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ISA JUD

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VALI GADIENT

VALI GADIENT

Liebe auf die erste Berührung

Ausbildungschefin bei Swiss Snowsports und Swiss-Ski und Nationaltrainerin bei den Schweizer Snowboarderinnen: Die Zürcherin Isa Jud liebt und lebt seit Jahren das Snowboarden. Und sie hofft, dass in Zukunft mehr Frauen leitende Positionen bekleiden.

TEXT: ANDY MASCHEK, FOTOS: URBAN ENGEL, MICHAEL PORTMANN

Wann und weshalb haben Sie mit Snowboarden angefangen? Im Gymi fanden wir: Komm, wir stehen mal aufs Snowboard. Skifahren fand ich zwar cool, doch es hatte mich nie richtig gepackt. Dann stand ich erstmals mit meiner Schwester aufs Snowboard. Wir hatten einen Kurs gebucht, waren eine halbe Stunde früher da und bis der Snowboardlehrer kam, konnte ich meine Kurven. Es war klassisch: Weil es cool war, musste ich es auch probieren – und es war Liebe auf die erste Berührung.

Wie verlief Ihr Weg zur Snowboardlehrerin? Ich wusste, dass ich Sport studieren werde und war im Team eines lokalen Snowboard-Shops. Wir führten ein Ostercamp in Bivio durch und da wurden wir von einem Snowboardlehrer begleitet. Er fand, dass ich gut fahre und fragte, ob ich nicht als Snowboardlehrerin arbeiten wolle. So machte ich 1997 nach der Matur meine erste Saison in Bivio, begann mit dem Sportstudium, kam mit der Ausbildung von Swiss Snowsports in Kontakt und blieb dabei. Jede Sekunde, die ich auf dem Schnee stehe und runterfahre, möchte ich auf dem Snowboard sein. Das ist meine Passion.

Wann wurden Sie Disziplinenchefin? Exakt vor zehn Jahren. Ich war fertig mit dem Studium, leitete die Snowboard- Abteilung in Davos und kam 2005 in den Education Pool. Matthias Plüss war damals Disziplinenchef, dann durfte ich als Mitautorin unter Renato Semadeni das Lehrmittel 2010 mitschreiben. Ich war schon eine Weile im Demo Team und der Rest ist wie organisch gewachsen.

Sie sind die erste weibliche Disziplinenchefin… Das ist nicht so schwierig, es gibt und gab ja leider nicht so viele Frauen im Schneesport. Es ist das Ziel von Swiss Snowsports und von mir, endlich mehr Frauen reinzubringen.

Mussten Sie grosse Hindernisse überwinden? Als Disziplinenchefin bei Swiss Snowsports überhaupt nicht, weil ich schon lange im Team und fachlich und menschlich akzeptiert war. Aber wenn man Ausbildnerin wird, denken viele junge Herren: Was will die mir sagen? Sie merken aber schnell: Sie kann mir viel beibringen. Man hört oft, Snowboard gehe zurück. Wie schaffen Sie es als oberste Snowboarderin der Schweiz, Ihren Sport attraktiv zu halten? Gefühlsmässig gibt es kein anderes Thema, über das die Skischulleitenden mit mir sprechen, seit zehn Jahren. Die Schneesportzahlen gehen allgemein zurück. Die Frage ist, was tun wir dagegen? Im Bereich Snowboard aus meiner Sicht natürlich zu wenig. Früher haben alle einmal Snowboarden ausprobiert. Nun kommen die Kinder der Snowboarderinnen und Snowboarder. So haben wir mehr kleine Boarderinnen und Boarder denn je. Es kommt eine starke Generation – auch im Leistungssport. Snowboarden ist und bleibt attraktiv! Die Mitglieder meines Teams sind auch in den Skischulen aktiv und pushen dort die Qualität. So bleibt auch die Ausbildung den Wünschen der Gäste angepasst. Snowboarden bietet tolle Emotionen und war fürs Skifahren ein Segen.

Das heisst? Snowboard hat viel zur Entwicklung im Bereich Material beigetragen Snowboard war prägend für Carving-Ski, den Bereich Freestyle oder die breiten Freeride Ski. Bei Swiss Snowsports intern sind wir eine treibende Kraft bei vielen Neuerungen. Hier ist es ein toller Austausch. Es wird auf uns gehört.

Haben sich die Lehrpersonen entwickelt oder verändert? In der Ausbildung fand eine grosse Entwicklung im Bereich Sportartenwissen statt und somit auch bei den Lehrpersonen. Snowboarder:innen kennen noch immer keine Berührungsängste vor neuen Dingen oder dem Hinterfragen von Bestehendem. Als wir z.B. sahen, dass andere Nationen E-Learning betreiben, wollten wir im Snowboarden das auch und waren so die Basis für andere Disziplinen. Snowboarder:innen sind und bleiben offen. Sie sind Disziplinenchefin sowie seit zehn Jahren Trainerin bei Swiss-Ski. Gibt es Synergien oder ist es ein Spagat? Schlussendlich ist Skifahren oder Snowboarden der Wechsel von der einen zur anderen Kante. Die Basis ist technisch dieselbe, ebenso die Freude und Passion, die man vermittelt. Ich habe die letzten zehn Jahre im Spitzensport unglaublich profitiert vom Austausch mit anderen Coaches und mit meinen Athletinnen. Ich konnte das Know-how aus dem Spitzensport in den Breitensport bringen. Umgekehrt profitiert der Spitzensport vom Wissen im Bereich Vermitteln aus dem Breitensport. Das Endziel ist vielleicht ein anderes, aber der Weg dazu ist nicht gross anders. Man arbeitet mit Menschen, die individuelle Ziele haben, und man muss diese Ziele unterstützen und die Person begleiten können, sei das nun ein Gast, ein Lagerkind oder eine Spitzensportlerin.

Sie leben diesen Sport, diese Passion. Was war Ihr schönster Moment? Es gibt nicht den einen Moment, es sind immer wieder spezielle Augenblicke. Die Entwicklung meines Teams und der Ausbildung macht mich mega stolz. Junge Snowboardlehrpersonen und ihren Enthusiasmus zu sehen ist auch immer ein Highlight. Als Trainerin ist es wunderschön zu sehen, wie Mädchen, die ich von klein an begleitete, plötzlich im Olympiafinal stehen.

Wie sehen Swiss Snowsports und die Disziplin Snowboard in 20 Jahren aus? Es heisst wieder Ski- und Snowboardschule und wir sprechen immer noch von Schneesport. Die Vision der Ausbildung ist, den Ausbildungsweg der Zeit anzupassen. Schneesport ist in der Schweiz ein Kulturgut und das sollte man der breiten Bevölkerung weiterhin zugänglich machen können, vorausgesetzt, in 20 Jahren liegt noch Schnee. Und meine grosse Vision ist, dass sowohl in den Schneesportschulen, als auch in der Ausbildung von Swiss Snowsports in der Genderverteilung ein Verhältnis von mindestens 40:60 Prozent besteht. Die Ausbildung muss so sein, dass sie Frauen motiviert, diese auch abzuschiessen. •

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