think! Das innovationsmagazin der FH kärnten | Juni 2011
wahrnehmung
Das Innovationsmanagement bei Siemens und der Carl Zeiss AG
Apple
Der American Dream aus dem Silicon Valley
johnson & johnson
Ein Marktführer mit einem großen gesellschaftlichen Engagement
möbel für den olymp
Innovationskraft als Erfolgsrezept bei IKEA und Olympus
bayer healthcare
„Science For A Better Life“
3m
Innovation für mehr Lebensqualität
Otto bock
Ein Name der für Qualität steht
Zotter
Das Innovationsmanagement der Schokoladenmanufaktur
spezial
Kurzfassungen in Brailleschrift
Erfinderinnen im Porträt Lise Meitner Melitta Bentz Dr. Nicole Claudia Meisner Hedy Lamarr Kate Gleason
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EDITORIAL
Liebe Leserinnen und Leser, mit dem vorliegenden Innovationsmagazin THINK! der Fachhochschule Kärnten halten Sie ein neues Magazin in Händen, welches sich mit aktuellen Themen- und Fragestellungen des Innovationsmanagements beschäftigt. Die vorliegende Ausgabe widmet sich zwei wesentlichen Faktoren für eine erfolgreiche Innovationstätigkeit – dem Faktor Mensch und dem Faktor Innovationssystem. Damit sich eine Idee zu einer erfolgreichen Innovation entwickeln kann ist, besonders in unserer hochtechnisierten und komplexen Welt, der Mensch, die innovative Persönlichkeit, zentraler Erfolgsbaustein. In dieser Ausgabe werden die Biographien, Erfolgs- und Misserfolgsgeschichten sowie die Innovationstätigkeit von sechs InnovatorInnen dargestellt. Gemeinsam ist ihnen allen, dass sie die zahlreichen Widerstände überwunden und bedingungslos an ihre Ideen geglaubt haben. Damit Innovationen nicht Zufallsprodukte von „Ausnahmepersönlichkeiten“ bleiben, kommt einer innovationsfreundlichen Organisationsform – auch als Innovationssystem bezeichnet – eine zentrale Bedeutung zu. Dazu werden die Innovationssysteme von über viele Jahre international erfolgreichen, hochinnovativen Unternehmen analysiert und gegenübergestellt. Ich danke den Studierenden des Masterstudienganges Gesundheitsmanagement für ihre engagierte Arbeit, gratuliere ihnen zu diesem Magazin und wünsche Ihnen eine spannende Lektüre und viele innovative Gedanken. Herzlichst Dr. Peter Granig
impressum Herausgeber. Studenten des FH Technikum Kärnten, Masterstudium Gesundheitsmanagement, Jahrgang 2010 • Innovationsmanagement • Leiter: Dr. Peter Granig • Mitarbeiter Redaktion: Kerstin Dörfler, Heidi Gasser, Bernadette Irnberger, Stefan Hinteregger, Viktoria Hocke, Doris Lichtenberger, Miramis Macek, Angelika Mandl, Hannes Martinz, Daniel Nedved, Christina Pichler, Sigrid Raditschnig, Manuela Reinbacher, Sarah Santer, Sabina Seidl, Bettina Slappnik, Daniela Winkler, Michaela Wegscheider • Alle Inhalte vorbehaltlich Fehler und Änderungen nach Redaktionsschluss • Grafische Gestaltung: Sigrid Raditschnig • Coverfoto: iStockphoto|MicrosoftOffice.com • Druck: Satz-& Druckteam GesmbH • Braille: Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs • THINK! dient nur zur internen FHVerwendung
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www.rolf-benz.com 路 Design: Cuno Frommherz 路 Rolf Benz Vero
w a h r n e h m u n g S 6 – 2 9
INHALT
Das Innovationsmanagement bei Siemens und der Carl Zeiss AG
A p p l e S 3 0 – 4 4 Der American Dream aus dem Silicon Valley
j o h n s o n & j o h n s o n S 4 6 – 5 5 Ein Marktführer mit einem großen gesellschaftlichen Engagement
m ö b e l f ü r d e n o l y m p S 5 6 – 7 3 Innovationskraft als Erfolgsrezept bei IKEA und Olympus
b a y e r h e a l t h c a r e S 7 6 – 8 1 „Science For A Better Life“
3 m S 8 4 – 9 1 Innovation für mehr Lebensqualität
O t t o b o c k S 9 2 – 1 0 4 Ein Name der für Qualität steht
Z o t t e r S 1 0 6 – 1 1 8 Das Innovationsmanagement der Schokoladenmanufaktur
Erfinderinnen im Porträt
Lise Meitner
Melitta Bentz
S
S
27
45
Nicole Claudia Meisner
S
74
Hedy Lamarr
Kate Gleason
S
S
82
105 think! | 1 | 2011 | 5
i KURZFASSUNG I SIEMENS AG & CARL ZEISS AG
LISE MEITNER
Die letzten Jahre haben uns gezeigt, wie schnell Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten kommen können. Die jüngste Weltwirtschaftskrise hat zugleich viele wirtschaftliche Opfer gefordert. Zahlreiche Unternehmen konnten die Wirtschaftskrise nicht überstehen bzw. nur mit „Müh und Not“ durch staatliche Förderungen und Anreize überleben. Hingegen konnten manche Unternehmen die schwierige Zeit langfristig schadlos bewältigen. Jene Unternehmen hatten in dieser Phase ihre eigenen Strategien entwickelt, um die Krise zu überstehen. Gerade in dieser Zeit haben die Betriebe in Forschung und Entwicklung investiert und somit auf neue innovative Produkte und Prozesse gesetzt. Zwei Unternehmen mit dieser erfolgreichen Strategie sind die Siemens AG und die Carl Zeiss AG, welche die Krise erfolgreich überstanden haben und nach gelungenen Strategiemaßnahmen wieder Rekordumsätze schreiben. Bei diesen deutschen Unternehmen haben bereits die Gründer vor mehr als hundert Jahren erkannt, wie wichtig Innovationen sind. Das Innovationsmanagement der beiden Betriebe ist zwar divergent, aber beide konnten in den letzten Jahrzehnte innovative Produkte auf dem Markt bringen.
25 Jahre nach Tschernobyl und einige Wochen nach dem schweren Erdbeben in Japan, plus den daraus resultierenden Folgen des Nuklearaustrittes im Atomkraftwerk Fukushima ist die Atomenergie und deren Risiken wieder in allen unseren Köpfen. Ungeachtet der Gefahren hat die Atomenergie aber auch viele Befürworter. Anhänger dieser Energieform sind der Meinung, dass nur mit Atomstrom die Nachfrage auf dem Energiemarkt gedeckt werden kann. Die Entdeckung der Kernspaltung im letzten Jahrhundert wird daher als großer Schritt in der Wissenschaft gesehen. Neben Otto Hahn war auch eine gebürtige Österreicherin bei der Erfindung involviert: Lise Meitner, eine der bekanntesten Wissenschaftlerinnen im Bereich der Kernphysik und eine der wenigen Frauen, die sich in der „männerdominierenden“ Wissenschaft durchsetzen konnte. Sie war maßgeblich an der Entdeckung und Erforschung der Kernspaltung beteiligt. Sie arbeitete ab 1907 mit Otto Hahn zusammen, mit dem sie 1917 das Element Protactinium entdeckte. Allein Lise Meitner erkannte die Tragweite jener Experimente mit Uran, deren Resultate sie als die Spaltung der Atomkerne verstand. 1939 lieferte sie zusammen mit Otto Robert Frisch die erste physikalisch-theoretische Erklärung der Kernspaltung, die ihr Kollege Otto Hahn und dessen Assistent Fritz Straßmann am 1938 entdeckt und mit radiochemischen Methoden nachgewiesen hatten.
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WAHRNEHMUNG
Von Stefan Hinteregger, Hannes Martinz und Daniela Winkler.
Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen; sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem endlosen Meer. Antoine de Saint-ExupÊry
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i Erleuchtung I D a s I n n o v a t i o n s m a n a g e m e n t d e r S i e m e n s AG Ein effektiver und effizienter Innovationsprozess ist entscheidend für den Erfolg von verbesserten und neuen Produkten, denn er verspricht sowohl eine schnelle und kostengünstige Schaffung von Gütern und Dienstleistungen als auch deren Durchbruch am Markt (5). Im folgenden Abschnitt wird das Innovationsmanagement der Siemens AG vorgestellt - ein Unternehmen, dessen Geschichte durch Innovationen geprägt ist und dessen Gründer Werner von Siemens seine Produkte auch perfekt kommerziell zu nutzen verstand. Im Unterschied zu anderen Forschern seiner Zeit erkannte er das enorme Geschäftspotential seiner Erfindungen und ließ sie sich auch dementsprechend patentieren. Er begeisterte seine Kunden, motivierte seine Mitarbeiter und setzte schon früh auf Internationalisierung (6). Doch welche Methoden setzt das Unternehmen heute, über hundert Jahre nach dem Tod seines Gründers ein, um am Markt nachhaltig erfolgreich zu bleiben? Dabei interessieren uns weniger die Prozesse in den einzelnen Geschäftseinheiten der Organisation, sondern wir wollen unseren Beitrag auf die unternehmensweite Innovationsstrategie und die dazu eingesetzten Instrumente des Konzerns fokussieren.
phen, der die Nachrichtenübermittlung mit einer bis
S iemen s - eine Fi r men g es c h i c h t e g ep r ä g t von In n o vatio n en
dato unerreichten Reichweite von 50 Kilometern revolutioniert. Für die Herstellung dieses Geräts gründet er im Oktober desselben Jahres gemeinsam mit
irmengründer
Werner
von
Sie-
„Telegraphenbauanstalt von Siemens und Halske“ in
mens wird als 4. von 14 Kindern am
Berlin. Im folgenden Jahr erhält die Firma Siemens
13.12.1816 in der Nähe von Han-
und Halske den Auftrag, die erste Telegraphenleitung
nover geboren. Die wirtschaftliche
Europas zwischen Berlin und Frankfurt zu bauen, um
Lage der Gutspächterfamilie erlaubt es
Nachrichten von der Deutschen Nationalversammlung
nicht, dass der Bub eine den bürger-
nach Berlin übermitteln zu können (7).
lichen Ansprüchen entsprechende schulische Lauf-
Schon bald erkennt von Siemens die Wichtigkeit,
bahn einschlägt, sodass er ohne formalen Abschluss
im Ausland wirtschaftlich Fuß fassen zu können: ab
das Gymnasium beendet. Siemens tritt in die preußi-
1851 erhält er den Auftrag zur Errichtung und Ausbau
sche Armee ein, um dort die 3-jährige ingenieurswis-
des russischen Telegraphennetzes und gründet in St.
senschaftliche Ausbildung zu absolvieren und so den
Petersburg eine Niederlassung, die sein Bruder Carl
Grundstein für das Unternehmen Siemens zu legen
führt. Zeitgleich unterhält das Unternehmen bereits
(7).
eine Vertriebsstelle in London, die 1858 unter seinem
Von höchstem Interesse für das Militär war die
Bruder Wilhelm zur eigenständigen Niederlassung
schnelle und einfache Nachrichtenweiterleitung. 1847
wird und mit der Herstellung und Verlegung von tele-
entwickelt Werner von Siemens einen Zeigertelegra-
graphischen Seekabeln Erfolg hat (1870 Inbetriebnah-
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FOTO: SIEMENS PRESSEBILD
dem Universitätstechniker Johann Georg Halske die
WAHRNEHMUNG
„Der Technik sind gegenwärtig die Mittel gegeben, elektrische Ströme von unbegrenzter Stärke auf billige und bequeme Weise überall da zu erzeugen, wo Arbeitskraft disponibel ist. Diese Tatsache wird auf mehreren Gebieten derselben von erheblicher Bedeutung sein.“ (7) Dieser Aussage lässt Werner von Siemens Taten folgen, er findet immer neue Anwendungsgebiete für die Starkstromtechnik, wie beispielsweise (7): •
1879 erste elektrische Eisenbahn, erste elektrische Straßenbeleuchtung
•
1880 erster elektrischer Aufzug
•
1881 erste elektrische Straßenbahn
Neben seiner unternehmerischen Tätigkeit und seiner wissenschaftlichen Forschungsleistung setzt sich
WERNER VON SIEMENS
von Siemens auch für gesellschaftspolitische Belange ein. Für die Deutsche Fortschrittspartei ist er in den Jahren 62 bis 66 im Preußischen Landtag vertreten,
me der Indo-Europäischen Telegraphenlinie zwischen
wird 78 Mitglied im Reichspatentamt, ist 79 an der
London und Kalkutta, 1874 Verlegung des ersten
Gründung des Elektrotechnischen Vereins wesentlich
Transatlantikkabels). Diese Erfolge erhöhen das Anse-
beteiligt und fördert die Einrichtung von Lehrstühlen
hen des Unternehmens und führen zu großen interna-
für Elektrotechnik an den Technischen Hochschulen
tionalen Aufträgen (7).
(7).
Um seine hochqualifizierten Mitarbeiter zu motivieren und an das Unternehmen zu binden, veranlasst
Seine Fähigkeit, Grundlagenforschung zu betreiben
von Siemens bereits 1858, diese am Gewinn teilhaben
und die daraus resultierenden Erkenntnisse unterneh-
zu lassen, ab 1866 entsteht daraus die Inventurprä-
merisch umzusetzen, und zwar von der Idee bis zum
mie, auf die die heutige Gewinnbeteiligung der Mitar-
fertigen Produkt, bringt ihm im Laufe seines Lebens
beiter zurückgeht. Sein erklärtes Ziel ist es außerdem,
viele Auszeichnungen ein. Ihm wird die Ehrendoktor-
die soziale Lage seiner Arbeitskräfte zu verbessern,
würde der Philosophischen Fakultät der Universität
daher gründet er 1872 eine Pensions-, Witwen- und
Berlin verliehen (1860), die Aufnahme in die Königlich
Waisenkasse, 10 Jahre bevor die gesetzliche Alters-
Preußische Akademie der Wissenschaften zu Berlin
und Hinterbliebenenversorgung eingeführt wird (7).
(1873) oder die Ernennung zum Ritter des Ordens
Neben seiner unternehmerischen Tätigkeit forscht
„Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste“ (1886)
Siemens auf dem Gebiet der Elektrotechnik und ent-
angeboten. Im Jahr 1888 erhebt Kaiser Friedrich III.
deckt, aufbauend auf der Arbeit von Faraday, das dy-
Werner von Siemens in den Adelsstand (7).
namoelektrische Prinzip. Jetzt kann mithilfe der Dy-
1890 scheidet der Firmengründer offiziell aus dem
namomaschine mechanische Energie in elektrische
Unternehmen aus, behält jedoch bis zu seinem Able-
umgewandelt werden.
ben im Jahr 1892 das Mitspracherecht (7).
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MEILENSTEINE D ER UNTERNE H MENSGESC H IC H TE
1928 entwickelt sich daraus der Fernschreiber, 1933 entsteht das erste Telexnetz. 1953 wird das Zonenziehverfahren zur Herstellung von Reinstsilizium pa-
Werner von Siemens sah, welche unternehmeri-
tentiert, welches für Halbleiterbauelemente benötigt
schen Möglichkeiten seine Forschungstätigkeit bot,
wird. 1964 errichtet Siemens in Bayern eine Satelliten-
und wusste dies auch vielfältig umzusetzen. Hier
Erdfunkstelle, welche nach und nach zur weltgrößten
möchten wir nun einen Überblick über bahnbrechen-
ihrer Art ausgebaut wird (8).
de Innovationen geben, die in den jeweiligen Sparten für Furore sorgten.
1984 präsentiert das Unternehmen das private Kommunikationssystem HICOM. Es erfüllt den Welt-
i
standard des künftigen Nachrichtennetzes ISDN (In-
Informations- und Kommunikationstechnologie: vom Zeigertelegraph zum Fingerabdrucksensor
tegrated Services Digital Network) und integriert als
I
Netz, auf einer Leitung und unter einer Rufnummer (8).
Dieser Bereich war die Basis, aus der sich das
1983 wird die Entwicklung des 1MB-Speicherchips
Großunternehmen entwickeln konnte. Mit der Erfin-
zur Priorität erklärt, bereits 1987 wird der erste Chip
dung des Zeigertelegraphen (1847) begann wie be-
dieser Art produziert, 1996 kommt der 256-MB Spei-
reits kurz dargestellt, der Aufstieg zum Global Player.
cher heraus (9).
erstes System alle Kommunikationsformen in einem
Der Aufbau des russischen Telegraphennetzes in den
Der Fingerabdrucksensor erleichtert die Identifika-
1850 Jahren, das Verlegen der Indo-Europäischen
tion, sodass PINs, Schlüssel oder Passwörter bald
Telegraphenlinie 1870, 1875 die Inbetriebnahme des
nicht mehr nötig sein werden, um Schlösser zu öffnen
ersten direkten Transatlantikkabels sind Wegbereiter
oder Autos zu starten (8).
für den internationalen Erfolg (8).
i
automatischen Telefonvermittlung im Fernsprechamt
Energie: vom Dynamo zur Hochleistungsgasturbine (8)
München 1909, der Bildtelegraphie Mitte der 1920
I
Es folgen die Entwicklung und Inbetriebnahme der
Jahre, welches die Übermittlung von Bildern ermöglicht und für die Presse von großer Bedeutung ist,
1866 Entdeckung des dynamoelektrischen Prinzips durch Werner von Siemens. Ab 1925 wird Irland elektrifiziert, das Shannon-Was-
Telefon w48 aus dem jahr 1936
serkraftwerk gebaut. 1927 geht die erste kommerzielle Benson-Kesselan lage im Heizkraftwerk Gartenfelde in Berlin in Betrieb. 1930 Entwicklung von Expansionsschaltern, die den steigenden Belastungen gewachsen sind und nicht mehr explosionsanfälliges Öl enthalten, sondern 1974 geht das bis dahin größte Kernkraftwerk, Biblis A, ans Netz.
i
1975 Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung
gelingt erstmals Weiter geht es mit der Verbesserung der Brennstoffzelle, der Kombination von Gas- und Dampfturbinen im Kraftwerksbau, bis hin zum Weltrekord im Hochleistungsgasturbinenbau (2002).
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I
FOTOS: SIEMENS PRESSEBILD
Wasser.
WAHRNEHMUNG
TRANSRAPI D IN S H ANG H AI
i i Mobilität: von der Straßenbahn zum Transrapid (8)
Gesundheitswesen: von der Röntgenkugel zum vernetzten Krankenhaus (8) I
I Die Innovationen im Sektor Mobilität beginnen bei
1933 kommt die Röntgenkugel, ein mobiles Rönt-
der ersten elektrischen Eisenbahn, die 1879 in Berlin
gengerät, auf den Markt. 1944 wird der erste Elektro-
präsentiert wird, setzen sich fort in der ersten U-Bahn
nenbeschleuniger vorgestellt.
1896 in Budapest, einem Geschwindigkeitsrekord mit
1953 stellt Siemens den Pionieren der Echokardio-
einem Drehstromtriebwagen 1903, der 210 Stunden-
graphie Inge Edler und Hellmuth Hertz (Lund/Schwe-
kilometer erreicht.
den) den ersten Echokardiographen der Welt für For-
1924 wird die erste Lichtsignalanlage am Potsda-
schungszwecke zur Verfügung.
mer Platz zur Verkehrssteuerung eingesetzt, die erste
1958 wird der erste Herzschrittmacher implantiert.
automatische Ampel.
1965 wird das erste Ultraschall-Diagnosegerät prä-
Die hängende Hochbahn Dortmund nimmt 1984
sentiert.
den Betrieb auf, im Jahr darauf übernimmt Siemens
Ab 1983 werden Kernspintomografen entwickelt,
die Federführung für Elektrotechnik und Elektronik der
welche den Patienten nicht mehr der schädlichen
Triebköpfe beim ICE.
Röntgenstrahlung
1995 wird der Katalysator für Diesel vorgestellt, der den Stickoxidgehalt der Abgase um bis zu 95% vermindert.
während
der
Untersuchungen
aussetzen. Es folgen Computertomografen und PETScanner. Den momentanen Schlusspunkt stellt das vernetz-
Weitere Meilensteine sind die Lichtleittechnik des
te Krankenhaus dar: Das Krankenhaus der Cleveland
Flughafens Oslo, das piezoelektrische Dieseleinspritz-
Clinic Foundation besteht aus einem Verbund von sie-
ventil, und schließlich die Magnetschwebebahn Trans-
ben Krankenhäusern und zehn ambulanten Zentren,
rapid, die 2003 in Shanghai die Arbeit aufnimmt.
die in einem Radius von 75 km verteilt sind. Mit PACS
think! | 1 | 2011 | 11
SENSOREN F ÜR GEBÄU D E
(Picture Archiving & Communication System) werten
der Fertigungstechnik und ermöglicht rationellere Ar-
50 Radiologen pro Jahr über 500.000 Untersuchun-
beitsweisen. 1996 wird der von Siemens im Konsortium mit ei-
häuser und die ambulanten Zentren aus. Außerdem
nem
Bauunternehmen
schlüsselfertig
errichteter
werden Bilder, Befunde und damit verbundene Infor-
Flughafen Macao eröffnet. Siemens zeichnet für die
mationen an über 1.000 zuweisende Einrichtungen
Energieversorgung, das Air Traffic Management ein-
weitergeleitet.
schließlich Radar und Navigationshilfen, die Flugha-
i
fenbefeuerung sowie die Gebäudeautomation verant-
Industrie und Automatisierung: vom Walzenzugsmotor zum intelligenten Brandmelder (8)
wortlich. Im Tagebau bringt das Trolley-Trucksystem den
I
Bergbauunternehmen Einsparungen im Kraftstoffver-
1906 wird der erste Umkehrantrieb für die Walz-
brauch und höhere Geschwindigkeiten. Vollintegrierte
straße der Georgsmarienhütte konstruiert. Quecksil-
Automation ermöglicht neue Herangehensweisen an
berdampfgleichrichter bringen den Durchbruch, als
industrielle Automatisierungsaufgaben.
es darum geht, Wechselstrom möglichst verlustfrei in Gleichstrom zu8 konvertieren.
Die Briefautomatisierung schafft es, bis zu 40.000 Briefe pro Stunde richtig zu sortieren.
1959 bringt Siemens mit dem „Simatic“-System
Augmented Reality kombiniert reale Bilder mit Com-
Steuerungs- und Regelungsbausteine auf den Markt,
puterdaten, sodass etwa mithilfe einer Datenbrille und
die aus Transistorschaltungen bestehen. Diese er-
eines Computers situationsgerechte Anweisungen
setzen Relais, Schaltschütze und Elektronenröhren.
den User leiten.
So können Schaltungen zum logischen Verknüpfen, Speichern, Zählen und Rechnen realisiert werden. 1964 bringt das Sinumerik- System Erleichterung in
12 | think! | 1 | 2011
Der 2004 vorgestellte intelligente Brandmelder verfügt über mehrere Sensoren, deren Zusammenspiel das Auslösen von Fehlalarmen verhindert.
FOTO: SIEMENS PRESSEBILD
gen für den Hauptcampus, die Verbundkranken-
WAHRNEHMUNG
i Licht: von der Bogenlampe zur Leuchtdiode (8)
sammenhänge verloren, daher wurde diese Herange-
I
hensweise gewählt. Eine übersichtsmäßige Kurzdar-
Mit der 1878 entwickelten Differential-Bogenlampe
stellung der bedeutendsten Phasen in der Geschichte
können die Kohlestäbe in der Lampe automatisch
des Unternehmens sieht folgendermaßen aus:
nachreguliert und mehrere Lampen an einen Genera-
• Unternehmensgründung und erste Expansion
tor angeschlossen werden. 1882 wird die erste ständi-
(1847 - 1865)
ge elektrische Straßenbeleuchtung in Berlin installiert.
• Siegeszug der Starkstromtechnik und
Weiterentwicklung vom Kohleglühfaden zum ersten
internationale Großprojekte (1865 - 1890)
kommerziellen Metallglühfadenlampe 1905- die Tan-
• Wachstum durch Konzentration und
tallampe.
Kooperation (1890 - 1918)
1980 bringt die Leuchtstofflampe Circolux eine Leis-
• Rückkehr auf den Weltmarkt und Einheit des Hauses (1918 - 1933)
eine 25 Watt-Lampe.
• Nationalsozialistische Konjunktur und
2005 bringt die Siemens-Tochter OSRAM die hellste weiße Leuchtdiode auf den Markt, diese besitzt eine Lebensdauer von 50.000 Stunden.
i Konsumgüter: von der Entstäubungspumpe zum automatischen Hemdenbügler (8)
i
tung von 75 Watt, verbraucht dabei aber nur soviel wie
Kriegswirtschaft (1933 - 1945) • Wiederaufbau und Aufstieg zum Weltkonzern (1945 - 1966) • Neue Märkte und Geschäftsfelder (1966 - 1989) • Deregulierung und Globalisierung (1989-2008)
I
I
Das genauere Eingehen darauf sprengt den Rah-
Hinter dem Namen Entstäubungspumpe kommt
men dieser Arbeit, daher folgt hier der Link für In-
1906 der erste Staubsauger auf den Markt. 1935 erster Handstaubsauger.
teressierte:
http://www.siemens.com/history/de/ge-
schichte/index.htm
1924 wird der Siemens D-Zug präsentiert, ein erster Rundfunkempfänger. Ab 1925 werden erste Elektroherde und Waschma-
IM WETTBEWERB BESTE H EN
schinen verkauft. 1935 Radio „Herr im Frack“, Fernsehgerät. 1964 erobert der Geschirrspüler die Herzen der Hausfrauen.
Gerade in technologieintensiven Industrien und Dienstleistungsbereichen findet ein starker Innovationswettbewerb statt (10), also genau in dem Be-
Das Aquastoppsystem sorgt seit 1985 für erhöhte
reich, in dem Siemens tätig ist. Dies wird besonders
Sicherheit bei Waschmaschinen und Geschirrspülern.
deutlich, wenn man sich folgende Zahlen vor Augen
Die Sensortechnik bei den neuen Glaskeramikkoch-
führt: Im Jahr 2007 wurden laut Jahresbericht des
feldern ermöglicht die gradgenaue Einstellung der
Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) 47.853
Temperatur.
Patente von Erfindern aus dem Inland angemeldet –
Seit 2004 übernimmt der Hemdenbügler „Dress-
europaweit liegt Deutschland damit bei den Patentan-
man“ das Bügeln von Hemden, Blusen, Arbeitsmän-
meldungen an erster Stelle. Die aktivsten unter den
teln und Ähnlichem mehr.
Patentanmeldern sind dabei weltweit tätige Unterneh-
Der Überblick stellt die einzelnen Unternehmensbe-
men und Großbetriebe. Angeführt wird diese Liste von
reiche dar und die für sie wichtigen Errungenschaften.
der Robert Bosch GmbH mit 2.509 Anmeldungen,
Natürlich könnte man auch chronologisch vorgehen,
dicht gefolgt von der Siemens AG mit 2.474 Eintra-
dadurch gehen aber aus Sicht der Autoren die Zu-
gungen. Betrachtet man das Jahr 2007, so lässt sich
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feststellen, dass rund 60% der Gesamtanmeldungen auf 3,6% aller Anmelder entfallen (11). Als Folge des Wettbewerbs investieren Unternehmen dementsprechend große Summen in den Bereichen Forschung und Entwicklung (F&E) sowie in ihre Produktentwicklungsprozesse. Die in diesem Rahmen getätigten Investitionen müssen sich als Folge der vorherrschenden großen Innovationsdichte in immer kürzeren Zeiträumen amortisieren – eine Voraussetzung dafür ist ein funktionierendes Innovationsmanagement (10). Innovationen stellen nicht nur den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens, der im Wesentlichen von der Fähigkeit abhängt, in welchem Umfang es neue Produkte und Dienstleistungen auf den Markt bringen kann, sicher, sondern sind zugleich auch ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor. Dies liegt in der Tatsache begründet, dass viele neu am Markt eingeführte Produkte und Dienstleistungen schlichtweg scheitern. Darüberhinaus erfordern sowohl die Entwicklung neuer, als auch die Verbesserung bestehender Produkte und Dienstleistungen stets größer werdende zeitliche und finanzielle
D IAGNOSTIK
Ressourcen (5). Nichtsdestotrotz macht Geld alleine nicht innovativ. So stellt eine im Industry Journal (12) zitierte Studie der Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton aus dem Jahr 2005 fest, dass „weder die Umsatz- noch die Gewinnentwicklung noch die des Shareholder Value (…) erkennbar mit dem Umfang der F&E- Budgets“ (12 S. 12) korrelieren. Natürlich, so halten die Autoren des Artikels fest, stellt es trotzdem keineswegs eine Option dar, die F&E- Tätigkeiten drastisch zu reduzieren, „denn wer sich keinen Weg zu neuen Produkten bahnt, führt sein Unternehmen in eine Sackgasse“ (12 S. 12).
F&E. Siemens betreibt 178 F&E Standorte in über 30 Ländern, verfügt über 57.900 aktive Patente und machte 8.800 Erfindungen im Geschäftsjahr 2010 (13). Die Siemens AG gliedert sich in zahlreiche Geschäftsbereiche, in denen –wie aus oben angeführten Zahlen ersichtlich- laufend eine Vielzahl an Produkten und Dienstleistungen innoviert werden. Die Mannigfaltigkeit der unterschiedlichen zu entwickelnden Produkte macht es erforderlich, dass den verschiedenen Geschäftseinheiten des Unternehmens entsprechend große Spielräume bei der Gestaltung des sie betref-
INNOVATION ALS ER F OLGSBASIS Die Siemens AG bezeichnet Innovation als die Basis ihres Erfolgs. Nach eigenen Angaben wurden im Jahr 2010 5,1% des Gesamtumsatzes in F&E investiert. Absolut sind dies 3,846 Mrd. €, der Konzern beschäftigt weltweit rund 30.100 Mitarbeiter im Bereich
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Diese Spielräume müssen dennoch gelenkt und geregelt werden, damit die Innovationen auch der Geschäftsstrategie entsprechen (6). Wie Reichart und Reichart (5) feststellen, sind jene Geschäftseinheiten, die mit effektiv und effizient gestalteten Innovationsprozessen arbeiten, mit ihren Produkten oder Dienstleistungen signifikant erfolgreicher als jene, die ohne die Unterstützung von solchen arbeiten. Ebenso sind
FOTO: SIEMENS PRESSEBILD
fenden Innovationsprozesses eingeräumt werden.
WAHRNEHMUNG
diese Innovationsprozesse mit einem vergleichsweise geringeren zeitlichen und finanziellen Aufwand bei der Verbesserung und Innovation von Produkten und
Die Innovationsstrategie von Siemens, „wir wollen
Dienstleistungen verbunden (5).
Trendsetter in allen unseren Geschäftsfeldern sein,
Ziel des Innovationsmanagements ist es, Ideen zu
um einen möglichst großen Wettbewerbsvorsprung
verwerten. Dazu muss dem Innovationsmanagement
zu sichern“ (13 S. 21), lässt sich somit passend zu
ein klarer und strukturierter Prozess zugrunde liegen,
ihrer Firmengeschichte bezeichnen. Zur Umsetzung
wobei sich in der einschlägigen Literatur nach An-
dieser Strategie werden die in die in Abbildung 1 ge-
sicht von Schwarz, Riedl und Ures (14) eine Vielzahl
zeigten Instrumente eingesetzt, welche wir nun näher
unterschiedlicher Innovationsprozesse finden lassen:
beleuchten werden.
„Unternehmen orientieren sich an den generischen Siemens Innovation Framework ermöglicht und
aus jedoch ihre eigenen (…)“ (14 S. 35). Dies ist in
unterstützt die Qualität der Innovationsprozesse.
den verschiedenen Anforderungen der jeweiligen wirt-
Die Methode Pictures of the Future hilft,
schaftlichen Sektoren, aber auch in den unterschied-
Zukunftstrends frühzeitig aufzuspüren und zu
lichen internen Strukturen begründet. Für Becker und Reinhardt (10) zählt Siemens zu jenen Firmen, die Best-Practice-Eigenschaften im Innovationsmanagement aufweisen: „Als Best-Practice-Firmen werden Unternehmen bezeichnet, die als ‚Klassenbeste‘ mithilfe herausragender Praktiken bestimmte Prozesse
i
Modellen der Innovationsprozesse, entwickeln dar-
verstehen. Innovation Benchmarking sichert die Technologieführerschaft. Pilotkunden-Feedback – gemeinsam zum Erfolg Innovationskultur fördert Erfinder und Erfindungen.
I
Abbildung 1: Instrumente zur Umsetzung der Innovationsstrategie der Siemens AG
hervorragend beherrschen. Somit stellen diejenigen Unternehmen, die den gesamten Innovationsprozess oder Teilphasen hervorragend beherrschen, Best-
D ER RA H MEN – INNOVATION F RAMEWORK
Practice-Fälle im Innovationsmanagement dar“ (10 S. 257). Dies bedeutet, dass solche Firmen mehr in die
Siemens hat als Basis für seine Innovationstätig-
Ideenbearbeitung investieren und ihre Produkte auch
keiten den Siemens Innovation Framework definiert,
besser auf die Kundenbedürfnisse zuschneiden, was
welcher Rahmenbedingungen für erfolgreiche In-
in einer geringeren Nachbesserungsquote resultiert.
novationen beschreibt. Darin werden neben dem
Ebenso ist der kommerzielle Erfolg bei Best-Practice-
technologischen Know-how vor allen das Wissen
Innovationen höher als beim Durchschnitt und auch
um Kundenbedürfnisse und Markttrends, spezielles
der Umsatzanteil von Innovationen, die jünger als fünf
Branchen-Know-how, die Beherrschung der forma-
Jahre sind, ist weitaus größer (10).
len Innovationsprozesse und exzellente Mitarbeiter als
D IE BAUSTEINE D ES INNOVATIONSMANAGEMENTS BEI SIEMENS
notwendig beschrieben (6). Auch mit Verweis auf den Innovationsforscher Holger Ernst (zitiert nach 6) feststellen, dass gelungene Innovationen drei wesentliche Erfolgsfaktoren aufweisen: Formale Entwicklungs-
Innovation hat bei Siemens einen hohen Stellen-
prozesse, ständige kommerzielle Bewertung sowie
wert, man könnte fast sagen, das Unternehmen de-
die Orientierung am Markt und an Kunden. Auch Dr.
finiert sich aus diesem Begriff: „Werner von Siemens
Gisela Fuchs, Leiterin des Unternehmensprogramms
begründete (…) eine Tradition, der sein Unternehmen
Innovation der Siemens AG, meint dazu: „Um Inno-
heute noch folgt: Innovationen ziehen sich (…) wie ein
vationen erfolgreich am Markt einzuführen, ist es un-
roter Faden durch die Firmengeschichte“ (6 S. 47).
bedingt notwendig, dass wir eine fundierte Branchen-
think! | 1 | 2011 | 15
R F I D SYSTEM
kenntnis haben und klar erkennen, welchen Nutzen
zess zur effektiven Nutzung externer Technologien
die Innovation unseren Kunden bringt“ (6 S. 48). Das
und wissenschaftlicher Kommunikation mit externen
Branchen-Know-how, welches Siemens- Mitarbeiter
Institutionen“ (10 S. 257). Durch die Einbindung von
in den unterschiedlichsten Bereichen besitzen, er-
Wissensquellen außerhalb des Unternehmens wird
scheint hierbei als hilfreich.
die Innovationsfähigkeit gefördert, wozu sich die be-
So verfügt Siemens über Fachleute von der Stahl-
heit gewohnt, nach außen hin öffnen (15). In der Re-
erzeugung bis hin zur Pharmaindustrie, von der Ge-
gel sind Open Innovation Projekte für alle offen, die
bäudesicherheit bis zum kompletten Flughafen, vom
sich daran beteiligen wollen, wodurch sich mittels
Gesundheitswesen bis zu Wasserreinigung, von
der Teilnehmerbeiträge rasch ein breiter Überblick zu
Kraftwerken bis zur Verkehrssteuerung. Diese sind
bestimmten Themen verschaffen lässt. Dies schließt
mit den Bedürfnissen der jeweiligen Kunden dement-
Top-Universitäten und Forschungsinstitute aus der
sprechend vertraut. Siemens bezieht seine Kunden
ganzen Welt genauso ein wie Kunden, Think Tanks,
bei vielen Innovationen schon frühzeitig in den Ent-
andere Industriezweige, Start-ups, Venture-Capital-
wicklungsprozess mit ein (6) und nützt in dem Zusam-
Gesellschaften, Mitarbeiter und sogar Wettbewerber“
menhang auch jene Synergien, die sich dem Ansatz
(12 S. 20).
der Open Innovation (OI) als Instrument der Innovationsstrategie ergeben.
S tär ke d ur c h K o o p er a t i o n Op en Inn o vatio n (OI )
Siemens hat eine eigene OI-Abteilung für interne sowie externe Aktivitäten eingerichtet und hat in diesem Zusammenhang für sein Wissensmanagement ebenso wie für seine OI- Maßnahmen den zweiten Platz bei der Studie „The European Most Admired Knowledge
Unter diesem Ansatz versteht man die „vermehrte Einbeziehung externer Partner in den Innovationspro-
16 | think! | 1 | 2011
Enterprises“ (MAKE) des Marktforschungsunternehmens Teleos belegt.
FOTOS: SIEMENS PRESSEBILD
treffenden Unternehmen, mehr als in der Vergangen-
i
WAHRNEHMUNG
Im Rahmen von OI gelangen bei Siemens im Wesentlichen vier Methoden zur Anwendung: • Internetbasierte Netzwerkkonstruktionen,
Die Siemens AG geht im Rahmen ihrer F&E- Tä-
• Ideenwettbewerbe mit und für Kunden,
tigkeiten auch Kooperationen mit Universitäten, For-
• moderierte Internet-Diskussionen und
schungsinstituten und Industriepartnern ein. Eine
• persönliche Diskussionsrunden (12).
Form dieser Kooperationen stellen dabei die „Centers
I
of Knowledge Interchange“ (CKI) dar, welche mit Part-
Dabei haben sich Online-Netzwerke als besonders
neruniversitäten direkt am Campus eingerichtet und
erfolgreich erwiesen. In deren Rahmen werden teil-
von einem Siemens Manager betreut werden. Dieser
weise sogenannte „E-Broker“ eingesetzt, welche die
hat die Aufgabe, die Zusammenarbeit zu koordinie-
Aufgabe haben, bei besonders anspruchsvollen For-
ren, die richtigen Kooperationspartner zu identifizieren
schungsaufgaben externe Problemlöser mit Siemens
und Studierende an die Studentenprogramme von
zusammenzubringen. Konkret werden hierbei die je-
Siemens zu vermitteln. Siemens betreibt derzeit zehn
weiligen Forschungsfragen durch Siemens veröffent-
solcher CKI, beispielweise an der TU München, der
licht und die Problemstellungen auf den Webseiten
DTU Kopenhagen, der Tsinghua University Peking, am
der E-Broker erläutert. Für die beste Lösung wird ein
MIT in Boston und an der University of California in
Preisgeld ausgelobt, mit dem Ergebnis, dass Siemens
Berkeley (12).
so rund die Hälfte der gestellten Problemstellungen erfolgreich gelöst hat. An der Lösungsfindung kann sich im Übrigen jeder beteiligen (12). Den gleichen Weg beschreitet Siemens mit seinem „TechnoWeb“. Dahinter verbirgt sich ein geschlossenes Internet- Forum für registrierte Siemens- Mitarbeiter, in dessen Rahmen jeder Problemstellungen einbringen sowie bearbeiten kann – von komplizierten technischen Fragen bis hin zu Bedienungsfragen von Windows Word. Mithilfe dieser Methode können somit Forscher unterschiedlicher Fachrichtungen miteinander stärker vernetzt werden. Ein weiteres Instrument sind „Innovation Jams“. Dies sind webbasierte, moderierte und meist firmeninterne Diskussionsrunden mit einer unterschiedlichen Anzahl von Teilnehmern. Die Teilnehmerzahl kann von einigen Hunderten, bis sogar zu Tausenden von Teilnehmern variieren. Siemens veranstaltet darüber hinaus öffentliche Ideenwettbewerbe, um die Kreativität seiner Kunden abzurufen. Dabei können sich diese an der Innovationsfindung, meist auf Online- Plattformen, beteiligen. Dabei geht es vor allem um die Gewinnung von innovativen Anregungen, nicht so sehr um die Erstellung technisch- ausgereifter Lösungen (12).
PARTIKELT H ERAPIE think! | 1 | 2011 | 17
GASTURBINE Überdies beteiligen sich einige Bereiche Siemens
fügbar sind und gebraucht werden. Allerdings lassen
in Form von so genannten „Technology-to-Business-
sich damit Entwicklungssprünge und Diskontinuitäten
Centers“ (TTB) finanziell und fachlich an eigenstän-
nicht vorhersagen. Um diesen Nachteil zu begegnen,
digen jungen Unternehmen, welche eng mit Partne-
werden parallel dazu ganzheitliche Zukunftsszenarien
runiversitäten zusammenarbeiten. Als Beispiel ist hier
entwickelt, in die Annahmen über veränderte sozia-
das kalifornische Start-up-Unternehmen „Progressive
le und politische Strukturen, über Entwicklungen der
Cooling“ zu nennen, welches zusammen mit der Uni-
Weltwirtschaft, der Demographie oder über klima-
versität Cincinnati aus LED-Lampen eine extrem helle
tische Veränderungen, einfließen. „Daraus leitet Sie-
und effiziente Lichtquelle entwickelt hat (12).
mens Aufgaben ab, die heute gelöst werden müssen,
Z ukü n f tige T ren d s er ken n en - P i ct u r es o f t h e Fu tu r e u nd In n o v a t i o n - B en ch m a r ki n g
um morgen erfolgreich zu sein“ (12 S. 14). Durch die Verbindung dieser beiden Verfahren wird versucht, Technologien mit Wachstumspotential und Breitenwirkung zu eruieren und darüber hinaus zukünftige
Um Trendsetter in allen Geschäftsfeldern zu werden, wie es Siemens in seiner Innovationsstrategie
Kundenerwartungen
und
Geschäftsmöglichkeiten
aufzuklären.
auch erkennen zu können. Mit dem dafür entwickel-
Um den Innovationsprozess an sich zu analysieren
ten Verfahren „Pictures of the Future“ soll eine klare
und zu verbessern, kommt bei Siemens das „Innova-
Vorstellung über die Zukunft ermöglicht werden (6).
tion Benchmarking“ zum Einsatz. Dieses Instrument
Dieses Verfahren wird als ein zentrales Element des
wird genutzt um zu verstehen, wo das Unternehmen
Innovationsmanagements bei Siemens bezeichnet
gegenüber seinen Wettbewerbern Aufholbedarf hat
(12). Dabei wird das Road-Mapping, also das Fort-
und was getan werden kann, um diese Lücken zu
schreiben bekannter Technologien und Produktfami-
schließen (6). Dabei werden die verschiedenen ge-
lien in die Zukunft angewandt, um abzuschätzen, zu
schäftsführenden Einheiten daraufhin analysiert, ob
welchen Zeitpunkten bestimmte Technologien ver-
die Voraussetzungen für erfolgreiche Innovationen
18 | think! | 1 | 2011
FOTO: SIEMENS PRESSEBILD
festgelegt hat, ist es notwendig, zukünftige Trends
WAHRNEHMUNG
vorliegen sowie mit Hilfe mehrerer Kriterien die Stärken und Schwächen gegenüber der Konkurrenz de-
onsmanager aus allen Unternehmensbereichen in
finiert (12).
der „Community of Practice Innovation Manage-
I n n o vatio n en er la u b en - I n n o v a t i o n s ku lt ur Um innovieren zu können, ist es notwendig eine innovationsfreundliche
Umgebung
im
ment“ zum Erfahrungsaustausch abgehalten. • In Ideen- Workshops der Bereiche können Sie-
mens- Fachleute Lösungen und neue Wege
finden.
Unterneh-
• Im Arbeitskreis Innovation diskutieren unter an-
men zu schaffen. Innovationen sind dabei natürliche
derem Chief Technology Officers, die F&E- Leiter
Feinde des Bestehenden: so stehen nach einer Un-
der Bereiche und Vertreter aus den Regionen ak-
tersuchung des deutschen Psychoanalytikers und
tuelle Themen zu Innovationen und Technik.
Managementberaters Rolf Berth in großen Organi-
• Innovationskultur muss auch vom Management
sationen jedem engagierten Veränderer fünf ebenso
und allen darunter liegenden Ebenen getragen
engagierte Bewahrer gegenüber (12). Daher ist es
werden. Dazu tauschen sich Führungskräfte im
nicht verwunderlich, dass nach einer von Zechbauer
so genannten „Executive Circle Innovation“ aus.
