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NOVEMBER 2012

BLICK INS LAND SELECTION

P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1040 Wien, Zul.-Nr. 02Z033612M SONDERAUSGABE BLICK INS LAND / NOVEMBER

Mostviertler Schweinefacht ag Tagungsth ema

Foto: agrarfoto.com

Mehr darüber auf Seite 5

Am 32. Dezember ist es zu spät

Landwirtschaft zeigen, wie sie ist

Flüssigfütterung: Hygiene im Auge behalten

Mit Fütterung Ebergeruch reduzieren


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INHALT/IMPRESSUM

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schweineprofi – Ihr Magazin

TERMINE 04 Am 32. Dezember ist es zu spät

MOSTVIERTLER SCHWEINEFACHTAG

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05 Mostviertler Schweine-

Die Kastration männlicher Ferkel ist gängige Praxis. Die vermehrte Kritik an der Mast von Kastraten könnte aber schon bald durch die Jungebermast abgelöst werden. Davor gilt es zu klären, wie Jungeber gefüttert werden müssen, um ihr Wachstumspotenzial voll auszuschöpfen sowie den Anteil von „Stinkern“ so gering wie möglich zu halten.

fachtag: Programm 06 Zwischen Pragmatismus und Idealismus 08 Landwirtschaft soll zeigen, wie sie ist 10 Österreicher lieben ihr Schweinernes

Dr. H. Lindermayer, LFL Grub

11 Herausforderung Schweinehaltung 20 Qualitätssicherung laufend verbessern 26 Genug frische Luft im Schweinestall

MANAGEMENT 29 Arbeitszeit: Mehr im Büro als im Stall?

FÜTTERUNG 12 Hygiene in Flüssigfütterungsanlagen

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SCHWEINEFACHTAG

TIERGESUNDHEIT

für Schweine 14 Mehr Lysin plus Inulin reduziert Ebergeruch

TIERGESUNDHEIT 22 Würmer bei Ferkeln – was tun? 22 35 abgesetzte Ferkel pro Sau und Jahr 23 Atemwegserkrankung: Viele Erreger und Ursachen 25 Der Schweineflüsterer

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EBERGERUCH

STALLKLIMA

31 FIRMEN BERICHTEN

IMPRESSUM EIGENTÜMER UND VERLEGER SPV Printmedien G.m.b.H., Margaretenstraße 22/2/9, 1040 Wien HERAUSGEBER Universität für Bodenkultur, GregorMendel-Straße 33, 1180 Wien CHEFREDAKTEUR Klaus Orthaber (orthaber@schweineprofi.at) REDAKTION Ing. Bernhard Weber (redaktion@schweineprofi.at), Stefan Nimmervoll (redaktion@schweineprofi.at) ANZEIGENLEITUNG Prok. Doris Orthaber-Dättel (orthaber-daettel@schweineprofi.at) ANZEIGENVERKAUF Hanspeter Mikesa (mikesa@schweineprofi.at) VERWALTUNG, ASSISTENZ Stefanie Brenner (brenner@schweineprofi.at) REDAKTION UND HERSTELLUNG (ANZEIGENANNAHME) 1040 Wien, Margaretenstraße 22/2/9, Telefon 01/581 28 90, Fax 01/581 28 90-23, vom Ausland 00 43/1/581 28 90 FIRMENBUCHNUMMER: FN 121 271 S. DVR 286 73 PRODUKTION baba grafik & design, www.baba.at, 1020 Wien DRUCK Leykam Druck GmbH & Co KG, 7201 Neudörfl, Bickfordstraße 21 VERLAGSORT Margaretenstraße 22/2/9, 1040 Wien. P.b.b., ZUL.-NR. 02Z033612M. Alle Zuschriften und Chiffre-Briefe an BLICK INS LAND, Margaretenstraße 22/2/9, 1040 Wien. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Unterlagen besteht keine Gewähr auf Veröffentlichung oder Rücksendung.


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TERMINE

Am 32. Dezember ist es zu spät Tierschutzauflagen Mit Jahresende 2012 enden wesentliche Übergangsfristen in der Schweinehaltung. Meldungen zur Inanspruchnahme der „10-%-Toleranzregelung“ sind vor dem 1. Jänner 2013 durchzuführen. Diese können vor kostspieligen Umbaumaßnahmen schützen und bringen bei fristgerechter Einbringung Rechtssicherheit für den Tierhalter. Von Stefan Fucik ls 2005 das bundesweite Tierschutzgesetz und die 1. Tierhaltungsverordnung in Kraft traten, mussten viele Bestimmungen sofort eingehalten werden, etwa Vorgaben zur Be-

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Mostviertler Schweinefachtag Tagungsthema

10-%-Toleranzregelung Um Stallanlagen, die bereits vor 2005 errichtet wurden und in denen nur geringfügig von den Tierschutzvorgaben abgewichen wird, vor teuren Umbaumaßnahmen zu bewahren, konnte vor zwei Jahren eine Toleranzregelung erreicht werden: Diese dürfen von den in der 1. Tierhaltungsverordnung festgelegten Maßen und Werten um maximal zehn Prozent abweichen, wenn: das Wohlbefinden der Tiere auch im Falle der Abweichung nicht eingeschränkt ist; EU-Vorgaben nicht unterschritten werden; der bauliche Anpassungsbedarf unverhältnismäßig ist und die Abweichung der Bezirksverwaltungsbehörde vor Ablauf der Übergangsfristen gemeldet wird.

Bei Letzterem handelt es sich nicht um eine Selbstanzeige, sondern um die Wahrung einer rechtskonformen Tierhaltung bei Abweichungen im Toleranzbereich. Die Behörde hat laut Kontrollplan jährlich mindestens zwei Prozent der Betriebe mit Nutztierhaltung auf die Einhaltung der Tierschutzrechtsvorschriften zu kontrollieren. Die Meldung der Inanspruchnahme der Toleranzregelung hat laut Tierschutzkontrollverordnung – ebenso wie bisher schon die Anzahl und Art der gehaltenen Tiere, die Produktionsweisen und Haltungsformen, die Teilnahme

an Eigenkontrollsystemen etc. – einen Einfluss auf den Kontrollplan. Für ab 2005 durchgeführte Neu- und Umbauten kann die 10-%-Toleranzregelung nicht in Anspruch genommen werden. Merkblatt & Meldeformular Die LK Niederösterreich hat in Zusammenarbeit mit dem Amt der NÖ. Landesregierung dazu ein entsprechendes Merkblatt inkl. Meldeformular erarbeitet. Darauf sind sämtliche Bestimmungen angeführt. Letzteres ist

Strengere Auflagen für bauliche Maßnahmen u. Übergangsfristen

Spaltenbreiten von Betonspaltenböden bei SaugAbsetzferkeln und Ebern Auftrittsbreiten von Betonspaltenböden bei Ebern Spaltenbreite von Kunststoff- und Metallrosten bei Saug- und Absetzferkeln Fensterflächen oder andere Flächen, durch die Tageslicht einfällt Fressplatzbreite in Gruppenhaltungssystemen Einzelstände für Jungsauen und Sauen, die nicht in Gruppen gehalten werden müssen Abferkelbuchten Perforationsanteil der Bodenfläche von Abferkelbuchten * Wenn vor 2005 die Landes-Tierschutzbestimmung eingehalten wurde, gilt die längere Frist.

