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FORSCHUNGSWELT

Ein Überblick

Multiskalen-Modellierung von Batterien

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Akkuforschung wird heute von unterschiedlichsten Interessengruppen vorangetrieben. Sie beinhaltet Untersuchungen zu neuen Materialien und elektrochemischen Reaktionen, zum Design von Batteriezellen und -systemen sowie zur Ökobilanzierung, einschliesslich Rohstoffgewinnung, Entsorgung und Recycling. Dabei bieten Modellierung und Simulation einen effizienten und kostengünstigen Ansatz. Der folgende Artikel widmet sich der Modellierung jenseits des molekularen Massstabs.

Ed Fontes ¹ , Henrik Ekström ²

Modellierung und Simulation (M&S), die immer mit experimentellen Untersuchungen kombiniert werden sollten, folgen einem mehrstufigen Prozess: Nach der physikalisch basierten Modellbildung und Validierung können letztlich Vorhersagen getroffen werden, welche über den ursprünglichen Validierungsbereich hinausgehen. Forscher und Ingenieure können Modelle im gesamten F&E-Prozess verwenden, um virtuelle Experimente durchzuführen. Solche «Was-wäre-wenn»-Studien führen zu einem tieferen Verständnis des untersuchten Batteriesystems – und können neue Ideen inspirieren. Batteriemodelle können für Prognosen, Design, Optimierung und Regelung verwendet werden. Batterieforschung wird heute von unterschiedlichsten Interessengruppen wie Grundlagenforschern, Batterieherstellern und Geräteentwicklern vorangetrieben. Sie beinhaltet Untersuchungen zu neuen Materialien und elektrochemischen Reaktionen, zum Design von Batteriezellen und -systemen sowie zur Ökobilanzierung, einschliesslich Rohstoffgewinnung, Entsorgung und Recycling.

Modellskalen

Je nach Interessengruppe und Vorhaben können M&S-Projekte für Batterien auf unterschiedlichen Skalen erfolgen: der molekularen, der mikroskopischen, der Skala der Batteriezelle oder der Akkumodule.

¹ CTO, Comsol ² Technologie-Manager, Elektrochemie, Comsol Bild 1: Die Modellskalen reichen von Ångström (10 –10 m) bis zur Modulskala (1 m). Hier werden die Grössenordnungen beispielhaft an einer zylindrischen Li-Ionen-Zelle und einem Akkupack aus zylindrischen Zellen dargestellt.

Molekulardynamikmodelle werden von Materialwissenschaftlern, Elektrochemikern und Physikern verwendet, um neue chemische Effekte in Batterien zu erforschen und das Verhalten möglicher neuer Materialien und Reaktionen vorherzusagen. Diese Art von Forschung wird üblicherweise an Universitäten, Forschungsinstituten und in den F&E-Labors der Batteriehersteller durchgeführt. In diesem Artikel widmen wir uns der Modellierung jenseits des molekularen Massstabs. Ebenfalls von Bedeutung ist das Design der Elektroden, des Elektrolyten, des Separators und der Stromabnehmer in einer Batteriezelle. M&S kann hier das Verständnis für die Faktoren eines guten Zellendesigns für eine bestimmte Anwendung entscheidend unterstützen. Batteriesysteme für Elektrofahrzeuge bestehen aus Akku-Modulen, deren Design sowohl für Hersteller von Batterien als auch OEM-Hersteller von grossem Interesse ist. Oft sind auch staatliche Forschungs-

Die mikroskopische Struktur und die physikalischen Eigenschaften eines Batteriematerials sind hingegen für alle Interessensgruppen interessant, auch für die Originalausrüstungshersteller (OEM). institute für Luft- und Raumfahrt sowie Verteidigung an neuen Erkenntnissen interessiert. Die Modellierung konzentriert sich hierbei auf das Verständnis und die Entwicklung der Systemperformance (Ener-

giedichte und Leistungsdichte), des Wärmemanagements, der Sicherheit und der Batterielebensdauer.

