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die ernährung wirtschaft economy
Österreichische Zeitschrift für Wissenschaft, Recht, Technik und Wirtschaft
Volume 45 | 02. 2021
Lila State of Snacking Bakterien als Zerreißprobe für Hartkäse Seite 25 © Adobe Stock – abhijith3747
Österreichische Post AG MZ 14Z040109 M SPV Printmedien GmbH, Florianigasse 7/14, 1080 Wien
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volume 45 | 02. 2021 ERNÄHRUNG | Nutrition Abstracted in CHemical Abstracts abstracted in scopus
Höchste Qualität von der Saat bis zum Öl
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Liebe Leserin, lieber Leser,
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es gibt Neuigkeiten: Elisabeth Hüls mann ist seit Jahresbeginn Managing Director für Mondelēz Österreich. Damit gehört sie zu den wenigen Frauen, die in der Lebensmittelindus trie eine Führungsposition innehaben. Wir gratulieren! Im Interview spricht sie über Qualitätsmanagement, Nach haltigkeit und Lebensmittelsicherheit – Themen, für die das international agierende Unternehmen mit traditi onsreichem Produktionsstandort in Vorarlberg einsteht.
04 Lila State of Snacking 08 BREXIT: Rückblick und Ausblick 2021
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Technik technology 13 Luftreinigung in der Lebensmittelindustrie 14 Viren – in aller Munde!
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Wissenschaft science 20 Electrotechnologies for preservation applications 25 Bakterien in der Rohmilch: eine Zerreißprobe für Hartkäse 27 Lebensmittelhygiene im 21. Jahrhundert: ungebrochene Bedeutung für ein jahrtausendealtes Thema 31 Einfluss von Sauerteig auf Qualität und Verträglichkeit von Backwaren 35 Projekt Hygiene 4.0 – ein Fazit
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recht law 37 Entscheidung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. Oktober 2020 (Ro 2018/10/0047-4) zu Fragen der lebensmittelrechtlichen Verantwortlichkeit 39 Deutschland: Die Schlinge zieht sich zu – 2. Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes vom 23.10.2020 42 Impressum
Lebensmittelsicherheit bildet neben Mikrobiologie auch den fachlichen Schwerpunkt in dieser Ausgabe von DIE ERNÄHRUNG. Darüber hi naus werden ebenso mit Lebensmit telsicherheit verbundene Themen wie Lebensmittelhygiene und rechtliche Aspekte behandelt. Felix Schottroff, einer der Gewinner des Wissen schaftspreises DER ALIMENTARIUS 2020, beschäftigt sich in seinem Bei trag etwa mit Elektrotechnologien für Konservierungsanwendungen. Auch an der Spitze der AGRANA steht ein Wechsel bevor: Am 1. Juni 2021 löst Markus Mühleisen den langjährigen Vorstandsvorsitzen den Johann Marihart ab. Die gute Nachricht: Johann Marihart bleibt Obmann des Fachverbands der Lebensmittelindustrie und somit Branchenchef. Wir freuen uns auf die Fortsetzung der erfolgreichen Zusammenarbeit!
Katharina Koßdorff
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Lila State of Snacking Die Ernährung sprach mit Diplomkauffrau Elisabeth Hülsmann, Managing Director für Mondelez Österreich, über die lila Erfolgsgeschichte, die Bedeutung von Herkunft, Nachhaltigkeit und CSR in unserer heutigen Gesellschaft sowie Trends und Innovationen zum „Mindful Snacking“ in Zeiten der CoronaPandemie. Oskar wawschinek
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ie Ernährung: Mondelēz hat weltweit Produktionsstandorte und rund 80.000 Mitarbeiter. Wie haben Sie im Unternehmen die Coronakrise bisher erlebt? Elisabeth Hülsmann: In dieser herausfordernden Zeit konzentrieren wir uns stets auf die Sicherheit und die Gesundheit unserer Kollegen und darauf, unsere Handelspartner best möglich zu bedienen. Als Unterneh men der kritischen Infrastruktur sind wir stolz darauf, täglich unseren Bei trag zu leisten. Sei es in unseren Wer ken, die unter höchsten Sicherheits auflagen produzieren, oder mit den Kolleginnen und Kollegen aus dem Außendienst, die im Handel auch als „helfende Hände“ unterstützen. Sind für Sie Änderungen bei den Umsätzen bemerkbar? Was hat sich durch Lockdowns und Homeoffice für Ihre Produktrange verändert? Hülsmann: Seit Beginn der Corona pandemie ist eine deutliche Veränderung des Snacking-Verhaltens zu verzeichnen. Ausnahmesituationen verlangen einen neuen Alltag, und damit verändert sich das Essverhalten, aber auch das allge meine Snacking-Verhalten. Ein Stück Schokolade schenkt Vertrautheit, bie tet ein Ritual und ist häufig auch Ner vennahrung in schwierigen Zeiten. Das
bestätigte auch unsere zweite State-ofSnacking-Studie, die wir im November letzten Jahres durchgeführt haben. Und Konsumenten greifen zu vertrauten und bekannten Marken – da liegt also der Griff zu einer Tafel Milka-Schokolade besonders nahe. Daher sehen wir einen Trend zu Produkten, die für den eigenen Verzehr gekauft werden, wohingegen Geschenke weniger relevant waren. Glo bal konnten wir im Jahr 2020 ein Um satzwachstum von 3% verzeichnen. Was ist das Erfolgsgeheimnis des Unternehmens? Hülsmann: Zum einen sind es un sere starken Marken. 120 Jahre Mar kenjubiläum – wer lila sieht, denkt an Milka. Eine so starke Marke ist natür lich kein Geheimnis, sondern mit nahe zu 100%iger Bekanntheit eines unserer größten Assets. Und zum anderen die Kolleginnen und Kollegen – ob bei mei nen internationalen Karrierestationen oder jetzt hier in Österreich – professi onell und mit österreichischem Charme, so kann man Themen voranbringen! Worin sehen Sie die Herausforderungen für die Lebensmittelbranche insgesamt und für Ihr Unternehmen im Speziellen? Hülsmann: Unser Ziel ist es, best mögliche Verfügbarkeit unserer Produk te für die Konsumenten, sprich, da wo sich Konsumenten aktuell am stärksten
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aufhalten, zu gewährleisten. Das sind ja im Moment leider nicht die Gastrono mie und der Away-from-Home-Bereich, sondern ganz klar die Kontaktpunkte im Lebensmitteleinzelhandel. Gemeinsam mit unseren Handelspartnern wollen wir hier attraktive Angebote schaffen. Für das Thema Lebensmittel ist die Be deutung von Onlinehandel nach wie vor gering, aber seit der Pandemie sehen wir hier zweistellige Wachstumsraten. Da liegt es also nahe, auch mit unseren Handelspartnern neue Wege zu denken, und wir bringen hier gerne unsere Ex pertise aus anderen europäischen und globalen Märkten ein. Welche Trends entwickeln sich aus Ihrer Sicht? Wie reagieren Sie darauf? Hülsmann: Konsumenten sind an spruchsvoller geworden. Marken müs sen einiges leisten – einen Zweck besit zen, innovativ, digital, überall verfügbar sein –, aber am wichtigsten ist nach wie vor, dass das Produkt schmeckt. Wir sehen Nachhaltigkeit und Wellbeing als Mega-Trends, wir beobach ten ein verstärktes Wellbeing-/Gesund heits-Bewusstsein bei den Konsumenten. Für Schokolade bedeutet dies: Authen tische Produkte sind gefragt, möglichst pur und simpel. Milka steht z. B. seit 120 Jahren für Natürlichkeit und Au thentizität. Seit Beginn an verwendet Milka 100 % Alpenmilch und hat da
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© Elisabeth Hülsmann/Mondelez International
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Differenzierung zum bestehenden An gebot bietet, im für uns neuen Segment der süßen Brotaufstriche. Auch unsere Erweiterungen unter Milka Dark Milk (ab Sommer auch als Praline) tragen der verstärkten Nachfrage nach Schokolade mit mehr Kakao Rechnung. Wie sehen Sie die Diskussionen um Zucker, Fett und Salz im Zusammenhang mit Übergewicht? Hülsmann: Das ist eine wichtige De batte, aber Süßware ist und bleibt ein Ge nussmittel, das in Maßen genossen einen festen Platz in unserer Esskultur besitzen darf. Wesentlich ist dabei Aufklärung und Transparenz, nur so kann ein achtsamer Umgang in Bezug auf Ernährung erreicht werden. Wir sprechen hierbei insbesonde re vom Begriff des Mindful Snacking.
