TECHNIK
Paradigmenwechsel in der gerostomatologischen Implantatprothetik
WAS PATIENTEN BRAUCHEN Ein Beitrag von Dr. Peter Gehrke, Ludwigshafen, Carsten Fischer und Dr. Tobias Locher, beide Frankfurt am Main/alle Deutschland
KONTAKT ■ Carsten Fischer
INDIZES ■ Dr. Peter Gehrke
■ festsitzender und
sirius ceramics
Praxis Prof. Dr. Dhom & Partner
Lyoner Straße 44-48
Bismarckstraße 27
■ Implantatprothetik
herausnehmbarer Zahnersatz
60528 Frankfurt am Main
67059 Ludwigshafen
■ Locator
fischer@sirius-ceramics.com
praxis@prof-dhom.de
■ Steg
www.sirius-ceramics.com
www.prof-dhom.de
■ Therapiekonzepte ■ Teleskop
66 – dental dialogue 16. JAHRGANG – 7/15
TECHNIK
Die Autoren dieses Artikels thematisieren die implantatprothetische Versorgung in der Alterszahnheilkunde und berichten von einem Paradigmenwechsel. Die Beachtung patientenindividueller Bedürfnisse wird im Artikel ebenso besprochen, wie die konzeptionelle Zusammenarbeit zwischen Zahnmediziner und Zahntechniker. Vorgestellt wird unter anderem ein Entscheidungsleitfaden, anhand dessen differenzial-diagnostisch eruiert wird, ob die inserierten Implantate mit einer bedingt abnehmbaren oder unter Umständen mit einer herausnehmbaren Versorgung versorgt werden sollen.
LITERATUR
DD-CODE
HOMEPAGE
[1] Schwartz-Arad D, Bar-Tal Y, Eli I.
■ 2t82g
Effect of stress on information
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processing in the dental implant
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surgery setting. Clin Oral Implants
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Res. 2007 Feb;18(1):9-12
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7/15 – dental dialogue 16. JAHRGANG – 67
TECHNIK
01 Für viele zahnlose Patienten ist funktionsfähiger, ästheti-
02 Mit einem Set-up wurde eine auf seine Bedürfnisse
scher Zahnersatz ein Grundbedürfnis. Dieser junggebliebene
abgestimmte Situation erarbeitet und ein therapeutischer
und aktive Patient fühlte sich mit seinen Totalprothesen unwohl
Prototyp (Totalprothese) erstellt. Es zeigte sich eine natürliche
und hatte das Gefühl, dass die Zähne nicht zu ihm passen
Gesichtsphysiognomie. Das Set-up galt als Zieldefinition, anhand dessen über die Art der prothetischen Versorgung entschieden wurde
Altern ist das Abenteuer des Lebens. Doch
vorgestellt. Heute sind viele Zahnarztpraxen
Möglichkeiten einbezogen werden. So könn-
Altern ist auch ein Verlustprozess, der unter
bestrebt, ihr Therapiespektrum auf die Pa-
te beispielsweise die konventionelle Total-
anderem in der Zahnmedizin signifikant sein
tientengruppe „zahnlos“ oder „zahnloswer-
prothese eine sinnvolle Therapieoption sein.
kann. Ob der Verlust von Zähnen, Hart- und
dend“ auszuweiten und die Implantologie als
Neben der suffizienten Versorgung kann die
Weichgeweben oder der Kaufunktionalität;
probates Konzept anzubieten. Allerdings ist
Totalprothese aber eine weitere wichtige Auf-
das Leben des Patienten kann durch diese
das Risiko des Misserfolgs immer gegeben,
gabe erfüllen. Denn dem noch unschlüssigen
Defizite erheblich eingeschränkt werden.
wobei weniger der Verlust von Implantaten
Patienten wird mit klassischen Totalprothe-
Doch wie ist es möglich, eine hohe Lebens-
oder andere unerwünschte biologisch-
sen die Möglichkeit gegeben, selbst zu beur-
qualität bis ins betagte Alter zu erhalten?
funktionelle Schwierigkeiten gemeint sind.
teilen, ob sich seine Ansprüche nicht doch
Eine fast philosophische Frage, die viele The-
Vielmehr werden die Akzeptanz des – oft
mit einer implantatprothetischen Versorgung
sen zulässt. Das zahnärztlich-prothetische
aufwendig erstellten – Zahnersatzes, die
besser erfüllen lassen. Findet zum Beispiel
Behandlungsteam kann für seinen Bereich
Adaptationsfähigkeit des Patienten an die
die Prothese im Unterkiefer keinen Halt
eine fundierte Antwort geben: Mit funktionie-
„neuen Zähne“ sowie die möglichst lebens-
oder ist die Abdeckung des Gaumendaches
rendem und den individuellen Bedürfnissen
lange Funktionsfähigkeit zu entscheidenden
störend, entscheidet er sich eventuell aus
angepasstem Zahnersatz. Die Folgen eines
Aspekten über Erfolg oder Misserfolg. Immer
leidvoller Erfahrung schnell für Implantate.
mangelhaften Zahnersatzes sind komplex
wieder wurde in der jüngsten Vergangenheit
Aus zahnmedizinischer und zahntechnischer
und reichen von sozialen Ängsten, verän-
über die „Best Agers“ oder die „Goldenen
Perspektive wird die Totalprothese als the-
dertem Ernährungsverhalten (Gefahr von
Siebziger“ gesprochen. In diesem Zusam-
rapeutisches Provisorium dann zu einer Art
Mangel- oder Unterernährung) bis hin zur
menhang wurden eindrucksvolle, hoch-
Blaupause für den zukünftigen Zahnersatz,
völligen Isolation des Patienten.
