SPIESSER SPEZIAL 130

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spezial

Lichtblicke. „Lichtblicke.“ haben wir dieses Spezial genannt. Komisch eigentlich, denn in diesem Heft geht es um verlorenes Geld und Vertrauen – um das, was seit letztem Jahr als so genannte Finanzkrise die Welt bewegt. Und trotzdem „Lichtblicke.“ Weil es uns um Klarheit geht, um Aufklärung. Weil hier sieben SPIESSERAutoren sind, die Licht ins Dunkle der Krise bringen. Weil sie aufgeschrieben haben, wie alles kam und weil ihr hier lesen könnt, warum Vertrauen in Geld am Ende doch nicht verloren ist. Deshalb „Lichtblicke.“

Das SPIESSER-Spezial entstand in Zusammenarbeit mit den deutschen Volksbanken Raiffeisenbanken.


3 SÄULEN

30 € Taschengeld im Monat bekommen die meisten 14- bis 17-Jährigen. Trotz Krise. Das hat SPIESSERAutor Gleb, 18, recherchiert. Ab 18 sind dann monatlich rund 50 Euro drin. Was jeder mit seinem Geld macht? Gleb hat seine Kumpels gefragt: Per SMS. Hier lest ihr die Antworten: Auch per SMS. KAI, 14, ERFURT: Hi gleb! Also hier schnell die antworten: 25 euro pro monat und ausgaben für Handy und Party. Kai WIEBKE, 16, HANNOVER: Seit wann wird denn so etwas per SMS gefragt ;D Ja ich bekomme 60 Euro im Monat von Papa und Mama und gebe das für Disko aus. Klamotten bezahlt mir meine Mutter und so also nur Disko und essen. JANINA, 15, DORTMUND: Na Du ;) Ich frag mich wer auf so eine Idee kommt mit Sms unso… ja 50 Euro im Monat und ausgeben wie Klamotten, Essen, Schminke, Kino und so was halt Partymässiges auch. Kussi Janina CHANTAL, 16, TÜBINGEN: Ach und jetzt interessierst Du dich doch für Geld was :D Ja 40 Euro im Monat bekomme ich und ausgeben hmm ja so fuer Klammotten und so halt. Nix besonderes eigentlich! Melde dich mal noch wegen treffen kannst mir ja was von deinem Taschengeld abgeben hihi GEROLD, 18, MOERS: Ich gehe arbeiten und brauche kein Taschengeld mehr. Das is auch gut so denn ich sitze nicht gerne anderen leuten auf der Tasche wenn du verstehtst und ausgeben hmm so alles halt außer essen und miete das zahlt mutti! G.

ARIAN, 15, AACHEN: Jo ich bekomme 40 Euro aber ich Jobbe gerne noch nebenbei als Programmeirer und da krieg ich ordentlich was weist du doch also geht klar ich kauf mir gerne Elektronik und alles von Apple. VANESSA, 17, MÜNCHEN: Schmiiiinke ;D und ganz viel Essen kaufe ich mir, Wie viel ich bekomme sage ich dir nicht ist geheim mein Lieber …bis dann und frag nächstes mal per Telefon oder so sms is scheiße. JANNIS, 18, BONN: Meine Eltern geben mir 50 Euro im Monat und ich gebe das aus für Fußball, bahntikets und Kleidung, Essen und am Wochenden für Alcohol. Bitte Bitte für meine 9 Cent :D MIRIAM, 15, FRANKFURT: Gleb! Ja regelmäßig bekomme ich kein Taschengeld aber sonst immer wenn ich mal Frage! Ausgaben habe ich eigtl nur für essen und so spontane Dinge den Rest zahlen mir die Eltern. MARTIN, 18, DÜSSELDORF: Na das ist bei mir kein Problem Digga ;) Krieg 300 im Monat hehe ausgeben weiste doch Club und so manchmal essen und trinken wenn man durch die stadt läuft halt so Sachen. Martin