© Elisabeth Hülsmann/Mondelez International
Hülsmann: Der richtige Snack, zur richtigen Zeit, richtig gemacht: Unser Plan für Österreich folgt unserer inter nationalen Strategie Snacking Made Right und muss für die Konsumenten lo kal relevant sein. So ist es uns zum Bei spiel im vergangenen Jahr mit der Milka Haselnuss Creme gelungen, eine attrak tive Alternative (Rezeptur mit Sonnen blumenöl) zu entwickeln, die eine gute
durch ein Alleinstellungsmerkmal, das uns von der Konkurrenz abhebt. Außerdem ist Milka seit 2018 Teil des Nachhaltigkeitsprogramms Co coa Life, der benötigte Kakao für Mil ka-Produkte wird aus dem Programm bezogen. Wo sehen Sie Chancen für Innovationen?
about
Zum Unternehmen — • Umsatz global 2020: rund 27 Mrd. USD • Mitarbeiter global: 80.000, in Ös terreich rund 450 • Beliebte Marken in Österreich: Milka, Suchard, Bensdorp, Mirabell, Oreo, TUC und Philadelphia • Marktführer im Bereich Tafelscho kolade und Frischkäse Das Schokoladenwerk in Bludenz ist das Kompetenzzentrum für die Groß tafel und drittgrößtes Schokoladen werk bei Mondelēz. Produziert wird für über 30 Länder in Europa und weltweit, rund ein Viertel ist für die DACH-Region bestimmt.
Inbetriebnahme des Werks bereits im Jahr 1887: Die Schweizer Firma Suchard pachtet in Bludenz eine alte Mühle, um eine Fabrik zur Herstel lung von Schokolade zu errichten. Unterstützung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Vereinbar keit von Beruf und Familie durch flexible Arbeitszeitmodelle, Kinder betreuungsangebote, Kontakthalte maßnahmen während der Karenz, aktive Väterkarenz und viele weitere Initiativen. Mehrfache Auszeichnung zum fami lienfreundlichen Betrieb. Ausgezeichneter Lehrbetrieb seit 2005.
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Es gibt immer wieder Kritik an der Kennzeichnung der Lebensmittel. Wie stehen Sie dazu? Was werden Sie ändern, was sollte bleiben? Hülsmann: Uns ist es wichtig, unsere Verbraucher mit klaren und zuverlässi gen Informationen zu unseren Produk ten zu versorgen und so einen Beitrag zu einem achtsamen Konsum zu leisten. Deshalb finden sich auf all unseren Pro dukten umfassende Nährwertangaben, Portionsgrößen und Zutaten. In Österreich wird eine national verpflichtende Kennzeichnung der Herkunft diskutiert. Es wird sogar ein Entwurf einer Verordnung nach Brüssel geschickt werden. Wie stehen Sie zu diesem Vorhaben? Hülsmann: Als international agieren des Unternehmen präferieren wir stets auf EU-Ebene koordinierte und harmonisierte Rechtsvorgaben. Dadurch können unter schiedliche und potenziell widersprüch liche Anforderungen vermieden und Rechtsicherheit im europäischen Binnen markt gewährleistet werden. Nachhaltigkeit und CSR sind immer stärker in den Vordergrund tretende Themen. Wie gehen Sie damit um – Stichworte Kakao und Ausbeutung oder Regenwaldzerstörung? Hülsmann: Als Unternehmen nehmen wir unsere Verantwortung, die Menschen rechte in unserer Wertschöpfungskette in Übereinstimmung mit dem Rahmen der
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UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Men schenrechte zu respektieren, sehr ernst. Um sicherzustellen, dass Menschenrechte in un seren eigenen Betrieben und in unserer Lie ferkette respektiert werden, kommen wir unserer Sorgfaltspflicht nach, um Risiken zu identifizieren und sie zu beseitigen. Wir freuen uns über das wachsende Interesse von politischen Entschei dungsträgern und aus ganz Europa, die UNGPs (United Nations Guiding Prin ciples) in Gesetze umzusetzen. Und, dass dieses Momentum zugunsten der Sorgfaltspflicht auch innerhalb der In dustrie wächst. Immer mehr Unterneh men, große und kleine, in der gesamten Europäischen Union unterstützen eine Gesetzgebung zur menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht. Im Bereich der Produktion konzen trieren wir uns darauf, unsere Snacks nachhaltiger zu produzieren, indem wir weniger Energie, Wasser und Abfall ver brauchen, und zwar mit Zutaten, die die Verbraucher kennen und denen sie vertrauen. Wir haben uns spezifische Ziele gesetzt, machen gute Fortschritte und erweitern unsere Bemühungen, um sinnvolle Veränderungen zu erreichen. So konnten wir bei Mondelēz weltweit bereits 65.000 Tonnen Verpackungsma terial seit 2013 einsparen. Welche Bedeutung haben im Unternehmen Qualitätsmanagement und Zertifizierungen? Hülsmann: Als weltweit agierendes, führendes Lebensmittelunternehmen ist für uns die Lebensmittelsicherheit, Qua lität und auch das Erfüllen geltenden Rechts ein wesentlicher Grundsatz. Un sere Produktionsstätten haben Lebens mittelsicherheits- und Qualitätsprozesse inklusive HACCP implementiert. Diese werden regelmäßig durch interne und externe Audits überprüft. Alle für Mon delēz International produzierenden Wer ke sind entsprechend zertifiziert. Sie haben Ihre neue Aufgabe erst kürzlich übernommen. Welche Ziele verfolgen Sie, welche Themen wollen Sie anpacken? Hülsmann: Ein Schwerpunkt mei ner Arbeit wird auf der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Zusammen arbeit mit unseren Handelspartnern liegen. Hier geht es ganz klar um eine Win-win-Beziehung, wenn wir es ge
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Zur Person — Biographie Diplomkauffrau Elisabeth Hülsmann (42) hat auf der Universität Bayreuth studiert und kann auf langjährige Erfahrung im Unternehmen in den Bereichen Sales & Marketing zurückblicken. Seit 2004 hat sie für Mondelēz International zahlreiche Geschäftsbereiche erfolg reich weiterentwickelt, unter anderem in diversen Rollen im Key Account, in der Vertriebsplanung und -strategie in Deutschland sowie in internationa len Marketingpositionen. Zuletzt hat Elisabeth Hülsmann die Entwick lung internationaler Großkunden von Zürich aus geleitet. Teamwork steht für sie immer im Vordergrund. Als begeisterter Outdoor-Fan ist ihr der Schritt nach Österreich nicht schwer gefallen. Sie spricht vier Sprachen und interessiert sich für Literatur, Fotografie, Kochen, Naturwissenschaft und Golf.