ästhetische Therapieoptionen aufgezeigt.
anhand derer die vertikale und horizontale
Allerdings gilt es auch diejenigen Menschen
Dimension, die Funktion sowie die Ästhe-
suffizient zu versorgen, die als Pflegefall nicht
tik beurteilt werden (Abb. 1 und 2). Zudem
mobil oder durch Krankheit eingeschränkt
bietet die vorhandene Prothese eine Basis
sind. Und selbstverständlich werden auch
für das DVT und die daraus resultierende
die „goldenen Best Agers“ älter.
Bohrschablone. Letztlich ist eine gut gefer-
Implantatprothetik im zahnlosen Kiefer Die Implantatprothetik als Teil des zahnärztlichen Praxiskonzeptes nimmt zu, denn
tigte, funktionell orientierte Totalprothese
viele junggebliebene und aktive zahnlose
Bei einer Therapieentscheidung muss das
auch erweiterbar und kann zur einfachen
Patienten wünschen sich Lebensqualität bis
Behandlungsteam den gerostomatolo-
implantatprothetischen Versorgung umge-
ins hohe Alter. Sie möchten Zahnersatz, der
gischen Gegebenheiten gerecht werden.
arbeitet werden. Die Totalprothetik ist als
sowohl funktionell als auch ästhetisch allen
Hierzu gehören die unter Umständen zu-
Therapieoption also längst nicht obsolet.
Anforderungen entspricht. In den vergange-
nehmende Multimorbidität sowie eine ein-
Doch neben der Versorgungsart hat auch
nen Jahren wurden die damit einhergehen-
geschränkte Geschicklichkeit oder reduzierte
die Materialwahl einen wesentlichen Einfluss
den Gedanken umfassend diskutiert und in
Adaptationsfähigkeit. Außerdem müssen die
auf die Langzeitstabilität einer Versorgung
diesem Zusammenhang zahlreiche Konzepte
individuellen Bedürfnisse und monetären
(Abb. 3 und 4). In diesem Beitrag widmen
68 – dental dialogue 16. JAHRGANG – 7/15
TECHNIK
03 Diese Doppelkronen-Prothese war etwa zwei Jahre im Mund, bevor sie wegen zu hoher Kaukräfte zerstört wurde. Die dauerhafte Funktionsfähigkeit eines Zahnersatzes beschränkt sich nicht nur auf die Verankerung; auch die Materialwahl muss adäquat gewählt werden. Die „alten“ herkömmlichen PMMA-Zähne im zweiten Quadranten waren abradiert, frakturiert und stark verfärbt. Im ersten Quadranten sind die Zähne bereits gegen eine hochwertige Alternative ausgetauscht
04 Das Gerüst der alten Versorgung musste neu verblendet werden. Es wurden ausschließlich Materialien gewählt, die den hohen Belastungen gerecht werden und weniger Plaque-affin sind. Ein hoher Aufwand, der mit einer überlegteren Materialwahl bereits damals erspart geblieben wäre
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TECHNIK
05 Dieser Patient wurde vor wenigen Jahren im Oberkiefer mit festsitzenden Implantatbrücken versorgt. Das Bild ist ein typisches Indiz dafür, dass festsitzender Zahnersatz bei älteren Menschen nicht immer die optimale Lösung ist, denn nach kurzer Tragezeit zeigte sich ein inflammatorisch ausgelöster Hart- und Weichgewebsverlust. Diese Versorgung ist nicht oder nur mit großem Aufwand erweiterbar
sich die Autoren der implantatprothetischen
In den vergangenen Jahrzehnten haben wir
zwischen Praxis und Labor erfordert. Das be-
Versorgungsform und gehen kurz auf die
bei der implantatprothetischen Versorgung
ginnt bei der Festlegung des Therapieweges,
Patientenbedürfnisse ein, ohne dabei zu
des zahnlosen oder gering bezahnten Kiefers
geht über die Definition der prothetischen
sehr in die Tiefe zu gehen.
verschiedene Trends beobachten können:
Zielsetzung, der Materialwahl, der Planung
■ Vor ein bis zwei Jahrzehnten: Der primäre
der Implantatposition und endet bei der
Fokus lag auf der festen Verankerung des
exakten Übertragung der Implantatpositi-
Zahnersatzes auf Implantaten.
onen auf das Modell. Fast all diese Thera-
Paradigmenwechsel In den vergangenen Jahren hat man sich
■ Bis vor wenigen Jahren: Der Fokus lag auf
wenig Gedanken darüber gemacht, ob und
der Ästhetik und den perio-prothetischen
wie eine implantatprothetische Versorgung
Möglichkeiten.
pieschritte sind nur gemeinsam erfolgreich zu beschreiten. Der älter werdende Patient
auf Implantaten gestaltet werden muss,
■ Heute: Der Fokus muss verstärkt auf den
damit diese altersgerecht „umrüstbar“ ist.
älter werdenden Patienten und seine Be-
Bei der Wahl der prothetischen Rehabilitati-
Vielmehr konnte man froh darüber sein, den
dürfnisse gelegt werden.
on gilt zu bedenken, dass ältere Menschen
Zahnersatz fest auf den Implantaten in den
heute zwar oft noch sehr aktiv sind, doch
Mund einbringen zu können. Was also vor
Die hohe Vorhersagbarkeit der knöchernen
auch ihre Mobilität allmählich eingeschränkt
einigen Jahren so begeisterte – Zahnersatz
Einheilung in der dentalen Implantologie
sein oder unmöglich werden kann. Der vor-
fest auf Implantaten zu verankern – wird im
(Langzeit-Erfolgsraten von mehr als 95 Pro-
handene implantatprothetische Zahnersatz
Therapieablauf des Autorenteams im zahn-
zent) hat das Therapiespektrum für zahnlose
muss aus diesem Grund zu gegebener Zeit so
losen respektive zahnloswerdenden Kiefer
Patienten signifikant erweitert. In der Regel
umgearbeitet werden können, dass er vom
heute immer seltener angewendet (Abb. 5).
kann von einer problemlosen Knocheninteg-
Patienten oder dem Pflegepersonal einfach
Gerade in der Alterszahnheilkunde ist der
ration der Implantate ausgegangen werden.
abzunehmen ist und gepflegt werden kann.
bedingt herausnehmbare oder abnehmbare
Hingegen stellt die prothetische Versorgung
Hierbei gilt es jedoch zu bedenken, dass sich
Zahnersatz auf Implantaten zur wertigen
respektive deren Anpassungsfähigkeit eine
Patienten im fortgeschrittenen Alter eher
Alternative geworden.