hat das deutsche Bankwesen: private Geschäftsbanken, Öffentlich-rechtliche Kreditinstitute und Genossenschaftsbanken. SPIESSER-Autorin Wiebke, 17, hat aufgeschrieben, was der Unterschied ist. GENOSSENSCHAFTSBANKEN: Deren Wurzeln liegen im 19. Jahrhundert: Friedrich-Wilhelm Raiffeisen und HermannSchulze-Delitzsch folgten als Gründerväter (auch der Volksbanken Raiffeisenbanken) hehren Grundsätzen, um kleine Bauern und Handwerker unabhängig zu machen von großen Finanzhäusern: Selbsthilfe, Selbstverantwortung, Selbstverwaltung und Solidarität. Kunden können Mitglieder werden. Die bilden eine Genossenschaft, in der jeder für jeden und eine Genossenschaftsbank für die andere eintritt. Einer haftet für den anderen, und deshalb sind die wahren Chefs einer Genossenschaftsbank ihre Mitglieder. Um deren wirtschaftliche Förderung geht es – nicht um den Maximalgewinn der Bank. Das alte Prinzip der Eigenverantwortung hat sich in der aktuellen Krise bewährt: Keine Genossenschaftsbank musste staatliche Hilfsgelder in Anspruch nehmen. ÖFFENTLICH-RECHTLICHE KREDITINSTITUTE:

Diese Institute heißen Sparkasse, Landesbank oder KfW und haben einen wichtigen „öffentlichen Auftrag“: die Versorgung der Bevölkerung mit Finanzdienstleistungen. Davon profitieren Privatleute, Firmen, aber auch Städte und Gemeinden. Denn auch die Gewinne der „Öffentlichen“ werden, sobald es geht, zur Förderung des Allgemeinwohls eingesetzt. Kontrolliert werden sie auch meist von Vertretern der Öffentlichkeit – kommunalen Amtsinhabern oder Politikern. Etwa zwei Drittel der Gelder, die der Staat in der Finanzkrise den Banken zukommen ließ, flossen in die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute. PRIVATE GESCHÄFTSBANKEN: Zu den Privaten Geschäftsbanken zählen Großbanken, Regionalbanken, Niederlassungen von Auslandsbanken und Privatbanken. Ihre Eigner können höchst unterschiedlich sein, vom Privatbesitzer über den Kleinaktionär bis zu großen Kapitalanlagegesellschaften. Deren Ziel heißt: möglichst viel Gewinn schöpfen aus der Investition. Riesig erfolgreich ist der Riese unter den deutschen Geschäftsbanken, die Deutsche Bank. Denn während die Unterstützung einiger Privatbanken im Rahmen der Krise das restliche Drittel der staatlichen Rettungsgelder beanspruchte, brauchte der Branchenprimus nichts.


3093.000.000.000 € – so viel Geld ist mit der Finanzkrise futsch. Wie viel Geld das ist? SPIESSER-Autor Felix, 24, reiste in die Finanzmetropole Frankfurt zum Wirtschaftsjournalisten Harald Freiberger. Der ist Geldexperte der Süddeutschen Zeitung und wenns ums Geld geht, weiß er, wovon er redet. Und Felix hat gelernt: Wie das nun war, die Sache mit der Finanzkrise.

Banktower schrauben sich bis zu 300 Meter in den Frankfurter Himmel, die Wertpapierbörse nicht weit. Dazwischen arbeitet Harald Freiberger, Wirtschaftsredakteur der Süddeutschen Zeitung. Neben einem Regal, gefüllt mit Wirtschaftsbüchern, steht ein PC in Freibergers Büro. Und ein weinrotes Rennrad. Er selbst telefoniert gerade mit einem Informanten. Einem Banker, der seinen Namen im Artikel nicht genannt haben will. Ein Banker mit krisensicherem Job – die sind nicht sonderlich beliebt in Zeiten der Krise. Ob Freibergers Job auch so sicher ist? Da hatte er in den letzten Jahren manchmal Zweifel: „Wirtschaftskrise – das ist, wenn viele Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren. Weil es den Unternehmen, für die sie arbeiten, schlecht geht. Auch die Süddeutsche Zeitung hat Mitarbeiter entlassen“, erzählt er. Spricht man mit Freiberger und liest seine Artikel, dann taucht ein Wort immer wieder auf: „Blase“. In Amerika entwickelte sich die Krise aus einer Immobilienblase. Freiberger erzählt: „Die Bank lieh jedem Bürger Geld, der sich ein Haus bauen wollte. Sie hat den Menschen ihr gesamtes Haus bezahlt“. Die Banken pokerten. Spieleinsatz waren die