2013/2020 * 2020 2013/2020 * 2020 2013 2013 2013 2013

vor Ende der Übergangsfrist bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft abzugeben bzw. per Fax zu übermitteln. Merkblatt und Meldeformular liegen in den Bezirksbauernkammern auf oder können via Internet abgerufen werden. Seit 2006 stehen zudem Checklisten und Handbücher zur einfachen Selbstevaluierung in Sachen Tierschutz zur Verfügung, damit man auf einfache Weise herausfinden kann, ob oder in welchen Bereichen und innerhalb welcher Fristen Handlungsbedarf besteht. Sowohl auf dem Merkblatt als auch dem Meldeformular wird auf das entsprechende Kapitel im Handbuch „Selbstevaluierung Tierschutz“ hingewiesen. ❉ Mag. Stefan Fucik ist Mitarbeiter der Abteilung Tierhaltung, Referat Tiergesundheit und Tierschutz, in der LK Niederösterreich.

Internet-Tipp: www.lk-noe.at

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satzdichte, die ohne bauliche Maßnahmen umsetzbar waren. Für Stallanlagen oder Haltungseinrichtungen, die bereits vor 2005 bestanden, wurden für den Fall der Notwendigkeit baulicher Maßnahmen zur Einhaltung der Vorschriften Übergangsfristen in der Schweinehaltung bis 2013 eingeräumt. Für einige dieser Bestimmungen gilt jedoch eine Übergangsfrist bis 2020 – aber nur, wenn vor 2005 die landesrechtlichen Tierschutzvorgaben eingehalten wurden (siehe Tabelle).


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TAGUNG

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Mostviertler Schweinefachtag Bereits zum dritten Mal findet am 21. November am Mostviertler Bildungshof Gießhübl wieder ein Expertentreff für Schweinebauern statt. Hochkarätige Referenten informieren dort über aktuelle Branchenthemen. Was Schweinehalter wissen müssen, um die auf ihre Branche zukommenden Herausforderungen erfolgreich meistern zu können, darüber informieren auf Einladung von Bildungshof-Direktor Gerhard Altrichter und Johannes Schmutzer von der LK Niederösterreich Fachleute aus Politik und Wirtschaft, Wissenschaft und Praxis. Das Programm Moderiert wird die Fachtagung von Gerhard Altrichter sowie Anton Emsenhuber, selbst Schweinehalter. Unmittelbar nach Beginn um 9.15 Uhr analysieren Hermann Schultes, Präsident der LK Niederösterreich, Andreas Pum, Abgeordneter zum NÖ. Landtag, sowie VÖS-Funktionär und Schweinemäster Rupert Hagler die aktuellen „agrarpolitischen Herausforderungen für die Schweinehaltung“. Nach einer daran anschließenden kurzen Podiumsdiskussion erörtern Johann Nolz, Geschäftsführer von Gut Streitdorf, und der Fleischmanager Helmut Gattringer, Geschäftsführer von Spar-Tann in St. Pölten, „Vermarktung, Trends und Entwicklungen am nationalen und internationalen Schweinemarkt“. Ausführlich das Thema „Tierethik zwischen Pragmatismus und Idealismus“ erläutern wird Erwin Lengauer, Foschungsassistent für Ethikfragen an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien. Aufgelockert wird das Fachprogramm vor der

Mittagspause mit einer Grillvorführung verbunden mit „Tipps und Tricks für das Beste vom Schwein“. Am Nachmittag blickt der Landesveterinärdirektor von Niederösterreich, Franz Karner, auf die tierärztliche Versorgung und Betreuung von Schweinen und Diplom-Tierarzt Stefan Fucik von der LK Niederösterreich auf den Tierschutz, konkret auf die „10%-Toleranz-Regelung für Schweinehalter“. Was es beim Thema „Richtig lüften im Schweinestall“ zu beachten gilt, darüber gibt Irene MösenbacherMolterer, Stallklima-Forscherin des LFZ Gumpenstein, Auskunft. Daran anschließend stellen Rupert und Maria Hagler aus St. Valentin ihren Schweinemastbetrieb vor, der immer öfter auch als Schule am Bauernhof genutzt wird. Abschließend können alle Tagungsteilnehmer gemeinsam mit Tierarzt Ferdinand Entenfellner die jüngsten Innovationen des hiesigen Bildungsstalls besichtigen, darunter neue Abferkelbuchten gemäß der geänderten Tierhaltungsverordnung. Den ganzen Tag über präsentieren zudem die Futtermittelhersteller Biomin, Garant und Schaumann ihr Produktangebot. Die Veranstaltung endet um 17 Uhr. Der Mostviertler Schweinefachtag findet in Kooperation des Bildungshofes mit der LK Niederösterreich sowie BLICK INS LAND und dem Magazin „schweineprofi“ statt. Anmeldung erforderlich unter Tel.: 07472/627 22, office@ most viertler-bildungshof.at oder Tel.: 050/259-41100, office@ melk.lk-noe.at; Tagungsbeitrag: € 13,–, TGD-Anrechnung: 2 Stunden. www.lfs-giesshuebl.at

DIE AGRARZEITUNG OSTERREICHS

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BLICK INS LAND schweineprofi DAS MAGAZIN

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DAS MAGAZIN FÜR MODERNE SCHWEINEHALTUNG

Foto: agrarfoto.at

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Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums: Hier investiert Europa in die ländlichen Gebiete.


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DISKUSSION

Zwischen Pragmatismus und Idealismus Tierethik Eine zentrale Aufgabe von Tierethikern in Bezug auf die Schweinezucht wäre es, für die relevanten Anforderungen artgerechter Tierhaltung die notwendige Sensibilität nicht nur bei den Landwirten, sondern gerade bei den Konsumenten wie auch in der (Agrar-)Politik durch sachliche ethische Argumentation zu festigen, meint ERWIN LENGAUER.