Schwierigkeit dar, die eine enge Interaktion
schwieriger an einen neuen Zahnersatz ge-
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TECHNIK
06 & 07 Diese Patientin wirkt deutlich älter, als sie eigentlich ist. Sie ist seit Jahrzehnten Totalprothesenträgerin und ihre Gesichtsphysiognomie entspricht der typischen Situation zahnloser Patienten. Die vertikale Distanz war erheblich abgesenkt. Für die Patientin, die sich fit und aktiv fühlte, führte dies zu deutlichen Einschränkungen im sozialen Leben
wöhnen. Aufgrund geringerer Flexibilität und
eine klare Forderung an die Hersteller zahn-
Patienten, die vor einer Implantattherapie
Adaptationsfähigkeit freunden sich ältere
technischer Produkte gestellt werden. Denn
ohnehin einem hohen Stresslevel ausgesetzt
Menschen nicht mehr ohne Weiteres mit
um auf die Veränderungen des alternden
sind, können maximal drei von uns genannte
einem neuen Zahnersatz an, insbesonde-
Patienten mit Zahnersatz reagieren zu kön-
Punkte verarbeiten [1]. Bei dem Patienten-
re wenn sie bereits gesundheitlich einge-
nen, werden Komponenten benötigt, die eine
gespräch sollte es daher vielmehr darum ge-
schränkt sind. Wenn in einem derartigen Fall
einfache Umrüstbarkeit in der Praxis gewähr-
hen, zu erfahren, was dem Patienten wichtig
der vorhandene Zahnersatz – zum Beispiel
leisten. Es werden also Konzepte gebraucht,
ist, welche Grundbedürfnisse er hat, welche
eine mit Riegeln verankerte Stegversorgung
die es ermöglichen, einem jungen „Alten“
Anforderungen er an den Zahnersatz stellt
– entsprechend adaptiert werden kann (zum
(60-jährigen Patienten) heute einen bedingt
und welche Bedeutung beispielsweise die
Beispiel den Riegel außer Funktion setzen),
festsitzenden Zahnersatz anzubieten, der
Ästhetik spielt. Wie hoch ist der Aufwand, der
kann der Patient trotz multimorbider Ein-
sich morgen – im Morbiditätsfall – einfach
investiert werden kann und wo liegen Ängste
schränkungen den gewohnten Zahnersatz
umarbeiten lässt. Hier mangelt es noch an
oder Hoffnungen? Basierend auf den gesam-
behalten und adäquat reinigen. Es gilt wei-
adäquaten Lösungen.
melten Informationen kann das anzustreben-
terhin zu bedenken, dass Patienten auch nach einer Implantattherapie weiter altern.
Die Wahl des Therapiekonzeptes
Daher müssen die prothetischen Versorgun-
de Ziel über eine Wachsaufstellung (Mock-up) beziehungsweise das therapeutische Set-up erarbeitet werden (Abb. 6 bis 9). Erst wenn
gen möglichst umrüstbar beziehungsweise
Beim Erfragen der Patientenbedürfnisse soll-
sich bei der Einprobe zeigt, dass alle Betei-
reversibel sein, um eine lange Tragedauer
te die Gesprächsführung auf den Patienten
ligten zufrieden sind, werden die Therapie-
für den Patienten zu gewährleisten.
ausgerichtet sein. Selbstverständlich ist es
möglichkeiten erörtert. Spätestens zu diesem
wichtig, Therapiemöglichkeiten vorzustellen,
Zeitpunkt ist die Kompetenz des Zahntech-
Anforderung an zahntechnische
allerdings darf der Patienten nicht mit zu vie-
nikers unverzichtbar. Auf konstruktive Weise
Produkte
len Informationen überfordert werden. Ein
setzt er sich mit den Gegebenheiten und
Auf die Frage, welche Anforderungen zahn-
Mensch kann in einem Beratungsgespräch
den Anforderungen auseinander und gibt
technische Produkte erfüllen müssen, muss
maximal sieben Punkte aufnehmen. Ältere
konkrete Hinweise zur prothetischen Um-
7/15 – dental dialogue 16. JAHRGANG – 71
TECHNIK
08 Wie in unserem Konzept üblich, wur-
09 Bereits mit dem Set-up konnten wir der Patientin Selbstvertrauen und Si-
de im ersten Schritt für die Patientin ein
cherheit zurückgeben. Die deutlich veränderte Physiognomie ließ die Patientin
therapeutisches Set-up (Totalprothese)
jünger wirken. Das therapeutische Set-up dient der Akzeptanz des Zahnersat-
erarbeitet. Hierbei standen die Funktion,
zes. Wenn dieser gefällt, wird entschieden, welches Verankerungskonzept für die
die Phonetik und die Ästhetik im Fokus
definitiven Prothesen geeignet ist. Dabei sollten immer verschiedene Optionen angeboten werden
SYSTEMATISCHE KLINISCHE UNTERSUCHUNG Anamnese:
Dentale Historie
Motivation und
Röntgenologische
Intra- und extraorale
Analyse der
Analyse
Untersuchung
Ausprägung des
Hauptbeschwerden
Hart- und Weich gewebeverlustes
Resorptionsgrad des Kiefer-
Position der „Übergangszone“
knochens definiert
zwischen Alveolarkamm/Weichgewebe
chirurgisches Protokoll
und zukünftiger prothetischer Restauration bestimmt prothetische Behandlungsoptionen
