Von Krämpfen geplagt

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GESUNDHEITSTIPP Onkel Hans hat’s nicht leicht

Von Krämpfen geplagt

Schätzungsweise 50000 Schweizer leiden an einer COLITIS ULCEROSA. Diese Entzündung im Verdauungstrakt ist unheilbar, doch kann man sie mit Cortison und alternativen Therapien lindern.

TEXT: GINETTE WIGET

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gal, wo Bruno Raffa hingeht: Als Erstes macht er das nächstgelegene WC ausfindig. Und wenn er ausnahmsweise mit dem Flugzeug verreist, sorgt er dafür, dass er in der Nähe der Bordtoilette sitzt. Warum? Bruno Raffa hat Colitis ulcerosa. Seine Leidensgeschichte begann vor elf Jahren. Von einem Tag auf den anderen bekam Bruno Raffa kolikartige Durchfälle, die über Wochen anhielten. Daraufhin liess sich er sich von einem Magen-Darm-Spezialisten untersuchen. Der Arzt nahm Stuhl- und Blutproben, machte eine Darmspiegelung und Röntgenaufnahmen. Bruno Raffa erinnert sich, wie er den Arzt sagen hörte, die Krankheit sei chronisch und nicht heilbar. «Ich konnte es nicht fassen, dass ich mit 30 Jahren, in der Blüte meines Lebens, plötzlich an einer unheilbaren Krankheit litt.»

SCHUBWEISER VERLAUF

FOTO: ALEX BUSCHOR

Colitis ulcerosa (griech. colon = Darm, lat. ulcus = Geschwür) ist eine entzündliche Erkrankung des Dickdarms und gehört

CORTISON HILFT: Bruno Raffa leidet an einer chronisch entzündlichen Darmkrankheit.

zusammen mit Morbus Crohn zu den so genannt chronisch entzündlichen Darmkrankheiten. Je nach Schweregrad der Colitis ulcerosa breitet sich die Entzündung unterschiedlich weit über den Dickdarm aus. Entzündet ist jedoch nur die oberste Schicht der Darmwand. Die Krankheit verläuft schubweise. Während eines Schubes leiden die Patienten unter blutig-schleimigen Durchfällen, Bauchschmerzen und fühlen sich abgeschlagen. Weitere Symptome sind Fieber und Gewichtsverlust. Eher selten treten Entzündungen an Gelenken, Haut und Augen auf. Bruno Raffa muss während eines Schubes auch nachts immer wieder das WC aufsuchen. Die morgendliche Darmentleerung gerät zur langwierigen Tortur, und auf dem täglichen, halbstündigen Weg zur Arbeit muss er meistens irgendwo noch einen Zwischenstopp einlegen.

GESTEIGERTE ABWEHR Colitis ulcerosa bricht häufig zwischen dem 20. und dem 30. Lebensjahr aus. Frank Seibold, Leiter der Abteilung für Gastroenterologie im Inselspital Bern, schätzt, dass fast ein Prozent der Schweizer Bevölkerung an chronisch entzündlichen Darmkrankheiten leidet

– und die Neuerkrankungen nehmen jedes Jahr zu. Die Ursachen von Colitis ulcerosa und Morbus Crohn sind nicht geklärt. Schuld sei vermutlich eine gesteigerte Immunreaktion gegen die eigene Darmflora, sagt Frank Seibold. «Aber auch die erbliche Veranlagung sowie Umweltfaktoren spielen eine Rolle.»

RÄTSELHAFTE KRANKHEIT Einige Forscher glauben, unser Sauberkeitswahn sei dafür verantwortlich, dass die chronisch entzündlichen Darmkrankheiten in den letzten Jahrzehnten so stark zugenommen haben: Wenn das Immunsystem in der Kindheit nicht richtig lerne, mit Krankheitskeimen fertig zu werden, neige es später eher zu Überreaktionen gegen die eigene Darmflora. Was immer die Ursache für die rätselhafte Krankheit ist – Colitis ulcerosa kann heutzutage mit Medikamenten meist gut in Schach gehalten werden. Häufig verschreiben die Ärzte entzündungshemmende Mittel, so genannte Aminosalicylate (verwandt mit Aspirin) sowie Glukokortikoide (Cortison). «Mit diesen Präparaten gelingt es in der Regel recht gut, die Entzündung abklingen zu lassen», sagt Frank Seibold. Bruno Raffa hörte die ❯

Was immer die Ursache ist: Colitis ulcerosa kann man mit Medikamenten meist gut in Schach halten.

