 | 107


novativer Märkte nachhaltige Erfolge erzielt werden können. Durch Veränderung der Kernelemente eines Marktes durch Eliminierung, Reduzierung, Steigerung und Kreierung von Produktelementen wird ein neuer Markt mit einer neuen Zielgruppe geschaffen. Ausgangspunkt der Betrachtung ist dabei immer der Kundennutzen (vgl. Kim & Mauborgne, 2005, S. 5ff). Durch Josef Zotters teilweise sehr eigenwilligen Schokoladenkreationen hat er Kundenbedürfnisse erzeugt, die vorher nicht existierten und er hat dadurch eine neue Zielgruppe geschaffen. Josef Zotter drückt es so aus: „Ich überlege mir, was ich gern hätte. Und

schokobrunnen im schoko-laden theater

dann versuche ich, Kunden dafür zu finden“ (Die Presse, 09.09.2010). Über 300 verschiedene Schokoladensorten hat Josef Zotter bisher kreiert. Allein

die handgeschöpfte Schokolade erzielt (vgl. Khaire et

im Jahr 2009 gab es 70 Produktinnovationen in der

al., 2010, S. 9).

Zotter Schokoladenmanufaktur. Innovationen, die nie zustande gekommen wären, wenn sich Josef Zotter

Worauf aber basiert der Erfolg von Zotter? Aus der

auf den bereits existierenden Schokoladenmarkt kon-

Sicht von Josef Zotter baut sein strategisches Ge-

zentriert hätte. Das „Mehr-aus-Schokolade-Machen“

schäftsmodell einfach darauf auf, dass er aus Scho-

ist mittlerweile genau das, was die Kunden von Zot-

kolade mehr machen will, als sie ist. Aus der Sicht

ter berührt und was sie haben wollen (vgl. Die Presse,

des Innovationsmanagements hat Josef Zotter eine

09.09.2010; Zotter, 2008, S. 363).

Blue Ocean Strategie gewählt. Dieser von W. Chan Kim und Renée Mauborgne entwickelte Ansatz zur

Doch nicht nur beim Produkt selbst wählt Zotter

Geschäftsmodellentwicklung basiert auf dem Grund-

einen anderen Ansatz als andere Schokoladeprodu-

gedanken, dass nur durch die Entwicklung neuer in-

zenten, sondern bspw. auch in Bezug auf Sortiment, Einkauf und Marketing (vgl. auch Tabelle Schokola-

a u s z eich n u n g en ( a u s wa h l)

denproduktion: Standard versus Zotter). Zotter setzt auf Vielfalt, wo sich andere auf Bestseller konzent-

Nachhaltigster Unternehmer 2010

sondern höchste Qualität zu fairen Preisen und fairen

Lebensart Österreich

Bedingungen. Und genau dieser Ansatz übernimmt

Einladung an die Harvard-University

schließlich das Marketing: Seine Innovationskraft,

erste österreichische Fallstudie im

die Ideen am laufenden Band produziert, hat ihm ein

Harvard-Lehrplan

enormes Medienecho verschafft. Zusätzlich setzt Zotter auf Mundpropaganda als Marketinginstrument:

Bester ausländischer Schokoladen-

Seine ausgefallenen Schöpfungen wie bspw. Gram-

hersteller 2007

melschokolade oder Fischgummischokolade wecken

Eurochocolate Award, Perugia

Aufmerksamkeit. Auch wenn diese besonders eigentümlichen Kreationen möglicherweise zunächst nur

Leitbetrieb für KMU in Österreich

von einer kleinen Kundengruppe wirklich gekauft und

Europäische Kommission

gegessen werden – Gesprächsstoff bieten sie allemal.

108 | think! | 1 | 2011

FOTOS: zotter/h. lehmann

rieren. Sein Fokus beim Einkauf sind nicht Kosten,


zotter | Schokoladenproduktion: Standard versus Zotter

QUELLE: ZOTTER 2008

Standard

Zotter

Produktsortiment

Fokus auf Besteller

Fokus auf Vielfalt

Verpackung

Einheitlich

Individuelles Design für jede Geschmacksrichtung

Einkaufsstrategie

Fokus Kosten

Fokus Qualität

Bezug Rohstoffe

Zwischenhändler

Individuelle Verhandlungen mit Rohstofflieferanten

Marktforschung

Befragung, Produkttest, etc.

Keine Marktforschung

Marketing

Nutzung aller Instrumente

Kein klassisches Marketing

Wachstums-

Marktanteilsstreben

Kein Marktanteilsstreben –

Strategie

Fokus Unternehmensstabilität

Josef Zotter hat weder einen Business Plan, noch betreibt er Marktforschung. Zotters unkonventioneller Zugang zu betriebswirtschaftlichen Grundprinzipien – bzw. deren Nichtbeachtung – hat 2009 sogar die Harvard University neugierig gemacht. Nun gibt es im Lehrplan der Elitestudierenden eine eigene „ZotterCase-Study“. Seit 2010 betreut er auch zwei Klassen in Harvard, teilweise per Videokonferenzschaltung mit Simultanübersetzung aus der Schokoladenmanufaktur in Bergl (vgl. Die Presse, 15.02.2011; Zotter, 2008, S. 363ff).