Häuser der Leute, die einen Kredit dafür aufgenommen hatten. Die Hauspreise entwickelten sich gut in den USA, waren schnell doppelt so hoch: Die Hauspreise blähten sich auf wie eine „Blase“. „Für die Bank war das ein gutes Geschäft: Weil sie das Haus mit dem Kredit ja bezahlt hatte, gehörte es ihr“, erzählt Freiberger. Damit die amerikanischen Banken einen Kredit gewähren konnten, liehen sie sich das Geld selbst erst einmal: unter anderem bei Bürgern und Banken in Deutschland. Die Deutschen kauften also Anteile an den Immobilien in den USA – weil sie auf Wertsteigerung der Häuser hofften. Banken und Kunden, die die Papiere zum richtigen Zeitpunkt kauften und verkauften, machten Millionengewinne. Als 2007 plötzlich viele Eigentümer ihre Häuser in den USA zu hohen Preisen verkaufen wollten, war niemand mehr bereit, die Summen zu bezahlen. Die Häuser waren viel weniger wert, als sie die Banken in ihren Bilanzen vermerkt hatten. „Die Hausbesitzer bemerkten den Wertverfall, zogen aus und schickten den Schlüssel an die Bank. Der gehörte das Haus ja noch, weil der Kreditnehmer seinen Kredit noch nicht bezahlt hatte – auch wenn das Haus inzwischen eigentlich fast wertlos war“, erklärt Freiberger. Die Banken saßen nun auf fast wertlosen Häusern. Banken und Kunden, die die Papiere im großen Stil gekauft hatten, waren pleite. „Bankenpleite: Im schlimmsten Fall bedeutet das, dass kein Geldautomat mehr Scheine spuckt, weil die Bank keins mehr hat“, sagt Freiberger. Der internationale Währungsfond hat letztes Jahr die Gesamtverluste der Finanzkrise geschätzt: 3093 Milliarden Euro. Zum Ver gleich: Die Bundesregierung gibt für ihren Haushalt 2010 rund 320 Milliarden Euro aus. Vom Geld, das mit der Finanzkrise verschwunden ist, hätte Deutschland also mehrere Jahre seine gesamten Ausgaben bestreiten können. Vieles Weitere ist Psychologie: „Wenn ich Geld verloren habe, kaufe ich mir kein neues Auto, dann geht es den Autoherstellern schlechter. Die müssen wiederum Leute entlassen, weil keine Autos mehr gekauft werden“, sagt Freiberger. So wirkt sich die Krise auf viele Bereiche der Wirtschaft aus. Freiberger selbst investiert nur in sichere Anlagen. Dass der Redakteur kein Zocker ist, merkt man: Nachdem ihm innerhalb von zwei Jahren drei Fahrräder geklaut wurden, steht sein weinrotes Rennrad in seinem Büro neben dem Schreibtisch. Sicherlich kein günstiges Fahrrad. Wäre ja schade, wenn der Traum vom neuen Fahrrad schon wieder platzt.