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Mostviertler Schweinefachtag Tagungsthema

turkreis ähnlich wie Buddha und Mahatma Gandhi für den asiatischen Kulturkreis grundlegende Inspirationen dar. Ein grundlegender und noch immer im Zentrum stehender säkularer, sprich nichtreligiöser Tierethikansatz wurde erstmals durch den Rechtsphilosophen Jeremy Bentham bereits 1789 in dem Werk „An Introduction to the Principles of Morals and Legislation“ mit der nachfolgenden zentralen

Kernthese formuliert: „Die Frage ist nicht, ob Tiere ‚sprechen‘ oder ‚denken‘ können, sondern ob Tiere leiden können.“ Diese These gilt wohl berechtigterweise als der meistzitierte Satz in der Geschichte der modernen Tierethik und bildete auch die theoretische Grundlage für das weltweit erste Tierschutzgesetz in Großbritannien.

auch ein Produkt des vermehrten Pluralismus der modernen Gesellschaften seit den 1970er Jahren. Unstrittig in der Fachwelt markieren die Werke von Peter Singer (1975), „Animal Liberation“, und Tom Regan (1983), „The Case for Animal Rights“, grundlegende theoretische Modelle der Tierethik. Einen hervorragenden und noch dazu um acht Euro auch sehr preisgünstigen Die gegenwärtige akademische, Überblick aus den verschiedenen universitäre Tierethik als Bereich gegenwärtigen Ansätzen bietet der angewandten Ethik ist jedoch der kleine Sammelband „Texte Haltungssysteme im tierethischen Diskurs Leere und tragende Sauen

Ferkelführende Sauen Ferkelaufzucht Mastschweine BAT-Kistenstall Eber

Tiefstreu mit erhöhtem Fressplatz, Mehrflächenbucht mit Liegenischen, aufgelöste Bauweise Heku-Bucht, FAT-2-Bucht, BATGruppensäugebucht Koomans-Bucht, Nürtinger System, Dreiflächen-Ferkelaufzuchtbucht Dänische Bucht, Zweiflächen-Tiefstreubucht, Schrägbodenbucht Eberbucht mit Auslauf

zur Tierethik“, erschienen 2008 im Reclam-Verlag. Dieser bietet im deutschsprachigen Raum eine Einführung über verschiedene Aspekte wie Würde und Tier oder die seit Schopenhauer gerade auch im deutschsprachigen Raum bekannte Mitleidsethik für Tiere. Eine 2011 erschienene, besonders zu erwähnende kulturwissenschaftliche Publikation unter dem Titel „Mensch und Schwein“, verfasst von dem renommierten Bioethiker Franz M. Wuketits, widmet sich der hoch ausdifferenzierten Mensch-TierBeziehung. Doch gerade in einer pragmatisch orientierten und für die Praxis stärker relevanten interdisziplinären Tierethik zeigen sich die Komplexität auch der moderaten Ansätze und deren mögliche Relevanz für die Schweinezucht. Tierethische Diskussionen werden in der Öffentlichkeit wie auch in den Fachmedien teilweise mit harten

Fotos: agrarafoto.com

nsätze einer Tierethik lassen sich bereits in der Philosophie der griechischen Antike wie bei Pythagoras, aber auch in den entstehenden Weltreligionen finden. Franz von Assisi und Albert Schweitzer stellen für den christlichen Kul-


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DISKUSSION

Argumenten betrieben. Die Relevanz von tierethischen Analysen findet sich jedoch gerade auch in agrarischen Fachzeitschriften wie „Der fortschrittliche Landwirt“, bei einem Interview von Johann Schlederer, Geschäftsführer des Verbandes Österreichischer Schweinebauern, VÖS: „Es sind harte Zeiten angebrochen für die Schweinebauern und deren Vertreter. Beim Tierschutz und zuletzt auch in Sachen Welthunger wurde der schwarze Peter den Bauern zugespielt.“ Ein weiterer wichtiger, besonders berechtigter Aspekt findet sich in BLICK INS LAND, wo zu lesen stand: „Schweinehalter kritisieren Preisdumping.“ Gerade diese Zitate zeigen die untrennbare Verknüpfung von Tierethik und Wirtschaftsethik in der Schweinezucht. Denn bei aller Differenz unter den verschiedenen Ansätzen der Tierethik dürfte die Ablehnung von „Geiz ist geil“ bei einem Produkt wie Schweinefleisch eindeutig sein. Jeder Tierethiker sollte daher auch verstärkt immer wieder die Bedeutung eines fairen Preises für artgerechte Schweinehaltung als zentrales Thema gerade auch in den

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stellt von der IGN, findet man auch online im Internet (siehe Infokasten). Denn der Ausgangspunkt für die Gestaltung einer artgemäßen Schweinehaltung sind die Anforderungen der Tiere an ihre Haltungsumwelt auf der Grundlage des arteigenen Verhaltens. Die Erkenntnisse der Nutztierethologie geben über das arttypische, natürliche Verhalten von Hausschweinen Auskunft.

öffentlichen Diskursen und in der Ausbildung von Studierenden einbringen. Weiters werden interdisziplinär arbeitende Tierethiker – selbst wenn die meisten davon vegetarisch leben – die systematische wissenschaftliche Tätigkeit von fortschrittlichen Organisationen wie der des Forschungsinstituts für biologischen Landbau, FiBL, oder der Internationalen Gesellschaft für Nutztierhaltung, IGN, im Bereich der Schweinehaltung begrüßen. Besonders die jährliche Veranstaltung der „Freilandtagung“ stellt seit 1994 eine multidisziplinäre Vorreiterrolle in der Verbindung von Forschung und Praxis dar. Weiters könnte

Fazit Eine zentrale Aufgabe von Tierethikern in Bezug auf die Schweinezucht wäre es wohl zukünftig das 2010 gegründete daher, für diese relevanten An„Messerli Forschungsinstitut zur forderungen nicht nur bei den Mensch-Tier-Beziehung“ an der Produzenten, sondern gerade bei Vetmed-Uni Wien wichtige tierden Konsumenten wie auch in ethische Forschung gerade auch der (Agrar-)Politik die notwenfür die Praxis leisten. Eine Verdige Sensibilität durch sachliche knüpfung von Theorie und Praxis ethische Argumentation zu versucht auch das Oxford Center festigen. ❉ for Animal Ethics, während sich Mag. Erwin Lengauer ist Forschungsder tierethische Schwerpunkt der assistent für Ethik an der Philosophischen Forschungsstelle für Ethik und Fakultät der Universität Wien. Wissenschaft an der Universität Wien eher an theoretischen Fragen orientiert. Internet-Tipps: www.ign-nutztierhaltung.ch Einen Überblick über die tier/schweinehaltung ethisch zentralen ethologischen www.tierethik.org Erkenntnisse für eine artgerechte www.freiland.or.at Schweinehaltung, zusammenge-