„Marktforschung ist etwas Grausliches. Soll ich den Kunden fragen, ob er Fischgummischokolade kaufen würde? Darunter kann sich niemand etwas vorstellen.“ Josef Zotter chen Wachstumsrate zwischen 4 und 5 Prozent (vgl.

Bevor wir näher auf den Innovationsprozess bei Zot-

Khaire, Aichinger, Hoffmann & Schnoedel, 2010, S.

ter eingehen, möchten wir den Markt, auf dem sich

6). Der Schokoladenkonsum variiert international sehr

das Unternehmen befindet, näher betrachten und so

stark, wobei vor allem Westeuropa einen hohen Pro-

zum Innovationsmanagement in der Schokoladenma-

Kopf-Schokoladenverbrauch aufweist. So essen etwa

nufaktur hinführen.

Deutsche und Schweizer ca. 10 kg Schokolade pro

S cho ko la d en ma r kt a n a lys e

Jahr. In der EU-27 betrug der Schokoaldenkonsum im Jahr 2007 2.466.000 Tonnen und ist damit im Vergleich zu den Vorjahren leicht gestiegen (vgl. Caobisco

Die erste Form von Schokolade wurde schon von

2008; International Cocoa Organization, 2006).

den Azteken und Mayas vor über 2000 Jahren produ-

Der österreichische Schokoladenmarkt wies im Jahr

ziert und kam als Kakaogetränk um 1500 durch spa-

2008 eine Größe von 314 Millionen Euro auf. Das jähr-

nische Konquistadoren erstmals nach Europa. Mitte

liche Wachstum beträgt seit 2006 ca. 1 Prozent pro

des 18. Jahrhunderts wurde Schokolade erstmals in

Jahr. Etwa die Hälfte der Verkäufe wird in Österreich

fester Form produziert und wurde unmittelbar danach

durch Schokoladetafeln und -riegel

weltweit populär (vgl. Khaire, Aichinger, Hoffmann &

wobei dieses Segment stärker als der Gesamtscho-

Schnoedel, 2010, S. 6).

koladenmarkt wächst. In den letzten Jahren gab es in

erwirtschaftet,

Im Jahr 2008 betrugen die weltweiten Schokola-

Österreich einen starken Trend zu dunkler Schokolade

denumsätze über 41 Milliarden Euro mit einer jährli-

mit hohem Kakaoanteil (vgl. Khaire et al., 2010, S. 8).

think! | 1 | 2011 | 109


Laut der Konsumerhebung 2009/10 durch die Statistik Austria konsumiert jeder Österreicher im Durchschnitt 0,8 kg Schokolade pro Monat, was monatlichen Pro-Kopf-Ausgaben von 9,3 Euro entspricht. Bei den Gesamtausgaben der Haushalte entfallen 0,4 Prozent auf Schokolade. (vgl. Statistik Austria, 2011)

M a r kts eg ment i er u n g Der Schokoloadenmarkt kann anhand vielfältiger Kriterien segmentiert werden, wobei Schokoladeprodukte v.a. nach Zutaten, Verarbeitungsmethode, Geschmack und Preis sowie nach Premiumprodukten und Massenprodukten eingeteilt werden. Der Schokoladenmarkt weist zahlreiche Spezialisierungen auf, wobei sich Zotter in zwei spezialisierten Marktsegmenten bewegt: Fair Trade und Bio-Schokolade, die beide als Wachstumsmärkte gelten (vgl. Khaire, 2010, S. 7; Meixner, 2007, S. 34f). Im Folgenden sollen diese beiden Märkte kurz skizziert werden. Fair Trade Unter fairem Handel wird im Schokoladenmarkt ein möglichst direkter Handel zwischen den Produzenten, also den Kakaobauern, und den Herstellern von Schokolade verstanden. Das Geschäftsmöglichst fairen Preis für ihre Rohstoffe erhalten. Um

Bio-Schokolade In vielen Gebieten wird Kakao un-

das Fairtrade-Gütesiegel zu erhalten muss zusätzlich

ter kontrolliert biologischen Bedingungen hergestellt,

sichergestellt werden, dass das Endprodukt strengen

um eine nachhaltige Bewirtschaftung zu sichern. Ein

sozialen, ökonomischen und ökologischen Standards

Großteil des Fair Trade Kakaos wird bereits biologisch

entspricht (vgl. Fairtrade Österreich, 2011; Meixner,

produziert. Dabei werden die Grundsätze des biolo-

2007, S. 34f). Der Fair Trade Anteil am internationalen

gischen Landbaus verfolgt, die in der EU-Verordnung

Schokoladenmarkt ist noch sehr gering und liegt bei

für biologischen Landbau geregelt sind (vgl. Meixner

unter einem Prozent. Schätzungen gehen für Öster-

2007, S. 37). Der Bio-Schokoladenmarkt wies zwar im

reich davon aus, dass der Anteil der Fair Trade Scho-

Jahr 2005 eine eher geringe Größe von 214 Millionen

koladenprodukte 2008 bei ca. 5 Prozent des Gesamt-

Euro auf, allerdings gilt dies als Wachstumssegment

schokoladenmarktes lag, was einem Wachstum von

mit jährlichen Zuwachsraten von über 20 Prozent (vgl.