04441 ist die Vorwahl Vechtas. Was Vechta ist? Eine deutsche Stadt. Dort steht das Zentrum für Vertrauensforschung. SPIESSER-Autorin Lara, 17, hat mit dessen Chef Martin Schweer gesprochen. Weil sie wissen wollte: Was ist denn Vertrauen nun eigentlich? Und: Werden wir das durch die Finanzkrise entstandene Misstrauen wieder los? Radio an. Wieder Silbermond. „Und dann leg‘ ich meine kleine große Welt in deine schützenden Hände.“ Hundertmal rauschte dieses Songzitat an meinem Ohr vorbei, kaum wahrgenommen. Heute ist das anders, heute denke ich über diesen Satz nach. Was steckt dahinter? Vertrauen. Ein großes Wort. Vertraue ich jemandem oder in etwas? Wie hoch ist der Wert des Vertrauens und wie schnell ist es zunichte gemacht? Fragen fluten meinen Kopf. Ich bin Generation Internet. Wikipedia also. Ich ahne schon: Vertrauen ist nicht leicht zu definieren. „Unter Vertrauen wird die Annahme verstanden, dass Entwicklungen einen positiven oder erwarteten Verlauf nehmen“, lautet der erste Satz. Nein, finde ich: Vertrauen ist mehr als das. Woran denke ich bei diesem Wort? An den Blick eines kleinen Kindes, wenn es seine Mutter ansieht, an Blindenhunde und an Verliebte. Doch je mehr ich über die Bedeutung des Wortes nachsinne, desto mehr zeigt sich die Komplexität dieses Begriffs: Ohne nachzudenken, vertraue ich jeden Tag nicht nur meiner besten Freundin, sondern wildfremden Autofahrern beim Überqueren eines Zebrastreifens, ja sogar der Naht meiner Hose. Die Zielgruppe meines Vertrauens ist also groß. Gefährlich groß?

Und wenn ich Vertrauen definieren müsste? Vertrauen ist, sich fallen lassen und aufgefangen werden. Irgendwie romantischkitschig, das muss doch pragmatischer gehen. In Vechta gibt es das Zentrum für Vertrauensforschung. Professor Martin Schweer, Chef dieses Zentrums des Vertrauens, wird wissen, womit er es zu tun hat. Ich rufe an.

Der Professor meint: „Wenn Sie mich nötigen würden,“ (würde ich...), „eine Definition zu geben, würde ich sagen: Vertrauen ist die subjektive Sicherheit, sich in die Hand einer anderen Person oder auch eines sozialen Systems zu begeben.“ „Gefällt mir“, denke ich. Und wie wichtig ist es? „Vertrauen ist quasi ein Mechanismus, um Unsicherheiten zu beseitigen. Ohne wären wir nicht lebensfähig“, lautet seine Antwort. Und: „In dem Moment, in dem wir vertrauen, fühlen wir uns wohler.“ Und wenn dieses wohlige Gefühl missbraucht wird? Betrug? Geheimnis nicht für sich behalten? Jemanden blamiert? „Vertrauen wiederherzustellen ist möglich, jedoch ein langer und schwerer Prozess, er hängt stark vom Verhalten desjenigen ab, der etwas falsch gemacht hat“, sagt Herr Schweer. Doch auch in einem anderen Kontext spielt Vertrauen eine große Rolle: Denn nur, wenn wir in den Wert des Geldes vertrauen, ist ein Euro auch einen Euro wert. Milliardenhilfspakete, Profitgier, mangelnde Kontrolle: Wurde das Vertrauen von Millionen Bürgern durch das Chaos der Finanzkrise sogar missbraucht und zerstört? Wieso sollte ich überhaupt noch an dieses instabile Finanzsystem glauben? Weil ich keine andere Möglichkeit habe? Ich rufe wieder an. Diesmal bei Werner Hansmann, Professor für Volkswirtschaft an der Uni Hamburg. Er sagt, im Grunde könne man in Geld vertrauen. Auch dem gesamten Finanzsystem in Europa – „wenn die Länder den starken Willen besitzen, das System zu verteidigen, so wie im Frühjahr 2010.“ Er meint die Rettung Griechenlands vor dem Staatsbankrott. Gutes Zeichen, find ich.

Herr Schweer sagt zum Vertrauensverlust: „Dahinter steckt kein fehlendes Vertrauen in das Geld an sich, in den Tauschwert, sondern in die Frage: Was wird damit gemacht?“ Also kein Misstrauen in die Währung, sondern in Banken und in die Regierung? Können die das wieder gutmachen?, frage ich. „Es ist möglich“, sagt Herr Scheer. „Vertrauensfördernd wirkt sich momentan aus, dass sich die ökonomische Lage erheblich verbessert.“ Also Aussicht auf Besserung. Wer will schon in Unsicherheit leben.