(6) zitierten Studie von Booz Allen Hamilton (BAH), der Erfolg von Innovationen vor allem mit zwei Faktoren steht und fällt: einer ausgeprägten Innovationskultur
Die S um m e m ac h t ´ s – Die w ic h t igst e n I nst rum e nt e im Ü be rbl ic k
und der Qualität der Innovationsprozesse, wobei wir uns an dieser Stelle mit Ersterem befassen wollen.
Wir haben gesehen, dass Siemens eine Vielzahl von
Der Stellenwert der Innovationskultur beim Unter-
Instrumenten und Maßnahmen verwendet, um seine
nehmen lässt sich am besten an den verschiedenen
Innovationsstrategie umzusetzen und erfolgreich inno-
Programmen und Initiativen ablesen: so wurde, um
vieren zu können. Siemens kann nicht nur auf eine lan-
den Mitarbeitern optimale Werkzeuge bereitzustellen,
ge Tradition erfolgreicher Innovationen zurückblicken,
das Business-Excellence Programm top sowie die
das Unternehmen setzt diese Tradition auch fort und
drei Unternehmensprogramme Innovation, Kunden-
investiert dementsprechend in ihr breit angelegtes In-
fokus und Globale Wettbewerbsfähigkeit, aufgesetzt.
novationsmanagement.
Nach Dr. Gisela Fuchs (6), der bereits weiter oben
Natürlich brauchen Erfindergeist und Schaffensfreu-
zitierten Leiterin des Unternehmensprogramms Inno-
de einen gewissen Rahmen, damit die Innovationen
vation, wurden damit für fast alle Herausforderungen
auch mit der Unternehmensstrategie einhergehen
in weltweit tätigen Geschäften Methoden erarbeitet,
kann und vor allem auch dem Kunden den erwarte-
welche Weltklasse- Standards entsprechen und auf
ten Nutzen bringt. Auch das Erkennen zukünftiger
die Bedürfnisse der Siemens AG zugeschnitten wur-
Trends und möglicher Geschäftsfelder ist notwendig,
den. Die nachfolgende Übersicht gibt einen Einblick
um langfristig erfolgreich zu bleiben und Trendsetter
in die Maßnahmen, mit welchen die Innovationskultur
zu sein. Zudem erweitern Kooperationen mit externen
bei Siemens gepflegt wird (6):
Partnern oder auch Kunden den Horizont und unter-
• Jährlich vergibt Siemens die Auszeichnung
stützen den Entwicklungsprozess. Innovationen müs-
„Erfinder des Jahres“ an etwa zwölf herausragen
sen auch stattfinden können. Voraussetzung dafür ist
de Erfinder und ebenso den top Innovation Award
eine gelebte Innovationskultur, die auch das Manage-
für beispielhafte Innovationen.
ment mit einbezieht. Die Siemens AG zeigt, wie es
• Darüber hinaus motivieren Erfindervergütungen
funktionieren kann, sie scheint diese Dinge auch zu
und Prämien für gute Ideen die Mitarbeiter.
gut beherrschen und wird uns auch wohl noch lange
• Regelmäßig werden auch Treffen der Innovati
als erfolgreiches Unternehmen erhalten bleiben.
think! | 1 | 2011 | 19
i Sichtbar I C a r l Z e i s s AG - i n n o v a t i v s e i t 1 5 0 J a h r e n Zwei Weltkriege, die Teilung Deutschlands und etliche Wirtschaftskrisen konnte die Carl Zeiss AG in den letzten 150 Jahren erfolgreich überstehen. Ein Grund dafür ist unteranderem der lebende Innovationsgedanke des Unternehmens und folglich die konstanten Investitionen in den Forschungs- und Entwicklungsbereich. Was aber unterscheidet dieses Unternehmen von anderen? Gerade in der heutigen Zeit möchte jede Firma den Innovationsbegriff für sich beanspruchen. In Wirklichkeit dürfen aber nur wenige Betriebe sich als innovativ bezeichnen. In diesem Beitrag wird den Lesern dargelegt, warum gerade die Carl Zeiss AG sich als innovatives Unternehmen deklarieren darf.
V on d er klein en W er ks t a t t z u m er f o lg r e ic h e n Weltkon z er n
in der Werkstätte Fernrohre, Mikroskope, Reißzeuge, Waagen, Thermometer und andere Geräte, die man von verschiedenen Händlern bezog (16). Durch einen Rat seines akademischen Lehrers,
Die heutige Carl Zeiss AG hat ihren Ursprung in
Mattias Jacob Schleiden, fertigte Zeiss 1847 die ers-
einer kleinen Werkstätte in Jena, welche von dem
ten Lupenmikroskope an. In den kommenden Jahren
dreißigjährigen Carl Zeiss 1846 eröffnet wurde. Die
waren die Zeiss-Mikroskope sehr gefragt (16).
ersten Arbeiten waren zunächst Konstruktionen und
Aber bereits in dieser Zeit war Stillstand ein Rück-
Reparaturen von allen möglichen chemischen und
schritt, so musste auch Zeiss seine Mikroskope wei-
physikalischen Instrumenten. Nebenher verkaufte er
ter entwickeln und verbessern. Zusätzlich wuchs das
CARL ZEISS
Interesse der Naturwissenschaftler und Mediziner an zusammengesetzten Mikroskopen, weil nur mit ihnen eine höhere Vergrößerung möglich war. Um diesen innovativen Schritt zu setzten, suchte Zeiss die Zusammenarbeit mit seinem Privatdozenten für Physik Ernst Abbe auf. 1866 begann die Kooperation zwischen Carl Zeiss und Ernst Abbe mit dem Ziel, Objektive auf rechnerischer Grundlage zu bauen. Dieser Schritt kostete beiden viel Einsatz und Energie. Es vergingen Jahre, bis man nachweisen konnte, dass die Vergrößerung des Öffnungswinkels zur Vervollkommnung der Mikroskop-Funktion beiträgt (16) (17). Die aufwendigen theoretischen Arbeiten und prakdie Grenze ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit. Im Verlauf dieser Untersuchungen fand aber Abbe die Formel für die Sinusbedingung, als Kriterium für eine scharfe Abbildung. Die neuen Mikroskope fanden aber bald Anerkennung in der internationalen Fach-
20 | think! | 1 | 2011
FOTOS: ZEISS AG
tischen Experimente führten die kleine Werkstätte an
WAHRNEHMUNG folgenden Jahre für das Unternehmen aufgrund der fotooptischen Abteilung und der Produktion von Feldstecher erfolgsgekrönt (16). Der erste Weltkrieg unterbrach dann die Arbeit an den Zivilgeräten. Die Fertigung wurde nahezu ausschließlich auf optische Militärgeräte und andere vom Militär beanspruchte Erzeugnisse ausgerichtet (16). Aufgrund der militärischen Niederlage Deutschlands und den Bestimmungen des Versailler-Vertrages über die Rüstungsbeschränkungen musste das Unternehmen sich auf die Feinmessgerätetechnik spezialisieren. Das Zeiss-Unternehmen entwickelte neben einfachen Messinstrumenten bald auch komplizierte und
ERNST ABBE
leistungsfähige Geräte zum Messen von Gewinden, Werkzeugen und Zahnrädern (16).
welt. 1876 wurde Abbe dann stiller Teilhaber an der
Während der nationalsozialistischen Herrschaft
Werkstätte. Die folgenden Jahre waren sehr erfolg-
wurde das wissenschaftliche und produktionstech-
reich, so dass die kleine Werkstatt zu einem mittelgro-
nische Potential zunehmend auf die Ausrüstung der
ßen Unternehmen mit 360 Mitarbeiter bis Ende der
deutschen Wehrmacht und auf die kriegswirtschaftli-
1880er Jahre heranwuchs (16).
chen Erfordernisse positioniert (16).
1882 begann die Zusammenarbeit mit Otto Schott,
Nach Ende des 2. Weltkrieges wurde das Stamm-
welcher in Jena neue optische Gläser entwickelte und
werk in Jena von der sowjetischen Besatzungsmacht
später auch produzierte. Ein Jahr nach dem Ableben
demontiert. Wichtige Entscheidungen und Aufgaben,
von Carl Zeiss schuf Abbe 1889 die Carl-Zeiss-Stif-
sowie der Bereich Forschung und Entwicklung wur-
tung (16).
den an den Oberkochener Standort „Zeiss-Opton“
Abbe war bekanntermaßen ein mutiger Reformer
verlegt. Ungeachtet des heftigen Widerstandes der
seiner Zeit, der mit seinen sozialpolitischen Ideen
Geschäftsleitung und der Mitarbeiter setzten die kom-
weit voraus war. Um den Bestand der Unternehmen
munistischen Ideologen die Verstaatlichung der Jena-
Carl Zeiss und Schott unabhängig von persönlichen
er Zeiss-Werke durch (18).
Eigentümerinteressen zu sichern, gründete Abbe die
In Oberkochen befürchtete man nach der Verstaat-
Carl-Zeiss-Stiftung, die er 1891 zur Alleineigentümerin
lichung des Jenaer Werkes, dass die Amerikaner das
der Zeiss Werke und zur Miteigentümerin der Schott
Zeiss-Vermögen beschlagnahmen könnten. In Folge
Werke machte (17).
dessen teilte man die Unternehmen in zwei separate
Durch die Stiftung soll der dauerhafte wissenschaft-
Werke (16).
lich-technische Vorlauf des Unternehmens gewähr-
Jahre später wurde die Unternehmensbezeichnung
leisten werden. Zusätzlich wurden Wissenschaftler der
des Oberkochener Standortes geändert und das Un-
Jenaer Universität gefördert, die mit ihrer Forschungs-
ternehmen nannte sich von nun an „Carl Zeiss“ (18).
arbeit den Unternehmen nützlich werden konnten. Die
In den späten 40er und während der 50er Jahre
Stiftung erkannte, wie wichtig es war Produkte weiter
wurde nicht nur das traditionelle Fertigungsprogramm
zu entwickeln. Folglich wurden große Teile des be-
an beiden Standorten wieder aufgenommen, sondern
trieblichen Gewinns zur Weiter- und Neuentwicklung
die Wissenschaftler und Konstrukteure beider Unter-
der Erzeugnisse herangezogen. Somit waren auch die
nehmen wandten sich neuen Entwicklungsfeldern zu.
think! | 1 | 2011 | 21
Seit den 1960er Jahren eröffneten die Fortschritte in der Elektronik und Informationstechnik dem optischen Gerätebau zunehmend neue Endwicklungsmöglichkeiten. Die Kombination optischer, feinmechanischer und elektronischer Wirkprinzipien führte zu Geräten mit neuen Eigenschaften, welche für die nächsten Jahrzehnte viele Aufträge lieferte. Nach der deutschen Wiedervereinigung erwarb das Oberkochener ZeissUnternehmen die Carl Zeiss GmbH mit ihrem Sitz in Jena (16). 2002 stellt der Vorstand den Mitarbeitern und der Öffentlichkeit die neue, weltweit gültige Unternehmensvision vor. Sie ist die Grundlage für die neue strategische Ausrichtung des Unternehmens. Nach außen sichtbar wird der Anspruch in dem Slogan „We make it visible“ veröffentlicht. Seit 1. Oktober 2003 besteht die Carl Zeiss Aktiengesellschaft. Einzige Anteilseignerin des Unternehmens bleibt die Carl-Zeiss-Stiftung. Derzeit ist die Unternehmensgruppe in mehr als 30 Ländern und mit über 50 Vertriebsunternehmen weltweit vertreten. Die Produktionsstätten des Unternehmens befinden sich in Europa, Nord- und Mittelamerika sowie in Asien (17).
C a r l Z eis s AG , b r ei t es P r o d u kt p o r t f o li o g eg en Kr is en u nd R ez es s i o n en Heute beschäftigt sich die Carl Zeiss AG mit den Märkten Medical and Research Solutions, Industrial Solutions und Lifestyle Products. Wobei der Markt Medical and Research Solution die Unternehmensbereiche Medizintechnik und Mikroskopie umfasst. Der Markt Industrial Solution wird in die Halbleitertechnik und die industrielle Messtechnik gegliedert. Lifestyle Products beinhalten die Bereiche Markenoptik und Optronik. Ein zusätzlicher Unternehmensbereich ist die Augenoptik mit der Bezeichnung
ser, Planetariumstechnik, optronische Produkte, Film-
Carl Zeiss Vision (17).
und Fotoobjektive sowie Ferngläser und Spektive (17).
In den einzelnen Geschäftsfelder entwickelt und
Trotz des breitgestalteten Produktportfolios spürte
vertreibt das Unternehmen Operationsmikroskope,
auch die Carl Zeiss AG die Auswirkungen der Wirt-
ophthalmologische Diagnosesysteme, Mikroskope,
schaftskrise in den letzten Jahren. Durch innovative
Lithografieoptik, industrielle Messtechnik, Brillenglä-
Maßnahmen und Investitionen in Forschung und Ent-
22 | think! | 1 | 2011
WAHRNEHMUNG haben die Wirtschaftskrise unterschiedlich gespürt. Demzufolge trat auch der Aufschwung in den einzelnen Sparten divergent ein. Ein Bereich des Unternehmens spürte die Weltwirtschaftskrise am stärksten, die Halbleitertechnik. Gerade der Halbleiterbereich war von der Wirtschaftskrise stark betroffen, konnte sich dann aber wieder rasch erholen und sogar Rekordumsätze im Geschäftsjahr 2009/10 von 1.187 Millionen Euro liefern. Eine derartige Volatilität ist typisch für den Halbleitermarkt. Das Unternehmen ist aber für solche Schwankungen gut vorbereitet. Dank der flexiblen Aufstellung konnte die Unternehmenssparte die Auswirkungen des Downturns dazu nutzen, sich auf den neuen Aufschwung vorzubereiten. Prozesse und die Kostenstruktur wurden weiter optimiert und es wurde kontinuierlich in zukunftsträchtige Projekte investiert (19). Hingegen entwickelt sich der Unternehmensbereich der Medizintechnik auch während der Wirtschaftskrise positiv. Gerade die Konzentration auf den asiatischen
LASER SCANNING MICROSKOP LSM 7 MP
und pazifischen Raum war für das Unternehmen sehr erfolgreich. Der Unternehmensbereich fokussierte sich
wicklung konnte die Krise ohne nachhaltige finanzielle
nämlich frühzeitig auf die Wachstumsmärkte wie Indi-
Schwierigkeiten überstanden werden. Die Carl Zeiss
en und China und richtete sein Produktportfolio auf
AG konnte überdies gestärkt aus der Krise hervor-
die speziellen Bedürfnisse in diesen Märkten aus (19).
gehen, so dass das Unternehmen im Geschäftsjahr
Der Unternehmensbereich der Mikroskopie baute
2009/10 sogar einen Rekordumsatz von 2,98 Mrd.
mit einer umfassenden Produktzusammensetzung bei
Euro verbuchen konnte (19).
Systemen zur 3-D-Darstellunge und zur Beobachtung
FOTO: ZEISS AG
lebender Proben seine Technologieführerschaft im Während der Krise wurde in der Carl Zeiss AG die
Bereich der Mikroskopie aus. Besonders stark war die
Kurzarbeit eingeführt, um in der Zukunft hoch qualifi-
Nachfrage nach Systemen im Premium Segment so-
ziertes Personal zur Verfügung zu haben. „Nach der
wie nach neuen Mikroskopen für Routineanwendun-
Krise“ wurden in den Produktionshallen der Carl Zeiss
gen. Wie in der Medizintechnik entwickelt sich auch
AG 36 Prozent der Mitarbeiter beschäftigt.
hier der Markt in Asien sehr erfolgreich (19).
Auch in den Sparten Service und Vertrieb sind mehr
Die industrielle Messtechnik war das Unterneh-
als ein Drittel der Beschäftigten angestellt. Im Bereich
mensfeld, welche die Wirtschaftskrise als letzter
Forschung & Entwicklung werden 15 Prozent der Mit-
verspürte. Gerade die Bereiche Maschinenbau und
arbeiter engagiert. 14 Prozent der Mitarbeiter sind in
Autoindustrie wurden dann aber umso intensiver in
der Carl Zeiss AG im Umfeld Verwaltung tätig (17).
Mitleidenschaft gezogen. Bekanntlich wurde während
Auch die einzelnen Bereiche der Carl Zeiss AG
der Krise nur zögerlich in neue Maschinen und Mess-
think! | 1 | 2011 | 23
skypol gläser
techniken investiert Durch die internationale Marktauf-
Unternehmensbereich „Vision Care“ vollständig in die
stellung konnte aber auch diese schwierigen Zeiten
Carl Zeiss Gruppe zu integrieren (19).
überwunden werden (19). Planetarien, Foto- und Filmobjektive, Sicherheits-
Wie wichtig ein breites Produktportfolio ist, zeigt
techniken, Ferngläser und Spektive gehören zum
sich erst in schwierigen Zeiten. Wenn Unternehmen
breiten Produktspektrum des Unternehmensberei-
nur auf einzelne Produkte setzen, kann es bei diesen
ches Markenoptik & Optronik. Die einzelnen Bereiche
Betrieben dann zu finanziellen Schwierigkeiten kom-
der Markenoptik & Optronik spürten die Auswirkun-
men. Natürlich darf auch die Bedeutung des internati-
gen der Wirtschaftskrise unterschiedlich, wie auch die
onalen Marktes nicht unterschätzt werden. Beispiels-
Dynamik der Erholung. Die Nachfrage nach Foto- und
weise haben solche Unternehmen die Krise leichter
Filmobjektiven sowie nach Ferngläsern und Spek-
überstanden, welche frühzeitig auf die wachsenden
tiven wuchs schneller als im Bereich der Optronik.
Märkte im asiatischen und pazifischen Raum gesetzt
Viele Staaten haben nämlich in den letzten Jahren ihr
haben.
Budget in Sicherheit und Staatsverteidigung gekürzt bzw. Projekte auf unbestimmte Zeit verschoben. Der
Beides hat die Carl Zeiss AG bereits vor Jahren in
Geschäftsbereich mit Planetariumstechnik entwickelt
ihrer Strategieentwicklung berücksichtigt und dadurch
sich hingegen stabil (19).
auch die jüngste Wirtschaftskrise gut überstanden. Ein
Der weltweit zweitgrößte Brillenglashersteller Carl
weiterer Punkt ist sicherlich, dass das Unternehmen
Zeiss Vision GmbH gehörte bisher zu gleichen Teilen
gerade in dieser Phase in Forschung und Entwicklung
der Carl Zeiss AG und dem Private-Equity-Unterneh-
investierte und somit auf Innovationen gesetzt hat.
men EQT. Mit einer Neuordnung der Unternehmensfinanzierung hat die Carl Zeiss AG die Voraussetzungen geschaffen, das Unternehmen ab dem Geschäftsjahr
I nnov at ion, al s S c h l üsse l zum E r f ol g
2010/11 vollständig zu integrieren und mit dem neuen Heute ist der Begriff „Innovation“ in aller Munde. Wie aber die jüngste Zeit gezeigt hat, ist der Innovationsbegriff noch lange nicht in allen Köpfen. Innovationen haben eine sehr hohe Bedeutung für die langfristige beitsplatzsicherung sowie für das Kapital der Gesellschafter. Der Innovationsbegriff stammt von den lateinischen Wörtern „novus“, was „neu“ bedeutet bzw. „innovatio“, was mit „Neuerung“ oder „Erneuerung“ übersetzt
24 | think! | 1 | 2011
FOTO: ZEISS AG
Überlebensfähigkeit eines Unternehmens, für die Ar-
WAHRNEHMUNG
werden kann. Es handelt sich hierbei unteranderem um neue Produkte, neue Verfahren, neue Vertriebswege oder einer neuen Corporate Identity. Somit bedeutet Innovation mehr als rein technische Probleme in Betrieben (20). Damit ein Unternehmen den Prozess von der Idee bis zur erfolgreichen Markteinführung auch umsetzen kann, benötigt es ein funktionierendes Innovationsmanagement. Das Innovationsmanagement hat hierbei die Aufgabe, durch bewusste innovationsunterstützende Tätigkeiten die Anzahl und Qualität von Innovationen zu fördern (21). Technologiemanagement und das Management Abgrenzung Innovationsmanagement (23)
von Forschung und Entwicklung wird häufig mit dem Begriff des Innovationsmanagement in Verbindung gebracht. Einzig aber das Innovationsmanagement beschäftigt sich von der Grundlagenforschung bis hin zur Markteinführung eines Produktes. Beinhaltet somit auch die Bereiche Forschung und Entwicklung sowie dem Bereich des Technologiemanagements (21). Um als Unternehmen auch langfristig erfolgreich zu sein, braucht es vor allem eines: die richtige Innovationskultur. So sind unteranderem Innovationsquellen gezielt aufzuspüren und freizusetzen. Denn die meisten Ideen schlummern bereits in den Köpfen der eige-
think! | 1 | 2011 | 25
nen Mitarbeiter und müssen nur noch geweckt werden (22). Die Carl Zeiss AG unterstützt zum Beispiel mit unterschiedlichen Förderungsprogrammen die Kreativität der eigenen Mitarbeiter, was wiederum zu einem stetigen Strom neuerer Produkte und Lösungen führt. Um den Innovationsgedanken bei den Mitarbeitern hervorzurufen, beteiligen sich jedes Jahr dutzende Teams an einem innerbetrieblichen Innovationswett-
OPMI © v a r i o 7 0 0
bewerb, der in sechs Kategorien die besten Projekte auszeichnet. Gleichzeitig besteht ein Netzwerk zu führenden Hochschulen und Instituten, um einen
zeigt sich auch darin, dass die Hälfte des Umsatzes
schnellen Zugang zu Erkenntnissen der Grundlagen-
mit Produkten, die nicht älter als drei Jahre sind, er-
forschung zu besitzen.
wirtschaftet wird. Weltweit hält die Carl Zeiss AG rund
Die Carl Zeiss AG unterstützt auch Jugendliche beim größten europäische Wettbewerb „Jugend forscht“. Des Weiteren wurde der bekannte CarlZeiss-Forschungspreis von der Carl-Zeiss-Stiftung
4000 erteilte Patente (17).
C arl Z e iss AG e r f ol gre ic h , auc h nac h m e h r al s 1 5 0 J ah re N
zur Forderung der Forschung ins Leben gerufen (17).
Fo r s c h un g u n d E n t wi cklu n g a ls T ei l d es In n o vatio n s man a g emen t
Die Carl Zeiss AG zeigt, wie es nach zwei Weltkriegen und 150 Jahren Unternehmensgeschichte geht, erfolgreich zu sein. Mittels Innovationen, einem brei-
Im Geschäftsjahr 2009/10 beschäftigt die Carl Zeiss
Markt ist es möglich, auch schwierige Zeiten gut zu
AG 2007 Mitarbeiter im Bereich Forschung und Ent-
überstehen und diese Phasen für den anschließenden
wicklung, was ca. 15 Prozent der Gesamtmitarbeiter-
Aufschwung zu nutzen.
zahl entspricht. In den letzten Jahren lag der Anteil
Gerade die Investitionen in Forschung und Entwick-
an Mitarbeiter in der Forschungs- und Entwicklungs-
lung sind Faktoren für eine erfolgreiche Zukunft. Wie
abteilung konstant zwischen 15 und 16 Prozent (19).
aufstrebend die Carl Zeiss AG im Bereich Innovation
Gerade in der Wirtschaftskrise setzte die Carl Zeiss
ist, zeigen nicht nur die Unternehmensdaten sondern
AG auf Innovationen. So wurden 321 Millionen Euro
auch viele erhaltene Innovationspreise in den letzten
bereits im Geschäftsjahr 2007/08 in den Bereich For-
Jahren. So erhielt man heuer den Deutschen Innova-
schung und Entwicklung investiert um der Wirtschaft-
tionspreis 2011 als Auszeichnung für das intraoperati-
krise zu trotzen. In dem darauffolgenden schwierigen
ve Bestrahlungsgerät „Intrabeam“ (17).
Jahr wurden 14 Prozent und im letzten Geschäftsjahr
Um auch in der Zukunft erfolgreich zu sein, wird die
10 Prozent des Umsatzes für diesen Zuständigkeits-
Carl Zeiss AG auch in den nächsten Jahren weiter in
bereich aufgewendet (19).
Forschung und Entwicklung investieren.
Um die eigenen Erfindungen auch zu schützen, hat
Durch die große Forschungs- und Entwicklungsab-
das Unternehmen für zahlreiche Produkte Patente
teilung und durch Innovationsförderungsprogramme
angemeldet. Im Geschäftsjahr 2007/08 hat die Carl
ist die Carl Zeiss AG ein Vorbild im Bereich Innovation
Zeiss AG mit 422 Patentanmeldungen die höchste
und Innovationsmanagement und kann somit in eine
Anzahl der letzten Jahre zu verbuchen (19).
erfolgreiche Zukunft blicken. Denn Zeiss „make it vi-
Dass das Unternehmen den Innovationsbegriff lebt,
26 | think! | 1 | 2011
sible“.
FOTO: ZEISS AG
ten Produktportfolio und einem großen internationalen
WAHRNEHMUNG | PORTRÄT
i Strahlend I Lise Meitner „Als sich Ende 1938 herausstellte, dass einzelne Neutronen – elektrisch neutrale Elementarteilchen – Atomkerne zu zertrümmern vermögen, waren die Wissenschaftler völlig überrascht. Keine physikalische Theorie hatte das Phänomen vorhergesagt, und die Entdecker ahnten noch nicht, dass daraus bald Atombomben und Kernkraftwerke hervorgehen würden“ (1). Die österreichisch-schwedische Kernphysikerin war eine der führenden Wissenschaftlerinnen im Bereich der Kernphysik und eine der ersten Frauen überhaupt, die in der Wissenschaft Karriere machten. Sie war maßgeblich an der Entdeckung und Erforschung der Kernspaltung beteiligt. Sie arbeitete ab 1907 mit Otto Hahn zusammen, mit dem sie 1917 das Element Protactinium entdeckte. Allein Lise Meitner erkannte die Tragweite jener Experimente mit Uran, deren Resultate sie als die Spaltung der Atomkerne verstand. 1939 lieferte sie zusammen mit Otto Robert Frisch die erste physikalisch-theoretische Erklärung der Kernspaltung, die ihr Kollege Otto Hahn und dessen Assistent Fritz Straßmann 1938 entdeckt und mit radiochemischen Methoden nachgewiesen hatten... (2)
lise Meitner wurde am 7. November 1878 in Wien als Tochter von Dr. Philipp Meitner, Hof- und Gerichtsadvokat, und Hedwig, geborene Skovran geboren. Im Alter von sechzehn Jahren benannte sie sich in Lise um und unterzeichnete auch mit Lise Meitner. Das Ehepaar Meitner hatte fünf Mädchen und drei Buben und obwohl beide Elternteile jüdisch waren, ließen sie ihre Kinder protestantisch taufen (3; 4). Sie maturierte 1901 als externe Schülerin an einem Knabengymnasium,
LISE MEITNER
zumal es zu ihrer Zeit keine Mädchen-Mittelschulen gab, die zum Studium an einer Universität als ordentli-
beiten mit Otto Hahn. Die Erlaubnis zur wissenschaft-
che Hörerin berechtigten. Im Anschluss daran begann
lichen Zusammenarbeit knüpfte Hahns Chef an Meit-
sie an der Universität Wien Mathematik, Physik und
ners Versprechen, niemals das Institut zu betreten. Ihr
Philosophie zu studieren und schloss 1906 als zweite
Arbeitsplatz wurde eine Holzwerkstatt im Keller. Trotz
Frau erfolgreich ihre Promotion ab. Um, wie Meitner
dieser Widerstände gab Meitner nicht auf und wurde
sagte, ein „wirkliches Verständnis von Physik zu ge-
dafür 1912 mit einer Stelle als Universitätsassistentin
winnen“, wechselte sie im darauffolgenden Jahr nach
bei Max Planck belohnt (2). Sie war damit die erste
Berlin und begann ab 1907 ihre experimentellen Ar-
preußische Universitätsassistentin (4).
think! | 1 | 2011 | 27
WAHRNEHMUNG | PORTRÄT
IM LABOR MIT OTTO H A H N In den Jahren 1915/16 war sie im Zuge des ersten
mann zufällig die erste Kernspaltung. Da sie sich ihre
Weltkriegs in einem Frontlazarett als Röntgenschwes-
Ergebnisse nicht erklären konnten, fragten sie Meitner
ter tätig und setzte danach ihre Zusammenarbeit mit
schriftlich um Rat, welche die beiden drängte, weite-
Otto Hahn fort. Mit ihm zusammen entdeckte sie 1918
re Kontrollexperimente durchzuführen. Diese führten
das Element Nr. 91 (Protactinium) und übernimmt im
dann letztlich zur Entdeckung der Kernspaltung. Meit-
selben Jahr die Leitung der radiophysikalischen Ab-
ner lieferte 1939, gemeinsam mit ihrem Neffen Otto
teilung am Kaiser-Wilhelm-Institut. Besonders die Un-
Robert Frisch, die erste theoretische Deutung dazu
tersuchung von Alpha-, Beta- und Gamma-Strahlung,
(2). Dennoch erhielt 1944 Otto Hahn allein den Nobel-
derer sie sich widmet, macht sie international bekannt
preis in Chemie für die Entdeckung der Kernspaltung -
(3). 1922 habilitierte sie –als erste Frau- in Physik und
sowohl Lise Meitner als auch Fritz Straßmann wurden
lehrte ab 1923 an der Berliner Universität, wo sie 1926
dabei nicht berücksichtigt (4).
zum außerordentlichen Professor ernannt wurde. Im
1946 übernimmt sie eine Gastprofessur an der Ka-
Jahr 1933 wurde ihr ihre Lehrerlaubnis ob ihrer jüdi-
tholischen Universität Washington und wird im selben
schen Abstammung allerdings wieder entzogen. Da
Jahr zur Frau des Jahres in den USA gewählt. Im Jahr
sie jedoch österreichische Staatsbürgerin war, konnte
1947 erhielt Meitner eine Forschungsprofessur an der
sie ihre Stellung am Institut weiterhin behalten und ihre
Königlich- Technischen Hochschule von Stockholm
Arbeit fortsetzen.
und 1955 den Otto- Hahn- Preis sowie in weiterer Folge 1959 das Bundesverdienstkreuz.
Von 1908 bis 1938 publizierte sie 107 Arbeiten, 39
Achtzigjährig wurde sie Ehrenbürgerin der Stadt
davon alleine und 68 zusammen mit Otto Hahn und
Wien – ihre österreichische Staatsbürgerschaft hatte
anderen Wissenschaftlern. Nach dem Anschluss Ös-
sie nie abgelegt, obwohl sie bis 1960 in Schweden
terreichs an das Deutsche Reich wurde Lise Meitner
lebte und dann nach Cambridge übersiedelte, wo
deutsche Staatbürgerin und emigrierte im Juli 1938
sie 1968 starb (3; 4). Lise Meitner ist -neben anderen
nach Schweden, wo ihr in Stockholm am Nobel-Insti-
zahlreichen Bildungseinrichtungen- die Namensge-
tut eine Stelle angeboten wurde (4).
berin der ABC- Abwehrschule des Österreichischen
Im selben Jahr gelang Otto Hahn und Fritz Straß-
28 | think! | 1 | 2011
Bundesheeres.
WAHRNEHMUNG literatur
autoren
1. Sime, Ruth Lewin. Lise Meitner und die Kernspaltung. Spektrum der Wissenschaft. 1998, 5. 2. www.whoswho.de. Lise Meitner - Biografie WHO`S WHO. [Online] [Zitat vom: 11. 04 2011.] http://www.whoswho.de/templ/ te_bio.php?PID=723&RID=1. 3. Maurmair, Silke und Harders, Levke. Lise Meitner. LeMO Lebendiges virtuelles Museum Online. [Online] [Zitat vom: 11. 04 2011.] http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/MeitnerLise/. 4. Stadler, Helga. Lise Meitner. LISE - Mädchen und naturwissenschaftlicher Unterricht. [Online] [Zitat vom: 11. 04 2011.] http://
Stefan Hinteregger, BA
lise.univie.ac.at/physikerinnen/historisch/lise-meitner.htm.
Stefan.Hinteregger@edu.fh-kaernten.ac.at
5. Reichart, Sybille und Reichart, Markus. Erfolgsfaktor Innovationsprozess bei der Siemens AG. zfo. 75.Jg, 2006, 3. 6. Zechbauer, Ulrike. Immer einen Schritt voraus. Pictures of the Future. 2006, Herbst, S. 47-49. 7. Siemens History Site- Persönlichkeiten. 2011. [Zitat vom: 15. 5 2011.] http://www.siemens.com/history/pool/perseunlichkeiten/ gruendergeneration/werner_von_siemens.pdf. 8. Siemens History Site- Innovation. [Zitat vom: 17. 5 2011.] http://www.siemens.com/history/de/innovationen/index.htm. 9. Siemens Deutschland- Geschichte. [Online] [Zitat vom: 15. 5 2011.] http://www.siemens.de/ueberuns/geschichte/Seiten/
Hannes Martinz, BA
home.aspx.
Hannes.Martinz@edu.fh-kaernten.ac.at
10. Becker, Stefan und Reinhardt, Imke. Best Practices im Innovationsprozessmanagement. zfo. 2006, 5. 11. von Michel, Achim. Alle neun Minuten ein neues. Arbeit und Arbeitsrecht – Personal-Profi. 2008, 10. 12. Siemens AG. Das Geheimnis der erfolgreichen Innovation. Industry Journal. 2010, 3, S. 10-17. 13. —. Innovation@Siemens 2011. 12 2010. 14. Schwarz, Sven, Riedl, Gilad und Ures, Miloslav. Innerbetriebliches Innovationsmanagement als Prozess. HMD - Praxis der Wirtschaftsinformatik. 2010, 273, S. 35-45. 15. Gräfe, Gernot und Plaßmann, Birgit. Open Innovation und andere Organisationsformen für Innovationsprojekte im Vergleich – Ergebnisse einer qualitativen Studie zum Innovationsmanage-
Daniela Winkler, Bsc Daniela.Winkler@edu.fh-kaernten.ac.at
ment. Paderborn : Siemens AG und Universität Paderborn, 2010. ISSN 1619-7879. 16. Wolfgang Mühlfriedel, Edith Hellmuth. http://www.zeiss.de/ konzern. [Online] [Zitat vom: 7. April 2011.] 17. www.zeiss.de. [Online] Carl Zeiss AG. [Zitat vom: 7. 4 2011.] 18. Hermann, A. Und trotzdem Brüder: Die deutsch-deutsche Geschichte der Firma Zeiss. München : Piper Verlag GmbH, 2002. 19. AG, Carl Zeiss. Geschäftsbericht Carl Zeiss Gruppe 2009/10. Oberkochen : s.n., 2010. 20. Hausschildt, J. Innovationsmanagement. 3. völlig überarbeitete und erweiterte Auflage. München : Vahlen Verlag, 2004. In: Granig, P. Innovationsbewertung. Wiesbaden : Deutscher Universitäts-Verlag, 2007. 21. Granig, P. Innovationsbewertung. Wiesbaden : Deutscher Universitäts-Verlag, 2007. 22. Disselkamp, M. Innovationsmanagement. Wiesbaden : GWV
Fotos:
Fachverlag GmbH, 2005.
Archiv der Max-Planck-Gesellschaft, Berlin-Dahlem
23. Macharzina, K. Unternehmensführung. 2. Auflage. Wiesba-
Helmholtz-Zentrum Berlin; download am 20. Mai 2011 unter:
den : s.n., 1995. In: Granig, P. Innovationsbewertung. Wiesbaden :
http://www.helmholtzberlin.de/aktuell/pr /bildarchiv/allgemein/
Deutscher Universitäts-Verlag, 2007.
historie_de.html
think! | 1 | 2011 | 29
(
KURZFASSUNG
)
APPLE | JOHNSON & JOHNSON
MELITTA NENTZ
Spätestens seit den 70er Jahren, als sich die Verkäufermärkte zu Käufermärkten wandelten, mussten Unternehmen ihre Innovations-Strategien vermehrt am Kunden orientieren, ohne dabei ihre interne, ressourcenbasierte Sicht mit Fokus auf die Kernkompetenz zu verlieren. Erfolgreiches Innovationsmanagement muss daher ganzheitlich erfolgen und sich aktiv mit Visionen, Missionen und Werten auseinandersetzen (1). Die Unternehmen Apple und Johnson & Johnson schafften im Laufe ihrer Firmengeschichte beides sehr erfolgreich, einerseits sich an der Befriedigung von Kundenwünschen zu orientieren, sowie andererseits der Erfüllung ihrer sozialen Verantwortung innerhalb der globalen Gesellschaft gerecht zu werden.
Sie kam 1908 auf die Idee, den Kaffeesatz mit Hilfe eines Papierfilters aus den Tassen zu verbannen. Dazu durchlöcherte sie den Boden eines Messingtopfes zu einem siebartigen Gefäß und legte darauf ein Löschblatt aus dem Schulheft ihres ältesten Sohnes.
Die fast 35jährige Geschichte von Apple ist geprägt von dem Mythos der Erfüllung des „amerikanischen Traumes“. Drei Studenten aus dem Silicon Valley, Steven Paul Jobs, Stephen Gary Wozniak und Ronald Gerald Wayne, gelang es mit geringem finanziellem Startkapital ein Unternehmen aufzubauen, das aktuell einen Marktwert von 319,5 Mrd. US$ aufweist und im ersten Quartal 2011 erstmalig einen höheren Gewinn als sein größter Konkurrenten Microsoft ausweisen kann. (2) Ob bebe, o.b., Carefree, Compeed, Fenjal, Neutrogena, Penaten oder RoC, alles Markennamen, die jeder von uns kennt und die aus unserem Alltag bzw. Badezimmer nicht mehr weg zu denken währen. Hinter dieser Vielfalt an Markennamen steht die Johnson & Johnson GmbH. Ein Unternehmen in der Gesundheitsindustrie welche ihre Strategien und das eigens kreierte Firmencredo sehr glaubwürdig im Alltag verankert hat.
30 | think! | 1 | 2011
Melitta Bentz wusste vom bleibenden Wert ihres ramponierten Topfes. Sie meldete ihre Erfindung beim Kaiserlichen Patentamt zu Berlin an. Mit Registrierung vom 8. Juli 1908 auf Seite 1145 der Patentblätter des Kaiserlichen Patentamtes zu Berlin erhielt sie für ihren „Kaffeefilter mit auf der Unterseite gewölbtem und mit Vertiefung versehenen Boden sowie mit schräg gerichteten Durchflußlöchern“ und dazugehörigem „Filtrierpapier“ Gebrauchsmusterschutz. Noch im gleichen Jahr gründete sie eine Firma auf ihren Namen.
Von Heidi Gasser, Sigrid Raditschnig und Bettina Slapnik.
APPLE | JOHNSON & JOHNSON
„Wer innovativ ist, begeht manchmal auch Fehler. Dann ist es wichtig, diese so schnell wie möglich einzugestehen, um den Blick wieder nach vorne richten zu können.“(15) S t e v e J o b s think! | 1 | 2011 | 31
(
der apple kult
)
D e r A m e r i c a n D r e a m a u s d e m Si l i c o n V a l l e y Die fast 35jährige Geschichte von Apple ist geprägt von dem Mythos der Erfüllung des „amerikanischen Traumes“. Drei Studenten aus dem Silicon Valley, Steven Paul Jobs, Stephen Gary Wozniak und Ronald Gerald Wayne, gelang es mit geringem finanziellem Startkapital ein Unternehmen aufzubauen, das aktuell einen Marktwert von 319,5 Mrd. US$ aufweist und im ersten Quartal 2011 erstmalig einen höheren Gewinn als sein größter Konkurrenten Microsoft ausweisen kann. (2)
pple steht für Pioniergeist und In-
gend südlich von San Francisco verfiel in eine „elekt-
novation, die Produkte waren seit
ronische“ Aufbruchsstimmung, die immer mehr Bast-
Beginn der Firmengeschichte zu-
ler in diese Gegend führte. Als die Firma MITS 1975
kunftsweisend. iPod, iPhone und
mit dem „Altair“ den ersten Computerbausatz auf
iPad gelten zwar mittlerweile auch als Statussymbo-
den Markt brachte, wurde der „Homebrew Computer
le, doch Apple schaffte es im Laufe seiner Firmen-
Club“ gegründet, der Menschen wie Wozniak die Ge-
geschichte immer – wenn auch nicht mit all seinen
legenheit gab, ihre Entwürfe zu präsentieren und de-
Neuerungen – zukünftige Kundenbedürfnisse voraus-
ren Konzepte zu diskutieren. (4) Speziell für Stephen
zusehen und diese zu erfüllen. Der aktuell hohe Social
Wozniak war die Rückmeldung der anderen Clubmit-
Brand Value zum Beispiel – und die damit verbundene
glieder immer wichtiger Gradmesser, ob Apple mit sei-
Kundenloyalität – entsteht größtenteils dadurch, dass
nen Produkten auch den Ansprüchen der jeweiligen
es für Kunden möglich ist, mit Apple ihr steigendes
Zeit gerecht wurde.
Bedürfnis nach sozialer Interaktion zu befriedigen und die Marke dabei mehr als Partner denn als Verkäufer
Appl e I
gesehen wird. (3) Schon 1976 erkannten Steven Jobs und Stepehen
D i e ers ten J a h r e
Wozniak, dass Computer ein Massenprodukt werden konnten, wenn deren Bedienung nicht mehr nur den
Jobs und Wozniaks Jungendjahre waren geprägt
Spezialisten vorbehalten war. Der Apple I bestand ei-
von der Aufbruchsstimmung die im Silicon Valley der
gentlich nur aus einer Platine, die in einem Holzge-
siebziger Jahre herrschte. Intel produzierte 1971 den
häuse saß, trotzdem eröffnete er ein neues Compu-
ersten Mikroprozessor und die gesamte Küstenge-
terzeitalter: das der leicht bedienbaren Rechner für Privatpersonen. Obwohl Jobs und Wozniak nicht da-
Ap p le G es ch i cht e 1 97 6 – 20 1 0
von ausgingen, dass der Apple I schon kommerziell
197 6 Die ersten 100 Stück einer funktionstüchtigen PC-Platine,
Apple Computer wurde am 1. April 1976 in Palo Alto/Kalifornien gegründet.
32 | think! | 1 | 2011
der legendäre Apple I, wurden für 666.66 Dollar ab Mai 1976 in den Byte Shops zum Verkauf angeboten.
APPLE |
erfolgreich werden würde, bekamen Sie von einem lokalen Unternehmer – Paul Terell – den Auftrag 100 Stück davon herzustellen, allerdings mit der Auflage,
Apple II wuchs von mehreren Tausend Stück 1977, auf
dass der Apple I ein voll funktionstüchtiger Rechner
mehr als 35.000 Stück im Jahr 1979, was einen Um-
inklusive Kassettenlaufwerk sei.
zug im Jahr 1978 in ein neues Firmengelände in Cup-
Von Beginn an kristallisierte sich die ungewöhnliche
ertino nötig machte. Die Mitarbeiterzahl bis 1980 stieg
Arbeitsteilung der beiden im – am 1. April gegründe-
auf mehr als 1.000 Angestellte. Der Erfolg des Apple
ten – Unternehmen „Apple“ heraus. Wozniak, ein be-
II brachte aber auch immer mehr Konkurrenzprodukte
gnadeter „Tüftler“, arbeitete an der Weiterentwicklung
auf den Markt und die Apple Führung sah sich bald
seines Computers und Jobs kümmerte sich um die
mit der Tatsache konfrontiert, dass das Nachfolgepro-
Vermarktung und Finanzierung.
dukt, der Apple II Plus nicht mit den immer schneller steigenden Kundenwünschen Schritt halten konnte.