400 Prozent gegenüber 2003 entspricht (vgl. Kheiver

Kheiver, 2010, S. 8). Auch in Österreich gibt es bis-

et al., 2010, S. 8). Dieses Wachstum kann in einem

her nur einen geringen Anteil von Bioschokolade, der

hohem Maße auf Josef Zotter zurückgeführt werden,

Großteil davon wird durch Zotter vertrieben. Bei Zotter

der seit 2004 fester Lizenzpartner von Fair Trade Ös-

wird nicht nur der Kakao aus biologischer Landwirt-

terreich ist (vgl. Zotter, 2011) und mittlerweile 90 Pro-

schaft bezogen, sondern auch alle anderen Zutaten

zent Marktanteil am österreichischen Fair Trade Scho-

für die Schokoladen. Somit ist das gesamte Zotter-

koladenmarkt besitzt (vgl. Kheiver et al., 2010, S. 8).

Sortiment biologisch (vgl. Zotter, 2011).

110 | think! | 1 | 2011

FOTOS: ZOTTER/C.Brück /FAIRTRADE, ZOTTER/H. LEHMANN

prinzip baut darauf auf, dass die Produzenten einen


zotter | „Für uns war es wichtig, kein Spartenprodukt mit Bio-Label herzustellen, sondern ganzheitlich, sprich das gesamte Sortiment, umzustellen. Da wir von Beginn an auf Qualität und Regionalität gesetzt und auf Konservierungsmittel, künstliche Aromen und dergleichen Glanzstoffe der ChemieIndustrie verzichtet haben, war Bio für uns ein konsequenter Weg.“

T r en d s im S ch o ko la d en m a r kt Der Schokoladenmarkt kann per se als als innova-

Josef Zotter

tiv bezeichnet werden. Ein Drittel aller Schokoladenprodukte bleibt nicht länger als fünf Jahre auf dem

de dar. Der Begriff wurde maßgeblich von Josef Zotter

Markt (vgl. Meixner 2007, S. 40). Es lassen sich in den

geprägt (vgl. Zotter, 2011). Handgeschöpfte Schoko-

letzten Jahren zahlreiche Trends beobachten, die hier

lade ermöglicht es v.a. kleineren Herstellern sich durch

kurz dargestellt werden sollen.

innovative Produkte und Geschmackskreationen von

Zunächst ist ein starker Trend zu nachhaltiger Produktion und fairem Handel auszumachen, was anhand der Analyse der beschriebenen Wachstumsmärkte Fair Trade und Bioschokolade hervorgeht.

der Masse der Großproduzenten abzuheben (vgl. Keppler, 2004). Auch bezüglich der Verpackung von Schokolade lassen sich Trends erkennen. So wird verstärkt auf

Der in allen Bereichen zunehmende Gesundheits-

edle und individuelle Verpackungen gesetzte, die

trend spiegelt sich auch im Schokoladenkonsum wi-

Schokolade zu einem exquisiten kleinen Geschenk

der. So gewinnt dunkle Schokolade mit hohem Ka-

machen (vgl. Foodaktuell, 2006).

kaoanteil sowie niedrigerem Fett- und Zuckeranteil verstärkt an Marktanteilen. Der Zuwachs an Verkäufen

Betrachtet man die Entwicklung in Bezug auf das

von dunkler Schokolade stellte in den letzten Jahren

Sortiment der Zotter Schokoladenmanufaktur, so fällt

den Haupttreiber des Schokoladenmarktwachstums

auf, dass Zotter auf diese Trends – bewusst oder un-

dar (vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.10.2006;

bewusst – hervorragend reagiert. Josef Zotter gilt in

Kheiver et al, 2010, S. 7).

Bezug auf alle erwähnten Trends als Vorreiter. Bei-

Der Gesundheitstrend hat u.a auch den Trend zu

spielsweise lässt sich der Begriff „handgeschöpft“ auf

edleren Schokoaldenprodukten verstärkt, da solche

Josef Zotter zurückführen (vgl. Zotter, 2011). Auch

Premiumprodukte meist einen höheren

Gehalt an

wenn er selbst sagt, dass das Aufgreifen dieser Trends

dunkler Schokolade aufweisen. Außerdem sind exo-

rein intuitiv und aus seiner eigenen Überzeugung he-

tische Variationen verstärkt gefragt (vgl. Foodaktuell,

raus erfolgt ist, so ist es aus der Betrachtungsweise

2006; Kheiver et al., 2010, S. 7).

des Innovationsmanagements doch eine sehr erfolg-

Ein weiterer Trend stellt handgeschöpfte Schokola-

reiche Pionierstrategie. Er kann bei einem Großteil sei-

think! | 1 | 2011 | 111


ner Produkte als First-Mover auf dem Markt auftreten,

2007 erhöht (vgl. Abb. Entwicklung der Marktanteile).

was ihm strategische Wettbewerbsvorteile verschafft.

Damit liegt Zotter an 9. Stelle.