BERÜCKSICHTIGUNG DER INDIVIDUELLEN PATIENTENSITUATION Patienten(un)
Gesamtge-
Kaueffizienz
Compliance,
Prophylakti-
Gewünschte
Möglichkeit
zufriedenheit
sundheits-
und Ernäh-
Adaptionsfä-
sche Aspekte
und zu erwar-
zur Erweite-
und Einfluss
zustand des
rungsstatus
higkeit und
(zum Beispiel
tende Funkti-
rung bezie-
des Zahner-
Patienten
Mundhygiene
Vermeidung
onsdauer des
hungsweise
satzes auf die
(Mobilität/
caniomandibu-
zukünftigen
Umrüstung
Lebensqualität
Morbidität)
larer Dysfunt-
Ersatzes
des zu planen-
(Quality of
klion
den Ersatzes
Life)
10 Die Entscheidung für das optimale Behandlungsprotokoll fällt nach der systematischen klinischen Untersuchung und unter Berücksichtigung der individuellen Patientensituation
72 – dental dialogue 16. JAHRGANG – 7/15
TECHNIK TAB. 1 – GEGENÜBERSTELLUNG DER BEHANDLUNGSOPTIONEN FÜR ZAHNLOSE KIEFER MIT MINDESTENS VIER (UK-) BEZIEHUNGSWEISE SECHS (OK-) IMPLANTATEN Bedingt herausnehmbarer Zahnersatz: Verschraubte Bückenkonstruktionen Vorteile
Nachteile
■ Hoher Tragekomfort
■ Hohe Anforderung an die häusliche Mundhygiene
■ Zahnersatz kann nur in der Praxis dem Mund entnommen werden
Herausnehmbarer Zahnersatz Locatoren
■ Kostengünstig
■ Reparatur- und wartungsanfällig
■ Kombination mit konventioneller
■ L angzeitprognose des
Totalprothese möglich
Oberkiefers unklar ■ Hauptindikation: Gerontologie (Differenz zwischen gewünschter und realistisch zu erwartender Funktionsdauer des ZEs)
Stege
■ K linische und wissenschaftliche Langzeitergebnisse zur Funktion liegen vor
■ Schwierig zu reinigen ■ Gefahr von Vakatwucherung unter dem Steg
Teleskope
■ Leichte Erweiterung und Umrüstung auch bei Verlust von Implantatpfeilern ■ L anglebigkeit des ZEs
■ Hoher individueller Arbeitsaufwand im Labor ■ kostenintensiv
■ leicht zu reinigen ■ klinische und wissenschaftliche Langzeitergebnisse zur Funktion liegen vor
setzbarkeit, Materialwahl, Erweiterbarkeit
gezogen, gilt es, die Ausprägung des Kno-
Ersatzmaterials (Komposit-Defekt) in verti-
und technischen Alternativen. Die Wahl der
chen- und Weichgewebeverlusts genau zu
kaler und horizontaler Richtung sind dabei
implantatprothetischen Versorgung erfolgt
bestimmen. Denn die Quantität und Qualität
ultimative Entscheidungskriterien (Abb. 11).
im Team Gehrke/Fischer anhand eines Ent-
des vorhandenen Alveolarknochens wirken
Es geht dabei um die Klärung der Fragen: Wie
scheidungsbaumes (Abb. 10). Basierend auf
sich direkt auf das chirurgische Protokoll aus,
viel Knochen und Weichgewebe fehlen? Wie
der Patientensituation werden dabei die Vor-
das wiederum die prothetischen Behand-
viel Volumen muss prothetisch rekonstruiert
und Nachteile abgewogen und differenzial-
lungsmöglichkeiten definiert. So bedingt
werden? Handelt es sich um einen reinen
diagnostisch die optimale Lösung erarbeitet.
aus parodontalhygienischer und ästheti-
Zahnverlust ohne Resorption oder um einen
Von festsitzenden Restaurationen nehmen
scher Sicht die Position des implantatpro-
kombinierten Defekt/Komposit-Defekt, also
die Autoren in der Alterszahnmedizin aus
thetischen „Übergangsbereichs“ zwischen
einen Verlust von Hart- und Weichgewebe?
genannten Gründen immer mehr Abstand.
Alveolarkamm/Weichgewebe einerseits und
Im unbezahnten Kiefer haben sich bedingt
der zukünftigen prothetischen Restauration
abnehmbare (verschraubt) oder abnehmba-
andererseits, die zahntechnischen Behand-
Zahnersatz
re Versorgungen erfolgreich etabliert.
lungsoptionen. Die Dimension des vorhande-
Neben dem Alter und der Compliance des
Abnehmbarer, implantatgetragener
nen Hart- und Weichgewebes gibt daher vor,
Patienten, der Hygienefähigkeit sowie den
Vollständige Zahnlosigkeit ist das Resultat
ob bedingt abnehmbarer, implantatgetrage-
finanziellen Möglichkeiten gibt es fallspezifi-
eines Prozesses, bei dem funktionelle, biolo-
ner Zahnersatz (verschraubte Rekonstruktio-
sche Argumente, die für eine herausnehm-
gische und patientenbezogene ursächliche
nen) oder eine herausnehmbare Lösung auf
bare Versorgung sprechen. So können zum
Faktoren eine Rolle spielen. Wird innerhalb
Implantaten (Locatoren, Stegen, Teleskopen)
Beispiel mit der Prothesenbasis die verloren
einer betroffenen Patientengruppe eine
indiziert ist (Tab. 1). Die Lachlinie und das
gegangenen Gewebestrukturen ohne aug-
Implantattherapie als Lösung in Betracht
Volumen des notwendigen prothetischen
mentativen Eingriff kompensiert werden.