meinsam mit dem Handel schaffen, die Bedürfnisse der Konsumenten bestmög lich zu treffen. Wir haben im letzten Jahr gezeigt, dass wir ein relevanter Partner für Wachstum sind und werden diesen Weg weiter gemeinsam gehen. Daneben engagiere ich mich seit einigen Jahren dafür, Frauen auf ihrem Karrie reweg zu fördern und werde dies hier in Österreich weiter fortsetzen. Welche Bedeutung hat für Sie der Standort Österreich insgesamt? Welche Vorteile, welche Probleme sehen Sie? Hülsmann: Österreich ist, wenn ich es aus Sicht von Mondelēz International betrachte, ein ganz wesentlicher Markt. Eng verknüpft mit unserer größten Mar ke im Land, Milka, und somit absolu tes Milka-Kernland, sind wir besonders stolz auf unser Werk in Bludenz. Es ist nicht nur das drittgrößte Schokolade werk von Mondēlez International, son dern blickt auch auf eine lange Tradition zurück: 1887 wurde der Betrieb aufge nommen, heute liegt der Fokus auf den Großtafeln. Ein Viertel der dort produ
© Elisabeth Hülsmann/Mondelez International
zierten Tafeln ist für die DACH-Region bestimmt, der Rest wird in 30 weitere Länder weltweit exportiert. Übrigens zu Coronazeiten sehr gefragt waren die Milka-Großtafeln, insbesondere in Ös terreich. Daneben ist der Standort Wien natürlich für viele Talente sehr attraktiv, auch im europäischen Umfeld. Was würden Sie sich von der Bundesregierung wünschen? Hülsmann: Rechtssicherheit und Planbarkeit, um bestmöglich im euro päischen Binnenmarkt agieren zu kön nen, denn so wie wir aus Bludenz heraus rund 30 Märkte bedienen, so bekom men wir in Österreich auch Produkte aus unseren anderen europäischen Pro duktionsstätten. Was ist Ihr Lieblingsgericht? Hülsmann: Wenn wir von unseren Produkten sprechen, ganz klar die Groß tafel der Milka Traube-Nuss, und Kaiser schmarrn – am liebsten auf der Schihütte, aber natürlich auch frisch selbst zuberei tet für den Genuss zu Hause.
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BREXIT: Rückblick und Ausblick 2021 Mit 1. Jänner 2021 ist er nun Wirklichkeit geworden, der BREXIT. Um einen „No-Deal“ und somit einen ungeregelten Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU zu verhindern, wurde faktisch bis zur buchstäblich letzten Minute im alten Jahr zäh, aber erfolgreich verhandelt. Nach erfolgtem Abschluss des neuen Handels- und Kooperationsabkommens wurden in den Medien die ersten PostBREXIT-Probleme mit langen LKW-Staus sowie mit zum Teil leeren Regalen in den Lebensmittelgeschäften im Vereinigten Königreich dargestellt. Weiters wurde von sinkenden Ein- und Ausfuhren bei wichtigen Erzeugnissen und Waren zwischen den neuen Vertrags partnern berichtet. Aber welche Auswirkungen hat der vollzogene BREXIT mit dem neuen Abkommen nun wirklich auf die Exporteure von Erzeugnissen der österreichischen Lebensmittelindustrie? Josef Domschitz
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orweg aber ein kurzer Rückblick Bereits am 23. Juni 2016 fand im Vereinigten Königreich ein Referendum statt, bei dem sich fast 52 % der Bevölkerung im Ver einigten Königreich für den Austritt aus der Europäischen Union entschieden hat ten. Nach dreijährigen Verhandlungen ei nigten sich die Mitglieder der EU und das Vereinigte Königreich auf ein Austritts abkommen, in dem die Bedingungen für den geordneten Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union festgelegt und Rechtssicherheit in wich tigen Bereichen, darunter der Schutz der Bürgerrechte, die Vermeidung einer har ten Grenze auf der Insel Irland und die Regelung der finanziellen Verpflichtungen, geschaffen wurden.
Dieses Austrittsabkommen trat am 1. Februar 2020 in Kraft – von da an war das Vereinigte Königreich nicht mehr Mitglied der Europäischen Union. Das Austrittsabkommen sah jedoch einen Übergangszeitraum bis zum 31. Dezember 2020 vor, in dem das EU-Recht weiterhin für und im Vereinigten Königreich galt. Dieser Übergangszeitraum wurde – rückwir kend betrachtet – von den Verhand lungspartnern für die Schaffung eines Handels- und Kooperationsabkom mens zwischen der EU und dem Ver einigten Königreich gut und richtig genutzt.
Die EU und das Vereinigte Königreich bilden nun seit 1. Jänner 2021 zwei getrennte Märkte mit einer Grenze. Dadurch sind natürlich Hindernisse im gegenseitigen Handel mit Waren und Dienstleistungen, in der grenz überschreitenden Mobilität und im grenzüberschreitenden Austausch, die es seit Jahrzehnten zwischen den Vertragspartnern nicht mehr gege ben hat, vorprogrammiert. Betroffen davon sind nicht nur Behörden und viele andere Interessengruppen, son dern natürlich auch Privatpersonen und Unternehmen. Immerhin betref fen die wesentlichsten Veränderun gen den freien Personen-, Waren- und Dienstleistungsverkehr, die seit 1. Jän ner 2021 zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich nicht mehr in der bekannt „einfa chen“ Form möglich sind.
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Das neue Handels- und Kooperationsabkommen der EU mit dem Vereinigten Königreich und die wesentlichsten Details aus Sicht der österreichischen Lebensmittelindustrie Mit dem neuen Abkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich wurde eine äußerst ehrgeizige Zone für einen freien, fairen und nachhaltigen Handel zwischen den Vertragspartnern geschaffen, die für beide Seiten we sentlich vorteilhafter als ein bilateraler Außenhandel nach den vorgegebenen WTO-Regeln ist. Wesentliche Fakten dieses neuen Ab kommens aus Sicht der österreichischen Lebensmittelindustrie: • Das neue Abkommen entspricht neu en handelspolitischen Standards und Grundsätzen. Diese sind mit bilate ralen Durchsetzungs- und Streitbei legungsmechanismen verbunden, die künftig gewährleisten sollen, dass für alle Unternehmen in der EU und im Vereinigten Königreich gleiche Wett bewerbsbedingungen im Rahmen der Umsetzung dieses Abkommens gelten. • Das neue Abkommen geht deutlich über die jüngsten Freihandelsabkom men der EU mit anderen Drittländern wie z. B. Kanada oder Japan hinaus. Es sieht nämlich keinerlei Zölle und Kontingentbeschränkungen für eine Vielzahl von Waren vor. Das ist für alle Erzeugnisse der Lebensmittelin dustrie besonders wichtig, denn ohne Abkommen würden betroffene Unter nehmen im gegenseitigen Außenhan del – neben den Aufwendungen für die Zollabwicklung – zusätzlich die aktuellen WTO-Zölle stemmen müs sen. • Für die gegenseitige Nutzung der Zoll freiheit gemäß dem neuen Abkommen müssen die Unternehmen nachweisen, dass ihre Erzeugnisse und Waren al len erforderlichen Ursprungsregeln entsprechen. Dadurch wird eine Um gehung der Vereinbarungen verhin dert und sichergestellt, dass die im Rahmen dieses Abkommens gewährte Zollfreiheit nur den Unternehmen in der EU und im Vereinigten Königreich