0 VERTRAUEN scheinen die Banker nach der Finanzkrise zu genießen. Haben ja auch schön eins drauf bekommen. Berechtigt? SPIESSER-Autor Ruben, 18, hat nachgefragt bei Gerd Gigerenzer. Der Professor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin trainiert Richter und Manager, besser mit Risiken und Unsicherheiten umzugehen. Herr Gigerenzer, Vertrauen und Wirtschaft: Hat das miteinander zu tun? Ist das wichtig? Essentiell wichtig. Und noch wichtiger ist, dass man sich davor schützt, Vertrauen zu verlieren. Warum betonen Sie das so? In der Finanzkrise ist viel Vertrauen verloren gegangen. Vertrauen Sie denn ihrem Bankberater noch? Nicht unbedingt. Warum nicht? Schlechte Erfahrungen gemacht? Meine eigene Beraterin hat mir jüngst undurchsichtige Papiere angeboten. Daraufhin habe ich ihr auf der Stelle ge sagt, dass ich mit ihr keine Geschäfte mehr machen werde.

Solche Reaktionen müssten doch das Verhalten der Berater ändern... Das Problem ist, dass die meisten Kunden nicht so reagieren wie ich. Wenn sie das tun würden, würde sich die Mentalität der Berater ändern. Die stärkste Waffe sind Bürger, die eine gesunde Skepsis haben. Haben die Berater das Vertrauen zu Recht verloren? Sicher gibt es wirkliche schwarze Schafe. Aber der Vertrauensverlust kommt auch dadurch zustande, dass viele Kunden naiv waren. Warum naiv? Ist der Berater nicht zu hundert Prozent dem Kunden verpflichtet und bekommt von ihm „seinen Auftrag“? So sollte das sein. Aber viele Kunden haben nicht realisiert, dass Berater mitunter angehalten werden, nur ganz bestimmte Angebote zu machen, von denen in erster Linie die Bank profitiert. Die Berater sind eben auch ihrem Arbeitgeber verpflichtet. Hier haben wir eine Bildungslücke auf der Seite der Öffentlichkeit. Die Menschen müssen einfach besser verstehen, wie sich die Situation in einer Bank darstellt, und welche Ziele die Bank selbst verfolgt.

Der Berater hat also keine andere Wahl und kann gar nichts dafür? Es ist einfach eine Illusion vieler Kunden, dass der Angestellte unabhängig von den geschäftlichen Zielen seiner Bank agieren darf. Trägt man also auch selbst Verantwortung für das Vertrauen in andere? Der Kunde ist nicht ganz unschuldig, wenn er nicht gelernt hat, nachzufragen. Denn erst dann kann er leicht manipuliert werden. Wie könnte man dem entgegenwirken? Man muss von den Bürgern verlangen, dass sie mehr mitdenken. Mehr Verantwortung übernehmen. Wir müssen uns auch selber überlegen, warum wir immer noch so wenig verstehen von Finanzen. Man darf die Schuld nicht einfach nur den Beratern und Banken zuschieben, die sind nicht per se „böse“ oder „gut“. Soll das bedeuten, die Leute sind schuld an der Finanzkrise? Man darf nicht sagen, es sind die einen oder die anderen. Das Problem liegt im ganzen System. Wenn man versteht, wie das Bankgeschäft funktioniert, dann ist man auch nicht leicht zu manipulieren. Sollte man seiner Bank nicht Vertrauen entgegenbringen dürfen? Schon. Aber man sollte in kein Geschäft blind vertrauen. Wir brauchen beides: Ehrlichkeit auf Seiten der Banken, UND Kompetenz auf Seiten der Bürger. Man kann leicht auf die Banken schimpfen, aber das hilft ja nichts. Was man machen kann: an sich selber arbeiten. Umso besser ist es, wenn junge Leute das tun. Die möchte ich ermuntern, es selbst in die Hand zu nehmen.