Multiphysik in der Mikroskala

Die Modellierung einer Batterie auf der mikroskopischen Skala umfasst die Chemie, die physikalischen Eigenschaften und die detaillierte Geometrie der porösen Struktur und das Porenelektrolyt. Die Eingabedaten für die mikroskopische Skala werden nicht selten durch die molekulare Modellierung geliefert, z. B. Frequenzkonstanten, Elektrodenpotentiale, Transporteigenschaften und andere chemische und physikalische Eigenschaften von Batteriematerialien. Modelle auf der Mikroskala müssen viele verschiedene Aspekte berücksichtigen, z. B. das elektrische Potenzial des elektronischen Leiters (der Elektrode), das ionische Potenzial des Porenelektrolyten sowie des freien Elektrolyten, die Konzentration der ionischen Spezies und der neutralen Spezies, die elektrochemischen und chemischen Reaktionen, die Temperaturverteilung und die mechanischen Verschiebungen aufgrund von thermischer Ausdehnung oder Ausdehnung durch den Transport chemischer Spezies. Mit anderen Worten: An einer genauen Beschreibung eines Batteriematerials sind mehrere physikalische Phänomene beteiligt. Mikroskalige Batteriemodelle erlauben Aussagen zu Mechanismen, welche die Leistung und Lebensdauer von Batterien beeinflussen. Dazu gehören auch quantitative Vorhersagen zu absoluten Leistungsgrenzen (Energiedichte und Leistungsdichte), zum Einfluss von Material- und Konstruktionsparametern, zur räumlichen und zeitlichen Verteilung von elektrochemischen Reaktionen und Temperaturen sowie zu Risiken für Kurzschlüsse, Ermüdung, vorzeitiges Versagen und Bildung schädlicher Nebenprodukte. Des Weiteren erlauben solche Modelle die Bewertung des Gesundheitszustandes einer Batterie («state-of-health», SOH). Leistungsabfall und Ausfall zeigen sich fast immer zuerst an Phänomenen auf der mikroskopischen Skala – lange bevor sich der SOH in der Gesamtleistung einer Zelle bemerkbar macht.

Batteriezellenskala bei poröser Elektroden-Theorie

In der Skala einer Batteriezelle wäre die Berücksichtigung der Mikroskala zu komplex. Stattdessen wird hier das sogenannte Newman-Modell verwendet. Dabei werden die porösen Elektroden als homogenisierte Platten beschrieben, wobei der Porenelektrolyt und die Elektrodenmaterialien im gleichen Punkt im Raum im Modell definiert sind. Die Struktur der Elektrode wird in dem Fall durch effektive Parameter wie Volumenanteil des Porenelektrolyts, Volumenanteil der Elektrode und Tortuosität beschrieben.

Bild 2: Links: Ein heterogenes Elektrodenmodell mit einer 3-D-Beschreibung der Materialstruktur, hier kugelförmige Partikel. Grundlage hierfür bilden u. a. mikroskopische Analysen von Schliffbildern einer Lithium-Ionen-Batterieelektrode. Das heterogene Modell kann verwendet werden, um die Porosität, die spezifische Oberfläche und andere effektive Eigenschaften zu berechnen. Diese Eigenschaften können danach in einem homogenisierten 1-DNewman-Modell verwendet werden, in welchem die Elektrode dann als homogener Block beschrieben wird. Rechts: Der Nyquist-Plot zeigt, dass die Ergebnisse des detaillierten heterogenen Modells und des gemittelten homogenen Modells sehr gut übereinstimmen und dadurch validiert werden. Bild 3: Oben: High-Fidelity-Modell der LiIonen-Pouch-Zelle in Batteriezellenskala, gemäss dem Newman-Ansatz poröser Elektroden. Dargestellt ist die Stromdichteverteilung in der Mitte des Separators. Das Modell berücksichtigt Alterungseffekte, wie z. B. das Wachstum einer festen Elektrolyt-Grenzfläche (SEI). Unten: Schnitt durch einen Akkupack, bestehend aus Lithium-IonenPlanarzellen und eingebetteten Kühlkanälen. Das Strömungsfeld und die Temperaturverteilung sind bidirektional mit der Elektrochemie für jede Zelle gekoppelt, die elektrochemisch auf einem 1-D-NewmanModell basiert, welches wiederum an einem detaillierten mikroskopischen Modell (Bild 2) validiert wurde.

In diesem Massstab untersucht man ähnliche Aspekte wie im Mikro-Massstab, allerdings für eine oder mehrere Batteriezellen. Die Modelle liefern Informationen über den Einfluss verschiedener Materialien und Chemikalien auf die Leistung und Lebensdauer, die Porosität und spezifische Oberfläche der Elektroden und Materialien, die Dimensionen der Stromkollektoren, Elektroden und des Separators, die mechanischen Belastungen der Batteriezelle durch die Geometrie und die Ausdehnung während des Entladens und Aufladens, die Auswirkungen des Wärmemanagementsystems und anderer Einflussgrössen. Das Ergebnis von M&S in diesem Massstab sind quantitative Angaben über Leis-

tung, Leistungsgrenzen und Lebensdauer. Diese lassen sich u. a. aus folgenden Angaben ableiten: Strom- und Potenzialverteilung, Temperaturverteilung, Metallabscheidung und Kurzschluss, Ermüdung und Rissbildung in den Elektroden aufgrund von Ausdehnung beim Laden und Entladen sowie Bildung von Nebenprodukten und Auftreten von Nebenreaktionen, die die Lebensdauer verringern. Merkmale und Eigenschaften sowie quantitative Vorhersagen von Batteriezellenmodelle können anhand der detaillierten mikroskopischen Modelle weiter validiert bzw. auf diese rückgekoppelt werden.