Der A p p le II
Als 1979 IBM ankündigte, in den PC Markt einsteigen zu wollen, konzentrierten sich die Bemühungen
Jobs Intentionen waren auch immer von dem
Apples auf die Entwicklung eines bürotauglichen PCs
Wunsch nach geschäftlichem Erfolg angetrieben, es
– den Apple III – um den Officemarkt nicht an IBM zu
reichte ihm nicht, seine Produkt-Ideen zu verwirkli-
verlieren.
chen, er wollte „Geld machen“. Deshalb suchte er nach an potenziellen Finanziers um die Produktivi-
De r Appl e III
tät steigern zu können. In Clifford Markkula – einem 34jährigen Aktienbesitzer mehrerer Elektronikfirmen –
Die technische Entwicklung des Apple III war nicht
fand er einen Mentor, der an das junge Unternehmen
mehr Wozniak unterstellt, sondern Jobs selbst leitete
glaubte.
ein Team aus 50 Mitgliedern. Er wollte seine Vorstel-
Markkula investierte 92.000 US $ Eigenkapital und
lungen vom Design einbringen und entwickelte das
bürgte für einen Kredit von weiteren 250.000 US $ bei
Gehäuse, bevor die Größe der benötigten Platine fest-
der Bank of Amerika. Damit konnten Jobs und Woz-
stand. Obwohl der Apple III bei Einführung 1980 den
niak 1977 den Apple II, den ersten richtigen Personal Computer mit Tastatur und – optional – Bildschirm, zum Preis von 1.298 US $ auf den Markt bringen. Erst durch diese finanzielle Absicherung ließ Wozniak sich überreden, seinen Job bei Hewlett Packard aufzugeben. Der Apple II war in BASIC programmiert, konnte Farbe ausgeben und durch seine zahlreichen freien Steckplätze war er mittels Speicherkarten aufrüstbar. Gleichzeitig mit Einführung des Apple II wurde ein neues Logo – das in der Silhouette bis jetzt gültige – Apple Logo zum Brand. Die Nachfrage nach dem
„Der Apple III entsprach einem Baby, das auf einer Gruppenorgie gezeugt worden war. Später klagten alle über starke Kopfschmerzen, und über das Mischlingsbaby sagte jeder: meins ist es jedenfalls nicht.“ Randy Wigginton, Mitentwickler (6)
197 7 Das Unternehmen wird in eine Aktiengesellschaft Apple produziert den ersten vollwertigen Personalcomputer, den Apple II. Dieser kostet 1.298 Dollar
umgewandelt und verbucht am Ende des ersten Geschäftsjahres 774.000 Dollar Umsatz.
und akzeptiert einen Fernseher als Bildschirm.
think! | 1 | 2011 | 33
(
innovationskultur
)
Untersucht man innovative Unternehmen so fällt oft der Name Apple. Seit 2004 wird Apple 5 mal als innovativstes Unternehmen weltweit gereiht. Wobei die einzelnen Erfolgsfaktoren nicht klar abgrenzbar sind
u Beginn verfolgte das Unterneh-
zelpersonen. So wurde im Sommer 1997 auch die
men eine radikale Produkt-Innova-
Beziehung zu Microsoft neu gestaltet, indem Apple
tionsstrategie. Bei Einführung gab
eine Kooperation mit dem ehemaligen Konkurrenten
es keine vergleichbaren Produkte,
einging und Microsofts Internet Explorer als Standard-
doch da diese meist nicht ausgereift waren, wurden
browser auf allen Macs installierte. Im Gegenzug dazu,
sie ständig weiterentwickelt, wodurch man dann von
verpflichtete sich Bill Gates das Office-Paket weitere
Neuheiten mit inkrementellen Innovationsgraden spre-
fünf Jahre für den Mac anzubieten. Gleichzeitig inves-
chen kann. (24)
tierte Microsoft 150 Millionen US $ in Apple.
Wozniak, der oft vor Mitgliedern anderer Computer-
Da keine Angaben über Gehaltszahlungen oder an-
clubs Reden hielt, betonte immer die seiner Meinung
dere Bonusprogramme zu recherchieren waren, kann
nach wichtigsten Erfolgsfaktoren von Apple: Erstens
nur über die Gründe der Einzelpersonen spekuliert
die intrinsische Intention – sie wollten Produkte her-
werden. Es ist aber anzunehmen, dass es für enga-
stellen, die sie gern selbst zu Hause hätten und mit
gierte Ingenieure sehr wohl von Interesse sein kann,
denen sie selbst gerne arbeiten würden.
bei einem so innovativen Unternehmen mit zu arbei-
Zweitens, seiner Meinung nach: Sie hatten Glück,
ten. Allerdings wurden den Mitarbeitern von Apple in
die richtigen Menschen zum richtigen Zeitpunkt zu
den Anfängen die Möglichkeit gegeben, günstig Akti-
treffen und sie an die richtigen Stellen zu setzen. (4)
en des Unternehmens zu erwerben.(8) Speziell Jobs sieht die größte Stärke des Unterneh-
Apple hat unter all seinen CEOs immer Technolo-
mens in den Talenten seiner Entwickler, seine Strate-
gie-Wissen zugekauft. Entweder in Form von Koope-
gie beruhte nie auf Kostenreduktion, sondern in der
rationen mit anderen Firmen, oder in Form von Ein-
Schaffung eines kreativen Umfeldes in dem Designer und Ingenieure die Möglichkeit haben, ihre Ideen um-
„Möchten Sie wirklich den Rest Ihres Lebens Zuckerwasser verkaufen, anstatt die Chance zu ergreifen, die Welt zu verändern?“ Steve Jobs zu John Sculley (10)
197 8
zusetzen. Das Unternehmen ist in einzelne Divisionen aufgeteilt, die Entwickler können Grundlagenforschung Apple geht an die Börse und betritt den europäischen Markt. Der Apple II wurde in der Produktionsstätte in Cork/Irland hergestellt.
1980 Apple überspringt die 100-Millionen-Dollar-Umsatzgren-
Umzug in ein neues Firmengebäude in Cupertino
ze und beschäftigte über 1.000 Mitarbeiter. Der Apple III wird der erste Flop in der Firmengeschichte
34 | think! | 1 | 2011
APPLE |
technischen Anforderungen des Marktes hinsichtlich Prozessor, Speicherkapazität und Grafikleistung entsprach, wurde er der erste Flop der Firmengeschich-
im Unternehmen, das bis zur Fertigstellung 1983 der
te. Aufgrund der von Jobs vorgegebenen maximalen
ersten PCs über 50 Millionen US $ an Entwicklungs-
Größe des PCs konnten keine adäquaten Kühlsyste-
budget verbrauchte. LISA fand zwar bei den Kritikern
me in den Rechner eingebaut werden und die PCs
großen Zuspruch, doch der Verkaufspreis von 10.000
waren nicht funktionstüchtig. (5)
US $ war für die breite Masse der Kunden zu hoch
Die 1981 vorgestellte Version des Apple III wies diese
und die fehlende Kompatibilität zu anderen Plattfor-
Fehler zwar nicht mehr auf, trotzdem blieb die Nach-
men wurde von den Kunden als zusätzlicher Mangel
frage nach diesem Produkt im Vergleich zum Apple II
angesehen.
so gering, dass Apple die Produktion des nochmals erweiterten Apple III Plus’ 1984 einstellte.
A p p le g eht a n di e B ö r s e
De r Ma c i nt osh Jobs und Sculley investieren den Großteil ihrer Ressourcen in die Entwicklung und Vermarktung des Ma-
1980, knapp vier Jahre nach Gründung, geht Apple
cintosh und am 22. Jänner 1984 wurde während des
an die amerikanische Börse und verkauft 4,6 Millionen
Super Bowl XVIII der mittlerweile legendäre Werbespot
Aktien zu je 22 US $. Schon am ersten Tag stieg der
zur Einführung des ersten Macintosh ca. 100 Millionen
Kurs auf 29 US $ und Apple hatte einen Marktwert
Fernsehzuschauern präsentiert. In einer orwellschen
von ca. 1,8 Mrd US $. Die Mitarbeiter, die in den Jah-
Zukunftsvision „erlöst“ eine bunt gekleidete Frau eine
ren davor große Aktienpakete günstig erworben hat-
Ansammlung von Menschen mit ausdruckslosen Ge-
ten, wurden somit zu Millionären bzw. Multimillionären.
sichtern von der Überwachung durch den allgegen-
Doch da Apple den Zugang in die amerikanischen
wärtigen Big Brother. Der Slogan danach lautet: „On
Büros mit dem Apple III nicht schaffte und IMB 1980
January 24th, Apple Computer will introduce Macin-
den „Big Blue“ ins Rennen schickte, der – obwohl we-
tosh. And you’ll see why 1984 won’t be like ‘1984’“
der technisch modern noch optisch neu – ein Riesen-
(10)
erfolg wurde, standen dem Unternehmen schwierige
Sculleys und Jobs kontroverse Marketingstrategie brachte der Einführung des Macintosh ein bisher nicht
Zeiten bevor.
da gewesenes Medienecho und die Entscheidung Apple arbeitete an einem neuen Computer der
den Spot nur einmalig auszustrahlen verstärkte dies
1981, oder 1982 für ca. 2.000 US $ auf den Markt
noch. Obwohl IBM nicht im Spot erwähnt wurde, war
kommen sollte. Das Konzept von LISA wurde im Auf-
die Botschaft klar, der Macintosh sollte die Antwort auf
trag von Jobs einer von Xerox entwickelter grafischen
den allgegenwärtigen Big Blue sein.
Benutzeroberfläche mit Symbolen und einer Menül-
Der Preis bei Einführung von 2. 495 US $ entsprach
eiste angeglichen, die sich fundamental von dem bis
zwar nicht mehr der ursprünglichen Vorstellung von
dahin üblichen textbasierenden Betriebssystemen
max. 500 US $, trotzdem standen die Menschen vor
unterschied. Bald galt LISA als das wichtigste Projekt
den Computerläden Schlange.
1981
1982 Apple schafft mit einem Umsatz von 583 Millionen
Stephen Wozniak verlässt Apple
Dollar als jüngstes Unternehmen den Sprung in die Top 500-Liste von Amerikas führenden Firmen.
think! | 1 | 2011 | 35
(
innovationskultur
)
ohne Kostendruck betreiben. Wenn führenden Mitar-
stellte ihm ein Team von 30 Mann zu Verfügung (26).
beitern die Weiterentwicklung eines Produktes nicht
Auch die Lizentpolitik des Unternehmens änderte sich
mehr herausfordernd genug erscheint, wird ihnen die
im Laufe des Bestehens mehrmals – je nach CEO und
Möglichkeit gegeben, neue Projekte zu initiieren. Wei-
Auftragslage.
ters werden ehemalige Mitarbeiter, die selbstständig an neuen Ideen arbeiten, oft wieder ins Unternehmen
Ein weiterer, wesentlicher Punkt ist die vom Unter-
zurück geholt. Wenn die Produktion von Produkten
nehmen verfolgte Marketingstrategie. Nicht nur, die
eingestellt wird, wird das Technologiewissen in andere
Gestaltung der Werbung war innovativ, Apple schaff-
Entwicklungen integriert. (12)
te es auch durch seine externe Kommunikation eine
Oft wird für ein Produkt in zwei mögliche Richtun-
persönliche Bindung zwischen Produkt und Kunden
gen entwickelt, so wurde seit den Anfängen von Mac
aufzubauen und so die Kundenloyalität über die Jahre
OS X daran gearbeitet, das Betriebssystem auch für
zu festigen, auch wenn die Marktlage schlecht war.
Windows basierende Rechner komaptibel zu machen.
Die Kunden fühlen sich der „Apple Community“ zu-
Gleichzeitig sicherte sich Apple die Kooperationsbe-
gehörig, deren wichtigstes Event die jährliche Mac-
reitschaft anderer Softwarehersteller damit es bei
World ist. Dieser vorangehend werden Plakataktionen
Bedarf zu keinen Lieferverzögerungen von externen
mit Vorankündigungen vorgeschalten, wobei nur die
Programmen kam.
Innovation, aber keine spezifischen Details veröffentlich werden. Weiters werden die Auslieferungstage
Aktuell kann man Apple als Unternehmen einstu-
der Produkte weltweit synchronisiert und auf den Tag
fen, dass ein „Open Innovation“ System betreibt.
genau konkretisiert, was zu einer weiteren Steigerung
Open Innovation wird als Gegenpol zum klassischen
des Interesses bei den Kunden führt. (24)
F&E System gesehen und lehnt an das Open-Source Verständnis der Softwareentwickler an. Es ist ein sich
Als letzter Punkt ist sicherlich die ungewöhnliche Art
weitgehend selbst organisierendes, eigenmotiviertes,
der Führung – nicht nur durch Steven Jobs – zu se-
internetgestütztes System zur Gestaltung von Innova-
hen. Alle der oft wechselnden CEOs übten ihre Tätig-
tionen.
keit mit großer Leidenschaft aus und versuchten den
Wenn die internen personellen Ressourcen nicht
innovativen Charakter von Apple zu erhalten. Von Ste-
ausreichen, kauft Apple auch Softwarelösungen zu
ven Jobs weiß man dass sein Führungsstil nicht von
und verringert so die Entwicklungszeit. So kaufte App-
allen Mitarbeitern geschätzt wurde (25). Er beschäftigt
le zum Beispiel die Grundidee für den iPod von einem
in den Anfängen des Unternehmens gerne junge Mit-
selbstständigen Entwickler zu, engagierte ihn und
arbeiter, die sich von seiner Begeisterung anstecken ließen, zog mit seinen Projekt-Teams oft in eigene Ge-
Apple stellt „LISA“ vor, den ersten PC mit Maus-
bäude, auf dessen Dach zum Beispiel die Piratenflag-
führung. John Sculley wechselte als CEO von
ge gehisst wurde und er sorgte für Vorzugsbehand-
Pepsi zu Apple
1983
lungen der am Projekt beteiligten Mitarbeiter.
1984
Im Geschäftsjahr 1983/84 erzielte Apple einen
… folgte der erste Macintosh (128K) mit einer gra-
Umsatz von über 1,5 Milliarden US-Dollar mit dem
fischen Oberfläche, Tonausgabe und einem hoch-
Verkauf von 1,2 Millionen Computern.
36 | think! | 1 | 2011
auflösenden Schwarzweißbildschirm. Apple schreibt erstmalig einen Quartalsverlust.
APPLE |
Doch der Macintosh war technisch nicht ausgereift, durch die fehlende Festplatte und die geringe
müssen. Sculley beauftragte damit Jean-Louis Gas-
Speicherkapazität arbeitete er träge, auch die Soft-
sée, einen ebenso großen Perfektionisten wie Steven
warehersteller, die sich vom Run auf die Geräte an-
Jobs. Das erste Apple Notebook verfügte über ein
stecken ließen, lieferten unausgereifte Produkte.
LC-Display mit einer Auflösung von 640x640 Pixel –
Gleichzeitig war das interne Entwicklerteam durch
1989 eine Innovation –, einer vollständigen Tastatur
die intensive Entwicklungsarbeit erschöpft und nicht
und einem bis zu 4MB aufrüstbaren Arbeitsspeicher.
in der Lage die Mängel zu verbessern. Erstmalig in
Obwohl das Notebook durch sein Gewicht von mehr
der Geschichte von Apple schrieb das Unternehmen
als 7 Kilogramm als mobiler Computer fast nicht zu
Verlust und musste 20% seiner Mitarbeiter verlassen.
gebrauchen war, verkaufte es sich gut und legte somit den Grundstein für alle Nachfolgeprodukte. 1991 kam
N eX T S teps
dann das PowerBook 100 auf den Markt, der erste Laptop nach heutigem Verständnis.
Der Vorstand von Apple machte mehrheitlich Jobs für die Verluste des Unternehmens verantwortlich,
d e r P ow e r PC
Jobs verließ daraufhin im September 1985 Apple und Der 1994 vorgestellte PowerPC war durch die von
gründete mit fünf Mitarbeiten NeXT. Sculley konzentrierte sich in den folgenden Mona-
Motorola weiterentwickelten 601 CPU Prozessoren
ten auf die Weiterentwicklung des Macintosh, aber
ca. doppelt so schnell, wie der damals teuerste Win-
erst 1987 schaffte der Macintosh II den Durchbruch.
dows PC. Die neue Betriebssoftware, die seit 1991
Dieser war durch seine SCSI-Schnittstelle mit anderen
entwickelt wurde, sollte endlich den Anforderungen
Geräten bzw. einem leistungsfähigen Bildschirm kom-
der Business-User gerecht werden, da sie erstmalig
patibel, im Inneren befand sich der neueste Prozessor
Möglichkeiten zur individuellen Anpassungen bot, so-
von Motorola. Durch eine leistungsfähige Grafikkarte,
wie präemptives Multitasking vorsah. Da die Umsätze
sowie die auf bis zu 128 MB erweiterbaren RAM und
konstant tief blieben und die Entwicklung neuer Pro-
die interne Festplatte von bis zu 80 MB schaffte es
dukte Aufgrund der von Amelio vorgenommenen Per-
der Macintosh zwar nicht in alle Büros, er entwickelte
sonalkürzungen nicht vorankam, setzte der Vorstand
sich aber zum führenden Werkzeug für Verlage. Die
Amelio am 6. Juli 1997 als CEO ab.
Kooperation mit Quark, das 1987 ein innovatives Layoutprogramm – XPress – auf den Markt brachte ver-
De r G3
stärkte die Position des Macintosh. Zur Produkteinführung der neuen G3 Serie, die es
D er er s te P o r t ab le PC
sowohl als günstiges Standgerät um 2.000 US $, sowie als PowerBook im Hochpreissegment um 5.700
Doch Apple entwickelte schon seit 1985 einen Por-
US $ gab, erneuerte Jobs die Zusammenarbeit mit
table PC, noch nach Jobs ursprünglichen Vorstellun-
Chiat/Day, die schon für den 1984er Werbespot ver-
gen. Danach sollte der Mac in Buchform auf keine
antwortlich zeichnete. Erstmalig konnten sich End-
der im Macintosh verwendeten Features verzichten
kunden ihren „Wunschmac“ auch elektronisch über
1985
1986 Vorstellung des Mac Plus, der über eine
Steven Jobs verlässt das Unternehmen und
SCSI-Schnittstelle verfügte und dessen
gründet NeXT und Pixar Animation Studios
Speicher bis zu 4 MB aufrüstbar war.
think! | 1 | 2011 | 37
begrüßte seine User mit einem lächelnden Gesicht. Technisch gesehen, war der iMac keine herausragende Neuerung, es wurden lediglich ein schnellerer Chip und eine standardmäßig größere Festplatte verwendet, doch Jobs Entscheidung auf Diskettenlaufwerk und SCSI Schnittstelle zu verzichten, erwiesen sich wieder einmal als zukunftsweisend. Durch die schnellere USB-Schnittstelle konnte der Mac besser mit Peripheriegeräten kommunizieren. Der iMac wurde um 1.299 US $ angeboten und war so weit günstiger als alle vergleichbaren Konkurrenzprodukte. Schon bei Ankündigung erhielt Apple 280.000 Vorbestellungen. Beim 1999 präsentierten iBook, Verkaufspreis 1.599 US $,
investierten die
Konstrukteure viel Zeit um alle Kundenwünsche zu berücksichtigen. Als extra Benefit verfügte es als ers-
m a c s t o r e 5 t h av e n u e
ter Computer über die neue WLAN Technologie, mit
die neuen AppleStores konfigurieren und bequem von
der sich drahtlose Netzwerke aufbauen ließen.
Zuhause aus ordern. Der AppleStore war Teil einer
Apple Strategie ging zu 100% auf. Durch das gute
neuen Vermarktungsstrategie, die neben dem beste-
Preis-Leistungsverhältnis konnten die hohen Ver-
henden Einzelhandel und Fachgeschäften verstärkt
kaufszahlen gehalten werden, was dem Unternehmen
das Internet mit einbezog.
einen Reingewinn von 600 Millionen US $ verschaffte.
Im Herbst 1997 startete Apple die „Think different“-
Im Jahr 2000 verkaufte Apple ca. 4.5 Millionen Macs.
Kampagne, die die Philosophie des Unternehmens
mac book pro
verdeutlichen sollte. Die Botschaft richtete sich an alle, die anders denken, sehen und hören. „Think different“ ehrte jene Querdenker wie Albert Einstein oder Mahatma Gandhi, die ihr Jahrhundert maßgeblich mitgestaltet hatten. Es sind diese leidenschaftlichen, kreativen Menschen, die unsere Welt verändern können, und genau für diese Menschen wollte Apple die besten Werkzeuge schaffen.
Der iMa c Daher entsprach der 1998 eingeführte iMac in keiner Weise dem herkömmlichen PC, statt grauen Kästen, wurden farbige Materialien verwendet, der iMac
1989 Einführung des ersten Apple Notebooks
1991 Apple verbündet sich mit IBM und Motorola gegen Microsoft
38 | think! | 1 | 2011
APPLE | Ei n e n eu e K r i s e
Int e l
Doch der Mark war gesättigt und Apple hatte keine Produkte die den Verlust aus den Absatzrückgängen
Trotzdem blieben die Apple Computer ein Nischen-
wettmachen konnten. Die Anfangseuphorie bei Einfüh-
produkt. Auch die 2002 gestartete „Switch-Kampa-
rung des iMac konnte nicht über die fehlende Wettbe-
gne“, die Windows User für Apple gewinnen sollte,
werbsfähigkeit des Mac Betriebssystems hinwegtäu-
brachte nicht die erwarteten Verkaufszuwächse.
schen. Apple hatte 1999 schon begonnen, eine neue
Apples Kooperationspartner bei der Entwicklung von
Systemstrategie zu entwickeln und so kündigte Jobs
schnelleren Prozessoren investierten Aufgrund des
2000 eine Version des neuen Mac OS X an, das keine
niedrigen Marktanteiles von Apple weniger Ressour-
Unterschiede zwischen Heim- und Office-Anwendern
cen in die Verbesserung ihrer Produkte und so wurde
beinhaltete. Die komplizierten UNIX Strukturen wur-
es für Apple schwierig mit den verbesserten PC Pro-
den hinter einer dem farbigen Erscheinungsbild des
zessoren der Konkurrenzprodukte Schritt zu halten.
iMAc angepassten Oberfläche verborgen.
Apple löste sich daraufhin aus der Abhängigkeit von
Als weitere Gegenmaßnahme stellte Apple auf der
FOTOs: courtesy of apple
Macworld 2000 seinen neuen G4 Cube vor, doch
Motorola und verwendete zwei schnelle IBM Prozessoren.
dieser entsprach nicht den Anforderungen der Kun-
Doch Jobs hatte andere Pläne und verkündete
den, da sein Prozessor im Vergleich zu Intel deutlich
2005, dass Apple zukünftig Intel Prozessoren für seine
langsamer arbeitete. Als die Fertigstellung des neu-
Rechner verwenden würde. Intel und AMD hatten sich
en Betriebssystems auf 2001 verschoben wurde, sah
in den vorangegangen Jahren um die Vorherrschaft
sich Jobs, der den Posten als CEO doch wieder an-
bei der Chipherstellung für PCs einen Wettstreit gelie-
genommen hatte, mit Kritik der Anleger konfrontiert.
fert und nach Ansicht von Steve Jobs, hatte Intel die
Doch Jobs sprach die Versäumnisse von Apple offen
besseren Produkte.
an und präsentierte den Anlegern seine Lösungsvor-
Schon seit Beginn der Entwicklung von Mac OS X
schläge. Der generalüberholte G4 wurde durch eine
unter Jobs hatte Apple die Rechner sowohl für Power-
neue Hauptplatine, bessere Grafikkarten und schnel-
PC als auch für Intel kompiliert und sich auch von den
lere Prozessoren sowie einem DVD-Brenner auf den
Softwareherstellern die Zusicherung geben lassen,
aktuellsten Stand der Technik gebracht.
ihre Programme bei Bedarf an Intel anzupassen.
Doch Steve Jobs verfolgte eine neue Strategie für
Innerhalb von acht Monaten stelle Apple die gesam-
Apple. Seiner Meinung nach würde nicht das Internet
te Produkt-Palette auf die Intel-Struktur um und war
für den Erfolg der PCs ausschlaggebend sein, son-
so plötzlich zu einer echten Alternative für PC-User
dern ihre Fähigkeit, den Bedürfnissen eines dem „Di-
geworden. 2008 verkaufte Apple zehn Millionen Macs
gital Lifestyle“ folgenden Kunden gerecht zu werden.
und hatte so seinen Marktanteil innerhalb von drei
Der Mac des 21. Jahrhunderts müsse in der Lage
Jahren mehr als verdoppelt.
sein, mit digitalen Entertainment Geräten zu kommunizieren.
Apple stellt eine neue Rechnergeneration vor, den PowerPC.
1993 Einführung des Newton und Einstellung
1994 In diesen Rechnern wurde der bisher verwendete
der Produktion des Apple II.
68000-Prozessor, durch einen wesentlichen
Sculley verliert seinen Posten als CEO
leistungsfähigeren RISC-Prozessors ersetzt.
think! | 1 | 2011 | 39
i p ad f a m i l y
iPod nicht zu viele Funktionen haben, um die Bedie-
D i e E nter t ai nm en t S t r a t e gi e
nung so einfach wie möglich zu gestalten. Jobs ging davon aus, dass die User das Gerät nur annehmen
Zurück ins Jahr 2001. Im Oktober 2001 kündigte
würden, wenn sie das Erlernen der Bedienungsfunk-
Jobs im Zuge der Bilanzsitzung die Einführung eines
tionen, ähnlich wie beim Mac, nicht viel Zeit kosten
neuen Produktes an. Mit den Worten „Say hello to
würde. Daher entwickelte Apple ein Menü, dass die
iPod“ (17) stellte er den versammelten Journalisten
User intuitiv durchforsten konnten und zu dessen Be-
einen MP3 Player vor, der ca. 1.000 Songs auf sei-
dienung nicht mehr als fünf Tasten notwendig waren.
ner Festplatte speichern konnte und mittels FireWire
Sobald man einen iPod an einen Mac anschloss,
Jobs Idee hinter der Entwicklung einer eigenen En-
startete iTunes und kopierte sämtliche Songs vom Gerät auf den Mac.
tertainment Hardware fußte auf dem Ansatz, dass
Offensichtlich bewahrheitete sich hier Wozniaks‘
der Mac als Schnittstelle für viele Geräte des digitalen
Einschätzung Apple hätte auch immer wieder Glück
Zeitalters fungieren sollte.
gehabt, die richtigen Leute zum richtigen Zeitpunkt zu
Apple hatte mit iTunes und iDVD und iMovie schon
treffen. Bei einem Routinebesuch bei Toshiba fanden
ein starkes Software Paket für die Zielgruppe der Di-
die Mitarbeiter der iPod Division eine 1.8 Zoll große
gital Lifestyle User entwickelt, aber obwohl es hervor-
Festplatte – von den Entwicklern lediglich als cooles
ragende digitale Foto- und Videokameras auf dem
Forschungsprojekt gesehen – und konnten so das
Markt gab, erfüllte keines der bestehenden Musik-
Speicherproblem für den iPod lösen.
geräte Apples Anforderungen. So beauftragte Jobs einen ehemaligen Mitarbeiter von NeXT mit der Ent-
2002 wurde die Speicherkapazität auf 20 Gigabyte
wicklung einer passenden Hardware, unter der Vorga-
erhöht und der iPod konnte auch mit Windows PCs
be möglichst viele Komponenten der Apple Technologie mit einzubinden. Seiner Meinung nach sollte der
Steven Jobs kehrt ins Unternehmen zurück. Apple erwirbt das von NeXt von Steven Jobs
1996
1997
Michael Spindler wir von Gilbert
Im August 1997 erneuerten Apple Computer und
Amelio als CEO abgelöst
Microsoft ihre Zusammenarbeit im Rahmen eines Kooperationsabkommens
40 | think! | 1 | 2011
FOTOs: courtesy of apple
Anschluss an den Mac angebunden werden konnte.
APPLE |
ipod family
Appl e b e häl t se i ne n i nno va t iv e n C h a r a k t e r Im Jahr 2000 telefonierten ca. 500.000 Menschen mit einem Mobiltelefon, 2005 war es knapp eine Milliarde. (18) Zieht man Rückschlüsse auf die ursprüngliche Intentionen der Apple Gründer aus, könnte die Veränderung der Mobiltelefone auch aus der Unzufriedenheit Jobs mit den angeboten Modellen herrühren. Schon 1999 ließ Apple sich die Domain iphone.org schützen, in einem Interview 2002 bestätigte Jobs, dass Apple an einen Smartphone arbeitete, das den verbunden werden. Innerhalb der ersten drei Jahre
Mobilfunkmarkt verändern würde. (19)
nach Einführung hielt Apple so ca. 70 % Marktanteil bei digitalen Musikplayern und im April 2007 wurden
Das iPhone war für Jobs die logische Weiterent-
mehr als 100 Millionen iPods verkauft. In Spitzenver-
wicklung von Geräten, die den Digital Lifestyle ihres
kaufsmonaten generierte der iPod so ca. die Hälfte
Users unterstützen sollten. Anbindung und Kompati-
des Gesamtumsatzes von Apple.
bilität mit allen Apple Produkten war Grundvoraussetzung. Das iPhone synchronisiert, ähnlich dem iPod,
Doch nach Jobs‘ Einschätzung der Kunden, bevor-
iphone
zugten diese im digitalen Zeitalter auch bei der Beschaffung neuer Songs eine einfache Vorgehensweise. So eröffnete Apple 2003 die iTunes Music Stores, in denen Kunden anfangs ca. 200.000 Song für je 99 Cent auf legalem Weg downloaden konnten. Dafür ging Apple Kooperationen mit den fünf größten Plattenlabels ein, was einer Revolution im Musikgeschäft gleicht kommt, da diese sich zu diesem Zeitpunkt mit massiven Umsatzeinbußen durch illegale Download und Raubkopien ihrer CDs und DVDs konfrontiert sah. Apple schaffte es für die Musikindustrie ein Vertriebsmodell aufzubauen, an dessen Entwicklung sie selber gescheitert war. Im Herbst 1997 startet Apple Computer die Aufsehen erregende „Think different“-Werbekampagne
1997 Im November 1997 läutet Apple mit der Einführung der Power Macintosh G3-Serie eine Erneuerung der
Die Apple G3 Serie wird durch eine portable Produktreihe ergänzt. (21)
1998 Apple meldet im ersten Geschäftsquartal einen Betriebsgewinn von 47 Millionen US-Dollar.
Gesamtproduktlinie ein, die erstmalig in einem AppleStore vom Endkunden erworben werden können
think! | 1 | 2011 | 41
(
biographie
)
Steven Paul Jobs In Zeiten, in denen weltweit tätige Unternehmen größtenteils Aktiengesellschaften sind, deren CEOs oft schneller wechseln, als das Geschäftsjahr, behält die Galionsfigur von Apple ihren Namen seit Firmengründung bei: Steven Paul Jobs. Er verkörpert das Unternehmen wie kein Zweiter. Schon 25 Jahre nach seiner Geburt war Steven Jobs Multimillionär. Seine visionärer, aber auch tyrannischer Führungsstil machten ihn zu einer der schillerndsten Persönlichkeiten der damals noch jungen Computerindustrie.
Steven Jobs wurde am 24. Februar 1955 in Green Bay, Wisconsin geboren. Seine unverheirateten Eltern gaben ihn aus Angst vor dem gesellschaftlichen Stigma zur Adoption frei. So kam es, dass er als Baby von Paul Jobs und dessen Frau Clara adoptiert wurde. Während seiner Kindheit lebte Steve in einer kleinen kalifornischen Stadt im Silicon Valley. Er galt als Einzelgänger, der Mühe hatte, seinen Platz im schulischen Umfeld zu finden. Im Jahr 1972 beendete er die High School und wechselte auf das Reed College in Portland, das er aber bald wieder verließ. Nach seiner Rückkehr aus Indien, wo er zwei Jahre verbrachte, begann Steve Jobs für Atari ein Videospiel zu entwickeln.
Ap p le, N eX T , Pixa r 1976 Gründung von Apple bei dem er bis 1985 blieb. Im September Gründung von NeXT, mit dem Ziel einen Computer zu entwickeln, der leistungsfähiger war als alle damals erhältlichen Computer von Apple. 1988 stellte NeXtT seinen ersten Computer vor. Zu selben Zeit gründete Jobs Pixar, ein Animationsstudio das 1995 den Disney Film Toy Story produzierte. In den ersten Jahren beschäftigte sich Pixar mit der Produktion von 3D-Grafiken und der Entwick-
2000 Jobs übernimmt wieder offizielle die Führung von Apple
42 | think! | 1 | 2011
lung von Software und Jobs investierte über 50 Millionen. Nach dem Erfolg mit Toy Story ging Pixar an die Börse und wurde zum Milliarden-Dollar-Unternehmen. Durch den Verkauf 2006 an Disney wird Steven Jobs wird größter Disney-Einzelaktionär. 1985 überreicht der amerikanische Präsident Ronald Reagan Jobs für seine Leistungen gemeinsam mit Wozniak die Nationalmedaille für Technologie.
R üc k k e hr zu Appl e Apple kaufte NeXT 1996 für mehr als 400 Millionen Dollar, um auf der Grundlage von NeXTStep das Macintosh-System der Zukunft zu entwickeln. Damit kehrte Jobs nach elf Jahren wieder in jenes Unternehmen zurück, das er 20 Jahre zuvor gegründet hatte. Bis August 2004 steht Jobs dem Unternehmen als CEO vor. Als er sich einer Krebsoperation unterziehen muss, kommuniziert er dies offen an all Mitarbeiter. Am 17. Jänner 2011 nimmt Steve Jobs erneut eine Auszeit Auugrund seiner Krebserkrankung. Steven Jobs lebt mit seiner Frau Laurene und den drei gemeinsamen Kindern im Silicon Valley. (23)
2001 Präsentation des G4 und der neuen Unternehmensstrategie für Apple Apple stellt den IPod vor
FOTO: courtesy of apple
Ki n d he i t un d Fa m i l i e
APPLE |
Kontakte und Internet-Services mit dem Mac, doch im Unterschied zum iPod war das iPhone schon bei Produkteinführung mit Windows PCs über USB kompatibel. Die den Apple Produkten gemeinsame, einfache Bedienungsführung wurde mit der Touchscreen Technologie auch auf das Smartphone übertragen. Jobs wollte von den Entwicklern ein System, welches das ursprünglichste Werkzeug der User, die fünf Finger einer Hand dazu nutzte, durch Auftippen auf Namen, Listen oder Nummern den gewünschten Dienst aus-
„( …). Apples Kunden sind sehr loyal, sie fühlen sich mit Apple verbunden, daran ändert auch die aktuelle Situation nichts.“ Steve Livinghouse, Geschäftführer eines Computerladens über Apples Probleme unter Spindler (13)
zuführen. Die Technologie die im Hintergrund benötigt wurde, kaufte Apple, wie beim iPod, größtenteils zu, achtete aber darauf sich die Rechte daran schützen
Aktualisierungen erlaubt. Der Erfolg des Tablet-Rech-
zu lassen. So wurden bis zur Einführung 2007 mehr
ners verschaffte Apple Rang drei der weltweit erfolg-
als 200 Patente für das iPhone angemeldet. Auch
reichsten Computer-Hersteller.
hier generierte Apple über den AppStore Zusatzumsätze. Die Entwickler der zum Teil kostenpflichtigen
Fa z i t
Applikationen müssen 30% der Einnahmen an Apple abliefern, was bei mehr als zehn Milliarden geladenen
In mehr als 35 Jahren schaffte Apple den Wechsel
Apps Anfang 2011 eine nicht unbeträchtliche Summe
vom kleinen Computerhersteller zu einem Weltkon-
ergibt. (20)
zern, der für innovative Produkte und einer einzigartigen Unternehmensphilosophie steht. „Think different“
D er bi sh er let z t e C lo u
war nicht nur ein erfolgreicher Werbeslogan, Apple Kunden glauben dem Unternehmen, dass es in ihnen
Beim 2010 präsentierten iPad übernahm Apple die
besondere Kunden sieht. Deswegen stehen sie viel-
Touchscreen Technologie der iPhones und übertrug
leicht auch stundenlang bei Produkteinführungen vor
sie auf ein Hochglanz-Widescreendisplay mit ca. 24
den Geschäften Schlange und akzeptieren dann die
cm Diagonalgröße. So wie der iPod die Musikbran-
Mängel die allzu oft in der Firmengeschichte bei neu
chen revolutionierte, eröffnete das iPad neue Märkte
eingeführten Produkten auftraten. Denn sie konnten
für die Print Branche. Erstmalig macht es für Verleger
sich mit der Intention hinter den Produkten zu 100 %
Sinn, eine digitale Alternative zu ihren Print-Publikati-
identifizieren, die immer war: den Kunden unnötige
onen anzubieten. Murdoch war einer der ersten Ver-
Arbeit abzunehmen. Und eines schaffte Apple immer:
leger, der Ausgaben eines seiner Produkte speziell für
die Produkte solange zu verbessern, bis sie konkur-
das iPad konzipierte.
renzlos gut waren. Wenn nicht, hatte das Unterneh-
Dafür schaffte Apple eigens eine Abofunktion für
men auch die Konsequenz das Produkt wieder vom
iTunes, die das automatische Beziehen regelmäßiger
Markt zu nehmen.
Eröffnung des iTunes Music Stores
Apple präsentiert das iPhone
20 0 3
2006
Apple rüstet auf Intel Prozessoren um verdoppelt in
2007
2 01 0 Apple stellt das iPad vor
den folgenden drei Jahren seinen Marktanteil
think! | 1 | 2011 | 43
APPLE autoren
Sigrid Raditschnig, BA Sigrid.Raditschnig@edu.fh-kaernten.ac.at
Bettina Slapnik, BA, M
Heidi Gasser, BA, M
BettinaRosemarie.Slapnik@edu.fh-kaernten.ac.at
Heidi.Gasser@edu.fh-kaernten.ac.at
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44 | think! | 1 | 2011
PORTRÄT
(
melitta bentz
)
„ Ei n e w a h r e Ka f f e e s ä c h s i n a u s D r e s d e n “
ie Metall- oder Keramikfilter des 20. Jahrhunderts schmälerten den Kaffeegenuss nicht unerheblich. Genau aus diesem Grund erfand Melitta Bentz den bis heute weltbekannten Kaffeefilter aus Papier. Vor nun fast hundert Jahren erfand sie den weltweit ersten Kaffefilter aus Papier. Ihr war es ein eher persönliches Anliegen, da sie den Kaffee ohne Kaffeesatz genießen wollte. Genau aus diesem Grund nahm sie sich einen kleinen Messingtopf und schlug mit Hammer und Nagel einige Löcher hinein. Danach ging sie zu ihrem Sohn und bat ihn um ein Löschblatt, um das heiße Wasser erstmalig durch einen Kaffeefilter rinnen zu lassen. Nach dieser ersten Erfahrung mit dem Löschpapier ihres Sohnes verbesserten sie und ihr
FOTO: ARCHIV
Mann den Filtereinsatz sowie das Papier dessen und schon wenige Monate danach war sie nun nicht mehr
der Marschallstraße 31. Das Startkapital der Familie
Melitta Bentz die Hausfrau, sonders Melitta Bentz die
Bentz lag bei „stattlichen“ 73 Reichspfennigen. Doch
Firmenbesitzerin mit einem Namen der später welt-
schon nach sehr geringer Zeit erhielten die Filterein-
weit jedem Kaffeetrinker ein Begriff sein sollte.
sätze großen Zuspruch.
Im damaligen Patentamt zu Berlin wurde ihre Erfin-
So wuchs das Unternehmen von 1915 mit 15 Mitar-
dung eingetragen als: „Kaffeefilter mit auf der Unter-
beitern und 200 Quadratmeter Produktionsfläche, bis
seite gewölbtem und mit Vertiefung versehenem Bo-
heute zu mehr als tausend Mitarbeitern heran. Die Er-
den sowie mit schräg gerichteten Durchflusslöchern
finderin des Kaffeefilters, Melitta Bentz, starb 1950 im
und dazugehörigem Filtrierpapier“.
Alter von 77 Jahren in Holzhausen (Niedersachsen).
Offizielle Unternehmerin wurde sie am 15. Dezember 1908. Ihr Firmensitz war die eigene Wohnung in
(
Ihre Enkelkinder Jörg, Stefan und Thomas führen den Weltkonzern weiter (27).
) think! | 1 | 2011 | 45
Ei n u n a n g e f o c h t e n e r Ma r k t f ü h r e r , d e r s i c h d u r c h g r o SS e s g e s e l l s c h a f t l i c h e s E n gag e m e n t a u s z e i c h n e t .
[
]
Ob bebe, o.b., Carefree, Compeed, Fenjal, Neutrogena, Penaten oder RoC, alles Markennamen, die jeder von uns kennt und die aus unserem Alltag bzw. Badezimmer nicht mehr weg zu denken wären. Hinter dieser Vielfalt an Markennamen steht die Johnson & Johnson GmbH. Ein Unternehmen in der Gesundheitsindustrie welche ihre Strategien und das eigens kreierte Firmencredo sehr glaubwürdig im Alltag verankert hat.
G es ch i chte Jo h n s o n & Jo h n s o n I n t er n a t i on a l
D a s Fi rm e nc re d o
Im Jahre 1888, also vor mehr als 120 Jahren revo-
„Das Auge ist der Spiegel zur Seele eines Men-
lutionierten drei Brüder das Gesundheitswesen durch
schen. Die Seele unseres Unternehmens ist unser
die Gründung des Unternehmens Johnson. Kurz dar-
Credo“. Dieses Credo wurde vom damaligen Com-
auf entwickelten sie bereits das erste First- Aid- Kit der
pany Chairman General Robert Wood Johnson 1943
Welt. In den darauf folgenden Jahren wurde Johnson
verfasst. Durch ihn wurde das US–Familienunterneh-
& Johnson immer mehr zum Vorreiter und Innovator
men zu einem Weltkonzern. Er erkannte schon sehr
am Gesundheitsmarkt. Zu Beginn gab es einen klei-
früh, dass ein Unternehmen nicht nur die Verantwor-
nen Familienbetrieb in New Brunswick (USA), doch
tung von Vertrieb und Produktion hat, sondern auch
nach und nach entwickelte sich Johnson & Johnson
eine Reihe von gesellschaftlichen Verantwortungen
zu einem der weltweit größten Unternehmen im Ge-
übernehmen sollte. Bereit im Jahr 1935 verfasste er
sundheitsbereich (1).
einen Aufruf an alle Industriellen zum Umstieg auf seine „New Industrial Philosophie“, indem sie ihre Verant-
Darüber hinaus spielt die soziale Verantwortung eine
wortung gegenüber den Kunden, ihren Angestellten,
überdurchschnittlich große Rolle im Unternehmen
dem Gemeinwesen und den Aktionärinnen gewähr-
Johnson & Johnson. Sie spiegelt sich in der Herstel-
leisten sollten.
lung hochqualitativer Produkte, dem Umweltschutz,
So ist auch das Leitbild von Johnson & Johnson
der Gesundheitsförderung, der Sicherheit am Arbeits-
geprägt durch das Bewusstsein der gegenseitigen
platz und zu Hause sowie in den Bedürfnissen der Ge-
Verantwortung. Der der Mitarbeiter gegenüber den
meinschaft, in der wir alle leben und arbeiten, wieder
Kunden sowie der Verantwortung des Unternehmens
(2).
gegenüber den Mitarbeitern. Darüber hinaus findet
46 | think! | 1 | 2011
sich auch die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und der Umwelt im Unternehmensleitbild von Johnson & Johnson wieder (3).
J ohnson & J ohnson
1888 Die Brüder James Wood, Edward und Robert Johnson
CSR - W h a t we c a r e ab o u t
1890
gründen das Unternehmen
Das erste Erste-Hilfe
mit Sitz in New Brunswick.
Paket wird vorge-
Nach einem katastrophalen Erdbebens in San Fran-
Das Unternehmen widmet
stellt.
cisco im Jahr 1906, leistete Johnson & Johnson zum
sich der Herstellung und Wei-
ersten Mal in der Unternehmensgeschichte Katastro-
terentwicklung von Produkten
phenhilfe. Nach diesem Ereignis wurde die Corporate
der sterilen Wundversorgung.
Social Responsibility (CSR) als integraler Bestandteil
Das Aussehen des J&J Logos
der Unternehmensphilosophie festgelegt. Der Auftrag
basiert auf der Unterschrift
lautete: „jenen zu helfen, die Hilfe benötigen.“ Heute
von James Wood Johnson.
Gründung der „Red
wird dieses Verantwortungsgefühl gegenüber der glo-
Mit diesem Schriftzug woll-
Cross Cotton“ Fabrik
balen Gemeinschaft vor allem in Form von finanzieller
ten sich die Brüder Johnson
Unterstützung sowie Produktspenden an karitative
schon damals von den Mitbe-
Organisationen rund um den Globus ausgedrückt.
werbern im Medizinproduk-
1901 in New Brunswick, heutiger Ort der Johnson Hall.
tefeld abheben. Von Beginn an ist den Brüdern auch ein gutes Verhältnis zu den Mitar-
1907
beiterInnen wichtig. In einem ausgeklügelten Kommunika-
„Panic of 1907“: Eine
tionssystem (Frage-Antwort
Finanzkrise erschüt-
Papiere) werden die MitarbeiterInnen über Firmenbelange informiert.
tert die Wirtschaft; J&J expandiert dennoch weiter.
1918 J&J startet erste Unterstüt-
1919
zungsmaßnahmen außerhalb der Company. Als erste
Das Unternehmen
Professional Education gilt
wird nach Kanada
damit die Mithilfe bei der
Jo h n s o n & Jo h n s o n M e di c a l i n Ö s t er r e i c h
erweitert.
Ausbildung von Krankenpflegepersonal und Krankenhaus-
Johnson & Johnson Österreich ist ein Teil eines rie-
management.