Zotter kann v.a. von folgenden zwei Vorteilen eines First-Movers profitieren:

In der Marktnische der Fair Trade Schokoladen ist Zotter jedoch eindeutig Marktführer. Von 5 Prozent

Durch das große Plus an Erfahrung im Umgang mit

des Fair Trade Marktanteils am Gesamtmarkt hält

der Innovation kann der First-Mover im Vergleich zu

Zotter 4,1 Prozent. Der stärkste Konkurrent in die-

Unternehmen, die später in den Markt eintreten, ein

sem Bereich ist EZA. Diese Organisation setzt im

größeres Fachwissen erwerben. Erfahrungskurven-

Verkauf jedoch verstärkt auf die Herkunftsbetonung

vorteile können dadurch schneller gesammelt wer-

und im Vergleich zu Zotter weniger auf innovative Ge-

den (Johnson, Scholes & Whittington, 2011, S. 419).

schmackskreation und –vielfalt (Kheiver et al., 2010,

Beispielsweise war Josef Zotter einer der ersten, der

S. 9). Als Markführer muss Zotter ständig mit der Ko-

abgesehen von EZA (Organisation für Entwicklungs-

pie seiner strategischen Erfolgsfaktoren durch andere

zusammenarbeit) fair gehandelten Kakao für die

Schokoladenproduzenten rechnen (vgl. Kühlmann,

Schokoladenproduktion verwendet hat und direkt

2003, S. 143). Als Innovationsstrategie sollte daher

mit den Kakaobauern in Handel getreten ist. Dadurch

weiterhin der First-Mover-Ansatz gewählt werden, um

hat Zotter mittlerweile ein sehr gut etabliertes Netz an

durch Innovationen ständig neue Erfolgspotenziale zu

Rohstofflieferanten, die auf Zotter zugeschnittene Ka-

generieren.

kaosorten in höchster Qualität anbieten.

Ob ein Innnovationsmanagement bei Zotter überhaupt existiert und wie dieses ausgestaltet wird,

Zudem kann sich ein First-Mover rasch eine gute Reputation erwerben und diese v.a. langfristig halten, da er in den Köpfen der Verbraucher viel Platz ein-

möchten wir im Folgenden diskutieren.

I nnov at ionsproze ss j a ode r ne in

nimmt, sodass es spätere Marktteilnehmer schwerer haben, da bswp. eine bestimmte Geschmacksrich-

„Unter Innovation versteht man ganz allgemein eine

tung immer mit dem First-Mover in Verbindung ge-

Neuheit, eine neuartige Verknüpfung von Mitteln und

bracht wird (Johnson, Scholes & Whittington, 2011,

Zwecken. Ihr liegt eine Idee zugrunde“ (Voigt, 2007,

S. 419). Ein Beispiel dafür ist die Chilli-Schokolade,

S. 369).

die erstmals von Zotter produziert wurde. Mittlerweile

Innovationen entscheiden häufig über Erfolg oder

wird diese Geschmacksrichtung von vielen Schokola-

Misserfolg eines ganzen Unternehmens. Ein Begriff,

denherstellern angeboten. Mit Chilli-Schokolade wird

der nicht selten klar scheint und sich dann dennoch

jedoch noch immer Zotter assoziiert.

häufig als schwer erreichbar entpuppt. Durch das Vor-

M itb ewerb er

anstellen des Wortes „Prozess“ wird schnell klar, dass es sich hier keinesfalls um etwas Statisches handelt, sondern etwas, das sich immer weiterentwickelt und

Der größte Schokoladenproduzent in Österreich ist Kraft Foods mit einem Marktanteil von 38,5 im Jahr

damit (hoffentlich) lebendig im Unternehmensalltag auftaucht.

2007, wobei der Hauptumsatz mit der Marke Milka

Wie kann es aber sein, dass genau dieser Bereich

erzielt wurde. Ferrero, Lindt & Sprüngli, Mastfoods

eines Unternehmens einer ist, der solch enorme Aus-

und Nestle befinden sich auf den Plätzen 2 bis 5. Seit

wirkungen im gesamten Wirtschaftsprozess erzielt

2003 ist Zotter ebenfalls unter den größten 10 Scho-

und wie hat Josef Zotter diesen Prozess verstanden?

koladenproduzenten in Österreich zu finden. Seitdem

Die Aufgaben des Innovationsprozesses werden aus

hat sich der Marktanteil von Zotter am Gesamtscho-

wissenschaftlicher Sicht, wie folgt definiert: „...ers-

koladenmarkt von 0,9 Prozent auf 4,1 Prozent im Jahr

tens die Produkte und/oder Leistungen, mit denen

112 | think! | 1 | 2011


der Industriebetrieb seine Werte generieren will, zu konzipieren, marktreif zu entwickeln und erfolgreich in den Markt einzuführen, und zweitens, die Wertschöpfungsprozesse, soweit sie von Unternehmen überhaupt beeinflusst werden können, zu verändern oder neu zu gestalten ...“ (Voigt, 2007, S.372). Anhand dieser Definition wird mit einem Mal klar, dass dieser Prozess in Wahrheit das gesamte Unter-

zotter | „Ich habe mich trotz alledem für meinen Weg entschieden, weil man als Unternehmer das machen muss, woran man glaubt“ Josef Zotter

nehmen in seinen verschiedensten Bereichen erfasst, durchdringt und prägt. Somit können sich ohne Zwei-

Der Leitgedanke Josef Zotters war von Beginn an

fel all jene, die es verstanden haben den Innovations-

jener, „...mehr aus Schokolade zu machen, als sie üb-

prozess „richtig“ umzusetzen zu den Gewinnern ihrer

licherweise ist“ (Zotter, 2008, S. 453.) Dies führte in

Branche zählen. Fakt ist: Jene Unternehmen, die neue

weiterer Folge natürlich auch dazu sein Tätigkeitsfeld,

Produkte auf den Markt bringen, haben bewusst oder

also die Schokoladenproduktion zu definieren. Josef

unbewusst einen Innovationsprozess durchlaufen –

Zotter erweiterte das „mehr aus Schokolade“ zu ei-

eventuell gilt es, ihn aus den verschiedensten betrieb-

nem „mehr an Fairness, mehr an Bio, und mehr an

lichen Prozessen herauszufiltern und als solchen klar

Luxus.“(vgl. Zotter, 2008, S. 453) Die in der Grafik als

zu definieren.