TIERETHISCH ZENTRALE ERKENNTNISSE FÜR EINE ARTGERECHTE SCHWEINEHALTUNG Allgemeine Anforderungen des Schweins an seine Haltungsumwelt sind: die Haltung in stabilen Gruppen (außer beim Abferkeln); Tageslicht; Auslaufmöglichkeit; ausreichend Fressplätze sowie Fressplatzabtrennung; ein weicher, verformbarer Liegebereich; Mikroklima im Liegebereich bei Jungtieren; getrennte Funktionsbereiche plus Beschäftigungsmöglichkeiten; Abkühlungsmöglichkeiten. Anforderungen nicht tragender und tragender Sauen: Gruppenhaltung; Tier-Fressplatz-Verhältnis 1:1; getrennte Liege- und Kotfläche; Auslaufmöglichkeit; wenn möglich, Weidegang. Anforderungen ferkelführender Sauen: freies Abferkeln; Nestbaumaterialien; Mindestfläche der Abferkelbucht: 7 m²; strukturiert in Liege- und Kotbereich; Ferkelschutzkorb; Ferkel-

nest mit Kleinklima; getrennter Ferkelfressbereich; Ferkelschlupf zwecks Kontakt von älteren Ferkeln mit Buchtennachbarn; Beckentränken; Auslauf. Anforderungen Ferkel: Zusammenstallung einander bekannter Ferkel; stabile Gruppen; wärmegedämmte und zugfreie Liegefläche; zwei Klimazonen „warm“ und „kalt“; getrennte Funktionsbereiche (Liegen, Koten, Fressen). Anforderungen von Mastschweinen: Gruppen aus Aufzucht beibehalten; evtl. Geschlechtertrennung; zehn bis 20 Tiere pro Gruppe; getrennte Funktionsbereiche (Liegen, Koten, Fressen); Tränk- und Fütterungssystem aus der Aufzucht; Abkühlungsmöglichkeiten. Anforderungen von Ebern: mindestens 6 m² (in Deckbucht

10 m²) Buchtenfläche; Auslaufmöglichkeit; rutschfester Boden; eingestreute, weiche Liegefläche; separater Fressplatz sowie Liegebereich bei Gruppenhaltung mit Sauen; Abkühlungsmöglichkeiten. Kennzeichen nicht artgemäßer Schweinehaltung sind: Kastenstand für Sauen; Einzelhaltung; geringes Platzangebot; geringes Lichtangebot; schlechtes Stallklima; keine Funktionsbereiche; Haltung auf Vollspalten; Haltung ohne Einstreu. Die möglichen Folgen sind Verletzungen und Verhaltensstörungen. Diese können verschiedene Ursachen haben. Verletzungen: Untersuchungen belegen größere Verletzungsgefahr von Sauen und Ferkeln bei der Haltung auf Voll- und Teilspaltenböden. Ebenso weisen Mastschweine auf Vollspalten-

böden häufiger Bein- und Klauenverletzungen sowie Gliedmaßenverdickungen auf als Tiere auf Stroheinstreu. Selbst in stroharmen System treten noch gehäuft Liegeschwielen auf. Verletzungen im Kastenstand bei Sauen sind nicht selten. Die Bewegungsfreiheit der Tiere ist eingeschränkt. Sie können sich kaum bewegen. Tun sie dies, stoßen sie an die Stalleinrichtung und verletzen sich. Verhaltensstörungen: Wenn das arteigene Verhalten nicht ausgeführt werden kann, kann es zu Verhaltensstörungen kommen. Die Tiere sind mit ihrer arteigenen Anpassungsfähigkeit an die (meist reizarme) Umwelt überfordert. Typische Verhaltensstörungen sind Trauern, Leerkauen, Stangenbeißen, Schwanzbeißen. Quelle: IGN Nutztierhaltung


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REPORTAGE

„Landwirtschaft so zeigen, wie sie ist“ Schule am Bauernhof Rupert und Maria Hagler zeigen Schulkindern auf ihrem Betrieb, wie moderne Schweinehaltung heutzutage wirklich tagtäglich passiert. Auf ihrem Hof wird teils spielerisch veranschaulicht, wie der Tag im Leben eines Schweins aussieht. ie Schweinehaltung kommt auch hierzulande immer wieder in Verruf. Massenhaltung in unwürdigen Ställen mit zu wenig Platz, vermehrter Medikamenteneinsatz, keine Möglichkeit für arttypisches Verhalten der Tiere und als Gegenpol ein „sprechendes Schweinderl“ in der TV-Werbung, das eine Idylle beschwört,

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im Haus ist, und kümmern sich gemeinsam um ihre drei kleinen Kinder: Johannes, Elisa und Matthias.

Mittellangtröge ohne Sensor. Gefüttert wird viermal täglich, wobei sich jede Fütterung in zwei Blöcke aufteilt, um eine bessere Verteilung des Futters Der Hof der Haglers ist ein für innerhalb der Rangordnung in Österreich typischer konventio- den Buchten zu gewährleisten. neller Schweinemastbetrieb im Bewährt hat sich eine PhasenfütVollerwerb. Die Ferkel werden terung in zwei Gruppen von 30 mit einem Gewicht von rund 30 bis 80 Kilogramm Gewicht bis Kilogramm von einem Partnerbe- 80 bis 120 Kilogramm. Zweimal trieb im Waldviertel angeliefert am Tag erfolgt ein Kontrollgang und auf 120 Kilogramm gemäs- in den Stall. tet. Dass alle ihrer Ferkel ausschließlich von nur einem Zucht- Als AMA-Gütesiegel-Betrieb betrieb kommen, ist beabsichtigt: unterliegt man strengeren Aufla„Dadurch konnten wir den gen, alle Schweine der Haglers Tagungsthema Gesundheitsstatus unserer werden ausnahmslos über die Schweine stark verbessern und Schweinebörse Gut Streitdorf die es nicht gibt. Für realistische unsere Ausfallsquote minimievermarktet. Rupert Hagler ist Eindrücke aus einem typischen ren“, erzählt Rupert Hagler im überzeugt: „Die Zukunft der Schweinestall in Österreich Gespräch mit dem schweineheimischen Veredelung liegt in bleibt da kaum Platz. profi. Das Management zwieiner Kreislaufwirtschaft am schen Zuchtbetrieb und Mastbe- Familienbetrieb und in einer starAnders die Situation am Betrieb trieb ist so abgestimmt, dass im ken Vermarktungsorganisation an der Familie Hagler in St. Valentin Drei-Wochen-Rhythmus produ- seiner Seite.“ Zudem ist der im westlichen Mostviertel. Der ziert wird. Bauer Mitglied beim Arbeitskreis gemischte Betrieb mit Ackerbau Schweinemast Haag. So erhält er und Schweinemast bietet vier Versorgt werden die Tiere im jährlich eine vollständige AuswerGenerationen ein Auskommen: Flüssigfütterungsverfahren, der tung über die biologischen und Die Besitzer Rupert und Maria Brei aus Mais und Weizen aus ei- ökonomischen Leistungen seines arbeiten gemeinsam mit den genem Anbau und einem SojaBetriebszweiges Schweinemast Eltern am Betrieb, pflegen zukonzentrat wird mit Molke geund kann seine Daten mit 15 dem eine Großmutter, die noch streckt. Im Stall befinden sich anderen Betrieben aus der Re-