1924
sigen Netzwerks, welches sich über 57 Länder der Welt mit mehr als 100.000 Mitarbeiterinnen und Mit-
Gründung der
arbeitern erstreckt.
Johnson & Johnson
Johnson & Johnson Österreich hat sich zum Ziel gesetzt, durch ständige Innovation und sehr enger
Ltd. in Großbritannien.
think! | 1 | 2011 | 47
[
innovationskultur
]
I n n o va t i o n s m a n ag e m e n t b e i J o h n s o n u n d J o h n s o n a m B e i s p i e l E t h i c o n eist entstehen Ideen für Innovatio-
zur Verfügung steht, welches sich möglicherweise als
nen an vielen Orten in einer Orga-
besser erweist, möchte natürlich kein informierter Pati-
nisation bspw. im strategischen
ent das veraltete Produkt.
oder operativen Marketing, bei
Dieser dynamische Prozess bietet denjenigen Unter-
Forschung und Entwicklung oder im Außendienst. Bei
nehmen eine Chance welche sich als Vorreiter im Inno-
Ethicon wurde eine eigene Einheit in der Organisation
vationsprozess etablieren können. Um dies zu schaffen
geschaffen um das Übermaß an Projektvorschlägen zu
kooperiert Ethicon mit Meinungsforschern um jeweilige
bearbeiten und im Anschluss die besten unter ihnen in
Trends so früh als möglich zu erkennen. Dafür wurden
den Entscheidungsprozess mit einfließen zu lassen. Es
sowohl nationale als auch internationale Beratungsgre-
wird versucht alle Erkenntnisse über den Prozess der
mien eingerichtet. Um auch sehr komplexe Themen
Entstehung einer Innovation erfolgreich unter Einbezie-
bearbeiten zu können werden wissenschaftliche Kon-
hung des Kunden um zu setzen. Um dies zu erreichen
gresse organisiert, bei denen Forscher, aber auch An-
ist die Kooperation zwischen Ärzten und Ingenieuren
wender die neuesten Ergebnisse austauschen und sich
systematisch in den Entwicklungsprozess eingebet-
gegenseitig helfen sogenannte „Roadmaps“ für zukünf-
tet. Der Prozess erstreckt sich über die strategische
tige Forschungsprojekte zu entwickeln.
Planung, der Generierung der Produktidee bis hin zur Markteinführung des Produktes. In diesem Entwick-
Be da rf e rk e nne n
lungsprozess haben Ärzte nachfolgende Aufgaben:
Bevor jedoch mit der Entwicklung neuer Produkte
1. Im ersten Schritt, der Strategie: spüren sie
Trends auf,
begonnen werden kann, muss der Bedarf dafür erkannt werden. Hierbei stellen sie sich die Frage: „Welche Be-
2. Im zweiten Schritt, der Forschung: sind sie
dürfnisse des Kunden sind unbefriedigt? Welche davon
aufgefordert die jeweiligen Kundenbedürfnisse
sind ihm wichtig und entscheiden über die Effizienz und
zu finden, Produktanforderungen festzulegen,
Qualität seiner Arbeit? Für welche Bedürfnisse sind der
prinzipielle Lösungen zu finden,
Kunde und das Gesundheitswesen bereit, die Kosten
3. Im dritten Schritt, dem Übergang zur Entwick-
zu tragen? (8) Nach Beantwortung dieser Fragen läßt
lung: testen sie die Prototypen und validieren
sich das Ziel der Produktentwicklung und der Bedarf
diese, danach werden klinische Studien durch-
einer innovativen Lösung ableiten.
geführt. Im Anschluss wird untersucht in welchem Bereich
Ex t e rne I d e e n
genügend Wachstumspotential vorhanden ist bzw. wo-
Ein weiterer wichtiger Punkt wäre, dass Ethicon sehr
durch eine größere Nachfrage entstehen könnte. In der
aktiv darum wirbt, dass bspw. Chirurgen ihre hohe Kre-
strategischen Planung wird das Ziel der Produktent-
ativität und ihre Produktideen in das Unternehmen ein-
wicklung festgelegt. Im Anschluss werden die oben
bringen. Somit kann festgehalten werden, dass die Fir-
schon erwähnten Schritte durchlaufen.
menkultur bei Johnson & Johnson einen wesentlichen
Gerade im Bereich der Medizintechnik verändert sich der Markt sehr rasch. Denn wenn ein neues Produkt
48 | think! | 1 | 2011
Beitrag zur Effektivität der einzelnen Prozesse und auf die Innovationsfähigkeit hat (8).
Zusammenarbeit mit dem Personal an der Basis,
J ohnson & J ohnson
also mit Ärztinnen und Ärzten, Pflegemitarbeiterinnen
1943
sowie Mitarbeitern des Klinikmanagements, sowohl
General Robert Wood John-
qualitativ als auch menschlich die besten Leistungen
son, Sohn des 1910 verstor-
in der fortschrittlichen Medizin bereit zu stellen.
benen R.W. Johnson, schreibt
1950 Ortho Clinical Diag-
Johnson & Johnson Medical Österreich besteht aus
das berühmte Credo,
den folgenden sechs Geschäftsbereichen: Cordis,
das bis heute Gültigkeit hat
in Raritan, New Jersey,
DePuy, Ethicon, Ethicon Endo-Surgery, LifeScan und
und die Grundlage unseres
wird Unternehmens-
VisionCare (4).
1. C or di s
Handelns bildet.
bestandteil.
1946-66 J&J entwickelt sich zu einem führenden Unternehmen für Health Care
Cordis ist ein führender Anbieter von innovativen
Produkte und expandiert
Produkten auf dem Gebiet von vaskulären Erkrankun-
nach Afrika, Asien, Europa
gen. Zu den Geschäftsbereichen von Cordis zählen und Südamerika. Ethicon, Inc. mit Firmensitz in Somerville, Kardiologie, Radiologie und Biosense Webster. In vergangenen Jahren kam es zu zahlreichen Produktin-
New Jersey, wird als eigene
novationen und dadurch zu neuen Standards in der
Franchise gegründet.
Medizin und in der Behandlung von Patienten (5).
2. De P u y
nostics mit Hauptsitz
1986
1959 Die CILAG-Chemie, ein Schweizer Pharmaunternehmen, wird Teil der J&J Company.
1960 Janssen Pharmaceutica ergänzt J&J.
LifeScan wird Teil von J&J. DePuy ist seit mehr als 100 Jahren ist eines der tra-
Firmensitz ist Milpitas,
ditionsreichsten Unternehmen im Bereich der endo-
Californien.
prothetischen Orthopädie, Chirurgie und Traumatolo-
Ethicon Endo-Surgery
gie. Weitere Entwicklungsschwerpunkte liegen in den
wird als eigene Fran-
Bereichen Neurochirurgie, Arthroskopie und Sportmedizin (6). Darüber hinaus investiert die Firma DePuy fünf bis
1996 Zukauf von Cordis
sechs Prozent ihres Umsatzes in Forschung Entwick-
1998
lung neuer Produkte. An vorderster Stelle stehen da-
DePuy wird von Johnson
bei patientenschonende Operationsverfahren. Das
& Johnson zugekauft.
Resultat dieser Bemühungen sind beispielsweise Pro-
chise gegründet. Auch das European Surgical Institute (ESI) wird in diesem Jahr ins Leben gerufen.
2000
thesen mit einer Haltbarkeit von 30 Jahren und mehr.
Das Unternehmen beschäftigt
Trotzdem zeigt sich durch die jüngste Rückholaktion
weltweit ca. 122.200 Mitar-
ist ein Weltkonzern mit
von DePuy Implantaten, dass jede Innovation auch Ri-
beiter in über 175 Ländern,
einem Gesamtumsatz
siken mit sich bringt (7).
mit Produktionsstätten in 57 Ländern. Stammsitz des
FOTO: ZEISS AG
1992
Johnson & Johnson
von 29 Mrd. US-Dollar. Heute ist J&J die
DePuy „Deutschlands Beste Arbeitgeber“ 2005
Unternehmens ist in USA.
größte Health Care
Einer weiteren Herausforderung stellte sich die Fir-
Weltweit ist J&J in den drei
Company der Welt.
ma mit der Teilnahme am Award „Deutschlands Bes-
Geschäftsbereichen Consu-
Der Umsatz beträgt
ter Arbeitgeber“. Unter über 100 Unternehmen beleg-
mer, Medical Devices und
te DePuy Rang 37.
Pharma vertreten.
weltweit 61,1 Mrd. US-Dollar. (9)
think! | 1 | 2011 | 49
DePuy engagiert sich Zusätzlich engagieren sie sich für soziale Projekte,
3 . E t h i c on
im Vordergrund steht die Verbesserung der Gesundheitsfürsorge von Frauen und Kindern. Alle Mitarbei-
Ethicon ist Marktführer in den Bereichen Wundver-
ter der Firma können bei der Vergabe der jeweiligen
schluss, Implantationen, Hämostase und operativen
Fördermittel mitentscheiden. Ausgewählte Projekte
Therapieverfahren (11]).
folgend zwei Beispiele. Projekte
4 . E t h i c on E n d o- S ur g e ry Ethicon Endo-Surgery, ein weiteres Unternehmen der Johnson & Johnson Gruppe, stellt hochentwickel-
DePuy unterstützt das Projekt „Open Arms
te chirurgische Instrumenten für den Einsatz in der
Malawi“. In einem Säuglings- und Kinderheim
offenen und der minimal-invasiven Chirurgie zur Ver-
erhalten Waisen und Halbwaisen ein neues Zu-
fügung. „Ethicon Endo-Surgery wurde 1992 gegrün-
i
„DePuy unterstützt „Open Arms Malawi“
hause.
det und ist heute eines der weltweit führenden Un-
DePuy unterstützt die Kinderkrebshilfe Saar
ternehmen im Bereich der chirurgischen Stapler, der
DePuy unterstützt Projekte der Elterninitiative
laparoskopischen Instrumente sowie in der Nutzung
krebskranker Kinder im Saarland e.V.“ (10]
von hochentwickelten Energietechnologien in der Chi-
I
50 | think! | 1 | 2011
rurgie (12).“
FOTO: ISTOCKPHOTO/MICROSOFT
werden dauerhaft und nachhaltig unterstützt. Nach-
J ohnson & J ohnson 5. Li feS can Zahlreiche Dienstleistungen wie beispielsweise LifeScan ist weltweit führend im Bereich von mo-
1. Aus- und Weiterbildung (Professional Educa-
dernen und hochwertigen Blutzuckermessgeräten.
LifeScan versucht stets sich auf diesem Gebiet wei-
i
terzuentwickeln und dadurch die Lebensqualität von Diabetespatienten zu verbessern (13).
6. V i s i o n Ca re
management 2. Erprobte Konzepte für eine Verbesserung der
tauschbare Kontaktlinsen den augenoptischen Markt. „Höchste Qualitätsstandards, patentierte Herstel-
integrierten Versorgung (Action for Patient)
3. Prozessoptimierungsprogramme für erfolg-
Vision Care revolutionierte durch regelmäßig aus-
tion) für medizinisches Personal sowie Klinik-
reiches
Krankenhausmanagement
(Value
Stream)“
I und noch viel mehr wird den jeweiligen Kundinnen
und Kunden zur Verfügung gestellt (15).
lungsverfahren sowie Produktinnovationen sichern die
HCC - H e a l t h Ca re C om pl ia nc e
weltweit führende Stellung von ACUVUE® Markenkontaktlinsen (http://www.jnjmedical.at/geschaftsbereiche-vision-care.html, [04.04.2011]).“
Ein weiteres Ziel der Johnson & Johnson Medical
„Wir hören stets darauf, was unsere Kundinnen und
Group ist es, ihre Kundenbeziehungen bzw. die Be-
Kunden brauchen. Denn Erfolg im Gesundheitswesen
ziehung zu medizinischen Einrichtungen durch spezi-
bedeutet mehr als den Einsatz der richtigen medizi-
elle und strenge Richtlinien zu regeln. Hierbei geht es
nischen Produkte und Techniken. Deshalb sehen wir
nicht vordergründig um die Einhaltung von Konzern-
unsere Aufgabe viel weiter gesteckt – es geht unter
richtlinien, sondern darüber hinaus um die Einhaltung
anderem auch um Ökonomie, Aus– und Weiterbil-
und Kenntnisnahme von Gesetzen und den jeweiligen
dung oder Prozessoptimierung. Dienstleistungen in
Kodizes der Industrieverbände. Z. B. das Unterneh-
einer Form, wie sie andere nicht anbieten (14).“
mensleitbild „Unser Credo“, oder die Grundsätze der
B ec a us e we c a r e fo r yo u
Geschäftsführung. Durch diese Regelungen kann ein hohes Maß an Verantwortung gegenüber jeweiliger Partner im Gesundheitswesen, sowie ein sehr hohes
Im Mittelpunkt des Unternehmens Johnson & John-
Maß an Sicherheit und Integrität auf beiden Seiten ge-
son steht der Leitsatz „Because we care for you”. Hin-
währleistet werden. Somit stellen diese „Health Care
ter diesem Leitsatz steht, dass sie nicht nur ihre Ver-
Compliance- Richtlinien eine wichtige Basis für eine
antwortung in der Gesellschaft wahr nehmen, sondern
vertrauensvolle Geschäftsbeziehung dar. Untenste-
auch für ein umfassendes Know- how der Kundinnen
hend ein paar Beispiele:
und Kunden ihres Unternehmens Sorge tragen. Ihr Wissen durch das weltweite Unternehmensnetzwerk mit Ärztinnen und Ärzten, Schwestern und Pflegern, dem Klinikmanagement und den Wissenschaftlern immer weiter ausgebaut und weiterentwickelt. Somit hat sich das Unternehmen Johnson & Johnson zum Ziel gesetzt, „die Bedürfnisse der Kunden zu kennen und sie in ihrer Arbeit optimal zu unterstützen.
Veranstaltungen, fachspezifische Trainings • Bewirtungs- und Reisekostenübernahmen
i
wird durch ständige und langjährige Zusammenarbeit
• „Teilnahme an Kongressen, wissenschaftliche
• Spenden, Geschenke und andere Sachzu-
wendungen • Beratungs- Referenten- u. Hospitationstätig-
keiten
• Sponsoring von wissenschaftlichen Projekten“
(16) I
think! | 1 | 2011 | 51
D i e P r o ces s Ex cellen ce S t r a t e gi e v o n Jo h n s o n & Jo h n s o n
und als sogenannte „Standard of Excellence“ im Unternehmen geführt. Somit ist jede Geschäftseinheit bei Johnson & Johnson aufgefordert sich alle zwei Jahre selbst ein zu schätzen. Die interne Qualitätsabteilung
Johnson & Johnson setzt auf Six Sigma als Ma-
wurde beauftragt ein einheitliches Konzept zur Kon-
nagementtheorie. Sie haben erkannt, dass dieser in-
trolle der Qualität des gesamten Unternehmens zu
tegrierte Ansatz am Besten zum Erreichen von Busi-
entwickeln.
ness Excellence führt. Im Rahmen dessen werden
Danach war jede Geschäftseinheit aufgefordert ei-
jährlich die Besten Geschäftseinheiten ausgezeichnet
nen eigenen Katalog mit Verbesserungsmaßnahmen zu verfassen. Auf Basis dessen war es dann möglich alle wichtigen Zusammenhänge zwischen den
w a s i s t s ix s ig m a ?
einzelnen Prozessschritten zu erkennen. Im Beispiel des Konzerns von Johnson & Johnson ist deutlich zu erkennen, dass sich eine einheitliche Unternehmens-
Auf der Suche nach verschiedenen Verbesserungskonzepten und nach einem Weg zur Redu-
strategie sehr positiv auf alle Bereiche des Unternehmens auswirken.
zierung der Menge an Variationen entscheiden sich viele Unternehmen für Six Sigma. Der Grund
Die Hauptverantwortlichkeit der Einführung und vor
hierfür ist, dass mit Six Sigma eine Menge an
allem Weiterentwicklung einer Strategie wie Six Sigma
Verbesserungspotential in einer Vielzahl an Be-
obliegt jedoch der Unternehmensleitung. Alle Maß-
reichen umgesetzt werden kann. Six Sigma ist
nahmenkataloge werden nach dem sogenannten Top
also ein Geschäftsprozess bei dem allen Unter-
Down Prinzip eingeführt, d.h. alle wichtigen Parame-
nehmen ermöglicht wird, dass sie ihre Prozesse
ter wie Kunden, Mitarbeiter, Prozesse oder Innovation
erheblich verbessern, indem sie alltägliche Aktivi-
müssen berücksichtigt werden. Danach werden diese
täten so entwickeln und überwachen, das sie jeg-
nach dem bekannten Regelkreisprinzip geplant, ge-
liche Verschwendung von Ressourcen minimie-
steuert und überwacht (18.).
ren jedoch gleichzeitig ihre Kundenzufriedenheit Der Qualitätsbeauftragte der Johnson & Johnson
steigern (17). Es gibt unterschiedliche Sichtweisen bzw. Be-
Unternehmensgruppe führte im Rahmen einer Fach-
trachtungsweisen was Six Sigma ist, diese wer-
konferenz zum Thema: „Six Sigma in Chemie- und
den untenstehend angeführt:
Pharmaunternehmen“ die folgenden Komponenten
• „der Ausdruck für die Güte eines Prozesses, der
im Mittel nur 3,4 Defekte (oder Fehler) bei einer
Million Fehlermöglichkeiten erzeugt; • eine Methodenlehre, um Probleme zu lösen oder um operative und innerbetriebliche Pro-
zesse zu optimieren; • die Implementierung und Anwendung der Six
Sigma-Methoden in einem Unternehmen, wo-
bei Aufgaben, Rollen und Verfahren gemäß all-
gemein gültiger Standards verwendet wer-
den.“ (20)
„1. Regelmäßige Business Assessments: Ermitt
lung der Stärken und Schwächen und strate-
gischen Ausrichtung der Organisation, 2. Dashbords: die Organisation „auf Kurs“ halten
i
an:
und Verbesserungen messen,
3. Kombination aus Six Sigma/ Design Excel-
lence/ Lean Management: pragmatisch ange-
wandter Methoden-Mix, um in den ausge-
wählten Bereichen zu arbeiten (19).“
I
52 | think! | 1 | 2011
firmencredo
johnson & johnson
ALLEM VORAN STEHT UNSERE VERANTWORTUNG GEGENÜBER DEN ÄRZTEN, KRANKENSCHWESTERN UND PATIENTEN, ABER AUCH GEGENÜBER MÜTTERN, VÄTERN UND ALL DEN MENSCHEN, DIE UNSERE PRODUKTE VERWENDEN ODER UNSERE DIENSTE IN ANSPRUCH NEHMEN. DIE ERFÜLLUNG IHRER ANSPRÜCHE ERFORDERT VON UNS STETS HOHES QUALITÄTSNIVEAU. WIR MÜSSEN STÄNDIG BEMÜHT SEIN, UNSERE KOSTEN SO NIEDRIG WIE MÖGLICH ZU HALTEN, DAMIT WIR VERNÜNFTIGE PREISE BEIBEHALTEN KÖNNEN. AUFTRÄGE UNSERER KUNDEN MÜSSEN UMGEHEND UND ZUVERLÄSSIG AUSGEFÜHRT WERDEN. UNSEREN LIEFERANTEN WIE AUCH UNSEREN ABNEHMERN SOLLEN WIR DIE MÖGLICHKEIT GEBEN, EINEN ANGEMESSENEN GEWINN ZU ERZIELEN. VERANTWORTUNG TRAGEN WIR AUCH FÜR UNSERE MITARBEITER, FÜR ALLE JENE FRAUEN UND MÄNNER, DIE AUF DER GANZEN WELT BEI UNS TÄTIG SIND. JEDER VON IHNEN IST ALS INDIVIDUUM ZU ACHTEN. IHRE WÜRDE MUSS RESPEKTIERT UND IHRE VERDIENSTE MÜSSEN ANERKANNT WERDEN. SIE MÜSSEN AUF DIE SICHERHEIT IHRES ARBEITSPLATZES VERTRAUEN KÖNNEN. DIE VERGÜTUNG FÜR DIE ARBEIT MUSS FAIR UND ANGEMESSEN SEIN, DIE ARBEITSPLÄTZE UNFALLSICHER, SAUBER UND ORDENTLICH. WIR MÜSSEN UNSERE MITARBEITER AUCH BEI DER WAHRNEHMUNG IHRER VERANTWORTUNG GEGENÜBER IHREN FAMILIEN UNTERSTÜTZEN. DIE MITARBEITER SOLLEN SICH ERMUTIGT FÜHLEN, VORSCHLÄGE ZU MACHEN UND AUCH BESCHWERDEN VORZUTRAGEN. BEI ENTSPRECHENDER QUALIFIKATION MUSS CHANCENGERECHTIGKEIT GEGEBEN SEIN, SOWOHL BEI DER EINSTELLUNG ALS AUCH BEI FÖRDERUNG UND BEFÖRDERUNG. DABEI IST ES UNSERE AUFGABE, DAFÜR ZU SORGEN, DASS FÄHIGE FÜHRUNGSKRÄFTE ZUR VERFÜGUNG STEHEN, DIE GERECHT UND ETHISCH HANDELN. VERPFLICHTET FÜHLEN WIR UNS AUCH GEGENÜBER DEM GEMEINWESEN, IN DEM WIR LEBEN UND ARBEITEN, ABER AUCH GEGENÜBER DER GANZEN MENSCHHEIT. WIR MÜSSEN UNS ALS GUTE STAATSBÜRGER ERWEISEN, DAS GEMEINWOHL IM AUGE HABEN, WOHLTÄTIGKEITS-ORGANISATIONEN UNTERSTÜTZEN, SOWIE AUCH UNSEREN ANGEMESSENEN TEIL AN STEUERN TRAGEN. WIR MÜSSEN UNS DIE VERBESSERUNG ALLGEMEINER LEBENSBEDINGUNGEN, SPEZIELL DER GESUNDHEITSFÜRSORGE UND DER BILDUNG, EINSETZEN. WIR HABEN DAS FÜR UNSERE ARBEIT ANVERTRAUTE FIRMENEIGENTUM IN GUTEM ZUSTAND ZU ERHALTEN UND WOLLEN DABEI DEN SCHUTZ DER UMWELT NICHT AUSSER ACHT LASSEN. SCHLIESSLICH SIND WIR UNSEREN AKTIONÄREN GEGENÜBER VERANTWORTLICH. EIN ANGEMESSENER GEWINN MUß ERWIRTSCHAFTET WERDEN. WIR SOLLEN NEUE IDEEN GEGENÜBER STETS AUFGESCHLOSSEN BLEIBEN. DIE FORSCHUNG IST VORANZUTREIBEN, FORTSCHRITTLICHE ENTWICKLUNGSPROGRAMME SIND ZU ENTWERFEN, DURCH FEHLER ENTSTANDENE VERLUSTE MÜSSEN GETRAGEN WERDEN. NEUE AUSRÜSTUNGEN MÜSSEN ERWORBEN, NEUE EINRICHTUNGEN ERSTELLT WERDEN; AUCH SIND NEUE PRODUKTE AUF DEN MARKT ZU BRINGEN. RESERVEN ALS VORSORGE FÜR SCHLECHTERE ZEITEN MÜSSEN GEBILDET WERDEN. WENN WIR NACH DIESEN GRUNDSÄTZEN HANDELN, WERDEN DIE AKTIONÄRE EINE ANGEMESSENE DIVIDENDE ERWARTEN KÖNNEN.” (22)
think! | 1 | 2011 | 53
K U rz g e f asst
K u n d e n v e r s t ä n d n i s u n d S t r a t e gi e p r o z e s s z e n t r a l e E r f o l g s f a k t o r e n f ü r I n n o va t i o n e n abei sind höhere FuE-Ausgaben
Ausgaben vor. Die Liste wird von Toyota, Pfizer und
alleine kein Erfolgsgarant. Beson-
Ford angeführt. Unter den Top 10 nehmen mit Daim-
ders erfolgreiche Konzerne orga-
lerChrysler (5) und Siemens (9) zwei deutsche Konzer-
nisieren vielmehr den gesamten
ne vordere Plätze ein. Gegen den Trend haben beide
Innovationsprozess von der Ide-
Unternehmen allerdings ihre FuE-Ausgaben um 5,6
enfindung über die Entwicklung bis zur Vermarktung
Prozent bzw. 2,5 Prozent gegenüber 2005 gesenkt.
des fertigen Produkts nach strategischen Vorgaben.
Weitere deutsche Vertreter unter den ersten 100 sind:
Dabei evaluieren sie konsequent die Projektfortschritte.
Volkswagen (15), BMW (33), Bayer (39), SAP (60),
Die Macher der Studie stellen fest:
BASF (65), Infinion (66) und Merck (100).
„Das profunde Verständnis der Kundenbedürfnisse ist das zentrale Erfolgskriterium. Entwicklungsabteilungen,
W e i t e re E r g e b n i sse d e r S t u di e :
die ihre Kunden direkt in den Innovationsprozess einbe-
•
75 Prozent der in 2006 investierten 447 Milliarden
ziehen, führen zu einer doppelt so hohen Gesamtkapi-
US-Dollar entfallen auf die besonders for-
talrendite. Das Wachstum des operativen Ergebnisses
schungsintensiven Bereiche Computer- und
ist sogar dreimal so hoch wie bei Wettbewerbern, die
Elektronikindustrie mit 127 Milliarden US-Dollar,
nur einen indirekten Kundenzugang haben.“
den Gesundheitssektor mit Milliarden US-Dollar
Zudem erzielen Player, die ihre Innovationsstrategie
sowie die Automobilhersteller mit 74 Milliarden
direkt aus der Unternehmensstrategie ableiten, in den
US-Dollar.
letzten drei Jahren ein um 40 Prozent stärkeres Wachs-
•
Die Top 100 stehen für 64 Prozent der FuE-Aus-
tum des Betriebsergebnisses und eine doppelt so hohe
gaben der „Global Innovation 1.000“.
Eigenkapitalrendite wie solche, die diese beiden Strate-
•
Geschätzte globale FuE-Ausgaben 2006: 879
giebereiche nur schwach koppeln.
Milliarden US-Dollar. Damit stehen die „Global
So hat beispielsweise der DAX-Konzern Adidas diesen
Innovation 1.000“ für 84 Prozent der Unterneh-
Kundenfokus sowie das Thema Innovation konsequent
mens- und 52 Prozent der globalen FuE-Ausga-
in der Unternehmensstrategie verankert und umgesetzt.
ben (inklusive Non-Profit-Organisationen sowie
Die Folge: Auch 2006 zählt der Sportartikelhersteller
Regierungen).
zu den so genannten „high-leverage-Unternehmen“. FuE-Ausgaben auf, übertreffen aber ihre Wettbewerber
Design der Studie „Global Innovation 1.000“ von Booz Allen Hamilton:
nicht nur bei Umsatz und Gewinnwachstum, sondern
Für die Studie identifizierte Booz Allen Hamilton die Top
auch bei der Kursentwicklung. Diese Gruppe der Top-
1.000 der globalen Unternehmen, die ihre FuE-Ausga-
Innovatoren wuchs 2006 von 94 auf 118 Mitglieder und
ben veröffentlichen. In einem zweiten Schritt wurden für
damit 11 Prozent der untersuchten Unternehmen an.
die Studie die wichtigsten Finanz-, Umsatz-, Ertrags,
Weitere prominente Beispiele dieser Outperformer in
Kosten- und Profitabilitätskennzahlen der vergangenen
Sachen Innovation: Apple, Ebay oder Black&Decker.
sechs Jahre analysiert und in Zusammenhang mit den
Deutsche Unternehmen weiterhin auf vorderen Plätzen
historischen Ausgaben für FuE gebracht. Die Zuord-
Mit der Studie stellt Booz Allen Hamilton auch ein Ran-
nung der Firmen zu Regionen folgt der Angabe des
king der Unternehmen mit den weltweit höchsten FuE-
Unternehmenssitzes. (21)
Diese weisen zwar im Branchenvergleich niedrigere
54 | think! | 1 | 2011
JOHNSON & JOHNSON literatur 1. http://www.jnjmedical.at/unternehmen-wer-wir-sind.html#JnJAustria, 16.03.2011
autoren
2. http://www.jnjmedical.at/sites/all/files/Geschichte%20JNJ.pdf 16.03.2011 3. http://www.jnjmedical.at/unternehmen-wer-wir-sind.html#JnJAustria, 16.03.2011 4. http://www.jnjmedical.at/unternehmen-wer-wir-sind.html#JnJAustria, 16.03.2011 5. http://www.jnjmedical.at/geschaftsbereiche-cordis.html, 04.04.2011 6. http://www.jnjmedical.at/geschaftsbereiche-de-puy.html, 04.04.2011 7. http://www.charity-label.com/de/eigendarstellung/index. html?INR=431, http://kurier.at/nachrichten/gesundheit/2098583.
Heidi Gasser, BA, M Heidi.Gasser@edu.fh-kaernten.ac.at
php 22.05.2011 8. Engel, D. (2007): Der Kunde als Innovationspartner. Motivation, Prozesse und Erfahrungen bei der Einbindung von Kunden als aktive Partner im Innovationsmanagement der Ethicon GmbH. In: Engel, K./ Nippa, M.: Innovationsmanagement. Von der Idee zum erfolgreichen Produkt. Physika Verlag: Heidelberg, New York. S- 131- 150. 9. http://www.jnjmedical.at/sites/all/files/Geschichte%20JNJ.pdf 16.03.2011 10. http://www.jnjmedical.at/geschaftsbereiche-de-puy.html, 04.04.2011 11. http://www.jnjmedical.at/geschaftsbereiche-ethicon.html, 04.04.2011
Sigrid Raditschnig, BA, Sigrid.Raditschnig@edu.fh-kaernten.ac.at
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Bettina Slapnik, BA, M BettinaRosemarie.Slapnik@edu.fh-kaernten.ac.at
18. Chrom, S. (2007): Europäische Implementierungsansätze für Six Sigma- Eine interkulturelle Betrachtung. In: Armin Töpfer (Hrsg): Six Sigma. Konzeption und Erfolgsbeispiele für praktizierte Null- Fehler- Qualität. Springer: Berlin, Heidelberg, New York. 19. Fachkonferenz der FH Köln: „Six Sigma in Chemie- und Pharmaunternehmen“ In: http://www.f08.fh-koeln.de/imperia/md/content/personen/professoren/schmieder_matthias/050906_kurzber_sixsigma.pdf, 05. 04. 2011 20. Fleig, J: Anspruchsvoll. Systematisch zum fehlerlosen Unternehmen mit Six Sigma. In: http://www.business-wissen.de/qualitaetsmanagement/anspruchsvoll-systematisch-zum-fehlerlosenunternehmen-mit-six-sigma/, 05.04.2011 21. http://www.business-wissen.de/unternehmensfuehrung/ forschungsbudgets-unternehmen-geben-mehr-aus-fuer-forschung-und-entwicklung/, 05.04.2011 22. http://www.jnjgermany.de/fileadmin/user_upload/pdf-Dateien/credo.pdf , 15.03.2011
think! | 1 | 2011 | 55
Z
nnovation ist die Kunst einen lukrativen Markt zu finden und dessen bestehendes Angebot, auf eine kreative Weise, zu verbessern und dessen Erfolgspotenziale rechtzeitig zu erkennen. Erfolgreiche Pioniere identifizieren die wahren Wünsche der Kunden und bedienen sie mit einem intelligenteren, besseren, leistungsfähigeren Produkt, mit einem Service, der mehr liefert, als die Konkurrenz. Sie heben sich von der Masse ab und stechen aus dem Meer an Anbietern heraus. IKEA und OLYMPUS sind zwei höchst unterschiedliche Unternehmen. In beiden Unternehmen spielt Innovation eine wichtige Rolle, wenn auch in unterschiedlichen Formen und Ausprägungen. Von den Gründern (Ingvar Kamprad – IKEA und Takeshi Yamashita –OLYMPUS) und deren persönlichen Geschichten stark geprägt erlangten sie Weltberühmtheit. Der wirtschaftliche Erfolg zeigt sich in den Umsatzzahlen. Im Jahr 2010 erwirtschaftete IKEA mit einem Mitarbeiterstand von 127.000 einen Umsatz von 16,1 Mrd. EUR. Olympus mit weltweit 35.276 Mitarbeitern 7,2 Mrd. Dabei gilt zu berücksichtigen, dass IKEA als Stiftung und Handelsunternehmen mit ihren Produkten ein ganz anderes Geschäftsfeld bedient als das börsennotierte Handels- und Forschungsunternehmen OLYMPUS. Ein Vergleich scheint daher erheblich erschwert. Während OLYMPUS in der Entwicklung und Produktion von Analysesystemen
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z
KURZFASSUNG
für Medizin und Industrie sowie Digitalkameras und anderen optischen Komponenten den Fokus auf Qualität und Arbeitseffizienz legt und sich sehr stark in der Forschung engagiert, ist dies für das Handelsunternehmen IKEA keine notwendige Basis zur Weiterentwicklung von Produkten. IKEA legt sein Augenmerk auf modernes, farbenfrohes Design und Kosten- & Ressourceneffizienz, man hat sich die „Leistbarkeit für Alle“ zum Auftrag gemacht. Die Geschichte zeigt, das Ziel ist erreicht. Ausschließlich an den Produktneuheiten gemessen muss OLYMPUS als Innovationsunternehmen bezeichnet werden. IKEA hingegen ist ein Vorreiter im Bereich der Kundenbindung. Jedoch erscheint das Innovationssystem bei OLYMPUS nachhaltiger zu sein, was sich auch in der firmeneigenen UmweltCharta und der Social-IN Strategie wiederspiegelt. Dahingegen konzentriert man sich bei IKEA auf Kooperationen mit wichtigen Institutionen wie WWF und UNICEF. Die Ausrichtung der Geschäftstätigkeiten auf die Kundenbedürfnisse ist sowohl bei IKEA als auch bei OLYMPUS stark verankert und spiegelt sich jeweils in den Werbeslogans wieder: „Wohnst du noch oder lebst du schon“ (IKEA) und „Your Vision, Our Future“ (OLYMPUS). Die unterschiedlichen Ansätze vom Innovationgedanken in den Unternehmen sind wegweisend für weitere Unternehmen und verdienen höchsten Respekt!
IKEA | OLYMPUS
Von Viktoria Hocke, Bernadette Irnberger, Angelika Mandl und Manuela Reinbacher.
®
Möbel für den Olymp Innovationskraft als Erfolgsrezept Innovation ist die Kunst einen lukrativen Markt zu finden und dessen bestehendes Angebot, auf eine kreative Weise, zu verbessern und dessen Erfolgspotenziale rechtzeitig zu erkennen. Erfolgreiche Pioniere identifizieren die wahren Wünsche der Kunden und bedienen sie mit einem intelligenteren, besseren, leistungsfähigeren Produkt, mit einem Service, der mehr liefert, als die Konkurrenz. Sie heben sich von der Masse ab und stechen aus dem Meer an Anbietern heraus. Unternehmen wie IKEA und Olympus können hinsichtlich ihres Produktsortiments unterschiedlicher nicht sein. Umso spannender scheint es, gerade diese hinsichtlich ihres Innovationsmanagements zu analysieren und Vergleiche dahingehend anzustellen.
think! | 1 | 2011 | 57
®
Ein Beispiel dafür, dass man mit ein wenig Geschick und Ideenreichtum, zu Milliarden kommt, ist der IKEAGründer Ingvar Kamprad. Möbel scheinen kein lukrativer Markt zu sein, aber seine Ideen und die schnelle Reaktion auf ökonomische und gesellschaftliche Veränderungen, haben IKEA zu einem weltweit agierenden Unternehmen gemacht, das selbst in Zeiten der Weltwirtschaftskrise Gewinne einfährt.
T h e I K E A Wa y
Abbildung 3 Erfolgsrezept - Flache Pakete
IKEA besinnt sich seit Jahrzenten auf seine schwedischen Wurzeln, hierfür sind nicht nur die Farben des
diesen Ansatz vertritt IKEA und gestaltet ein attraktives
Logos, das Geld und Blau der schwedischen Flag-
Angebot für Jedermann, ob jung oder alt und auch für
ge, ein Indiz. Den Menschen aus Småland sagt man
Menschen die nicht so viel im Portemonnaie haben.
nach, dass sie bescheiden sind und aus den wenigen Ressourcen, die ihnen die Natur gibt, das bestmög-
Um dies zu erreichen, versucht IKEA an allen Pro-
liche machen wollen. Diesen Ansatz hat auch IKEA
duktionspunkten anzusetzen und die Kosten niedrig
übernommen, in dem sie Artikel mit guter Qualität zu
zu halten. Die Einsparungen sollen direkt für den Kun-
einem niedrigen Preis anbieten wollen. Schweden ist
den spürbar werden, indem sich das Sortiment ver-
aber auch für sein Sozialsystem bekannt, das ver-
billigen, ohne an Qualität ein zu büßen. Um dies zu
sucht allen Menschen die gleichen Möglichkeiten zu
erreichen müssen innovative Wege und Methoden ge-
gewährleisten, sowie Arm und Reich diesel-
funden werden, was seit Beginn der IKEA Geschichte
ben Möglichkeiten zu bie-
ein Hauptinteresse Kamprads war.
ten. Auch
Hierfür werden zunächst Berechnungen angestellt, wie teuer ein Produkt werden kann und sollte. Auf Basis dieser Berechnung werden dann Händler und Hersteller ins Boot geholt um niedrige Preise, schon auf der Werkebene, zu gewährleisten. Dabei wird auf die bestmögliche Nutzung der Ressourcen, durch effizienten Einsatz von Rohstoffen, die Anwendung technischer Innovationen und das bestmögliche Design, geachtet. Wichtig ist auch die Senkung der Transportkosten, dies wird vor allem durch die flachen Pakete erreicht, die es ermöglichen die Artikel leicht und efAbbildung 2 Streichhölzer - der Beginn IKEAs
58 | think! | 1 | 2011
fektiv zu lagern und sie den Kunden zur Selbstmontage mitzugeben.
Ingvar Kamprad
ZUR PERSON
amprad wurde 1926 in der Provinz Småland, im Süden Schwedens, geboren. Er wuchs auf dem Bauernhof Elmtaryd, nahe dem Dorf Agunnaryd auf. Schon als kleiner Junge fing er an Geschäfte zu betreiben. Er verkaufte Streichhölzer an seine Nachbarn und kaufte sich vom Gewinn ein Fahrrad um sein Verkaufsgebiet weiter auszubreiten. Nach einiger Zeit fand er heraus, dass er in Stockholm Streichhölzer in einer größeren Menge zu niedrigen Preisen kaufen kann, um diese dann mit einem niedrigen, aber profitbringenden Preis weiter verkaufen zu können. Später expandierte er und fing an Haushaltswa-
Abbildung 1 Ingvar Kamprad
ren an den Mann zu bringen, hierzu gehörten Kugelschreiber, Tischdecken, Schmuck und diverse andere
Leben hin. Unter anderem hält er auch seine Ange-
Gebrauchsgegenstände.
stellten an sparsam zu sein und Blätter beidseitig zu
Mit 17 erhielt Kamprad von seinem Vater eine Be-
beschreiben. Auch in seinem Werk mit autobiographi-
lohnung für die erfolgreich abgeschlossene Schule
schen Zügen „Das Testament eines Möbelhändlers“
und den Beginn des Studiums an der Handelsschule
wird auf die Ideen und die Umsetzung hinter IKEA
Göteborg. Er benutzte das Geld als Startkapital für
verwiesen und klargestellt wie wichtig Sparsamkeit
die Erfolgsgeschichte, die hinter IKEA steckt. Die Na-
ist. Über den bescheidenen Lebensstil Kamprads
mensfindung schien ganz einfach - IKEA setzt sich
ist allerhand zu hören, zum einen sind Schweden für
aus den Initialen Kamprads und aus den Anfangs-
Sparsamkeit bekannt, zum anderen ist es eine PR-
buchstaben von Elmtaryd, seinen Familienhof, und
Masche sich - frei nach dem IKEA-Prinzip, niedrige
Agunnaryd, dem nahe gelegenen Ort, zusammen.
Preise für gute Qualität - von unnötigem Luxus fern zu
(Ingvar Kamprad, Elmtaryd, Agunnaryd)
halten und ein gemütliches Leben zu führen. Selten
Auf Grund einer Schwäche für Zahlen, die es Kam-
hört man von dem Landbesitz in Schweden, der Villa
prad erschwerte sich Seriennummern zu merken, fing
in der Schweiz oder dem Weingut in Frankreich. Nicht
er an den Produkten schwedische Namen zu geben.
umsonst gehört Kamprad zu den reichsten Unterneh-
Dies differenzierte er soweit, dass die Namensgebung
mern der Welt. Sein Vermögen wird, laut Forbes, auf
heute auf einem System beruht. So werden beispiels-
23 Mrd. US-Dollar geschätzt.
weise Badezimmerartikel nach Flüssen und Seen be-
Kamprad ist in zweiter Ehe verheiratet, aus dieser
nannt, Gartenartikel nach Inseln. Und so gibt es für
Ehe entstammen drei Kinder: Peter Arras Feodor (*
jede Produktsparte Benennungsregeln, die im Laufe
1964), Hans Jonas Ingvar (* 1966) und Niclas Achim
der Jahrzehnte mit der Ausweitung des Sortiments
Mathias (*1969), alle drei bekleiden Positionen in den
entstanden.
Vorständen und leiten Abteilungen bei IKEA. Aus ers-
Seit 1976 wohnt Kamprad in Schweden und weißt immer wieder auf sein sparsames und einfaches
ter Ehe stammt eine Adoptivtochter, mit der er wenig Kontakt hat.
think! | 1 | 2011 | 59
Abbildung 4 Innovativ - Möbelzusammenstellungen als Einrichtungsidee Kurz gefasst besagt die IKEA Geschäftsidee: „Wir
Sei t J ahrz e nt e n e rf ol gr ei c h
wollen ein breites Sortiment formschöner und funk-
Die Geschichte Ikeas ist wohl auch die Geschichte
tionsgerechter Einrichtungsgegenstände zu Preisen
Ingvar Kamprad, wie berichtet begann alles mit dem
anbieten, die so günstig sind, dass möglichst viele
geschäftstüchtigen Jungen aus dem Småland, der
Menschen sie sich leisten können.“ Menschen mit
seine Nachbarn mit allerhand Nützlichem versorgte.
unterschiedlichen Bedürfnissen, Wünschen und Ge-
Schon damals wusste er, dass er ein eigenes Unter-
schmäckern.
nehmen aufbauen wollte.
Um den Kunden bei der Auswahl der richtigen Wa-
1943 ließ sich Ingvar Kamprad den Namen IKEA
ren zu helfen, war IKEA das erste Einrichtungshaus,
schützen und verkaufte anfangs weiter Gebrauchsge-
das die Artikel in einer Zusammenstellung als Einrich-
genstände, die er versuchte zu einem günstigen Preis
tungen darstellte.
gewinnbringend an die Menschen zu verkaufen. Das Geschäft lief gut und so begann Kamprad seine Pro-
Ein letzter Punkt der Unternehmensphilosophie,
dukte mit Hilfe des örtlichen Milchwagens und einigen
ist die Verantwortung für die Umwelt. Nach häufiger
Inseraten in größerem Umfang und einem erweiterten
Kritik, dass IKEA das illegale Abholzen in bestimmten
Gebiet zu verkaufen.
Regionen unterstützt, wurde vermehrt darauf geach-
Ab 1948 werden auch Möbel verkauft, die von orts-
tet klarzustellen, dass IKEA auf akzeptablen Arbeits-
ansässigen Herstellern bezogen wurden. Die Nachfra-
bedingungen, regenerierbare Ressourcen und den
ge war groß und so fing IKEA an sich auf die Produk-
Schutz der Umwelt und des Klimas achtet.
tion und den Verkauf von Möbeln zu konzentrieren.
IKEA möchte als langlebiges und verantwortungsvolles Unternehmen wahrgenommen werden.