Modulskala

Akkumodule oder Akkupacks können aus Dutzenden bis Hunderten von Batteriezellen bestehen. Aktuell ist es noch nicht möglich, jede Batteriezelle mit der Theorie der porösen Elektroden dreidimensional zu modellieren. Stattdessen werden vereinfachte 0-D- und 1-D-Modelle für das elektrochemische Verhalten der einzelnen Zellen verwendet, welche an detaillierten Zellenmodellen validiert wurden und auf diese zurück gekoppelt werden können. Hingegen wird die 3-D-Geometrie des Moduls für Berechnungen wie Wärmemanagement, externe Stromleitsysteme und makroskopische mechanische Analyse des Batteriesystems verwendet. Die Elektroden und Separatoren werden als homogene Materialien mit effektiven mechanischen und thermischen Eigenschaften beschrieben. Auf dieser Makroebene konzentrieren sich Modelle auf die Auswirkungen von Modul- und Pack-Materialien, Geometrie, Betriebsbedingungen, thermischen Managementsystemen und makroskopische mechanische Designparameter. Typische Ergebnisse solcher Modelle sind die räumlichen und zeitlichen Verteilungen von Temperatur, Stromdichte und Potenzial zwischen den einzelnen Zellen, deren Auswirkungen auf Ladung und Entladung, die mechanische Ausdehnung der verschiedenen Zellen sowie die Integrität des Moduls. Darüber hinaus kann das Wärmemanagementsystems mit Kühl- und Heizkanälen in der Zelle, konstruktive Details des externen Stromleitungssystems simuliert werden. Dies erlaubt schliesslich den Entwurf von Frühwarnsystemen, die den Ausfall von Batteriezellen und das thermische Durchgehen in einem Batteriesystem anzeigen können.

Trends und Schlussfolgerungen

Der Grad der Komplexität eines Batteriesystemmodells hängt immer von dem Zweck des Batteriesystems selbst ab. Mikroskopische Modelle sind sehr anspruchsvoll und zielen auf ein detailliertes Verständnis des Herzstücks der Batterie ab. Ein Modell, das für die Steuerung eines Akkupacks als Teil eines Elektrofahrzeug-Antriebsstrangs verwendet wird, kann und darf nicht denselben Grad an Komplexität aufweisen, sondernwird Vereinfachungen und Näherungen verwenden. Dennoch muss es auch auf Systemebene ausgefeilte Methoden zur Früherkennung von Ausfällen und zur Messung des Alterungszustands geben. Die Perspektive, auch einen kleinen Leistungsabfall lange vor dessen Auftreten zu detektieren und seine Ursachen zu physikalisch zu erklären, ist verheissungsvoll. Sie öffnet neue Wege, das Design, die Steuerung und den Betrieb eines Batteriesystems zu verbessern. Multiphysikalische Modellierung und Simulation bietet eine geschlossene Kette zur qualitativen und quantitativen Validierung eines Batteriesystems von seinen Eigenschaften auf der Makroskala bis zum Herzstück der Batterie auf der Mikroskala.

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R-BS

Genauer gemessen als je zuvor

Wie gross ist der Heliumkern?

In Experimenten am Paul-Scherrer-Institut (PSI) hat eine internationale Forschungszusammenarbeit den Radius des Atomkerns von Helium fünfmal präziser gemessen als jemals zuvor. Mithilfe des neuen Werts lassen sich fundamentale physikalische Theorien testen und Naturkonstanten noch genauer bestimmen. Für ihre Messungen benötigten die Forschenden Myonen – diese Teilchen ähneln Elektronen, sind aber rund 200-mal schwerer. Die Forschenden veröffentlichen ihre Ergebnisse im Fachmagazin «Nature».

Barbara Vonarburg ¹

Helium ist nach Wasserstoff das zweithäufigste Element im Universum. Rund ein Viertel der Atomkerne, die in den ersten Minuten nach dem Urknall entstanden, waren Heliumkerne. Diese bestehen in den allermeisten Fällen aus vier Bausteinen, nämlich zwei Protonen und zwei Neutronen.