Mostviertler Schweinefachtag

gion vergleichen. Den regelmäßigen Meinungs- und Erfahrungsaustausch in dieser Gruppe hält Hagler für sehr wertvoll: „Für mich ist es sehr wichtig, meine Betriebszahlen zu kennen. Durch den Vergleich im Arbeitskreis kann ich unsere Leistungen sehr gut beurteilen. Auch aktuelle Themen, Infos und Trends erhalte ich zeitnah und kann sie mit Experten und Berufskollegen diskutieren“, sagt Hagler. Und weil den Haglers das überwiegend unrealistische Bild von der Schweinehaltung in der breiten Öffentlichkeit ein Dorn im Auge ist, bewerben sie ihren Betrieb auch als Exkursionssziel für Schulklassen. Der Bauernhof ist einer von sechs „Schule am Bauernhof“-Betrieben in St. Valentin. Im Team mit anderen Landwirten offen sie für die künftigen Konsumenten ihre Stalltore. Mittlerweile ist in allen St. Valentiner Schulen pro Jahr ein Lehrausflug zu einem dieser Betriebe vorgesehen. Für die Sparte Schweinehaltung zeichnen die Haglers verantwortlich. „Es ist uns ein Anliegen,


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REPORTAGE

den Kindern Landwirtschaft so zu zeigen, wie sie ist“, sagt Maria Hagler, die den Stein für dieses Projekt ins Rollen brachte. Bis zum Ende ihrer Pflichtschuljahre erhalten alle Kinder einen Einblick in den Arbeitsalltag der Bauern in ihrer nahen Umgebung. Auf den Hof der Familie Hagler werden die Schülerinnen und Schüler der 3. Klasse Volksschule geladen. Auf sie wartet dort der „Kreislauf eines Schweinemastbetriebes“. Anschaulich, spielerisch und mit allen Sinnen wird dieser Kreislauf erarbeitet: Die Kids dürfen nach einem Rundgang über den Hof mit Blick in den Stall im „Maisbad“ toben und sich später selber ein knuspriges Speckweckerl backen. „Wir wollen den Kindern die Möglichkeit geben, zu bewussten Konsumenten heranzuwachsen. Sie sind unsere Konsumenten von morgen.“

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Wir haben die Leser! die engagierten Bauersleute. Das auch die nötige Betriebssicherheit beim Besuch der Kinder am Hof gewährleistet ist, beweist die Tatsache, dass der Hof 2011 mit der Sicherheitsmedaille der Sozialversicherungsanstalt der Bauern ausgezeichnet wurde.

Maria Hagler. Für sie am schönsten seien aber die oft sehr lustigen Kommentare der Kinder, die im Laufe eines Besuches hinausposaunt werden. Oft höre man da Wortmeldungen wie: „Ich habe ja gar nicht gewusst, dass sich die Bauern so gut um ihre Tiere kümmern“ oder „Wenn Das „tolle Feedback“ von Leh- sich meine Mama wieder mal rern und Eltern motiviert die aufregt, dass es so stinkt, muss Haglers immer wieder aufs ich ihr gleich sagen, dass das ja Ein Thema bei jedem Besuch ist Neue. „Wir hoffen, dass die Vitamine für das Feld sind.“ Einauch die Bedeutung des „AMA Schüler mit unserer Aktion einen mal zeigte sich ein Kind ganz Gütesiegels“. „Am Ende kennt entscheidenden Beitrag zur Erüberrascht: „Was? Im Brot ist jedes Kind dieses Zeichen und haltung der heimischen Landdas gleiche Getreide drinnen wie weiß genau, was es bedeutet“, so wirtschaft leisten werden“, meint im Schweinefutter?“ ❉

Gruppenhaltung mit dem Selbstfang-Kastenstand „Easy Lock“ die Sau betritt den Kastenstand durch eine Pendeltür einfache Bedienung

wenig Mechanik

spezielle Besamungstür (Option) für einfache Kontrolle z.B. auf Trächtigkeit verstellbare Standbreite (60–70 cm) gutes Preis-Leistungsverhältnis

STECKBRIEF Maria und Ing. Rupert Hagler, Stöcklerhöhe 12, 4300 St. Valentin; Schweinemastbetrieb im Vollerwerb Leistungsdaten: Durchschnitt im Jahr 2011: Einstallgewicht: 31,0 kg Verluste: 2,5 % Mastdauer: 110 Tage Tägliche Zunahmen: 820 g MFA: 59 % Futterverbrauch: 38,3 MJ/kg Zuwachs

Selbstfang-Kastenstand „Easy Lock“ – die Sau öffnet und schließt den Stand selbsttätig.

Spe zi el le Bes amun gs tür (Opt ion )

Kastenstand „Easy Lock“ mit Pendeltür


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„Österreicher lieben ihr Schweinernes“ Schweinemarkt-Analyse von Fleischmanager MARKUS HÖRMANN, TANN St. Pölten. Vorbereitetes Fleisch Seit 2008 ist die Marktentwicklung bei vorbereitetem Fleisch gravierend steigend. Dies zeigen nicht nur die Marktforschungsberichte der RollAMA, das erleben wir auch tagtäglich. Waren früher noch Stücke von über einem Kilo im Geschäft zu verkaufen, ist der Trend zur portionierten Ware nach wie vor ungebrochen. Auch die gewürzten und marinierten Schweinefleischportionen zum Braten und Grillen steiTagungsthema gern sich von Jahr zu Jahr. 2011 Seit 1994 bekennen wir uns zur produzierten wir in St. Pölten bis heute treu geblieben. In den heimischen Ware mit dem AMA- Marktentwicklung Nun kurz mehr als 470.000 Kilogramm dasechs TANN-Fleischwerken in Gütesiegel und verkaufen nur zur aktuellen Marktentwicklung von. Als „Renner“ erwiesen sich Österreich wird Frischfleisch mehr Frischfleisch aus Österreich im Bereich Schweinefleisch: Seit marinierte Spare Ribs mit einer zerlegt, zugeschnitten und an die mit dem AMA-Gütesiegel. Seit 2009 stagniert der Absatz von Menge von mehr als 200.000 Spar-Verkaufsstellen ausgeliefert. 2010 bieten wir auch einen Schweinefleisch im heimischen Kilogramm. Aber auch küchenEine Wurstproduktion mit Großteil unserer Wurstwarenpro- Lebensmitteleinzelhandel, ja ent- fertig gefüllte Rollbraten haben Schwerpunkt Frischwurst und dukte mit dem AMA-Gütesiegel wickelt sich sogar leicht rückläu- sich in den vergangenen Jahren regionalen Schmankerln bildet an. Bei den internationalen Fach- fig. Dies kompensiert sich bis sensationell entwickelt. Ob ein zweites Standbein. messen in Wels wurden uns seit dato jedoch durch einen MehrSchweinsbauch mit Knödelfülle, Durch unsere auf ganz Öster1984 insgesamt 374 Medaillen verbrauch in der Gastronomie Schweinsbraten mit Lauch und reich aufgeteilten regionalen verliehen, davon sind 253 in (siehe Tabellen). Speck, Pusztabraten, Kronenbra-

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Mostviertler Schweinefachtag

Fleischwerke können wir sowohl bei Fleisch- als auch Wurstwaren auf die für den Konsumenten besonders wichtige Regionalität achten. In unserem Liefergebiet – Wien, Niederösterreich und nördliches Burgenland – sind dies bei Fleisch: Rindfleisch à la Carte, Tullnerfelder Schwein und Donauland Lamm; bei Wurst: Waldviertler Rauchschinken, Wachauer Heurigenschmankerl, Kümmelbraten Knusperbauch, Waldviertler Würstel etc.