Innovationslogik 1 bezeichnete Positionierung passt

D er I n n o vatio n s p r o z es s i n d er Z o t t er Sch o ko la d en ma n u fa kt u r Gm bH

wie maßgeschneidert auf das Unternehmen Zotter und definiert eines der zentralsten Themen des Innovationsprozesses dieses einzigartigen Unternehmens (vgl. Bailom, 2010, S. 22).

DIe Frage der Bedeutsamkeit des Innovationsprozesses geklärt, soll das Augenmerk auf die wirklich außergewöhnliche Umsetzung des Innovationsprozesses anhand des Unternehmens der Zotter Schokoladenmanufaktur betrachtet werden. Basierend auf dem IMP-Modell werden jene innovativen und zentralen Vorgänge des Unternehmens fokussiert, welche die Einzigartigkeit des Unternehmens definieren. Außerdem sollen Erfolgspotenziale herausgefiltert

„Ich bin fest davon überzeugt, dass nur ein geerdetes Unternehmen, ein Unternehmen, das sich klar zur Gesellschaft positioniert, erfolgreich sein kann“ Josef Zotter

werden um so zentrale Aspekte des Unternehmens sichtbar zu machen.

Als klassischer Querdenker leitete Josef Zotter die „Zotterära“ ein. Anders als seine Konkurrenz setzte der Chocolatier auf „Vielfalt durch Eigenart“. Egal ob in Bezug auf das eigentliche Verkaufsprodukt - die Schokolade - oder die einzigartige Verpackung jeder einzelnen Geschmacksrichtung: Diese neuartigen Ideen und die zugehörigen Prognosen sahen anfangs düster aus. Um allerdings noch einmal auf den Begriff der Position Bezug zu nehmen, wird klar, dass Josef Zotter nicht anders konnte als diesem zum Scheitern verurteilten Konzept zu folgen. Seine persönliche in-

think! | 1 | 2011 | 113


nere Einstellung voll und ganz hinter seinen Produkten stehen zu können, stellte schon damals (und noch immer) einen bedeutenden Faktor in der Produktion seiner Schokolade dar. Genau diese Positionierung, dieser Mut und diese Tatsache, die Zukunft nicht berechnen zu können, stellten die Weichen für dieses völlig neuartige Unternehmenskonzept, das sich heute als enorm erfolgreich erweist (vgl. Zotter, 2008, S. 453f). Positionierung auch im Sinne eines nur produzieren was für Josef Zotter Sinn macht, bei gleichzeitig vorhandener Überzeugung zu wissen was gut ist, lässt den Unternehmer in manchen Augen arrogant wirken. Dennoch, sein Konzept überzeugt und der klar definierte Weg weist in eine vielversprechende Richtung, welche auch Kunden in den Bann zieht. Weder Produktentwickler noch eine Marketingabteilung unterstützen den innovativen Unternehmer, der Erfolg des Unternehmens steht und fällt mit Josef Zotters Ideenschöpft zu sein. (vgl. Klausl, 2010, S. 89ff). Aber auch Einstellungen und Werte, die das Unter-

Die zweite bedeutende Innovationslogik stützt sich wie in der Grafik dargestellt auf vier Hauptsäulen der einzigartigen Geschäftslogik, und zwar:

nehmen nach außen klar repräsentiert, öffnen mehr

Leistungsangebotslogik

Türen als sie schließen. Die Überzeugung bio, fair, re-

Wertschöpfungslogik

gional und qualitativ hochwertig zu produzieren wirkt

Vermarktungslogik

natürlich in der Folge auf den Preis der Schokolade

Erlöslogik (vgl. Bailom, 2010, S. 22)

und ist damit nicht für jedermann attraktiv. Dieses

Aus der Sicht Zotters sollen sollen diese Bereiche ei-

Konzept muss man mögen, um es zu unterstützen.

nen Einblick geben, wie andersartig das Unternehmen

Mit dem Kauf einer Zotterschokolade setzt auch der

Zotter denkt und handelt.

Kunde ein klares Zeichen.

L e ist ungsange bot sl ogik Dieses Statement drückt das Zentrum des Leistungsprozesses bei Zotter aus. Nicht die Herausbildung einzelner Bestseller, welche bis auf das Letzte ausgequetscht werden stellt die Unternehmensfokussierung dar, sondern die Entwicklung eines Sortiments, das sich durch die Kombination unterschiedlichster Aromen präsentiert. Diese Verknüpfungen und die damit verbundenen Geschmackserlebnisse waren bereits von Beginn an jener Weg den Zotter aus Überzeugung beschritt. Über 300 verschiedene