60 | think! | 1 | 2011
1951 erschien der noch heute beliebte IKEA Katalog, der als erstes Möbel in Zimmern abbildete und
IKEA |
Abbildung 6 Offener Lagerraum für die Kunden ten und so gebaut werden konnten das sie sich zum Selbsttransport und -montage eigneten. Anfang der 60er Jahre verschärfte sich der Preiskampf und andere Möbelhäuser, die von dem selber Hersteller bezogen, forderten Kunden und Händler zum Boykott IKEAs auf. Kamprad umging die Zulieferschwierigkeiten indem er nun Geschäftsbeziehungen Abbildung 5 Frontansicht
nach Polen suchte und sich von dort beliefern ließ,
des ersten IKEA-Katalogs
IKEA wurde somit international tätig. So wundert es nicht, dass nach dem ersten Einrich-
so zum wichtigsten Bindeglied zum Kunden wurde.
tungshaus, 1985 in Älmhult, schon 1963 das erste
Ein weiterer wichtiger Fortschritt war die erste Möbe-
Haus außerhalb Schwedens in Oslo, Norwegen, er-
lausstellung 1953 in Älmhult, Schweden. Hier konn-
richtet wurde.
ten Kunden erstmals die Waren vorher betrachten
Die Eröffnung in Oslo übertraf alle Erwartungen und
und sich von der Qualität des Produktes überzeugen.
die Mitarbeiten kamen in Handlungszwang, da sie die
Kamprad reagierte damit auf einen starken Preis-
Vielzahl an Bestellungen nicht zu bearbeiten schafften.
kampf, mit seinen Konkurrenten, der drohte sich auf
Auch hier wird wieder einmal die Findigkeit Kamprads
die Qualität der Produkte auszuwirken. Schon damals
zum Glücksfall. Er ließ die Lager öffnen, sodass Kun-
ergreift Kamprad die Idee vom Selbsttransport der
den ihre Waren selber suchen und mitnehmen konn-
nach und nach verfeinert wurde. Dazu kam, dass die
ten. Noch heute ist dies Praktik des offenen Lager-
Möbel nun vermehrt aus eigener Produktion stamm-
raums, ein Merkmal IKEAs.
think! | 1 | 2011 | 61
Um auf sinkende Besucherzahlen zur Mittagszeit zu
und stellte den Konzern unter den Besitz einer Stif-
reagieren integrierte Kamprad schon früh ein Restau-
tung, die Stichting INGKA Foundation, mit Sitz in den
rant im ersten Einrichtungshaus, das den gewünsch-
Niederlanden.
ten Erfolg erzielte, die Kunden länger im Haus zu
Zwei Jahre später begrüßt Ingvar Kamprad sein
halten und nun Einzug in allen folgenden Geschäften
10.000 Mitarbeiter und freut sich über 60 Einrich-
finden sollte.
tungshäuser auf der ganzen Welt.
Der Einfallsreichtum Kamprads zeigt Wirkung, 1969
1986 zollt Kamprad seinem Alter Tribut und über-
erreicht IKEA Dänemark und eröffnet 1973 ein Einrich-
gibt die Konzernleitung Anders Mosberg, der nun die
tungshaus in der Schweiz, die Erfolge ermöglichten
Geschäfte übernimmt. Kamprad bleibt jedoch Berater
eine schnelle Expansion nach Deutschland 1974 -
der INKA Holding und behält die Entscheidungsge-
dem Markt der noch heute den größten Anteil stellt.
walt.
IKEA expandierte immer weiter bis sie 1977 auch in
In den 90er Jahren erlässt IKEA ethische Regeln für
Österreich ihr erstes Einrichtungshaus in Wien errich-
die Produktion seiner Artikel, hierzu gehört beispiels-
ten. (weitere Expansion siehe gelbes Feld)
weise die Verpflichtung zum Bezug aus nachhaltiger
1982 wollte der IKEA Gründer eine Struktur schaf-
Holzwirtschaft und weitere Regelungen zum verant-
fen, die eine langfristige Unabhängigkeit gewährleistet
wortungsvollen Umgang mit Rohstoffen und der Umwelt. Hiermit soll wohl auch auf die große Zahl von Berichten reagiert werden, die IKEA beschuldigen Holz
I K E A Exp a n s i o n e n ü b e r d ie Ja h r e
aus illegalen Rodungen zu beziehen. Hierfür wird 1998 auch ein eigener Forstverantwortlicher eingestellt, der die Lieferanten überprüfen soll und forstwirtschaftliche
1963
Norwegen, Oslo
Projekte fördert und entwickelt, hierfür arbeiten sie un-
1996
Dänemark, Kopenhagen
ter anderem auch mit dem WWF zusammen.
1973
Schweiz, Zürich
1975
Australien, Sydney
Kooperationspartner IKEAs. Schon 1997 reagierte
1976
Kanada, Vancouver
IKEA auf die Bedürfnisse seiner Kunden mit Kindern
1077
Österreich, Wien
und integrierte das sogenannte Småland für die Be-
1979
Niederlande, Rotterdam
treuung von Kindern, mit Spiel- und Beschäftigungs-
1981
Frankreich, Paris
möglichkeiten.
1984
Belgien, Brüssel
1985
USA, Philadelphia
Konzernleitung, Anders Mosberg, wird von Anders
1987
Großbritannien, Manchester
Dahlvig abgelöst.
1989
Italien, Mailand
1990
Ungarn, Budapest
nach einem eigenen Verhaltenskodex „The IKEA
1991
Tschechische Republik, Prag
Way“. In ihm ist festgelegt, was Lieferanten von IKEA
Polen, Poznan
erwarten können und was IKEA im Gegenzug von den
1996
Spanien, Madrid
Lieferanten in Bezug auf gesetzliche Anforderungen,
1997
IKEA weltweit www.IKEA.com
Arbeitsbedingungen, die aktive Vorbeugung von Kin-
1998
China, Shanghai
derarbeit, Umwelt und Forstwirtschaft erwartet. Dar-
2000
Russland, Moskau
über hinaus wird der Kodex „Vorbeugende Maßnah-
2004
Portugal, Lissabon
men gegen Kinderarbeit – The IKEA Way“ eingeführt,
2006
Japan, Tokio
um sicherzustellen, dass ihre Lieferanten oder Subun-
Desweiteren sind auch UNICEF und Greenpeace
1999 kommt es zu einem erneuten Wechsel in der
Ab dem Jahr 2000 koordiniert und arbeitet IKEA
ternehmer Kinderarbeit unterlassen.
62 | think! | 1 | 2011
IKEA |
Ein Jahr Später wird der Hauptsitz von Dänemark in
Abbildung 7 Struktur des IKEA Konzerns
die Niederlande verlegt. Seit 2006 können IKEA Kunden nun auch
aus
einem eigenen Lebensmittelsortiment wählen. Die
gabe der Lizenzen. Hier wird das Vermögen durch Investments aller Art vermehrt.
Produkte basieren auf schwedischen Rezepten und
Die Grüne Gruppe beinhaltet alle privaten Engage-
Traditionen und werden zu einem niedrigen Preis ver-
ments der drei Kamprad-Söhne in Banken, Versiche-
kauft. Hierzu zählt auch der allseits beliebte und be-
rungen, Asset-Management, Immobilien und im Ein-
kannte IKEA Hotdog.
zelhandel, seit dem ihr Vater, Ingvar Kamprad ihnen
S tr u ktu r
diese im Jahr 2000 zu je einem Drittel vermachte. Nach Aussagen Kamprads werden die Gewinne in
Der IKEA Konzern ist dezentralisiert und splittet
die Weiterentwicklung und zu Sicherung der Langle-
seine Geschäfte in drei Bereiche, diese werden firme-
bigkeit des Unternehmens investiert und sollen auch
nintern als Blaue, Rote und Grüne Gruppe bezeich-
für Expansionen genutzt werden. Spekulationen ver-
net. Die Bereiche agieren wirtschaftlich und rechtlich
weisen darauf, dass am Ende trotzdem immer einer
unabhängig voneinander und führen ihre Geschäfte
oder der gesamte Kamprad-Clan steht und die Ge-
selbstständig.
winne verwaltet. Durch den Verzicht auf den Börsen-
Die Blaue Gruppe, die IKEA Group, betreibt 281
gang kann IKEA nicht zerschlagen werden und wird
Möbelhäuser in 26 Ländern, dirigiert die Produktions-
weiter in fester Hand der Kamprads bleiben, auch
gesellschaften, steuert den Einkauf, die Logistik und
wenn der Besitz durch Stiftungen geregelt ist.
das Produktdesign. Ihre Gewinne werden durch den Verkauf der IKEA Artikel erwirtschaftet.
Z ahl e n & F ak t e n
Inter IKEA, die Rote Gruppe, ist Hüterin der Ikea-
Der IKEA Konzern verzeichnete im Geschäftsjahr
Markenrechte, hier agieren Unternehmer für das
2010 (1. September 2009 bis 31. August 2010) ei-
richtige Marketing, wählen Länder und Standorte zur
nen Umsatz von 23,1 Mrd. Euro, dies bedeutet einen
Expansion und entwickeln das IKEA-Konzept weiter.
Anstieg zum Vorjahr von 7 Prozent. 79 Prozent davon
In das Aufgabengebiet fällt auch das Kassieren der
wurden in Europa erwirtschaftet. Die 5 Länder mit
Franchisegebühren (3% des Umsatzes) und die Ver-
dem höchsten Umsatz sind Deutschland (15%), USA
think! | 1 | 2011 | 63
Arbeitsmarkt profitiert von IKEA. Mit 103.500 Angestellten, werden hier neben Asien und Australien mit 8.000 Mitarbeitern und Nordamerika mit 15.500 Mitarbeitern, die meisten Leute beschäftigt. Der berühmte IKEA Katalog, der Teile des 9.500 Artikel umfassendes Sortiments präsentiert, erschien 2011 in einer Auflage von 197,5 Mio. Exemplaren in 61 Editionen und 29 Sprachen. Im Geschäftsjahr 2010 strömten 626 Mio. Menschen in die IKEA Einrichtungshäuser. Allein 6,16 Mio. davon besuchten in Österreich eins der sieben Einrichtungshäuser (Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz Abbildung 8 Gewinne von 2000-2010 in Mrd.
Haid, Salzburg, Wien Nord und Wien Vösendorf). In Österreich hat IKEA im Geschäftsjahr 2009/2010 den Umsatz um 5,1 Prozent auf 595,2 Mio. Euro steigern können.
Die bang e F rag e nac h d e r Z uk unf t Muss sich sicher nicht in naher Zukunft gestellt werden. IKEA ist eines der, wenn nicht das größte Einrichtungshaus weltweit und wird noch über Jahre seine Umsätze machen und die Leute in Massen in die einzelnen Häuser ziehen. IKEA steht für einfache, aber stilvolle Möglichkeiten, das breite Sortiment gibt den Kunden die Möglichkeit alles
Abbildung 9 Verteilung der IKEA
nötige bei einem Einkauf zu erle-
Einrichtungshäuser
digen. Schon lange ist IKEA nicht
Abbildung 10 Ikea-Plakat zur Eröffnung in Wien
nur eine Kette, es ist ein Kult, dem viele gerne angehören. Um diesem Kult zu genießen
(11%), Frankreich (10%), Italien (7%)
sind neue Häuser in Planung und
und Großbritannien 6%.
es werden sicherlich noch einige
IKEA beschäftigt derzeit 127.000
dazukommen, um die Nähe zum
Mitarbeiter rund um den Globus.
Kunden zu suchen und die Besu-
96.500 von ihnen arbeiten in den
cherzahlen zu steigern.
280
Einrichtungshäusern
in
26
Doch es kommt die Zeit wo In-
Ländern. Dazu kommen 36 Ein-
gvar Kamprad, auf dessen Ideen
richtungshäuser in 16 Ländern auf
und Intuitionen sich das IKEA Un-
Franchise-Basis und damit gibt es
ternehmen stützt, nicht mehr die
317 Einrichtungshäuser weltweit.
Fäden zieht. Schon 1986 gab er die Leitung des Kon-
9.600 Mitarbeiter sind in der industriellen Produktion
zerns ab und wurde Berater. Sein Einfluss ist seit dem
tätig, weitere 8.400 sind für Sortiment, Einkauf oder
ungebrochen und es ist kein Geheimnis, dass trotz
Großhandel verantwortlich. Vor allem der europäische
Rücktritts er die Entscheidungen fällt und bestimmt
64 | think! | 1 | 2011
IKEA | So sicher wie vor ein paar Jahren, als für ihn klar war das sein ältester Sohn die Leitung übernimmt und der zweit- und drittgeborenen sich um Einkauf und Sortiment kümmern könnten, scheint Kamprad sich nicht mehr zu sein. Mittlerweile spricht er davon allen die gleichen Rechte und Pflichten aufzuerlegen und sie unter die Führung aller drei zu stellen. Aber auch hierrüber wird Verdruss laut und es stellt sich oft die Frage, wie es mit dem IKEA Konzern weiter gehen wird, ist einst der Gründer, die Person die IKEA zu dem gemacht hat was sie heute ist, nicht mehr da. Mittlerweile kommt das Gefühl auf, Kamprad ist sich selbst uneinig und unsicher ob er sein Konzern in die Hände seiner Söhne geben soll, erst letztes Jahr wurde die Leitung der IKEA Gruppe nicht an einen von ihnen, sondern an Mikael Ohlsson übergeben, der seit 30 Jahren für das Unternehmen arbeitet und sich vom Teppichverkäufer zum Verantwortlichen für die Geschäfte in Nordamerika und Südeuropa, bis dann 2010 zum Konzernleiter hochgearbeitet hat. Sicher ist, dass die Zukunft einst von den drei Kamprad Sprösslingen bestimmt wird, übernehmen sie die Geschäfte liegt es an ihnen, dass was ihr Vater aufgewas mit dem Unternehmen geschieht. Diese Macht
baut hat weiterzuführen und neue Ideen, an denen es
möchte Kamprad bei Zeiten seinen Söhnen überge-
IKEA in den vergangenen Jahren fehlte, voranzubrin-
ben, aber darüber macht sich im Unternehmen Unmut
gen. Die Innovationskraft lässt mit weiterem Zurück-
breit.
treten des Seniors nach. Es fehlt an neuen Gedanken,
Den Söhnen wird fehlender Ehrgeiz, mangelnder
was viele auf die starke Expansion zurückführen. Die
Geschäftsinn und Desinteresse am Unternehmen
Kraft reicht einfach nicht für beides. Bleibt nur zu hof-
vorgeworfen. Viele aus der Managementriege können
fen, dass sich die Urteile über die Kamprad Söhne,
und wollen sich nicht vorstellen unter der Leitung ei-
Peter, Jonas und Mathias, nicht bestätigen und sie
nes der drei Söhne zu stehen.
das erfolgreich weiterführen, was ihr Vater ihnen eines
Den Söhnen wurde nach und nach schon Teile des Konzerns vermacht und sie bekamen die Chance in
Tages hinterlässt und sie sich nicht vor der immer stärker werdenden Konkurrenz in acht nehmen müssen.
eigenen Projekten zu Arbeiten. Doch an diesen schei-
Und spätestens seit dem Enthüllungsbuch von Jo-
terten sie alle. Keiner konnte es schaffen zu überzeu-
han Stenebo, einem früheren Führungsmitglied, muss
gen und so verschiebt sich die Entscheidung über die
das Unternehmen wohl auch heftig um sein Image
Nachfolge des alten Kamprads. Ein Beispiel hierfür ist
bangen.
das Scheitern des Möbelkonzerns Habitat, das Kam-
Die Zeit wird zeigen wie es mit dem riesigen Kon-
prad 1992 kaufte und das seine Söhne auf Vorder-
zern weiter geht und wie lange uns das blau-gelbe
mann bringen sollten, sie scheiterten und so wurde
Logo in unseren Wohnungen und Häusern noch be-
die Tochtergesellschaft 2007 wieder abgestoßen.
gleiten wird.
think! | 1 | 2011 | 65
in zweites Beispiel für besonderen Ideenreichtum und Gespür für die sich verändernden Bedürfnisse des Einzelnen und des Marktes stellt das Unternehmen Olympus dar. Der Unternehmensslogan: „Your Vision, Our Future“ unterstreicht dies in besonderer Weise. Man hat sich mit der Entwicklung, Herstellung und dem Verkauf von Präzisionsmaschinen und Instrumenten für die Bereiche Medizin, Industrie und Foto & Audio einen weltweiten Namen gemacht.
Abbildung 13 Mount OLYMP, Griechenland
U nt e r n e h m e ns g e s ch i ch t e
De r N am e n
Das Unternehmen Olympus welches ursprünglich
Das Unternehmen, welches bereits in ihren An-
auf das Geschäft mit Mikroskopen und Thermome-
fangsjahren die Produkte mit dem Warenzeichen
tern spezialisiert war, wurde von dem Juristen Takeshi
„Olympus“ kennzeichnete, wurde nach dem „Olymp“,
Yamashita gemeinsam mit seinem Freund aus Juris-
einem Berg der nach der griechischen Mythologie Sitz
tenzeiten, Shintaro Terada, im Jahr 1919 in Tokio un-
der zwölf höchsten Götter und Göttinnen ist, benannt.
ter dem damaligen Firmennahmen Takachiho Seisa-
Der absolute Anspruch des Unternehmens, weltbe-
kusho gegründet.
rühmte Produkte in höchster Qualität herzustellen,
In den Jahren danach entwickelte das Unternehmen zunehmend optische Geräte und die Thermo-
sollte dadurch versinnbildlicht werden.
metersparte wurde abgestoßen. Folglich wurde der
U nt e rn e hm e nsph i l osoph ie
Firmenname im Jahr 1942 auf Takachiho Optical Co.
„Bei allen geschäftlichen Aktivitäten möchten wir
abgeändert. Aus Gründen der Aufwertung des Images
eine wesentliche Rolle in der Gesellschaft spielen, ihre
erfolgte 1949 eine weitere Abänderung in Olympus
Werte leben und zu einer Wertschöpfung beitragen,
Optical Co., bis schließlich 2003 unter dem Namen
damit alle Menschen rund um den Globus ein gesün-
Olympus Corporation ein Neuanfang zur Schaffung
deres und erfüllteres Leben führen können“.
einer dynamischen Konzernmarke gestartet wurde.
Die Unternehmensphilosophie welche auf diesen
Auf die „Opto-Digital Technologie“ wird seit einigen
Leitgedanken aufbaut hat bei Olympus einen eigenen
Jahren das Hauptaugenmerk gelegt. Damit vermoch-
Namen: „Sozial IN“. Soziale Werte werden als wesent-
te es das Unternehmen eine Technologie zu ihrer
licher Bestandteil der Geschäftsideologie gefördert.
Kernkompetenz zu entwickeln dessen Imitation durch
Außerdem wird auf das Verhältnis zu einzelnen Men-
die Konkurrenz nur schwer möglich ist. Durch die Fo-
schen größten Wert gelegt. „Statt uns ausschließlich
kussierung auf diesen Bereich konnte einerseits der
auf die Entwicklung von sehr funktionellen und hoch-
Unternehmenswert maximiert und die Marktführung in
leistungsfähigen Produkten zu konzentrieren, streben
diesem Bereich erreicht werden.
wir nach neuen Werten zur Schaffung einer Solidar-
66 | think! | 1 | 2011
gemeinschaft, in der die Sicherheit, Gesundheit und Vitalität der Menschen gefördert werden“.
De r G ründ e r
Der Slogan „Your Vision, Our Future“ macht den Fokus des Unternehmens offensichtlich. Das größte
Der
Gründer
von
Potenzial für die Zukunft wird in den Bedürfnissen der
Olympus, Takeshi Ya-
Gesellschaft gesehen. Die Einbindung der Wissen-
mashita, wurde im Jahr
schaft und Nutznießer in die Entwicklung von Inno-
1879 geboren. Nach
vationen trägt zusätzlich zur Kundenbindung bei. Mit
seinem
dem Olympus Bio Imaging Laboratory (in Kooperation
an der Tokyoter Im-
mit der Japanischen Gesellschaft für Krebsforschung
perial University Law
Abbildung 12
- JFCR) und der RIKEN BSI-Olympus Collaboration
school absolvierte der
Takeshi
Centers (gemeinsam mit RIKEN) gründete das Unter-
Anwalt den einjährigen
Yamashita
nehmen zwei Institutionen zur Forschung auf höchs-
Wehrdienst.
tem Niveau und Weiterentwicklung von relevanten
trat er in das Handels-
Technologien. Neben der Optimierung der Produkte
unternehmen
wird auch die dadurch unterstützte Weiterentwicklung
Shokai ein, für das er beträchtliche
der Biowissenschaft als Anliegen formuliert.
Gewinne im Zuckerhandel erwirt-
U ms e tz u n g d e r P h i lo s o p h ie Schon die Gründung durch Takeshi Yamashita war von dessen Bedürfnis geleitet weltweite Anerkennung für in Japan hergestellte Mikroskope zu erlangen.
Jura-Studium
Danach
(*1879 +1959)
Tokiwa
schaftete. Als Belohnung dafür unterstütze das Unternehmen den 30jährigen in der Gründung von Takachiho Seisakusho, dem späteren Olympus. Mit der Produktion von optischen
Die Unternehmensphilosophie ist in alle Geschäfts-
und digitalen Geräten für Medizin
felder sehr stark eingebunden. Schon der Internetauf-
und Industrie hat sich Olympus einen
tritt macht die Verbundenheit mit den Bedürfnissen
weltweiten Namen gemacht. Im Jahr
des Einzelnen und der Gesellschaft offensichtlich: Me-
1919 gegründet, blickt das Unter-
dizin – „Erfüllung des Wunsches eines Arztes in die
nehmen auf eine über 90jährige Ge-
Dunkelheit zu sehen“. Im industriellen Bereich hat man
schichte zurück die gespickt ist mit
sich die Unterstützung der Sicherheit von Menschen
Innovationen in den verschiedensten
und Unternehmen zum übergeordneten Ziel gesetzt.
Geschäftsbereichen
Die Erzeugnisse sollen zum Einen zur Sicherheit der
Biowissenschaft, Industrie, Film und
sozialen Infrastruktur wie beispielsweise von Flugzeu-
Fotographie. Kundenorientierung, die
gen und Stromerzeugungsanlagen dienen. Auch im
Ausrichtung auf Innovation und Origi-
Fotografiesektor konzentriert man sich auf persönli-
nalität sowie das Streben nach einer
che Werte. Gelenkt werden diese durch Leitsätze wie:
verbesserten Zukunft für die Gesell-
„Aufbau von Freundschaften durch Bilder“ und „Unbe-
schaft durch die Verwirklichung von
zahlbare Ansichten der Erde und besondere Augenbli-
Visionen sind ausgewiesene Ansprü-
cke des Alltags für immer festhalten.“
che des Unternehmens. Der Slogan
Ge s ch ä fts f e ld e r
wie
Medizin,
„Your Vision, Our Future“ verdeutlicht dies in eindrucksvoller Weise.
Die Marke Olympus ist in verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens mitbestimmend. Neben Medizin, Biowissenschaft, Industrie Film und Foto bemüht
think! | 1 | 2011 | 67
man sich auch um die Erschließung neuer Geschäfts-
Im ag i ng ( K am e ra & A ud i o)
möglichkeiten und Forschung und Entwicklung.
Olympus verfolgt in dem Bereich die Geschäfts-
Me d i z i n
zweige Digitalkamera, Audio, Ferngläser und optische Komponenten. Die digitale Bildgebung wird gefördert
Im Sektor der Medizin konzentriert sich das Un-
unter dem Leitsatz: „Bereicherung des täglichen Le-
ternehmen auf drei wesentliche Geschäftszweige:
bens durch Schaffung neuer Werte“. Damit zielt man
Endoskope, Endochirurgie und Endotherapie. Die
auf den Spaß am Fotografieren durch hohe Qualität
Produktpalette ist weitreichend und geht von gast-
der Produkte ab.
rointestinalen und chirurgischen Endoskopen über endotherapeutische Geräte und endoskopische Ult-
New B us i n e ss C r e at i on
raschallgeräte bis hin zu medizinischen Informations-
Strategisches Denken ist im Unternehmen tief ver-
systemen. Marktführend, mit einem Anteil von 70%,
ankert. So deklariert Olympus die Erschließung neuer
zeigt sich das Unternehmen in der Herstellung von
Geschäftsmöglichkeiten als einen eigenen Geschäfts-
flexiblen Endoskopen. Die Förderung von technischen
bereich. Man bemüht sich die Bedürfnisse der Zukunft
Neuerungen im minimal-invasiven Diagnostik- und
frühzeitig zu erkennen und zu nutzen. Mit der Grün-
Therapiebereich ebenso wie die Entwicklung von Pro-
dung der Olympus Business Creation Corporation im
dukten zur Steigerung der Arbeitseffizienz im Gesund-
Mai 2010 soll die Entwicklung neuer Geschäftsfelder
heitsbereich (z.B. ENDOBASE-Software) sollen dazu
beschleunigt werden und folglich dem ganzen Unter-
beitragen, diese Vormachtstellung zukünftig erhalten
nehmen zugutekommen.
bzw. ausbauen. Des Weiteren vermag es das Unternehmen, auch aufgrund ihrer forschenden Tätigkeit in den eigens gegründeten Institutionen, ihre Kunden
Abbildung 14 GT-I Gastrokamera, 1952
und Patienten mit wesentlichen Informationen hinsichtlich endoskopischer Therapie und der Früherkennung sowie –therapie von Krankheiten wie Krebs zu versorgen.
Li f e S c ie nc e Olympus unterstützt die Forschung und damit die Weiterentwicklung der medizinischen Versorgung durch Technologien wie der Live Cell- und der Bio Imaging-Technologie. Sie dienen der Beobachtung und Untersuchung von Bewegungen und Mechanis-
F &E ( Re s e arc h & De v e l opm e nt )
men von Molekülen in lebenden Organismen und wer-
Forschung und Entwicklung wird bei Olympus groß-
den in der Lebensmittelwissenschaft, Landwirtschaft,
geschrieben. Unter dem Deckmantel der zukünftigen
Fischereiwirtschaft und Nutztierhaltung angewandt.
Wertschöpfung für die Gesellschaft konzentrieren sich
In d u s tr i a l
die Anstrengungen auf die Entwicklung neuer Technologien im Kernkompetenzbereich der Opto-Digital
Für den Bereich der Industrie hat sich der Konzern
Technologie und die Entwicklung moderner Tele-
hauptsächlich auf Prüfgeräte spezialisiert. Reparatur-
kommunikations- und Informationstechnologien mit
und Wartungsgeräte gehören ebenso zum Produkts-
dazugehörigen Service-Tools. Die Beobachtung von
ortiment wie Fernsichtprüftechnologien und –verfah-
Trends soll zur gezielten Erfüllung gesellschaftlicher
ren die über das Internet angewandt werden können.
Erwartungen und menschlicher Bedürfnisse führen.
68 | think! | 1 | 2011
O lympus | sammenarbeit mit unternehmensfremden Forschern stets sehr bemüht. Ein weiteres Anliegen Olympus ist es benutzer- und umweltfreundliche Produkte zu entwickeln. Die Umweltbelastungen die durch die Geschäftsaktivitäten verursacht werden, wurden als ein Hauptproblem erkannt. Diese zu verringern ist eines der Hauptziele des Unternehmens. Durch die Nutzung führender TechnoAbbildung 16 EndoALPHA - „OP der Zukunft“, 2004 Abbildung 15 Asahi Mikroskop, 1919
logien des eigenen Forschungs- und Entwicklungszentrums und das vorhandene technische Know-how der einzelnen Geschäftsfelder wird von Seiten des Konzerns mit Hochdruck an der Zielerreichung gearbeitet.
Das Portfolio des Unternehmens beinhaltet fünf Sparten: „optische Technologie“, „Prä-
Mei l e nst ei n e d e s U nt e rn e hm e ns
zisionstechnologie“, „elektronische und Bild-
Die Erfolgsgeschichte von Olympus begann mit
gebungstechnologie“ und „biomechanische
Takeshi Yamashita und seiner Vision, in Japan
und biologische Grundlagentechnologie“ und
hochwertige Mikroskope zu produzieren. Im Alter
„gemeinsame Schlüsseltechnologie“. In den
von nur 30 Jahren und nur sechs Monate nach der
verschiedenen Geschäftsfeldern werden die
Gründung seiner Firma „Takachiho Seisakusho“
modernen Technologien genutzt und durch
am 12. Oktober 1919 hatte sein erstes Produkt
die Förderung von Synergieeffekten zwischen
unter dem Namen „Asahi“ (deutsch: „Aufgehen-
den Technologien Wertschöpfung erzielt.
de Sonne“) Premiere. Das Asahi 600x Mikroskop,
Speziell im Bereich der Biowissenschaft
wurde als besonders wertvolles Industrieprodukt
bemüht man sich um die Weiterentwick-
erachtet. Die Produktion des Mikroskops Sei-
lung der regenerativen Medizin wie auch
ka GE begann 1927. Zur damaligen Zeit war die
um die noch frühere Diagnose von Krebs-
Herstellung eines solchen Mikroskops eine tech-
erkrankungen mit dem Ziel die medizinische Versor-
nische Höchstleistung. Im Sektor Forschungsan-
gung und die Biowissenschaft zu fördern. Vor allem im
wendung nahm man damit aufgrund der hohen
Bereich der Medizintechnik wird der Zusammenarbeit
Qualität des Produktes eine Vorreiterstellung ein.
mit medizinischem Fachpersonal hohe Bedeutung
Mikroskope und klinische Thermometer stellten
beigemessen. Auch auf das Fachwissen von inter-
den zweiten Produktionszweig des Unterneh-
nationalen Vertretern der Industrie, Wissenschaft und
mens dar. So wurde 1930 das MC-Metallurgie-
öffentlichen Hand wird im Rahmen von Studienprojek-
mikroskop entwickelt. 1934 begann Olympus
ten zurückgegriffen. Des Weiteren unterhält das Un-
mit der Entwicklung von Kameraobjektiven und
ternehmen enge Beziehungen mit medizinischen und
die erste Kamera wurde 1936 vorgestellt, Semi-
forschungsspezifischen Einrichtungen. Entwickelte
Olympus I. Die Zuiko Objektive für die Fotogra-
Technologien werden in der Folge für die unterschied-
phie waren entwickelt. Seither tragen alle Olym-
lichsten Geräte genutzt. Eine frühzeitige Vermarktung
pus Kameras Objektive mit dem Markennamen
neuer Produkte ist wesentlich für den Erhalt und Aus-
Zuiko.
bau der Marktposition. Darum ist Olympus um die
Eine besondere Vorreiterstellung nahm das Un-
Förderung und Einführung neuer Projekte, auch in Zu-
ternehmen mit der Entwicklung der ersten Gast-
think! | 1 | 2011 | 69
rokammera ein, welche 1952 zur Markteinführung
Entwicklungsinstitut für Telekommunikationstechnolo-
gelangte. In der Folge wurden die Errungenschaf-
gie in San Diego, Kalifornien (USA) eingerichtet und
ten immer weiter entwickelt und der Marktanteil
ein Stützpunkt zur Erfassung von Informationen zu
mit Innovationen erweitert. Auszugsweise mit fol-
hochmoderner Technologie in San Jose, Kalifornien,
genden Produkten:
eröffnet. Gemeinsam mit neuen Technologie- und Ge-
1959:
schäftspartnern sollen so neue Geschäftsoptionen er-
Olympus Pen Halbformatkamera
1966: Unversal-Forschungsmikroskop
PHOTOMAX
schlossen werden. Weitere Möglichkeiten der sogenannten „offenen In-
1969: Ziko Pearlcorder – das erste
novation“ sollen zukünftig erschlossen werden um die
Mikrokassetten-Diktiergerät
Entwicklung der Kerntechnologien zu beschleunigen.
1979:
Olympus XA die erste Kamera weltweit
mit Objektivschutzschieber
O l y m pus- P r ei s
1986:
endoskopisches Videoinformations-
Im Jahr 1988 wurde anlässlich des 25jährigen Be-
system und autoklavierbares Athroskop
stehens der Olympus-Europa-Gruppe die gemeinnüt-
1994:
Inverse Mikoskopsystem zur
zige „Olympus-Europa-Stiftung – Wissenschaft fürs
biologischen Anwendung
Leben“ mit Sitz in Hamburg gegründet. Zweck der
1999:
Eye-Trek FMD-100 - Videobrille
Einrichtung ist die Förderung von Wissenschaft und
mit neuem optischen Filter
Forschung in Europa zum Nutzen der Gesellschaft in
2004:
EndoALPHA wird auf dem
den Bereichen:
europäischen Markt eingeführt
• wissenschaftliche Fotografie • endoskopische Diagnostik und Therapie
In n o vat i on Innovation ist in allen Bereichen des Unternehmens
• Pädiatrie • Mikroskopie • klinischen Chemie.
Olympus tief verankert. Die Vielzahl der Produktneu-
Die Organisation unterstützt wissenschaftliche For-
heiten die Olympus im Laufe seines Bestehens auf
schungsprojekte oder Bildung in Form von Stipendi-
den Markt brachte spiegelt dies in eindrucksvoller
en und Zuschüssen. Folgende Preise und Stipendien
Weise wieder. Jedoch sind es nicht nur die auf den
werden jährlich verliehen:
Markt gebrachten Produkte in denen sich das Inno-
Olympus Preis auf Mustererkennung (5000 €, seit
vationswesen des Unternehmens zeigt sondern auch
1991 mit der Deutschen Gesellschaft für Musterer-
die Herangehensweise ist beeindruckend. Neben den
kennung DAGM)
konzerneigenen Forschungs- und Entwicklungsstät-
Olympus Preis auf visuelle Methoden in der Me-
ten unterhält man enge Beziehungen zu universitären
dizin (5000 €, seit 2008 mit der Deutschen Gesell-
Forschungseinrichtungen, arbeitet gezielt mit inter-
schaft für Biomedizinische Technik DGBMT)
nationalen Wissenschaftlern der verschiedenen und
Ludwig-Demling-Stipendium auf Gastroenterolo-
relevanten Fachrichtungen zusammen um das über-
gie (15000 €, 1988 bis 2001)
geordnete Ziel der Wertschöpfung für die Gesellschaft zu erreichen.
O l y m pus – Innovat i ons- P r ei s
Das Unternehmen ist bemüht auf Basis internatio-
Der US-Amerikanische Innovations-Preis wird von
naler Zusammenarbeit eine offene Innovationskultur
der nationalen Olympus Corporation und der National
zu schaffen. Zum Beispiel wurde neben den Studien
Collegiate Inventors and Innovators Alliance (NCIIA)
die in Kooperation mit namhaften internationalen Uni-
gesponsert. Prämiert werden Personen, die innovati-
versitäten durchgeführt werden das Forschungs- und
ves Denken in der Bildung pflegen und fördern. Seit
70 | think! | 1 | 2011
O lympus |
der Gründung des Olympus Innovation Awards Programmes im Jahr 2004 zeigt das Unternehmen fortlaufendes Engagement für technologische Innovation und Bildung. Dieses Programm verleiht drei Auszeichnungen: • Olympus Innovation Award
Z ahl e n & F ak t e n
• Olympus Lifetime of Educational Innovation
Die Firmenstruktur teilt sich in vier wesent-
Award
liche Bereiche:
• Olympus Emerging Educational Leader Award.
• Olympus Europa Holding GmbH
Beispielsweise wurde 2011 die amerikanische Ma-
• Corporate Devision
schinenbauingenieurin und Erfinderin Amy Smith für
• Consumer Product Devision
Ihre Konzeption und Erstellung von D-Lab auf wissen-
• Medical Systems and Micro-Imaging
schaftlicher Basis ausgezeichnet. D-Lab ist ein Pro-
Mit seinen 35.376 Mitarbeitern erwirtschafte-
gramm zur Förderung und Schaffung kostengünstiger
te sich das Unternehmen im Jahr 2010 einen
Technologien zur Entwicklung von nachhaltigen Lö-
Nettoumsatz von ¥883.086 Millionen, umge-
sungen von Problemen in Entwicklungsländern.
rechnet 7,2 Mrd. EUR. Mit gut 42% macht
G lob a l e Expa n s i o n
OLYMPUS seinen verhältnismäßig größten Teil des Umsatzes nach wie vor in Japan. Ge-
Olympus verfolgte von Beginn an die Schaffung
folgt vom Nordamerikanischen (22,2%) und
neuer Werte aus einer globalen Perspektive. Die Um-
dem Europäischen Markt (21,3%). Auf Asien
setzung globaler Strategien wird ausgehend von den
entfallen weitere 11,3%. Betrachtet man im
USA und Europa seit den 1960er Jahren verfolgt. Die
Weiteren die Verteilung nach den Geschäfts-
Folge daraus ist weltweite Anerkennung und eine au-
bereichen, so wird mit 39,7% der Hauptteil
ßergewöhnliche Brand Power vor Allem in den Ge-
mit Produkten aus dem medizinischen Sek-
schäftsbereichen Imagine (Kamera und Audio) und
tor umgesetzt. Auch Informations- & Kom-
Medizin.
munikationsprodukte sowie Produkte aus
Das Unternehmen verfolgte in ihrer Geschäftstätigkeit stets das Ziel die unterschiedlichen Kulturen
dem Bereich Audio & Fotographie sind mit je knapp 20% wichtige Absatzmärkte.
und Bräuche sowie Eigenheiten der Märkte der einzelnen Länder zu berücksichtigen dem eine globale Geschäftsstruktur, die eine schnelle Entscheidungsfindung unterstützt, übergeordnet wurde. Des Weiteren hat sich die Olympus Group zum Umweltschutz verpflichtet und im Rahmen des Environmental-Management-Systems eine konzerneigene „Umwelt-Charta“, die in allen Niederlassungen umgesetzt wird, verfasst. Im Zentrum der globalen Geschäftsaktivitäten steht die Social-IN-Management-Philosophie. Nicht zuletzt dadurch erwartet man sich auch zukünftig seine Brand-Power ausbauen und neue Werte schaffen zu können. um folglich entsprechend weltweite Anerkennung zu finden.
think! | 1 | 2011 | 71
EINE GEGENÜBERSTELLUNG Gründung
1943 in Småland, Schweden
1919 in Tokyo, Japan
Unternehmensform Stiftung
Aktiengesellschaft
Namensherkunft
Berg „Olympus“, der nach der griechischen
Ingvar Kamprad, Elmtaryd, Agunnaryd
Mythologie Sitz der zwölf Götter und Göttinnen ist.
Firmengründer
Takeshi Yamashita (1879 – 1959)
Ingvar Kamprad ( geb. 1926)
Mitarbeiter 127.000
35.376
Umsatz 2010
weltweit :
weltweit:
23,1 Mrd. US Dollar bzw. 16.1 Mrd. Eur.
¥ 883.086 Mio. bzw.
Österreich: 595,2 Mio. Eur.
7,2 Mrd. Eur.
Zertifizierungen
EN ISO 9001:2008, EN ISO 13485:2003+AC:2007
Erstes Produkt Streichhölzer
Mikroskope und Thermometer
Geschäftsfeld Handelsunternehmen
Handelsunternehmen
Forschung & Entwicklung
Produktpalette Handelswaren
Opto – Digital – Technologie
Haushaltswaren
Endoskopie u. –chirurgie
Gebrauchsgegenstände
Ultraschallgeräte
Möbel
medizinisches Informationssystem
Badezimmerartikel
Digitalkamera
Audio, Ferngläser
optische Komponenten
Knochenersatzmaterial
Innovationen
Schwedische Artikelnamen
GT-I Gastrokamera
Kinderbetreuung mit Spiel-
Olympus Pen Halbformatkamera
und Beschäftigungsmöglichkeiten
Unversal-Forschungsmikroskop
Restaurants um die Aufenthaltsdauer
PHOTOMAX
von Kunden zu verlängern
Ziko Pearlcorder – das erste
Mikrokassetten-Diktiergerät
Olympus XA die erste Kamera weltweit mit
Objektivschutzschieber
Endosk. Videoinformationssystem und
autoklaviebares Athroskop
Eye-Trek FMD-100 - Videobrille
mit neuem optischen Filter
EndoALPHA – OP der Zukunft, u. V. m.
Philosophie
„Wir wollen ein breites Sortiment formschöner
„Bei allen geschäftlichen Attraktivität
und funktionsgerechter Einrichtungsgegenstände
möchten wir eine wesentliche Rolle in der
zu Preisen anbieten, die so günstig sind, dass
Gesellschaft spielen, ihre Werte leben und
möglichst viele Menschen sich das leisten können“.
zu einer Wertschöpfung beitragen, damit alle
Menschen rund um den Globus ein gesünderes
und erfüllteres Leben führen können.
Innovationsgedanke
Schnelle Reaktion auf ökonomische und
Strategisches Denken im Unternehmen
gesellschaftliche Veränderung
tief verankern
Anwendung technischer Innovation und
Entwicklung von benutzer- und
bestmögliches Design
umweltfreundlichen Produkten
Senkung der Transportkosten durch flache Pakete
Förderung med. Entwicklung
Leichte und effektive Lagerung
Wertschöpfung für die Gesellschaft
Einsparung für Kunden durch Selbstmontage
„offene Innovation“
Öffnung der Lager zum Selbsttransport
Unterstützung wissenschaftlicher
Forschungsprojekte durch Stipendien
Berücksichtigung von Kultur und Bräuchen,
sowie Eigenheiten der Märke einzelner Länder
72 | think! | 1 | 2011
I K E A & O lympus |
Sowohl IKEA als auch OLYPUS können auf eine sehr erfolgreiche Unternehmensgeschichte zurückblicken. Von den Gründern und deren persönlichen Geschich-
ihrer Abnehmer zeugen vom Bewusstsein der jewei-
ten stark geprägt erlangten sie Weltberühmtheit. Auch
ligen gesellschaftlichen Rollen. Wenngleich sich IKEA
nach dem Tod von Takeshi Yamashita im Jahr 1959
im Bezug auf die Umweltfreundlichkeit schon einiger
konnte OLYMUS seine Erfolgsgeschichte fortführen
Vorwürfe konfrontiert sah, gehört diese Eigenschaft
und weiter expandieren. Ebenso hat IKEA das Poten-
bei beiden zur Werbestrategie. Die Nachhaltigkeit mit
zial den positiven Kurs zukünftig beizubehalten. Wäh-
der man den Umweltgedanken in der OLYMPUS AG
rend IKEA mit einem Personalstand von 127.000 Mitar-
verfolgt wird mit der konzerneigenen „Umwelt-Charta“
beitern sein Geschäft bestreitet, sind im Vergleich dazu
offensichtlich. Zieht man zum Vergleich der Innovati-
für OLYMPUS weltweit nur 35.376 Mitarbeiter tätig.
onstätigkeit ausschließlich die Produktneuheiten he-
Dabei gilt zu berücksichtigen, dass IKEA als Stiftung
ran so muss OLYMPUS als Innovationsunternehmen
und Handelsunternehmen mit ihren Produkten ein ganz
bezeichnet werden. IKEA hingegen ist ein Vorreiter im
anderes Geschäftsfeld bedient als das börsennotierte
Bereich der Kundenbindung. Beispielsweise ist die
Handels- und Forschungsunternehmen OLYMPUS. Ein
Idee ein Restaurant in ein Möbelhaus einzubinden eine
Vergleich scheint daher erheblich erschwert. Während
Geschäftsidee die von IKEA ausgehend auf viele an-
sich OLYMPUS sehr stark in der Forschung engagiert
dere Anbieter überschwappte. Auch die angebotene
und viele Kooperationen aufgebaut hat (u.A. Japanische
Kinderbetreuung ermöglicht ein entspanntes Einkaufs-
Gesellschaft für Krebsforschung, MAXCURA PHY-
erlebnis wodurch Kunden mehr Zeit vor Ort verbrin-
SIOTHERAPIE, diverse Universitäten, HS Fresenius in
gen. Eine weitere Marktneuheit brachte IKEA durch die
Hamburg), hat ist dies für das Handelsunternehmen
Bezeichnung ihrer Waren hervor, Möbel die plötzlich
IKEA keine notwendige Basis zur Weiterentwicklung
einen Vornamen trugen.
von Produkten. IKEA legt seinen Fokus auf modernes, farbenfrohes Design und Kosten- & Ressourceneffizi-
F az i t
enz, man hat sich die „Leistbarkeit für Alle“ zum Auf-
IKEA und OLYMPUS sind zwei höchst unterschied-
trag gemacht. Design spielt bei OLYMPUS-Produkten
liche Unternehmen. Innovation spielt in beiden Un-
wiederum eine eher untergeordnete Rolle. Vor Allem für
ternehmen eine wichtige Rolle, wenn auch in unter-
den Gesundheitsbereich ist man darauf bedacht Qua-
schiedlichen Formen und Ausprägungen. IKEA wird
litätsprodukte zur Arbeitseffizienzsteigerung zu entwi-
von der Person Ingvar Kamprad getragen und es
ckeln. Schon zu Beginn der Erfolgsgeschichte setzte
bleibt offen, was ohne sein Ideenreichtum aus dem
sich Takeshi Yamashita das Ziel weltberühmte Produkte
Konzern wird. Daher scheint das Innovationssystem
mit höchster Qualität in den Sektoren Mikroskope und
OLYMPUS nachhaltiger, was sich in der firmeneigenen
Kamera herzustellen. Die Geschichte zeigt – das Ziel ist
Umwelt-Charta und der Social-IN Strategie, sowie in
erreicht. Im Bezug auf die soziale Verantwortung haben
der Anzahl der Produktneuheiten und Kooperationen
sich beide Unternehmen klar positioniert. Hat man sich
im Forschungsbereich wiederspiegelt. Die Ausrich-
bei OLYMPUS für das Management mit Social-IN eine
tung der Geschäftstätigkeiten auf die Kundenbedürf-
eigene Strategie und einen Leitgedanken zurechtgelegt
nisse ist sowohl bei IKEA als auch bei OLYMPUS stark
so geht IKEA hier Kooperationen mit wichtigen Organi-
verankert und spiegelt sich jeweils in den Werbeslo-
sationen wie dem WWF, UNICEF, UN-Entwicklungspro-
gans: „Wohnst du noch oder lebst du schon“ (IKEA)
gramm, Safe the Children und dem Business for Social
und „Your Vision, Our Future“ (OLYMPUS) wieder. Die
Responsibility ein. Als eine weitere Gemeinsamkeit ist
unterschiedlichen Ansätze vom Innovationsgedanken
die starke Kundenorientierung anzusehen. Das Ziel der
in den Unternehmen sind wegweisend für andere Un-
Kundenzufriedenheit und der Fokus auf die Wünsche
ternehmen und verdienen höchsten Respekt!
think! | 1 | 2011 | 73
Dr. Nicole Claudia Meisner
ie 1976 geborene Pharmafor-
bei Novartis um ein Jahr. Dann begann sie mit Ihrem
scherin Nicole Meisner ist eine
Team die Forschung genau gegen den Krebs, an
der jüngsten Laborleiterinnen
dem ihre Großmutter gestorben ist. In einem Inter-
bei Novartis. Sie entwickelte
view mit Teresa Arrieta im März 2007 bekräftigt sie
unter anderem einen neuarti-
noch „Meine Vorgeschichte verleiht mir zusätzlichen
gen Ansatz zur Krebstherapie und ist in andere gro-
Antrieb. Ich habe mir damals vorgenommen, durch
ße Forschungsprojekte eingebunden.