Marktentwicklung vorbereitetes Fleisch im LEH 2008 6.755 43.934

2009

2010

2011

Menge in Tonnen 8.174 8.748 Mengen in 1.000 EUR 49.966 52.048 59.462 7.674

Gold, 99 in Silber und 22 in Bronze. Für besondere Verdienste um österreichisches Qualitätsfleisch wurden wir zudem zweimal mit dem „Goldenen Lukullus“ der AMA Marketing ausgezeichnet. Besonders stolz sind wir auch auf die erfolgreiche Absolvierung von ISO 9001:2000, ISO 22000:2005 und auf eine IFS-Zertifizierung auf höherem Niveau. Über 150 geschulte Mitarbeiter kümmern sich täglich um beste Qualität.

Marktentwicklung Schweinefleisch im LEH

1–8/2012

2008

6,683

30.103

46.379

180.342

2009

2010

2011

Mengen in Tonnen 29.874 28.676 Mengen in 1.000 EUR 180.852 175.769 176.269 30.956

1–8/2012 19.056 119.130

Fotos: Tann

eit 49 Jahren produziert TANN als eine Tochter der Spar Österreichischen Warenhandels AG Fleisch- und Wurstwaren in höchster Qualität. Von Beginn an war die Beratung und Bedienung im Fleischverkauf unser höchstes Anliegen. Und dieser Philosophie sind wir


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MARKT 11

entspricht. Abgeschlagen dahinter folgen Schweinskarree, Schopfbraten und Kotelett sowie das Bauchfleisch.

ten, Spinatrollbraten, Eierschwammerlbraten, Jägerbraten, Tirolerbraten, Toskanabraten, Lammrollbraten, Festtagsrollbraten oder Farmerbraten – all diese bratfertigen „Convenience-Produkte“ sind nach wie vor besonders beliebt. Die davon produzierte Menge von 130.000 Kilo im vergangen Jahr bestätigen uns diesen Trend.

Marktplätze Wo wird das Schweinefleisch gekauft? Im Lebensmitteleinzelhandel teilen wir in den Lebensmitteleinzelhandel ohne Diskonter und die Diskonter Hofer, Penny, Lidl ein. Hier merkt man seit fünf Jahren deutlich eine Verschiebung in Richtung Diskontmärkte. Besonders Lidl wirbt in jüngster Zeit verstärkt mit dem AMAGütesiegel, obwohl die Kette auch eine große Menge an Schweinefleisch aus Deutschland in ihren Regalen anbietet. Dieser Trend wird wohl auch in den nächsten Jahren anhalten. ❉

Top-5-Schweinefleischsorten *

1. 2. 3. 4. 5.

Schnitzel Karree, Kotelett Schopf Bauchfleisch Lungenbraten

7.330 5.381 3.667 3.152 2.885

* Ranking nach Menge in 1.000 kg, LEH mit Hofer/Lidl, Jahr 2011

Preisentwicklung Seit 2010 steigen die Preise bei SchweineSchweinefleischpreise im LEH* fleisch im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel leicht an, Preis/kg heuer sogar stark. T.09.1 5,57 T.09.2 6,08 Fest steht aber auch: Die T.09.3 5,93 Österreicherinnen und ÖsterreiT.10.1 5,56 cher lieben ihr Schweinernes! T.10.2 6,08 Was sind nun die beliebtesten T.10.3 6,03 Schweinefleischsorten von Herrn T.11.1 5,70 und Frau Österreicher? Nach wie T.11.2 6,58 vor unangefochten mit Abstand T.11.3 6,22 ganz vorne rangiert das T.12.1 6,00 Schweinsschnitzel, obwohl es T.12.2 6,55 nicht unbedingt dem aktuellen * mit Hofer/Lidl Trend nach bewusster Ernährung

Herausforderung Schweinehaltung Gastkommentar von Andreas Moser Österreichs schweinehaltende Betriebe behaupten sich seit vielen Jahren in einem Marktumfeld in Europa, das nahezu ohne Marktsteuerungsinstrumente auskommt. Dadurch haben Schweinehalter schon lange Erfahrung darin, mit starken Schwankungen der Erzeugerpreise zurechtzukommen. Der Zusammenschluss in Erzeugergemeinschaften und die gemeinsame Vermarktung stärken dabei den einzelnen Betrieb am relativ kleinen österreichischen Markt. Als weitere Herausforderung sind in den vergangenen Jahren steigende Produktionskosten hinzugekommen, allen voran bei Futter und Energie, die Betriebsleitern weitere Anstrengungen in Bezug auf Wirtschaftlichkeit und Liquidität abverlangen. Zahlreiche Beispiele zeigen, dass eine gute Aus- und Weiterbildung, das Aufzeichnen und Auswerten von Betriebsdaten sowie die durchdachte Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen und Entwicklungsschritten entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg von Betrieben sind. Die Professionalität von Schweinehaltern, sei es bei der täglichen Arbeit im Stall oder bei der Betriebsführung, entwickelt sich stetig weiter. Das Wissen um das eigene Können, die Fähigkeit, Reserven im Betrieb aufzudecken und im Sinne der guten fachlichen Praxis gut zu wirtschaften, sind Eigenschaften, die nicht nur junge Betriebsleiter kennzeichnet. Neben dem eigenen Können sind es vor allem äußere Rahmenbedingungen, die Schweinehalter in ihren betrieblichen Entscheidungen beeinflussen. Neben der derzeit laufenden Diskussion um die Ausgestaltung der Programme im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU von 2014 bis 2020 sind es vor allem Tierschutzthemen, welche die Be-

Entwicklung Diskontfleisch-Anteil laut RollAMA.

triebsleiter beschäftigen. Die Weiterentwicklung in Fragen des Tierwohls wird von Schweinehaltern sehr ernst genommen. Ein Beispiel ist die freiwillige Umsetzung des Schmerzmitteleinsatzes bei der Kastration von Ferkeln im Rahmen einer Branchenvereinbarung. Die Vorgabe der Gruppenhaltung von tragenden Sauen erfüllt in Österreich bereits ein großer Teil der Sauenbetriebe. Einige Betriebe setzen die nötige Investition derzeit noch um; es gibt aber auch eine Reihe von Betrieben, die sich aus verschiedenen Gründen gegen die Investition entschieden haben und damit aus der Sauenhaltung aussteigen werden. Die Debatte über die Abferkelbucht im vergangenen Jahr hat gezeigt, dass Tierschutz auch in Zukunft ein wichtiges Thema bleiben wird. Die genaue Ausgestaltung von Abferkelbuchten ab 2033, die Kastration von Ferkeln und das Kupieren von Schwänzen werden nicht nur in Österreich diskutiert. Wichtig ist dabei, dass die Schweinebranche geschlossen auftritt und versucht, ihre Argumente sachlich und fundiert einzubringen, gerade um unfairen Diskussionen entgegenzutreten. Eine weitere Herausforderung für die nächsten Jahre wird es sein, wieder mehr Interesse und Verständnis für Landwirtschaft und Tierhaltung, deren zentrale Aufgabe die Erzeugung von Lebensmitteln ist, in der Bevölkerung zu wecken. Vor allem in der Bewerbung landwirtschaftlicher Produkte hat sich in den letzten Jahren bereits vieles verändert. Ziel ist es, Landwirtschaft so zu zeigen, wie sie tatsächlich stattfindet. Dr. Andreas Moser ist Direktor der Abteilung Tierzucht in der LK Niederösterreich.