5 JAHRE Lebenszeit kostet es, würde man das fälschen, worum sich diese ganze Finanzkrise dreht: Geld. Damit es denen, die es trotzdem versuchen, schwer gemacht wird, haben EuroGeldscheine Sicherheitsmerkmale. SPIESSER-Autor Björn, 24, hat der Deutschen Bundesbank in Frankfurt Mails geschrieben und nachgefragt, welche das sind. Hallo Herr Werchan, ich brauche Geld. Mein erster Gedanke war, Geldscheine zu kopieren. Klingt simpel. Eine gute Idee? Schöne Grüße, Björn Urbansky ---------------------------Hallo Herr Urbansky, Das ist keine gute Idee. Für das Kopieren von Geldscheinen können Sie eine Menge Ärger bekommen. Selbst wenn Sie die Geldscheine nur kopieren und noch nicht einmal versuchen, damit irgendwo zu bezahlen, begehen Sie schon eine Ordnungswidrigkeit. Das klingt zwar nicht so schlimm – kann aber bis zu 10.000 Euro Geldstrafe kosten. Noch viel schlimmer wird es, wenn Sie Geldscheine gezielt mit der Absicht kopieren würden, damit etwas zu kaufen. Damit würden Sie Geldfälschung begehen – eine Straftat, für die Sie bis zu fünf Jahre ins Gefängnis kommen können. Sie sollten diese Idee also lieber schnell wieder vergessen! Viele Grüße, Andreas Werchan ---------------------------Hallo Herr Werchan, vielen Dank. Was wird denn so getan, damit Geld schwer zu fälschen ist? Ich weiß, dass die Euronoten in der Disco immer so funkeln. Netter Effekt im Club. Schöne Grüße, Björn Urbansky ---------------------------Hallo Herr Urbansky, freut mich, dass ich Ihnen weiter helfen konnte. Um das Fälschen von Euro-Banknoten so schwer wie möglich zu machen, sind darin eine ganze Reihe von Sicherheitsmerkmalen eingebaut. Auch das fluoreszierende Leuchten von Geldscheinen in der Disko-

thek, das übrigens durch das UV-Licht bzw. Schwarzlicht verursacht wird, gehört zu diesen Merkmalen. Ganz wichtig bei diesem „Feature“ ist, dass nur bestimmte Teile eines echten Euro-Scheins in bunten Farben leuchten. Das Papier an sich bleibt dunkel, bis auf kleine bunte Fasern, die in das Papier eingearbeitet sind. Ein anderes Merkmal sind die glänzenden Folienstreifen bzw. Hologramme auf den Banknoten. Diese ändern bei echten Scheinen je nach Blickwinkel das Motiv. Wenn man sich also unsicher ist, einfach den Schein mal kippen und darauf achten, wie sich das Bild verändert. Viele Grüße, Andreas Werchan ---------------------------Hallo Herr Werchan, merkt man in der Hand, ob ein Euroschein echt ist? Stachelt er, damit er gleich wieder ausgegeben wird? Schöne Grüße, Björn Urbansky ---------------------------Hallo Herr Urbansky, ich kann Sie beruhigen – EuroScheine stacheln überhaupt nicht. Allerdings sind sie auch nicht vollkommen glatt. Durch eine ganz besondere Drucktechnik haben Sie eine spezielle Struktur. Am besten können Sie sich davon überzeugen, wenn Sie mal mit dem

Daumen über die Buchstaben „BCE ECB ...“ am oberen Rand eines Euro-Scheins streichen. Sie fühlen dann bei einer echten Banknote deutlich, dass sich diese Schrift vom Papier abhebt. Auch das Papier eines echten Geldscheines ist an sich etwas ganz Besonderes – es fühlt sich „griffiger“ an als z.B. gewöhnliches Kopierpapier. Schwieriger wird es mit diesen Erkennungsmerkmalen allerdings, wenn es sich um einen schon sehr alten oder abgenutzten Geldschein handelt. Auch deshalb sollte man sich bei der Prüfung von Geld nie auf nur ein einziges Merkmal verlassen. Mit freundlichen Grüßen Andreas Werchan

r h i t Krieg ise? r K e i d

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1929 war das Jahr, in dem schon einmal eine Weltwirtschaftskrise begann, die Geld verschlang und Armut brachte. SPIESSER-Autorin Theresa, 20, hat nachgedacht und aufgeschrieben, wie es damals kam, wie es heute ist und warum die Krise nicht mit Glückskeks-Weisheit zu beheben ist. Geld und Besitz sind ja bekanntlich nicht wichtig. Das ist die Moral jedes dritten Märchens, in denen die Habgierigen verbannt, verwandelt, getötet oder bekehrt werden. Und jedes zweiten „Fürchte dich nicht, lebe!“-Spruchs aus chinesischem Glückskeks. Der Glückskeks der Realität schmeckt bitter. Denn mit der Finanzkrise kam dann doch die Angst um Geld und Besitz. Getötet wurden Unternehmen, verbannt aus den Chefsesseln nur wenige, bekehrt niemand und verwandelt das Geld – in Rauch. Und nun?

