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FOKUS
2018 wurden 30 Millionen Hektar Wald vernichtet, eine Fläche so gross wie Grossbritannien und Irland zusammen.
Verpackungen: Papier hat eine schlechtere CO²-Bilanz als Plastik
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Mit Kunststoffrecycling Bäume retten
Der weltweit steigende Papierverbrauch – insbesondere zur Herstellung von Verpackungen – fördert die Abholzung von Wäldern und den Anstieg von CO² in der Atmosphäre. Die vermeintlich umweltfreundliche Papiertüte entpuppt sich damit als Treiber des Klimawandels. Verpackungen aus Plastik durch solche aus Papier zu ersetzen, ist ein Holzweg.
Wälder haben einen entscheidenden Einfluss auf das Klima unseres Planeten. Wo Wälder wachsen, verwandeln sie CO2 in Biomasse – etwa gleich viel gebundener Kohlenstoff steckt in lebenden Pflanzen und im Humus – und wirken so der Erderwärmung entgegen. Nach Schätzungen des World Resources Institute absorbieren die Wälder der Welt derzeit 30 Prozent aller CO2 Emissionen. Umgekehrt geht rund ein Fünftel der globalen TreibhausgasEmissionen auf das Konto von Abholzung und Schädigung von Wäldern. Nach einhelliger Expertenmeinung lässt sich die Erderwärmung nur dann unter zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenzen, wenn es gelingt, den Waldverlust zu stoppen. Daher enthält die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen ein Programm namens REDD, das auf ein Ende der Waldvernichtung zur Verringerung der CO2 Emissionen abzielt.
Die Vernichtung der Wälder geht weiter
Tatsächlich geht die Entwaldung (Deforesytation) ungebremst weiter – mit katastrophalen Folgen für die globale Biodiversität. 2018 wurden 30 Millionen Hektar Wald vernichtet, eine Fläche so gross wie Grossbritannien und Irland zusammen. Ein Drittel davon sind Urwälder, die als langfristige Kohlenstoffspeicher besonders effektiv dem Klimawandel entgegenwirken. Fatal ist auch die Umwandlung von Wäldern in Plantagen, die deutlich weniger CO2 binden als artenreiche Wälder. Die Gründe für die Deforestation sind vielfältig. Früher galten Flächenverbrauch und Brandrodungen durch die wachsende Weltbevölkerung als Hauptursachen der Waldvernichtung. Laut einer Forschungsstudie der Union of Concerned Scientists (Vereinigung besorgter Wissenschaftler) sind heute jedoch die industriell betriebene Landwirtschaft – allen voran Sojaproduktion, Rinderzucht und Weidewirtschaft – sowie der Holzhandel hauptverantwortlich für die weltweite Waldzerstörung.
Papierverbrauch beschleunigt die Deforestation
Nach Schätzungen der UNLandwirtschaftsorganisation (FAO) werden etwa 40 Prozent der Bäume, die für industrielle Zwecke geschlagen werden, zu Papierprodukten verarbeitet. Denn ungeachtet der Digitalisierung nimmt der weltweite Papierverbrauch stetig zu – und so auch die damit verbundene Emission klimaschädli
cher Gase: Allein die deutsche Papierindustrie erzeugte durch den Einsatz fossiler Brennstoffe zur Herstellung von Papierprodukten im Jahr 2018 einen Ausstoss von 13,8 Millionen Tonnen CO2. Dies ergab eine Anfrage der umweltpolitischen Sprecherin der GrünenBundestagsfraktion, Bettina Hoffmann, an die Bundesregierung. Um dieser Entwicklung entgegenzutreten, plädiert Hoffmann für ein gesetzlich verankertes Abfallvermeidungsziel, das auch Papier und Pappe umfasst.
Papierverpackungen heizen die Erderwärmung an
2018 belief sich die globale Produktion von Papier, Karton und Pappe auf rund 420 Millionen Tonnen. Während der Bedarf an Zeitungs und Druckerpapier rückläufig ist, steigt derjenige von Papier, Papp und Kartonverpackungen stetig an und macht inzwischen rund 55 Prozent des weltweiten Papierverbrauchs aus. Laut einer Analyse des Umweltbundesamtes (UBA) liegt dies vor allem an den wachsenden Mengen von Pappbechern und tellern für Speisen «to go», für Verpackungen im Lebensmittelbereich sowie für Päckchen und Pakete im OnlineHandel. Papier hat eine kurze Lebensdauer: Im Durchschnitt ist die Hälfte der Produkte in nur zwei Jahren verbraucht. Auch deren Entsorgung fördert die Erderwärmung, denn bei der Verbrennung wird das einstmals von den Bäumen gebundene CO2 wieder frei. Lässt man sie aber verrotten, so entsteht durch biologische Abbauprozesse Methan, das 25mal mehr zum Treibhauseffekt beiträgt als CO2. «Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, müssen wir uns sofort von der Nutzung von Holz bzw. Bäumen zur Herstellung von Verpackungen, die schnell im Müll landen, verabschieden und stattdessen den Schutz von Wäldern vorantreiben», mahnt denn auch die Koordinatorin von Environmental Paper Network International, einem Zusammenschluss von über hundert Umweltschutzorganisationen.