zugutekommen und nicht anderen Unternehmen in Drittländern. Um die Einhaltung dieser Vorschriften zu erleichtern und den Verwaltungsauf wand so gering wie möglich zu halten, erlaubt das Abkommen den Unterneh men, den Ursprung der Waren selbst zu bescheinigen. • Die Zollverfahren werden im Rahmen des Abkommens vereinfacht, da sich die Vertragspartner auf eine gegensei tige Anerkennung der Zollprogramme für vertrauenswürdige Unternehmen („Authorised Economic Operators“) geeinigt haben. • Das Abkommen selbst wird unnötige technische Handelshemmnisse ver hindern, indem es beispielsweise bei Produkten mit geringem Risiko eine Selbsterklärung über die Einhaltung der Vorschriften erlaubt und Erleich terungen für andere Produkte vor sieht, die für beide Seiten von Interesse sind, z. B. bei Wein und Bio-Produk ten. • Trotzdem müssen alle Waren im Au ßenhandel mit den Vertragspartnern den jeweiligen Regulierungsstandards bei den Erzeugnissen und Waren ent sprechen, auch in Bezug auf die Pro dukt- und Lebensmittelsicherheit (z. B. bei gesundheitspolizeilichen, veterinärbehördlichen und pflanzen schutzrechtlichen Anforderungen). Aktuelle Auswirkungen auf die österreichische Lebensmittelindustrie Hier muss man berücksichtigen, dass die ursprüngliche Forderung der österreichi schen Lebensmittelindustrie im Rahmen der BREXIT-Verhandlungen Folgende war: „Die Unternehmen der österreichischen Lebensmittelindustrie erwarten sich, dass Großbritannien auch nach dem BREXIT ein attraktiver Absatzmarkt bleibt. Wichtige Zielsetzung der öster reichischen Lebensmittelindustrie ist es, dass nach Abschluss der Verhandlungen über ein Austrittsabkommen zwischen der EU und Großbritannien tarifäre und nicht-tarifäre Handelshemmnisse ver mieden werden und bei vielen Erzeug
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nissen der Lebensmittelindustrie – neben den künftig verbindlichen Maßnahmen in der Zollabwicklung – weiterhin ein „ungehinderter“ Marktzugang zum neuen Drittland „Vereinigtes König reich“ bestehen bleibt.“ Was wurde nun aus Sicht der österreichischen Lebensmittelindustrie im Rahmen dieses neuen Abkommens erreicht? Exporte von Erzeugnissen der österreichischen Lebensmittelindustrie in das Verei nigte Königreich unterliegen seit dem 1. Jänner 2021 keiner Zollbelastung. Voraussetzung dafür ist, dass der EU-Ursprung unserer Lebensmittel nachgewiesen bzw. durch einen Ur sprungsnachweis bestätigt wird. Men genmäßige „Einschränkungen“ gibt es nur bei Thunfischdosen und Aluminium. Bei Bio-Produkten gibt es außerdem eine Anerkennung im gegenseitigen Handel mit diesen Erzeugnissen. Dass der BREXIT und damit verbunden einen Aufwand an Bürokratie (Zoll papiere, Zollkontrollen, Ursprungs nachweise, Veterinärzeugnisse mit „Zoll-Voranmeldung“ und zugelasse nen Grenzkontrollstellen usw.) bedeuten wird, haben wir ja gewusst und doch sind anscheinend jetzt viele überrascht! Unsere Zielsetzung war, weiterhin Zoll freiheit für unsere Produkte und keine mengenmäßigen Kontingentbeschrän kungen nach dem 1. Jänner 2021 bei unseren Exporten von Erzeugnissen der österreichischen Lebensmittelindustrie in das Vereinigte Königreich zu haben, und das wurde in den Verhandlungen erreicht. Damit haben wir seit 1. Jänner 2021 mit dem Vereinigten Königreich grundsätz lich jene handelspolitischen und zoll rechtlichen Spielregeln einzuhalten, wie im Rahmen jedes anderen EU-Abkom mens auch. Das ist nichts Neues und auch nichts Überraschendes, dass es mit dem endgültigen Austritt des Vereinig ten Königreichs aus der EU „bürokrati scher“ im bilateralen Außenhandel mit Erzeugnissen der Lebensmittelindustrie werden wird.
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Das aktuelle „BREXIT-Jammern“ muss daher aus unserer Sicht relativiert wer den. Immerhin ist damit ein „Hard BREXIT“ in letzter Minute verhindert worden. Das Vereinigte Königreich ist mit ei nem jährlichen Volumen von rund 200 Mio. Euro gleich nach den USA und der Schweiz der drittwichtigste Exportmarkt außerhalb der EU für Erzeugnisse der ös terreichischen Lebensmittelindustrie (Zoll kapitel 16 bis 24), und das wird er auch bleiben. Da ist die österreichische Lebens mittelindustrie sehr zuversichtlich! Gute Vorbereitung der Unternehmen vor und nach dem BREXIT mit Unterstützung der Behörden und Interessenvertreter Gerade in der Vorbereitung und Umsetzung des BREXIT wurden die Unternehmen von der Wirtschaftskam mer Österreich und dem Außenwirt schaftsCenter London sowie den öster reichischen Behörden in den Bereichen „Zollabwicklung und Ursprungsregeln“ (Bundesministerium für Finanzen) sowie „Vorgaben im Rahmen der Umsetzung des Veterinärrechts“ (Bundesministeri um für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) bestens unterstützt und beraten. Damit wurde auch ein Wettbewerbsvorteil gegenüber vielen anderen EU-Mitgliedstaaten im Interesse des Produktions- und Exportstandorts Österreich geschaffen. Sonderfall „Export von Lebensmitteln tierischen Ursprungs in das Vereinigte Königreich“ Für den Export von tierischen Erzeugnissen und Lebensmit teln tierischen Ursprungs aus der EU in das Vereinigte Königreich hat man sich auf Behördenebene auf eine stufenweise Einführung der veterinärrechtlich vor geschriebenen Dokumentenkontrolle bzw. Voranmeldung bei einer veteri närbehördlich zugelassenen Grenzkon trollstelle im Vereinigten Königreich über das System IPAFFS (Import of Products, Animals, Food and Feed Sys tem) geeinigt. Die bisher für den 1. April bzw. 1. Juli 2021 vorgesehenen Maßnahmen
für den Import von tierischen Erzeug nissen und Lebensmitteln tierischen Ursprungs wurden nun nochmals verschoben. Grund dafür dürfte der enorme Verwaltungsaufwand im Verei nigten Königreich sein, der aktuell zu laufenden Verzögerungen in der Zoll abwicklung und bei den Grenzkon trollen führen dürfte. Der neue Zeitplan sieht nun folgende Umsetzungsschritte seitens des Verei nigten Königreichs für Exporteure von Lebensmitteln tierischen Ursprungs vor: • Voranmeldepflicht für Erzeugnisse tie rischen Ursprungs (POAO), bestimm te tierische Nebenprodukte (ABP) und Hochrisikolebensmittel nicht tierischen Ursprungs (HRFNAO) ab 1. Oktober 2021 (inklusive Veterinär zeugnisse für Lebensmittel tierischen Ursprungs). • Zollanmeldungen für Importe sind weiter notwendig, aber die Möglich keit, die Anmeldung aufzuschieben (deferred declaration scheme), wird bis Jahresende 2021 verlängert. • Sicherheitserklärungen für Importe werden erst mit Jahresende notwendig sein. • Physische SPS-Kontrollen für Erzeug nisse tierischen Ursprungs, tierische Nebenprodukte und Hochrisikole bensmittel nicht tierischen Ursprungs werden erst mit 1. Jänner 2022 an bestimmten Grenzkontrollstellen ein geführt. Aktuelle BREXIT-Probleme aus Sicht der Lebensmittelindustrie Die neuen Zollformalitäten bedeuten natür lich auch bei einem Zollsatz von „0 %“ einen administrativen Mehraufwand für die Unternehmen. Zusätzlich ist die britische Zollinfrastruktur auch noch im Aufbau und hat mit Problemen zu kämpfen, die sich primär mit Staus an den Grenzen und bei der Zollabwick lung bemerkbar machen. Diese Liefer verzögerungen waren und sind aber bekannt, und gut vorbereitete Unterneh men haben sich strategisch und logis tisch darauf vorbereitet.
