DIE ERNÄHRUNG VOLUME 41 | 02. 2017

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DIE ERNÄHRUNG Österreichische Zeitschrift für Wissenschaft, Recht, Technik und Wirtschaft

VOLUME 41 | 02. 2017

HERKUNFT BLEIBT STETS ZUKUNFT PRÄVENTION IST DIE BESTE MEDIZIN Seite 8 © Budimir Jevtic

ÖSTERREICHISCHE POST AG MZ 14Z040109 M SPV PRINTMEDIEN GMBH, FLORIANIGASSE 7/14, 1080 WIEN

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3 inhalt content

INHALT —

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WIRTSCHAFT economy 04 Herkunft bleibt stets Zukunft 08 Prävention ist die beste Medizin 12 Lebensmittel: Industrie bleibt unter Druck 16 China – Chancen und Risiken 20 Güssing 2017 22 Zertifizierungsstellen sind gefordert 25 Heldenstory Landwirtschaft?

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TECHNIK technology 26 Drinktec 28 Interpack: Maß­verpackungen für Industriegüter

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WISSENSCHAFT science 36 Fruktose: Zu Recht am Pranger? 38 Ernährungstrends im Zeitalter der Beschleunigung 42 Superfood 44 Superlative am Teller? 48 Wie viel Wissenschaft braucht die Ernährung?

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RECHT law 53 Entscheidungssammlung Ernährung – EuGH: Anwendungsbereich der Health-Claims-Vo erfasst auch ­kommerzielle Mitteilungen an Fachkreise

Liebe Leserin, lieber Leser, —

haben Sie die jüngste Panikmache gegen Zucker, Fett und Co. im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ oder im Fernsehsender ORF mitverfolgt? Dann ging es Ihnen womöglich wie mir – angesichts der medialen Hetzjagd greift man sich als kritischer Mensch an den Kopf. Glauben mittlerweile selbst seriöse Medien, dass die Konsumentinnen und Konsumenten so naiv sind? Braucht es Schlagzeilen wie „Süßes Gift“, um Kasse zu machen? Dabei wäre es höchste Zeit, sich dem Thema Ernährung sachlich zu nähern. Einfach nur den Lebensmittelherstellern den Schwarzen Peter zuzuschieben, ist mehr als kurzsichtig. Denn es kommt auf die Kalorienbilanz an: Wer dem Körper mehr zuführt, als er verbraucht, legt Fett an. Für ein gesundes Leben braucht es neben ausgewogener Ernährung auch Bewegung und einen aktiven Lebensstil. Gerade deshalb ist Ernährungsbildung enorm wichtig – und sie sollte so früh wie möglich beginnen. Denn nur wenn sie das nötige Rüstzeug haben, können auch künftige Generationen sorgsam mit ihrem Körper umgehen. Wir wollen mit fundierten Fakten zur Versachlichung der Debatte beitragen, ein Beispiel halten Sie in Händen: unsere Zeitschrift „Die Ernährung“. Setzen wir diesen Weg gemeinsam fort – mit Wissen gegen Ideologie!

24 Impressum

Katharina Koßdorff

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HERKUNFT BLEIBT STETS ZUKUNFT Interview DIE ERNÄHRUNG SPRACH MIT DI CHRISTOPH HENÖCKL, GESCHÄFTSFÜHRER DER GARANT TIERNAHRUNG, ÜBER WERTE UND PERSPEKTIVEN, HERAUSFORDERUNGEN FÜR 2017, ERFOLGSGEHEIMNISSE UND DIE SITUATION IN DER FUTTERMITTELBRANCHE. OSKAR WAWSCHINEK

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ie Ernährung: Wie ist die Garant Tiernahrung GmbH aufgebaut und wie auf die Zukunft ausgerichtet? Welche Schwerpunkte setzen Sie? Christoph Henöckl: Das Unternehmen ist aus den genossenschaftlichen Mischfutterwerken Aschach, Graz und Pöchlarn hervorgegangen. Das föderale System in Raiffeisen hat sich im Vorfeld des EU-Beitritts wettbewerbsfit neu organisiert. Die Landesverbandsebenen von Oberösterreich, Niederösterreich und der Steiermark sind im Warenbereich in der RWA Raiffeisen Ware Austria zusammengeführt worden. In weiterer Folge entschied die RWA, dass mit dem EU-Beitritt und den damals bevorstehenden Herausforderungen die Mischfutterproduktion von den Handelsaktivitäten getrennt werde, um in der neu gegründeten Garant Tiernahrung GmbH eine eigene Entwicklung zu ermöglichen. Diese Chance wurde vielseitig genutzt. Nach einer kurzen Sanierungsphase wurden über eine entsprechende Marketing- und Vertriebsoffensive Mengenzuwächse generiert. Mit dem Start-up AgroMed wurde im Jahr 2000 ein international im Futterzusatzstoff tätiges Unternehmen gegrün-

det, das heute Faser-Weltmarktführer in Sachen Lignozelluloseeinsatz im Futter ist. Die Nutzung des sich entwickelnden Mischfuttermarktes infolge des EU-Beitritts und ein Mitgestalten des Marktes brachte ein überzeugendes Wachstum im Unternehmen. Heute ist die Garant Tiernahrung GmbH klar Marktführer in Österreich, stark regional verankert und über den Lagerhausvertrieb gut aufgestellt. Die Weiterentwicklung des österreichischen Mischfuttermarktes und unser Anspruch an die Qualität unserer Produkte fordern laufende Verbesserungen in den Produktionsstätten und führen zur entsprechenden positiven Marktresonanz. Was haben Sie im Jahr 2017 geplant? Henöckl: Mit einem neuen Milchviehleistungsfutter-Konzept „KuhKorn Vital“ und Investitionen in E-Learning-Programme für den Lagerhausvertrieb setzen wir offensive Schritte am Inlandsmarkt. Die Erweiterung des Werkes Pöchlarn mit einer 3. Produktionslinie ist aufgrund der guten Mengenentwicklung und des immer komplexer werdenden Produktprogrammes erforderlich. Ein neuer Vertriebspartner in Rumänien und Aktivitäten im Kosovo werden unsere Fisch­futterexporte

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steigern. Darüber hinaus erwarten wir nach dem verhaltenen Jahr 2016 wieder einen Rohstoffpreisanstieg und hoffentlich entsprechende Erzeugerpreisniveaus bei Milch, Fleisch und Eiern. Dann sollte ein neuerliches organisches Marktwachstum möglich sein. Welche Bedeutung hat der Export in Ihrem Unternehmen? Wie hoch ist der Exportanteil? Henöckl: Der Export spielt in der Garant Tiernahrung GmbH mit einem Umfang von 5% eine scheinbar untergeordnete Rolle, ist aber vom Wertbeitrag nicht zu unterschätzen, da vor allem Spezialitäten und Fischfutter in den Export via Distributoren abgesetzt werden. Wie sehen Sie die Situation und Marktmacht im österreichischen Handel – wie gehen Sie damit um? Henöckl: Der Handel erfüllt grundsätzlich eine wichtige Funktion in der Bereitstellung sämtlicher Waren. Da auch mein Mutterkonzern ein Handelsunternehmen ist, weiß ich diese Rolle umso mehr zu schätzen. Aus der Sicht unserer Kunden, der tierischen Veredelungsbetriebe, will ich die Marktmacht allerdings auch etwas differenzierter beurteilen. Die immer wieder strapazierte Aussage, dass


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Wie sehen Sie die Eigenmarkenentwicklung des Lebensmitteleinzelhandels? Ist das eine Gefahr für Markenartikel? Henöckl: Für mich als überzeugten Industriemanager, der bei einem Markenartikler lernen durfte, ist die Eigenmarkenentwicklung immer ein Gräuel. Als Erzeuger sehe ich die Entwicklungsarbeit, Innovationskraft und technische Perfektion immer als zentrale Aufgabe. Händler betrachte ich mit Skepsis, weil oft ein rein opportunistischer Ansatz bezüglich Sortimentsentscheidung erkennbar ist. Spannenoptimierung steht im Vordergrund ohne den oft beteuerten Konsumentenwünschen gerecht zu werden. Was ist das Erfolgsgeheimnis Ihres Unternehmens? Henöckl: Ich denke, die Garant Tiernahrung GmbH hat eine herzeigbare Entwicklung genommen und ich bin dankbar, dass ich seit der Gründung 1995 Geschäftsführer dieses Unternehmens sein darf. Was ein Erfolg ist, müssten wir gesondert diskutieren. Marktgespür, ein gutes Team, konsequente Arbeit und Nutzung vorgefundener Möglichkeiten sehe ich nicht als Geheimnis an. Die Folge ist eine sehr positive Entwicklung der Unternehmenskennzahlen. Welche Vor- und Nachteile hat der Standort Österreich aus Ihrer Sicht? Henöckl: Aus dem Rückspiegel betrachtet, erkenne ich inzwischen mehr Vor- als Nachteile des Standortes Österreichs aus der Sicht der Futterbranche. Schauen Sie sich an, welch tolle Entwicklung die Unternehmen seit dem EU-Beitritt genommen haben. Viele oft auch von meiner Seite kritisch beurteilten Marketingprogramme, die vordergründig zu einer Zersplitterung des Lebensmittelangebotes mit oft schwer

©  RAIFFEISENZEITUNG, PIA MORPURGO

ausschließlich die Konsumenten es in der Hand hätten, die Sortimente zu steuern, kann und will ich so nicht akzeptieren. Natürlich spielt ein zentraler Einkäufer mit dem entsprechenden Einkaufsvolumen alle Macht aus, um sein Verdienstziel für seinen jeweiligen Dienstgeber und sich auch auszuschöpfen. Das führt berechtigterweise öfters zu Unzufriedenheit in der Landwirtschaft, und diese schlägt dann auch auf unsere Branche durch.

nachvollziehbaren Vorgaben in Sachen Fütterung und Haltung geführt haben, konnten zumindest mittelfristig eine erfolgreiche Österreichschiene im LEH behaupten. Aus unserer Sicht muss ich allerdings immer wieder darauf hinweisen, dass in erster Linie ernährungsphysiologische Erfordernisse der einzelnen Spezies entscheidend sein sollten und nicht eine in der Öffentlichkeit gut klingende Vorgabe. Welche Wünsche haben Sie an die Politik? Henöckl: Standpunkt, Haltung und Meinung sind gefragt und nicht der gelebte opportunistische Ansatz für Medien oder bestimmte Parteisplittergruppen. Politik als Wunschkonzert wird meiner Meinung nach viel zu oft betrieben und führt ausschließlich zu Stillstand, weil sich immer jemand benachteiligt fühlt. Frei nach dem Motto: „Wenn die was kriegen, müssen wir noch viel mehr fordern!“ So gesehen, wünsche ich mir möglichst wenig Eingriff der Politik in die Wirtschaft. Speziell das Förderwesen könnte hinterfragt werden. Viele meiner Mitbewerber genießen den KMU-Vorteil, der aufgrund unserer Raiffeisenzugehörigkeit nicht gilt.

Wie sehen Sie die Situation in Ihrer Branche – welche Themen und Probleme bewegen Sie? Henöckl: Derzeit ist es branchenmäßig relativ ruhig. Wir befinden uns offensichtlich in einer Verschnaufpause nach den turbulenten Zeiten der dauernden öffentlichen Angriffe in Folge von Antibiotikamissbrauch, BSE, Dioxinverseuchung, GMO-Thematik im Futter. Alles Themen, die uns zugeschrieben wurden, allerdings nur peripher mit uns zu tun hatten. Die derzeitige Unaufgeregtheit sehe ich auch als Erfolg der konstruktiven Arbeit im Fachverband an, wo durch entsprechende Dialogforen mit viel Sachverstand und einem guten Miteinander alle Stakeholder entsprechend Information austauschen. Zukunftsthemen sind sicher in der Nachhaltigkeit der tierischen Produktion zu finden. Welche Produktionsform kommt sowohl dem Tierwohl, dem gesellschaftlichen Anspruch und der geforderten Effizienz entgegen? Nationale und internationale Wettbewerbsentwicklung in unserer Branche in Folge von Strukturentwicklung und agrarpolitischen Maßnahmen werden uns wach halten.

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©  FOTOLIA – KYBELE

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Was halten Sie von Zucker- und Fettsteuern oder Werbeverboten? Sind das Ansätze, die Ihrer Meinung nach gesellschaftliche Probleme wie Adipositas, Bluthochdruck etc. – meist im Zusammenhang mit mangelnder Bewegung – lösen können? Henöckl: Definitiv nichts. Generell halte ich persönlich als freiheitsliebender Mensch nichts von der Bevormundung durch den Gesetzgeber. Meiner Kenntnis nach gibt es unzählige Studien, die belegen, dass die Gesundheitsprobleme unserer Zeit im Zusammenwirken vieler Faktoren begründet sind, aber nicht monokausal auf Fett, Zucker, Salz etc. zurückzuführen sind. Über Werbeverbote könnte man mit mir reden, da ich mich inzwischen von Werbung belästigt fühle, speziell vom super nachhaltigkeitsgetriebenen Marketing mit wöchentlich kiloweisem farbig gedruckten Papier, das kein Mensch braucht. Die preisliche Entwicklung mancher Produkte könnte berechtigterweise auch hinsichtlich des Werbeaufwands hinterfragt werden. Gelegentlich würden manchen die Augen aufgehen, wenn sie erkennen, dass hinter vielen Produkten mehr „Kommu-

nikationsaufwand“ als Rohwarenaufwand steckt. Wie ist Ihre Reaktion als Unternehmen auf gesellschaftliche Trends wie vegan oder vegetarisch, glutenfrei bzw. generell „Free from …“? Henöckl: Bestimmte Unverträglichkeiten spielen auch bei Nutztieren eine Rolle. Im Humanbereich halte ich manches für übertrieben und interpretiere das als Luxusproblem der Zeit. Hoffentlich berauben sich nicht zu viele Menschen einer Lebensqualität, indem sie zum Hypochonder mutieren. Toll, dass es ein Angebot gibt, und wenn es dann auch noch zu einem besseren Leben verhilft, ist alles bestens. Wie wird in Ihrem Unternehmen mit dem Thema Nachhaltigkeit umgegangen? Henöckl: Als in der Landwirtschaft verhaftetes Unternehmen ist die Nachhaltigkeit kein Mainstreamthema für uns, sondern Selbstverständlichkeit im täglichen Tun. Die Nutzung von Kuppelprodukten aus der Lebensmittelerzeugung als Veredelungsstufe zu Mischfutter und tierischem Protein ist ein Beweis für die Kreislaufwirtschaft.