7/15 – dental dialogue 16. JAHRGANG – 73
TECHNIK
11 Um prothetisch rekonstruktiv ein ästhetisches Ergebnis zu erreichen, muss der Übergangsbereich (grün) apikal zur Lachlinie (rot) liegen
12 Therapieoption Locatoren – die einfachste Verankerungs-
13 Als ein Nachteil von Locator-verankertem Zahnersatz kann
möglichkeit für die implantatprothetische Versorgung des
die unter Umständen begrenzte Funktionsfähigkeit erachtet
zahnlosen Kiefers. Das Locator-Abutment – ein ringförmiger
werden. Prothesenbrüche, so wie hier exemplarisch dargestellt,
Retentionsanteil und eine transmukosale Manschette – mit
können auftreten, häufiger ist jedoch der Retentionsverlust.
goldfarbener Titan-Nitrit-Beschichtung
Nachteilig sind Folgekosten durch Reparaturen, der Austausch der Retentionsteile sowie ein eventuell eingeschränkter Tragekomfort. Wir empfehlen grundsätzlich, die Locatoren in eine EMF-Struktur einzuarbeiten
Hierzu unterscheiden die Autoren zwischen
■ Steg-retinierter Zahnersatz: adäquate
■ Teleskopgetragener Zahnersatz: diese Ver-
drei Gruppen des abnehmbaren implantat-
Lösung für abnehmbaren Zahnersatz
sorgungsform favorisieren die Autoren bei
getragenen Zahnersatzes:
bei überschaubaren Kosten
der implantatprothetischen Versorgung
■ Locator-verankerter Zahnersatz: einfachste Möglichkeit
74 – dental dialogue 16. JAHRGANG – 7/15
zahnloser Patienten
TECHNIK
14 Digitalisiertes Set-up: Egal welcher Therapieweg gewählt wird, das therapeutische Set-up ist immer die Grundlage. Der digitale „Vorwall“ bildet den „Mantel“ für die Planung der idealen prothetischen Therapieoption
Bei der Herstellung der prothetischen Ver-
werden: Limitierung aufgrund des vertikalen
gen keine validierten Langzeitdaten für den
sorgung profitiert man in der Regel (außer
Platzangebotes, fehlende Kompatibilität zu
zahnlosen Oberkiefer gibt. Die bloße tech-
bei Locator-verankertem Zahnersatz) von
verschiedenen Implantatsystemen.
nische Realisierung von Locator-retinierten
CAD/CAM-gestützten Verfahren. Diese stellen
Implantatsuprakonstruktionen im Oberkiefer
eine hohe Präzision, spannungsfreie Pas-
Locator-Komponenten weisen eine Mindest-
lässt allerdings keine Rückschlüsse auf ihre
sung, Materialhomogenität und Kosteneffizi-
höhe von 2,9 mm und einen Durchmesser
Langzeiterfolgsrate zu.
enz sicher. Auch die Materialvielfalt – von Zir-
von 5,5 mm auf und können somit auch
konoxid über Titan bis Kobalt-Chrom – sorgt
bei eingeschränkten Platzverhältnissen
dafür, dass ein breites Indikationsspektrum
verwendet werden. Zudem sind Locatoren
Zahnersatz
abgedeckt und auf etwaige Unverträglich-
mit fast allen Implantatsystemen kompatibel.
Bei den Autoren basiert jede Versorgung
keiten reagiert werden kann. Da aufgrund
Das Locator-Abutment – ein ringförmiger
auf dem therapeutischen Set-up, das den
der CAD/CAM-Technik weniger, dafür aber
Retentionsanteil und eine transmukosale
Mantel (das anzustrebende Ziel) für die
industriell vorgefertigte Materialien verar-
Manschette – ist mit einer goldfarbenen
definitive Versorgung vorgibt (Abb. 14). Ob
beitet werden, weisen CAD/CAM-gestützt
Titan-Nitrit-Beschichtung überzogen. Die
mittels Steg oder Doppelkronen retiniert –
gefertigte Restaurationen eine gute Biokom-
Matrize besteht aus einem Stahlgehäuse
die Konstruktionselemente werden exakt
patibilität und Korrosionsresistenz auf, was
mit einem austauschbaren Nyloneinsatz.
unter diesem Mantel platziert. Nachdem die
letztlich dem Gewebeerhalt zugute kommt.