Mein Onkel Hans kämpft immer wieder gegen sein Übergewicht an. Seine guten Vorsätze, sich mehr zu bewegen, scheitern aber oftmals zugunsten eines spannenden Films oder Fussballmatchs. Weil Onkel Hans Diabetiker ist, sind eine ausgewogene Ernährung und körperliche Aktivität speziell wichtig. Herz-Kreislauf ist gefährdet Menschen mit Diabetes sind zudem besonders oft von Herz-Kreislauf-Erkrankungen betroffen – in der Schweiz die häufigste Todesursache überhaupt. Bewegungsmangel, Über-

Dorothee Seiler

gewicht, aber auch erhöhtes Cholesterin gehören zu den weiteren Risikofaktoren. Wird ein zu hoher Cholesterinspiegel über längere Zeit nicht behandelt, steigt die Gefahr, eines Tages einen Herzinfarkt oder Hirnschlag zu erleiden. Auf Cholesterin achten Auch Onkel Hans weiss: Mit Veränderungen der Lebensgewohnheiten kann man das gesundheitliche Risiko senken. Sich körperlich fit zu halten ist dabei ebenso wichtig wie auf das Gewicht und seine Ernährung zu achten. Und ab dem 40. Lebensjahr gehören regelmässige Cholesterinkontrollen beim Arzt dazu. Denn auch wenn man gesund lebt, kann sich das Cholesterin unbemerkt erhöhen. Pfizer offeriert Ihnen monatlich nützliche Informationen zum Thema Gesundheit. Fragen und Feedback richten Sie bitte an: redaktion@balanx.ch www.pfizer.ch/gesundheit


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CHRONISCHE ENTZÜNDUNG IM VERDAUUNGSTRAKT 1

Seit kurzem wird auch Weihrauchharz als Mittel gegen die Entzündungsschübe eingesetzt.

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die Krankheit so aggressiv verläuft, dass es zu mehreren Schüben pro Jahr kommt», erklärt Gastroenterologe Frank Seibold. Eine anderes, neues Arzneimittel, das schon erfolgreich gegen Morbus Crohn eingesetzt wurde, ist Infliximab. Demnächst wird es auch für die Therapie von Colitis ulcerosa zugelassen. Seit kurzem wird auch Weihrauchharz als Mittel gegen die Entzündungsschübe diskutiert. Das natürliche Heilmittel muss jedoch in hohen Dosen eingenommen werden, sonst verschlimmern sich die Symptome.

CORTISON HILFT

1. MORBUS CROHN. Beim Morbus Crohn handelt es sich um eine geschwürige chronische Entzündung. Sie kann den gesamten Verdauungstrakt betreffen, von der Mundhöhle bis zum After. Die Entzündung muss nicht zusammenhängen, sondern kann nur an bestimmten Stellen auftreten. Es entzünden sich nicht nur die oberste Schleimhaut, sondern auch die tiefer liegenden Schichten der Darmwand. Zu den typischen Beschwerden gehören Durchfälle, Bauchschmerzen, Fieber, Gewichtsverlust und Fisteln, meist im Bereich des Afters.

2. COLITIS ULCEROSA. Colitis ulcerosa ist eine chronische Entzündung des Dickdarms. Sie beginnt meist im untersten Abschnitt des Dickdarms und kann sich von dort aus über den gesamten Dickdarm ausbreiten. Es entzündet sich immer nur die oberste Schleimhautschicht. Am Anfang des Dickdarms oder am Übergang vom Dickdarm zum Dünndarm kommt die Entzündung zum Stillstand. Zu den typischen Beschwerden bei der Colitis gehören blutig-schleimige Durchfälle, ständiger Stuhldrang, Fieber und allgemeine Körperschwäche.

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ALTERNATIVE THERAPIEN GRAFIK: TNT-GRAPHICS

Seit er Cortison in Form von Tabletten schluckt, geht es ihm bedeutend besser. Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme, Mondgesicht und Nervosität nimmt er in Kauf. Sein letzter Schub liegt über ein halbes Jahr zurück. Falls es ihm wieder schlechter gehen sollte, wird er wohl eine Therapie mit Azathioprin anfangen. Dieser Wirkstoff gehört zu den Immunsuppressiva und sorgt dafür, dass weniger Entzündungszellen freigesetzt werden. «Immunsuppressiva verschreibt der Arzt dann, wenn

Eine weitere alternative Therapie für Patienten mit Colitis ulcerosa ist die Behandlung mit den Eiern des Schweine-Peitschenwurmes (Trichuris suis). Die Würmer sollen das gestörte Immunsystem wieder ins Gleichgewicht bringen. Wie genau sie das machen, wissen die Forscher noch nicht. Sie vermuten jedoch, dass die Immunkrankheiten wie Colitis ulcerosa deshalb so zunehmen, weil die Menschen in den hochentwickelten Ländern keine Darm-