Arbeiten an Wirkstoffen und angewandte Forschung
Nicole Meiser hat das Studium Molekularbiologie/ Biophysik an der Universität Salzburg abgeschlos-
meinen Beitrag zu Verbesserungen in der Krebstherapie zu leisten.“
sen. Ihre Forschungsleidenschaft hat die Molekularbiologin schnell in die Arbeitswelt eingeschlossen,
Das erkennen neuer Zusammenhänge ist es, was
denn unmittelbar nach dem Abschluss des Dokto-
der Salzburger Wissenschaftlerin Freude an der Ar-
ratsstudiums übernahm sie mit 29 Jahren bei der
beit macht. Deshalb ist es kein Wunder, dass sie
Pharmafirma Novartis die Leitung des Labors für
sich immer wieder selbst zurücknehmen muss um
zelluläre Biophysik. Sie ist somit eine der jüngsten
nicht allzu oft mehr als 70 Stunden pro Woche zu
Laborleiterinnen der Firma Novatis.
arbeiten. Sie selbst sagt dazu: „Ich muss mir heute immer öfter ins Bewusstsein rufen, dem Leben
Im Jahr 2006 entwickelte die Forscherin gemeinsam mit ihrem Team einen hochwirksamen Ansatz
außerhalb der Arbeit höhere Priorität zu geben. Damals war‘s mir viel bewusster.“
dass diese viel früher als die bereits bekannten an-
Den Sackler-Preis für medizinische Grundlagen-
setzt. Die entwickelte Substanz, die sich „Messen-
forschung erhielt Meisner für ihre Dissertation über
ger RNA Stabilitäts-Modulation“ nennt, sollen die
diesen neuen Ansatz der Krebstherapie, weiter be-
entarteten Zellen des Krebses in einem sehr frühen
kam sie den Preis der Maria-Schaumayer-Stiftung
Stadium angreifen und somit das Tumorwachstum
überreicht und einige Förderungs- und Leistungs-
verhindert und eine Metastasenbildung gehemmt
stipendien. Im Zuge ihrer beruflichen Laufbahn hat
werden. Eine Chemotherapie oder Strahlentherapie,
Meisner eine ungewöhnlich viele Erfindungen paten-
wie sie derzeit durchgeführt wird, wäre dann nicht
tieren lassen. Allerdings gilt ihre Begeisterung dem
mehr erforderlich.
Sozialverhalten der Moleküle „Wir messen mithilfe
Der Grund für den Forschungsehrgeiz bei Nicole
von Spektroskopie einzelne Moleküle: Wie schnell
Meisner war der Krebstod ihrer Großmutter, die sie
sie sich bewegen, wie schnell sie rotieren, wie hell
bis zu ihrem Tod pflegte. Dafür stellte sie sogar ihre
sie sind, welche Farbe sie haben, ob sie alleine sind
Karriere zurück und verzögerte den Berufseinstieg
oder zu zweit.“ Kürzlich patentierte Nicole Meisner
74 | think! | 1 | 2011
FOTO: LISA HOLZER
gegen Krebs. Die Neuheit an dieser Therapie ist,
I K E A & O lympus |
– ei n P o r t r a i t
autoren
Viktoria Hocke, BA Viktoria.Hocke@edu.fh-kaernten.ac.at
Bernadette Irnberger, BA BernadetteAnnaJosefa.Irnberger @alumni.fh-kaernten.at
Angelika Mandl BA Angelika.Mandl@edu.fh-kaernten.ac.at
Abbildung 18 Dr. N.C. Meisner eine Methode, Gene mit Hilfe kleiner DNA- oder RNA-Sequenzen künstlich einzuschalten, was beispielsweise die Blutgefäßbildung verbessern könnte. Die Folge daraus könnte eine Therapie für Menschen mit schlechter Wundheilung, wie
Manuela Reinbacher, BA
zum Beispiel Diabetikern oder alten Menschen,
Manuela.Reinbacher@edu.fh-kaernten.ac.at
sein. Derzeit sind mehrere Arbeitsgruppen weltweit an diesem Forschungsprojekt beteiligt. Dieses Projekt hat eine internationale Dimensi-
literatur
on bekommen.
http://d-lab.mit.edu/about
Über ihr berufliches Ziel ist Nicole Meisner sich klar: „Ich möchte mit meinem Forschungsprojekt bis zu dem Punkt kommen, an dem man entscheiden kann, daraus eine therapeutische
www.ikea.at www.ikea.de www.ikea.com www.manager-magazin.de www.olympusamerica.com www.olympus-europa.com
Anwendung zu entwickeln, oder eben nicht.“
www.olympus-global.com
Der Wunsch von Nicole Meisner ist es, in den
www.olympus.at
Hauptsitz der Firma nach Cambridge zu wech-
www.olympus.de
seln um von dort aus international zu forschen.
www.olympus.com www.wiwo.de IKEA Fotos mit freundlicher Genehmigung IKEAs http//:diestandard.at www.salzburg.gv.at
think! | 1 | 2011 | 75
H
Bayer HealthCare: Bayer ist ein weltweit tätiges Unternehmen mit Kernkompetenzen auf den Gebieten Gesundheit, Ernährung und hochwertige Materialien. Bayer HealthCare ist ein Tochterunternehmen der Firma Bayer. Ihr Leitbild lautet: „Bayer HealthCare: Science For A Better Life”. Hierbei steht das Wort “Life” für folgende Punkte: Leadership (Führung), Integrität, Flexibilität und Effizienz. Bayer HealthCare steht rund um den Globus für innovative und hochwertige Produkte. Ihre Marke symbolisiert Vertrauen und Zuverlässigkeit. Bayer HeathCare unterteilt sich in den Divisionen „Animal Health”, „Pharmaceuticals“, „Consumer Care“ und „Medical Care“. In allen Divisionen ist Bayer HealthCare ein führendes Unternehmen bezüglich Forschung und Entwicklung und beschäftigt weltweit 50.700 MitarbeiterInnen. Ihr Ziel ist es, innovative Produkte zu erforschen, zu entwickeln, zu produzieren und zu vertreiben, um die Gesundheit von Mensch und Tier weltweit zu verbessern. Ihre Produkte dienen der Diagnose, der Vorsorge und der Behandlung von Krankheiten und leisten einen Beitrag zu einer besseren Lebensqualität. Ihr Umsatz 2010 beträgt 16.913 Millionen Euro. Hauptsitz der Firma Bayer HealthCare ist in Leverkusen (Deutschland).
76 | think! | 1 | 2011
h
KURZFASSUNG
3M – Minnesota, Mining & Manufacturing Company Der Technologiekonzern 3M ist eines der 3 innovativsten Unternehmen weltweit. Es ist gekennzeichnet durch 45 hoch innovative Technologie-Plattformen, 7.000 ForscherInnen, weltweit circa 80.000 MitarbeiterInnen und 26.000 Patenten, welche als Basis für die Forschung dienen, um permanent neue Produktlösungen zu bieten. 3M ist ein sehr vielfältiges Unternehmen, das weltweit in allen wichtigen Märkten in mehr als 65 Ländern vertreten ist, mit einer Vermarktung in rund 200 Ländern. Alle Bereiche und Niederlassungen dieses Konzerns arbeiten bei der Forschung, Herstellung und Vermarktung der 3M Produkte eng zusammen. Die 3M Geschäftsbereiche gliedern sich wie folgt auf: Kommunikation, Büro und Verbrauch; Display, Werbung und Design; Elektro, Elektronik, Telekommunikation; Industrie und Handwerk/Transportation; Medizin und Gesundheit; Sicherheit: Arbeit, Personen und Verkehr. Die 3M Vision „Wir möchten für unsere Kunden das innovativste Unternehmen und bevorzugter Lieferant sein“ zieht sich durch das gesamte Unternehmen und bildet die Grundlage für die gute und erfolgreiche Arbeit des Technologiekonzerns. 2010 betrug der Umsatz von 3M insgesamt 26,7 Mrd. US$.
Bayer HealthCare | 3M
Von Kerstin Dörfler, Miramis Macek, Sarah Santer und Sabina Seidl.
h
H
Bayer ist ein weltweit tätiges Unternehmenmit Kernkompetenzen auf den Gebieten Gesundheit, Ernährung und hochwertigeMaterialien. Bayer HealthCare ist ein Tochterunternehmen der Firma Bayer. Ihr Leitbild lautet: „Bayer HealthCare: Science For A Better Life”.
H
novative und hochwertigeProdukte.Ihre Marke symbo-
h
Bayer HealthCare steht rund um den Globusfür in-
Div isione n B a y e r He a l t h C a re
lisiert Vertrauen und Zuverlässigkeit.Bayer HeathCare unterteilt sich in den Divisionen„Animal Health”, „Phar-
Leitung Sitz
maceuticals“, „Consumer Care“ und „Medical Care“.
Animal Health
Dr. Jean-Luc Lowinski Monheim | D
In allen Divisionen ist Bayer HealthCare ein führendes
Pharmaceuticals Andreas Fibig
Berlin | D
Unternehmen bezüglich Forschung und Entwicklung
Consumer Care Erica L. Mann
Morristown | USA
und beschäftigt weltweit 50.700 Mitarbeiter/innen. Ihr
Medical Care
Alan Main
Terrytown, N.Y. | USA
Ziel ist es, innovative Produkte zu erforschen, zu entwickeln, zu produzieren und zu vertreiben, um die Ge-
Abbildung 1: Leitung und Sitz der einzelnen Divisionen von
sundheit von Mensch und Tier weltweit zu verbessern.
Bayer HealthCare (2)
Ihre Produkte dienen der Diagnose, der Vorsorge und der Behandlung von Krankheiten und leisten einen
weltweit über 100 verschiedene Tierarzneimittel und
Beitrag zu einer besseren Lebensqualität. Ihr Umsatz
Pflegeprodukte für Nutz- und Haustiere. Sie gehört zu
2010 beträgt 16.913 Millionen Euro. Hauptsitz der Fir-
den erfolgreichsten Anbietern in der Veterinärmedizin
ma Bayer HealthCare ist in Leverkusen (Deutschland).
und nimmt im internationalen Markt Platz vier ein. Der
1. An im a l He a l t h
Umsatz 2010 von Animal Health beträgt 1.120 Millionen Euro. Weiters befindet sich der Hauptsitz von Ani-
Die Division „Animal Health“ wird geleitet von Dr.
mal Health in Monheim (Deutschland). Die Advantage-
Jean-Luc Lowinski und produziert und vermarktet
Produktfamilie mit Flohschutzmitteln für Hund und
think! | 1 | 2011 | 77
Der Umsatz 2010 von Animal Health beträgt 1.120 Millionen Euro. Weiters befindet sich der Hauptsitz von Animal Health in Monheim (Deutschland). Die Advantage-Produktfamilie mit Flohschutzmitteln für Hund und Katze zählte 2010 zu den umsatzstärksten Produkten mit einem Jahresumsatz von 408 Millionen Euro. (2) „Baycox zur Behandlung von Kokzidiose, einer parasitären Infektionskrankheit bei Nutztieren, zeigte ein zweistelliges Umsatzwachstum gegenüber dem Vorjahr. Im Frühjahr 2010 begann die Markteinführung des neuen Entwurmungsmittels Profender-Tabletten zur Bekämpfung aller relevanten intestinalen RundKatze zählte 2010 zu den umsatzstärksten Produkten
2 . B a y e r He a l t h C a re Pha rm ace ut ica l s
mit einem Jahresumsatz von 408 Millionen Euro. (2) Zu ihren wichtigsten Produktinnovationen zählen
Bayer HealthCare Pharmaceuticals wird geleitet
Flohschutzmittel wie Advantage für Hunde und Kat-
von Andreas Fibig. Sie ist eines der umsatzstärksten
zen, Zeckenprodukte, Arzneimittel zur Therapie von
Unternehmen in der Pharmaindustrie in Deutschland.
Infektionskrankheiten von Nutz- und Hobbytieren
Sie entwickeln innovative Therapien auf den Gebieten
(Baytril), Produkte gegen Endoparasiten (Drontal und
der diagnostischen Bildgebung (Diagnostic Imaging),
Drontal Plus) und das innovative Arzneimittel Baycox
Allgemeinmedizin (General Medicine), Spezialphar-
zur Bekämpfung spezieller Darmerkrankungen in der
maka (Specialty Medicine) und der Frauengesundheit
Nutztierhaltung. (2)
(Women’s Healthcare). Der Hauptsitz von Pharmaceu-
Sc i e n c e F o r A B e t t e r L i f e Leadership:
Integrität:
• „Eigeninitiative zeigen, andere inspirieren
• „Vorbild sein
• Gesetze, Richtlinien und Regeln einhalten
und motivieren
• Sich für Mitarbeiter engagieren
• Anderen vertrauen und vertrauensvolle
und Leistung fördern
Beziehungen aufbauen
• Verantwortung übernehmen für Aufgaben
• Ehrlich und zuverlässig sein
• Aufmerksam zuhören und angemessen
und Ergebnisse,
• Erfolge und Misserfolge
• Andere fair und mit Respekt behandeln
• Nachhaltig handeln: kurzfristige Ergebnisse
• Klar, ehrlich und zügig Feedback geben
mit langfristigen Anforderungen
• Konflikte konstruktiv lösen
in Einklang bringen
• Werte schaffen für unsere Aktionäre, Kunden,
• Menschen und Umwelt schützen, Sicherheit
Mitarbeiter und die Gesellschaft“ (1)
78 | think! | 1 | 2011
kommunizieren
gewährleisten“ (1)
FOTOS: ISTOCKPHOTO/MICROSOFT
und Bandwürmer bei Hunden.“ (2)
B AYER H EALT H C ARE |
ticals befindet sich in Berlin (Deutschland). Ihr Jahresumsatz von 2010 beträgt 10.908 Millionen Euro. Zu ihren umsatzstärksten Produkten zählen:
forschung und –entwicklung vertreten. Ihr jährlicher Umsatz 2010 betrug 3.371 Millionen Euro. (2)
• Betaferon/Betaseron
(Multiple Sklerose)
• YAZ/ Yasmin/Yasminelle
(Hormonelles
Verhütungsmittel)
„Hierzu zählen Schmerzmittel, Medikamente zur Prä-
• Kogenate
(Bluthochdruck)
vention kardiovaskulärer Risiken, Erkältungspräpara-
• Mirena
(Horonelles
te, Dermatologieprodukte, Produkte gegen Magenbe-
Verhütungsmittel)
schwerden und Nahrungsergänzungsmittel.“ (2)
• Avalox/Avelox
(Atemwegs-
infektionen)
• Levitra
(Erektile
Sie ist auf 170 rezeptfreie Produkte spezialisiert.
Dysfunktion)
• Aspirin Cardio • Glucobay
(Diabetes) (2)
3. Co n s u mer C a r e Die Division Consumer Care wird geleitet von Erica L. Mann und hat ihren Hauptsitz in Morristown (USA). Sie zählt weltweit zu den führenden Consumer HealthCare Unternehmen und ist in über 140 Ländern mit 14 Produktionsstandorten und zwei Zentren für Produkt-
Hierbei steht das Wort “Life” für die Punkte: Leadership (Führung), Integrität, Flexibilität und Effizienz.
Flexibilität:
Effizienz:
• „Vorbild sein
• „Ressourcen optimal einsetzen
• Gesetze, Richtlinien und Regeln einhalten
• Sich auf Aktivitäten konzentrieren,
• Anderen vertrauen und vertrauensvolle
• Aufgaben einfach und effektiv erledigen
Beziehungen aufbauen
die Wert schaffen
• Ehrlich und zuverlässig sein
• Die erforderliche Qualität rechtzeitig
• Aufmerksam zuhören
• Schneller zu überlegten Entscheidungen
und angemessen kommunizieren
und zu angemessenen Kosten bereitstellen
• Nachhaltig handeln: kurzfristige Ergebnisse
mit langfristigen Anforderungen
• Entscheidungen konsequent umsetzen
in Einklang bringen
• Gemeinsam bessere Lösungen finden“ (1)
kommen
• Menschen und Umwelt schützen, Sicherheit
gewährleisten“ (1)
think! | 1 | 2011 | 79
Zu ihren wichtigsten Innovationen zählen Produkte wie: • Schmerzmittel:
Aspirin, Aleve, Aktren und Midol
• Gastro-Präparate:
Alka-Seltzer, Antra, Lefax, Phillips‘ Milk of
Magnesia, Rennie und Talcid
• Dermatologika/Topische Produkte:
Bepanthen, Bepanthol, Canesten, RID,
Germolene, Germoloids und Bactin
• Husten-/Erkältungsmittel:
Alka-Setzer Plus, Aleve, Cold & Sinus und
Tabcin • Multivitamine und Nahrungsergänzungsmittel:
Berocca, One-A-Day, Pluravit, Supradyn,
Flintstones, Elevit und Redoxon. (2)
4. M e d i ca l C a re Medical Care wird von Alan Main geleitet und umfasst Blutzuckermesssysteme für Menschen mit Diabetes sowie Geräte für die diagnostische Bildgebung und medizinische Therapie. Zu den Innovationen in diesem Bereich gehört der Contour USB, ein Blutzuckermessgerät, das sich direkt mit einem PC verbinden lässt. Der Hauptsitz von Medical Care befindet sich in Tarrytown, New York (USA). Ihr Jahresumsatz von 2010 beträgt 1.514 Millionen Euro. Zu ihren umsatzstärksten Produkt, den Blutzuckermessgeräten zählen: Contour, Contour TS, Contour Link, Contour USB, Didget und Breeze2. 2010 setzte die Bayer HealtCare-Division Medical Care die weltweite Einführung von Contour USB fort. (2) „Dieses Messgerät lässt sich direkt mit einem Com-
langfristige Blutzuckereinstellung. Viterion TeleHealth
puter verbinden und schafft damit leichten Zugang zu
liefert Technologien zur Patienten-Fernüberwachung,
Informationen und Trends des eigenen Blutzucker-
die das Management chronischer Erkrankungen wie
spiegels. Zu den Messgeräten für die Bestimmung des
Diabetes und Herzschwäche erleichtern.“ (2)
Langzeitzuckerwertes gehören das Messgerät A1CNOW+ für medizinisches Fachpersonal und das A1C-
Weiters entwickelt und vermarktet Medical Care
NOW SELFCHECK für die Messung zu Hause. Der
Kontrastmittel-Injektionssysteme, die in der Compu-
Langzeitzuckerwert ist ein wichtiger Indikator für die
tertomographie (CT), Positronen-Emissions-Tomogra-
80 | think! | 1 | 2011
B AYER H EALT H C ARE | U m sät ze ba y e r h e a l t hca re
2010
2009
Änderung
Mio Euro
Mio Euro
%
Bayer HealthCare
16.913 15.988 5,8
Div. Animal Health
1.120 977 14,6
Div. Consumer Care
3.371 3.080 9,4
Div. Medical Care
1.514 1.464 3,4
Div. Pharmaceuticals
10.908 10.467 4,2
Abbildung 2: Umsatz Bayer HealthCare 2009 und 2010 (2)
Die 2 0 um s a t zst ärk st e n Pro d uk t e von Ba y e r He a l t h C a re 2 01 0 Produkt
Division
Umsatz
in Mio Euro
Betaferon®/Betaseron®
Pharmaceuticals 1.206
Yasmine®/Yas®/ Yasminelle®
Pharmaceuticals 1.111
Kogenate®
Pharmaceuticals 1.004
Nexavar®
Pharmaceuticals 705
Adalat®
Pharmaceuticals 664
Contour®
Diabetes Care
Mirena®
Pharmaceuticals 539
Avalox®/Avelox®
Pharmaceuticals 497
Levitra®
Pharmaceuticals 429
Aspirin®
Consumer Care
phie (PET), Magnetresonanztomographie (MRT) und Angiographie / kardiovas-kulären Bildgebung eingesetzt werden. „2010 erhielt die Division für ihr Medizingeräte-Geschäft bereits zum zweiten Mal den Malcolm Baldrige National Quality Award, die höchste Auszeichnung, die ein US-amerikanisches Unternehmen für Qualität und Business Excellence bekommen kann.“ (2)
FOTO: BAYER HEALTHCARE
Advantage®-Product line® Animal Health
602
418 408
Aspirin Cardio®
Pharmaceuticals 358
Glucbay®
Pharmaceuticals 347
Ultravist®
Pharmaceuticals 313
Aleve® Naproxen
Consumer Care
Cipron®/Ciprobay®
Pharmaceuticals 262
Magnevist®
Pharmaceuticals 215
273
Bepanthen®/Bepanthenol® Consumer Care
212
Canesten®
Consumer Care
210
Iopamiron®
Pharmaceuticals 185
Abbildung 3: Die 20 umsatzstärksten Produkte von Bayer HealthCare 2010 (2)
think! | 1 | 2011 | 81
h
Die Erfinderin
H
H e d y La m a r r – F r e q u e n c e H o pp i n g an glaubt es kaum, Erfindungen
ben oder sogar gestohlen. Denn alles was eine Frau
von Frauen findet beziehungs-
besaß, also auch ihre Erfindungen, galt vor Gesetz,
weise benutzt man öfters als man
bis in das 19. Jahrhundert als Eigentum des Mannes.
denkt. Angefangen vom Filter-
Deshalb verkauften viele Frauen ihre Erfindungen oder
Kaffee, über Geschirrspüler und Wegwerfwindel bis
ließen sie unter dem Namen ihres Mannes patentie-
hin zur ersten Computersprache. Allzu oft geraten
ren. Das erste Patent, dass auf eine Frau ausgestellt
weiblichen Erfinderinnen jedoch in Vergessenheit oder
wurde, war 1809. Mary Dixon Kies war ihr Name. Sie
deren Schöpfungen werden einem Mann zugeschrie-
erfand eine spezielle Methode zum Weben von Stroh mit Seide. (3) Hätten sich die Schauspielerin Hedy Lamarr, die als Hedwig Kiesler am 9.11.1914 in Wien geboren wurde, und der amerikanische Avantegardemusiker George Antheil (8.7.1900 – 12.2.1959) im Sommer 1940 nicht auf einer Dinnerparty in Hollywood kennengelernt, gäbe es heute wahrscheinlich weder GSM-Mobiltelefone noch Notebooks. Die beiden entwickelten, mithilfe einer silbernen Streichholzschachtel und deren Inhalt als Modellbaukasten, am Boden liegend, ein Gerät zum abhör- und störungssicheren Funkfernsteuerung von Torpedos, welches auf der Grundlage von Hedy Lamarrs technischen Vorschlägen beruhte. (3) Ihre zugrundeliegende Idee: Das Funksignal, mittels welchem das Torpedo gelenkt wird, sollte nicht auf einer einzelnen Frequenz übermittelt werden, sondern auf einer willkürlich gewählten Abfolge von unterschiedlichen Frequenzen. (3)
war die Ehefrau eines Waffenproduzent namens Fritz Mandl und hatte dadurch unmittelbaren Einblick in die Planung zur Produktion von ferngesteuerten Torpedos. Jene Idee war jedoch nicht umgesetzt worden, weil sich die Steuerung per Funk, als zu störanfällig erwies. So entstand ihre Idee ein Steuersignal über mehrere Frequenzen zu verteilen. (4)
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FOTOS: MISCHIEF FILMS
Zum Hintergrund der Entdeckung: Hedy Lamarr
PORTR Ä T tärs angesehen. Ende der siebziger Jahre wurde die erste, öffentlich zugängliche, wissenschaftliche Publikation, unter dem Aspekt der aktuellen Forschung zum Thema „Spread Spectrum“ dokumentiert. Anfang der achtziger Jahre begann man mit der zivilen kommerziellen Nutzung. Das Konzept ermöglicht nicht nur eine schnelle, abhör- und störungsfreie/sichere Datenübermittlung per Funk, sondern auch eine gemeinsame Nutzung von Funkfrequenzbereichen durch eine große Anzahl unabhängig voneinander kommunizierenden Funkteilnehmer. Angesichts der knapp bemessenen Frequenzspektrums und der immer noch teuren Kabelwege ist es vor alles die Eigenschaft, die Dies würde dazu führen, dass ein Gegner, der diese Abfolge nicht kennt, beinahe keine Chance hat das
Hedy Lamarrs Patent zu einem nach wie vor revolutionären technologischen Fortschritt macht. (3)
Leitsignal zu belauschen oder zu stören. Es ist nur wichtig, die Sequenz bei Sender und Empfänger zu
1997 wurde Hedy Lamarr mit dem Pioneer Award
synchronisieren. In diesem Falle kam den Erfindern
der Electronic Fontier Fondation (EFF) ausgezeichnet.
Antheils musikmechanische Vorbildung zu gute. Denn
1990 wurde sie durch den Artikel im US-Wirtschafts-
er erkannte, dass sich das Prinzip des automatischen
magazin „Forbes“ die Wiederentdeckung dieser ge-
Klaviers, welches mittels einer Art Lochstreifen gesteu-
nialen Frau stattgefunden. Nach dem EFF – Pionier
ert wird, für die Synchronisierung nutzen lässt. Und so
Award erfolgten noch weitere Preise. (3)
entstand der Entwurf für ein Torpedolenksystem auf
Hedy Lamarr starb am 19. Jänner 2000 in Florida,
88 Frequenzen, welche den 88 Tasten der Klaviatur
wo sie bis zuletzt zurückgezogen von der Öffentlich-
entsprechen. (3)
keit gelebt hatte. (3)
Im Jahre 1941 reichten die Beiden ihre Idee beim amerikanischen Patentamt ein, und bekamen am 11. August 1942 ein Patent bewilligt. Seine Nutzung überlies der Erfinder dem US-Militär. Leider verschwand die Erfindung von Lamarr und Antheil in der Schublade es Militärs und kam erst 1962, während der KubaKriese zum Einsatz. (3) In den folgenden Jahren wurde die Erfindung, unter dem Fachbegriff, zum „spread spectrum“ und „frequence hopping“ und wurde als eine Grundlage in der Chanel 1
Chanel 2
Chanel 3
h
Kommunikationstechnologie des amerikanischen Mili-
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H
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3M
M i n n e s o t a , M i n i n g & Ma n u fac t u r i n g C o m pa n y
INNOVATION FÜR MEHR LEBENSQUALITÄT h
H
Der Technologiekonzern 3M ist nach einer Umfrage im Jahr 2010 von Booz & Company eines der 3 innovativsten Unternehmen weltweit. Die Befragten in dieser Studie, welche die Verantwortlichen von 1.000 forschungsintensiven Unternehmen sind, nannten an erster Stelle Apple, dahinter Google und 3M. Dabei gehört 3M zu den weltweit am breitesten aufgestellten Konzernen mit 45 hoch innovativen Technologie-Plattformen, 7.000 Forschern und 26.000 Patenten, welche als Basis für die Forschung dienen, um permanent neue Produktlösungen zu bieten. 40% des Umsatzes soll mit jenen Produkten erreicht werden, welche weniger als fünf Jahre am Markt sind. (5)
1902 wurde das Unternehmen 3M in TwoHarbors
besser zu gestalten. Zudem werden die Kompetenzen
am Lake Superior in Minnesota (USA) von 5 Leuten
von 3M so gezielt eingesetzt, um auch den Investoren
gegründet, die die Idee hatten, ein Mineralienvorkom-
langfristig eine attraktive Rendite zu sichern.
men für die Herstellung von Schleifpapier zu nutzen. Eine qualitativ hochwertige Produktion wurde aller-
Auch dem ethisch einwandfreien Verhalten hat 3M
dings erst Jahre später realisiert. 1910 siedelte das
von Anfang an große Aufmerksamkeit geschenkt.
Unternehmen nach St. Paul und schüttete dort 1916
Kompromisslose Ehrlichkeit und Integrität sind für alle
durch die frühen Innovationen im Bereich Technik
Mitarbeiter hohe Priorität. Um dies langfristig halten zu
und Marketing ihre erste Dividende aus. Im Laufe der
können, werden alle Mitarbeiter durch Online-Kurse
Zeit gab es für das Unternehmen auch einige wichti-
und durch Schulungsveranstaltungen mit dem Verhal-
ge Meilensteine, welche ihr Sortiment an Produkten
tenskodex regelmäßig geschult, um die konsequente
wachsen ließen.
Anwendung in der Praxis sicherzustellen. (9) Bereits seit Jahrzehnten folgt 3M der Überzeugung,
Wo lieg en d ie G r ü n d e f ü r I n n o v a t i o n ?
dass für den Wert eines Unternehmens nicht nur seine
3M produziert Tausende von innovativen Produkten
wirtschaftliche Leistung, sondern ebenso seine Ge-
und ist führend in vielen Bereichen wie zB medizinische Produkte und bei der Verkehrssicherheit, bis hin zu Büroartikeln, Schleifmitteln und Klebstoffen. Aus den 40 Technologie-Plattformen ergeben sich immer wieder neue Anwendungslösungen für die Kunden, was als Ausgangsbasis für den Erfolg dient. All dies wird aber erst durch die wertvollen 3M-Mitarbeiter möglich, welche eine außergewöhnliche Bereitschaft dafür zeigen, das Leben der Menschen einfacher und
schäftspraktiken ausschlaggebend sind.
3 M V ision: „Wir möchten für unsere Kunden das innovativste Unternehmen und bevorzugter Lieferant sein!“ think! | 1 | 2011 | 85
M ei len s t ei n e
1921
Die Unternehmensphilosophie macht dies deutlich: • „Wir stellen unsere Kunden durch höchste Quali
tät und hervorragenden Service zufrieden. • Wir sichern unseren Investoren eine attraktive
wird das erste wasserfeste
1925 kam das Scotch® Abdeck-Klebeband auf den Markt
i
Schleifmittel weltweit entwickelt
Rendite durch kontinuierliches Wachstum. • Wir respektieren die gesellschaftlichen Werte und unsere Umwelt. • Wir wollen ein Unternehmen sein, auf das die Mit-
arbeiter stolz sind und bei dem sie gerne arbei-
ten.“ (10)
I
1939 stehen erstmals Verkehrsschilder mit 3M™ Scotchlite™ Reflexfolie in Minneapolis
Nachha l t igk e it s- S t r a t e gie n: Verantwortungsbewusstes,
unternehmerisches
Handeln wird bei 3M mit dem Streben nach Zufriedenheit der Kunden gleichgesetzt. Die Arbeits-, Ge-
1948
sundheits- und Umweltschutzpolitik bei 3M streben danach, die Umwelt zu schonen und sichere Ar-
kommen sterile Einmal-Abdecktücher für
beitsbedingungen zu schaffen und nimmt mit dem
Operationen zum Sortiment hinzu
Bekenntnis zur Umweltverantwortung und dem beispielhaften 1975 eingeführten Umweltprogramm eine
1954 wurden erste Fernseh-Aufzeichnungen mit Scotch™ Videobändern durchgeführt
Vorreiter-Rolle ein. (8)
F ü h rung un d Ma n a ge m e nt v on 3 M : Die Führungsebene des 3M Unternehmens, das eines der international renommiertesten Anbieter am
1960
globalen Markt ist und stets eine führende Position
wurde neben dem transparenten
gen Mitarbeiter der Schlüssel zum Erfolg von 3M sind.
Scotch® Magic™ Klebebands auch der
Denn der Erfinderreichtum der Beschäftigten hat 3M
Overhead-Projektor entwickelt
übernimmt, gibt an, dass die im Unternehmen täti-
zu dem gemacht, was es heute ist. 3M sieht es als enorm wichtig an, die eigenen Mitarbeiter zu fördern und diese weiterzuentwickeln, um dadurch weiterhin so erfolgreich am Markt mitarbeiten zu können. (11) Dass es den Mitarbeitern im Unternehmen gut geht, und dass sie sich wohl fühlen, dafür bietet 3M in Österreich diverse betriebliche Gesundheitsförderungs-programme an. Ein weiteres wichtiges Kriterium für 3M ist die „Gesundheit am Arbeitsplatz“. Ihr Unternehmensmotto ist hierzu „Fit ist Hip“, was durch
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3M ein eingeführtes Programm gekennzeichnet ist, dass versucht präventive Maßnahmen bereits im Unternehmen einzuleiten um eventuellen Erkrankungen frühzeitig entgegen wirken zu können. Außerdem soll durch das Programm und die aktive Teilnahme auch die Mitarbeiterzufriedenheit angehoben werden. Die Schwer-
1961
punkte dieses „Fit ist Hip“-Programmes sind vor allem
wurde die 3M Österreich GmbH
das Stressmanagement, Bewegung und Ernährung und die Gesundenuntersuchungen. (12) Das auch die Mitarbeiter von 3M zufrieden mit dem Unternehmen sein müssen, zeigt die verliehene Auszeichnung des „Great Place to Work“-Instituts“ im Jahr 2011. Dieses Institut ermittelt die jeweilige „Qualität“
3M Company gegründet
197 2 gelang 3M™ ein Durchbruch bei der Archivierung von Daten durch Data Cartridges
und „Attraktivität“ die man als Arbeitgeber einnimmt.
197 9
3M erzielte den 5. Platz in der Kategorie „50 bis 250
kommt die Thinsulate™ Wärme-Isolierung
Mitarbeiter“, sprich in der Klasse der mittelgroßen Unternehmen in Österreich. Die wichtigsten Elemente
auf den Markt
die in den Unternehmungen hinterfragt wurden waren
1980
„Glaubwürdigkeit und Fairness des Managements“,
starten die Post-it® Haftnotizen ihren
„Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Arbeitsplatz“ sowie „Respekt und Teamgeist im Unternehmen“. (13)
3 M – E in U n ter n e h men , da s s t ä n d i g in In n o vatio n en s t eckt : Das 3M auch kontinuierlich vom Innovationsgeist um Unternehmen geprägt ist, zeigen unter anderem folgende Angaben: 3M initiiert „Zukunft-Innovation.“ Das ist eine Plattform im Internet (www.Zukunft-Innovation.com), die Unternehmen mit Innovatoren vernetzt und dahinge-
weltweiten Siegeszug
1994 wurde das Dental-Anästhesie-Gerät EDS zur lokalen Betäubung bei der Zahnbehandlung ohne Spritze vorgestellt
1998 erhält die Aldara® Creme als innovatives Medikament die Zulassung der FDA
hend versucht die Innovationskultur zu fördern. Der-
2002
zeit sind 41 Firmen, 978 Innovatoren beteiligt und
hatte das 3M™ Digital Wall
2666 Ideen eingegangen (Stand: 18.05.2011). Das Ziel ist es, das Unternehmen Fragen stellen, und die Communitiy kreativ tätig und schlussendlich dafür auch prämiert wird. (15) Außerdem ist 3M Österreich respACT Mitglied. Das FOTO: 3M
als Tochtergesellschaft der
ist eine führende Unternehmensplattform für CSR – Corporate Social Responsibility und für nachhaltige Entwicklungen in ganz Österreich. (16)
Displays als Multifunktions-System für Präsentationen seine Premiere
2008 kam er der erste Micro-Beamer auf den Markt, der für den Einsatz mit Mobiltelefonen, MP3-Playern oder Laptops verwendet wurde (6)
think! | 1 | 2011 | 87
Per s o n a lgr u n d sä t z e v o n 3 M : Bereit im Jahre 1944 stellte „William McKnight“, der damalige Präsident von 3M Unternehmen, Prinzipien zur Mitarbeiterführung auf, die auch heute noch zum Tragen kommen. Das Unternehmen ist bestrebt, ein Arbeitsklima herzustellen, in dem: (14) … die Würde und der Wert des Einzelnen respektiert werden und zu größtmöglichen Leistungen in einem fairen, herausfordernden, neutralen und kollegialen Arbeitsumfeld
i
angespornt wird. Die Rechte von Einzelnen werden respektiert und es wird zu rechtzeitiger und offener Kommunikation zu und von den Mitarbietern angeregt. Die Führungskräfte sind mitverantwortlich für die Leistung und die Entwicklung ihrer Mitarbeiter.
I
Dieser Plattform ist 3M beigetreten, weil sie bereits
i i
… die Eigeninitiative jedes Mitarbeiters an-
seit der Überzeugung nachgehen, dass nur wirtschaft-
geregt und gefordert wird und angemessene
licher Erfolg alleine nicht den Wert eines Unterneh-
Freiräume, kreativ zu arbeiten, eingeräumt
mens kennzeichnet, sondern das vor allem auch die
werden. Bereitschaft zu Risiko und Innovatio-
Ethik ausschlaggebend ist. Diese Unternehmung ist
nen sind Voraussetzung für Wachstum. Beides
in ihrem innovativen Fortschritt stets darauf bedacht,
ist in einer intakten und respektvollen Atmo-
sowohl ökologische als auch gesellschaftspolitische
sphäre anzuregen und zu unterstützen.
Werte in ihrem Unternehmen mit einfließen zu lassen.
I … die Fähigkeiten des Einzelnen durch einen
Das heißt sie arbeiten umweltschonend und sind
optimalen Arbeitseinsatz, gute Einarbeitung
stets darauf bedacht den rund 80.000 weltweit täti-
und gezielte Entwicklung gefördert und gefor-
gen Mitarbeitern schonende Arbeitsbedingungen bie-
dert werden. Persönliche Entwicklung ist eine
ten zu können. „Pollution Prevention Pays“ ist eines
gemeinsame Verantwortlichkeit der Mitarbei-
der renommiertesten und firmenweitesten Umwelt-
ter, Führungskräfte und des Unternehmens.
schutz-Programme für erfolgreichen Umweltschutz in
I
der Industrie und 3M führte dies bereits 1975 in ihrem
i
… für Chancengleichheit bei der Entwick-
Unternehmen ein. Es zeigt sich, dass umweltbewuss-
lung und faire Anerkennung guter Leistungen
tes Denken bereits bei den Mitarbeitern versucht wird
gesorgt wird. Leistung wird an der Zielerrei-
zu verankern, um somit diverse Umweltbelastungen
chung, an arbeitsbezogenen Kriterien bewer-
bereits von vornherein ausklammern zu können bzw.
tet und durch angemessene Anerkennung und
diese zu reduzieren. (16)
Vergütung belohnt.
I
2001 baute 3M sein internes Unternehmensbild weiterhin aus und schuf das „Environmental, Health
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3M D a t e n un d F a k t e n 3M ist ein sehr vielfältiges Unternehmen, das weltweit in allen wichtigen Märkten vertreten ist. Alle Bereiche und Niederlassungen dieses Konzerns arbeiten bei der Forschung, Herstellung und Vermarktung der 3M Produkte eng zusammen. (7)
G run dw e rt e von 3 M : • „Wir legen in sämtlichen Geschäftsaktivitäten al lergrößten Wert auf Ehrlichkeit und Integrität. • Wir stellen unsere Kunden durch innovative Technologien sowie ein Höchstmaß an Quali tät, Nutzwert und Service zufrieden. • Wir sichern unseren Investoren eine attraktive Rendite durch nachhaltiges, weltweites Wachs tum. • Wir respektieren unsere gesellschaftliche Umand Safety (EHS) Management System“. Dies ist ein
gebung und gehen weltweit mit Umwelt und
Verfahren, dass die Bereiche Arbeits-, Gesundheits-
Ressourcen verantwortungsvoll um.
und Umweltschutz zusammenfasst und dahingehend
• Wir schätzen und unterstützen die vielen ver-
versucht so verantwortungsbewusst wie nur möglich
schiedenen Talente, die Einsatzbereitschaft
mit den Ressourcen die uns die Natur bietet umzu-
und die Führungsqualitäten unserer Mitarbei-
gehen. Außerdem wird versucht kontinuierlich an Ver-
ter.
besserungen zu arbeiten und diese zu fördern. (16)
• Wir streben weltweit eine hohe Wertschätzung
Darüber hinaus ist das „EHS-System“ durch ein Life
unseres Unternehmens in allen Bereichen an.“
Cycle Management geprägt, das eingesetzt wird, um Kundenanforderungen zu erfüllen und diese zu identifizieren, um schlussendlich in diversen Bereichen wie
K e nnz ah l e n 3 M w e l t w e it :
der Entwicklung, der Produktion, im Vertriebsbereich,
• 2010: Umsatz von 26,7 Mrd. US$, davon 65%
in der Handhabung und in der Entsorgung von 3M Produkten die möglicherweise für den Menschen und die Umwelt entstehenden Belastungen zu minimieren. (16)
außerhalb der USA • 3M Gesellschaften in mehr als 65 Ländern ver
treten • weltweit ca. 80.000 Mitarbeiter • Vermarktung in rund 200 Ländern
Die unternehmensweit gültigen Umweltvorgaben
FOTO: 3M
finden bei 3M in deren Unternehmensphilosophie feste Verankerung und stellen somit auch Firmenziele
K e nnz ah l e n 3 M in Öst e rre i ch :
dar. (16)
• 2010: Umsatz von 77,9 Mio. Euro
Was 3M in Österreich betrifft ist außerdem zu er-
• ca. 135 Mitarbeiter (8)
wähnen, dass es nach ISO 9001:2000 zertifiziert ist. (16)
think! | 1 | 2011 | 89
3 M G es ch ä f ts b er ei ch e:
autoren
• Kommunikation, Büro und Verbraucher • Display, Werbung und Design • Elektro, Elektronik, Telekommunikation • Industrie und Handwerk/Transportation • Medizin und Gesundheit • Sicherheit: Arbeit, Personen Verkehr (19)
Kerstin Dörfler, BA Kerstin.Doerfler@edu.fh-kaernten.ac.at
Ma rken u n d P r o d u kt e v o n 3 M : • Command™: Montageprodukte, mit denen man seine Umgebung ganz individuell gestalten kann. Sie sind selbst klebend und bieten eine hohe Klebkraft, dennoch lassen sie sich wieder einfach und sauber
Semiramis Macek, Bsc
von der Wand ablösen.
Semiramis.Macek@alumni.fh-kaernten.at
• Filttrete: Diese Produkte bieten eine „reine“ Umgebung. Es handelt sich um Filter, wie z.B. Luftfilter, Flüssigkeitsfilter, etc. • Nexcare: Erste-Hilfe-Produkte, welche für die Bedürfnisse aktiver Familien von heute entwickelt wurden. Die Auswahl reicht von den verschiedensten atmungsaktiven und den besonders hautfreundlichen Pflastern, über Kalt-/Warmkompressen bis hin zur Versorgung unterschiedlichster Haut- und Wundtypen. • Post-it: Diese Haftnotizen sind schon seit über 25 Jahren am Markt. Ideal für vertikale Oberflächen oder effiziente Meetings. • Scotch: Klebebänder für den Alltag, die beinahe unsichtbar sind oder auch Deko-Klebebänder für bestimmte Anlässe gehören in das Sortiment dieser Marke von 3M. • Scotch-Brite: Reinigungsmittel und Schleifpads für den gewünschten Glanz, welche auch für besonders empfindliche und raue Oberflächen geeignet sind. • Scotchgard: Diese Marke steht für „Schutz“. Die Produkte schützen und pflegen Einrichtungen aller Art. • Scotchprint: Mit dieser Marke hilft 3M, alle Werbeideen und Prints auf gewünschten Oberflächen abzubilden. (19)
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3M autoren
literatur 1. Jörg Schäfer. Bayer Investor Relations. [Online] 28. Februar 2011. [Zitat vom: 27. April 2011.] http://www.investor.bayer.de/de/ berichte. 2. Bayer HealthCare AG. Bayer HealthCare. [Online] 16. August 2010. [Zitat vom: 27. April 2011.] http://www.bayerhealthcare.de/ scripts/pages/de/unternehmen/unternehmensprofil/index.php. 3. Faden der Erinnerung. Frauengeschichten. [Online] [Zitat Sarah Santer, BA
vom: 16. Mai 2011.] http://www.meinhard.privat.t-online.de/frau-
Sarah.Santer@edu.fh-kaernten.ac.at
en/patent.html. 4. Frequency Hopping. [Online] [Zitat vom: 16. Mai 2011.] http:// www.hedylamarr.at/freqHopping1.html. 5. [Online] http://pte3.pressetext.com/partner/3m/view. mc?id=667. 6. [Online] http://solutions.3maustria.at/wps/portal/3M/de_AT/ about-3M/information/more-info/history/. 7. [Online] http://solutions.3maustria.at/wps/portal/3M/de_AT/ about-3M/information/about/us/.