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Energieeffizienzprogramme in der Produktion, Logistikoptimierung in der Rohstoffzufuhr und Futterbelieferung unserer Kunden sind noch weitere Schlüssel für Nachhaltigkeit. Welchen Stellenwert haben Innovation und Qualitätsmanagement in Ihrem Unternehmen? Henöckl: Wir sind seit Feber 2017 als erster österreichischer Misch­ futtererzeuger GMP+ zertifiziert. Mit dem Begriff Qualitätsfutter in unserer Marke GARANT tragen wir die Verpflichtung zur Futter­mittelsicherheit und -qualität immer vor uns her. So waren wir Pioniere in der Zertifizierung nach ISO 9001, HACCP und u.v.m. Gerne unterscheide ich das Qualitätsbewusstsein im Unternehmen und die Zertifizierungsindustrie, die Teil unserer Geschäftswelt geworden ist. Gelebte Qualität in allen Unternehmensbereichen muss das tägliche Bemühen sein. Die Innovationen sind nach meiner Erfahrung in unserer Branche in einem guten Zusammenwirken von Vertrieb und Forschung & Entwicklung zu finden. Eines der Erfolgsbeispiele ist ein im Herbst 2015 auf den Markt gebrachtes Kälber-


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Wie gehen Sie mit immer wieder auftauchenden Themen der Lebensmittelsicherheit wie Glyphosat-Rückständen, mikrobiellen Problemen etc. um? Henöckl: Sehr pragmatisch, indem zuerst einmal Untersuchungsserien gemacht werden, um den wahren Wert des Problems zu erkennen. Oft stellt sich dabei heraus, dass es sich um ein hochgespieltes Thema handelt. Aber natürlich gibt es eine erhöhte Sensibilität seitens des Einkaufes und der Rohwarenübernahme, wenn wir schlechte Witterungsperioden hatten, die beispielsweise auf Mykotoxine im Getreide schließen lassen. Wie beurteilen Sie die verschiedenen Standards wie IFS und BRC? Können Sie diese Audits für die Verbesserung Ihrer Betriebsabläufe nutzen? Wie sehen Sie in diesem Zusammenhang die von Handelsketten zusätzlich durchgeführten Audits? Henöckl: Diese Standards spielen derzeit in unserer Branche eine untergeordnete Rolle. Lediglich bei Fischfutter haben wir heuer auch nach Global GAP zertifiziert. Wie stehen Sie zum Thema Freihandelsabkommen wie TTIP und CETA? Henöckl: Keine Meinung. Freihandel ist an sich nicht schlecht. Die Lebensmittelversorgung eines Staates hat natürlich auch sehr strategische Elemente, die bedacht werden müssen. Wie gehen Sie mit Werten um? Was bleibt, wie es ist? Was wird sich ändern? Henöckl: Das freie bäuerliche Denken in Österreich wird bleiben. Was sich ändern wird, ist die Größe der Betriebe, und dadurch wird sich die Polarisierung am Markt verstärken. Spannend wird, ob wir unsere solidarische Tradition und das gängige Businessmodell weiterführen können, und zwar nicht aus Selbstlosigkeit oder um unser Klientel, das auch indirekt unser Eigentümer ist, zu schützen, sondern durchaus aus geschäftlichen Überlegungen. Wie können Sie derzeit diese Werte noch hochhalten?

person

Zur Person — Christoph Henöckl, Dipl.-Ing. 1988–1989 Österr. Unilever – Kuner GV, Wien Assistent der Verkaufsleitung Produktmanagement für Bäckereiprodukte 1990–1994 Oberösterreichische ­Warenvermittlung, Linz Marketing- und Vertriebsleitung Qualitätsfutter Ges.m.b.H & Co KG 1999 Gründung AgroMed Seit 1995 Garant Tiernahrung Ges.m.b.H, Pöchlarn Geschäftsführung Animedica International (Futterzusatzstoff-Firma: Sitz Frankfurt), Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender 2008–2015, Obmann Verband der Futtermittelindustrie und Mitglied im Fachverbandsausschuss im Fachverband der Lebensmittelindustrie Henöckl: Wir versuchen zu erklären, dass Entsolidarisierung die Branche auf Dauer international nicht wettbewerbsfähiger macht. Bedeutende Ökonomen sagen dem Genossenschaftsmodell gerade vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen eine große Zukunft voraus, denn globalisierte Einheiten haben das Problem, dass die Unternehmenswerte bei schwankenden Börsenkursen schnell ins Trudeln kommen. Das genossenschaftliche Prinzip mit einem Mindestmaß an Solidarität und Gemeinschaftssinn ist volks- und betriebswirtschaftlich stabiler und hat mehr Überlebenskraft als ein durchrationalisierter Konzern, der schnell sehr tief fallen kann. „Herkunft aber bleibt stets Zukunft“ ist das Motto, das im Foyer des Garant Hauses in großen Lettern steht. Wie zeigt sich dieser Zusammenhang in der alltäglichen Praxis von Garant? Henöckl: Dieser weise Spruch vom deutschen Philosophen Heidegger untermauert unseren Respekt vor den Pionieren unseres Unternehmens und motiviert uns zugleich zu neuen Taten.

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produkt, das sowohl in der Produktion als auch in der Rezepturzusammensetzung Neuerungen gebracht hat und vom Markt überraschend gut angenommen wurde.

FEFAC (Brüssel) – Councilmitglied Verband Europäischer Mischfutter­ industrie PDA ProDonau Österreich – Vorstandsmitglied In der Landwirtschaft gilt es, alles zu tun, um die eigene Bodengrundlage zu schützen. Unsere Herkunft und die Basis unseres Tuns zu erhalten, ist deshalb von zentraler Bedeutung für uns. Zugleich verfolgen wir dieses Ziel heute mit modernsten wissenschaftlichen Erkenntnissen und den ressourcenschonendsten Methoden, um bestes Futter herzustellen. Wir agieren nicht nur als Bewahrer, sondern auch als Erneuerer. Dass Tradition und Innovation kein Widerspruch sein müssen, haben etwa die Weinbauern in Österreich in den letzten Jahrzehnten gezeigt: Wie keine Generation vor ihnen achten sie auf die Qualität ihrer Böden, aber gleichzeitig vor allem auf die Qualität ihres Produktes. In dieselbe Richtung stoßen auch einige Bestrebungen in unserer Branche. Was ist Ihr Lieblingsessen? Henöckl: Das ist stimmungsabhängig und ändert sich nach Jahreszeit und Tätigkeit. Für einen guten Fisch, eine perfekte Pasta oder einen Bauernkrapfen, frisch aus dem Butterschmalz, nehme ich einiges in Kauf.

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PRÄVENTION IST DIE BESTE MEDIZIN Neue Perspektive durch „One Health“ WIE FUTTERMITTEL IM KAMPF GEGEN ANTIBIOTIKARESISTENZ UNTERSTÜTZEN KÖNNEN

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eit der Entdeckung von Penicillin und weiteren natürlich und künstlich antibiotisch wirksamen Substanzen werden die sogenannten Antibiotika sowohl in der Human- als auch der Veterinärmedizin häufig zur Behandlung von bakteriell bedingten Infektionen eingesetzt (WHO 2017). Zu häufig? Diesen Anschein offerieren zumindest die stetig steigenden Zahlen an antibiotikaresistenten Keimen (EFSA und ECDC 2016). Gegenwärtig gelten Antibiotikaresistenzen (ABR) zunehmend als Bedrohung für Mensch- und Tiergesundheit, insbesondere wenn diese gegen Reserveantibiotika gerichtet sind (WHO 2017). Ein Teufelskreis Wenn von ABR die Rede ist, wird diese nur allzu gern mit „Massentierhaltung“ assoziiert und die Schuld bei Tierärzten durch einen verantwortungslosen Medikamenteneinsatz gesucht (Landers et al 2012). Tatsache ist aber, dass unsere Nutztiere immer höheren Leistungsanforderungen ausgesetzt sind, welche den tierischen Organismus an seine Belastungsgren-

zen bringt. Dieser Umstand, gepaart mit oftmals suboptimalen Haltungsbedingungen, sorgt bei den Tieren für Stress und dadurch für eine erhöhte Infektanfälligkeit (Castanon 2007). Im Krankheitsfall sind daher zum Wohl der Tiere und aus epidemiologischen Gründen eine rasche und effiziente Behandlung entscheidend, und Antibiotika als Mittel der Wahl indiziert – jedoch mit der unvermeidlichen Konsequenz, die Selektion von antibiotikaresistenten Keimen zu fördern (Hübner 2016). Während der letzten Jahrzehnte nahm einerseits die Geschwindigkeit der Evolution von ABR zu, andererseits vergrößerte sich aber auch das Ausmaß an „Multiresistenzen“. Steigende Bevölkerungszahlen und zunehmende internationale Vernetzung tragen ihr Übriges dazu bei, ein verstärktes Aufkommen von schwerwiegenden Krankheiten, wenn nicht sogar fatalen Epidemien, befürchten zu müssen (Michael et al 2014). Durch eine ubiquitäre Verbreitung der Bakterien in der Umwelt können die Krankheitserreger auch auf den Menschen übergehen. Ebenso ist die Über-

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tragung durch Lebensmittel, tierischer und auch pflanzlicher Natur, möglich (BfR 2015). Global gesehen zählt ABR mittlerweile zu den größten Bedrohungen für die öffentliche Ursula Huber Gesundheit (WHO 2017). Eine neue Perspektive durch „One Health“ Um diesem Teufelskreis ein Ende zu setzen, wurden in der Vergangenheit zahleiche Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene gesetzt. Von der EU-Kommission wurden zum Beispiel EU-weite Empfehlungen und Leitlinien veröffentlicht, welche Monitoring und Surveillance von ABR in Human- und Veterinärmedizin forcieren und Forschung und internationale Kooperationen fördern sollen (European Commission 2011). Außerdem wurden 2006 Wachstumsförderer auf antibiotischer Basis für landwirtschaftliche Nutz-

©  SVEN TREDER, BERLIN

URSULA HUBER


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tiere verboten (VO (EG) 1831/2005 Art. 11 2). Für die EU-Kommission besteht allerdings trotz aller Bemühungen noch Handlungsbedarf (European Commission 2011). Die Erkenntnis, dass ABR ein multisektorales Problem darstellt, welches entsprechend interdisziplinär bekämpft werden muss, rief 2011 den ersten Aktionsplan der EU-Kommission gegen ABR auf die Agenda (European Commission 2011). Nun, 2017, steht der zweite Aktionsplan in Ausarbeitung, wobei die Entscheidungsträger auf einen holistischen „One Health“-Ansatz setzen (European Commission 2017). Ohne Zweifel werden dabei unmittelbare Maßnahmen im medizinischen Bereich, wie der sorgsamen Auswahl und Anwendung von Antibiotika, der Notwendigkeit zur Registrierung von Human- und Veterinärarzneispezialitäten, welche möglicherweise ABR provozieren können (wie Lebensmittelenzyme oder Probiotika) oder auch politisch getragene Entscheidungen für die Entwicklung neuer Antibiotika und für die Überwachung von ABR und des Antibiotika-Einsatzes

eine entscheidende Rolle spielen (European Commission 2016). Nichtsdestotrotz sollte die Förderung von tierischer Gesundheit und Wohlbefinden im Kampf gegen ABR nicht unterschätzt werden. Prävention ist die beste Medizin Der „Terrestrial Animal Health Code“ der internationalen Organisation für Tiergesundheit (OIE) fordert das globale Wohlergehen für Tiere. Dazu sind Leitprinzipien definiert, durch die ein umfassender Tierschutz sichergestellt werden soll. Eine artgerechte Ernährung und die Vermeidung von Krankheiten gehen dafür Hand in Hand (OIE 2016). Das Paradigma „Vorbeugung ist besser als Heilen“ wird auch umfassend von der Tiergesundheitspolitik der Europäischen Kommission honoriert. In ihrem Strategiepapier „A new Animal Health Strategy“ von 2007 wurden Vorsorgemaßnahmen, Monitoring und Kontrolle von Krankheiten sowie der Forschung große Bedeutung beigemessen. Unter anderem spielen aber auch sichere Futtermittel, die optimal auf die Ernährungsbedürfnisse der Tiere zugeschnitten sind,

eine tragende Rolle (European Commission 2007). Wie auch beim Menschen können Nährstoffimbalancen oder Mikronährstoffdefizite den tierischen Organismus schwächen, dadurch für Krankheiten prädisponieren und eine medizinische Behandlung, oftmals unterstützt durch Antibiotikaeinsatz, erforderlich machen. Eine ausgewogene Ernährung und die Wahl der richtigen Futtermittel können deshalb maßgeblich zur Krankheitsprävention und Förderung der Tiergesundheit beitragen. Die richtige Fütterungsstrategie, Zusammensetzung, Rezeptur und Bearbeitung des Futters spielen dabei eine wichtige Rolle (Jeroch et al 2008). Futtermittelzusatzstoffe können ebenfalls zur bestmöglichen Bedarfsdeckung und Optimierung der tierischen Produktion beitragen (Jeroch et al 2008). Oberstes Ziel der Landwirtschaft ist nicht zuletzt die Schaffung bester Voraussetzungen für hohe Qualitätsstandards in der tierischen Veredelung. Au-

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ßerdem attestieren bereits zahlreiche Studien bestimmten Futtermittelzusatzstoffen einen positiven Effekt auf die Physiologie und insbesondere die Darmflora der Nutztiere und in weiterer Folge auf die Tiergesundheit allgemein (unter anderem Anantasook et al 2015; Fowler et al 2015; Vodde et al 2016). Pflanzen­ extrakte sind als Phytobiotika aus der traditionellen Medizin für ihre antimikrobielle, antiinflammatorische, anti­ oxidative und antiparasitische Wirkungen bekannt (Vondruskova et al 2010; Hashemi und Davoodi 2010), weshalb sie bereits gerne in Futtermitteln zur Förderung des Wachstums und zum Schutz der Gesundheit eingesetzt werden (Abreu et al 2012). Dies geschieht bereits seit vielen Jahren in Ländern Asiens, Afrikas und Südamerikas, nun auch schrittweise und im Einklang mit den geltenden Rechtsnormen für Futtermittel in den westlichen Industrieländern. Ob Phytobiotika allerdings eine Alternative zu Antibiotika darstellen können, bedarf weiterer intensiver Forschung. Generell ist der wissenschaftliche Spielraum auf dem Gebiet der Futtermittelzusatzstoffe noch sehr groß (Cheng et al 2014).

Dass hochwertige Futtermittel und die optimale Fütterungsstrategie eine wichtige Voraussetzung für den Erhalt der Gesundheit der Tiere sind, macht der Europäische Mischfuttermittelverband (FEFAC) in seiner Stellungnahme zum geplanten EU-Aktionsplan gegen Antibiotikaresistenz deutlich. Eine gesunde tierische Ernährung, welche gleichermaßen den Anspruch an Bedarfs- und Leistungsgerechtigkeit erfüllt, aber auch auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz fokussiert ist, erfüllt ohne Zweifel die hohen Ansprüche des „One-Health“-Gedankens. Durch die Anerkennung dieser positiven Beeinflussung auf Tier- und Umweltgesundheit und letztlich auch auf den Menschen kann die richtige Fütterung zur Krankheitsprävention, dadurch zu einem verringerten notwendigen Medikamenteneinsatz und letztendlich im Kampf gegen Antibiotikaresistenz einen wertvollen Beitrag leisten (FEFAC 2016). Fazit Bedenkt man die Entwicklungen im Bereich der Antibiotikaresistenzen im Veterinär- und Humansektor ist ein Paradigmenwechsel in der Bekämp-

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fung von resistenten Keimen dringend erforderlich. „Prävention als die beste Medizin“ sollte dafür zur allseitigen Maxime werden. Wie auch beim Menschen können bei Tieren eine gesunde Ernährung und die richtige Zusammensetzung und Qualität von Futtermitteln zur Krankheitsvorbeugung beitragen. Im Sinne des „One-Health“-Gedankens kann ein Blick über den Tellerrand und die Wahl eines interdisziplinären Ansatzes, in den auch die Futtermittelbranche intensiv einbezogen wird, diverse Aktionspläne auf nationaler und internationaler Ebene zur Reversion des Negativtrends hinsichtlich ABR unterstützen sowie zum Schutz, sowohl der öffentlichen Gesundheit als auch der Umwelt, beitragen. Letztendlich sollen die Bemühungen dazu dienen, das „Tierwohl“ zu begünstigen und freilich vor allem die Produktion sicherer und qualitativ hochwertiger Lebensmittel fördern. Mag. Ursula Huber, MSc Fachverband der Nahrungs- und ­Genussmittelindustrie, Wien Literatur www.ernaehrung-nutrition.at


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Buchtipp Food Fraud — Mit industriellem Öl gepanschtes Olivenöl vergiftete 1981 rund 25.000 Menschen in Spanien. Es handelte sich dabei um einen der größten Lebensmittelskandale in Europa, in dessen Folge über 750 Todesopfer zu beklagen waren. In Österreich war 1985 ein Lebensmittelbetrug mit zugesetztem Diethylenglykol in Wein zu verzeichnen; durch die Zugabe dieses Frostschutzmittels wurde die Süße der Weine erhöht. Nachdem der Fall offenkundig wurde, mussten mehrere Millionen Flaschen vom Markt genommen werden, wodurch der österreichische Weinexport aufgrund der Rufschädigung nahezu zum Erliegen kam. Mit einem Lebensmittelbetrug muss nicht unbedingt eine Gesundheitsgefahr einhergehen. Beim Melaminskandal 2008 in China kam es jedoch nicht nur zu einem Schaden von mehr als 10 Milliarden Dollar; der Skandal wird sich dauerhaft in das Gedächtnis vor allem der chinesischen Bevölkerung

wie möglich zu halten oder zu verhindern. Das Vertrauen in den Wert und die gesundheitliche Unbedenklichkeit unserer Lebensmittel kann damit wiedergewonnen werden. Umfassender Schutz ist erstrebenswert, aber schwerlich zu erreichen; das Thema „Food Fraud“ durch alle Beteiligten mit der notwendigen Sensibilität anzugehen oder entsprechende Hilfestellungen zu geben, sind jedoch erste Schritte in die richtige Richtung.

einprägen, da schätzungsweise 300.000 chinesische Babys als Folge der Melaminzugabe zur Säuglingsnahrung erkrankten und in Folge sechs Säuglinge starben (GMA, 2010). Lebensmittelbetrug und Profitgier der Täter gehören zusammen. Profit kann erzielt werden durch eine starke Preisdifferenz, aber auch durch die Masse an produzierten und verkauften Produkten, gleich ob es sich um besonders hochwertige Produkte oder um Grundnahrungsmittel handelt. Das höchste Potential zur Prävention von Lebensmittelbetrug liegt vorrangig bei den herstellenden und verarbeitenden Lebensmittelunternehmen: Nur sie können als Glied der Lebensmittelkette effektiv gegen Lebensmittelbetrug vorgehen. Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, ein Konzept zu entwickeln, wie sich Unternehmen wirksam gegen Lebensmittelbetrug schützen können. Zudem soll aufgezeigt werden, wie Fälle des Food Fraud in Zukunft bestmöglich aufgedeckt werden können, um mögliche Schäden so gering

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FRUCHTSAFT ALS TÄGLICHE OBST­ERGÄNZUNG? —

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regelmäßige Verzehr von Obst und Gemüse trägt bei Jung und Alt zu einer optimalen Versorgung des Körpers mit Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen bei. Deshalb empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO), täglich mindestens 400 Gramm Obst und Gemüse zu essen.