Als klassische Indikation für Locatoren gilt
Autoren das Konzept des Steg-retinierten
die Gerostomatologie. Die Vorteile bestehen
Zahnersatzes in den vergangenen Jahren
Auf Locatoren verankerter Zahnersatz
darin, dass der Zahnersatz auf wenigen Im-
häufig angewandt haben, sind sie heute
Zahnersatz, der auf Locatoren verankert ist,
plantaten verankert werden kann und eine
diesbezüglich etwas zurückhaltender. Der
gilt als eine einfache Möglichkeit, zahnlose
Umarbeitung der bestehenden Prothese
auf einem Steg verankerte Zahnersatz ist
Patienten implantatprothetisch zu versorgen
möglich ist. Aus biomechanischer Sicht ist
aufgrund der CAD/CAM-Technik zu einer
(Abb. 12). Basierend auf der Funktionsweise
die Verankerung eines Zahnersatzes über
bewährten Therapieoption geworden. Als
der Kugelkopfanker haben sich Locatoren in
Locatoren zu diskutieren. Hohe Abzugskräfte,
Materialien können Titan- oder Nichtedel-
der Alterszahnheilkunde als kostengünstige
die Gefahr des Verkantens sowie eine starke
metall-Legierungen gewählt werden, sodass
Verankerungselemente bewährt. Locatoren
Belastung durch Kaudruck lassen Fragen
die Herstellungskosten moderat sind. Eine
gehören zur Gruppe der retentiven Halteele-
offen, die bis heute noch nicht ausreichend
Faustregel könnte lauten: Werden mehr als
mente. Zwei der Nachteile von Kugelkopfan-
geklärt sind (Abb. 13). Es sei darauf hingewie-
zwei Implantate inseriert, werden Stegge-
kern können mit einem Locator umgangen
sen, dass es außer klinischen Falldarstellun-
schiebe verwendet. Der Halt des individu-
Steg-retinierter, implantatgetragener
7/15 – dental dialogue 16. JAHRGANG – 75
TECHNIK
15 - 17 Therapieoption industriell gefertigter Steg: Bei dieser Two-in-One-Lösung werden das Primär- und Sekundärteil in einem Stück gefertigt. In diesem Fall wurde der Steg im Oberkiefer in zwei laterale Segmente getrennt, sodass sich im Frontzahnbereich viel Platz für die ästhetische Gestaltung bot. Der Halt resultiert aus dem parallelwandigen Stegdesign und einer Verbolzung
ell (CAD/CAM-gestützt) gefertigten Steges
Oberflächengüte auf und muss kaum nach-
Implantaten. Als eine günstige Variante der
kommt über die parallelen Flächen des Ste-
gearbeitet werden. Allerdings scheint die
Doppelkrone können konische Direktauf-
ges (Primärstruktur) sowie der Sekundär-
Stegherstellung kompromissbehafteter, als
bauten (Katalog-Teleskope) verwendet
struktur und in der Regel über Verbolzungen
noch vor Kurzem angenommen. In einigen
werden (Abb. 20 und 21). Für eine absolut
zustande. Im Unterkiefer erfolgt die Versor-
Fällen sind bei den Autoren Probleme auf-
kompromisslose Versorgungsform erachtet
gung meistens auf vier und im Oberkiefer
getreten, die nachdenklich stimmen. Hierzu
das Autorenteam die implantatgetragene
auf sechs Implantaten. Im Oberkiefer kann
gehören zum Beispiel ein kaltverschweißen-
individuelle Doppelkronen-Versorgung als
der Steg im anterioren Bereich des Kiefers
der Effekt von Steg und Reiter, das Auflösen
ideal.
durchgängig oder im posterioren Bereich aus
der Riegel, das Auftreten von Bewegungen
Die Autoren greifen hierbei ausschließlich
zwei getrennten Segmenten gestaltet sein.
oder der Verlust von Haltekraft. Das sind
auf Zirkonoxid-Primärteile zurück, die zur
Letztgenannte Möglichkeit hat den Vorteil,
zwar Ausnahmesituationen, die jedoch nicht
Passivierung über Galvanogerüste mit der
dass sich daraus im Frontzahnbereich sehr
ignoriert werden können. Ein weiterer Nach-
Tertiärstruktur verbunden werden. Diese
gute Möglichkeiten für die ästhetische Ge-
teil Steg-retinierter Implantatversorgungen
Doppelkronen-Variante ist nach Ansicht der
staltung ergeben.
ist zudem die erschwerte Reinigungsfähig-
Autoren aus werkstoffkundlicher sowie tri-
keit. Der Patient muss den Ehrgeiz sowie
bologischer Sicht (Galvanogold gleitet sehr
Generell funktioniert die CAD/CAM-gestütz-
das notwendige Geschick aufbringen, die
gut auf hochglanzpoliertem Zirkonoxid) als
te Herstellung eines Steges mithilfe eines
Prothese und insbesondere den basalen
Standard anzusehen. Es wird immer wieder
spezialisierten Fertigungsdienstleisters gut
Bereich des Steges tagtäglich zu reinigen.
diskutiert, ob andere Materialvarianten wie
(Abb. 15 bis 17). So kann auf unkomplizier-
Aus perio-prothetischer Sicht stellen teles-
EMF-(edelmetallfreie) Primär- und Sekundär-
tem Weg eine auf dem Modell völlig span-
kopgetragene Implantatversorgungen daher
teleskope vertretbar sind. Diesbezüglich stellt
nungsfreie und im Mund präzise passende
eine valide Therapiealternative dar (Abb. 18
sich die Frage: Welche Vor- und Nachteile
Versorgung gefertigt werden. Nach der Kon-
und 19).
ergeben sich daraus? Zu den Vorteilen zählen
trolle der Abformgenauigkeit, respektive der
eventuell die niedrigeren Kosten, doch hier
Genauigkeit, mit der die klinische Situation
Die teleskopgetragene
handelt es sich um Differenzbeträge, die bei
auf das Modell übertragen werden konnte
Implantatversorgung
der Gesamtsumme für einen teleskopieren-
(mithilfe des Sheffield-Tests), wird mit dem
Diese Versorgungsvariante favorisieren – wie
den Zahnersatz nicht signifikant ins Gewicht
Labor-Scanner das Meistermodell mitsamt
bereits zuvor angedeutet – die Autoren bei
fallen. Der große Nachteil besteht darin, dass
den Implantaten über Scanbodies erfasst.
der implantatprothetischen Therapie gering-
die Vorteile der Doppelkronen-Technik mit
Zusätzlich wird die anzustrebende Zahnstel-
bezahnter oder zahnloser Patienten, da sie
anderen Materialien abgeschwächt werden.