114 | think! | 1 | 2011

FOTOS: ZOTTER/ButterundBrot Fotografie

pool und dieser scheint bei Weitem noch nicht ausge-


zotter |

„Der Aufbau eines Sortiments, das sich nicht auf Bestseller konzentriert, sondern auf Vielfalt setzt, war undenkbar“ Josef Zotter Geschmacksrichtungen und laufende Entwicklung neuer Kreationen (von etwa 100 Ideen jährlich werden tatsächlich ca. 60 Sorten entwickelt) sind zentrale Elemente bei der Entwicklung eines einzigartigen, zukunftsfähigen und stimmigen Leistungsangebotes

W e rt sc h ö pf ungsl ogik

(vgl. Kausl, 2011, S. 89). Die Innovation, welche diesbezüglich derzeit im Mittelpunkt steht, ist Schokola-

Der Wertschöpfungsprozess vollzieht sich abermals

de aus Früchten bei höchster Qualität. Aber nicht nur

anhand der allumfassenden Strategie des Unterneh-

das enorme Angebot und die speziellen, innovativen

mens, mit dem Fokus auf hohe Qualität. Von Beginn

Schokoladen stellen eine Besonderheit des Leistungs-

an war klar, dass künstliche Aromen, Konservierungs-

angebotes dar, sondern auch die gewählte Strategie

mittel sowie Stabilisatoren bei Zotter niemals Einzug

im Umgang mit Bestsellern ist einzigartig. Im Gegen-

halten würden. Natürlichkeit, Ursprung und Raffinesse

satz zur häufig verfolgten Strategie die gegenwärtigen

sind zentrale Punkte hinsichtlich der im Unternehmen

Cash-Cows zu melken wählt Zotter einen anderen An-

Zotter vorherrschenden Wertschöpfungsarchitektur.

satz. Die Bestseller werden nicht abgeschöpft, son-

Der Produktionsablauf „from bean-to-bar“, der die ge-

dern aus dem Sortiment genommen. Wie kommt man

samte Produktion in- anstatt outsourced steht wieder

auf so eine Idee? Genau solche Fragen gehen einem

im Gegensatz zur meist von anderen Unternehmen

bei der Geschäftslogik von Zotter ständig durch den

verfolgten Strategie. Die gesamte Produktion erfolgt in

Kopf. Mit der Antwort wird allerdings die Genialität die-

der eigenen Schokoladenmanufaktur in Riegersburg,

ses Ansatzes offensichtlich und die unmittelbare Nähe

inmitten von Wiesen und Feldern. Zotterschokolade

zur alles durchdringenden, bereits diskutierten Positi-

wird durch regionale Mitarbeiter hergestellt, von rein

onierung des Unternehmens ein weiteres Mal klar. Gut

biologischen und fair-trade gehandelten Kakaoboh-

verkaufte Schokoladen zählen lt. Josef Zotter auch zur

nen bis hin zur fertigen Schokoladentafel. Damit aber

größten Bedrohung für das Unternehmen, denn deren

nicht genug, denn dem Kunden soll noch etwas an-

Verkaufszahlen sinken mit Sicherheit irgendwann. Im

deres geboten werden, wofür Zotter steht - Transpa-

Gegensatz dazu bieten schlechter verkaufte Produkte

renz. Das Unternehmen ermöglicht den Kunden einen

noch Potenzial, das es zu nutzen gilt. So verfolgt diese

genauen Einblick in die Produktion seiner beliebten

Strategie den Ansatz, die Kunden zu animieren etwas

Schokolade. Was andere Unternehmen oft scheuen,

Neues zu probieren – sich auf etwas Unbekanntes

stellt Zotter in den Mittelpunkt. Als „Schokoladenthe-

einzulassen und es dann vielleicht auch erst nach acht

ater“ wird der Produktionsbetrieb zum öffentlichen

bis zehn Jahren als gut zu beurteilen, wie es zum Bei-

Schauplatz für potentielle Abnehmer. Jährlich besu-

spiel bei der Schweinsgrammelschokolade der Fall ist

chen in etwa 170. 000 Kunden die Schokoladenma-

bzw. war (zur Zeit eine der meistverkauften Schokola-

nufaktur. So kann auch ein direkter Kundenkontakt

den). Somit eröffnet sich dadurch ein bis dahin noch

hergestellt werden, welcher sonst häufig verwendete

unbekannter Erfolgsfaktor (vgl. Kausl, 2011, S. 92).

teure Kundenbefragungen für Zotter unbedeutend

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und überflüssig macht. Aber auch jener wichtige Punkt eines für Zotter unumgänglichen, ganzheitlichen Denkens darf an dieser Stelle keinesfalls außer Acht gelassen werden, denn Produktion in Österreich, Beschäftigung regionaler Mitarbeiter und die Verwendung regenerativer Ressourcen, sowie die Verarbeitung regionaler Produkte werden in diesem Unternehmen groß geschrieben (vgl. Zotter, 2008, S. 454ff).