[1] Eurostat, statistisches Amt der Europäischen Union: „Verzehr von Obst und Gemüse in der EU“. Stand: 14. Oktober 2016 [2] Bundesministerium für Frauen und Gesundheit: „Die österreichische Ernährungspyramide“. Stand: 30. November 2016 [3] Bundesrecht konsolidiert: „Rechtsvorschrift für Fruchtsaftverordnung“. Stand: 1. Dezember 2016

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Obst und Gemüse in der Ernährung Eine gesunde Ernährung fördert Leistung und Wohlbefinden und gibt dem Organismus, was er braucht. Der

Literatur ©  ISTOCK – BADMANPRODUCTION

n Österreich nahmen 2014 nur 7,2 % der Erwachsenen die empfohlene Tageszufuhr von 5 Portionen Obst und Gemüse zu sich.1, 2 Fruchtsäfte, wie 100% Orangensaft, die ohne Zusätze wie Zucker, Farbund Konservierungsstoffe abgefüllt werden 3, sind eine hervorragende Möglichkeit, um die Obstzufuhr unkompliziert zu steigern. In Maßen konsumiert, zum Beispiel ein Glas mit 200 ml pro Tag, kann Orangensaft so zu einer gesunden Lebensweise beitragen.


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LEBENSMITTEL: INDUSTRIE BLEIBT UNTER DRUCK Entwicklung – allgemein NACH DEN USA HABEN AUCH DIE EU UND DIE EUROZONE 2016 WIEDER EINEN WACHSTUMSPFAD EINGESCHLAGEN. TROTZ DES LEICHT ANSTEIGENDEN WACHSTUMS STELLT SICH DIE AUSGANGSSITUATION FÜR 2017 HERAUSFORDERNDER DAR ALS NOCH 2016. ZUM TEIL SIND DIE RAHMENBEDINGUNGEN EINE FOLGE DES STEIGENDEN WIRTSCHAFTSWACHSTUMS. JOSEF DOMSCHITZ

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as Wachstumstempo wird aber wohl wieder nachlassen, da die Effekte der expansiven Geldpolitik und die positiven Realeinkommenseffekte des Ölpreisverfalls auslaufen werden. Die (geo-)politischen Unsicherheiten bleiben auch 2017 hoch.

2017 – herausfordernd, aber solide: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für das Jahr 2017 werden aktuell als herausfordernd, aber solide eingeschätzt. Steigende Rohstoffpreise bei einem gleichzeitig weiter sinkenden Euro-Außenwert stellen für ressourcenintensive Branchen Schwierigkeiten dar und erhöhen die Inflation. Die expansive Geldpolitik der EZB, die Wachstum und Investitionen 2016 gestützt hat, hält die Leitzinsen weiterhin niedrig. So kann auch 2017 der moderate Wachstumskurs in der EU und der Eurozone fortgeführt werden. Das Zinsdifferential zu US-Anleihen kann den Euro allerdings weiter schwächen und zu einem weiteren Anstieg der Inflation und einer Verschlechterung der Handelsbilanzen führen.

Globales Wachstum nimmt zu, aber auch die globalen Unsicherheiten: Das globale Wirtschaftswachstum betrug 2016 voraussichtlich 2,9 % bis 3,4 %, für 2017 und 2018 rechnen aktuelle Prognosen mit bis zu 3,4 %. Das Wachstum des Welthandels beschleunigt sich nach nur 1 % wieder und soll in den kommenden zwei Jahren rund 2,8 % bzw. 3,3 % erreichen. Indien und China gelten als die Wachstumsmotoren der Weltwirtschaft, Russland und Brasilien kommen aus der Rezession, wachsen 2017 aber jeweils weniger als 1 %. Insgesamt hat sich aber das Wachstum der Weltwirtschaft gegenüber 2008 verlangsamt – Gründe dafür liegen im geringen Wachstum des Welthandels, der schwachen Produktivitätsentwicklung und den vergleichsweise niedrigen Investitionen. Globale Risiken stellen die Unsicherheiten bezüglich der wirtschaftspolitischen Ausrichtung der USA dar; weitere Unwägbarkeiten sind mit der geopolitischen Lage (Mittlerer Osten), den Spannungen zwischen der EU und Russland und der Türkei, den Auswirkungen des Brexit-Votums, terroristischen Gefahren

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und den damit einhergehenden Flüchtlingsbewegungen verbunden. Steigende Öl- und Rohstoffpreise: Nach dem starken Rückgang 2014 steigt der Preis für Rohöl wieder: Ein Barrel Rohöl (Sorte Brent) kostete 2016 im Schnitt 45 US-Dollar, Ende Dezember bereits rund 55 US-Dollar. Der Preisanstieg folgt einer steigenden Nachfrage und einer Drosselung der Fördermenge durch die ölfördernden Staaten, deren Auswirkungen auch 2017 spürbar sein werden. Auch die Preise für Metalle sind bis Ende 2016 wieder gestiegen. Durch das sich beschleunigende Wachstum der Weltwirtschaft werden 2017 auch die Preise anderer Rohstoffe steigen. Die Eurozone erholt sich weiter – Potenzial für die kommenden Jahre: Eine robuste Konsumnachfrage, niedrige Finanzierungskosten von Investitionen, ein niedriger Euro/Dollar-Wechselkurs, sinkende Arbeitslosigkeit und maßvoll steigende Inflationsraten bilden solide Rahmenbedingungen für 2017 und 2018. Europa befindet sich in einem


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wirtschaft economy

früheren Stadium des Konjunkturzyklus als die USA. In Verbindung mit der erst später erfolgenden Zinswende sind die Potenziale für die nächsten Jahre in Europa wohl noch größer als in den USA. Die expansive Geldpolitik ist für Europa Wachstumstreiber und Risikofaktor zugleich. Weitere Risiken stellen die Ausgestaltung des Brexit, nationalistische Tendenzen innerhalb der EU und die teils weiterhin hohe Staatsverschuldung

dar. Geopolitische Risiken und terroristische Gefahren führen zu einer allgemein hohen Unsicherheit. Schwacher Euro: Der Euro verlor 2016 gegenüber dem US-Dollar weiter an Wert und schloss mit 1,05 EUR/USD, dem niedrigsten Stand seit 2003. Gründe sind der Aufschwung der US-Wirtschaft und die dort steigenden Leitzinsen. Der EUR/USD-Wechselkurs wird

2017 rund 1,06 betragen. Die positiven Wirtschaftsprognosen lassen annehmen, dass sich der Wert des Euros gegenüber den meisten Währungen stabil entwickeln bzw. aufwerten wird. Der schwache Euro gibt Exportunternehmen aktuell weiter Rückenwind. Wachstum Österreichs nach vier Jahren wieder über 1 %: Die österreichische Wirtschaft verzeichnete im

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Jahr 2016 ein reales Wachstum von (vorläufig) bis zu 1,5 %. Die prognostizierten Wachstumsraten in den kommenden zwei Jahren werden 1,4 % und 1,5 %, etwas unter dem Wachstum der Eurozone und der EU, betragen. Gemäß IWF-Prognose sollte mittelfristig bis 2021 das Wachstum Österreichs unter dem Durchschnitt der Eurozone liegen. Moderates Wachstum der österreichischen Exporte: Die österreichischen Warenexporte entwickelten sich 2016 aufgrund des verhaltenen Welthandels nur mäßig. Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit und die Marktanteile bleiben im Prognosezeitraum weitgehend unverändert. Vor diesem Hintergrund wird 2017 ein Warenexportwachstum von bis zu 3,3 % (statt bisher 4,5 %) erwartet. Das nach unten revidierte Wachstum der österreichischen Exportmärkte wirkt sich somit direkt auf die Güterexporte aus. Sondereffekte treiben Konsum, Sparquote steigt: Der zuletzt stagnierende private Konsum wuchs 2016 bedingt durch die Steuerreform um 1,5 %. Die Effekte der Steuerreform werden bis etwa Mitte 2017 anhalten, das Konsumwachstum wird auf 1,1 % bis 1,2 % zurückgehen. Da die zuletzt sinkende Sparquote 2016 wieder deutlich ansteigt, wird ein Teil des realen Einkommensanstiegs von rund 2,3 % nicht nachfragewirksam. Dennoch ist der private Konsum eine wichtige Konjunkturstütze der nächsten Jahre, die zusätzlich durch den Tourismus als wichtige Einnahmequelle mitgetragen werden wird. Inflation gering: Die Inflationsrate der Verbraucherpreise (HVPI) lag 2016 in Österreich mit 0,9 % erneut deutlich über der Eurozone (0,2 %). Preistreiber waren Dienstleistungen, Energie, administrierte Preise des öffentlichen Sektors sowie Mieten. Der Inflationsbeitrag der Energiepreise war negativ, stieg aber im Jahresverlauf. Die Kerninflation (ohne Energie und Nahrungsmittel) lag mit 1,5 % deutlich über jener der Verbraucherpreise. Die Inflation der Verbraucherpreise wird 2017 auf bis zu 1,7 % geschätzt und nähert sich damit der Zielmarke von 2 % an. Preistreiber

sind voraussichtlich Dienstleistungen, Rohstoffe, Energie (positiver Inflationsbeitrag ab Mitte 2017), Industriegüter sowie Mieten, während ein moderater Anstieg der Lohnstückkosten preissenkend wirkt. Die Lücke zwischen der Inflation der Verbraucherpreise und der Kerninflation schließt sich weitgehend. Beschäftigung steigt, aber Arbeitslosigkeit auch: Die Arbeitslosigkeit wird sich in Österreich bis 2018 auf dem Niveau von 6,2 % befinden. Die Arbeitslosigkeit resultiert überwiegend aus dem erhöhten Arbeitskräftepotenzial und auch der Migration, deren Effekte sich bis 2018 stärker niederschlagen werden als noch in den Jahren 2016 und 2017. Dennoch steigt auch die Beschäftigung: Bis 2018 werden die Unternehmen in Österreich zusätzliche Arbeitsplätze für rund 80.000 Beschäftigte schaffen. Dafür wird es notwendig sein, die Unternehmen von Steuern und Abgaben sowie von bürokratischen Hemmnissen zu befreien und Anreize für weitere Exportaktivitäten sowie Investitionen in den Produktionsstandort Österreich zu setzen. Wo liegt Österreich aktuell im internationalen Vergleich? Österreich gehört zu den wohlhabendsten, politisch stabilen Ländern der EU und ist gekennzeichnet durch hohe Lebensqualität, Sicherheit, Gesundheitsund Umweltstandards. Des Weiteren weisen Österreichs Betriebe eine große Exportorientierung und Innovationsbereitschaft auf. Allerdings zeigt die gesamthafte Betrachtung anhand des „Monitoring Report 2016“, dass Österreich bei der Standortattraktivität auf der Stelle tritt und dass nach wie vor großer Reformbedarf besteht (u.a. bei Steuerlast, Bürokratie, Budget oder Finanzierung). Der „Monitoring Report 2016“ der Wirtschaftskammer Österreich analysiert 150 heimische, europäische und internationale Rankings und Indikatoren (z.B. von IMD, EK, OECD, Weltwirtschaftsforum, Bertelsmann Stiftung. Er zeigt Österreichs Position im internationalen Vergleich. Laut diesem Report liegt Österreich im Schnitt unter den

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besten 35 % der bewerteten Länder. Im Vergleich zum Jahr 2015 hat es damit keine wesentlichen Veränderungen gegeben. Im langjährigen Vergleich deutet sich jedoch ein schwach negativer Trend bei der Standortqualität Österreichs an. Am schwächsten schneidet dabei Österreich beim Teilbereich „Arbeitsmarkt“ ab. Hier liegt Österreich mit fast 47 % nur „im Mittelfeld“ der Wirtschaftsstandorte, u.a. aufgrund des Reformbedarfs bei Pensionen, bei Arbeitsmarktregulierung, bei Arbeitszeit, aufgrund der hohen Lohnnebenkosten, wegen der hohen Besteuerung des Faktors Arbeit, der niedrigen Beschäftigung älterer Arbeitnehmer sowie aufgrund des Fachkräftemangels. Zusammenfassend zeigt der Monitoring Report, dass Österreich in vielen Punkten gut aufgestellt ist. Gleichzeitig wird deutlich, dass Handlungsbedarf besteht und es aus standortpolitischer Sicht notwendig ist, bessere Rahmenbedingungen für Unternehmen zu implementieren, insbesondere bedarf es gezielter Investitionsanreize, finanzieller und bürokratischer Entlastung sowie Arbeitszeitflexibilisierung. Das wirtschaftspolitische Ziel muss sein, Österreich als attraktiven, dynamischen und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort rasch und nachhaltig zu stärken. Entwicklung Lebensmittelindustrie Der österreichische Lebensmittelmarkt ist nach wie vor heiß umkämpft und wird auch 2017 angespannt bleiben. Wettbewerb findet auf allen Ebenen entlang der Wertschöpfungskette statt. Die Rahmenbedingungen dafür sind schwierig und seit Jahren unverändert. Der tägliche Kampf um Marktanteile im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel hat sich durch den Zielpunkt-Konkurs Ende 2015 noch zusätzlich verschärft: Er ist geprägt von dauerhaften Preissenkungen bei vielen Markenartikeln, Dauertiefpreis-Garantien, Aktionen am laufenden Band und der verstärkten Positionierung von Eigenmarken in beinahe allen Produktund Preissegmenten. Volatile Rohstoffpreise bedeuten auch künftig große Herausforderungen für


