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Ivor Bolton und Hans-Georg Hofmann
BEGRÜSSUNG
Liebes Konzertpublikum
In den letzten Monaten ist uns allen bewusst geworden, dass gemeinsame Musikerlebnisse zu den wertvollen Errungenschaften unserer Kultur gehören. In zahlreichen Mythen verbindet Musik das Irdische mit dem Göttlichen. Die Forschung hat gezeigt, dass Musik uns vor Krankheiten schützen und von seelischen Schmerzen befreien kann. Als gemeinsames Musikerlebnis bringen uns Konzerte aber auch als Gesellschaft enger zusammen. Musik reguliert nicht nur unsere private Gefühlswelt und motiviert unser Gehirn zu Höchstleistungen, im öffentlichen Konzert entsteht ausserdem ein Austausch zwischen dem und der Einzelnen und der Gemeinschaft. Aus der gemeinsamen Stille, der Konzentration auf die Musik und der Kontemplation im Konzertsaalkönnen magische Momente entstehen.
GESELLSCHAFTLICHER WANDEL Was es bedeutet, wenn diese Gewohnheiten plötzlich aufgegeben werden müssen, erleben wir seit nun mehr als einem Jahr. Wir haben in dieser intensiven Zeit immer wieder neu geplant und uns dabei bemüht, Ihnen Alternativen anzubieten. Einiges haben wir dazugelernt –angefangen bei der Konzeption des ‹Salon Picasso› und der Lancierung unseres Musiktaxis bis zur Produktion eines Konzertstreamings. Doch je länger das Veranstaltungsverbot andauert, desto stärker drängt sich die Frage auf: Wie werden Konzerte in Zukunft aussehen? Werden wir uns nach dem Gewohnten sehnen und unsere Konzerte mit den gleichen Ritualen fortsetzen? Wie stark hat sich unsere Gesellschaft inzwischen verändert? Ein Blick in die Medienlandschaft reicht, um festzustellen, dass nichts mehr so wie früher ist. Inzidenzwerte und Sorgen städtischer Fussballvereine bestimmen die Schlagzeilen der Tageszeitung dieser Stadt. Berichte über Musik erscheinen nur marginal. Das Kulturradio reduziert die Aufzeichnung von Konzerten. Dafür bieten uns soziale Netzwerke immer neue Informationsquellen an.
Wir befinden uns inmitten tiefgreifender Umwälzungen, ohne zu wissen, wohin uns die Reise führt. Auch als Beethoven seine Sinfonien komponierte, befand sich Europa in einer schweren Krise. Sollte Musik also wieder politischer werden, weil sich der gesellschaftliche Kontext gerade deutlich verändert?
KONZERTE FÜR DIE ZUKUNFT In dieser politisch verordneten Zäsur liegt aber auch die Chance, darüber nachzudenken, was man in Zukunft zeitgemässer oder anders machen kann. Leben wir nicht in einer Zeit, die dringend auch nach einer Neubewertung gegenüber anderen Musikrichtungen verlangt? Schliessen Klassik und Popmusik einander im Konzert tatsächlich aus? Wenn ja, setzen wir uns dann nicht der Gefahr aus, als Gralshüter einer musealen Hochkultur ins gesellschaftliche Abseits zu geraten? Passen kürzere Häppchen-Programme nicht besser in unsere schnelllebige Zeit? Oder umgekehrt: Sollte man nicht präventiv abendfüllende Konzertprogramme veranstalten, die es uns ermöglichen, tiefer in ein Werk einzudringen? Ist das ‹Setting› unseres Konzertrituals in seiner physischen Bewegungslosigkeit noch aktuell, kann es noch magische Erlebnisse entstehen lassen? Brauchen wir für unser Publikum der Zukunft mehr erklärende, vermittelnde Worte, um die Werke verständlicher zu machen? Oder erklärt sich Musik nicht von selbst, liegt nicht gerade der Reiz in der wortlosen, unmittelbaren Wirkung von Musik?
FRAGE NACH DER HERKUNFT Wir haben uns für die neue Saison eine erste Annäherung an die vielen Fragen vorgenommen und möchten Sie einladen mit uns gemeinsam den Fokus auf das Thema ‹Herkunft› zu richten. Folgen Sie uns zu den Ursprüngen in der Musik und zu den Anfängen des öffentlichen Konzerts. Erleben Sie neben Improvisation, Volkslied, Chorgesang und Orgelpräludien auch ein Entdeckerprogramm, etwa zum Thema, wie das Basler Musikleben vor hundert Jahren zu Zeiten Hans Hubers aussah. Lassen Sie sich überraschen von Musik aus den Herkunftsländern unserer Dirigentinnen und Dirigenten sowie unserer Solistinnen und Solisten.
Als neues Konzertformat wird unsere ‹Concert Lounge› an die Ursprünge des Konzerts erinnern. Neben Klassikern der Klassik können Sie dort auch populäre Musik der Gegenwart entdecken. Der Musiksaal bleibt Ort der Konzentration auf die Musik, während im Foyer Unterhaltungen bei Wein und Musik erwünscht sind.