Weiters war zu Beginn des Jahres ver mehrt feststellbar, dass vor allem kleine und mittlere Lebensmittelunternehmen mit den neuen BREXIT-Spielregeln nicht vertraut waren und daher große Proble me bei ihren Exportbemühungen in das Vereinigte Königreich hatten. Hier hat der Fachverband in Abstimmung mit der Wirtschaftskammer Österreich ein „Informationsblatt für Unternehmen“ zur Unterstützung dieser Betriebe ent worfen. Aktuelle Auswirkungen des neuen Handels- und Kooperationsabkommens auf die Exporte von Erzeugnissen der österreichischen Lebensmittelindustrie Hier gehen wir davon aus, dass der BREXIT – insgesamt und auf das Ge samtjahr 2021 hochgerechnet – zu kei nen negativen Handelseffekten für die Exporteure von Erzeugnissen der öster reichischen Lebensmittelindustrie führen wird. Die aktuellen Probleme im Bereich der Zollabwicklung sowie die derzeiti gen „Anlaufschwierigkeiten“ bei einigen Produktgruppen – primär auf Seite des Vereinigten Königreichs – sollten sich unserer Einschätzung nach und mit gu tem Willen auf beiden Seiten im ersten Halbjahr 2021 großteils lösen lassen. Zusammengefasst bleibt der Ein druck: Es wurde lange verhandelt und am Ende kam das von uns erwartete Ergebnis heraus. Schwierigkeiten wird es zweifellos weiterhin noch einige Zeit geben, vor allem im Bereich der Abwicklung und der damit zusammen hängenden Bürokratie im Vereinigten Königreich. Da aber gerade die Unter nehmen der österreichischen Lebens mittelindustrie langjährige Erfahrungen und Erfolge im Export in Drittländer haben, sind wir als ihre Interessenver tretung sehr zuversichtlich, dass unser Exportmarkt im Vereinigten König reich gefestigt und in Zukunft weiter ausgebaut werden wird. Josef Domschitz, Fachverband der Lebensmittelindustrie, Wien
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12 kurzmeldungen news / bücher books
© AGRANA
AGRANA Mit Wirkung ab 1. Juni 2021 hat der Aufsichtsrat der AGRANA Be teiligungs-AG Dkfm. Markus Mühl eisen (54), MBA für drei Jahre zum Vorstandsvorsitzenden der AGRANA Beteiligungs-AG bestellt. Der aus Düs seldorf (Deutschland) stammende Ma nager folgt in dieser Funktion DI Johann Marihart (70), dessen Vorstandsmandat um drei Monate verlängert wurde und der am 31. Mai 2021 in den Ruhestand tritt. Mühleisen wird u.a. für die Ressorts Kommunikation, Strategie, Personal so wie Wirtschaftspolitik zuständig sein. Dkfm. Markus Mühleisen ist seit über 20 Jahren im Nahrungs- und Genuss mittelbereich tätig, u.a. bei Nestlé, Ge neral Mills und seit 2018 bei der inter nationalen Molkerei-Gruppe Arla Foods als Group-Vice President. Er bringt umfassende internationale Führungs erfahrung insbesondere in den Berei chen Marketing und Strategie mit. „Die AGRANA-Gruppe ist ein starkes, inno vatives und gut positioniertes Unterneh men mit viel Potenzial. Ich freue mich sehr darauf, gemeinsam mit meinen
© Arla Foods
Markus Mühleisen folgt Johann Marihart
Markus Mühleisen
Johann Marihart
Vorstandskollegen und dem gesamten AGRANA-Team das nächste Kapitel in der Erfolgsgeschichte des Unternehmens zu gestalten“, so Markus Mühleisen. Der Aufsichtsrat der AGRANA Betei ligungs-AG bedankte sich herzlich bei Johann Marihart für seine über fast drei Jahrzehnte als Vorstandsvorsitzender geleistete Arbeit. AGRANA-Aufsichts ratsvorsitzender Hameseder sprach mit folgenden Worten seinen Dank aus: „Die erfolgreiche Entwicklung von AGRANA ist aufs Engste mit Johann Marihart verbunden. Unter seiner Lei tung wurde AGRANA zu einem inter national erfolgreichen Industrieunter nehmen. Der Umsatz hat sich in der Ära Marihart versiebenfacht. Neben der er
folgreichen Expansion in Europa zählt der Aufbau des Geschäftsfelds Frucht zu den zentralen Verdiensten von Johann Marihart. Mit diesem verschaffte er dem Unternehmen ein weiteres Standbein zur Diversifizierung – eine Strategie, die sich gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sehr bewährt hat und durch die AGRANA zukunftsfit ist.“ www.agrana.com
Lebensmittelrecht in Grundzügen Für Studium und Praxis — Das erstmals im Juni 2020 im Jan Sramek Verlag erschienene Buch von Hofrat Dr. Alfred Grof hält, was es im Titel und Vorwort verspricht. Die Pu blikation dient einerseits der Erleichte rung für die Behörden und ist andererseits perfekter erster Anhaltspunkt für den Einstieg ins umfassen de europäische und öster reichische Lebensmittel recht. Das Werk folgt einer kla ren Struktur. Es gliedert sich in ein Vorwort, ein Abkürzungs- und Inhalts verzeichnis, den Hauptteil
(am Ende ergänzt um drei Anhänge), ein Verzeichnis weiterführender Li teratur sowie Stichwortverzeichnis zum Schluss. Die ersten drei Kapitel des Hauptteils geben eine ideale Ein führung für Einsteiger in juristische Lerninhalte, in dem sie ein grobes Rechts verständnis vermitteln, den Stufenbau der Rechtsord nung und die Beziehung zwischen europäischem und internationalem Recht erörtern und den Lesern er möglichen, sich einen syste matischen ersten Überblick über das Lebensmittelrecht
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zu verschaffen. Das vierte und auch umfangreichste Kapitel fasst die wich tigsten Rechtsgrundlagen ausführlich zusammen und führt näher in die Rechtsmaterie ein. Das vorliegende Buch präsentiert sich als optimaler Einstieg in die Welt des Lebensmittelrechts – das Essentielle wird verständlich und gut aufbereitet zusammengefasst. Eine ideale Lernhilfe für alle, die sich für das Lebensmittel recht begeistern. Von Alfred Grof Jan Sramek Verlag, Wien 2020, 184 Seiten ISBN: 978-3-7097-0244-4, € 29,90
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chlechte Luft kann nicht nur gesundheitsgefähr dend sein, sondern birgt auch Risiken für Produk tion und Industrie. Zu beachten
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Filtern stellt sicher, dass auch bei Beschädigung des ersten Filters weiterhin vollständiger Schutz gegeben ist.
sind verschiedene Parameter – von der Filterkonfiguration über Hygienic Design bis zu Material und Dichtungen. In Übereinstimmung mit den Fil ternormen ISO 16890 und EN1822 bieten z. B. anpassba re, mehrstufige Filterkonfigura tionen besondere Vorteile, weil diese gewährleisten, dass mit kontinuierlicher Effizienz ein breites Spektrum an Schwebe partikeln abgefangen wird. Die Verwendung von mehrstufigen
Wichtig ist, dass alle Ober flächen glatt und aus einem undurchlässigen, einfach zu reinigenden Material gefertigt sind und dass Vertiefungen vermieden wurden, um An griffspunkte für Partikel und Schadstoffe zu minimieren. Fugenlose Kanten und glatte Nähte, damit sich kein orga nisches Material ansammeln kann, verbessern die Resistenz gegen Alterung und Reini gungsmittel.