Normalerweise kommt eine Krise; man redet darüber, zieht den Kopf ein, bis es vorüber ist, und alles wird, wie es vorher war. Bei so vielen negativen Prognosen – vom Ersticken im Kohlenstoffdioxid bis hin zum Rentenalter der deutschen Gesellschaft – WOLLEN wir uns gar nicht ausmalen, was passieren könnte. Nicht, weil es nicht passiert. Sondern weil wir schlechter einschlafen würden.

Doch ist unsere Not gar nicht so unvergleichlich und einzigartig, dass es unvorstellbar ist, wo das alles enden könnte. Es war (schon) einmal in Amerika, als ein schwarzer Freitag das goldene Licht der Zwanziger Jahre verblassen ließ. 1929 krachte die Börse unter der Überproduktion zusammen. Firmenpleiten, Verluste, Bankenkollaps. Steigende Arbeitslosigkeit: Man suche sich eine Statistik mit Zahlen, die mal Menschen waren.

Das alles kennen wir also schon aus der Geschichte. Wäre es ein Märchen, würde es jetzt Geld regnen und alle wären glücklich. Ende. Das Antimärchen von damals aber ging weiter. In ganz Europa erlebten faschistische Bewegungen einen Aufschwung. Nein, sie sind nicht urplötzlich aus dem Boden gewachsen. Aber sie schlugen Wurzeln. Zufall?

Wohl nicht. Unmut, Verarmung und der Wunsch nach Veränderung wurde gemischt mit den vernichtenden Ideen gescheitelter Köpfe und ergaben ein Feuer, das nicht nur den Reichstag niederbrannte.

Was soll man heute denen sagen, die Geld verloren haben? Denn verloren haben sie etwas weitaus Schwerwiegenderes als „nur“ Geld. Vertrauen nämlich. Das Vertrauen in ein System mit Bankern, Besitzern, Unternehmen, Politikern, einer Regierung – Grundpfeilern unserer Gesellschaft, Stützen auch dieser Demokratie. Vertrauen braucht man in die, die das Geld verwalten. Verwalten bedeutet „Mehret und wachset“ oder doch wenigstens „Alles beim Alten“, keinesfalls jedoch „No risk, no fun“. Das Risiko vor der Finanzkrise war größer als der Spaß, den wir jetzt haben. Es gibt Wirtschaftsexperten, die in der Krise Science Fiction Freunde geworden sind und den Zusammenbruch prophezeiten. Belächelte Schwarzmalerei? Das Geld ist weg, alles ist schlecht? Das Geld ist da und alles ist – gut? In der Realität steht der Mensch – der sich hintergangen fühlt, ein Mensch mit Sorgen, Zorn und ohne Vertrauen. Soll der Glückskeks wieder schmecken, muss vor allem eins her: dieses Vertrauen. Und wo wird das also alles enden? In einem Weg irgendwo zwischen Vergangenheit, Schwarzmalerei und Glückskeks.


Impressum Das SPIESSER-Spezial entstand in Zusammenarbeit mit den deutschen Volksbanken Raiffeisenbanken.

Herausgeber: SPIESSER – die Jugendzeitschrift Projektleitung: Romy Rock, Gunter Leinhoss Projektbegleitung: BVR – Bundesverband der deutschen Volksbanken Raiffeisenbanken e.V. Redaktion: Robert Kaak, Jörg Flachowsky Autoren: Wiebke Bredemeier, Claudia Flach, Lara Gahlow, Gleb Karbachinsky, Ruben Karschnick, Theresa Moebus, Felix Scheidl, Björn Urbansky Fotografen: Klaus Gigga, Eva Merz, Matthias Popp Art Director: Maik Wankmüller


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