Der «magische» Kern

Für die Grundlagenphysik ist es entscheidend, die Eigenschaften des Heliumkerns zu kennen, unter anderem um die Vorgänge auch in anderen Atomkernen, die schwerer als Helium sind, zu verstehen. «Der Heliumkern ist ein sehr fundamentaler Kern, den man als magisch bezeichnen könnte», sagt Aldo Antognini, Physiker am PSI und an der ETH Zürich. Sein Kollege und Mitautor Randolf Pohl von der Universität Mainz in Deutschland ergänzt: «Unser bisheriges Wissen über den Heliumkern stammt aus Experimenten mit Elektronen. Wir haben jedoch am PSI erstmals eine neuartige Messmethode entwickelt, die eine viel bessere Genauigkeit erlaubt.» Der internationalen Forschungszusammenarbeit ist es damit gelungen, die Grösse des Heliumkerns rund fünfmal genauer zu bestimmen, als dies in bisherigen Messungen möglich war. Die Gruppe veröffentlicht ihre Resultate im renommierten Fachmagazin «Nature». Danach beträgt der sogenannte mittlere Ladungsradius des Heliumkerns 1,67824 Femtometer (1 Billiarde Femtometer ergeben 1 Meter).

Das leichte Gas Helium bringt im Alltag bunte Luftballons zum Fliegen. In der Quantenmechanik ist es ein äusserst wichtiger Forschungsgegenstand.

«Die Idee, die hinter unseren Experimenten steckt, ist einfach», erklärt Antognini. Normalerweise umkreisen zwei negativ geladene Elektronen den positiv geladenen Heliumkern. «Wir arbeiten nicht mit normalen, sondern mit exotischen Atomen, bzw. Ionen, bei denen beide Elektronen durch ein einzelnes Myon ersetzt wurden», sagt der Physiker. Das Myon gilt als schwerer Bruder des Elektrons; es gleicht ihm zwar, ist aber rund 200-mal schwerer. Ein Myon ist viel stärker an den Atomkern gebunden als ein Elektron und umkreist diesen in viel engeren Bahnen. Ein Myon kann sich – im Vergleich zu Elektronen – mit sehr viel höherer Wahrscheinlichkeit auch im Kern selbst aufhalten. «So können wir bei myonischem Helium Rückschlüsse auf die Struktur des Atomkerns ziehen und dessen Eigenschaften messen», erklärt Antognini.

Langsame Myonen

Die Myonen werden am PSI mithilfe eines Teilchenbeschleunigers produziert. Die Spezialität der Anlage: Es werden Myonen mit niedriger Energie erzeugt. Diese Teilchen sind langsam und lassen sich in den Apparaturen für Experimente stoppen. Nur so können die exotischen myonischen Heliumionen gebildet werden, bei denen ein Myon die Elektronen aus ihren Bahnen wirft und ersetzt. Schnelle Myonen würden dagegen durch die Apparatur hindurchfliegen. Die PSI-Anlage liefert weltweit mehr niederenergetische Myonen als alle anderen vergleichbaren Anlagen. «Deshalb kann das Experiment mit dem myonischen Helium nur hier durchgeführt werden», sagt Franz Kottmann, der seit 40 Jahren die nötigen Vorstudien und technischen Entwicklungen für dieses Experiment vorangetrieben hat.

Kompliziertes Lasersystem

Die Myonen treffen auf eine kleine, mit Heliumgas gefüllte Kammer. Stimmen die Bedingungen, entsteht myonisches Helium, bei dem sich das Myon in einem Energiezustand befindet, in dem es sich häufig im Atomkern aufhält. «Nun kommt der zweite, wichtige Baustein für das Experiment zum Zuge: das Lasersystem», erklärt Pohl. Das

komplizierte System schiesst einen Laserpuls auf das myonische Heliumion. Hat das Laserlicht die richtige Frequenz, und nur dann, so regt es das Myon an und befördert es in einen höheren Energiezustand, bei dem seine Bahn praktisch immer ausserhalb des Kerns verläuft. Wenn es aus diesem in den Grundzustand hinunterfällt, sendet es Röntgenlicht aus. Detektoren registrieren diese Röntgensignale. Im Experiment wird die Laserfrequenz so lange variiert, bis viele Röntgensignale eintreffen. Physiker sprechen dann von der sogenannten Resonanzfrequenz. Mit ihrer Hilfe lässt sich dann die Differenz zwischen den zwei energetischen Zuständen des Myons im Atom bestimmen. Laut Theorie hängt dieser gemessene Energieunterschied davon ab, wie gross der Atomkern ist. Aus den theoretischen Gleichungen lässt sich deshalb mithilfe der gemessenen Resonanzfrequenz der Radius des Heliumkerns bestimmen. Diese Analyse der Daten erfolgte in der Gruppe von Randolf Pohl in Mainz.