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die Lebensmittelbranche. Klimawandel und Wetterkapriolen, globale Warenströme, internationale Mengen- und Preisschwankungen (zum Teil durch Spekulationen) beunruhigen Erzeuger, Produzenten und Händler entlang der Wertschöpfungskette. Auch die Frage der Rohstoffverfügbarkeit wird die Unternehmen weiter in hohem Maße beschäftigen. Diese laufenden Veränderungen sind eine ständige Herausforderung für viele Unternehmen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben und damit Erträge, Stabilität und Beschäftigung zu sichern, müssen viele Unternehmen zusätzlich neue und innovative Produkte und Verfahren entwickeln, verstärkt bestehende Märkte bedienen und zusätzlich neue kaufkräftige Märkte im Export erschließen. Ein gesättigter und hart umkämpfter Inlandsmarkt macht den Export von Lebensmitteln „Made in Austria“ bereits seit vielen Jahren unverzichtbar. Jahresbilanz 2016 stimmt zuversichtlich: Trotz weiterhin schwieriger Rahmenbedingungen konnte die heimische Lebensmittelindustrie im Jahr 2016 bei ihrem Produktionsvolumen mit 8,1 Mrd. Euro gegenüber 2015 konstant bleiben. Die verstärkten Exportbemühungen, positive Auswirkungen der Steuerreform zum 1. Jänner 2016, Mehrausgaben für Flüchtlinge, gute Tourismuszahlen im Inland, einladendes Ausflugswetter und Großevents wie die Fußball-Europameisterschaft sind die Gründe dafür. Export schafft Wertschöpfung und sichert Arbeitsplätze – Exportvolumen hat 2016 erstmals die 6-Mrd.Euro-Grenze überschritten: Die österreichischen Exporte von Erzeugnissen der Lebensmittelindustrie (Zollkapitel 16 bis 24) konnten im Jahr 2016 wieder um rund 3,6 % zulegen und überschritten damit erstmals die 6-Mrd.-Eurogrenze. Konkret wurden im Jahr 2016 Lebensmittel und Getränke „Made in Austria“ im Wert von 6.189 Mio. Euro exportiert. Das ist ein Rekordergebnis, das zeigt, dass österreichische Lebensmittel und Getränke mit Qualität, Sicherheit und Genuss weltweit ihren Stellenwert haben und nicht nur national, sondern

auch international bei immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten punkten können. Hauptverantwortlich für diese erfreuliche Entwicklung im Lebensmittelexport sind vor allem die Exportmärkte außerhalb der Europäischen Union, die im Jahr 2016 um 4,9 % zulegen konnten und ein Exportvolumen von 1.894 Mio. Euro erreichten. Die Exportmärkte außerhalb Europas konnten im Jahr 2016 sogar um 7,6 % wachsen und erreichten ein Exportvolumen von 1.360 Mio. Euro. Der wichtigste Drittlandsmarkt für die Exporteure von Erzeugnissen der Lebensmittelindustrie bleiben die USA mit einem Exportvolumen von 740 Mio. Euro. Die USA liegen damit hinter Deutschland (2.089 Mio. Euro Exportvolumen, +4,9 % gegenüber 2015) bereits auf der 2. Stelle im Ranking der wichtigsten Exportländer der österreichischen Lebensmittelbranche. Der Export bleibt somit Wachstums­ treiber und Jobgarant für die Branche. Die Exportleistungen der Unternehmen schaffen damit Arbeitsplätze und Wertschöpfung und tragen zum Wohlstand unseres Landes bei. Zwei von drei in Österreich produzierten Lebensmitteln und Getränken werden bereits auf 180 Märkten quer über den Globus verkauft. Konkret leistet die österreichische Lebensmittelindustrie fast 60 % der gesamten Agrarexporte Österreichs (Exportvolumen 2016: 10,4 Mrd. Euro). Wichtige Zielsetzung der Branche ist daher weiterhin, sich bei ihren Exportbemühungen auf die Stärken der österreichischen Agrar- und Lebensmittelwirtschaft zu besinnen und dafür alle Kräfte zu bündeln: Die „Internationalisierungsoffensive“ des Wirtschaftsministeriums und die „Exportinitiative neu“ des Ministeriums für ein lebenswertes Österreich sind aktuell wichtiger denn je für die Branche. Außenhandel sichert Wohlstand – Fakten statt Populismus: Beachtliche sechs von zehn Euro des österreichischen BIP werden durch den Export verdient, ein Prozent mehr Exportleistung bedeutet rund 10.000 neue Jobs im Inland. Gerade deshalb sind für ein Exportland wie Österreich gut verhandelte

Abkommen mit Drittstaaten essenziell, da sie den Zugang zu neuen Märkten erleichtern. Die österreichische Lebensmittelindustrie begrüßt daher jede Initiative der EU, die Chancen für heimische Hersteller auf den Märkten rund um den Globus zu verbessern, und setzt sich im Rahmen künftiger Verhandlungen mit Drittstaaten ganz klar für einen sachlichen Diskurs und für die Stärkung des Wirtschaftsstandortes ein, insbesondere durch den Abbau von Zöllen und Handelshemmnissen. Und auch künftige handelspolitische Vereinbarungen müssen im Falle eines Abschlusses faire Wettbewerbsbedingungen für beide Seiten sicherstellen und den anspruchsvollen EU-Standards auch für künftige EU-Importe Rechnung tragen. Gerade die Importsanktionen Russlands haben gezeigt, dass unsere Exporteure faire handelspolitische Rahmenbedingungen bei ihren Lieferungen auf ausländische Lebensmittelmärkte brauchen, die im Rahmen von Freihandelsabkommen zwischen der EU und den jeweiligen Drittstaaten verbindlich vereinbart werden können. Das aktuell vorliegende EU-Kanada-Abkommen (CETA) wird daher von der Branche begrüßt, weil es einerseits für viele Lebensmittel und Getränke „Made in Austria“ Absatzchancen am kanadischen Markt bringen wird und andererseits auf sensible Agrarwaren und Lebensmittel durch einen schrittweisen Zollabbau (bis zu acht Jahren), durch Einfuhrkontingente bzw. durch den Ausschluss von sehr sensiblen Agrarwaren und Lebensmitteln von diesem CETA-Abkommen Rücksicht nimmt. Für den Fachverband der österreichischen Lebensmittelindustrie zählt daher das CETA-Abkommen zur modernsten Form einer bilateralen Handelsvereinbarung, die Grundlage für weitere erfolgreiche EU-Abkommen sein sollte. Josef Domschitz Fachverband der Nahrungs- und Genussmittelindustrie, Wien Quellen: Statistik Austria Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) Wirtschaftskammer Österreich Fachverband der Lebensmittelindustrie

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CHINA – CHANCEN UND RISIKEN Landwirtschaft und Lebensmittel EINE ANALYSE DER MÖGLICHKEITEN IM REICH DER MITTE MARKUS KLINGLER

C

hina ist ein traditionelles Agrarland, das in den letzten 30 Jahren einen in der Menschheitsgeschichte einzigartigen Wandel durchgemacht hat. Lebten noch Ende der Siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts 80 % der Chinesen auf dem Land, so ist die Urbanisierungsrate in diesem Zeitraum auf knapp 60% gestiegen. Das entspricht in absoluten Zahlen mehr als einer halben Milliarde Menschen, die vom Land in die Stadt, oft vom agrarischen Westen in die Metropolen an der Ostküste zogen. Dennoch bleibt China das Land mit der größten agrarischen Produktion weltweit.

China beherbergt und ernährt etwa 22% der Weltbevölkerung,1 dies mit nur 12% des weltweit verfügbaren Ackerlandes. Jeder zehnte Erdenbürger wohnt am Jangt­se Fluss, dem „Langen Fluss“, der Hauptarterie Chinas. Der Jangtse Jiang fließt mit dem Mekong, Brahmaputra und Ganges als einer der großen vier Flüsse Ostasiens nach seinem Entspringen in Tibet vorerst wie die anderen nach Süden, ändert in der Provinz Sichuan jedoch abrupt seinen Kurs, sucht den Weg nach Osten und beeinflusst damit das agrarische Geschick Chinas von Anfang entscheidend. Die gigantische fertile Auswölbung des chinesischen Festlandes nördlich und südlich der Jangtse-Mündung bei Shanghai ist sein Werk über Jahrtausende. Der Gelbe Fluss im Nor-

den ist launig. Er ändert seinen Lauf immer wieder radikal, trug so im abergläubischen China zum Sturz von Dynastien bei und veränderte die agrarische Nutzung des Landes oft nachhaltig. Die agrarische Stärke des kühlen Heilongjiang (Schwarzer Drachenfluss – Amur), des an Sibirien grenzenden dritten agrarischen Zen­trums Chinas, beruht auf der schwarzen, fruchtbaren Erde, die sich auch in der Ukraine und am Mississippi findet. Fruchtbares Ackerland in teures Bauland umzuwidmen ist ein beliebter Weg in China, um im Nahebereich der lokalen Verwaltung schnell zu Reichtum zu gelangen. Diese Aktivitäten haben jedoch bedenkliche Ausmaße angenommen und die Regierung zum Einhalt gezwungen. Flächenwidmungspläne wurden begonnen zu entwerfen, Obergrenzen einer maximalen Baunutzung angekündigt, Strafmaßnahmen angedroht – allein, der Raubbau an agrarischer Fläche an der Ostküste konnte bis dato noch nicht gebändigt werden. Die gute Absicht der Zentralregierung schlägt sich, wie so oft im Reich der Mitte, mit der regionalen Realverfassung. Ein paar Daten zum Agrarmarkt, wahllos herausgegriffen, um die Dimension des Landes darzustellen: In China arbeiten mehr als 300 Millionen Bauern mit einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 2500 Euro. Die Hälfte aller Schweine dieser Welt werden in China gehalten. Schweinefleisch macht zwei Drittel des im Lande konsumier-

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ten Fleisches aus. Auch die Hälfte der weltweit gehaltenen Legehühner fristen ihr kurzes Leben in China. 30% des weltweiten Reisanbaus, ein Viertel der Baumwolle, aber auch aller Tomaten dieser Welt kommen aus dem Reich der Mitte, werden zahlreich nach Europa exportiert, dort verarbeitet und oft unter neuer Nationalität vermarktet. Chinesen sind dagegen (noch) recht moderate Weintrinker: Lediglich ein halber Liter pro Kopf und Jahr verblasst gegenüber dem französischen Durchschnittswert von mehr als 50 Liter2 und lässt auf weiteres Potential hoffen. Ähnliches gilt auch für Käse und Milchprodukte. Auch hier mit stark steigender Konsumation. Wie oben schon festgestellt, muss China 22% der Weltbevölkerung mit nur 12% des Ackerlandes ernähren. Ein solch ehrgeiziges Unterfangen funktioniert natürlich nicht ohne agrarwissenschaftlichen Fortschritt. Die Regierung hat dafür als zentrale Koordinationsstelle die Chinese Academy of Agricultural Sciences (CAAS) eingerichtet, die ein traditionell guter Ansprechpartner für europäische Firmen und Institutionen im Förderbereich ist und durchaus wissenschaftliche Erfolge vorweisen kann. Interessant in diesem Zusammenhang ist die äußerst skeptische Haltung der chinesischen Bevölkerung in Fragen der Gentechnik. Strenge Kennzeichnungsregeln gehen Hand in Hand mit einer restriktiven Anwendungspolitik, die dem Ansatz nach an die skeptische Haltung in der EU erinnert. Außer Soja für Futtermittel, Baumwolle und Papaya wird in China


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(offiziell) keine gentechnisch veränderte Produktion genehmigt. Chinas Handelspolitik ist traditionell merkantilistisch geprägt: Selbstversorgung ist ein hohes Gut, und was man im eigenen Land erzeugen kann, wird gefördert und nach außen durch Zölle geschützt. Der Zollschutz an sich ist – insbesondere im Vergleich etwa zu Japan oder Indien – moderat, wenn auch mit durchschnittlich 15% nicht niedrig. Er wird aber durchaus gekonnt mit SPS-Maßnahmen flankiert, die treffsicher ihren Zweck erfüllen können. Landwirtschaftspolitik in der Volksrepublik China fällt unter die Verteidigungspolitik: Die Ernährungssicherheit der Bevölkerung hat höchste Priorität. Dies erklärt manche als übertrieben angesehenen Maßnahmen, die insbesondere im Bereich der Tiergesundheit (z.B.: ­Schmallenberg-Virus) von der chinesischen Regierung getroffen werden. Für ein gutes Verständnis der Gegenwart lohnt es sich, kurz zurück in die agrarische Geschichte der Volksrepublik China zu schauen:3 In der ersten Agrarreform im Zuge der Machtübernahme der Kommunistischen Partei unter Mao Ze Dong wurden die traditionellen Strukturen aufgelöst, Grundbesitzer liquidiert und das Ackerland sozialisiert. Es folgte eine große Krise in den Hungerjahren 1958–60, im „Großen Sprung nach vorne“, bei dem mit der Industrialisierung der Sowjetuni-

on gewetteifert wurde, „Stahlwerke“ in Dörfern entstanden, Spatzentötungsaktionen zu einer nie gekannten Ungezieferplage führten, Produktivität bestraft wurde und schlussendlich das Wetter für all das auf den Fuß folgende Unheil verantwortlich gemacht wurde. Mao ging beschädigt aus dieser Kampagne hervor und suchte sein Heil in der Offensive mit der Ausrufung der Kulturrevolution 1966. Diese gesamtstaatliche Säuberungsaktion und weitere chinesische Aderlass begann mit einem Schwimmausflug Maos im Jangtse und einem Appell an die revolutionären Bauern, auf die Mao seine Revolution aufbaute. Spätere Führungsfiguren wie Deng Xiaoping oder der Vater von Xi Jinping wurden als Intellektuelle inhaftiert. Erst 1984 – acht Jahre nach Maos Ableben und der Niederschlagung der Viererbande rund um seine Witwe – kam es zu einer ersten zögerlichen Landreform, die private Nutzung agrarischer Fläche zuließ. Jedem Bauer stand (und steht bis heute) die Fläche von 666 m2 (1 mu) zur privaten Verwendung zur Verfügung. Überall in China sieht man diese kleinen Gärten mit allerlei Bepflanzungen, die gehegt werden und sich jeder genossenschaftlichen Nutzung aufgrund der gemachten Erfahrungen entziehen. Aber die Reform war erfolgreich: Die Zahl der in Armut lebenden Bevölkerung (nach chinesischen Standards) sank von 250 Millionen im Jahre 1978 auf 30 Millionen nach der Jahrtausendwende, dies auch aufgrund der Ein-Kind-Politik

auf der Basis eines moderaten Bevölkerungszuwachses. 2001 trat China der WTO bei. Seither greift die Welt nach China und China greift nach der Welt. Ein mutiger Schritt für ein Land, dessen Agrarpolitik historisch durch die Angst vor Hunger bestimmt wurde – und vermutlich gerade damit diesen immer wieder schuf. Der Agrarhandel floriert im neuen Jahrtausend. Die Exporte von Drittländern nach China gehen steil nach oben, insbesondere aus Australien (Rindfleisch, Getreideprodukte), Neuseeland (Milchprodukte), Südamerika (Soja, Fleisch, Wein), der USA (Obst, Wein, Verarbeitungsprodukte) und der EU (Wein und Spirituosen, Käse, Pasta, Kindernährmittel, Fleisch- und Fleischprodukte inkl. sogenannter Schlachtabfälle sowie landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte aller Art). Aber auch China exportiert seine Waren, wobei eine klare Tendenz besteht: arbeitsintensive Güter finden in China einen komparativen Kostenvorteil, während Verarbeitungsprodukte mit relativ hoher Wertschöpfung eher aus dem Ausland importiert werden. China punktet mit Obst und Gemüse (Tomaten, Knoblauch) und deren Verarbeitungsprodukte, Aquaprodukten, Wolle und Seide sowie klassischen Asienprodukten. Dabei besteht durchaus der Ehrgeiz, Produkte mehr und mehr als Marke zu positionieren und sich in westlichen Firmen einzukaufen und Kooperationseffekte zu suchen.

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Die neue chinesische Politik hat sich nach außen geöffnet und kauft nicht nur Rohstoffe im Ausland, sondern auch Land. „Land grabbing“ lautet eine weitläufige Umschreibung des Phänomens in der internationalen Presse – von China heftig bestritten, aber finanziell gut unterlegt und strategisch geschickt aufgestellt. Um die Lebensmittelsicherheit in China ist es nicht zum Besten bestellt: Die kommunistische Staatspartei hat versucht, das Problem zu erfassen und neben der Korruption und der Umweltproblematik als eine der drei größten Gefahren für den Machterhalt zu erkennen. Verseuchtes Grundwasser, die unkontrollierte Verwendung von Düngemitteln und Pestiziden, fehlende Überwachung der Einhaltung von Hygienestandards, flächendeckende Probleme mit Kühlketten, keine funktionierende Chargenrückverfolgung, ein unzureichendes Test- und Überwachungssystem gepaart mit illegalen Machenschaften sind der Boden für eine zunehmend von der Bevölkerung nicht mehr akzeptierte Gesundheitssituation. Der Melanin-Skandal von 2008, der mehr als 300.000 Opfer forderte, steckt den Chinesen noch tief in den Knochen und hat auch Jahre nachher das Vertrauen insbesondere in chinesische Kindernährmittel grundsätzlich zerstört. Aber auch das weitverbreitete Phänomen der Wiederaufbereitung von Speisefett, die Verwendung von genetisch modizifiertem Reis für Nudeln, Wachstumshormone und Skurrilitäten wie mit Silikon aufgeputzte Shrimps gehen nahezu täglich durch die Presse. Wenig Vertrauen in chinesische Produkte ist die Folge, die den ausländischen Erzeugern in die Hände spielt. Neben kriminellen Machenschaften sind auch undurchsichtige Strukturen für diese Zustände verantwortlich: Mehr als 10 verschiedene staatliche Behörden zeichnen für die Lebensmittelsicherheit im Reich der Mitte verantwortlich. Zentrale Behörde werden regional und lokal vertreten, jedoch oft ohne direkte Weisungskette. Diese Unübersichtlichkeit und Inkohärenz in der Verwaltung wird noch ergänzt durch einen Dschungel von Regelungen und Normen, die teils verbindlich, teils unverbindlich die Vorgaben zur Lebensmittelproduktion stellen. Gesetze mit unklarer Auslegung,

Regelungen und Standards verbunden mit uneinheitlicher Interpretation tun ihr Übriges zur Schaffung eines oft verwirrenden Bildes, das einen erfahrenen Importeur erfordert und oft überfordert.

