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Exklusiv-Interview Paul Walter Hauser
from SKIP März 2020
by SKIP
SKIP EXKLUSIV INTERVIEW
NACH DER BOMBE PAUL WALTER HAUSER
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Altmeister Clint Eastwood rekonstruiert in Der Fall Richard Jewell die erschütternden Entwicklungen nach dem Bombenanschlag im Rahmen der Olympischen Sommerspiele 1996 in Atlanta. Zuerst wegen seines beherzten Eingreifens noch als Held gefeiert, wurde ein Wachmann kurze Zeit später zum Ziel einer gigantischen medialen Hexenjagd, von der er sich nie wieder erholte … SKIP hat Hauptdarsteller Paul Walter Hauser, eine der Entdeckungen dieser Awards-Season, in London zum Interview getroffen.
45 SKIP: Lassen Sie uns mit einer naheliegenden Frage beginnen. Ihr Name ist Paul Walter Hauser und sie stammen ursprünglich aus Michigan, einem US-Bundesstaat mit vielen Auswanderern aus Österreich und Deutschland. Wissen Sie, vorher Ihre Vorfahren kommen? Paul Walter Hauser: Ich habe mal erfahren, dass der Name Hauser am ehesten in Süddeutschland oder Österreich beheimatet ist. Bei einem DNA-Test kam dann irgendwann heraus, dass ich zu 90 % deutsche oder österreichische Wurzeln habe. Aber dank meiner Mutter besitze ich auch schottische, irische und polnische DNA. Überraschend war, dass beim Ergebnis auch ein Prozent aus dem Nahen Osten dabei war bzw. aus Ungarn oder Tschechien oder so. Ich finde es sehr faszinierend, was so alles in einem ist! SKIP: Als die Olympischen Spiele 1996 in Atlanta stattgefunden haben waren Sie nicht mal zehn Jahre alt. Können Sie sich überhaupt noch an den Sprengstoffanschlag erinnern? Paul Walter Hauser: Nein, irgendwie überhaupt nicht! In meiner Kindheit spielte das überhaupt keine Rolle. Wir waren wohl durch andere Dinge wie Kino oder Musik abgelenkt. Es war also kein Thema, das haften blieb. Ehrlich gesagt durften wir bei mir zu Hause auch nicht den ganzen Tag TV schauen, meine Eltern waren da sehr streng. Sie wollten, dass wir rausgehen und ein Leben haben. Deshalb bin ich bei solchen Dingen relativ wenig vorbelastet – das war auch schon bei I, Tonya der Fall, wo ich vorab fast überhaupt nichts von der Tonya Harding-Geschichte wusste. SKIP: Dementsprechend war auch die Person Richard Jewell komplettes Neuland für Sie? Paul Walter Hauser: Ja, ich musste mir alles anlesen, ansehen und durchgehen, was die Person Richard Jewell und die Zeit damals betraf. Das ging auch noch weiter, nachdem ich das Drehbuch bekommen habe. Ich wollte Richard einfach so gut wie möglich gerecht werden. SKIP: Jewell war ein extrem gesetzestreuer, allerdings auch nicht gerade entspannter Mitmensch, den man auf den ersten Blick wohl nicht so richtig mögen konnte. Oder täuscht der Eindruck? Paul Walter Hauser: Nein, das stimmt schon so. Richard war ein wenig leichtgläubig, er wollte als Person für voll genommen werden, und nicht nur als dieser dicke Typ gelten, der die Aushilfsjobs bekommt. Dabei war er wirklich nicht sonderlich entspannt: Einfach mal ein Auge zuzudrücken war bei ihm sicher nicht drin. Allerdings wäre er sicher auch der beste Freund gewesen, den man haben kann – käme man denn dazu, ihn zu mögen. Er machte es den Menschen einfach schwer, weil er so überkorrekt war, dass alle von ihm genervt waren. Jewell machte sich selbst auch zum perfekten Sündenbock und Opfer, weil er seine Klappe nie halten konnte und jeden Quatsch mitgemacht hat, der ihm vom FBI aufgetischt wurde. SKIP: Im stark von den sozialen Medien geprägten Heute stehen solche Hexenjagden ja mittler weile noch viel regelmäßiger auf der Tagesordnung. Paul Walter Hauser: Ja, durchaus. Wir alle – und ich nehme mich da nicht aus – sind ja auch permanent einer wahnsinnigen Informationsflut ausgesetzt. Und wir finden oft nicht mehr die Zeit, die Dinge gescheit zu recherchieren. Die News-Spirale dreht sich einfach immer schneller und schneller. Damals ging es damit definitiv los. Insofern soll dieser Film auch eine Wiedergutmachung an der Familie von Richard Jewell sein – besonders für seine noch lebende Mutter. Jewell selbst verstarb ja leider viel zu früh. SKIP: Wie sehr mussten Sie sich für die Rolle eigentlich optisch verändern? Paul Walter Hauser: Clint Eastwood hat mich gebeten, dass ich optisch so nah wie möglich an Richard Jewell herankomme. Also habe ich auf meinen ohnehin bereits großen Körper noch einmal 25 Pfund raufgefuttert. Das weiß ich deshalb so genau, weil ich immer noch daran arbeite, die letzten davon wieder zu verlieren! (lacht)
Claudia-Janet Kaller " Dieser Film soll auch eine Wiedergutmachung an der Familie von Richard Jewell sein – besonders für seine noch lebende Mutter. " Clint Eastwood und Paul Walter Hauser vor der Premiere von Richard Jewell beim AFI FEST 2019 im TCL Chinese Theatre in Hollywood