Ein Rätsel verblasst

Bereits 2010 hatten die Forschenden am PSI auf die gleiche Weise den Radius des Protons gemessen. Ihr Wert stimmte damals nicht mit demjenigen überein, den andere Messmethoden geliefert hatten. Man sprach vom Protonenradius-Rätsel und manche spekulierten, dass eine neue

Aldo Antognini freut sich über das herausragende Ergebnis einer langen Forschungsarbeit. Physik in Form einer bisher unbekannten Wechselwirkung zwischen dem Myon und dem Proton dahinterstecken könnte. Diesmal gibt es keinen Widerspruch zwischen dem neuen, präziseren Wert und den Messungen mit anderen Methoden. «Damit wird die Erklärung der Ergebnisse mit neuer Physik jenseits des bisherigen Standardmodells unwahrscheinlicher», sagt Kottmann. Zudem näherte sich in den letzten Jahren der mit anderen Methoden bestimmte Wert des Protonenradius der präzisen Zahl des PSI. «Das Protonenradius-Rätsel existiert zwar noch, aber es verblasst langsam», bilanziert Kottmann. «Unsere Messung kann auf verschiedene Weise genutzt werden», sagt Julian Krauth, Erstautor der Studie: «So ist der Radius des Heliumkerns ein wichtiger Prüfstein für die Kernphysik.» Die Atomkerne werden durch die sogenannte starke Wechselwirkung zusammengehalten, eine der vier Grundkräfte der Physik. Mit der Theorie der starken Wechselwirkung, Quantenchromodynamik genannt, möchten Physiker den Radius des Heliumkerns und anderer leichter Atomkerne mit wenigen Protonen und Neutronen voraussagen können. Der äusserst präzise gemessene Wert des Heliumkern-Radius stellt diese Voraussagen auf die Probe. Damit lassen sich auch neue theoretische Modelle der Kernstruktur testen, um Atomkerne so noch besser zu verstehen. Die Messungen an myonischem Helium können aber auch verglichen werden mit Experimenten mit normalen Heliumatomen und -ionen. An diesen lassen sich mit Lasersystemen ebenfalls Energieübergänge auslösen und messen – hier allerdings von Elektronen anstatt Myonen. Die Messungen an elektronischem Helium sind gerade im Gange. Vergleicht man dann die Resultate beider Messungen, lassen sich Rückschlüsse auf fundamentale Naturkonstanten ziehen, wie die Rydberg-Konstante, die in der Quantenmechanik eine wichtige Rolle spielt.

Zusammenarbeit mit langer Tradition

Während die Messung des Protonenradius erst nach langwierigen Versuchen gelungen war, klappte das Heliumkern-Experiment auf Anhieb. «Wir hatten Glück, dass alles reibungslos verlief», erzählt Antognini, «denn mit unserem Lasersystem sind wir an der Grenze der Technologie, da kann leicht etwas kaputtgehen.» «Noch schwieriger wird das bei unserem neuen Projekt», fügt Karsten Schuhmann von der ETHZ hinzu. «Hier widmen wir uns nun dem magnetischen Radius des Protons. Und dafür müssen die Laserpulse noch einmal zehnfach energiereicher sein!» Das jetzige Ergebnis ist das Resultat einer 20-jährigen Zusammenarbeit zwischen international renommierten Instituten wie dem PSI, der ETH Zürich, dem Max-PlanckInstitut für Quantenoptik in Garching bei München, dem Institut für Strahlwerkzeuge der Universität Stuttgart, dem Exzellenzcluster Prisma+ der Universität in Mainz sowie dem Laboratoire Kastler Brossel und dem CNRS in Paris, den Universitäten von Coimbra und Lissabon in Portugal und der National Tsing Hua University in Taiwan. Gefördert wurde die Arbeit unter anderem vom European Research Council, dem Schweizerischen Nationalfonds und der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Originalpublikation Julian J. Krauth et al., «The alpha particle charge radius from laser spectroscopy of the muonic helium-4 ion», Nature (2021); DOI: 10.1038/s41586-021-03183-1

Medienmitteilung Paul-Scherrer-Institut www.psi.ch

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