übernommen. Dennoch hapert es in diesen Bereichen oft an der Anwendung, was für involvierte Firmen spürbare Folgen haben kann, oft nachdem der Markt gerade mühsam aufgebaut worden war.

In diesem Zusammenhang: China ist auch ein großer Produzent von Bio-Lebensmitteln, was angesichts der Umweltsituation und des Regulierungsstandards manchmal zweifelhaft erscheint. Hilfreich für den chinesischen Produzenten ist dabei die nicht vorhandene Etikettierungspflicht zur Herkunft der Rohstoffe auf verarbeiteten Produkten in der EU, in welche die große Masse von Bio-Rohstoffen fließt. Faktum bleibt jedoch, dass China einer der größten Bio-Exporteure im Lebensmittelsektor ist.

Das EU-rechtliche Prinzip der Regionalisierung, das auch von der Weltorganisation für Tiergesundheit OIE unterstützt wird, wird gerne übersehen. Ein regionaler Ausbruch der Schweinepest in Polen etwa führte zu einer langfristigen Sperre aller Schweinefleischprodukte aus ganz Polen. Der Schmallenberg-Virus führte zu einer Sperre von Samen und Embryos der betroffenen Tiergruppen für eine Reihe von EU-Ländern, die weit über das europäische Vorsorgeprinzip hinausgeht. Natürlich vorkommende Bestandteile wie Kupfer in dunklen Schokoladen führten zu langwierigen Sperren der Produkte. Käserezepturen sind mangels Produktionserfahrung traditionell problematisch. Rohmilchkäse sind überhaupt nicht für den Import zugelassen und können höchstens über den Umweg Hongkong importiert werden. Weichmacher (Phthalate) in Wein und Spirituosen werden über einen fraglichen Standard definiert, der oft wie ein Damoklesschwert über den Erzeugern schwebt und regional unterschiedlichen Auslegungen unterliegt. Methanol-Obergrenzen in Spirituosen verbieten faktisch den Import von Fruchtbränden, da sie sich an Produkten mit Reinalkohol anlehnen. Und nicht zu vergessen, die jahrzehntelange Sperre für Rindfleisch aufgrund der BSE-Problematik, ganz unabhängig vom Seuchenstatus im EU-Recht. Ganz allgemein wird die SPS-Situation der EU von China als Einbahnstraße angesehen: Eine Zulassung eines chinesischen Produktes in einem EU-Staat zieht aufgrund des Freien Warenverkehrs die mögliche Vermarktung in der gesamten EU nach sich, wohingegen für den Import nach China für viele Produkte ein bilaterales Abkommen mit dem jeweiligen Mitgliedstaat verlangt wird. Ein bislang ungelöstes Problem.

EU-Lebensmittelexport nach China Frankreich, Niederlande, Spanien, Deutschland und Dänemark sind die größten Lebensmittelexporteure der EU nach China. Immer mehr österreichische Firmen sind auf dem chinesischen Lebensmittelmarkt gut vertreten. Die EU hat den Agrar- und Lebensmittelexport nach China in den vergangenen zehn Jahren um das Zehnfache gesteigert und exportiert jährlich Waren im Wert von mehr als 12 Milliarden Euro. Die Handelsbilanz in den Zolltarifkapiteln 1–24 ist mittlerweile klar positiv. Der Export nach China könnte sich in den nächsten Jahren auch aufgrund der internen Entwicklung des Landes spürbar erhöhen: China hat sich darauf verständigt, den Weg hin zu einer Konsumgesellschaft weiter zu forcieren. Ziel ist es, die Entwicklung eines breiten Mittelstandes zu fördern, um von Billigexporten unabhängiger zu werden und den Binnenkonsum zu einer stabilen Wachstumssäule entwickeln zu lassen. Dies wird nur mit einem erhöhten internen Reformtempo gehen, wie auch immer wieder von internationaler Seite eingefordert. Welche problematischen Aspekte sollte ein (potentieller) Exporteur nach China beachten? Mit dem WTO-Beitritt 2001 hat China die gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Vorschriften (SPS) und das Abkommen zu technischen Handelshemmnissen (TBT)

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Für eine lange Liste von Produkten, von Milch bis zum Fleisch, für jede einzelne Obst- und Gemüseart, für Produkte der Aquakultur etc. sind Protokolle und Zertifikate für den Import nach China nötig. Die Protokolle muss der Her-


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kunftsstaat beantragen, woraufhin die chinesische Behörde (AQSIQ, CNCA) bei Zeiten eine detaillierte Inspektion vornimmt, welche als Ergebnis für konkrete Betriebe ein Exportzertifikat bringen kann. Der Zeithorizont für das gesamte Verfahren liegt bei mindestens drei Jahren bis weit über einem Jahrzehnt. Die einzige Alternative ist ein zeit-, kosten- und administrativ aufwändiger Weg über Hongkong. In der chinesischen Realverfassung gilt der Grundsatz „no G no B“ – „no govern­ment, no business“. Gute und auf Dauer angelegte Beziehungen („guanxi“) zur öffentlichen Hand sind wichtig und werden von Chinesen auch nach bestem Dafürhalten gepflegt. Westliche Geschäftsleute überlassen dieses Terrain oft ihren chinesischen Partnern, was nicht immer von Vorteil ist. Der chinesische Staat, oder besser die staatstragende kommunistische Partei, hält China fest im Griff. Ministerien halten sich Wirtschaftsverbände, die nach ihren Anweisungen arbeiten und instrumentalisiert werden. Sogenannte „trade defensive measures“ wie Antidumpingverfahren werden gerne von einem nachgelagerten Verband initiiert und im günstigen Falle (z.B. Wein 2015) auch wieder fallen gelassen. Der weltweit größte Agrarhändler COFCO ist eine chinesische Staatsfirma, die nicht nur, aber auch, den gesamten mit Lizenzen geregelten Staatshandel für agrarische Grundprodukte wie Reis, Weizen, Zucker, Tabak, Baumwolle oder auch Düngemittel abwickelt. Der Geschäftsbereich beschränkt sich dabei nicht nur auf agrarische Waren. Wie könnte es im Handel mit China weitergehen? Die EU verhandelt eine Reihe von Freihandelsabkommen mit ostasiatischen Ländern (Japan, Indien, Indonesien), wobei China noch nicht auf der konkreten Liste aufscheint. Präsident Xi Jinping hat die Idee eines Freihandelsabkommens erstmals 2014 öffentlich präsentiert und ist auf vorsichtiges Interesse seitens der EU gestoßen, die aber auf offene WTO-Fälle und insbesondere auf Sorgen bezüglich des Schutzes von intellektuellem Eigentum hinwies.

Die Idee weiter zu verfolgen, würde aus Sicht des Agrar- und Lebensmittelhandels guten Sinn machen. Zölle für landwirtschaftliche Produkte sind immer noch hoch und treffen insbesondere EU-Produkte direkt: 26% plus Steuern auf Getränke, Süßwarenprodukte 25%, Milchprodukte 13–15% etc. Die Reduktion von Zöllen und die Erweiterung von Kontingenten würde den Handel wesentlich erleichtern und faktische Handelsdiskriminierungen beseitigen: China hat bereits Freihandelsabkommen mit direkten Konkurrenten der EU-Lebensmittelwirtschaft wie etwa Neuseeland, Australien, Chile oder der Schweiz abgeschlossen und darin weitgehende Zollerleichterung oder -befreiungen konzediert. SPS-Probleme könnten einer besseren Lösung zugeführt werden, indem insbesondere die unverhältnismäßigen Zulassungskriterien angepasst würden, unterliegen derzeit doch mehr als 2000 Tariflinien im Agrarsektor möglichen SPS-Regulierungen. Urheberrechte und der Schutz von geographischen Angaben könnte auf eine neue Basis gestellt werden. Fazit Als Fazit bietet sich an: China ist ein großer und vielversprechender, aber alles in allem kein einfacher Markt. Das weiß jede Firma, die erfolgreich in diesem Land tätig ist. Die behände steigenden Marktdaten sprechen andererseits jedoch für sich – die chinesische Volkswirtschaft wächst weiter in einem stabilen Tempo auf hohem Niveau. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar, wenn sich auch immer wieder Wolken am Himmel zeigen. Die EU ist ein bedeutender Exporteur von Agrarprodukten und Lebensmitteln nach China und hat mit enormen Steigerungsraten über die letzten Jahre diese Vorreiterrolle weiter unterstrichen. Österreich ist noch nicht in der ersten Liga angelangt, aber auf einem guten Weg. Der chinesische Markt sollte langfristig gesehen werden. Der Bedarf Chinas an EU-Lebensmitteln wird noch viele Jahre unter Schwankungen steigen. Chinesische Konsumenten sind aufgeschlossen und neugierig. Insbesondere der neue

Mittelstand, der als Träger des neuen China auserkoren wurde, hat durchaus die nötigen Mittel zur Verfügung und wird zum Konsum ermutigt. Das schließt insbesondere auch qualitativ hochwertige westliche Produkte ein, für die der chinesische Konsument bereit ist, einen guten Preis zu bezahlen. Die China-Story ist noch lange nicht zu Ende, und exportinteressierte Firmen sollten sich nicht von anfänglichen Schwierigkeiten irritieren lassen. Westliche Exporteure sind auch gut beraten, sich insbesondere mit einem Aspekt des chinesischen Marktes anzufreunden: dem E-Commerce. Die Entwicklung geht international in diese Richtung, aber China ist schon entschieden weiter als Europa. Der chinesische Konsument kauft mit dem Smartphone – bei der Arbeit, in der U-Bahn, im Restaurant, auf der Straße, eigentlich immer. Die großen chinesischen E-Commerce-Häuser bieten ihren Service auch vermehrt in Europa auch für den Markteinstieg in China an. Für ein kleines Land wie Österreich mit einer gesunden Lebensmittelwirtschaft würde sich ein informeller Erfahrungsaustausch oder vielleicht auch eine weitergehende Zusammenarbeit unter den Exporteuren, die bereits jetzt erfolgreich in China tätig sind, anbieten. Vielleicht könnte auch der eine oder andere New­ comer von einem solchen Meinungsaustausch profitieren. In anderen EU-­ Ländern wird das gerne und erfolgreich gemacht. Für das Frühjahr 2017 ist ein Austrian Food Festival in Shanghai mit Möglichkeit zu B2B-Kontakten mit Händlern geplant. Last but not least, chinesische Investoren suchen die Zusammenarbeit mit europäischen Betrieben und entsprechende Investitionsmöglichkeiten. Auch eine solche Möglichkeit könnte für den einen oder anderen interessant sein. Dr. Markus Klingler EU-Kommission Literatur www.ernaehrung-nutrition.at

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GÜSSING 2017 Güssing etabliert sich als interdisziplinäres Kompetenzzentrum für den Energiesektor LVA PRÄSENTIERT MIT PARTNERN DAS KOOPERATIONSPROJEKT ADTRO-NET ZUR TROCKNUNGSTECHNOLOGIE. CHRISTINE GRABLER

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energietechnischen Innovationen und Kooperationen. Die Konferenz, die am 9. und 10. März vom Projektpartner Güssing Energy Technologies (GET) ausgerichtet wurde, soll in Zukunft als neue Plattform etabliert werden, um im Bereich Energie und Biomasse die Präsentation von Forschungsergebnissen und den Informationsaustausch über laufende Projekte zu ermöglichen. Die Vorträge in den einzelnen Sessions spannten einen weiten thematischen Bogen und befassten sich unter anderem mit der technologischen Aufarbeitung von Biomasse für die Energiegewinnung und Emissionsminderung, der optimierten Nutzung von Sonnenenergie und Windstrom sowie den Produkten der Biogasherstellung. Ein eigener Bereich

war den Strategien und Best Practices für Energieeffizienz in privaten Haushalten, öffentlichen Versorgungsunternehmen und betrieblichen Anlagen gewidmet, und auch den zugehörigen Finanzierungs- und Förderinstrumenten. Industrielle Anwender berichteten über ihre Praxiskonzepte, Datenverarbeitungsprozesse und Monitoringsysteme. Winddiesel und Energiespeicherung durch das Fischer-Tropsch-Verfahren bildeten einen weiteren Schwerpunkt in der Vortragsserie. Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zeigten großes Interesse an der G17-Konferenz in Güssing, die schon in ihrer ersten Ausgabe die Erwartungen der Organisatoren übertraf. Die zweitägige Veranstaltung profitierte von der inter-

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üssing hat sich in der Vergangenheit einen Namen gemacht als Innovations­standort für verschiedenste Bereiche des Energiesektors. Eine Vielzahl richtungsweisender Projekte und erfolgreicher Kooperationen ist entstanden und führte zur Eta­blierung von Systemen und Anlagen für die alternative Energiegewinnung, Biomassenutzung und Effizienzsteigerung. In Güssing konzentriert sich Kompetenz und Know-how in den Bereichen technologische Innovation, anlagentechnische Machbarkeit und wirtschaftliche Optimierung. Die G17-Konferenz in Güssing zeigte einem breiten Publikum die Vielfältigkeit der Aktivitäten auf dem Gebiet der

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nationalen Beteiligung mit Beiträgen aus Energiegewinnung, Technik und Wirtschaft und dem offenen Austausch über aktuelle Themen aus diesem Bereich, die intensiv diskutiert wurden. Die Transformation von Wissen aus der Grundlagenforschung in praktisch nutzbare Produkte, Verfahren und Prozesse stand dabei im Vordergrund. Gerade im Energiebereich wird der Erfolg einer technologischen Innovation durch die Wirtschaftlichkeit ihrer technischen Umsetzung bestimmt. Die Güssinger Forschungseinrichtungen der TU Wien, bioenergy2020+ und GET, haben auf diesem Gebiet weitreichende Expertise aufgebaut und verfügen über Praxiserfahrungen mit dem Biomassekraftwerk Güssing. Die Energieexperten des GET sind offen für interdisziplinären Austausch und aktiv in vielfältige Kooperationen wie das Adsorptionsnetzwerk Österreich eingebunden. In diesem Zusammenhang kam

es im Rahmen des Projektes adTro-NET zur Zusammenarbeit mit der FH Salzburg und dem WoodK+-Zentrum im Bereich Holzforschung, sowie mit der Lebensmittelversuchsanstalt auf dem Gebiet der Lebensmittelverarbeitung. Eine Vortragssession der G17 war der Präsentation der Ergebnisse des gemeinsamen Projektes gewidmet. Im Rahmen der Projektaktivitäten wurde die Trocknung von Holz und die Rindfleischreifung („Dry Ageing“) unter Anwendung von alternativer Trocknungstechnologie im Hinblick auf Energieeffizienz und Hygieneaspekte untersucht. Für den Holzbereich konnte erfolgreich gezeigt werden, wie die Energieströme optimiert und beim Produkt Eichenholz unerwünschte Verfärbungen („weiße Wolken“) verhindert werden können. Analysedaten, die für die Reifelagerung von Rindfleisch evaluiert wurden, erlauben Rückschlüsse auf Pro-

zessalternativen zur hygienischen Optimierung der Produktion. Für die Lebensmittelversuchsanstalt bot sich ein interdisziplinärer Rahmen zur Präsentation ihrer Projektergebnisse und ihres Leistungsportfolios. Der fachübergreifende Ansatz des GET für die Organisation der G17 in Güssing lässt weiterhin positive Impulse für die zukünftige Entwicklung dieser Konferenz und für die Forschung in den Sektoren Biomasse, Energie und angrenzende ­Bereiche erwarten. Christine Grabler, Lebensmittel­ versuchsanstalt, Klosterneuburg

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ZERTIFIZIERUNGSSTELLEN SIND GEFORDERT Anforderungen und Herausforderungen meistern EIN AUDITOR SCHLÜPFT EINERSEITS IN DIE ROLLE DES KUNDENORIENTIERTEN DIENSTLEISTUNGSERBRINGERS, DEM DIE ZUFRIEDENHEIT SEINER KUNDEN EIN GROSSES ANLIEGEN IST. ANDERERSEITS TRITT ER ALS PRÜFER ODER INSPEKTOR AUF, DER EINER OBJEKTIVEN DARSTELLUNG UND SORGFALT SOWIE DEN VIELEN REGELN UND VORGABEN DER STANDARDEIGNER, DER ZERTIFIZIERUNGS- UND DER AKKREDITIERUNGSSTELLE VERPFLICHTET IST. WOLFGANG LEGER-HILLEBRAND

Professionalität und Kompetenz sicherstellen Die Zertifizierungsstellen sind gefordert, professionelle Auditoren zu beschäftigen. Einerseits werden durch

einen strengen, teilweise von den Standardeignern (bspw. IFS, BRC) selbst durchgeführten Qualifizierungsprozess Nachweise für die einschlägige Ausbildung, die be- Wolfgang Leger-Hillebrand rufliche Praxis sowie Auditerfahrung genauestens studiert. Andererseits wird die fachliche Kompetenz durch anspruchsvolle Fachprüfungen sichergestellt. In regelmäßig abgehaltenen sogenannten Auditorenkalibrierungen wird neben den Normund Standardvorgaben auch die Methodenkompetenz bei den Teilnehmern auf aktuellem Stand gehalten. Die Zulassungsvoraussetzungen, beziehungsweise die Erweiterung auf weitere Produktscopes für Auditoren, wurden in der jüngeren Vergangenheit mit höheren Auflagen versehen, was zusätzlich zur

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immer stärker werdenden Diversifizierung der Standards vor allem für kleinere und mittelgroße Zertifizierungsstellen eine Herausforderung darstellt.