Achten Sie auf leckagesi chere Gehäuse, die vollkommen dicht sind, damit keine Partikel, Schadstoffe oder Schädlinge in das Geräteinnere gelangen kön nen, und korrosionsbeständige Materialen. Silikondichtungen müs sen lebensmittelecht, glatt und durchgehend sein, um Angriffs punkte für organisches Mater ial zu vermeiden. Wichtig ist eine möglichst hohe Beständig keit gegen vorzeitige Alterung durch Desinfektions- und Rei nigungsmittel. Je mehr diese Parameter zutref fen, desto eher werden Sicher
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heit, Qualität und Effizienz der Arbeitsabläufe verbessert und das Mindesthaltbarkeitsdatum der Lebensmittel verlängert. Flexible Luftreiniger als Ergän zung bestehender Lüftungssys teme bieten einige Vorteile. An wender sollten sich aber vor der Auswahl der Geräte zuerst über ihre Anforderungen im Klaren sein und sich gut beraten lassen, um die für ihre Situation best mögliche Lösung zu erhalten. Ing. Patrick Albrecht, Manager Technical Sales Support/Solution Design, QleanAir Scandinavia, Kriftel, Deutschland.
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Luftreinigung in der Lebensmittelindustrie
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VIREN – IN ALLER MUNDE! Es geht hier nicht um SARS-CoV2, auch nicht um die Covid-19-Pandemie, wohl aber um Viren und damit zusammenhängende Begriffe wie RNA, PCR und cycle threshold (ct-Wert). Auch auf Besonderheiten von Viren, im Speziellen von lebensmittel-ASSOZIIERTEN Viren, wird eingegangen. Nikolaus Hoffmann
M
it dem Blick auf Viren betreten wir eine frem de, unheim liche Welt. Der Begriff Virus wird momentan so selbstver ständlich verwendet, dass man fast vergessen könnte, dass fast niemand von uns auch nur an nähernd eine Vorstellung davon hat, was Viren überhaupt sind. Allgemeine Aussagen über Viren müssen sehr weit ge fasst werden, um nicht falsch zu sein. Das schließt auch die Definition von Viren ein, welche immer wieder, mit der Entdeckung neuer Viren, angepasst und erweitert wer den muss. Denn Viren sind keine einheitliche Gruppe. Tatsächlich sind sie so he terogen, dass es ohne biolo gische Vorkenntnis schwer ist, ihre Diversität zu über blicken. Ein Beispiel dazu: Wenn Sie eine Tulpe, eine Qualle und einen Menschen miteinander vergleichen, handelt es sich im Verhält nis zu Viren um eine Gruppe sehr ähnlicher Organismen. Am besten lassen sich Viren wohl über eine grundsätzli che „Funktionsweise“ ein grenzen, wobei die Details sehr unterschiedlich sein können. Viren sind nicht un bedingt Krankheitserreger, auch wenn der menschliche Kenntnisstand über Viren vor allem auf der Untersu
chung von Krankheitserre gen beruht.
Viren sind keine Lebewesen Die Aussage, Viren sind keine Lebewesen, klingt sehr klar und verständlich, ist aber unter Fachleuten umstritten, oder zumindest in Diskussi on. Viren sind keine Lebewe sen, „verhalten“ sich aber in vielen Aspekten wie Lebewe sen und unterliegen auch den Gesetzmäßigkeiten der Evo lution. Um die Situation zu verdeutlichen, könnte man die Aussage enger fassen: Viren sind außerhalb ihrer Wirtszellen keine Lebewesen, weil sie keinen eigenen Stoff wechsel haben und sich ohne ihren Wirt nicht vermehren können. Die Situation ändert sich aber schlagartig, sobald das Virus in eine Wirtszel le eindringt. In der Wirts zelle übernimmt das Virus Teile der Zellmaschinerie, „versklavt“ sie und bringt diese dazu, für sich zu ar beiten. So produzieren die se im Wesentlichen neue Viruspartikel, die dann auf verschiedene Weisen aus der Zelle frei werden. Im Inneren der Wirtszelle, also praktisch „gemeinsam“ mit der Wirtszelle, verhält sich
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das Virus wie ein Lebewesen. Es scheint, als ob Viren das Leben der Wirtszelle ausbor gen würden, weshalb die oft dogmatisch wiedergegebene Meinung, Viren seien keine Lebewesen, gelegentlich für Diskussionen sorgt.
Ein Schalter für die Gentechnik Die Eigenschaft der Viren, die Zellmaschinerie ihrer Wirte für sich arbeiten zu lassen, wird technologisch genutzt. Jeder, der ein Le bens- oder Futtermittel auf „Gentechnik-Freiheit“ un tersuchen lässt, stößt auf eine Untersuchung, die sich in etwa „Screening nach dem 35S-CaMV-Promotor“ nennt. Wobei die Buchsta benfolge CaMV für Cauli flower-Mosaic-Virus steht. Das CaMV wird häufig in verschiedenen Kreuzblütern, z.B. Karfiol, Senf, Raps, ge funden, für den Menschen ist es vollkommen harmlos. Im Zuge der Entwicklung gen technisch-veränderter Orga nismen wurde ein Stückchen der Virus-DNA, der 35S-Pro motor, als Steuerelement verwendet. Pflanzen erken nen den 35S-Promotor und beginnen, auf den Promotor folgende Gene umzusetzen. Der 35S-Promotor dient so
mit als eine Art universeller „Ein“-Schalter. Diese Eigen schaft wurde in zahlreichen gentechnisch veränderten Pflanzen genutzt, sodass die Suche nach dem 35S-Promo tor einen guten Hinweis auf das Vorliegen eines GVO in einer Probe gibt.
Viren auf Lebensmitteln Für Lebensmittelprodu zenten geben – nicht nur in Corona-Zeiten – vor allem lebensmittelassoziierte hu man-pathogene Viren Grund zur Sorge. Das können sein: HAV (Humanes Hepatitis A Virus), Noroviren, auch He patitis E und Rotaviren. Auf dem Lebensmittel befinden sich diese Viren außerhalb ihres Wirtsorganismus. Sie sind daher als tote, infektiö se Partikel zu betrachten. In logischer Konsequenz dieser Situation kann also nicht von „lebendig“ und auch nicht von „Abtöten“, sondern bes ser nur von „infektiös“ und „Inaktivieren“ die Rede sein. Diese Unterscheidung ist nicht bloß akademisch-philo sophisch, sie ist wichtig, um die Besonderheiten und die teilweise ungewohnten He rangehensweisen bei der Un tersuchung und beim Nach weis von Viren zu verstehen.