Sabina Seidl, BA
8. [Online] http://solutions.3maustria.at/wps/portal/3M/de_AT/
Sabina.Seidl@edu.fh-kaernten.ac.at
about-3M/information/about/businesses/ . 9. [Online] http://solutions.3maustria.at/wps/portal/3M/de_AT/ about-3M/information/corporate/business-conduct/ . 10. [Online] http://solutions.3maustria.at/wps/portal/3M/de_AT/ about-3M/information/corporate/responsibility/ . 11. 3M Österreich. Führungskultur und Management. [Online] [Zitat vom: 20. Mai 2011.] http://solutions.3maustria.at/wps/ portal/3M/de_AT/about-3M/information/about/leadership/. 12. 3M Österreich. Jobs & Karriere. [Online] [Zitat vom: 20. Mai 2011.] http://solutions.3maustria.at/wps/portal/3M/de_AT/about3M/information/about/careers/. 13. 3M Österreich. Great Place to Work®-Gewinner 2011. [Online] [Zitat vom: 20. Mai 2011.] http://pte3.pressetext.com/ partner/3m/view.mc?id=681. 14. 3M Österreich. Personalgrundsätze. [Online] [Zitat vom: 20. Mai 2011.] http://solutions.3maustria.at/wps/portal/3M/de_AT/ about-3M/information/about/leadership/local/. 15. Zukunft Innovation. [Online] [Zitat vom: 20. Mai 2011.] http:// www.zukunft-innovation.com/teaser/. 16. respACT. austrian business council for sustainable development. [Online] [Zitat vom: 20. Mai 2011.] http://www.respact.at/ content/site/mitglieder/info/article/4409.html. 17. [Online] http://solutions.3maustria.at/wps/portal/3M/de_AT/ about-3M/information/corporate/financial-facts/ . 18. [Online] http://solutions.3maustria.at/wps/portal/3M/de_AT/ about-3M/information/corporate/responsibility/ .
think! | 1 | 2011 | 91
92 | think! | 1 | 2011
Von Doris Lichtenberger, Daniel Nedved, Christina Pichler und Michaela Wegscheider.
OTTO BOCK & ZOTTER
think! | 1 | 2011 | 93
)
Die Firma Otto Bock wurde vor mehr als 90 Jahren von einem gleichnamigen Orthopädiemechaniker im Jahr 1919 gegründet. Mit dem Ziel, tausenden Weltkriegsversehrten mit Prothesen und orthopädischen Produkten zu versorgen, gründete dieser die Orthopädische Industrie GmbH in Berlin. Bereits Anfang der 30er Jahre wurden Aluminiumteile in die Prothetik eingesetzt. Jahrelange Forschung und Testung verschiedener Materialien auf ihre Verwendbarkeit für die Produktion waren der Schlüssel zu diesem Erfolg und dem damit verbundenen Wachstum auf 600 Beschäftigte. Der Zweite Weltkrieg und die damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen, machten leider auch vor diesem Unternehmen keinen Halt. Vor allem die Nachkriegszeit machte Bock zu schaffen. Drei Jahre nach Ende des Krieges wurde das gesamte Privatvermögen der Familie, sowie die Fabrik in Königsee entschädigungslos enteignet. Dieses Tief konnte jedoch überwunden werden. Heute hat die Die Otto-Bock HealthCare GmbH ihren Hauptsitz weiterhin in der Duderstadt (Deutschland) und hat 43 Vertriebs- und Servicestandorte in der ganzen Welt und zu 140 Ländern Exportkontakte. Mit 60 Prozent Marktanteil ist Otto Bock Weltführer in den Bereich Prothetik. Das Credo von Otto Bock lautet „Qualität for Life“ (Otto Bock Österreich, 2011). Laut den Verantwortlichen liegt die Zukunft sowohl in der Integration wichtiger Schlüsseltechnologien in bereits existierende Produkte als auch in der Entwicklung neuer Produkte. Dem wachsenden Kostendruck im Gesund-
94 | think! | 1 | 2011
(
KURZFASSUNG
heitswesen und den erforderlichen Nachweise eines therapeutischen Nutzen wird mit der direkten kontinuierliche Kundennähe und der Platzierung der Produkte zum richtigen Zeitpunkt am Markt sowie mit Emotionen, Vertrauen und Verlässlichkeit zwischen den Eigentümern und allen seinen Mitarbeitern entgegen gewirkt (Näder, 2010). Der Standort in Wien zählt zu den bedeutendsten F& E Standorte der Otto bock HealthCare GmbH. Das Produktportfolio beinhaltet hier die Arm- und Beinprothesen, Orthesen, manuell und elektrisch betriebene Rollstühle, Neuroimplantate sowie SoftwareProgramme für die Prothesen- Justierung. Besonders ist, dass Otto Bock den demographischen Wandel nicht als selbstverständlich sieht und ständig in die Forschung und Entwicklung investiert. Besonders ist in diesem Bereich, dass Wien und damit Österreich einen wesentlichen Faktor für ein Unternehmen, welches weltweit expandiert, spielt. Anhand der Firmenphilosophie ist zu erkennen, dass es sich um Produkte, welche einen menschlichen Nutzen haben und den Alltag dieser erleichtert, handelt. Ein Indiz dafür ist auch der besondere Umgang mit den Mitarbeitern, welche durch ständige Schulungen, Veranstaltungen usw. immer wieder forciert und in den Betrieb miteinbezogen werden. Ein Unternehmen kann nur funktionieren, wenn das Betriebsklima reibungslos funktioniert.Es handelt sich hier bei weitem um mehr, als einen blauen Schriftzug in der Branche der Orthetik und Prothetik. Jahrelange Innovation brachte Otto Bock dorthin, wo es nun steht, aber sicherlich nicht stehen bleiben wird.
OTTO BOCK |
wobei vorwiegend auf Otto-Bock Österreich eingegangen wird Ein blaues Logo. Ein blaues Logo mit dem Namen Otto Bock. Ein Logo, welches für viele ein Synonym für Qualität ist. Für viele, welche auf die Orthetik sowie die Prothetik der Firma Otto Bock angewiesen sind. Nein, aber nicht nur diesen ist dieser blaue Schriftzug bekannt. Es ist viel mehr als ein Schriftzug. Doch was steht genau dahinter? Ist es das Logo eines neuen Unternehmens des 21. Jahrhundert, welches sich aufgrund modernster Technologie in einigen Jahrzehnten auf diesem Markt etablieren konnte? Oder ist es der Erfolg eines anfangs konservativen Familienunternehmens, welches sich durch jahrelange Innovation, sowie Forschung und Entwicklung erst einen Namen verschaffen konnte? Um den auf die Spur zu kommen, muss kräftig am Rad der Zeit gedreht werden.
iese Erfolgsgeschichte begann
diese dann direkt an die Orthopädiemechaniker vor
nämlich vor mehr als 90 Jah-
Ort zu liefern. Dies war schließlich der Grundstein für
ren. Wir schrieben das Jahr
die Orthopädische Industrie. Es wurde jedoch weiter
1919, welches ein Meilenstein
investiert und bedacht. Das junge Unternehmen such-
für diese Branche werden soll-
te sich nach einem neuen Standort um, und fand die-
te. Die Gründung ist auf einen zielstrebigen Orthopä-
sen schließlich in Königsee in Thürigen, der Heimat
diemechaniker mit dem Namen Otto Bock zurück zu
von Otto Bock. Bereits Anfang der 30er Jahre wurden
führen. Mit dem Ziel, tausenden Weltkriegsversehrten
Aluminiumteile in die Prothetik eingesetzt. Jahrelange
mit Prothesen und orthopädischen Produkten zu ver-
Forschung und Testung verschiedener Materialien
sorgen, gründete dieser die Orthopädische Indust-
auf ihre Verwendbarkeit für die Produktion waren der
rie GmbH in Berlin. Kurz nach der Gründung konnte
Schlüssel zu diesem Erfolg und dem damit verbunde-
man der Realität ins Auge blicken, und zum positiven
nen Wachstum auf 600 Beschäftigte.
Schluss kommen, dass die traditionell handwerklichen
Der Zweite Weltkrieg und die damit verbundenen
Methoden, mit denen man bis dato noch arbeitete bei
wirtschaftlichen Folgen, machten leider auch vor die-
weitem nicht ausreichend waren, dem wachsenden
sem Unternehmen keinen Halt. Vor allem die Nach-
Bedarf gerecht zu werden. Die innovative Denkweise,
kriegszeit machte Bock zu schaffen. Drei Jahre nach
welche sich bis zur Gegenwart wie ein roter Faden
Kriegsende wurde das gesamte Privatvermögen
durch das Unternehmen zog, schlug schließlich ihre
der Familie, sowie die Fabrik in Königsee entschädi-
Wurzeln. Bock reagierte prompt auf die eben ange-
gungslos enteignet. Doch war es der eiserne Wille, die
führten Problematiken und realisierte seine Idee, Pro-
Zielstrebigkeit und das Arrangement der Verantwort-
thesenpassteile in Serienproduktion zu fertigen um
lichen, ein Unternehmen dieser Art weiter zu führen,
think! | 1 | 2011 | 95
was schließlich die Kraft gab, die schwierige Zeit im Nachkriegsdeutschland zu überstehen. So fand die-
Geschäfts- und Produktbereiche
ses die Basis im niedersächsischen Duderstadt. Otto
Orthobionic®
Bock´s Schwiegersohn, Dr.- Ing. E.h. Max Näder hatte dort im Jahr 1946 eine neue Fertigungshalle aufgebaut. Obwohl ein Mangel an Fachkräften, Geld und Material herrschte, behielt Max Näder die Firmenphilosophie bei, demnach er immer Ausschau nach neuen Ideen und Technologien hielt. (Otto Bock Österreich, 2011)
U nter n eh mens p r o fi l O t t o B o ck welt wei t Noch heute hat die Otto Bock HealthCare GmbH
Prothetik
Orthetik
• Obere Extremitäten
• Modulare Orthesensysteme
• Untere Extremitäten
• Orthesen / Bandagen
• Liner und Volumen
• Materialen
Management-Systeme
• Bewegungsschienen
• Materialien
• Rehaband / Sport
• Osseointegration Quelle: Näder (2010)
ihren Hauptsitz in Duderstadt. Zusätzlich konnte sich das Unternehmen 43 Vertriebs- und Servicestandor-
Das wesentliche Ziel, welches sich Otto Bock vor
te in der ganzen Welt schaffen. Dies verschafft dem
Augen gesetzt hat ist sowohl die Integration wichtiger
Unternehmen mit dem Credo „Qualität for Life“ einen
Schlüsseltechnologien in bereits existierende Produk-
Marktanteil von 60 Prozent im Bereich der Prothetik.
te, als auch die Entwicklung neuer Produkte. Mit der
(Otto Bock Österreich, 2011).
Platzierung der Produkte zum richtigen Zeitpunkt am Markt, vor allem aber mit Kundennähe, Emotionen,
Was sich in der heutigen Zeit jedoch geändert hat,
Vertrauen und Verlässlichkeit zwischen den Eigentü-
ist der Markt welcher immer komplexer wurde, und
mern und allen seinen Mitarbeitern wird dem erforder-
daher sich das Unternehmen in drei Kernbereiche und
lichen Nachweis eines therapeutischen Nutzen sowie
in verschiedene Geschäftsbereiche aufgeteilt.
dem Kostendruck im Gesundheitswesen entgegen gewirkt. (Näder, 2010).
Drei Kernbereiche
2003 verbuchte die Otto Bock Firmengruppe eine Umsatzsteigerung auf 437 Millionen € im Vergleich
Otto Bock
• Fachbereiche Medizintechnik
zum Vorjahr. Dies entspricht einen währungsbereinig-
HealthCare
• Umsatz 499,7 Mio. Euro
ten Wachstum um 6,3%, wobei 355,5 Millionen € allei-
• Mitarbeiter: 4.218
ne durch die Otto Bock HealthCare GmbH umgesetzt
wurde. Hier stieg das operative Ergebnis (EBIT) von 2002 auf 2003 um 1,2 Millionen € auf 35,5 Millionen Otto Bock
• Fachbereich Kunststoff
€. In den USA stieg der Umsatz währungsbereinigt um
Kunststoff
und Chemie
24 %, wobei 21, 3 Millionen € in die Entwicklung in-
• Umsatz 71,1 Mio. Euro
novativer Produkte und Dienstleistungen der Bereiche
• Mitarbeiter. 213
Orthopädie und Rehabilitation/ Mobility investiert wurden. (6% mehr als im Jahr 2002) Ebenfalls wurden im Jahr 2003 in den Hauptsitz
Sycor GmbH
• Fachbereich: Informations-
Kommunikationstechnologie
in Duderstadt 15 Millionen € in ein modernes Logis-
• Umsatz: 34,8 Mio. Euro
tik-, Call- und Servicecenter investiert. Ein Jahr dar-
• Mitarbeiter: 271
auf übernahm Otto Bock France alle Anteile an der französischen Gesellschaft Valtech Holding SARL und
96 | think! | 1 | 2011
OTTO BOCK | O t t o B oc k in W ie n Bionicmobility® Mobility Solutions
Neurostimulation
50 Jahre nach der Firmengründung in Deutschland, fasste die Firma Otto Bock in Österreich Fuß. Dies jedoch nicht am eigentlichen Standort
• Manuelle Rollstühle
• FES-Therapie
Wien, sondern in einem kleinen Ort in Salzburg.
• Elektro-Rollstühle
• Neuroimplantate
Wie rapide sich die später benannte Otto Bock
• Kinder-Reha
HealthCare Products GmbH entwickeln konnte,
• Seating & Positioning
wird im folgenden Abschnitt mit den wichtigsten
• Premium Produkte
Eckdaten ersichtlich: 1969 Die österreichische Erstniederlassung in
die dazugehörigen Firmen Prothese Generale SA und
Seekirchen in Salzburg -
Proteval SA. (Finanznachrichten Deutschland, 2011 )
Gesellschaft Otto Bock Austria
Im Jahr 2010 kam es schließlich zu einer Steigerung
1972 Anmietung des 4. Stockwerks des
des Umsatzes auf 685 Millionen €. In weiterer Folge
Fabrikgebäudes in der Kaiserstraße 39
wurde die Mitarbeiterzahl von 4872 auf 5044 aufge-
in Wien als Zweigstelle von Salzburg.
stockt. Das Unternehmen plant langfristig, weitere
Marktanteile in Staaten wie Brasilien, China, Russland
1980 Firmennamensveränderung auf
und Indien zu erobern. Der gesellschaftsführende Ge-
sellschafter, Prof. Näder meint dazu:“ Wir konzentrie-
Mitarbeiterstand: ca. 20 Personen
ren uns nicht nur auf unsere Innovationsstrategie, son-
1986 Gründung der Otto Bock Orthopädische
dern entwickeln marktgerechte Lösungen.“ (Thüringer
Allgemeine, Deutschland, 2011)
1999 Zusammenlegung der Aktivitäten von
O tto B o ck in W i en
Mitarbeiterstand: 4 Personen Otto Bock Austria GesmbH.
Vertriebs-GesmbH Seekirchen Seekirchen und Wien in Wien
Umsatz: EUR 16,26 Millionen; Mitarbeiterstand: 141
Zu den vorher erwähnten 43 Vertriebs- und Service-
2004 Übernahme der Holdingfunktion durch
standorten gehört auch jenes in Wien. Dieser Stand-
Otto Bock Austria GesmbH und Gründung
ort zählt zu den bedeutendsten F& E Standorte der
Otto Bock Healthcare Products GmbH
Otto bock HealthCare GmbH. Das Produktportfolio
Umsatz: EUR 45,42 Millionen;
beinhaltet hier die Arm- und Beinprothesen, Orthesen,
Mitarbeiteranzahl: 248
manuell und elektrisch betriebene Rollstühle, Neu-
2007 Eingliederung von Osteuropa Vertriebs-
roimplantate sowie Software- Programme für die Pro-
thesen- Justierung
Umsatz: EUR 67,03 Millionen;
Zurzeit wird der dieser Standort aufgewertet. Das
gesellschaften in die Wiener Holdingfirma
Mitarbeiterzahl: 353
Ziel ist, dass der Umsatz mit Prothesen bis zum Jahr
2009 Vierzig jährige Jubiläum Otto Bock
2015 von 80 auf 200 Millionen € zu bringen ist. Bis
Österreich
2012 soll für die Fertigung am Standort Brehmstraße
2010 Umsatz: EUR 80,0 Millionen;
ein Gebäude errichtet werden, bis 2015 die Standor-
Mitarbeiteranzahl: 440.
te aus der Kaiserstraße nach Simmering übersiedeln.
Exportanteil: 91 Prozent
Hierfür lässt sich das Unternehmen nicht nehmen, 25
think! | 1 | 2011 | 97
Unternehmensphilosophie Millionen € zu investieren. Im Jahr 2010 verbuchte
Mobilität
Otto Bock in Wien eine Mitarbeiterzahl von 440 bei einem Umsatz von 80 Millionen €. Im Jahr 2015 soll die Anzahl der Mitarbeiter auf 670 aufgestockt werden. Dies bei einem Umsatz von 200 Millionen €. (Wirtschaftsblatt Österreich, 2010) Der Erfolg der weltweit anerkannten Forschungsund Entwicklungstätigkeit der Otto-Bock HealthCare GmbH liegt in der stark ausgeprägten Forschungs-
Erfolgsmaßstab: Das Plus an Lebensqualität
Der Mensch mit seinem körperlichen Handicap
Lebensfreude
landschaft der Stadt Wien, in der eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit führenden Wissenschaftlern von
Selbstständigkeit
Universitäten sowie Partnern aus dem Anwendungsbereich und Fachhandel geboten wird.. (Otto Bock Healthcare Products GmbH, 2011) So beschäftigt sich die Einheit „Strategisches Technologiemanagement“ mit der Erprobung der Anwen-
U nt e rne hm e nsphil osophie
dungen von neuen, im Unternehmen noch nicht verwendeten Technologien. Zusätzlich unterstützt diese
Doch warum ist dieses Unternehmen tatsächlich so
sowohl die Fertigungsabteilung als auch die Entwick-
erfolgreich geworden? Wo liegt das Erfolgsrezept? Die
lungsabteilung bei der Lösung von Problemstellun-
Unternehmensphilosophie sei, „Die Welt mit den Au-
gen. (Sahin, 2011)
gen von Menschen mit einem körperlichen Handicap
U n ter n eh mens p r o fi l O t t o B o ck W i en
zu sehen“. Mit den Produkten, dem dazugehörigen Know- how und den Service von Otto Bock ist es die tägliche Herausforderung dieses Unternehmens, „die
Das Management der Otto Bock HealthCare
Lebensqualität dieser Menschen zu verbessern.“ Ein
Products GmbH setzt sich aus einem Geschäfts-
wichtiger Beitrag für die Lebensqualität von Menschen
führer, drei Bereichsverantwortlichen und einem
mit einem körperlichen Handicap ist es vor allem, die
Inlandsvertriebsleiter zusammen:
Mobilität und die Lebensfreude durch Technologie für
• Dipl. Ing. Dr. Hans Dietl
Menschen zu schützen und zu fördern. Die Vision des
Geschäftsführer/ Managing Director
Unternehmens ist daher, ein Höchstmaß an Mobilität
Bei Otto Bock seit 02.03.1987
und Unabhängigkeit zu ermöglichen. Auf Grund der
• Martin Hollitsch
neuen Technologien hat sich das Tempo der Entwick-
Geschäftsvertriebsleiter Österreich
lungen rapide beschleunigt. Auch für zukünftige For-
Bei Otto Bock seit 02.06.1998
schungen des Unternehmens gilt: Der Mensch steht
• Dipl.- Ing. Johannes Valenta
im Mittelpunkt.
Geschäftsleiter Produktion
Der Austausch zwischen den weltweiten Netzwer-
Bei Otto Bock seit 01.02.1994
ken wird als großer Wettbewerbsvorteil von Otto Bock
• Dipl.-Ing. Dr. Hans-Willem van Vliet
gesehen. Durch den Zugang zu den lokalen Märkten
Geschäftsführer Forschung & Entwicklung
auf Grund der interdisziplinären Zusammenarbeit er-
Bei Otto Bock seit 02.05.2002
folgt ein direkter Kontakt zu den Kunden. Zusätzlich
• Mag. Michael Wagner
können auf Grund der Marktnähe die unterschiedli-
Geschäftsleiter Finanzen
chen regionalen Anforderungen der Kunden und die
Bei Otto Bock seit 01.08.1995
unterschiedlichen Bedürfnisse der Anwender in die
98 | think! | 1 | 2011
Produktentwicklung miteinbezogen werden. Wichtig ist die klar definierte und transparente Unternehmensstruktur, wo jeder Mitarbeiter seinen Platz
OTTO BOCK | P re ise und A usze ic hnunge n f ür W ie ne r P roduk t e
kennt, denn nur wenn die Ziele des Unternehmens kommuniziert werden, können sich die Mitarbeit ziel-
Für das jahrelange Arrangement in diesem Bereich,
gerichtet engagieren. Das Qualitätsmanagement der
Forschung & Entwicklung, sowie ständiger Inno-
Otto Bock Healthcare analysiert und wertet alle Pro-
vation, konnte Otto Bock Austria bereits zahlreiche
zesse im Unternehmen nach den strengen Vorgaben
Preise und Auszeichnungen verbuchen.
der DIN 13485 aus. Jeder Mitarbeiter kennt seine Aufgabe und seine
1999 „Staatspreis für Innovation für C-Leg®“
Verantwortung im Prozess sehr genau. Er weiß, wel-
„Mercure Preis“ für C-Leg®;
che Kollegen und Bereiche von der Qualität seiner Ar-
Innovationspreis der Wirtschaftskammer
beit abhängig sind.
2002 Silbermedaille des Deutschen
Das Plus an Lebensqualität ist der Maßstab, an dem sich die Produkte von Otto Bock messen lassen.
V on d er I dee z u m P r o jekt
Designerclubs (DDC) für das C-Leg®
Otto Bock UK: „ Independent Living
Design Award“ für Design und Technologie
des C-Leg®
2005 Nominierung für „Adolf Loos Staatspreis
für Design“ für GeriLight (Kooperation mit
Die Bionik (Natur und Technik) untersucht Struktu-
Studio Novo), Österreich
ren und Prozesse der Natur, um daraus technische
„red dot award“, Produkt Design für
Lösungen abzuleiten und stellt daher die Grundlage
DynamicArm®, Deutschland
für die Forschung und Entwicklung für die Medizin-
2006 da Vinci Award 2006 für C-Leg®, USA
technik dar, mit der die natürliche Mobilität erhalten
Hermes Award – Normiert Top 5
oder wieder hergestellt wird.
für DynamicArm®, Deutschland
Die Orthobionic® ist der Kompass und der Motor
Good Design Award winner - C-Leg®, Japan
für die Forschung und Entwicklung bei Otto Bock.
Viennovation-Award der Stadt Wien
Die technische Orthopädie folgt dem Vorbild der Na-
für DynamicArm®
tur und schafft die Verbindung mit dem biomecha-
Focus – Bilder der Forschung, Marco Moog
nischen Wissen mit dem Ergebnis eines innovativen
mit C-Leg®-Bild „chinesische Mauer,
Produktes in der Prothetik und Orthetik. Im Zentrum
Deutschland
der gesamten Arbeit von Otto Bock steht der Mensch.
Innovationspreis des Landeskreises
Das Ziel der Produktentwicklung ist ein kommerzi-
Göttingen, DynamicArm®, Deutschland
Von der Idee bis zum Projekt
2007 Wiener Zukunftspreis für Kinderhandsystem
„Popular Mechanics Award 2007“ für das
Projekt „Revolutionizing Prosthetics 2009“,
USA, Otto Bock Österreich –
als Forschungspartner
„red dot award“ Produkt Design für C-Leg®
- best of the best, Deutschland
2008 Wiener Zukunftspreis 2008 für Quelle: Dietl (2010a)
Forschungsprojekt „Gedankengesteuerte
Armprothese
think! | 1 | 2011 | 99
P r eis e u n d A u s z ei ch n u n g en fü r Wien er Pr o d u kt e
einen Projektantrag der folgende Elemente beinhaltet: Priorität, Art, Ziel, Team, Beschreibung, Kostenplanung des Projektes und Projektrisikoschätzung (Zeit, Finanzziel, technische Umsetzung, Anwender, Kos-
2009 „iF product Design award“ 2009, C-
tenersatz, etc.). (Dietl H. , 2010).
Leg® compact, Deutschland
Design Korea 2009 – Aufnahme von
AXON Hand System in den Katalog
„Word Best Design Exchange in 2009.
Design, Engine of Green Growth“
Geschäftsführung wird ein Projektteam gebildet, wo-
2010 „Trio Award“ (für engagierte Lehr-
bei der Projektleiter als „Projektmotor“ für den rei-
betriebe), Stadt Wien & Wiener Arbeits-
bungslosen Ablauf des Projektes, die Verteilung von
nehmerInnen Förderungsfonds (waff)
Aufgaben, die Einführung von klaren Kommunikati-
(Otto Bock Healthcare Products GmbH, 2011)
V om P roj e k t zum P roduk t Nach der Freigabe für den Projektstart durch die
onsstrukturen sowie für Planung und Controlling verantwortlich ist. Der Produktmanager ist für die markt-
elles Produkt oder die Verbesserung eines Produktes,
technischen Gesichtspunkte und für die Beobachtung
die Entwicklung eines Produktes für firmeninterne Ver-
des Marktes zuständig, während das Projektteam das
wendung, eines Servicebehelfes oder eines Messebe-
Hauptaugenmerk auf die Durchführung der gestellten
helfes.
Aufgaben in der geplanten Zeit legt und die Geschäfts-
Anzumerken sei, dass nicht jede Idee zu einem neu-
führung die Verantwortung für die Bereitstellung der
en Entwicklungsprojekt automatisch von Beginn an
Mittel und des qualifizierten Personals zu Erreichung
einen wirtschaftlichen Nutzen als Produkt für das Un-
des Projektziels trägt. Die fachliche und technische
ternehmen darstellt. So wurde zum Beispiel C-Leg®
Zusammenführung der verschiedenen Disziplinen zu
vor zehn Jahren als Produkt für eine Nische entwi-
einem gemeinsamen Ziel fällt in den Aufgabenbereich
ckelt- ein visionäres Konzept im Hochpreissegement.
des Projektleiters-Technik.
Produkt wurde zum Hauptumsatzträger.
Für die Definition der Kundenanforderungen werden die Kunden in drei Gruppen aufteilt: Prothesenträger,
Warum manchmal aus einer Idee kein Projekt wird,
Vertreter von Heilberufen wie z.B. Orthopädietechni-
kann daran liegen, dass die Ideen der verfügbaren
ker, Therapeuten, Fachärzte und die Krankenkasse.
Technologie einen oder sogar mehrere Schritte voraus
Die zu Beginn festgelegten Anforderungen bilden die
ist, es zu geringe verfügbare Kapazitäten gibt oder der
Basis der Entwicklungstätigkeiten und definieren alle
wirtschaftliche Nutzen zu gering ist.
Ziele, die das Produkt erfüllen soll.
Einzigartig ist der Prozess der Entscheidungsfin-
Während der Forschungsphase werden aus den
dung. Das Ziel dieser ist es, eine Produktidee auf
Kundenanforderungen die detaillierten technischen
ihre Verfügbarkeit zu prüfen. Es wird vom Produkt-
Anforderungen für die Umsetzung abgeleitet und als
manager, Marktmanager und Risikomanager eine
Produktmerkmale bei der Entwicklungsvorgabe (De-
Entwicklungsstrategie erstellt, welche die erforderli-
sign Input) integriert. Probandentests unter kontrol-
che Wettbewerbs- und Machbarkeitsanalyse und die
lierten Bedingungen werden durchgeführt, wenn ein
Patent- und Literaturrecherchen enthält. Zusätzlich
Prototyp zur Verfügung steht. Auf Grund der Resultate
werden neben Kundenanforderungen auch die ent-
dieser Untersuchungen kommt es eventuell zu Verän-
sprechenden behördlichen Anforderungen für Strate-
derungen, anschließend werden CE-gekennzeichnete
gieentwicklung miteinbezogen. Anschließend erstellen
Prototypen hergestellt. Dieser funktionsfähige Proto-
der Entwicklungsmanager und der Produktmanager
typ muss alle in der Bedienungsanleitung angeführten
100 | think! | 1 | 2011
FOTO: PRESSEBILD OTTO BOCK GMBH
Bis heute wurden über 31.000 Stück produziert, das
OTTO BOCK | Von der Idee zum Produkt
Quelle: Dietl (2010b)
M it arbe it e r-Qual if izie rung Ein besonderer Fokus, welcher auch zum Erfolg beiträgt, ist sicherlich die ständige Schulung und Weiterbildung der Mitarbeiter. Unter dem Motto „Ein Unternehmen ist so gut wie seine Mitarbeiter“ und „Lebenslanges Lernen“ organisiert Otto Bock im RahFunktionen beinhalten, damit sichergestellt wird, dass
men der internen „Otto Bock Academy“ Seminare
die Kundenanforderungen und die gesetzlichen Anfor-
und Weiterbildungen für das gesamte Unternehmen.
derungen erfüllt werden. In einem KEIB (=kontrolliertes
Die Schwerpunkte sind Arbeitstechniken, Software-
erstmaliges Inverkehrbringen) erfolgt die Weitergabe
Anwendungen, Mitarbeiterführung und Fremdspra-
von Kopien des funktionsfähigen Prototypen inklusi-
chen. Auch Themen wie „Konfliktmanagement „ und
ve Fragebögen direkt an die Testanwender. Das neue
„Kommunikationstraining“ sind im Seminarangebot
Produkt wird für eine vorgegebene Zeitdauer auf die
zu finden. Im Umgang mit Betroffenen und gehandi-
Alltagstauglichkeit geprüft und die Ergebnisse Rah-
capten Menschen steht die soziale Kompetenz der
men eines Erfahrungsberichtes zur Verfeinerung des
Mitarbeiter im Vordergrund. Otto Bock investiert kon-
funktionsfähigen Prototypen an die Entwicklung wei-
sequent in den Bereich der Personalentwicklung, um
tergeben. Beim Design Freeze Meeting wird nochmals
auch morgen auf hochqualifizierte Mitarbeiter bauen
kontrolliert, ob alle Anforderungen aus dem Pflichten-
zu können. Seit Mitte 2009 hat die Otto Bock Acade-
heft erfüllt werden und der Prototyp auf dem aktuellen
my Wien die globale Verantwortung für Schulungen
Stand „eingefroren“.
im Bereich Neurostimulation und Prothetik der oberen
Die Vorrichtungen für die Produktion und Werkzeu-
Extremität. Das Wissen wird nicht nur an Orthopädie-
ge für den Service werden erstellt. Mit Hilfe der Validie-
mechaniker sondern auch an Fachärzte und Thera-
rung wird neuerlich überprüft, ob das fertige Produkt
peuten weitergegeben, denn bei der Herstellung von
sämtliche Herstellspezifikationen und Kundenanfor-
komplexen Produkten hat die Zusammenarbeit in ei-
derungen entspricht. Bevor der Produktionsstart, der
nem interdisziplinären Team hohe Priorität. In Zukunft
Verkaufsstart und die Stückzahl festgelegt werden,
wird es zum vermehrten Einsatz von E-Learning als
wird im Produktionsmeeting kontrolliert, ob alle Vorbe-
Vorbereitung zu den Schulungsverantstaltungen kom-
reitungen für eine Serienproduktion getroffen wurden
men und das praxisorientierte Hands-on Training ver-
(Dietl H., 2010).
stärkt werden (Otto Bock, 2010)
think! | 1 | 2011 | 101
Z eitsch r ift D i a lo g
Techniker-Teams werden auf Grund des multikulturellen Zusammentreffens so zusammengestellt, dass alle wichtigen Sprachen und Kulturen abgedeckt wer-
Erwähnenswert ist vor allem die Zeitschrift „Dialog“, welche alle 2-3 Monate von der Otto Bock Healthcare Products GesmbH herausgegeben wird. Es informiert
den (Otto Bock Österreich, 2011).
Ök onom ie und Ök ol ogie
vor allem Kunden, was sich im Bereich der Forschung und Entwicklung getan hat und welche Meilensteine
Die Bekenntnis zur Innovation, der Mut zur Investition
gesetzt wurden. Aktuelle Themen werden vorgestellt
und das Selbstverständnis der Firmeninhaber als verant-
und auf die Veranstaltungen rund um das Unterneh-
wortliche Bürger-Unternehmer sind die Kompetenzen,
men hingewiesen. Der „Dialog“ gilt jedoch nicht nur
die es ermöglichen, zwei Gegensätze wie Ökonomie
als Informationsträger für die Kunden, auch die Mit-
und Ökologie zu vereinen: Es werden umweltrelevante
arbeiter werden informiert, bzw. werden ebenfalls Be-
Emissionen in den Produkten fast vollständig vermie-
richte über diese veröffentlicht.
den. Der Energieverbrauch im gesamten Unternehmen
P ar a lympis ch es E n g a g emen t
wurde enorm gesenkt durch die thermische Verwertung von Produktionsabfällen, die Wärmerückgewinnung bei Lüftungsanlagen und den Einsatz der Frequenzumfor-
Das Paralympische Engagement ist für Otto Bock
mertechnik zur Stromeinsparung. Zum Standard im
zu einem Teil der Unternehmensphilosophie gewor-
Unternehmen zählen sortenreine Recycling-Systeme
den. „Wir sehen uns gern in der Pflicht, unsere Kom-
für Metall und Kunststoff (Otto Bock Österreich, 2011).
petenz, unsere Globalität und unsere Erfahrung mit orthopädietechnischen Spitzenqualität auch dem
O t t o B oc k und die Z uk unf t
weltweiten Sport von Menschen mit Behinderung zur Verfügung zu stellen“, sagt Professor Hans Georg
Die Ansprüche an Otto Bock in der Zukunft sehen
Näder, Geschäftsführender Gesellschafter von Otto
für Herr DI Dr. Dietl, Geschäftsführer der Otto Bock
Bock. „ Der Partnerschaftsvertrag mit dem Internatio-
Healthcare Products GmbH in Österreich und in Du-
nal Paralympics Committe (IPC) ist das Fundament für
derstadt, folgender Maßen aus: Die iPod-Generation
die Kontinuität unserer Unterstützung für Sportler aus
wächst heran und fordert das perfekte „Mensch-
aller Welt.“ (Otto Bock Österreich, 2011)
Maschine-Interface“ und das wird auch die zukünfti-
Seit mehr als drei Jahrzenten fördert Otto Bock den
ge Anforderung an die Orthopädische Industrie sein:
Sport von Menschen mit Behinderung. 1988 begann
Rehabilitationssysteme, die sich ideal den Bedürfnis-
das Engagement bei den Paralympics, als fünf Ortho-
sen des Nutzers anpassen, die auf unterschiedlichste
pädie-Techniker des Tochterunternehmens Otto Bock
Situationen so reagieren, wie es der Anwender will.
Australien bei den Sommerspielen in Seoul ihre Diens-
Das Hilfsmittel fügt sich natürlich in den Alltag ein, wie
te anboten. 1992 wurde in Barcelona das Projekt aus-
das iPhone. Die Behinderung wird als solche gar nicht
geweitet und eine mobile Werkstatt von Deutschland
mehr wahrgenommen. Man geht selbstverständlich
aus angeliefert, da erkannt wurde, dass Otto Bock
und selbstbewusst damit um und sieht sich als Indi-
den Leistungsport der Athleten mit Behinderung nicht
viduum mit speziellen Bedürfnissen und nicht als Be-
nur mit der Produktentwicklung unterstützen konnte.
hinderter. Man kommuniziert online mit Therapeuten
Seitdem ist Otto Bock bei allen Sommer- und Winter-
und Technikern und tauscht sich in User-Groups aus.
spielen der Paralympics dabei. Vor und während der
Selbstverständlich ist der Anspruch auf ein gutes De-
Sommerspiele Vancouver 2010 hatten die Techniker
sign hoch und mitentscheidend bei der Wahl der Pro-
von Otto Bock mehr als 2.000 Arbeitseinsätze. Die
these oder anderer Systeme (Dietl H., 2009).
102 | think! | 1 | 2011
OTTO BOCK |
produktübersicht Um sich eine besseren Einblick zu verschaffen, was
der kontinuierliche Anpas-
die wesentlichen Produktfelder dieses Unternehmens
sung des Übersetzungs-
zu bieten haben, wird in den folgenden Kapiteln kurz
verhältnisses an die
beschrieben, was die Funktionen sowie die wesent-
Umfeldbedingungen
lichen Punkte sind, welche die Qualität dieser aus-
• Individuelle Anpassung der
zeichnet.
Steuerung an die Fähigkeiten des Patienten durch Unterschied liche Programme und Parameter • Anpassung von Form und Grundfarbe an das • Gesamtbild des menschlichen Körpers • Natürlich Wirkende Ellbogen-Unterarm Konstruktion • Größtmöglicher Funktionalität schafft mehr Lebensqualität Quelle: Sahin (2011)
SensorHand Speed steht für: • Präzision und Leichtigkeit der Steuerung der Geschwindigkeit • Verbesserte Signalverarbeitung
FOTOS: PRESSEBILD OTTO BOCK GMBH
• Geschwindigkeit von bis zu 300 mm pro
C-Leg® steht für:
Sekunde mit der eine Frisbee-Scheibe blitz-
• vollständig mikroprozessorgesteuertes
schnell und sicher gefangen werden kann
Beinprothesensystem
• Ergreifen eines rohen Ei oder anderer zerbrech-
• automatische Anpassung an Schrittgeschwin-
licher Gegenstände ohne Sichtkontrolle
digkeit, -länge und -frequenz in Echtzeit
Quelle: Sahin (2011)
• hohe Sicherheit und minimale Sturzgefahr • bestmögliche Annäherung an das natürliche
Transcarpal Hand steht für:
Gangbild
• Regelung der Griffgeschwindigkeit und Griff-
• Wireless Remote Control und zusätzlicher
kraft werden ganz natürlich proportional zur
Stehmodus für mehr Unabhängigkeit und
Höhe des Muskelsignals
Komfort
• Optimale Anpassung der Griffgeschwindigkeit
Quelle: C-Leg Otto Bock (2011)
und Griffkraft erlauben ein direkt gesteuertes physiologisches Greifen
DynamicArm® steht für:
• Schnelle Erlernbarkeit
• Heben bis zu sechs Kilogramm
• Verhinderung einer ungewollten Grifflockerung
• Natürliches Bewegungsverhalten auf Grund
durch einen virtuellen Handschalter
think! | 1 | 2011 | 103
O tto B o ck- M e h r a ls ei n U n t er n eh men ?
autoren
Dass es sich bei diesem Unternehmen um keinen mittelständischen Betrieb handelt, wurde auf den vorigen Seiten ersichtlich. Fast ein Jahrhundert lang wird auf Menschen mit besonderen Bedürfnissen eingegangen. Dass Otto Bock Marktführer in seiner Branche ist, kommt nicht von irgendwo. Betrachtet man
Doris Lichtenberger, Bsc Doris.Lichtenberger@edu.fh-kaernten.ac.at
die Marktanalyse, wird ersichtlich dass der Umsatz aufgrund der demographischen Änderung von Jahr zu Jahr steigt. Besonders ist, dass Otto Bock den demographischen Wandel nicht als selbstverständlich sieht und ständig in die Forschung und Entwicklung investiert. Besonders ist in diesem Bereich, dass Wien und damit Österreich einen wesentlichen Faktor für
Daniel Nedved, Bsc Daniel.Nedved@edu.fh-kaernten.ac.at
ein Unternehmen, welches weltweit expandiert, spielt. Anhand der Firmenphilosophie ist zu erkennen, dass es sich um Produkte, welche einen menschlichen Nutzen haben und den Alltag dieser erleichtert, handelt. Ein Indiz dafür ist auch der besondere Umgang mit den Mitarbeitern, welche durch ständige Schulungen, Veranstaltungen usw. immer wieder forciert und in
Christina Pichler, BA Christina.Pichler@edu.fh-kaernten.ac.at
den Betrieb miteinbezogen werden. Ein Unternehmen kann nur funktionieren, wenn das Betriebsklima reibungslos funktioniert. Resümierend sei auf jeden Fall der Schluss zu ziehen, dass es sich bei diesem Unternehmen wirklich um mehr, als einen blauen Schriftzug in der Branche der Orthetik und Prothetik handelt. Jahrelange Innovation brachte Otto Bock dorthin, wo
Michaela Wegscheider Michaela.Wegscheider@edu.fh-kaernten.ac.at
es nun steht, aber sicherlich nicht stehen bleiben wird.
literatur Dr. Bock, O. (2011). Produktbilder Otto Bock. Abgerufen am 17. 05 2011 von http://www.ottobock.de/cps/rde/xchg/ob_de_de/ hs.xsl/20536.html Dietl, H. (2009). Ein Blick in die Zukunft. Dialog Österreich Otto Bock , Ausgabe 11, S. 6. Dietl, H. (2010 b). Vom Projekt zum Produkt. Dialog Österreich Otto Bock, Ausgabe 16, S. 1 - 3. Dietl, H. (2010 a). Was uns bewegt. Dialog Österreich Otto Bock, Ausgabe 15, S. 1 - 2. Finanznachrichten Deutschland, 2011. (kein Datum). Abgerufen am 17. 05 2011 von http://www.finanznachrichten.de/ nachrichten-2004-05/3433133-wachstumsstrategie-erfolgreich-otto-bock-firmengruppe-steigert-umsatz-und-ergebnisweltmarktfuehrer-otto-bock-healthcare-gmbh-fokussiert-aufwachst-007.htm
104 | think! | 1 | 2011
Geschäftsführung Otto Bock Wien. (2011). Abgerufen am 31. 05 2011 von http://www.ottobock.at/cps/rde/xchg/ob_at_de/ hs.xsl/8287.html, http://www.ottobock.at/cps/rde/xchg/ob_at_ de/hs.xsl/696.html, 16. 05. 2011. (kein Datum). More than the games. (2011). Abgerufen am 17. 05 2011 von http://www.morethanthegames.co.uk/paralympics/0113774-london-2012-organisers-appoint-second-paralympic-only-sponsor Näder, H. (2010). Begreifen, was uns bewegt. Dialog Österreich Otto Bock , Ausgabe 17, S. 2 - 3. Otto Bock Healthcare Products GmbH. (2011). Pressebericht. Wien: Otto_Bock_Healthcare_Products_GmbH. Otto Bock Österreich. (2011). Otto Bock Österreich, 2011 [Online]. Abgerufen am 09. 05 2011 von www.ottobock.at Otto Bock Österreich. (2009). Zeitreise durch 40 Jahre Otto Bock Österreich. Dialog Österreich, Otto Bock , Ausgabe 11, S. 8 - 9. Otto Bock. (2010). Otto Bock stellt sich vor-Otto Bock Academy, Wien. Dialog Österreich Otto Bock , Ausgabe 15, S. 8 - 9.