V ermar ktu n g s lo g i k Mit dem Ansatz, keine Marktforschung und kein herkömmliches Marketing zu betreiben, steht Zotter abermals im Gegensatz zu vielen anderen Schokoladenproduzenten und vermutlich auch zu vielen Unternehmen anderer Branchen. Wer kann so etwas von sich behaupten, keine Werbung nötig zu haben und warum? Josef Zotter schafft es durch seine Innovationen die Medien auf sich aufmerksam zu machen und bringt sie bewusst oder unbewusst dazu, über ihn und sein Unternehmen zu berichten. Aber auch das Schokoladentheater und die daraus resultierende

jeder Händler der Schokolade sein persönliches Ge-

Mundpropaganda der Kunden kommen ihm zu Gute

sicht verleiht. So kommt es zum vorwiegenden Ver-

und ersetzten andere teure Werbemaßnahmen. Bei

kauf an Süßwaren- und Naturfachkostgeschäfte so-

Zotter zahlt nicht das Unternehmen für das Marke-

wie auch an Weltläden. Diese Vermarktungslogik baut

ting, sondern der Kunde: Für den Besuch im Scho-

also auf kleine Strukturen und auf das Vertrauen in das

koladentheater zahlt jeder Interessierte zehn Euro.

Produkt selbst (vgl. Zotter, 2008, S. 454ff).

verwehrt sich auch dagegen, an große Retailer und

E rl ö sl ogik

Supermärkte zu verkaufen – ein breites Vertriebsnetz mit ca. 4.000 Vertriebspartnern zeichnet das Unter-

Es kommt einem beinahe kitschig vor, aber natür-

nehmen aus. Verfolgt wird dabei der Gedanke, dass

lich ist auch in Bezug auf die Erlöse bei Zotter wieder

„Wir haben das dann auch einfach so laufen lassen und keinerlei Marketinginstrumente eingesetzt, um unsere Schokoladen zu lancieren. Der Kult ist rein durch Mundpropaganda entstanden“

einmal alles anders, als es sonst im Wirtschaftsalltag

Josef Zotter

doch teuren Produktion in Österreich, dem Kauf von

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eigentlich üblich ist. Der Antrieb für die Schokoladenproduktion ist laut Aussagen Josef Zotters keinesfalls die Gewinnmaximierung, sondern die Möglichkeit, dass Produktion auch anders als bekannt aussehen kann. Im Zentrum der Erlöslogik steht nicht die kurzfristige Gewinnmaximierung, sondern nachhaltige Investitionen. Wie der Unternehmer durch sein Verhalten glaubhaft darstellen kann - egal ob mit der

FOTOS: ZOTTER/ButterundBrot Fotografie

Damit aber nicht genug, denn der Schokoladenfürst


zotter |

Fair-Trade Kakaobohnen, oder dem Engagement in verschiedensten Projekten wie zum Beispiel der „Caritas-Schokolade“ um nur einige seiner Steckenpferde zu nennen - ist es ihm wichtig, faire Preise für alle zu erzielen und das bei Verfolgung höchster Qualität. Der Preis seiner Schokolade ist berechtigt. Der Kunde bezahlt den Genuss, die Regionalität, die Nachhaltigkeit und den Umweltschutz und gleichzeitig findet ein Verzicht auf hohe Gewinnspannen statt (vgl. Zotter, 2008, S. 455f). Blickt man also auf all diese Elemente des Zotter Geschäftsmodells ist es offensichtlich: Dieses Unternehmen ist anders. Es präsentiert sich anders. Es arbeitet

Die Grafik zeigt eine Übersicht, wie der Innovati-

anders. Es verkauft sich und beeindruckt anders. Kurz

onsprozess im Unternehmen Zotter in etwa aussieht.

gesagt, Josef Zotter ist unbestreitbar ein Querdenker

Bereits hier wird klar, dass Josef Zotter derjenige ist,

und Idealist mit scheinbar extrem starken Werten und

der beginnend bei der Erfindung über die eigentliche

Normen. Er scheut sich nicht im geringsten davor, Po-

Innovation bis hin zur Diffusion jener ist, der die Zügel

sition zu beziehen und öffentlich zu machen, was sein

in den Händen hält.

Gedankengut ist. Klare Strukturen und Kompetenzab-

Ist so ein - überspitzt gesagt - „Personenkult“ das,

grenzung sowie das Verfolgen seines aus Überzeu-

was ein erfolgreiches Unternehmen und einen erfolg-

gung entstandenen Weges prägen sein Handeln und

reichen Innovationsprozess ausmacht? Braucht man

wirken auf viele mit ihm verbundene Bereiche ein. Das

eine besondere Person, um so erfolgreich werden zu

Ideal eines natürlichen, bewussten Umganges mit der

können? Was passiert, wenn er nicht mehr da ist?

Natur boomt. Die Kunden sind derzeit tatsächlich be-

Dies alles sind Fragen, die sich im Laufe dieser Re-

reit für eine Tafel Zotterschokolade mehr zu bezahlen

cherche aufgedrängt haben und deren Antworten mit

als am Markt üblich. Ob das so bleibt?

Sicherheit lediglich erahnt werden können. Fakt ist,

W a s wär e wenn ?

dass im Unternehmen Zotter vor allem der Geist des impliziten Wissens einer einzigen Person vorherrscht. Implizites Wissen ist jenes, das sich schwer weiter-

Josef Zotter ist ein Mann der beeindruckt und es

geben lässt und implizites Wissen ist auch jenes, das

sieht so aus, als würde sein Unternehmen mit ihm ste-

häufig über den Erfolg gewisser Prozesse entschei-

hen und fallen. Er glänzt durch seine Ideen der Anders-

det. Josef Zotter ist Träger dieses impliziten Wissens.