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Da Viren außerhalb der Wirtszelle nicht vermeh rungsfähig sind, können klas sische Untersuchungsmetho den der Mikrobiologie nicht einfach auf Viren übertragen werden. Die Besonderheiten des Nachweises und seine Tücken werden am Beispiel der Noroviren dargelegt, gel ten aber sinngemäß und mit einigen Abwandlungen auch für andere Viren. Noroviren sind, ebenso wie Hepatitis A-Viren oder SARS-CoV2, sogenannte RNA-Viren. Das bedeutet, ihr Erbgut liegt in Form von RNA vor. Der heute in beinahe allen Rou tinelabors übliche Nachweis erfolgt über die PCR (Poly merase Chain Reaction), ge nauer genommen über eine Reverse-Transkription-Re al-Time-PCR. Es gibt auch andere Arten der PCR, für die der beschriebene Ablauf nicht oder nur teilweise zu trifft. Vor der PCR selbst sind aber notwendige Vorberei tungen durchzuführen. Meditatives Arbeiten: Konzentrieren und Reinigen Anders als in der klassischen Mikrobiologie können die Viren nicht über einen An reicherungsschritt in einem einfachen Nährmedium ver mehrt werden. Damit wer den üblicherweise zwei Pro bleme mit einem Mal gelöst: Es kann eine ursprünglich sehr geringe Anzahl leben der Keime in der Probe si cher nachgewiesen werden, und es werden nur lebendige, vermehrungsfähige Keime erfasst. Wurden pathogene Keime bei der Lebensmittel produktion etwa durch einen Pasteurisierungsschritt ab getötet, haben sie keine Be deutung für die Sicherheit des Lebensmittels und werden auch nicht nachgewiesen. Im Falle von Viren fällt der Vermehrungsschritt aus, sie
zuvor noch einmal angegriffen wird. Die PCR führt zu einer rein biochemischen Vermehrung der Ziel-DNA über zykli sche Temperaturschritte. Bei jedem Zykus lagern sich kleine, künstlich hergestellte DNA-Stückchen, sogenannte Primer, an die nachzuweisende DNA an. Ausgehend von den Primern wird ein kleines Stück chen der Ziel-DNA verdop pelt. Bei einem gut entwickel ten PCR-Test ist bereits dieser Schritt hoch spezifisch. Im Ide alfall wird mit jedem folgenden Zyklus das Stückchen ZielDNA verdoppelt. Für einen erfolgreichen Nachweis muss die neu hergestellte DNA al lerdings noch sichtbar gemacht werden. Jetzt kommt die „Re al-Time“ der Real-Time-PCR ins Spiel. Es gibt verschiede ne Varianten der Real-Time PCR, hier wird exemplarisch eine sehr gängige Methode be schrieben: Die Real-Time PCR mit Hydrolysesonden. Dabei lagern sich bei je PCR-Test: Die Reverse- dem PCR-Zyklus spezifische Transcription-Real-Time-PCR DNA-Sonden an die Ziel-DNA Im folgenden Abschnitt wer an. Nur die sehr spezifischen den keine Details beschrieben, angelagerten Sonden werden sondern nur eine sehr grobe im folgenden Schritt zerstört, Vorstellung der Vorgänge ver wobei ein Farbstoff freigesetzt mittelt. wird. Liegt in einem Ansatz die Im ersten Schritt, der Rever Ziel-DNA vor, kumuliert mit sen Transcription, wird die jedem Zyklus die frei geworde virale RNA in DNA umge ne Farbe und die Farbintensität schrieben. Dies ist notwendig, steigt. An irgendeinem Punkt da der eigentliche Nachweis, übersteigt die Farbintensität die Real-Time-PCR, nur mit das Hintergrundrauschen und DNA funktioniert. Außerdem wird als Signal detektierbar. ist DNA sehr viel stabiler als Dieser Zyklus wird als „thresh RNA, wodurch die Gefahr ei hold-cyclus“ bezeichnet und nes falsch-negativen Nachwei manchmal als „ct-Wert“ ange ses sinkt. geben. Im Laboralltag merkt man von dem Vorgang nicht viel. ct-Wert lässt auf urDie verwendete Chemie ist sprüngliche Konzentration etwas teurer und vor der der Ziel-Sequenz schließen PCR muss ein Temperatur Der ct-Wert hat im Rahmen schritt eingefügt werden, der der Covid-19-Pandemie eine ein paar Minuten dauert. Die gewisse Berühmtheit erlangt. PCR erfolgt direkt danach, Was bedeutet er? Wenn bei ohne dass das Reaktionsgefäß jedem PCR-Zyklus die Zielwerden stattdessen von der Oberfläche des Lebensmittels abgewaschen und danach in einem sehr kleinen Flüssig keitsvolumen physikalisch konzentriert. Dies sind ar beits- und zeitintensive Ar beitsschritte. Naturgemäß gehen dabei ei nige Viruspartikel verloren, wodurch die Nachweisgrenze der Methode steigt. Das ist insofern problematisch, als bereits eine sehr geringe An zahl von Viruspartikeln (10–100), beispielsweise im Falle von Noroviren, für eine Infektion genügen. In den nachfolgenden Schrit ten wird die RNA (das Erb gut der Noroviren) gereinigt und weiter konzentriert. Wenn RNA einmal von den schützenden „Hüllen“ be freit wurde, wird sie – an ders als die chemisch sehr ähnliche DNA – sehr rasch abgebaut. RNA muss daher so schnell wie möglich „gesi chert“ werden.
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DNA verdoppelt wird und bei jedem Zyklus in Abhän gigkeit von der Menge der vorhandenen Ziel-DNA die Intensität des Farbsignals steigt, kann aus dem Zeit punkt, an dem das Signal eine bestimmte Stärke er reicht, auf die Menge der ursprünglich vorhandenen Ziel-DNA in der Probe ge schlossen werden. Je später im Reaktionsverlauf das Farbsignal detektierbar wird (je höher also der ct-Wert ist), desto weniger Ziel-DNA war in der Probe vorhanden. Im Zusammenhang mit dem SARS-CoV2-Nachweis wird der ct-Wert gerne völ lig unkritisch als Maß he rangezogen, um beurteilen zu können, ob eine positiv getestete Person für andere Personen ansteckend sein kann. Personen, deren PCRTest bei einem ct-Wert über 30 positiv ist, werden gerne als nicht-ansteckend klassi fiziert. Diese sehr pragmati sche Beurteilung ist rein der Bequemlichkeit geschuldet. Tatsächlich deutet ein ho her ct-Wert auf eine gerin ge Virenlast hin, diese sehr einfache Beurteilung ist aber sicherlich nicht gerechtfer tigt. Auf der Homepage des Robert-Koch-Instituts wird zwar der ct-Wert zur Beur teilung, ob eine Person an steckend sei, besprochen, es werden aber sehr klar verschiedene Szenarien dar gelegt, in denen diese Beur teilung nicht gilt. Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass in manchen Studien aus ca. 8 % der Proben mit ei nem ct-Wert um 35 noch in fektiöse Viruspartikel isoliert werden konnten. Die Diskussion, dass PCRNachweise inaktive, nicht mehr funktionstüchtige Viren nachweisen könnten, zeigt ei nen kritischen Aspekt der Me thode auf. Der PCR-Nachweis
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ist sehr spezifisch, und wenn eine gut etablierte PCR ein po sitives Ergebnis liefert, kann man sich darauf verlassen, dass die Zielsequenz, in die sem Fall die RNA des Virus, auch tatsächlich in der Probe vorhanden war, wenn Labor fehler ausgeschlossen werden können. Sind die nachgewiesenen Viren infektiös? Nachge wiesen wird mittels PCR ein Stück des viralen Erbguts, es ist damit aber nicht klar, ob das Virus in der Probe „funk tionstüchtig“, also infektiös, war. Wenn es sich bei der Probe um eine Patientenpro be handelt, wird im Labor davon ausgegangen, dass die nachgewiesenen Virusparti kel auch infektiös sind. Schwierig wird es, wenn man versucht, die „Überlebens dauer“ von Viren auf Ober flächen, die Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln oder anderen Virus-reduzierenden Maßnahmen zu untersuchen. Viren lassen sich nicht ein fach kultivieren, es bedarf der richtigen Wirtszellen, um die Funktionstüchtigkeit der Vi ren zu beurteilen. Da manche
Viren sehr wirtsspezifisch sind, bedarf es folglich der Zellen aus dem richtigen Wirtsorga nismus. Versuche am Men schen verbieten sich, also blei ben nur Zellkulturen über. Nun sind Zellkulturen von Säugetierzellen, inklusive des Menschen, teuer und aufwändig in der Erhaltung. Für Routineuntersuchungen kommen sie daher nicht in Frage. In manchen Fällen gelingt es überhaupt nicht, die gewünschten Viren in Zellkulturen zu vermeh ren. Im Falle von Noroviren ist es zum Beispiel erst vor wenigen Jahren gelungen, eine geeignete Zellkultur zu entwickeln. Das bedeutet aber, dass beinahe alle un sere Erkenntnisse über die Wirksamkeit von Desinfekti onsmitteln in Bezug auf No roviren auf Experimenten mit Surrogatviren beruhen.