©  QUALITY AUSTRIA

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in Auditor muss also gleichzeitig beide Aufgaben erfüllen, um einerseits selbst in seinem Beruf zu bestehen und andererseits auch die Zertifizierungsstelle, für die er im Einsatz ist, am Markt erfolgreich zu vertreten. Um diese Herausforderung zu meistern, müssen sowohl Auditoren als auch die Zertifizierungsstelle den sehr hohen Ansprüchen an Professionalität genügen. Diese Professionalität geht über fachliche Souveränität, Konsequenz und absolute Integrität hinaus. Es bedarf besonders in schwierigen Situationen gleichermaßen sozialer Intelligenz, Geradlinigkeit, Empathie und des Bewusstseins, dass sich im Audit Menschen begegnen. Nur dann kann sich das „Phänomen Audit“ unabhängig vom Resultat zu einem nutzenbringenden Ereignis auf Augenhöhe mit dem Kunden gestalten.

Zusätzlich zur formalen Qualifizierung und Fachkompetenz sind die persönliche Haltung zum Auditieren und Berufsethos unverzichtbare Werte für eine professionelle Dienstleistungserbringung bei den Kunden. Das wird durch den persönlichen Kontakt der Zertifizierungsstelle mit ihren Auditoren und durch Rückmeldungen von Kunden sowie durch Witnessaudits überprüft und sichergestellt. Dabei werden Auditoren bei ihrer Arbeit beobachtet und danach vonseiten der Zertifizierungsstelle, Akkreditierungsstelle oder der Standardeigner selbst bewertet. Witnessaudits sind eine wertvolle Quelle für Verbesserungsansätze, sie stellen uns aber auch vor große planungstechnische und finanzielle Herausforderungen. Die vorgeschriebene Anzahl an erforderlichen Witnessaudits für jeden Auditor hängt von der Anzahl der Standards, für die er zugelassen ist, ab. Unterschiedliche


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Formalkriterien erhöhen zusätzlich die Komplexität in der Auditplanung.

nachteil für alle anderen Zertifizierungsstellen und ihre Kunden.

fahrungswerte gibt und die daher individuell gelöst werden müssen.

Komplexität bewältigen Auch durch die größer werdende Anzahl an Standards – seien es die Nachhaltigkeit betreffende Sozialstandards oder Regelwerke, spezielle Produktstandards für Allergen- und Gentechnikfreiheit oder Herkunftsgarantie – wird die Komplexität des Angebots erhöht. Die Verwaltung aller Standards ist jedoch für keine Zertifizierungsstelle alleine bewältigbar. Um dem Kunden trotzdem möglichst viele Produkte, für die er sich interessiert, aus einer Hand anzubieten, ist die Kooperation mit anderen Zertifizierungsstellen eine mögliche Lösung. Teilweise bestehen aber eingeschränkte Kombinationsmöglichkeiten verschiedener Standards, weil diese von den Standardeignern gar nicht vorgesehen beziehungsweise erwünscht sind. Besonders nachteilig ist es, wenn spezielle private Standards nur von wenigen weltweit agierenden, sehr großen Zertifizierungsstellen durchgeführt werden dürfen. Das ist ein klarer Wettbewerbs-

Eine Herausforderung, die alle interessierten Parteien betrifft, sind Umstellungen auf revidierte Normen oder neue Versionen der Standards. Es kann im Falle der Umstellung von Systemmanagementnormen die gesamte Struktur eines Standards betroffen sein (zum Beispiel die Umstellung auf die High Level Structure der ISO 22000), es können auch bei neuen Versionen zusätzliche Anforderungen bestimmt werden (zum Beispiel Food Fraud bei FSSC 22000 Version 4) oder auch Auditmodalitäten erweitert werden (zum Beispiel unangekündigte Audits bei IFS Food). In jedem Fall besteht ein dringender Schulungsbedarf aller beteiligten Personen. Besonders dann, wenn viele dieser Änderungen mehr oder weniger gleichzeitig in Kraft treten, bedarf es intensiver Aufmerksamkeit und eines regelmäßigen Austausches mit Auditoren, Kunden und Standardeignern. Trotzdem werden im Tagesgeschäft Situationen auftreten, für die es noch keine Festlegung oder Er-

Informationen aus erster Hand Manchmal bekommt man als Zertifizierungsstelle die Möglichkeit, bei der Erstellung einer Revision oder einer neuen Standardversion mitzuarbeiten, sodass man proaktiv und zeitgerecht die wesentlichen Änderungen mittels Informationsveranstaltungen kommunizieren kann. Gelegentlich ist es aber auch der Fall, dass wir mehr oder weniger gleichzeitig mit unseren Kunden konkret über Änderungen informiert werden und nicht ausreichend Zeit bleibt, Kundenfragen zu antizipieren.

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Wie schaffen wir es, diesen Herausforderungen nicht nur gerecht zu werden, sondern auch das Phänomen Audit aus Sicht einer Zertifizierungsstelle zu einer für alle Parteien nutzenstiftenden Intervention unter bestmöglicher Wahrung aller Interessen zu machen? Audits mit Mehrwert Das Audit muss ein konstruktiver Prozess sein, bei

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Impressum —

Offizielles Organ des Fachverbandes der Nahrungs- und Genussmittelindustrie Österreichs und des Vereins zur Förderung der österreichischen Lebensmittelwirtschaft (foodalliance) ∙ ­Herausgeber: Fachverband der Lebensmittel­industrie; A-1030 Wien, Zaunergasse 1–3 ∙ Wissenschaftlicher Beirat: General­direktor Univ.-Prof. Dr. iur. et rer. pol. Walter Barfuß, em. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. nat. techn. Emmerich Berg­hofer, Dr. ­Michael Blass, Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. nat. techn. Dr. h. c. Ernst Brandl, Hon.-Prof. Dr. Konrad Brustbauer, Univ.-Prof. Dr. med. Wilfred Druml, em. Univ.-Prof. Dr. agr. Ibrahim Elmadfa, Univ.-Prof. Dr. med. Johann Michael Hackl, Univ.-Prof. Dr. med. Karl Irsigler, OR Dr. Leopold Jirovetz, Ass.-Prof. Dr. Peter Paulsen, Hon.-Prof. Dr. iur. Klaus Smolka, Univ.-Prof. Dr. Gerhard Sontag, ao. Univ.-Prof. Dr. Ingrid Steiner ∙ Chefredakteur: DI Oskar Wawschinek, MAS MBA ∙ Redaktion Wissenschaft: Dr. Elisabeth Rudolph ∙ Redaktion Recht: Mag. Katharina Koßdorff ∙ Verleger: SPV Printmedien Gesellschaft m.b.H.; A-1080 Wien, Floriani­ gasse 7/14; Tel.: 01/581 28 90; Fax: 01/581 28 90-23; online-redaktion@­ blickinsland.at ∙ Lektorat: Mag. Nina Wildzeisz-­R ezner, MAS ∙ Satz: Ing. Eva-Christine ­M ühlberger, ­G erald ­M ollay ∙  Herstellung: ­p roprint. at ∙ Anzeigen­ l eitung: Prok. Doris Orthaber-­Dättel, Tel.: 01/581 28 9012, daettel@blick­i ns­l and.at, Büro­ leitung: ­Alexander ­Smejkal, Tel.: 01/581 28 90-27, smejkal@blickinsland.at ∙ ­Ernährung/­Nutrition – ISSN 02501554 – erscheint sechsmal jährlich. Nachdruck sämtlicher Artikel, auch auszugsweise, nur mit Quellen­angabe, gegen Beleg­e xemplar; Zitierung von wissenschaftlichen Beiträgen: Ernährung/Nutrition. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Autors wieder, die nicht mit jener des Herausgebers überein­stimmen muss.

©  FOTOLIA – ANDREY POPOV

DIE ERNÄHRUNG Österreichische Zeitschrift für Wissenschaft, Recht, Technik und Wirtschaft ∙ ­NUTRITION Austrian journal for science, law, ­technology and economy  ∙ ­redaktion@ ernaehrung-nutrition.at

dem einerseits die Konformität zu Standardvorgaben geprüft und andererseits die Bemühung um stetige Verbesserung gefördert wird. Auf der Basis eines durch und durch professionellen Audits kann der Wert und die Wertschätzung eines Audits gesteigert werden, was letztlich durch den Grad an öffentlichem Vertrauen geprägt wird. „Ketenborging“ (zu Deutsch Kettensicherung) ist in den Niederlanden ein Programm der Gesundheitsbehörde NVWA, in dem Unternehmen, die nach bestimmten Standards zertifiziert sind, in einem weitmaschigeren Überwachungsnetz erfasst werden als nicht zertifizierte Organisationen. Umgekehrt sollen bedeutende Nichtkonformitäten, die im Rahmen eines Audits auftreten und eine unmittelbar negative Auswirkung auf die Lebensmittelsicherheit haben, direkt an die Behörde weitergeleitet werden. Zu den ersten Standards, deren Regelwerke von den niederländischen Behörden in das Programm integriert wurden, zählen IFS Food und BRC Global Standards Food. Kürzlich ist auch FSSC 22000 in die Liste aufgenommen worden.

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Kritiker meinen, dass hier der Eindruck entsteht, Behörden würden ihre Überwachungsfunktion an private Institutionen delegieren. Ich sehe aber auch einen wichtigen Schritt in Richtung Wertschätzung des Audits durch öffentliches Vertrauen in gewisse Standards und deren Zertifizierung durch akkreditierte Zertifizierungsstellen. Wenn dieser Ansatz Schule macht, könnten künftig auch Kunden oder Handelsketten öfter auf eigene Audits ihrer Lieferanten zusätzlich zu Zertifizierungsaudits nach Lebensmittelsicherheitsstandards und somit auf Mehrfachauditierungen von diesen Unternehmen verzichten. Professionalität und darauf begründetes öffentliches Vertrauen sind in diesem Zusammenhang Schlüsselbegriffe, die im Wesentlichen wieder durch die Grundhaltung, Expertise und Kompetenz der Auditoren in ihrer herausfordernden Doppelrolle als kundenorientierte Dienstleistungserbringer einerseits und Prüfer andererseits bestimmt werden. DI Wolfgang Leger-Hillebrand Prokurist Branchenmanagement ­Lebensmittelsicherheit Quality Austria Wien


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HELDENSTORY LANDWIRTSCHAFT? Tagung DER FACHTAG KOMMUNIKATION DER WINTERTAGUNG 2017 WIDMETE SICH DER FRAGE, WIE MAN ES SCHAFFEN KANN, FÜR DIE ANLIEGEN DER LANDWIRTSCHAFT ZU BEGEISTERN UND MENSCHEN ZU INVOLVIEREN.

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er Block I des Tages trug daher folgerichtig den entsprechenden Titel: Telling the story. Das Bild der Landwirtschaft in der breiten Öffentlichkeit hat sich verändert. Symptome dafür sind – mehr oder weniger – gelungen gereimte Sprüche wie kürzlich in Deutschland oder die Tatsache, dass heute oft NGOs mehr zur Landwirtschaft zu sagen haben als die Bauern selbst. Der Geschäftsführer der Agentur Blumberry, Achim Hota, strich in seinem Eröffnungs-Beitrag die Bedeutung von Storytelling hervor. Denn in diesem Umfeld zählt nicht in erster Linie die inhaltliche Richtigkeit der Aussagen, sondern vielmehr, ob die Botschaften ankommen. Schließlich wird laut Hota jeder Mensch täglich von 34.000 Nachrichten auf verschiedenen Kanälen bombardiert. Vor allem soziale Medien wie Twitter, das sogar der amerikanische Präsident regelmäßig nutzt, Facebook und WhatsApp, aber auch YouTube, Instagram, Blogs und selbst die guten, alten E-Mails tragen zu diesem Overflow bei. Fakten allein dringen da nicht mehr durch. Hota stellte daher zwei Branchen-Kampagnen aus Deutschland vor. Eine präsentierte unter dem Titel „Forum Moderne Landwirtschaft“ junge, gut ausgebildete Menschen, die modernste Technik einsetzen, und die andere die „Deutsche Geflügel-Wirtschaft“ generell als moderne Branche mit dem Anspruch, „das beste Geflügelland der Welt“ sein zu wollen.

OSKAR WAWSCHINEK

Dabei bediente sich Hotas Agentur in der Konzeption des „Heldenschemas“, nach dem auch Hollywood-Blockbuster gebaut werden: Die „Story“ beginnt mit einer emotional bedeutsamen Ausgangssituation und einem (sympathischen) Helden. Dieser muss zahlreiche Hindernisse überwinden und scheint zu scheitern. Nach einer erkennbaren Entwicklung strebt die Geschichte einem Höhepunkt zu, bei dem schließlich der Held gewinnt. Österreich attestierte Hota zwar gute Ansätze, wie bei den Kampagnen des Bauernbundes („Dahoam“) und des Lebensministeriums, die mit Testimonials arbeitet und somit „Helden“ zur Personifizierung nutzt. Was seiner Ansicht nach aber fehlt, ist das Gefühl, die Landwirtschaft spreche mit einer Stimme. Nur durch eine gemeinsame Botschaft aber könnten Rahmenbedingungen verändert werden. „Die Kommunikation über Landwirtschaft machen andere“, lautete dann auch sinngemäß die zentrale Aussage anderer Vortragender – manchmal explizit und manchmal verklausuliert. Da treten zwei Food-Bloggerinnen an, um die Geschichten von Lebensmitteln direkt aus Bauernhand zu erzählen („Ein Hühnerbauer ist mehr als nur eine Adresse auf dem Eierkarton“). Und bei „Clip my farm“ werden Preise für das beste Drei-Minuten-Video vergeben, das „die Stadt aufs Land und das Land in die Stadt holt“. Die Initiatoren Bayer, Big Dutchman, Claas und top agrar bieten dafür zum vierten Mal eine Internet-Plattform unter www.clipmyfarm.de.

Die Gewinner-Videos wurden von der Internet-Gemeinde bisher millionenfach geklickt, geteilt, gelikt und kommentiert. Der deutsche Verein „Forum Moderne Landwirtschaft“ versucht bereits, anhand der Geschichte „Guten Morgen Berlin“ die Leistungen von Landwirten zu erzählen. Die Struktur mit Geschäftsstelle, drei Foren mit fachlicher Expertise zu Pflanze, Tier und Netzwerk, einem Beirat, Vorstand und Aufsichtsrat sowie einer Mitgliederversammlung aus 50 Mitgliedern klingt aber mehr nach den unüberwindbaren Hindernissen als einem strahlenden Sieg des Helden. Martin Kugler, Chefredakteur des Magazins Universum und Moderator beim Kommunikationstag, fasste zusammen: Die Landwirtschaft müsse also ihre Geschichten wieder selber erzählen und ihre Sichtweisen aktiv kommunizieren. Das ist eine große Aufgabe, und bei der Vielfältigkeit der Landwirtschaft natürlich leichter gesagt als getan. Auch Block II unter dem Titel „Get involved“ und die Debatte zeigte: Es gibt gute Ideen, aber viel zu viele einzelne Kommunikations-Aktivitäten, die weder koordiniert noch konzertiert sind. Es fehlt die eine große, gemeinsame Botschaft der Landwirtschaft an die Menschen. Auch wenn das schwierig ist und viele Köche an diesem Brei mitrühren: Es wäre an der Zeit, dass alle agrarischen Akteure gemeinsam darüber nachdenken, wie die Botschaft lauten könnte und diese dann gemeinsam kommunizieren.