VOLKSLIEDER ALS SINGALONG Im Rahmen unserer Vermittlungsprogramme mit Schulklassen möchten wir ein gross angelegtes Schweizer Volksliedprogramm zur Aufführung bringen. Über zweihundert Umfrage-Teilnehmende haben gewählt, und wenn Sie neugierig sind, welches Lied zum eindeutigen Spitzenreiter erkoren wurde, erfahren Sie dazu mehr auf S. 53. Mit unserem neuen ‹Singalong-Mobil› wird das Liedprogramm übrigens auch auf Tour durch verschiedenste Institutionen in Basel und Umgebung gehen.
Ein besonderer Höhepunkt verspricht zudem unser Familienkonzert ‹Die Kinder des Monsieur Mathieu› zu werden: In Kooperation mit der Mädchen- und der Knabenkantorei Basel sowie dem Theater Basel bringen wir die berührende Musik aus dem französisch-schweizeri-
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Hans-Georg Hofmann, Künstlerischer Direktor des Sinfonieorchesters Basel und Chefdirigent Ivor Bolton
schen Filmklassiker live auf die grosse Bühne des Stadtcasinos Basel. Und da gemeinsam einfach schöner ist, werden wir auch den Karneval der Tiere und Janoschs Josa mit der Zauberfiedel mit dem Theater Basel inszenieren. Daneben laden wir zu zwei Schulkonzerten ein, die von Schülerinnen und Schülern der Gymnasien Bäumlihof und Leonhard moderiert werden, und unsere Musikerinnen und Musiker besuchen weiterhin wöchentlich die beiden Streicherschulen Insel und Thierstein.
ARTIST UND COMPOSER IN RESIDENCE Wir freuen uns, Ihnen die Pianistin Gabriela Montero als ‹Artist in Residence› vorzustellen. Sie ist Pianistin, improvisiert und komponiert. Gabriela Montero stammt aus Venezuela, engagiert sich politisch und unterstützt junge Künstlerinnen und Künstler aus ihrer Heimat. Sicherlich erinnern sich einige von Ihnen noch an ihr Debüt in Basel, als sie in der Zugabe über die Melodie von Z’Basel an mym Rhy improvisierte. Unvergessen, wie Sie, liebes Publikum, ihr damals dieses Volkslied vorgesungen haben. In dieser Saison können Sie Gabriela Montero als Solistin in Mozarts berühmtem c-Moll-Klavierkonzert und als Interpretin ihres eigenen Latin Concerto erleben. Ausserdem wird sie ein Kammermusikkonzert mit dem Belcea Quartet und ein Rezital mit Werken russischer Komponisten geben. Vermutlich nicht nur dort wird sie im zweiten Teil zu Filmen mit Charlie Chaplin auf dem Klavier improvisieren.
Als ‹Composer in Residence› begrüssen wir den ungarischen Komponisten Péter Eötvös. Zur Saisoneröffnung erlebt sein Dialog mit Mozart die Basler Erstaufführung. Ausserdem schreibt er für den Schweizer Saxofonisten Marcus Weiss ein Konzert, das zusammen mit einem weiteren Werk unter der Leitung von Péter Eötvös zu seiner Schweizer Erstaufführung kommt.
MUSIKALISCHE SOUVENIRS AUS HERKUNFTSLÄNDERN Unser Chefdirigent Ivor Bolton stellt Ihnen aus seiner Heimat Werke des englischen Komponisten Benjamin Britten vor, die auch auf CD eingespielt wurden. Der polnische Dirigent Krzysztof Urbański bringt aus seinem Heimatland Werke von Wojciech Kilar und Witold Lutosławski mit, und sein russischer Kollege Michail Jurowski debütiert mit der 15. Sinfonie von Dmitri Schostakowitsch. Unser ‹Composer in Residence› Péter Eötvös präsentiert mit der Háry János Suite ein Werk, das von den wundersamen Geschichten des gleichnamigen ungarischen Volkshelden berichtet.
MEHRERE DEBÜTS Wir freuen uns auf die Debüts zweier Cellisten, des Spaniers Pablo Ferrández und des Briten Steven Isserlis, der koreanischen Pianistin Yeol Eum Son, der taiwanesischen Dirigentin Elim Chan, der deutschen Sängerin Christiane Karg, des australischen Sängers Alasdair Kent, der französischen Dirigentin Ariane Matiakh und des finnischen Dirigenten Jukka-Pekka Saraste. Mit Oliver Schnyder, Isabelle Faust und Antoine Tamestit kehren bekannte Solistinnen und Solisten wieder zurück nach Basel. Ein Wiedersehen gibt es auch mit Marek Janowski, der mit dem MDR-Chor Ein deutsches Requiem von Johannes Brahms zur Aufführung bringt.
Wir freuen uns, wenn Sie uns auf dieser Reise zu den Wurzeln der Musik und ihrer Interpretinnen und Interpreten begleiten.
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Ivor Bolton Chefdirigent Dr. Hans-Georg Hofmann Künstlerischer Direktor
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SINFONIEKONZERTE
DIALOG WILDOST SPÄTWERK ERFÜLLUNG TURTELEI EÖTVÖS SEELENTROST BEFREIUNG AUFBRUCH
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