Surrogatviren Ein Surrogatvirus ist ein „Ersatzvirus“, das einfacher zu handhaben ist als das ei gentliche zu untersuchende Virus und eine Reihe von Eigenschaften trägt, die eine
Vergleichbarkeit mit dem Zielvirus erlauben. Wie die „Ähnlichkeiten“ zum Zielvi rus gewertet werden, hängt sehr stark von der Fragestel lung ab. MS2-Phagen lassen sich ver gleichsweise leicht auf Esche richia coli-Kulturen vermeh ren. Sie sind umweltstabil, wodurch eine Reduktion der aktiven, infektiösen Partikel als konservatives Maß für die Wirksamkeit einer Maßnah me auch gegen andere Viren herangezogen werden kann. MS2-Phagen sind für den Menschen völlig ungefähr lich, wodurch Versuche sehr viel einfacher durchgeführt werden können. In Analogie zum Zählen lebender Bakterienkoloni en wurde ein quantitatives Zählverfahren für aktive MS2-Phagen entwickelt. In diesem Verfahren wird der Wirt (E. coli) mit dem Viren isolat vermischt und gleich mäßig auf einer Agarplatte aufgebracht. Es entsteht da durch eine gleichmäßig trübe Oberfläche. Nur an Stellen, an denen ein infektiöses Vi ruspartikel vorhanden ist, kann sich der Wirt nicht ent
wickeln, und es bleibt eine kleine kreisrunde klare Stelle übrig. Diese Plaques können gezählt werden, wobei jede dieser Plaques einem Virus partikel entspricht. Mithilfe der MS2-Phagen ist es auch für kleinere Betriebe möglich, die Effizienz virenreduzieren der Maßnahmen für ihre Pro dukte zu testen.
VIREN – in aller Munde! Coronabedingt wird sehr viel über Viren und ihre Nach weise gesprochen – sie sind quasi in aller Munde. Das stimmt nicht nur im übertra genen Sinne: Das Torque-Te no-Virus wurde in 90 % der Weltbevölkerung, unabhän gig von Alter, Geschlecht oder Ethnie der Personen, gefunden, ohne dass irgend ein Hinweis auf eine damit einhergehende Erkrankung entdeckt wurde. Mag. Nikolaus Hoffmann, HYGIENICUM GmbH, Institut für Lebensmittel sicherheit und Hygiene, Graz
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18 firmenbericht company report
Essig ist vielfältig einsetzbar Warenkunde Essig wird durch eine Essigsäure-Gärung mit Alkohol gewonnen oder als sogenannter Essig aus Essigsäure durch ein Verdünnen von gereinigter Essigsäure mit Wasser.
B
ei einem Säurean teil von mindes tens fünf Prozent spricht man von Essig, zwischen 15,5 Prozent und maximal 25 Prozent dagegen von Essigessenz. Essig ist lan ge nicht so sauer, wie man denkt. Essigessenz verfügt über eine deutlich konzen triertere Säure. Essigessenz wird aus mit Wasser verdünnter, gerei nigter Essigsäure hergestellt. Bei dieser Methode wird ein besonders hoher Säureanteil und Reinheitsgrad erreicht.
Das macht Essigessenz sehr kompakt, ergiebig und frei von Zusätzen. Gärungsessig entsteht durch einen anderen Pro zess: Bakterien reagieren in größtenteils alkoholischen Flüssigkeiten wie zum Bei spiel Wein und Agraralkohol, aber auch in Fruchtsaft mit der Luft, und beginnen zu gären, so dass der Alkohol im Laufe der Zeit in Essig umge wandelt wird. In modernen Verfahren werden im Sinne der Beschleunigung Essigbak terien hinzugefügt und zum Gären gebracht.
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Seit jeher wird bei Essig die Kombination aus Ge schmack und konservie render Wirkung geschätzt. Diese natürlichen Vorteile können auch in der hand werklichen und industriel len Lebensmittelproduktion genutzt werden. Dazu wird der Essig in einem patentier ten Verfahren zunächst „ge mildert“. Die gewonnene Haltbarkeit bei gleichzeitig ge schmacklicher Abrundung der produzierten Lebens mittel ist die große Stärke des gemilderten Essigs. Die
Kombination aus Natürlich keit, Wirksamkeit und Ge schmacksverbesserung macht den gemilderten Essig zu et was ganz Besonderem. Die Vorteile auf einen Blick: • Natürliches Produkt, keine E-Nummer • Deklaration als „gemilder ter Essig“ • Bakteriostatischer Effekt, hemmt das Wachstum von Listerien • Geschmackliche Abrundung des Endprodukts • Keine Beeinträchtigung der Wasserbindefähigkeit
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• Geringe Dosierung/gerin ger Anteil im Endprodukt • Für industrielle und hand werkliche Anwendung ge eignet • In einer speziellen Variante geeignet für natriumredu zierte Produkte Essig verfügt über eine nachgewiesene, technologisch zuverlässige, standardisierte Wirkung im Hin blick auf Frischhaltung und Haltbarkeit unterschiedlicher
Anwendungen und Lebens mittel, zum Beispiel: • Fleisch- und Wurstwaren • Brüh- und Bratwurst, Halbdauerwaren, Kochpö kelwaren • Hackfleischprodukte und Burger, Slicerware • Drehspießprodukte • Geflügel • Fisch und Meeresfrüchte • Feinkost • Salate, Saucen, Dips, Ma rinaden • Gemüse
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Impressum — DIE ERNÄHRUNG Österreichische Zeit schrift für Wissenschaft, Recht, Technik und Wirtschaft ∙ N UTRITION Austrian journal for science, law, technology and economy ∙ redaktion@ernaehrung-nutriti on.at ∙ Offizielles Organ des Fachverbands der Nahrungs- und Genussmittelindustrie Österreichs und des Vereins zur Förderung der österreichischen Lebensmittelwirtschaft (foodalliance) ∙ Herausgeber: Fachverband der Lebensmittelindustrie; A-1030 Wien, Zaunergasse 1–3 ∙ Wissenschaftlicher Beirat: Generaldirektor Univ.-Prof. Dr. iur. et rer. pol. Walter Barfuß, Ao. Univ.-Prof. i. R. DI Dr. nat. techn. Emmerich Bergh ofer, Dr. M ichael Blass, Hon.-Prof. Dr. Konrad
Brustbauer, Ass.-Prof. DI Dr. nat. techn. Klaus Dürrschmid, Prof. Dr. Christian Hauer, Univ.-Prof. Dr. Ing. Henry Jäger, OR Dr. Leopold Jirovetz, Univ.-Prof. i.R. DI Dr. nat. techn. Wolfgang Kneifel, Univ.-Prof. Dr. Jürgen König, Dr. Andreas Natterer, Ass.Prof. Dr. Peter Paulsen, Univ.-Prof. Dr. Werner Schroeder, LL.M, Univ.-Prof. Dr. Veronika Somoza, Univ.-Doz. Mag. Dr. Manfred Tacker, Univ.-Prof. Dr. med. vet. Martin Wagner Dipl. ECVPH ∙ Chefredakteur: DI Oskar Wawschi nek, MAS, MBA ∙ Redaktion Wissenschaft: Ass.-Prof. DI Dr. nat. techn. Klaus Dürrschmid ∙ Redaktion Recht: Mag. Katharina Koßdorff ∙ Verleger: SPV Printmedien Gesellschaft m.b.H.; A-1080 Wien, Florianigasse 7/14;
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