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DRINKTEC München nun mit SIMEI DIE DRINKTEC GEHT IM SEPTEMBER 2017 MIT DER GRÖSSTEN BETEILIGUNG IN IHRER ÜBER 60-JÄHRIGEN GESCHICHTE AN DEN START. RUND 1.600 AUSSTELLER NEHMEN VOM 11. BIS 15. SEPTEMBER AN DER WELTLEITMESSE FÜR DIE GETRÄNKE- UND LIQUID-FOOD-INDUSTRIE IN MÜNCHEN TEIL. DURCH DIE INTEGRATION DER SIMEI, DER WELTWEIT FÜHRENDEN MESSE FÜR WEINTECHNOLOGIE, WÄCHST DIE VON DER DRINKTEC BELEGTE HALLENFLÄCHE AUF ÜBER 150.000 QUADRATMETER.

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ie drinktec ist das weltweit größte Branchenevent für die Getränke- und Liquid-­ Food-Industrie, quasi der Weltwirtschaftsgipfel der Branche. Vom Familienunternehmen bis hin zum Global Player präsentiert sich auf der drinktec 2017 alles, was Rang und Namen hat. Die Aussteller bilden die gesamte Prozesskette ab: von der Herstellung über die Abfüllung und Verpackung bis hin zum Marketing von Getränken und Liquid Food – Rohstoffe, Getränkezutaten und logistische Lösungen inklusive. Im Einzelnen umfasst die drinktec 2017 die Ausstellungsbereiche Prozesstechnik, Behältnisse/Packmittel, Abfüll- und Verpackungstechnik, Rohstoffe/Ingredients, Prozessautomation, Energiewirtschaft, PET-Technologie sowie Gastronomiebedarf, Verkaufsförderung und Marketing. Innovationsschau und spektakuläre Standpräsentationen Die drinktec gilt als Innovationsschau. Die neuesten Lösungen und ganze Anlagen werden erstmals in München präsentiert – ein einzigartiges Alleinstellungsmerkmal der drinktec. Die Messe ist bekannt für ihre teils spektakulären Standpräsentationen. Dabei ist den Ausstellern kein Aufwand zu groß, um sich vor einem Weltpublikum in Szene zu setzen. So werden z.B. komplette Abfüll- und Verpackungsan-

lagen in allen Leistungsbereichen (von Lowtech bis Hightech) aufgebaut, Flaschen laufen am Fließband vorbei, innovative PET-Flaschen werden live produziert – ganz so wie in einer richtigen Industrieanlage, und das für fünf Tage im Messebetrieb. SIMEI@drinktec Erstmals ist die von der Unione Italiana Vini (UIV) veranstaltete SIMEI integraler Bestandteil der drinktec. Die „SIMEI@drinktec“ belegt in den Hallen C2 und C3 einen eigenen Ausstellungsbereich. Die Bandbreite der auf der drinktec angebotenen Produkte und Technologien wird damit um alle Bereiche der Weintechnologie komplettiert. Hierdurch entsteht eine weltweit einmalige Plattform für die internationale Weinindustrie, die nicht nur den Wein-Bereich abdeckt, sondern es den Besuchern erlaubt, auch einen Blick „über den Tellerrand“ zu werfen und zu erleben, was andere Branchen wie die Bierbranche an Neuem zu bieten haben. drinktec-Aussteller, von denen rund 60 Prozent Lösungen für die Weinbranche anbieten, erhalten durch die SIMEI noch mehr potentielle Kunden. Umgekehrt können sich die Aussteller der SIMEI@drinktec einem internationalen Weltpublikum präsentieren. Die SIMEI behält ihren Zweijahresturnus bei, wird aber künftig zwischen Italien und München wechseln.

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oils+fats – Home&Craft Die Halle C1 teilt sich die drinktec mit der oils+fats, Europas einziger hochspezialisierten Fachmesse für die Öl- und Fettindustrie. 50 Aussteller präsentieren dort Systeme, Komponenten und Hilfsmittel rund um die Herstellung und Weiterverarbeitung von Speiseölen, Fetten und Schmierstoffen – Rohstoffe und Lösungen zur Qualitätskontrolle inklusive. Zudem findet man in der Halle C1 den neuen Ausstellungsbereich Home&Craft, der passende Technik und Produkte rund um das „Home-Brewing“ und „Micro-Brewing“ präsentiert. Dazu passend komplettiert ein Angebot an produktübergreifender und spezifischer Prozesstechnik für die Getränke und Liquid-Food-Industrie den Ausstellungsbereich in der Halle C1. PRO FachHANDEL Im Rahmen der drinktec 2017 wird erstmals die PRO FachHandel, die Leitmesse des gesamten deutschen Getränke- und Conveniencefachhandels, stattfinden. Die PRO FachHANDEL belegt die Halle B0 und das Foyer des Internationalen Congress Centers (ICM). Auf dieser Handelsmesse finden internationale Getränkehersteller, die als Besucher zur drinktec kommen, die notwendigen Handelspartner für den Eintritt in den deutschen Markt. Von daher ist die PRO FachHandel eine ideale Ergänzung zum Angebot der drinktec.


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©  MESSE MÜNCHEN GMBH

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Über 70.000 Fachbesucher aus aller Welt Zur drinktec 2017 werden mehr als 70.000 Fachbesucher aus der ganzen Welt und aus allen Bereichen der Getränkeherstellung erwartet. Etwa zwei Drittel der Besucher kommen aus dem Ausland. Dabei spricht die drinktec die komplette Branche an: Fachleute aus der Erfrischungsgetränke- und Fruchtsaftindustrie, der Brauindustrie, aus Mineralbrunnenbetrieben, Molkereien, Wein- und Sektkellereien, aus der Spirituosenindustrie sowie aus dem Getränkefachhandel und -fachgroßhandel. Mitarbeiter aus Fertigung und Produktion machen

den größten Anteil der Besucher aus, dicht gefolgt von Geschäfts- bzw. Unternehmensleitern. Auch Vertreter aus Vermarktung und Vertrieb haben die drinktec für sich entdeckt und informieren sich über neueste Entwicklungen und Trends. 2013 waren es bereits 12.000, für 2017 soll ihr Anteil weiter wachsen. Wichtige Themen Wichtige Themen der drinktec 2017, die sich wie ein roter Faden durch alle Messehallen ziehen und praktisch alle Ausstellungsbereiche betreffen, sind: Energieund Ressourcen­effizienz, Wasser- und

Energie­management, Hygiene und Produktsicherheit, Prozessoptimierung und -flexibiliät.

Internettipp — www.drinktec.com

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INTERPACK: MAß­ VERPACKUNGEN FÜR INDUSTRIEGÜTER OB PER SCHIFF, BAHN, FLUGZEUG ODER LASTKRAFTWAGEN: INDUSTRIEGÜTER MÜSSEN GUT UND SICHER VERPACKT SEIN, DAMIT SIE DEN ANWENDER ODER VERBRAUCHER IN TADELLOSEM ZUSTAND ERREICHEN.

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ft legen die Waren weite Strecken auf dem Weg zu ihrem Bestimmungsort zurück, auf holprigen Straßen, ruckelnden Schienen oder bei hohem Wellengang. Das Packgut muss starke Bremsungen oder krachende Landungen genauso aushalten wie klimatische Belastungen und häufiges Umladen beziehungsweise Umpacken. Zudem müssen Verpackungsunternehmen die gestiegenen Ansprüche und spezifischen Bedürfnisse ihrer Kunden erfüllen: Qualität und

erstklassiger Service sind entscheidend in einer Industrie, die durch zunehmenden Wettbewerb geprägt ist. Gewünscht sind Verpackungssysteme, die minimale Ausfall- und kurze Umrüstungszeiten garantieren und natürlich kosten-, energie- und ressourceneffizient arbeiten. Stoßfeste Verpackungen Optimalen Schutz auf den strapaziösen Reisen bieten hochwertige Industrieverpackungen aus ganz unterschiedlichen Materialien. Abgestimmt auf die jeweiligen Bedürfnisse der Produkte und Transportwege

können Paletten und Kisten aus Holz oder Wellpappe, zusammenklappbare Transportbehälter oder Gitterboxen aus Kunststoff, Transportgestelle, Luftpolsterverpackung, Säcke oder spezielle Gefahrgut- und Heavy-Duty-Verpackungen geeigneten Schutz leisten. Ideal zum Transportschutz von zerbrechlichen, stoß- und kratzempfindlichen Produkten wie beispielsweise solchen aus Glas, Kunststoff oder Gummi sind stoßfeste Verpackungen aus Wellpappe. Über den Schutz hinaus bietet das Material durch Druck- und Veredelungsfor-

HANDLING SYSTEME

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men vielfältige Möglichkeiten zur individuellen Gestaltung. Verbrauchs- und Markenbotschaften können hierbei ohne Zusatzprodukte einfach kommuniziert und Kosten für Marketingprodukte damit reduziert werden. Voller Einsatz für echte Schwergewichte Besonderer Einsatz ist bei sogenannten Schwergütern gefragt – also Waren, die aufgrund von Größe oder Gewicht Standardnormen für den Transport überschreiten. Bei Produkten, die 100 Tonnen oder mehr auf die Waage

bringen, sind individuelle Sonderanfertigungen gefragt. Zum direkten Schutz des Packguts setzen Verpacker auf klassische Polyethylen- oder Aluminiumverbundfolien. Trockenmittel oder chemische Behandlungen mit Dampf- und Kontaktphaseninhibitoren (VCI-Methode/ Volatile Corrosion Inhibitor) verhindern zudem Korrosion, Schimmelbefall und andere Schäden, zum Beispiel durch Schwitzwasserbildung. Der gesamte Verpackungsprozess bei Schwergütern ist äußerst anspruchsvoll: Denn die Lasten können nur un-

ter Einsatz von großen Gerätschaften wie Krananlagen und Schwenkkränen effizient verpackt und verladen werden. Besondere Hängekrananlagen aus Aluminium hat der Vakuum-Spezialist ­Schmalz im Angebot. Sie punkten in erster Linie durch ihr günstiges Verhältnis von Eigengewicht und Traglast. Für ergonomisches und sicheres Bewegen beim Verpackungsprozess eignen sich neben pneumatisch betriebenen Greiferanlagen auch spezielle Vakuum-Hebegeräte. Sie zeichnen sich durch eine besondere Flexibilität im Einsatz aus.

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Neben den Großgerätschaften kommt ein besonderer logistischer Aufwand hinzu, denn bei Schwerguttransporten – man kennt es aus zahlreichen TV-Reportagen – müssen teilweise ganze Straßenzüge gesperrt werden; häufig bei Nacht und unter Begleitschutz. Auch Fragen zum Transportschutz müssen im Vorhinein von allen Beteiligten, also Besteller, Hersteller und Transporteur geklärt werden. Eine professionelle Verpackungsplanung ist deshalb unabdingbar, wenn sich die Großen in Holz- oder Eisenkisten auf weite Reise begeben. Alles paletti Beim Produkthandling von Industriegütern sind Transportpaletten optimal auf die Bedürfnisse

bezüglich Tragfähigkeit, Qualität und Wirtschaftlichkeit abgestimmt. Aber Palette ist nicht gleich Palette. Die praktischen Helfer, die bis zu 1.500 Kilogramm tragen können, werden in zahlreichen Ausfertigungen am Markt angeboten. Einweg-, Mehrweg- 2-Wegeoder 4-Wege-­Paletten, Schwerlast- oder Sonderpaletten sind nur einige der möglichen Typen. Schon beim Material fängt der Unterschied an. Die Mehrzahl besteht aus Holz; abhängig vom Herstellungsland werden in der Regel die heimischen Holzarten zur Herstellung verwendet. Alternativ finden Kunststoff- oder Metallpaletten Anwendung – oder solche aus Wellpappe. Für die bekannte Europalette werden am häufigsten Birken-,

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Kiefer- oder Fichtenhölzer eingesetzt. Abhängig von der Belastung durch Transportgut, Klima und Handling können die Mehrwegpaletten gut und gerne bis zu fünfzehn Einsätze überleben. Das amerikanische Pendant der Europalette ist die sogenannte GMA-Palette. Sie ist mit 40 x 48 Inch (101,6 Zentimeter x 121,92 Zentimeter) etwas größer. Beim Frachtverkehr mit Schiffen werden deshalb besondere Industriepaletten benötigt. Sie entsprechen dem amerikanischen Maßsystem und können problemlos in ISO-Container geladen werden. Fünf Prozent des Warenwertes für die Verpackung Besonders in einer so innovationsgetriebenen Branche wie der


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der Verpackungsunternehmen verändert Technologie alles. Heutzutage können Verpackungen mit weniger Mängeln, kürzeren Produktionszeiten, präziser eingehaltenen Spezifikationen und energieeffizienter hergestellt werden als je zuvor. Folgerichtig steigen die Ansprüche der Kunden. Der Einsatz von individuell auf die Bedürfnisse zugeschnittenen Verpackungssystemen ist daher entscheidend für den Erfolg am Markt. Auf der interpack 2017 vom 4. bis 10. Mai 2017 in Düsseldorf können sich Besucher ein Bild machen, mit welchen Strategien und Produkten die Anbieter den Marktanforderungen gerecht werden wollen. Sicher ist: Wer am falschen Ende spart, für den kann es teuer werden. Wenn es zu Beeinträchtigungen an der verpackten Ware kommt, weil unzureichende Transportverpackungen eingesetzt wurden, geht der Schaden schnell in die Tausende oder Zehntausende von Euro. Zudem droht ein Imageschaden. Logistikexperten zufolge sollten aus diesem Grund rund fünf Prozent des Warenwertes für die Verpackung auf-

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technik technology

gewendet werden; bei sehr hochwertigen Produkten, wie etwa technischen Teilen, gar noch mehr. Darüber hinaus sind umfassende Schulungen und klare Handlungsanweisungen für die an Lagerung und Transport beteiligten Mitarbeiter unumgänglich. Wer ausreichend in die Verpackung investiert und auf passgenaue Anforderungsprofile achtet, spart Kosten für mögliche Reklamationen und sorgt dafür, dass Ware und Reputation tadellos bleiben. Das rechnet sich.

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32 firmenbericht company report

VERPACKUNG UNTER SCHUTZGASEN Sauber, modern und effizient DIE SCHUTZGASVERPACKUNG HAT SICH ALS EINE DER EFFEKTIVSTEN UND NACHHALTIGSTEN METHODEN ZUR HALTBARKEITSVERLÄNGERUNG VON LEBENSMITTELN ETABLIERT. ANGELIKA GRININGER

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a äußere Einflüsse wie Sauerstoff, Luftfeuchtigkeit, Lichteinwirkung, Temperatur oder Mikroorganismen die Hauptfaktoren für unerwünschte Produktveränderungen durch Oxidation oder für mikrobiellen Befall von Lebensmitteln durch Bakterien und Schimmelpilzen darstellen, ist die Atmosphäre, in der das jeweilige Gut verpackt werden soll, entscheidend für dessen Haltbarkeit. Das Schutzgasverpacken hat sich daher längst als fixer Bestandteil der Lebensmittelindustrie etabliert. Dadurch können Qualität, Aussehen und Geschmack der Lebensmittel langfristig optimal erhalten werden. Das Verfahren Aus diesem Grund hat sich die Verpackung von Lebensmitteln unter Schutzgasen (Modified Atmosphere Packaging) als eine der effektivsten Methoden der Haltbarkeitsverlängerung von Lebensmitteln durchgesetzt. Dabei wird die Umgebungsatmosphäre während des Verpackens mittels sogenannter Schutzgase gezielt verändert – also modifiziert. Messer Austria hat sich auch in diesem Bereich als der zuverlässige Partner der österreichischen Lebensmittelindustrie etabliert. Die Messer-Mitarbeiter sind Experten und wissen genau, welche

Schutzgase wann und wie bzw. in welcher Zusammensetzung die Gourmetgase eingesetzt werden müssen, um die Produktqualität bestmöglich zu erhalten und die Haltbarkeit zu maximieren. Die Gourmetgase von Messer Aus­ tria Für das Verfahren des Schutzgasverpackens von Lebensmitteln hat Messer Austria eine spezielle Gase-Range, bestehend aus Kohlendioxid, Stickstoff, Sauerstoff und Argon – allesamt natürliche Bestandteile der Umgebungsluft – entwickelt, die unter den Namen Gourmetgase zum Einsatz kommt. Das inerte, reaktionshemmende Gas Stickstoff (Gourmet N) verdrängt Sauerstoff und verhindert so die Oxidation. Aufgrund seiner geringen Löslichkeit in Lebensmitteln wird Stickstoff aber auch als Stützgas eingesetzt, das ein Zusammenfallen der Verpackung verhindert. Mit 78,08 Vol% ist er Hauptbestandteil der Luft. Auch Argon (Gourmet A) ist ein inertes Gas, das als Verdrängungsund Stützgas zum Einsatz kommt. Außerdem hemmt es enzymatische Aktivitäten und verstärkt den bakteriostatischen Effekt von Kohlendioxid. C02 – Kohlendioxid (Gourmet C) – ist farblos, geschmacks- und geruchsneutral und weist eine hohe Löslichkeit in Flüssig- und Fettphasen von Lebensmitteln auf. Die damit verbundene