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FÜTTERUNG

Hygiene in Flüssigfütterungsanlagen im Auge behalten Anforderungen Flüssigfütterungsanlagen sind weit verbreitet in der Schweinefütterung, bieten sie doch verschiedene Vorteile. Jedoch sind auch einige Anforderungen zu erfüllen.

trächtigen können, da durch 2. Orientierungswert Im Zweidiese Maßnahmen meist nur die felsfalle sollte die Mikrobiologie obersten Schichten des Biofilms der Futtersuppe überprüft werbetroffen sind. Enthalten die Bio- den. Will man eine aussagekräffilme eine günstige tige Analyse, so: Mikroflora, so sind sie sehr nütz- – verwendet man saubere Prolich und sollten nicht zerstört beentnahmegeräte und -flawerden. Enthalten die Biofilme schen; jedoch eine schädliche Keim– nimmt man eine Suppenprobe; flora, so sind Probleme vorproab Ausgang Fallrohr in den Trog grammiert und nur eine Grund- – lässt man die Probe auf E. coli, reinigung kann sie entfernen. Enterobakterien, Hefen und Jede Suppe, die mit den BiofilSchimmel untersuchen. men in Berührung kommt, wird verändert und beeinflusst ihrer- Eine Untersuchung von Agroseits den Biofilm. Deshalb ist es scope Liebefeld-Posieux, außerordentlich wichtig, dass nur Schweiz, hat gezeigt, dass die hygienisch einwandfreie Kompo- Gehalte einer Futtersuppe bezienenten in die Suppe gelangen. hungsweise der Schotte an HeVon außen ist es nicht einfach, fen, E. coli etc. nicht einzeln, die „Güte“ der Biofilme zu beur- sondern nur in Kombination der teilen. Mögliche Alarmsignale Keime beurteilt werden kann. sind: Der Orientierungswert für die – abweichender Geruch der Fut- Kombination aus E. coli, Entero1. Biofilme Biofilme nennt man tersuppe im Futtertrog oder im bakterien und Hefen liegt bei 40 die Beläge, die an den InnenfläAnmischbehälter [Orientierungswert = log(E. coli) chen von Lagertanks, Rohren, – Schaumbildung bei den Pum* log(Enterobakterien) * log(HePumpen und Ventilen kleben. Sie pen und Ventilen fen); alle Analysenwerte in werden von Futterinhaltsstoffen, – dünner Kot bei den Schweinen; KBE/ml]. Beim Überschreiten Mikroben und ihren Ausscheikann oft beobachtet werden, des Orientierungswertes besteht dungen gebildet. Futtersuppen wenn zum Beispiel Schotte ein erhöhtes Risiko für Tierverenthalten oft klebrige Komponicht genügend sauer ist luste. Als Faustregel gilt: nenten wie zum Beispiel Zucker – reduzierter Appetit der – Enthält eine Suppe weniger als und Fette. Es gibt auch MikroorSchweine 100 KBE/ml E. coli, so stellen ganismen, die klebrige Schleime – Schwanzbeißen auch größere Hefezahlen kein produzieren und ihre Umwelt – Tierverluste wesentliches Problem für die dadurch schützen. Biofilme sind eigentlich Mikrobenbiotope. Nor- Anzustrebende Größen in der Futtersuppe sind: malerweise sind sie wenig stöpH-Wert 4–4,5 rungsanfällig. Das heißt, dass die Temperatur 15–20 °C alltäglichen Dinge wie zum BeiE. coli < 100 KBE/ml spiel das Spülen der Anlage diese E. coli, Enterobakterien und Hefen < Orientierungswert Biofilme nicht wirklich beein-

3. Anzustrebende Werte in der Futtersuppe Die Futtersuppe wird „stabilisiert“, damit unerwünschte Keime wie Hefen und E. coli in ihrer Entwicklung gehemmt werden. Wichtig ist jedoch, dass schon die problematischen Einzelkomponenten – möglichst an der Quelle – stabilisiert werden. Futtersuppe und Einzelkomponenten werden häufig durch ein Absenken des pHWerts stabilisiert. Dies kann erreicht werden durch: – einen Zusatz von säurebildenden Bakterien (zum Beispiel Laktobakterien; benötigt Zeit); – einen direkten Säurezusatz (Einzelsäuren oder Säuregemische); – eine Kombination von Bakterien und Säuren. Es ist zu beachten, dass sich Mikroben an langfristig verfügbare Konservierungsmittel anpassen können. Das bedeutet, dass zum Beispiel durch einen ständigen Einsatz von Ameisensäure säuretolerante Hefen selektioniert werden. Deshalb kann ein zeitweiliger Wechsel der eingesetzten Säure nicht schaden. 4. Hygienekonzept erstellen und anwenden Feuchte und flüssige Futtermittel sind ideale Nährböden für die verschiedensten Keime. Zudem sind Flüssigfütterungsanlagen recht komplexe Gebilde. Um die in dieser Situation bestehenden Risiken zu minimieren, muss für jede Flüs-

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s ist einfach, betriebseigene Produkte oder Nebenprodukte aus der Lebensmittelindustrie in eine Futterration zu integrieren. Die Flüssigfütterungsanlage erlaubt es, Futterkosten niedrig zu halten und verleiht große Flexibilität in vielerlei Hinsicht. So ist eine Phasenfütterung möglich oder man kann die Zusammensetzung der Ration, je nach Verfügbarkeit der verschiedenen Futterkomponenten, rasch anpassen. Doch jede Medaille hat eine Kehrseite. Feuchte oder flüssige Futtermittel sind leicht verderblich und stellen entsprechend hohe Anforderungen an Lagerung und Hygiene. Dieser Artikel zeigt auf, wie das Risiko des Tierverlustes gemindert werden kann, und behandelt folgende Punkte: – Umgang mit den Biofilmen – Mikrobiologischer Orientierungswert – Anzustrebende Hygiene-Werte in der Futtersuppe – Hygienekonzept – Schwachpunkte von Flüssigfütterungsanlagen – Ungenügende mikrobiologische Qualität der Suppe

Gesundheit der Schweine dar. – Solange die E. coli nicht überhand nehmen (mehr als 100 KBE/ml) oder andere Alarmzeichen vorhanden sind, ist eine Grundreinigung der Anlage nicht angezeigt. Eine unsachgemäße Reinigung und Desinfektion der Anlage kann zu erheblichen Verschlechterungen des Hygienestatus führen.