PORTRÄT
frauen in der technik:
D
d
Kate Gleason – die Erfinderin des Fertigteilhauses
ate Gleason wurde 1865 in Rochester, New York, als Tochter eines Werkzeugfabrikanten geboren. Bereits mit 12 Jahren arbeitete Kate in der Fabrik ihres Vaters mit 1884 begann sie ein Maschinenbau-Studium an der Cornell Universität, das sie allerdings nicht beenden konnte, da ihr Vater ihre Hilfe in der Firma benötigte. Obwohl das für sie eine große Enttäuschung war, konnte Kate später diesen Schritt als versteckte Fügung betrachten, da sie ohne die Mithilfe in der Firma ihres Vaters niemals die Möglichkeit gehabt hätte, das Werkzeugmaschinengeschäft von der Pike auf zu lernen. Kate wurde zur Hauptbuchhalterin des Unter-
FOTO: ARCHIV
nehmens, bereits mit 25 Jahren zur Vertriebsleiterin. 1893 reiste sie per Dampfschiff alleine durch Europa
neue Herausforderung, die sie in ihre bedeutendste In-
und sicherte in England, Schottland, Frankreich und
novation verwandelte: In den USA fehlte es überall an
Deutschland Aufträge für Gleason Maschinen.
erschwinglichem Wohnraum. Sie überlegte, wie man
Im selben Jahr half sie auch ihrem Vater eine Ma-
die Methoden der Massenproduktion auf die Herstel-
schine zu optimieren, die Kegelradgetriebe produ-
lung von Wohnraum übertragen könnte. Das von ihr
zierte. Dank ihrer Erfindung konnten die Getriebe
entwickelte Verfahren ermöglichte es, Flüssigbeton so
schneller und billiger produziert werden. Kate galt
in Form zu gießen, dass viele Teile eines Hauses vorab
als Verkaufstalent: Aufgrund ihrer ausgezeichneten
in großen Mengen hergestellt werden konnten. Dies
Verkaufserfolge wurden die Gleason Werke auf dem
war die Geburtsstunde des Fertigteilhauses, das Kate
Gebiet der Getriebe-Herstellung führend in den USA.
seit dem Jahr 1921 unter dem Namen „Concrest“ ver-
1917 wurde Gleason als erste Frau in die American
kaufte. Das Haus bestand aus 6 Zimmern und war
Society of Mechanical Engineers, der amerikanischen
mit einem Gasherd, Einbau-Regalen, Spiegeln sowie
Gesellschaft der Maschinenbauingenieure aufgenom-
einem Bügelbrett ausgestattet und blieb dennoch für
men. In Deutschland schloss zu dieser Zeit die erste
eine Arbeiterfamilie erschwinglich.
Diplomingenieurin – Elsbeth Steinheil – ihr Studium
Kate Gleasons Modell-Siedlung mit 100 Concrest-
ab. Von 1917 bis 1919 war Kate Gleason außerdem
Häusern wurde das Vorbild für viele Vorstadt-Siedlun-
als erste Frau Präsidentin der First National Bank of
gen in den USA. Gleason starb 1933 und hinterließ ein
Rochester.
Vermögen, das zu großen Teilen in den Kate Gleason
Nach dem ersten Weltkrieg fand Kate Gleason eine
Fund, eine Stiftung für soziale Zwecke, floss.
think! | 1 | 2011 | 105
„Unser Innovationsmanagement? Das ist ganz einfach – unser Innovationsmanagement ist Josef Zotter“, erklärt uns der Abteilungsleiter der Produktion, als wir die Zotter Schokoladenmanufaktur besuchen. Eine Antwort, die für uns nach fast 3 Stunden Autofahrt zunächst ziemlich unbefriedigend wirkt. Über zahlreiche Hügel und teilweise sehr schmale Straßen hat uns das Navigationsgerät gelotst, bis wir endlich das kleine Dorf Bergl erreicht haben. Wir haben uns alle die gleiche Frage gestellt: Mitten in dieser abgeschiedenen Gegend soll es ein international bekanntes und renommiertes Unternehmen mit über 120 Mitarbeitern geben? Aber wie wir im Laufe des Tages und unserer Recherchen noch feststellen sollten, macht genau diese Regionalität das Unternehmen Zotter aus.
Die Geschichte des Unternehmens beginnt mit der
folgte das Ziel, geschmackliche Vielfalt auf höchstem
Geschichte von Josef Zotter, der 1961 in Feldbach in
Niveau anzubieten. Diese Kombination aus Raffinesse
der Oststeiermark als Bergbauernsohn geboren wur-
und natürlicher Ursprünglichkeit stellte sich schließlich
de. Nach der Lehre zum Koch und Konditor arbeitete
als Erfolgsrezept heraus. Zotter entschloss sich dazu,
er jahrelang im renommierten Hotel Imperial in Wien
eine Schokoladenmanufaktur inmitten der Felder auf
als Patissier. 1987 machte er sich mit einer Kondito-
dem Land in Bergl bei Riegersburg zu errichten, da es
rei in Graz selbstständig – zum ersten Mal. Denn 10
für ihn wichtig war, einen direkten Bezug zum Anbau
Jahre später musste Josef Zotter Konkurs anmelden.
und zur Produktion der Rohstoffe zu haben (vgl. Die
Nicht, weil seine Produkte nicht qualitativ hochwer-
Presse, 09.09.2010; Zotter, 2008, S. 364ff).
Qualität seiner Produkte und kaum bis gar nicht auf
Mittlerweile hat die Zotter Schokoladenmanufaktur
das Management seines Unternehmens konzentrier-
GmbH ein eigenes „Schokoladen-Theater“, wo die
te. Bis zum Jahr 1997 hatte er auf 4 Filialen aufge-
Kunden die Produktion der Schokolade von der Boh-
stockt, die ohne professionelles Management nicht
ne bis zur Tafel – also „from bean to bar“ – verfolgen
mehr zu führen waren. Nach seinem Konkurs war er
und Schokolade in all ihrer durch Josef Zotter verlie-
gezwungen, drei seiner Filialen zu schließen (vgl. Die
henen Vielfalt probieren können. Das Schokoladen-
Presse, 09.09.2010).
theater kann pro Jahr 170.000 Besucher verbuchen. Das kleine Dort Bergl ist damit zum Ort mit der zweit-
1999 beschloss Zotter, sich ausschließlich auf die
höchsten Besucheranzahl in der Steiermark nach
Produktion von Schokolade zu konzentrieren. Zu Be-
Mariazell geworden. Der Umsatz der Zotter Scho-
ginn bestand das Unternehmen Zotter ausschließlich
koladenmanufaktur hat sich seit 2002 verzehnfacht
aus Josefs Ehefrau, seinem Künstlerfreund Andreas
– von 1,3 Millionen Euro auf 14,3 Millionen Euro im
Gratze und ihm selbst. Das kleine Unternehmen ver-
Jahr 2008. Drei Viertel des Umsatzes werden durch
106 | think! | 1 | 2011
FOTOS: zotter, zotter/C.Jungwirth
tig waren, sondern weil er sich ausschließlich auf die
think! | 1 | 2011 | 107
novativer Märkte nachhaltige Erfolge erzielt werden können. Durch Veränderung der Kernelemente eines Marktes durch Eliminierung, Reduzierung, Steigerung und Kreierung von Produktelementen wird ein neuer Markt mit einer neuen Zielgruppe geschaffen. Ausgangspunkt der Betrachtung ist dabei immer der Kundennutzen (vgl. Kim & Mauborgne, 2005, S. 5ff). Durch Josef Zotters teilweise sehr eigenwilligen Schokoladenkreationen hat er Kundenbedürfnisse erzeugt, die vorher nicht existierten und er hat dadurch eine neue Zielgruppe geschaffen. Josef Zotter drückt es so aus: „Ich überlege mir, was ich gern hätte. Und
schokobrunnen im schoko-laden theater
dann versuche ich, Kunden dafür zu finden“ (Die Presse, 09.09.2010). Über 300 verschiedene Schokoladensorten hat Josef Zotter bisher kreiert. Allein
die handgeschöpfte Schokolade erzielt (vgl. Khaire et
im Jahr 2009 gab es 70 Produktinnovationen in der
al., 2010, S. 9).
Zotter Schokoladenmanufaktur. Innovationen, die nie zustande gekommen wären, wenn sich Josef Zotter
Worauf aber basiert der Erfolg von Zotter? Aus der
auf den bereits existierenden Schokoladenmarkt kon-
Sicht von Josef Zotter baut sein strategisches Ge-
zentriert hätte. Das „Mehr-aus-Schokolade-Machen“
schäftsmodell einfach darauf auf, dass er aus Scho-
ist mittlerweile genau das, was die Kunden von Zot-
kolade mehr machen will, als sie ist. Aus der Sicht
ter berührt und was sie haben wollen (vgl. Die Presse,
des Innovationsmanagements hat Josef Zotter eine
09.09.2010; Zotter, 2008, S. 363).
Blue Ocean Strategie gewählt. Dieser von W. Chan Kim und Renée Mauborgne entwickelte Ansatz zur
Doch nicht nur beim Produkt selbst wählt Zotter
Geschäftsmodellentwicklung basiert auf dem Grund-
einen anderen Ansatz als andere Schokoladeprodu-
gedanken, dass nur durch die Entwicklung neuer in-
zenten, sondern bspw. auch in Bezug auf Sortiment, Einkauf und Marketing (vgl. auch Tabelle Schokola-
a u s z eich n u n g en ( a u s wa h l)
denproduktion: Standard versus Zotter). Zotter setzt auf Vielfalt, wo sich andere auf Bestseller konzent-
Nachhaltigster Unternehmer 2010
sondern höchste Qualität zu fairen Preisen und fairen
Lebensart Österreich
Bedingungen. Und genau dieser Ansatz übernimmt
Einladung an die Harvard-University
schließlich das Marketing: Seine Innovationskraft,
erste österreichische Fallstudie im
die Ideen am laufenden Band produziert, hat ihm ein
Harvard-Lehrplan
enormes Medienecho verschafft. Zusätzlich setzt Zotter auf Mundpropaganda als Marketinginstrument:
Bester ausländischer Schokoladen-
Seine ausgefallenen Schöpfungen wie bspw. Gram-
hersteller 2007
melschokolade oder Fischgummischokolade wecken
Eurochocolate Award, Perugia
Aufmerksamkeit. Auch wenn diese besonders eigentümlichen Kreationen möglicherweise zunächst nur
Leitbetrieb für KMU in Österreich
von einer kleinen Kundengruppe wirklich gekauft und
Europäische Kommission
gegessen werden – Gesprächsstoff bieten sie allemal.
108 | think! | 1 | 2011
FOTOS: zotter/h. lehmann
rieren. Sein Fokus beim Einkauf sind nicht Kosten,
zotter | Schokoladenproduktion: Standard versus Zotter
QUELLE: ZOTTER 2008
Standard
Zotter
Produktsortiment
Fokus auf Besteller
Fokus auf Vielfalt
Verpackung
Einheitlich
Individuelles Design für jede Geschmacksrichtung
Einkaufsstrategie
Fokus Kosten
Fokus Qualität
Bezug Rohstoffe
Zwischenhändler
Individuelle Verhandlungen mit Rohstofflieferanten
Marktforschung
Befragung, Produkttest, etc.
Keine Marktforschung
Marketing
Nutzung aller Instrumente
Kein klassisches Marketing
Wachstums-
Marktanteilsstreben
Kein Marktanteilsstreben –
Strategie
Fokus Unternehmensstabilität
Josef Zotter hat weder einen Business Plan, noch betreibt er Marktforschung. Zotters unkonventioneller Zugang zu betriebswirtschaftlichen Grundprinzipien – bzw. deren Nichtbeachtung – hat 2009 sogar die Harvard University neugierig gemacht. Nun gibt es im Lehrplan der Elitestudierenden eine eigene „ZotterCase-Study“. Seit 2010 betreut er auch zwei Klassen in Harvard, teilweise per Videokonferenzschaltung mit Simultanübersetzung aus der Schokoladenmanufaktur in Bergl (vgl. Die Presse, 15.02.2011; Zotter, 2008, S. 363ff).
„Marktforschung ist etwas Grausliches. Soll ich den Kunden fragen, ob er Fischgummischokolade kaufen würde? Darunter kann sich niemand etwas vorstellen.“ Josef Zotter chen Wachstumsrate zwischen 4 und 5 Prozent (vgl.
Bevor wir näher auf den Innovationsprozess bei Zot-
Khaire, Aichinger, Hoffmann & Schnoedel, 2010, S.
ter eingehen, möchten wir den Markt, auf dem sich
6). Der Schokoladenkonsum variiert international sehr
das Unternehmen befindet, näher betrachten und so
stark, wobei vor allem Westeuropa einen hohen Pro-
zum Innovationsmanagement in der Schokoladenma-
Kopf-Schokoladenverbrauch aufweist. So essen etwa
nufaktur hinführen.
Deutsche und Schweizer ca. 10 kg Schokolade pro
S cho ko la d en ma r kt a n a lys e
Jahr. In der EU-27 betrug der Schokoaldenkonsum im Jahr 2007 2.466.000 Tonnen und ist damit im Vergleich zu den Vorjahren leicht gestiegen (vgl. Caobisco
Die erste Form von Schokolade wurde schon von
2008; International Cocoa Organization, 2006).
den Azteken und Mayas vor über 2000 Jahren produ-
Der österreichische Schokoladenmarkt wies im Jahr
ziert und kam als Kakaogetränk um 1500 durch spa-
2008 eine Größe von 314 Millionen Euro auf. Das jähr-
nische Konquistadoren erstmals nach Europa. Mitte
liche Wachstum beträgt seit 2006 ca. 1 Prozent pro
des 18. Jahrhunderts wurde Schokolade erstmals in
Jahr. Etwa die Hälfte der Verkäufe wird in Österreich
fester Form produziert und wurde unmittelbar danach
durch Schokoladetafeln und -riegel
weltweit populär (vgl. Khaire, Aichinger, Hoffmann &
wobei dieses Segment stärker als der Gesamtscho-
Schnoedel, 2010, S. 6).
koladenmarkt wächst. In den letzten Jahren gab es in
erwirtschaftet,
Im Jahr 2008 betrugen die weltweiten Schokola-
Österreich einen starken Trend zu dunkler Schokolade
denumsätze über 41 Milliarden Euro mit einer jährli-
mit hohem Kakaoanteil (vgl. Khaire et al., 2010, S. 8).
think! | 1 | 2011 | 109
Laut der Konsumerhebung 2009/10 durch die Statistik Austria konsumiert jeder Österreicher im Durchschnitt 0,8 kg Schokolade pro Monat, was monatlichen Pro-Kopf-Ausgaben von 9,3 Euro entspricht. Bei den Gesamtausgaben der Haushalte entfallen 0,4 Prozent auf Schokolade. (vgl. Statistik Austria, 2011)
M a r kts eg ment i er u n g Der Schokoloadenmarkt kann anhand vielfältiger Kriterien segmentiert werden, wobei Schokoladeprodukte v.a. nach Zutaten, Verarbeitungsmethode, Geschmack und Preis sowie nach Premiumprodukten und Massenprodukten eingeteilt werden. Der Schokoladenmarkt weist zahlreiche Spezialisierungen auf, wobei sich Zotter in zwei spezialisierten Marktsegmenten bewegt: Fair Trade und Bio-Schokolade, die beide als Wachstumsmärkte gelten (vgl. Khaire, 2010, S. 7; Meixner, 2007, S. 34f). Im Folgenden sollen diese beiden Märkte kurz skizziert werden. Fair Trade Unter fairem Handel wird im Schokoladenmarkt ein möglichst direkter Handel zwischen den Produzenten, also den Kakaobauern, und den Herstellern von Schokolade verstanden. Das Geschäftsmöglichst fairen Preis für ihre Rohstoffe erhalten. Um
Bio-Schokolade In vielen Gebieten wird Kakao un-
das Fairtrade-Gütesiegel zu erhalten muss zusätzlich
ter kontrolliert biologischen Bedingungen hergestellt,
sichergestellt werden, dass das Endprodukt strengen
um eine nachhaltige Bewirtschaftung zu sichern. Ein
sozialen, ökonomischen und ökologischen Standards
Großteil des Fair Trade Kakaos wird bereits biologisch
entspricht (vgl. Fairtrade Österreich, 2011; Meixner,
produziert. Dabei werden die Grundsätze des biolo-
2007, S. 34f). Der Fair Trade Anteil am internationalen
gischen Landbaus verfolgt, die in der EU-Verordnung
Schokoladenmarkt ist noch sehr gering und liegt bei
für biologischen Landbau geregelt sind (vgl. Meixner
unter einem Prozent. Schätzungen gehen für Öster-
2007, S. 37). Der Bio-Schokoladenmarkt wies zwar im
reich davon aus, dass der Anteil der Fair Trade Scho-
Jahr 2005 eine eher geringe Größe von 214 Millionen
koladenprodukte 2008 bei ca. 5 Prozent des Gesamt-
Euro auf, allerdings gilt dies als Wachstumssegment
schokoladenmarktes lag, was einem Wachstum von
mit jährlichen Zuwachsraten von über 20 Prozent (vgl.
400 Prozent gegenüber 2003 entspricht (vgl. Kheiver
Kheiver, 2010, S. 8). Auch in Österreich gibt es bis-
et al., 2010, S. 8). Dieses Wachstum kann in einem
her nur einen geringen Anteil von Bioschokolade, der
hohem Maße auf Josef Zotter zurückgeführt werden,
Großteil davon wird durch Zotter vertrieben. Bei Zotter
der seit 2004 fester Lizenzpartner von Fair Trade Ös-
wird nicht nur der Kakao aus biologischer Landwirt-
terreich ist (vgl. Zotter, 2011) und mittlerweile 90 Pro-
schaft bezogen, sondern auch alle anderen Zutaten
zent Marktanteil am österreichischen Fair Trade Scho-
für die Schokoladen. Somit ist das gesamte Zotter-
koladenmarkt besitzt (vgl. Kheiver et al., 2010, S. 8).
Sortiment biologisch (vgl. Zotter, 2011).
110 | think! | 1 | 2011
FOTOS: ZOTTER/C.Brück /FAIRTRADE, ZOTTER/H. LEHMANN
prinzip baut darauf auf, dass die Produzenten einen
zotter | „Für uns war es wichtig, kein Spartenprodukt mit Bio-Label herzustellen, sondern ganzheitlich, sprich das gesamte Sortiment, umzustellen. Da wir von Beginn an auf Qualität und Regionalität gesetzt und auf Konservierungsmittel, künstliche Aromen und dergleichen Glanzstoffe der ChemieIndustrie verzichtet haben, war Bio für uns ein konsequenter Weg.“
T r en d s im S ch o ko la d en m a r kt Der Schokoladenmarkt kann per se als als innova-
Josef Zotter
tiv bezeichnet werden. Ein Drittel aller Schokoladenprodukte bleibt nicht länger als fünf Jahre auf dem
de dar. Der Begriff wurde maßgeblich von Josef Zotter
Markt (vgl. Meixner 2007, S. 40). Es lassen sich in den
geprägt (vgl. Zotter, 2011). Handgeschöpfte Schoko-
letzten Jahren zahlreiche Trends beobachten, die hier
lade ermöglicht es v.a. kleineren Herstellern sich durch
kurz dargestellt werden sollen.
innovative Produkte und Geschmackskreationen von
Zunächst ist ein starker Trend zu nachhaltiger Produktion und fairem Handel auszumachen, was anhand der Analyse der beschriebenen Wachstumsmärkte Fair Trade und Bioschokolade hervorgeht.
der Masse der Großproduzenten abzuheben (vgl. Keppler, 2004). Auch bezüglich der Verpackung von Schokolade lassen sich Trends erkennen. So wird verstärkt auf
Der in allen Bereichen zunehmende Gesundheits-
edle und individuelle Verpackungen gesetzte, die
trend spiegelt sich auch im Schokoladenkonsum wi-
Schokolade zu einem exquisiten kleinen Geschenk
der. So gewinnt dunkle Schokolade mit hohem Ka-
machen (vgl. Foodaktuell, 2006).
kaoanteil sowie niedrigerem Fett- und Zuckeranteil verstärkt an Marktanteilen. Der Zuwachs an Verkäufen
Betrachtet man die Entwicklung in Bezug auf das
von dunkler Schokolade stellte in den letzten Jahren
Sortiment der Zotter Schokoladenmanufaktur, so fällt
den Haupttreiber des Schokoladenmarktwachstums
auf, dass Zotter auf diese Trends – bewusst oder un-
dar (vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.10.2006;
bewusst – hervorragend reagiert. Josef Zotter gilt in
Kheiver et al, 2010, S. 7).
Bezug auf alle erwähnten Trends als Vorreiter. Bei-
Der Gesundheitstrend hat u.a auch den Trend zu
spielsweise lässt sich der Begriff „handgeschöpft“ auf
edleren Schokoaldenprodukten verstärkt, da solche
Josef Zotter zurückführen (vgl. Zotter, 2011). Auch
Premiumprodukte meist einen höheren
Gehalt an
wenn er selbst sagt, dass das Aufgreifen dieser Trends
dunkler Schokolade aufweisen. Außerdem sind exo-
rein intuitiv und aus seiner eigenen Überzeugung he-
tische Variationen verstärkt gefragt (vgl. Foodaktuell,
raus erfolgt ist, so ist es aus der Betrachtungsweise
2006; Kheiver et al., 2010, S. 7).
des Innovationsmanagements doch eine sehr erfolg-
Ein weiterer Trend stellt handgeschöpfte Schokola-
reiche Pionierstrategie. Er kann bei einem Großteil sei-
think! | 1 | 2011 | 111
ner Produkte als First-Mover auf dem Markt auftreten,
2007 erhöht (vgl. Abb. Entwicklung der Marktanteile).
was ihm strategische Wettbewerbsvorteile verschafft.
Damit liegt Zotter an 9. Stelle.
Zotter kann v.a. von folgenden zwei Vorteilen eines First-Movers profitieren:
In der Marktnische der Fair Trade Schokoladen ist Zotter jedoch eindeutig Marktführer. Von 5 Prozent
Durch das große Plus an Erfahrung im Umgang mit
des Fair Trade Marktanteils am Gesamtmarkt hält
der Innovation kann der First-Mover im Vergleich zu
Zotter 4,1 Prozent. Der stärkste Konkurrent in die-
Unternehmen, die später in den Markt eintreten, ein
sem Bereich ist EZA. Diese Organisation setzt im
größeres Fachwissen erwerben. Erfahrungskurven-
Verkauf jedoch verstärkt auf die Herkunftsbetonung
vorteile können dadurch schneller gesammelt wer-
und im Vergleich zu Zotter weniger auf innovative Ge-
den (Johnson, Scholes & Whittington, 2011, S. 419).
schmackskreation und –vielfalt (Kheiver et al., 2010,
Beispielsweise war Josef Zotter einer der ersten, der
S. 9). Als Markführer muss Zotter ständig mit der Ko-
abgesehen von EZA (Organisation für Entwicklungs-
pie seiner strategischen Erfolgsfaktoren durch andere
zusammenarbeit) fair gehandelten Kakao für die
Schokoladenproduzenten rechnen (vgl. Kühlmann,
Schokoladenproduktion verwendet hat und direkt
2003, S. 143). Als Innovationsstrategie sollte daher
mit den Kakaobauern in Handel getreten ist. Dadurch
weiterhin der First-Mover-Ansatz gewählt werden, um
hat Zotter mittlerweile ein sehr gut etabliertes Netz an
durch Innovationen ständig neue Erfolgspotenziale zu
Rohstofflieferanten, die auf Zotter zugeschnittene Ka-
generieren.
kaosorten in höchster Qualität anbieten.
Ob ein Innnovationsmanagement bei Zotter überhaupt existiert und wie dieses ausgestaltet wird,
Zudem kann sich ein First-Mover rasch eine gute Reputation erwerben und diese v.a. langfristig halten, da er in den Köpfen der Verbraucher viel Platz ein-
möchten wir im Folgenden diskutieren.
I nnov at ionsproze ss j a ode r ne in
nimmt, sodass es spätere Marktteilnehmer schwerer haben, da bswp. eine bestimmte Geschmacksrich-
„Unter Innovation versteht man ganz allgemein eine
tung immer mit dem First-Mover in Verbindung ge-
Neuheit, eine neuartige Verknüpfung von Mitteln und
bracht wird (Johnson, Scholes & Whittington, 2011,
Zwecken. Ihr liegt eine Idee zugrunde“ (Voigt, 2007,
S. 419). Ein Beispiel dafür ist die Chilli-Schokolade,
S. 369).
die erstmals von Zotter produziert wurde. Mittlerweile
Innovationen entscheiden häufig über Erfolg oder
wird diese Geschmacksrichtung von vielen Schokola-
Misserfolg eines ganzen Unternehmens. Ein Begriff,
denherstellern angeboten. Mit Chilli-Schokolade wird
der nicht selten klar scheint und sich dann dennoch
jedoch noch immer Zotter assoziiert.
häufig als schwer erreichbar entpuppt. Durch das Vor-
M itb ewerb er
anstellen des Wortes „Prozess“ wird schnell klar, dass es sich hier keinesfalls um etwas Statisches handelt, sondern etwas, das sich immer weiterentwickelt und
Der größte Schokoladenproduzent in Österreich ist Kraft Foods mit einem Marktanteil von 38,5 im Jahr
damit (hoffentlich) lebendig im Unternehmensalltag auftaucht.
2007, wobei der Hauptumsatz mit der Marke Milka
Wie kann es aber sein, dass genau dieser Bereich
erzielt wurde. Ferrero, Lindt & Sprüngli, Mastfoods
eines Unternehmens einer ist, der solch enorme Aus-
und Nestle befinden sich auf den Plätzen 2 bis 5. Seit
wirkungen im gesamten Wirtschaftsprozess erzielt
2003 ist Zotter ebenfalls unter den größten 10 Scho-
und wie hat Josef Zotter diesen Prozess verstanden?
koladenproduzenten in Österreich zu finden. Seitdem
Die Aufgaben des Innovationsprozesses werden aus
hat sich der Marktanteil von Zotter am Gesamtscho-
wissenschaftlicher Sicht, wie folgt definiert: „...ers-
koladenmarkt von 0,9 Prozent auf 4,1 Prozent im Jahr
tens die Produkte und/oder Leistungen, mit denen
112 | think! | 1 | 2011
der Industriebetrieb seine Werte generieren will, zu konzipieren, marktreif zu entwickeln und erfolgreich in den Markt einzuführen, und zweitens, die Wertschöpfungsprozesse, soweit sie von Unternehmen überhaupt beeinflusst werden können, zu verändern oder neu zu gestalten ...“ (Voigt, 2007, S.372). Anhand dieser Definition wird mit einem Mal klar, dass dieser Prozess in Wahrheit das gesamte Unter-
zotter | „Ich habe mich trotz alledem für meinen Weg entschieden, weil man als Unternehmer das machen muss, woran man glaubt“ Josef Zotter
nehmen in seinen verschiedensten Bereichen erfasst, durchdringt und prägt. Somit können sich ohne Zwei-
Der Leitgedanke Josef Zotters war von Beginn an
fel all jene, die es verstanden haben den Innovations-
jener, „...mehr aus Schokolade zu machen, als sie üb-
prozess „richtig“ umzusetzen zu den Gewinnern ihrer
licherweise ist“ (Zotter, 2008, S. 453.) Dies führte in
Branche zählen. Fakt ist: Jene Unternehmen, die neue
weiterer Folge natürlich auch dazu sein Tätigkeitsfeld,
Produkte auf den Markt bringen, haben bewusst oder
also die Schokoladenproduktion zu definieren. Josef
unbewusst einen Innovationsprozess durchlaufen –
Zotter erweiterte das „mehr aus Schokolade“ zu ei-
eventuell gilt es, ihn aus den verschiedensten betrieb-
nem „mehr an Fairness, mehr an Bio, und mehr an
lichen Prozessen herauszufiltern und als solchen klar
Luxus.“(vgl. Zotter, 2008, S. 453) Die in der Grafik als
zu definieren.
Innovationslogik 1 bezeichnete Positionierung passt
D er I n n o vatio n s p r o z es s i n d er Z o t t er Sch o ko la d en ma n u fa kt u r Gm bH
wie maßgeschneidert auf das Unternehmen Zotter und definiert eines der zentralsten Themen des Innovationsprozesses dieses einzigartigen Unternehmens (vgl. Bailom, 2010, S. 22).
DIe Frage der Bedeutsamkeit des Innovationsprozesses geklärt, soll das Augenmerk auf die wirklich außergewöhnliche Umsetzung des Innovationsprozesses anhand des Unternehmens der Zotter Schokoladenmanufaktur betrachtet werden. Basierend auf dem IMP-Modell werden jene innovativen und zentralen Vorgänge des Unternehmens fokussiert, welche die Einzigartigkeit des Unternehmens definieren. Außerdem sollen Erfolgspotenziale herausgefiltert
„Ich bin fest davon überzeugt, dass nur ein geerdetes Unternehmen, ein Unternehmen, das sich klar zur Gesellschaft positioniert, erfolgreich sein kann“ Josef Zotter
werden um so zentrale Aspekte des Unternehmens sichtbar zu machen.
Als klassischer Querdenker leitete Josef Zotter die „Zotterära“ ein. Anders als seine Konkurrenz setzte der Chocolatier auf „Vielfalt durch Eigenart“. Egal ob in Bezug auf das eigentliche Verkaufsprodukt - die Schokolade - oder die einzigartige Verpackung jeder einzelnen Geschmacksrichtung: Diese neuartigen Ideen und die zugehörigen Prognosen sahen anfangs düster aus. Um allerdings noch einmal auf den Begriff der Position Bezug zu nehmen, wird klar, dass Josef Zotter nicht anders konnte als diesem zum Scheitern verurteilten Konzept zu folgen. Seine persönliche in-
think! | 1 | 2011 | 113
nere Einstellung voll und ganz hinter seinen Produkten stehen zu können, stellte schon damals (und noch immer) einen bedeutenden Faktor in der Produktion seiner Schokolade dar. Genau diese Positionierung, dieser Mut und diese Tatsache, die Zukunft nicht berechnen zu können, stellten die Weichen für dieses völlig neuartige Unternehmenskonzept, das sich heute als enorm erfolgreich erweist (vgl. Zotter, 2008, S. 453f). Positionierung auch im Sinne eines nur produzieren was für Josef Zotter Sinn macht, bei gleichzeitig vorhandener Überzeugung zu wissen was gut ist, lässt den Unternehmer in manchen Augen arrogant wirken. Dennoch, sein Konzept überzeugt und der klar definierte Weg weist in eine vielversprechende Richtung, welche auch Kunden in den Bann zieht. Weder Produktentwickler noch eine Marketingabteilung unterstützen den innovativen Unternehmer, der Erfolg des Unternehmens steht und fällt mit Josef Zotters Ideenschöpft zu sein. (vgl. Klausl, 2010, S. 89ff). Aber auch Einstellungen und Werte, die das Unter-
Die zweite bedeutende Innovationslogik stützt sich wie in der Grafik dargestellt auf vier Hauptsäulen der einzigartigen Geschäftslogik, und zwar:
nehmen nach außen klar repräsentiert, öffnen mehr
Leistungsangebotslogik
Türen als sie schließen. Die Überzeugung bio, fair, re-
Wertschöpfungslogik
gional und qualitativ hochwertig zu produzieren wirkt
Vermarktungslogik
natürlich in der Folge auf den Preis der Schokolade
Erlöslogik (vgl. Bailom, 2010, S. 22)
und ist damit nicht für jedermann attraktiv. Dieses
Aus der Sicht Zotters sollen sollen diese Bereiche ei-
Konzept muss man mögen, um es zu unterstützen.
nen Einblick geben, wie andersartig das Unternehmen
Mit dem Kauf einer Zotterschokolade setzt auch der
Zotter denkt und handelt.
Kunde ein klares Zeichen.
L e ist ungsange bot sl ogik Dieses Statement drückt das Zentrum des Leistungsprozesses bei Zotter aus. Nicht die Herausbildung einzelner Bestseller, welche bis auf das Letzte ausgequetscht werden stellt die Unternehmensfokussierung dar, sondern die Entwicklung eines Sortiments, das sich durch die Kombination unterschiedlichster Aromen präsentiert. Diese Verknüpfungen und die damit verbundenen Geschmackserlebnisse waren bereits von Beginn an jener Weg den Zotter aus Überzeugung beschritt. Über 300 verschiedene
114 | think! | 1 | 2011
FOTOS: ZOTTER/ButterundBrot Fotografie
pool und dieser scheint bei Weitem noch nicht ausge-
zotter |
„Der Aufbau eines Sortiments, das sich nicht auf Bestseller konzentriert, sondern auf Vielfalt setzt, war undenkbar“ Josef Zotter Geschmacksrichtungen und laufende Entwicklung neuer Kreationen (von etwa 100 Ideen jährlich werden tatsächlich ca. 60 Sorten entwickelt) sind zentrale Elemente bei der Entwicklung eines einzigartigen, zukunftsfähigen und stimmigen Leistungsangebotes
W e rt sc h ö pf ungsl ogik
(vgl. Kausl, 2011, S. 89). Die Innovation, welche diesbezüglich derzeit im Mittelpunkt steht, ist Schokola-
Der Wertschöpfungsprozess vollzieht sich abermals
de aus Früchten bei höchster Qualität. Aber nicht nur
anhand der allumfassenden Strategie des Unterneh-
das enorme Angebot und die speziellen, innovativen
mens, mit dem Fokus auf hohe Qualität. Von Beginn
Schokoladen stellen eine Besonderheit des Leistungs-
an war klar, dass künstliche Aromen, Konservierungs-
angebotes dar, sondern auch die gewählte Strategie
mittel sowie Stabilisatoren bei Zotter niemals Einzug
im Umgang mit Bestsellern ist einzigartig. Im Gegen-
halten würden. Natürlichkeit, Ursprung und Raffinesse
satz zur häufig verfolgten Strategie die gegenwärtigen
sind zentrale Punkte hinsichtlich der im Unternehmen
Cash-Cows zu melken wählt Zotter einen anderen An-
Zotter vorherrschenden Wertschöpfungsarchitektur.
satz. Die Bestseller werden nicht abgeschöpft, son-
Der Produktionsablauf „from bean-to-bar“, der die ge-
dern aus dem Sortiment genommen. Wie kommt man
samte Produktion in- anstatt outsourced steht wieder
auf so eine Idee? Genau solche Fragen gehen einem
im Gegensatz zur meist von anderen Unternehmen
bei der Geschäftslogik von Zotter ständig durch den
verfolgten Strategie. Die gesamte Produktion erfolgt in
Kopf. Mit der Antwort wird allerdings die Genialität die-
der eigenen Schokoladenmanufaktur in Riegersburg,
ses Ansatzes offensichtlich und die unmittelbare Nähe
inmitten von Wiesen und Feldern. Zotterschokolade
zur alles durchdringenden, bereits diskutierten Positi-
wird durch regionale Mitarbeiter hergestellt, von rein
onierung des Unternehmens ein weiteres Mal klar. Gut
biologischen und fair-trade gehandelten Kakaoboh-
verkaufte Schokoladen zählen lt. Josef Zotter auch zur
nen bis hin zur fertigen Schokoladentafel. Damit aber
größten Bedrohung für das Unternehmen, denn deren
nicht genug, denn dem Kunden soll noch etwas an-
Verkaufszahlen sinken mit Sicherheit irgendwann. Im
deres geboten werden, wofür Zotter steht - Transpa-
Gegensatz dazu bieten schlechter verkaufte Produkte
renz. Das Unternehmen ermöglicht den Kunden einen
noch Potenzial, das es zu nutzen gilt. So verfolgt diese
genauen Einblick in die Produktion seiner beliebten
Strategie den Ansatz, die Kunden zu animieren etwas
Schokolade. Was andere Unternehmen oft scheuen,
Neues zu probieren – sich auf etwas Unbekanntes
stellt Zotter in den Mittelpunkt. Als „Schokoladenthe-
einzulassen und es dann vielleicht auch erst nach acht
ater“ wird der Produktionsbetrieb zum öffentlichen
bis zehn Jahren als gut zu beurteilen, wie es zum Bei-
Schauplatz für potentielle Abnehmer. Jährlich besu-
spiel bei der Schweinsgrammelschokolade der Fall ist
chen in etwa 170. 000 Kunden die Schokoladenma-
bzw. war (zur Zeit eine der meistverkauften Schokola-
nufaktur. So kann auch ein direkter Kundenkontakt
den). Somit eröffnet sich dadurch ein bis dahin noch
hergestellt werden, welcher sonst häufig verwendete
unbekannter Erfolgsfaktor (vgl. Kausl, 2011, S. 92).
teure Kundenbefragungen für Zotter unbedeutend
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und überflüssig macht. Aber auch jener wichtige Punkt eines für Zotter unumgänglichen, ganzheitlichen Denkens darf an dieser Stelle keinesfalls außer Acht gelassen werden, denn Produktion in Österreich, Beschäftigung regionaler Mitarbeiter und die Verwendung regenerativer Ressourcen, sowie die Verarbeitung regionaler Produkte werden in diesem Unternehmen groß geschrieben (vgl. Zotter, 2008, S. 454ff).
V ermar ktu n g s lo g i k Mit dem Ansatz, keine Marktforschung und kein herkömmliches Marketing zu betreiben, steht Zotter abermals im Gegensatz zu vielen anderen Schokoladenproduzenten und vermutlich auch zu vielen Unternehmen anderer Branchen. Wer kann so etwas von sich behaupten, keine Werbung nötig zu haben und warum? Josef Zotter schafft es durch seine Innovationen die Medien auf sich aufmerksam zu machen und bringt sie bewusst oder unbewusst dazu, über ihn und sein Unternehmen zu berichten. Aber auch das Schokoladentheater und die daraus resultierende
jeder Händler der Schokolade sein persönliches Ge-
Mundpropaganda der Kunden kommen ihm zu Gute
sicht verleiht. So kommt es zum vorwiegenden Ver-
und ersetzten andere teure Werbemaßnahmen. Bei
kauf an Süßwaren- und Naturfachkostgeschäfte so-
Zotter zahlt nicht das Unternehmen für das Marke-
wie auch an Weltläden. Diese Vermarktungslogik baut
ting, sondern der Kunde: Für den Besuch im Scho-
also auf kleine Strukturen und auf das Vertrauen in das
koladentheater zahlt jeder Interessierte zehn Euro.
Produkt selbst (vgl. Zotter, 2008, S. 454ff).
verwehrt sich auch dagegen, an große Retailer und
E rl ö sl ogik
Supermärkte zu verkaufen – ein breites Vertriebsnetz mit ca. 4.000 Vertriebspartnern zeichnet das Unter-
Es kommt einem beinahe kitschig vor, aber natür-
nehmen aus. Verfolgt wird dabei der Gedanke, dass
lich ist auch in Bezug auf die Erlöse bei Zotter wieder
„Wir haben das dann auch einfach so laufen lassen und keinerlei Marketinginstrumente eingesetzt, um unsere Schokoladen zu lancieren. Der Kult ist rein durch Mundpropaganda entstanden“
einmal alles anders, als es sonst im Wirtschaftsalltag
Josef Zotter
doch teuren Produktion in Österreich, dem Kauf von
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eigentlich üblich ist. Der Antrieb für die Schokoladenproduktion ist laut Aussagen Josef Zotters keinesfalls die Gewinnmaximierung, sondern die Möglichkeit, dass Produktion auch anders als bekannt aussehen kann. Im Zentrum der Erlöslogik steht nicht die kurzfristige Gewinnmaximierung, sondern nachhaltige Investitionen. Wie der Unternehmer durch sein Verhalten glaubhaft darstellen kann - egal ob mit der
FOTOS: ZOTTER/ButterundBrot Fotografie
Damit aber nicht genug, denn der Schokoladenfürst
zotter |
Fair-Trade Kakaobohnen, oder dem Engagement in verschiedensten Projekten wie zum Beispiel der „Caritas-Schokolade“ um nur einige seiner Steckenpferde zu nennen - ist es ihm wichtig, faire Preise für alle zu erzielen und das bei Verfolgung höchster Qualität. Der Preis seiner Schokolade ist berechtigt. Der Kunde bezahlt den Genuss, die Regionalität, die Nachhaltigkeit und den Umweltschutz und gleichzeitig findet ein Verzicht auf hohe Gewinnspannen statt (vgl. Zotter, 2008, S. 455f). Blickt man also auf all diese Elemente des Zotter Geschäftsmodells ist es offensichtlich: Dieses Unternehmen ist anders. Es präsentiert sich anders. Es arbeitet
Die Grafik zeigt eine Übersicht, wie der Innovati-
anders. Es verkauft sich und beeindruckt anders. Kurz
onsprozess im Unternehmen Zotter in etwa aussieht.
gesagt, Josef Zotter ist unbestreitbar ein Querdenker
Bereits hier wird klar, dass Josef Zotter derjenige ist,
und Idealist mit scheinbar extrem starken Werten und
der beginnend bei der Erfindung über die eigentliche
Normen. Er scheut sich nicht im geringsten davor, Po-
Innovation bis hin zur Diffusion jener ist, der die Zügel
sition zu beziehen und öffentlich zu machen, was sein
in den Händen hält.
Gedankengut ist. Klare Strukturen und Kompetenzab-
Ist so ein - überspitzt gesagt - „Personenkult“ das,
grenzung sowie das Verfolgen seines aus Überzeu-
was ein erfolgreiches Unternehmen und einen erfolg-
gung entstandenen Weges prägen sein Handeln und
reichen Innovationsprozess ausmacht? Braucht man
wirken auf viele mit ihm verbundene Bereiche ein. Das
eine besondere Person, um so erfolgreich werden zu
Ideal eines natürlichen, bewussten Umganges mit der
können? Was passiert, wenn er nicht mehr da ist?
Natur boomt. Die Kunden sind derzeit tatsächlich be-
Dies alles sind Fragen, die sich im Laufe dieser Re-
reit für eine Tafel Zotterschokolade mehr zu bezahlen
cherche aufgedrängt haben und deren Antworten mit
als am Markt üblich. Ob das so bleibt?
Sicherheit lediglich erahnt werden können. Fakt ist,
W a s wär e wenn ?
dass im Unternehmen Zotter vor allem der Geist des impliziten Wissens einer einzigen Person vorherrscht. Implizites Wissen ist jenes, das sich schwer weiter-
Josef Zotter ist ein Mann der beeindruckt und es
geben lässt und implizites Wissen ist auch jenes, das
sieht so aus, als würde sein Unternehmen mit ihm ste-
häufig über den Erfolg gewisser Prozesse entschei-
hen und fallen. Er glänzt durch seine Ideen der Anders-
det. Josef Zotter ist Träger dieses impliziten Wissens.
artigkeit, der Natürlichkeit und scheint ein Mensch zu
Nur er bestimmt, mit wem er es teilt. Fakt ist aber
sein, der andere durch seine Innovationskraft in seinen
auch, dass ihn implizites Wissen und Intuition auf die-
Bann ziehen kann. Dies alles zählt zu den Erfolgsfak-
sen erfolgreichen Kurs gebracht haben. Spricht man
toren: Authentizität + Querdenken + klare Position =
mit Mitarbeitern seines Betriebes fällt sein Name im
Josef Zotter. Er ist derjenige, der die Ideen für Innova-
10 Sekunden Takt. Schafft er es, sein Erfolgsrezept
tionen hat und der offenbar intuitiv weiß, wie es funkti-
an seine Kinder in dem Maß weiterzugeben, wie er es
oniert. Sooft man in diesem Artikel seinen Namen liest,
erfahren hat, wird es mit Sicherheit nicht schwer, die
sooft hört man ihn auch in der Schokoladenmanufak-
Erfolgsgeschichte eines völlig anderen Unternehmens
tur bzw. in der Presse – der Mann ist bereits jetzt ein
fortzuschreiben - Josef Zotter ist bereits heute eine
Phänomen.
Legende.
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literatur
autoren
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Doris Lichtenberger, Bsc Doris.Lichtenberger@edu.fh-kaernten.ac.at
Die Presse (09.09.2010): Die zwei Leben des Josef Zotter, online verfügbar unter http://diepresse.com/unternehmen/austria10/593432/Die-zwei-Leben-des-Josef-Zotter [letzter Zugriff am 13.06.2011] Foodaktuell (14.10.2006): Schokoladentrends, online verfügbar unter http://www.foodaktuell.ch/index2.php?db=freport&nr=189& PHPSESSID=6128f83e941dc93acf1af6bae8215077 [letzter Zugriff am 24.05.2011] Frankfurter Allgemeine Zeitung (30.10.2006): Schokoladensortiment: Die Schokolade wird öko, bitter und gesund, online verfügbar
Daniel Nedved, Bsc Daniel.Nedved@edu.fh-kaernten.ac.at
unter http://www.faz.net/artikel/S31151/schokoladensortimentdie-schokolade-wird-oeko-bitter-und-gesund-30018015.html [letzter Zugriff am 25.05.2011] Glitzner, M. (2007): Innovation in the context of „Zotter Schokoladen Manufaktur GmbH“, Grin Verlag, Wien. HomBorg (2011): Biologischer Kakaoanbau für „Bio-Schokolade“, online verfügbar unter http://www.theobroma-cacao.de/wissen/ wirtschaft/kakaoanbau/bio-anbau/ [letzter Zugriff am 25.05.2011] International Cocoa Organization (2006): The chocolate industry, online verfügbar unter http://www.icco.org [letzter Zugriff am 26.05.2011]
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Michaela Wegscheider Michaela.Wegscheider@edu.fh-kaernten.ac.at
CHRONOMAT B01
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18.02.2010 17:21:13 Uhr
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