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pH-Wert-Senkung wirkt bakteriostatisch und reduziert das Wachstum von Bakterien und Schimmel. Sauerstoff (Gourmet O) – mit 20,95 Vol% in der Umgebungsluft enthalten – gelangt beim Schutzgasverpacken von Lebensmitteln nur in Sonderfällen zur Anwendung – beispielsweise zur Erhaltung der roten Farbe von Fleisch oder zur Hemmung von anaeroben Bakterien. Sauerstoff ist aber auch wichtig für die Atmung beim Verpacken von pflanzlichen Lebensmitteln wie Obst und Gemüse. Die Gas-Mischungen werden stets auf das jeweilige Lebensmittel abgestimmt und entsprechen natürlich sämtlichen gültigen Gesetzen und Normen. In den meisten Fällen werden mindestens zwei der Messer-Gourmetgase gemischt. Die unterschiedlichen Verpackungen Neben der Produktart (fest, pastös, flüssig) bestimmen auch Faktoren wie die jeweiligen Haltbarkeitsanforderungen, die Kosten, Marketingstrategie sowie die Umweltverträglichkeit die zum Einsatz gebrachten Verpackungsmaterialien. Zu den gängigsten Verpackungen zählen Blechdosen, Kunststofffolien, Kombi-Dosen, Gläser, vorgeformte Kunststoffbehältnisse, Tiefziehpackungen, Schlauchbeutelpackungen oder auch sogenannte Siegelrandbeutelpackungen. Blechdosen sind völlig dicht,


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lichtundurchlässig und formstabil – der Nachteil ist allerdings, dass das Produkt selbst nicht sichtbar ist; im Gegensatz zu Glas oder etwa Kunststofffolien. Letztere werden in den unterschiedlichsten Qualitätsstufen angeboten. Für die Schutzgasverpackung eignen sich allerdings nur Folien, die eine geringe Gasdurchlässigkeit aufweisen. Verlängerung der Haltbarkeit Egal, welche Verpackung und welche Methode zur Haltbarkeitsverlängerung zum Einsatz kommt, die größtmögliche Hygiene ist stets eine Grundvoraussetzung dabei. Zu den effektivsten Verfahren zählen das Kühlen, das Gefrieren, das Hitzesterilisieren, das Absenken des pH-Werts durch chemische Zusätze oder durch die Beimengung von Kohlensäure sowie die natürliche Säuerung durch Milchsäuregärung. Diese haltbarkeitsverlängernden Maßnahmen haben eines gemeinsam: Sie stellen bereits eine erste Phase der Zubereitung dar. Anders ist dies bei der Veränderung der Atmosphäre bzw. des Drucks innerhalb der Verpackung durch den Einsatz der Messer-Gourmetgase – dabei wird der Frischecharakter der Lebensmittel kaum bis gar nicht verändert. Haltbarkeit von Getränken Auch Getränke müssen möglichst lange halt-

bar und lagerfähig gemacht werden. Aufgrund seiner hohen Löslichkeit in Flüssigkeiten sowie seiner Fähigkeit, das Wachstum von schädlichen Mikroorgansimen zu beschränken oder sogar ganz zu hemmen, wird CO2 auch zum Karbonisieren bzw. Imprägnieren im Getränkebereich eingesetzt. Dabei entsteht nicht nur die prickelnde Kohlensäure, die für die erfrischende Note des Getränks sorgt, auch Luftsauerstoff wird aus dem Behälter verdrängt, sodass Oxidationsreaktionen deutlich reduziert werden können. Mit CO2 versetzte Getränke sind somit länger haltbar und bewahren während des gesamten Herstellungsprozesses sowie während Lagerung und Transport ihren Geschmack. Messer Austria stellt je nach Bedarfsmenge das für die Karbonisierung erforderliche Kohlendioxid in flüssiger (in Lagerbehältern) sowie in gasförmiger Form (aus Stahlflaschen oder Bündeln) zur Verfügung. Bei kohlensäurefreien Getränken wie beispielsweise stillem Mineralwasser oder Fruchtsäften, die in dünnwandigen PET-Flaschen oder Dosen abgefüllt werden sollen, kommt der sogenannte Kryogen-Injektor zum Einsatz. Dabei wird flüssiger Stickstoff unmittelbar vor dem Verschließen des Getränkebehälters auf die Flüssigkeitsoberfläche injiziert und im verschlossenen Behälter zum Verdampfen

gebracht. Auf diese Weise wird der Sauerstoff aus dem Kopfraum der Flaschen oder Dosen verdrängt und so die Haltbarkeit des Produkts verlängert. Die Behälter selbst bleiben durch den erhöhten Innendruck, der bei der Kryogen-Injektion entsteht, auch nach längeren Lagerund Transportzeiten stapelfähig. Stickstoff hat zudem den Vorteil, dass er den Einsatz von sehr dünnwandigen Behältern erlaubt, was wiederum zu erheblichen Einsparungen bei den Materialkosten führt. DI Angelika Grininger, Messer Austria GmbH, Kundenberatung Lebensmittel­ technologie

Internettipp — www.messer.at

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FEED TO FOOD

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Strategien zur Messung von Pestiziden in Wasser und Lebensmitteln

asser als Lebens­ grundlage Wasser spielt als Lebensmittelfunktion in Form von Trinkwasser und als Produktionsrohstoff in Industrie und Landwirtschaft eine zentrale Rolle (Reller et al 2013). Verunreinigungen haben eine direkte Auswirkung auf die Gesundheit des Menschen. Pflanzenschutzmittel (PSM) werden umfangreich in der Landwirtschaft eingesetzt und können direkt auf den Lebens- bzw. Futtermitteln als Rückstände zurückbleiben oder über Umwege ins Grundwasser gelangen. Außerdem unterliegen PSM Umwandlungs- und Abbauprozessen. Die entstandenen Metabolite müssen bei Monitoring-Programmen berücksichtigt werden, was komplexe Anforderungen an die Analytik stellt, da sich die Substanzen in ihren chemisch-physikalischen Eigenschaften zum Teil stark unterscheiden. Analytik von Pflanzen­ schutzmitteln In der Analytik von Lebensmitteln hat sich in den letzten Jahren die von Anastassiades et al (2003) beschriebene QuEChERS Methode durchgesetzt. Hierbei wird die Probe mit Acetonitril extrahiert, der Extrakt mit Puffersalzen versetzt und durch Zugabe von geeigneten Zusatzmitteln aufgereinigt. Dieser Extrakt kann direkt mittels GC/MS bzw. LC/MS gemessen werden. Durch die Entwicklung von Multianalyt-Methoden ist es mittlerweile möglich, mit einem Analysenrun mehr als 100 Analyten auf einmal zu bestimmen. Eine erforderliche Bestimmungsgrenze von 10 µg/ kg ist mit modernen Geräten im Regelfall problemlos erreichbar (Lee et al 2011; Carneiro et al 2013).

Bei der Rückstandsanalytik von Wässern gemäß EU Council Directive 98/83/EC ist eine Einzelsubstanz mit einer Bestimmungsgrenze von 0.1 µg/l zu quantifizieren. Gerade für Pestizide, die auf der LC/MS im ESI (electrospray ionisation) negativ-Modus gemessen werden, kann diese Bestimmungsgrenze nicht immer ohne weitere Probenvorbereitung, wie einem Aufkonzentrierungsschritt, erreicht werden. Außerdem reagiert die ESI-Quelle sensibel auf Matrixeffekte wie schwankende Salzgehalte oder organische Begleitsubstanzen, was zu Ionisationssuppression oder -verstärkung führen kann (Hogenboom et al 2000; Mallet et al 2004). Dies kann leicht zu Fehlbefunden bei der Pestizidanalytik führen. Die Probenaufkonzentrierung und Entfernung von unerwünschten Matrixbestandteilen macht eine manuelle und zeitaufwändige Probenvorbereitung wie die Festphasenextraktion (SPE) in der Wasseranalytik oftmals unumgänglich. Eine Möglichkeit der vollständigen Automatisierung mit dem Einsatz geringster Proben- und Lösungsmittelmengen bietet die Verwendung von online-SPE-LC/MS-Systemen. Hiermit können Wasserproben

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von wenigen Millilitern simultan aufkonzentriert, aufgereinigt und mit Multianalyt-Methoden gemessen werden. Die HPLC-Laufmittel werden dabei gleichzeitig zur Proben­ extraktion und zur Analyse verwendet. Die Gesamtanalysenzeiten können auf wenige Minuten reduziert werden, wie dies von der Firma ESW Consulting Wruss mit einer Shimadzu LCMS 8040 gezeigt wurde (Mann et al 2016).

Bei der großen Anzahl an weltweit eingesetzten PSM (>1000) müssen Messsysteme auf die zu analysierenden Substanzen flexibel einsetzbar sein. Für Routine-Laboratorien spielen dabei der Probendurchsatz und die Analysenzeiten eine wichtige Rolle. Für die umfangreichen Monitoring-Programme sind der sparsame Material- und Lösungsmitteleinsatz und die nötige Probenmenge von Bedeutung. Durch den Einsatz dieser automatisierbaren Online-Systeme können Fehler in der Probenvorbereitung reduziert werden und die Messungen werden deutlich robuster hinsichtlich der Extraktion von Wasserproben unterschiedlichen Ursprunges. DI Oliver Mann, ESW Consulting WRUSS ZT GmbH


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NEUE FLIEGENFÄNGER für die Ernährungsindustrie OHNE GIFT, OHNE CHEMIE, OHNE KONTAMINATION – FLUGINSEKTENFÄNGER MIT KLEBEFOLIE BESEITIGEN SCHÄDLINGE SAUBER UND ZUVERLÄSSIG.

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ie meisten Flug­i nsekten verbreiten Krank­heits­erreger – und in der Ernährungs­indus­ trie kommt der Produktionshygiene ein besonders hoher Stellen­wert zu. Deshalb müssen hier Maschinen und Produkte vor gefährlichen Fluginsekten jeder Art sicher und sauber geschützt werden. M i t  F e n s t e r g i t t e r n , Luftschleusen, Insektenvorhängen u. Ä. kann man den Insekten den Zugang in die Betriebsgebäude erschweren, ganz verhindern kann man ihn jedoch nicht. Insektenfang mit UV-A-Lichtfallen ist der nächste Schritt in der Bekämpfung. Da sich mehr als 80 Prozent der Hirnkapazität der Insekten mit „sehen“ befassen, ist dies eine ideale Möglichkeit, Insekten anzulocken. Jeder hat die Beobachtung gemacht, dass Insekten auf Lichtquellen zufliegen. Es hat sich gezeigt, dass Fluginsekten vor allem dann stark angelockt werden, wenn die Lichtquelle Anteile an langwelligem UV-A im Bereich 365 nm abstrahlt. Die Facettenaugen der Insekten (oft hunderte unabhängig sehender Augen) unterscheiden sich vom menschlichen Auge dadurch, dass sie UV-A-Licht wahrnehmen, das für uns Menschen nicht wahrnehmbar ist. Da sich die für uns sichtbare Farbe Blau im Farbspektrum neben dem UV-A-Licht

befindet, setzen wir Blau mit UV-A-Licht gleich, Insekten hingegen setzen UV-A-Licht gleich mit Nahrung und fliegen auf das UV-A-Licht zu, in der Erwartung, dort Futter zu finden. Bei den herkömmlichen Geräten mit einem Hochspannungsgitter werden die Insekten u. U. zerrissen und in einzelnen Teilen aus dem Gerät weggeschleudert, was dann zu einer mikrobiologischen Kontamination führt. Das eigentliche Ziel der Falle, nämlich die Vermeidung mikrobiologischer Kontamination, wird dabei nicht erreicht. Bei Einsatz von Klebefoliengeräten besteht diese Gefahr nicht. Weitere Vorteile von Klebefoliengeräten sind: • auch kleine und kleinste Fluginsekten, die bei einem Spannungsgittergerät nicht

abgetötet werden, lassen sich hygienisch sicher wegfangen • eindeutige Dokumentation, wie sie z. B. durch die Lebensmittelhygieneverordnung vorgeschrieben ist • Klebefoliengeräte in explosionsgeschützter Ausführung können auch in explosionsgefährdeten Bereich eingesetzt werden • geruchsfrei – keine Verbrennungsgerüche • geräuschfrei – keine Spannungsbogengeräusche • der Austausch der preisgünstigen Klebefolien ist, wie Röhrenwechsel, bei fast allen Geräten sehr einfach, Werkzeuge sind nicht erforderlich Moderne Geräte haben keine Starter mehr, sondern sind mit elektronischen Vorschaltgeräten (EVG) ausgestattet. EVG

erhöhen den Wirkungsgrad der Lampen und damit die Lockwirkung, verringern gleichzeitig den Stromverbrauch und sorgen für eine noch einfachere Wartung. Der Austausch der Klebefolien ist mit wenigen Handgriffen und ohne Werkzeug möglich. Bei den Geräten ist zu unterscheiden zwischen zweiseitig wirkenden Deckengeräten oder Wandgeräten, die sich für Verkaufsräume oder kleinere Räume empfehlen oder auch für Produktionshallen, in denen Deckengeräte wegen der aufgestellten Maschinen oder gestapelter Paletten nicht optimal eingesetzt werden können. Die Anlockwirkung der UVA-Röhren lässt im Laufe der Zeit stark nach. Die Röhren leuchten zwar, aber haben nach einem Jahr Betriebsdauer nur noch eine Wirkung von etwa 30% und sollten dann natürlich ausgewechselt werden. Es gibt neuerdings von Philips sogenannte Long Life Röhren. Hier ist ein Austausch erst nach zwei Jahren erforderlich. Diese Röhren kosten etwa 30% mehr, sind aber bei Dienstleistern wie Schädlingsbekämpfern – die lieber jährlich Röhren verkaufen bzw. austauschen – nicht erhältlich. Erhältlich sind diese Röhren aber beim Importeur (E.H.P. Dr. Elkmann in Mönchengladbach, info@dr-elkmann.de) www.dr-elkmann.de

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55 recht law

TERMINE __

08.05.2017 WIEN

Kartellrechtliche Compliance – Chancen und Risiken der Kartellrechtsnovelle 2017 für die Betriebe der Lebensmittelindustrie – Schwerpunkt: Kartellschadenersatz Fachverband der Lebensmittelindustrie www.dielebensmittel.at

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09.05.2017 KLOSTERNEUBURG

IFS Global Market Food www.lva.at

17.05.2017 KLOSTERNEUBURG

01.06.2017 WIEN

Bio, Nachhaltigkeit, „Vegan“ – Zertifizierungen abseits von Eigenmarken­ standards

ÖGE-Frühjahrestagung 2017: Ballaststoffreiche Lebensmittel – aktuelle Datenlage – Trends – Innovationen

www.lva.at

www.oege.at

23.05.2017

21.–24.06.2017

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WIEN

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VEÖ-Tagung: Zwischen Wissen und Wissenschaft – Wieviel Wissenschaft braucht Ernährung?

TAIPEI

Taipei International Food Show taipei@wko.at

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www.veoe.org

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10.05.2017 LINZ

Konformitätsarbeit und -prüfung www.lva.at

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FORSCHUNG & ENTWICKLUNG

AUDITS & BERATUNG

SCHÄDLINGSKONTROLLE

LABORANALYSEN

Unsere Leistung Ihre Sicherheit. Als österreichisches Kompetenzzentrum für Lebensmittelsicherheit und Betriebshygiene agieren wir seit 1998 erfolgreich auf dem europäischen Markt. Unsere Erfahrung auf betrieblicher Ebene und Know-how in den Bereichen Lebensmitteltechnologie, modernster Labordienstleistungen, Consulting und die Vernetzung mit externen Partnern schafft unsere breite Kompetenz.

A-8055 Graz, Robert-Viertl-Straße 7 Tel.: +43/316/69 41 08, office@hygienicum.at

www.hygienicum.at

Unsere Kunden sind für uns Partner, die wir begleiten. Der Nutzen ergibt sich aus der individuellen Erarbeitung von Lösungswegen zur Sicherung gesunder Lebensmittel. Kompetenz, Praxiserfahrung und unternehmerisches Denken für alles, was Lebensmittel ausmacht.


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