parasiten mehr haben. Im Moment laufen klinische Studien über die Wirksamkeit der Wurmkur. «Im Inselspital führen wir auf Wunsch eine solche Behandlung durch», sagt Frank Seibold. Die Erfolgsrate liege bei etwa 50 Prozent. «Die Wurmkur ist jedoch nicht ganz billig und muss mehrmals wiederholt werden.» Dafür seien die Nebenwirkungen minimal. Auch Ernährung ist bei Colitis ulcerosa ein Thema. Feste Regeln, was der Kranke essen soll und was nicht, gibt es jedoch keine. Seibold empfiehlt eine ausgewogene Ernährung. Von strengen Diätvorschriften hält er nichts: «Jeder Patient muss für sich selbst herausfinden, welche Lebensmittel er gut verträgt und welche nicht.» Bruno Raffa weiss: Wenn er einen grossen Salatteller oder eine Portion Pommes frites isst, büsst er das am nächsten Tag. «Ab und zu leiste ich mir diese kleinen Sünden trotzdem.»

RISIKO DES DARMKREBSES Heute kann er seine Krankheit akzeptieren. Das war nicht immer so. Geholfen hat ihm die Psychotherapie, die er vor ein paar Jahren gemacht hat. Geblieben ist jedoch die Angst, dass sich während eines Schubes plötzlich sein Darm unkontrolliert entleert. Zum Beispiel, wenn er mit Kollegen im Restaurant sitzt. Darum hat er immer Ersatzkleidung in der Aktentasche. Unangenehm wird es, wenn er mit seinem Auto lange im Stau stehen muss. «Dann gerate ich manchmal in Panik. Meistens völlig umsonst.» Nach zehn Jahren Krankheit erhöht sich das Risiko, Dickdarmkrebs zu bekommen, um das Vier- bis Zehnfache im ❯

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ersten drei Jahre nicht auf die Empfehlung seines Arztes. Er nahm nur Aminosalicylate und kein Cortison zu sich, weil er Angst vor möglichen Nebenwirkungen hatte. Ihm ging es immer schlechter und schlechter, schubfreie Zeiten waren die Ausnahme. Er probierte alternative Heilmethoden wie etwa Akupunktur und Homöopathie aus, ass nur noch Vollkornbrot, Gemüse und liess den Alkohol weg. Alles umsonst. Irgendwann stiess er zur Schweizerischen Morbus Crohn / Colitis ulcerosa Vereinigung (SMCCV). «Das war der Wendepunkt in meinem Leben. Danach ging es bergauf.» Bruno Raffa tauschte sich mit anderen Patienten aus und erfuhr, dass viele mit Cortison gute Erfahrungen machen.

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MITTEL ZUR DIAGNOSE: Frank Seibold, Leitender Arzt an der Klinik für Gastroenterologie am Inselspital Bern, mit einem Gerät zur Magen- und Darmspiegelungen.

Vergleich zur Normalbevölkerung. Um Krebs frühzeitig erkennen zu können, müssen die Patienten jährlich Darmspiegelungen mit Gewebeentnahmen über sich ergehen lassen. Stellt der Arzt Darmkrebs fest, muss operiert werden. Dabei wird der gesamte Dickdarm entfernt. Neue chirurgische Techniken erlauben es, den Dünndarm di-

rekt mit dem Schliessmuskel zu verbinden. Damit wird ein künstlicher Darmausgang vermieden. Wie geht Bruno Raffa mit dem erhöhten Darmkrebsrisiko um? «Im schlimmsten Fall muss halt der Darm raus. Aber darüber denke ich nicht nach. Ich geniesse lieber die Augenblicke, in denen es mir gut geht.» ❮

HILFE BEI ENTZÜNDUNGEN DES DARMS IM GEGENSATZ zu Colitis ulcerosa kann bei Morbus Crohn der gesamte Verdauungstrakt, vom After bis zum Mund, von den Entzündungen betroffen sein. Meistens wechseln sich gesunde Abschnitte mit entzündeten ab. Typisch für Morbus Crohn ist, dass auch die tieferen Schichten der Darmwand befallen sind. Bei manchen Patienten ist die gesamte Darmwand entzündet. Wenn die erkrankten Stellen abheilen, können sich Narben bilden, die den Darm verengen und Darmverschlüsse verursachen. Gelegentlich entstehen auch Abszesse (abgekapselte Jeden Donnerstag am Kiosk. Oder im Abo: 044 404 63 65.

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Eiteransammlungen) und Fisteln. Das sind Verbindungen zwischen einem Hohlorgan zum anderen (vom Darm zur Blase) oder zwischen einem Hohlorgan und der Körperoberfläche. Fisteln müssen zum Teil operiert werden. Im Gegensatz zur Colitis ulcerosa ist der Morbus Crohn nicht operativ heilbar. Hier finden Sie Hilfe: Schweizerische Morbus Crohn/Colitis ulcerosa Vereinigung SMCCV Postfach 5001 Aarau Telefon/Fax 062 824 87 07 (Dienstag 8 –11 Uhr) ■ www.smccv.ch E-Mail: welcome@smccv.ch


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