Plastik kann ein Teil der Lösung sein
Drei Wege führen aus der Sackgasse: Vermeiden, Wiederverwerten und Ersetzen. Bei der Suche nach alternativen Verpackungsmaterialien schneiden die bei vielen Verbrauchern verpönten Kunststoffe besser ab als erwartet. Zwar verbraucht auch Plastik Energie, Wasser und Rohstoffe und trägt zum Ausstoss von Treibhausgasen bei. Beim direkten Vergleich der klimaschädlichen Emissionen, die bei der Rohstoffgewinnung, Herstellung und Entsorgung von Verpackungen entstehen, zeigten Plastiktüten allerdings eine deutlich günstigere CO2 Bilanz als Papiertüten. Eine Reihe von wissenschaftlichen Studien aus Schottland, Frankreich und den USA kam zu dem Ergebnis, dass gebräuchliche Einkaufstaschen aus Papier über ihren gesamten Lebenszyklus – je nach Studie – 2 bis 3,3mal mehr CO2 Äquivalente erzeugen als konventionelle Plastiktüten aus Polyethylen.
Sonderpreis für Kreislaufwirtschaft
Dem Trendthema «recyclingfähige Verpackungen» trägt auch das Schweizerische Verpackungsinstitut SVI Rechnung. Mit der Ausschreibung des Swiss Packaging Award 2021 lanciert das SVI den neuen Sonderpreis Kreislaufwirtschaft. Für den Sonderpreis kann jede Verpackung angemeldet werden, die auch in einer der sechs Hauptkategorien Nachhaltigkeit, Convenience, Design, Marketing, Konstruktion und Technik an den Start geht. die Anmeldung ist noch bis zum 15. Januar 2021 unter www.swisspackagingaward.ch möglich.
Kreislaufwirtschaft stärker im Fokus
Mit der Einführung des Sonderpreises Kreislaufwirtschaft trägt das SVI der aktuellen und zukünftig immer wichtiger werdenden Entwicklung von kreislauffähigen Verpackungen Rechnung. «Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit gehen Hand in Hand. Allerdings sind nachhaltige Verpackungen nicht zwingend kreislauffähig», erklärt SVIGeschäftsführer Andreas Zopfi. «Ein minimaler Materialeinsatz, wie er beispielsweise durch Verbundmaterialien bei Lebensmittelverpackungen möglich ist, kann zwar (noch) nicht recycelt werden, hat aber eine sehr gute Ökobilanz», so Zopfi weiter. Mit der Einführung des Sonderpreises wolle man der Fachjury deshalb die Möglichkeit geben, verschiedenen Ansätzen gerecht zu werden.
Teilnahmebedingungen
Zugelassen sind innovative Verpackungen, Packhilfsmittel, Displays (warentragende Systeme, Präsentationselemente) sowie Verpackungs und Abpacksysteme, die von schweizerischen Firmen respektive Personen entwickelt, designt, hergestellt oder vertrieben werden oder von ausländischen Firmen bzw. Personen, die ihre Einsendung auf dem schweizerischen Markt eingeführt haben. Pro Einsender können mehrere Verpackungen eingereicht werden. Nachwuchstalente sind ebenfalls aufgerufen, ihre Verpackungsideen beim Swiss Packaging Award anzumelden: Für Schülerinnen und Schüler sowie Studierende ist die Teilnahme kostenlos. Sie werden in der entsprechenden Kategorie von der Jury bewertet. Voraussetzung ist, dass die Produkte nicht am Markt eingeführt sind. «Wir suchen die Verpackungsentwickler der Zukunft. Wieso also nicht eine Projektarbeit in der Ausbildung, Schule oder Hochschule auf die Teilnahme am Swiss Packaging Award ausrichten?», sagt Andreas Zopfi.
9 Awards zu gewinnen
Der Swiss Packaging Award wird in den Kategorien Nachhaltigkeit, Convenience, Design, Marketing, Technik und Konstruktion vergeben. Hinzu kommen der Nachwuchspreis, der Sonderpreis Kreislaufwirtschaft sowie der Publikumspreis als Sonderwertungen. Zum Wettbewerb sind Verpackungen aller Materialien zugelassen. Der Fokus liegt dabei auf der Förderung und Auszeichnung ganzheitlicher Verpackungslösungen, unabhängig vom Packstoff. Pro Kategorie werden von einer 16köpfigen Fachjury in einem zwei Tage dauernden Jurierungsprozess bis zu drei Verpackungen nominiert, aus der ein Gewinner erkoren wird.
Kontakt Schweizerisches Verpackungsinstitut SVI www.sviverpackung.ch
Academic Society for Health Advice www.academicsociety.de