lung (Mock-up) digitalisiert, sodass alle Daten
viele Vorteile bietet. Teleskopgetragene Im-
Die vollkeramischen Primärteile werden mit
vorliegen, die für die virtuelle Konstruktion
plantatversorgungen sorgen für einen festen
einem 2 ° Konus versehen und auf Hoch-
wichtig sind. Die CAD-Software gibt Gestal-
Halt des Zahnersatzes, sind einfach umrüst-
glanz poliert. Hierüber galvanisiert man die
tungsvorschläge und materialspezifische
und erweiterbar, reparabel und können im
Sekundärteile aus Feingold, die wiederum
Warnhinweise, wobei die Entscheidung
Idealfall sehr lange getragen werden. Anzu-
in einer Tertiärstruktur aus einer EMF-
sowie Freigabe über das definitive Design
streben ist eine quadranguläre Abstützung
Legierung gefasst werden. Insbesondere
dem Behandlungsteam obliegt. Der zentral
mit möglichst großem Unterstützungspoly-
die bemerkenswerten Gleiteigenschaften,
gefertigte Steg weist in der Regel eine hohe
gon und einer Mindestpfeilerzahl von vier
die einfache Entnahme der Prothese und
76 – dental dialogue 16. JAHRGANG – 7/15
TECHNIK
18 & 19 Eine derart experimentelle prothetische Verankerung ist unbedingt zu vermeiden. Sie ist nicht im Sinne des Patienten und bei den heutigen Möglichkeiten der CAD/CAM-gestützten Fertigung ganz und gar unnötig. Nicht nur die unphysiologische Belastung auf den Implantaten widerspricht jedweder Lehrmeinung, auch eine Hygienefähigkeit ist nicht gegeben
20 & 21 Therapieoption: Als günstige teleskopgetragene Lösung kann die Verankerung der Prothese über präfabrizierte Konuskronen erachtet werden. Die präfabrizierten Sekundärteile werden auf die Implantataufbauten aufgesetzt und mit einem Autopolymerisat in die Prothesenbasis integriert
die konstante Adhäsion erachten die Au-
sehr gute Retentionswerte auf. Die Haftung
Der Grund hierfür ist darin zu sehen, dass
toren als vorteilhaft. Für die Verwendung
zwischen der Innen- und Außenkrone ent-
die Galvano-Sekundärteleskope mit einer
von Primärkronen aus Zirkonoxid spricht
steht bei Galvano-Keramik-Doppelkronen
Tertiärstruktur gefasst werden müssen, um
neben dem verschleißarmen Gleiten, die
nicht über die Friktion, sondern über Adhä-
ein Aufbiegen der weichen Goldränder zu
zahnähnliche Farbe, die eine Demaskierung
sionskräfte. Als ein Nachteil von Zirkonoxid-
vermeiden. Dadurch wird die Konstruktion
beim Herausnehmen reduziert. Ein weiteres
Primär- und Galvano-Sekundärteleskopen
zervikal deutlich dicker. Allerdings kann
Argument für Zirkonoxid-Primärkronen ist
ist eine unter Umständen eingeschränkte
dieses eventuell auftretende Manko bei
die geringe Plaqueanlagerung. Zudem wei-
Ästhetik zu nennen.
implantatgetragenen Versorgungen durch
sen die Sekundärkronen aus Galvanogold
eine entsprechende Gestaltung der indi-
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TECHNIK
22 & 23 Bei diesem Patientenfall fiel die Entscheidung auf eine implantatgetragene Versorgung. Basierend auf dem Set-up wurden stereolithografisch gefertigte Bohrschablonen (hier für den UK) geordert, mit deren Hilfe vier Implantate im Unterkiefer und sechs Implantate im Oberkiefer inseriert wurden
24 Die Doppelkronen-Technik auf Zirkonoxid-Primärteilen. Die
25 Die konischen Primärteile wurden mit Galvanosekun-
Oberflächen der 2°-gefrästen Primärteile sind eine wesentliche
därteilen ummantelt. Zirkonoxid-Primärteleskope weisen
Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit der Doppelkronen
eine geringe Plaqueanlagerung und in Verbindung mit den Galvano-Sekundärgerüsten sehr gute Retentionswerte auf. Die Haftung zwischen Innen- und Außenkrone wird nicht durch Friktion, sondern Adhäsion sichergestellt
viduellen Abutments auf einfachem Weg
Fazit
umgangen werden. Mit einer exakten Pla-
■ Implantat-Versorgungen sollten anpassungsfähig sein: Patienten altern nach
nung des Zahnersatzes in enger Interaktion
Da dem Aspekt, dass der Patient mit seinem
zwischen Zahnarzt und Zahntechniker wer-
Implantat-Zahnersatz altert, viele Jahre nur
■ Implantat-Versorgungen sollten einfach
den Kompromisslösungen ausgeschlossen
wenig Beachtung geschenkt wurde, muss
zu handhaben sein – unter Umständen
(Abb. 22 bis 33).
dieser heute bei der Wahl der prothetischen
auch vom Pflegepersonal. Mit dem Alter
Versorgung mehr denn je im Fokus stehen.
schwinden das Seh- und Tastvermögen;
Folgende grundlegende Punkte sind zu be-
die Mundhygiene erschwert sich (Gefahr
achten:
von Periimplantitis).
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einer Implantattherapie.
TECHNIK
26 Um eine exakte Übertragung beim Eingliedern der
27 Die intraorale Verklebung der Sekundärkronen mit dem
Primärteile zu gewährleisten, kommen hier im Labor vor-
Tertiärgerüst nach dem klassischen Weigl-Protokoll garantiert
gefertigte Schlüssel zum Einsatz
eine spannungsfreie Passung
28 Überabformung mit verklebtem Gerüst, die der Anfer-
29 Finale Bissregistrierung auf den definitiv eingesetzten Pri-
tigung des Meistermodells dient
märteilen mit einem Duplikat des Set-ups aus selbsthärtendem Löffelmaterial
■ Implantat-Versorgungen sollten umrüstbar
seine Mobilität verlieren. Gegebenenfalls
auf Seite 72). Hierbei gilt es die Ausprägung
möchte oder kann er sich dann nicht mehr
des Knochen- und Weichgewebeverlusts ge-
an einen neuen Zahnersatz gewöhnen.
nau zu bestimmen, da sich Quantität und
Als wesentliche Voraussetzung für den dau-
Insbesondere bei älteren, unbezahnten
Qualität des vorhandenen Alveolarknochens
erhaften prothetischen Behandlungserfolg
Patienten sollte vor der Auswahl eines im-
direkt auf das chirurgische Protokoll aus-
ist somit neben der parodontalhygienischen
plantatprothetischen Behandlungskonzepts
wirken, was wiederum die prothetischen
Gestaltung die Möglichkeit, den bestehenden
eine systematische klinische Analyse unter
Behandlungsmöglichkeiten definiert.