artigkeit, der Natürlichkeit und scheint ein Mensch zu

Nur er bestimmt, mit wem er es teilt. Fakt ist aber

sein, der andere durch seine Innovationskraft in seinen

auch, dass ihn implizites Wissen und Intuition auf die-

Bann ziehen kann. Dies alles zählt zu den Erfolgsfak-

sen erfolgreichen Kurs gebracht haben. Spricht man

toren: Authentizität + Querdenken + klare Position =

mit Mitarbeitern seines Betriebes fällt sein Name im

Josef Zotter. Er ist derjenige, der die Ideen für Innova-

10 Sekunden Takt. Schafft er es, sein Erfolgsrezept

tionen hat und der offenbar intuitiv weiß, wie es funkti-

an seine Kinder in dem Maß weiterzugeben, wie er es

oniert. Sooft man in diesem Artikel seinen Namen liest,

erfahren hat, wird es mit Sicherheit nicht schwer, die

sooft hört man ihn auch in der Schokoladenmanufak-

Erfolgsgeschichte eines völlig anderen Unternehmens

tur bzw. in der Presse – der Mann ist bereits jetzt ein

fortzuschreiben - Josef Zotter ist bereits heute eine

Phänomen.

Legende.

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literatur

autoren

Dr.Bailom F. (2010): Was Top Unternehmen anders machen: Innovate your Innovation Management, Präsentation am Innovationskongress (10.11.2010), Der Standard (22.03.2007): Steirischer Chocolatier Zotter setzt auf „faire Schokolade“, online verfügbar unter http://derstandard. at/1939593?sap=2&_seite=-3 [letzter Zugriff am 25.05.2011] Die Presse (22.02.2011): 50 Jahre Zotter: Konkurs, Harvard und Bioschoko, online verfügbar unter http://diepresse.com/home/ leben/ausgehen/634176/50-Jahre-Josef-Zotter_Konkurs-Harvardund-Bioschoko [letzter Zugriff am 12.06.2011]

Doris Lichtenberger, Bsc Doris.Lichtenberger@edu.fh-kaernten.ac.at

Die Presse (09.09.2010): Die zwei Leben des Josef Zotter, online verfügbar unter http://diepresse.com/unternehmen/austria10/593432/Die-zwei-Leben-des-Josef-Zotter [letzter Zugriff am 13.06.2011] Foodaktuell (14.10.2006): Schokoladentrends, online verfügbar unter http://www.foodaktuell.ch/index2.php?db=freport&nr=189& PHPSESSID=6128f83e941dc93acf1af6bae8215077 [letzter Zugriff am 24.05.2011] Frankfurter Allgemeine Zeitung (30.10.2006): Schokoladensortiment: Die Schokolade wird öko, bitter und gesund, online verfügbar

Daniel Nedved, Bsc Daniel.Nedved@edu.fh-kaernten.ac.at

unter http://www.faz.net/artikel/S31151/schokoladensortimentdie-schokolade-wird-oeko-bitter-und-gesund-30018015.html [letzter Zugriff am 25.05.2011] Glitzner, M. (2007): Innovation in the context of „Zotter Schokoladen Manufaktur GmbH“, Grin Verlag, Wien. HomBorg (2011): Biologischer Kakaoanbau für „Bio-Schokolade“, online verfügbar unter http://www.theobroma-cacao.de/wissen/ wirtschaft/kakaoanbau/bio-anbau/ [letzter Zugriff am 25.05.2011] International Cocoa Organization (2006): The chocolate industry, online verfügbar unter http://www.icco.org [letzter Zugriff am 26.05.2011]

Christina Pichler, BA Christina.Pichler@edu.fh-kaernten.ac.at

Johnson, G., Scholes, K, Whittington R. (2011): Strategisches Management – Eine Einführung, 9. aktualisierte Auflage, Person Verlag, München. Kapeller S. (2004): Schokotrends, online verfügbar unter http://www.wecarelife.at/ernaehrung-esskultur/schokolade/schoko-trends/ [letzter Zugriff am 25.05.2011] Kim, W.C., Mauborgne, R. (2005): Blue Ocean Strategy: How to create uncontested market space and make the competition irrelevant, Harvard Business School Press, Boston. Klausl A. (2010): Zotter der Unbeugsame, IMP Perspectives, Management Journal, Geschäftslogiken der Zukunft, S.85 – 94. Kühlmann, K. (2003): Marketing und Vertrieb: funktionsorientierte Qualifikationen, 2. aktualisierte Auflage, Verlag für Versicherungswirtschaft, Karlsruhe. Meixner, O, Ettenauer R. (2007): Marktanalyse ausgewählter Märkte der Europäischen Agrar- und Ernährungswirtschaft (Reader zur Übung Agrarmarketing, Wintersemester 2006/2007), Universität für Bodenkultur, Wien. Voigt, K.-I. (2007): Industrielles Management: Industriebetriebs lehre aus prozessorientierter Sicht, Springer Verlag, Berlin. Zotter, J. (2008): Innovationsherd der Schokoladenwelt. Über das Sprießen und Gedeihen meiner Schokoladenvisionen und ihrer Wurzeln, in: Corporate Citizenship in Deutschland, hrsg. von Holger Backhaus-Maul u.a., Wiesbaden, S. 363-366. Zotter Schokoladenmanifaktur GmbH (2011), online verfügbar unter http://www.zotter.at [letzter Zugriff: 15.06.2011]

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Michaela Wegscheider Michaela.Wegscheider@edu.fh-kaernten.ac.at


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