Zahnersatz umgestalten zu können. Denn
Berücksichtigung individueller Patientenfak-
auch ein „Best Ager“ wird älter und kann
toren erfolgen (siehe Entscheidungsleitfaden
beziehungsweise reversibel sein.
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TECHNIK
30 Für die Fertigstellung wurden Materialien gewählt, die
31 Die künstliche Gingiva kommt dem gesunden Weich-
einer dauerhaften Belastung ebenso gerecht werden wie der
gewebe nahe. Feinheiten in der Textur, wie eine zarte Stip-
natürlichen Ästhetik. Das Weichgewebe wurde individuell mit
pelung, leichte Alveolenhügel oder der Gingivasaum wirken
einem lichthärtenden Laborkomposit reproduziert
sehr natürlich. Die verwendeten Konfektionszähne aus einem Nano-Hybrid-Komposit sind speziell für die hohen Kaukräfte einer implantatprothetischen Versorgung ausgelegt
32 & 33 Mit diesem implantatgetragenen Zahnersatz konnte der Patientin Lebensqualität zurückgeben werden. Vergleicht man das Bild mit der Ausgangssituation, wird deutlich, welche Wirkung ein funktionsgerecht gestalteter Zahnersatz haben kann. Die Doppelkronen gewähren einen festen Halt und die Prothese ist bei Bedarf einfach umrüst- und erweiterbar, reparabel und kann lange getragen werden
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TECHNIK PRODUKTLISTE Produkt
Name
Firma
CAD-Software
3Shape Dental System
3Shape
CAM-Software
VHF DentalCAM
Henry Schein
Fertigungsmaschine
VHF CAM 5 S2
Henry Schein
Galvanogerät
Gammat Optima 2
Gramm Technik
Elektrolyt
Ecolyt SG 200
Gramm Technik
Konfektionszähne
Phonares II
Ivoclar Vivadent
Tertiärstruktur SLM
Compartis
Dentsply DeguDent
Verblendkomposit
SR Nexco Paste
Ivoclar Vivadent
Verbolzung
mk1-Geschiebe
m&k dental
Zirkonoxid
Zirlux FC2
Henry Schein
WERDEGANG Dr. Peter Gehrke absolvierte das Studium der Zahnmedizin (1986 bis 1991) an der Freien Universität Berlin. Nach einem Promotionsstipendium der Schering AG, Berlin, ließ er sich zunächst als Zahnarzt in privater Praxis in Hamburg nieder. Er ging im Jahre 1994 in die USA und post-graduierte an der New York University College of Dentistry in zahnärztlicher Prothetik und Implantologie. 1996 kam Dr. Gehrke nach Mannheim und arbeitete für ein Implantatunternehmen in Fortbildung und Forschung. Seit dem Jahr 2005 ist Peter Gehrke in der Praxis Prof. Dohm & Partner in Ludwigshafen tätig. Dr. Gehrke hat den Tätigkeitsschwerpunkt Implantologie erworben und arbeitet nebenberuflich als Lehrkraft an der Steinbeis-Hochschule Berlin, im Studiengang Master of Science in Oral Implantology. Er ist Co-Schriftleiter der Zeitschrift für Zahnärztliche Implantologie (ZZI). Carsten Fischer ist seit 1996 selbstständiger Zahntechniker mit seinem Betrieb in Frankfurt am Main. Seinen Abschluss zum Zahntechniker machte er 1992 im väterlichen Betrieb. Er ist in und mit seinem Beruf gewachsen – seit 1994 ist Carsten Fischer als nationaler und internationaler Referent tätig und unterstreicht diese Tätigkeit durch viele Publikationen. Carsten Fischer ist Mitglied in verschiedenen Fachbeiräten und langjähriger Berater der Dentalindustrie. Unter anderem war er maßgeblich an Produktentwicklungen von vollkeramischen Doppelkronen sowie Presskeramiken beteiligt. 2007 wechselte er von Hamburg nach Frankfurt am Main, wo er ein Fachlabor für vollkeramische Restaurationen und Implantologie (sirius ceramics) führt. In den Jahren 2012 bis 2014 war Fischer Mitarbeiter der Abteilung für postgraduale Ausbildung. Dr. Tobias Locher erhielt im Jahr 2004 seine Approbation als Zahnarzt. Danach war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter des zahnärztlichen Universitäts-Instituts der Stiftung Carolinum, Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik beschäftigt und ab 2009 im selben Haus als wissenschaftlicher Mitarbeiter für Zahnärztliche Chirurgie und Implantologie. Im Jahr 2011 folgte die Promotion. Im Jahr 2012 wurde er zum Oberarzt ernannt. In diesem Jahr erhielt er auch den Titel Facharzt für Oralchirurgie. Seit 2013 hat er den Tätigkeitsschwerpunkt Implantologie (LZK Hessen) inne. Sein Hauptaugenmerk gilt implantologischen Versorgungen unter prothetischen Gesichtspunkten, ästhetische Front- und Seitenzahnversorgungen aus Vollkeramik, Piezo-Chirurgie in der Implantologie und der Periimplantitis-Therapie.
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