Fotos: agrarafoto.com

Von Peter Stoll


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FÜTTERUNG 13

sigfütterungsanlage ein Hygienekonzept vorhanden sein und angewendet werden. Ein Hygienekonzept enthält Angaben über die täglichen Kontroll- und Reinigungsaufgaben, über periodische Reinigungen wie auch über die Grundreinigung und das Wieder-„Anfahren“ der Anlage. Eine Grundreinigung sollte ausschließlich nach im Hygienekonzept festgelegten Indikatoren durchgeführt werden, damit stabil günstige Biofilme nicht zerstört werden. Nicht jede ungereinigte Anlage muss zwingend ein Hygienerisiko darstellen. Nach einer Grundreinigung ist die erste Futtersuppe, die durch das System geleitet wird, entscheidend für den Aufbau des Biofilms. Deshalb ist es wichtig, dass die ersten Suppen eine günstige Keim-

6. Was ist zu tun bei ungenügender mikrobiologischer Qualität der Suppe? Enthält die Futtersuppe (Ausgang Fallrohr) mehr als 100 5. Schwachpunkte von Flüs- KBE/ml E. coli oder ist der sigfütterungssystemen Orientierungswert überschritten, – Schwer zugängliche Leitungen, empfiehlt sich Folgendes: wie zum Beispiel Bodenleitun- – Proben an verschiedenen Orgen (Siphons sind speziell geten bzw. zu verschiedenen fährdet) Zeitpunkten ziehen: – Lagertanks + Restsuppe am Morgen vor der – Ausläufe von Futtersilos oder ersten Suppenbereitung -tanks im Anmischbehälter + Vergleich Fallrohr – Anmisch– Anmischbehälter behälter – Wasserqualität + Einzelkomponenten vor dem – Membrane der Ventile Anmischbehälter – stillgelegte Anlageteile + Schotte bei der Anlieferung – Rohrstumpen oder in der Käserei nach der – Unbenutzte Buchten Zentrifuge – Fallrohre – Grundreinigung durchführen – Futtersuppe in den Leitungen – Beimpfen der Anlage mit einer in Fütterungspausen Fortsetzung auf Seite 14 – Restsuppe vom Vortag flora aufweisen. Dazu werden der Suppe während rund fünf Tagen Milchsäurebakterien und Futtersäuren beigemischt.

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FÜTTERUNG/EBERMAST

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Mehr Lysin plus Inulin reduziert Ebergeruch

einwandfreien Suppe – Eruieren der Quelle (Schwachpunkte der Anlage überprüfen) und Beheben der Probleme – Anlage korrekt hochfahren – Tipps von Berufskollegen überdenken

Ebermast Die Kastration männlicher Ferkel ist gängige Praxis. Die vermehrte Kritik an der Mast von Kastraten könnte aber schon bald durch die Jungebermast abgelöst werden. Davor gilt es zu klären, wie Jungeber gefüttert werden müssen, um ihr Wachstumspotenzial voll auszuschöpfen sowie den Anteil von „Stinkern“ so gering wie möglich zu halten. ktuelle Ergebnisse zur Fütterung von Jungebern mit üblichen Mastendgewichten und Genetiken liegen derzeit kaum vor. Gesicherte herkunftsspezifische Versorgungsempfehlungen sind deshalb schwierig abzuleiten. Aus älteren Untersuchungen und den Erfahrungen von Dänen und Briten mit Ebermast lässt sich erkennen, dass unkastrierte männliche Tiere im Vergleich zu Kastraten ein höheres Proteinansatzvermögen, eine erheblich geringere Fettbildung und damit eine bessere Futterverwertung bzw. weniger Futteraufwand aufweisen. Bei gleichen Tageszunahmen, aber mehr Fleischansatz und geringem Futteraufnahmevermögen ergibt sich damit für die Eber die Notwendigkeit einer höheren Aminosäurekonzentration bzw. eines engeren Aminosäure-Energie-Verhältnisses in der Ration. Ein besonderer Aspekt der Mast männlicher, nicht kastrierter Schweine ist der typische und unerwünschte Geschlechtsgeruch der Schlachtkörper, der nur durch gemeinsame Maßnahmen von Zucht, Fütte-

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rung und Haltung minimiert werden kann. Der Anteil geruchsauffälliger, nicht verkehrsfähiger Schlachtkörper kann immerhin zwischen drei und 15 Prozent betragen. Im Gegensatz zum Sexualhormon Androstenon (urinartiger, moschusartiger Geruch, 20–25 % empfindliche Verbraucher, Werte bei Kastraten unter 100 ng/g Fett), dessen Gehalt im

Tab. 1: Versuchsrationen und analysierte Nährstoffgehalte

Fazit Flüssigfütterungsanlagen sind weit verbreitet. Flüssigfutter ist ein idealer Nährboden für die verschiedensten Keime und muss entsprechend stabilisiert werden. Wesentliche Punkte, die beachtet werden sollten: – Jede Anlage weist nach kürzester Zeit Biofilme auf – günstige oder ungünstige. – Diese Biofilme verändern die Suppe und werden ihrerseits durch die Futtersuppe beeinBehandlungen/Rationen flusst. – Jede Anlage erfordert ein ange- Futtergruppen passtes Hygienekonzept. Kontrolle I – Standardfutter 850 g – Eine Grundreinigung wird ausschließlich aufgrund der im Testgruppe II – Ebermastfutter Hygienekonzept festgelegten Kriterien durchgeführt, damit günstige Biofilme nicht zerstört Testgruppe III – Ebermastfutter werden. + 3 % Inulin – Die mikrobiologische Qualität 3 % Diamol *) der Flüssigfutter wird bestimmt durch den Gehalt an E. coli, Testgruppe IV – Ebermastfutter Enterobakterien, Hefen und + 10 % Inulin Schimmelpilzen. ❉ + 10 % Diamol *) Dr. Peter Stoll ist Mitarbeiter der Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux, ALP, Schweiz.

*) Diamol als Trägerstoff und Wasserbinder

Tierkörper hauptsächlich durch genetische Einflüsse und Alter beeinflusst wird, konnte in zahlreichen Untersuchungen gezeigt werden, dass sich der Gehalt an Skatol (Tryptophanabbauprodukt von Dickdarmbakterien über Indol zu Skatol, fäkalähnlicher Geruch, mehr als 90 % empfindliche Verbraucher, Zielwert unter 50 ng/g Fett, Durchschnitt

Behandlungen Ebermast nach DLG-Empfehlung (2010) für Mastschweine mit 850 g TZU – AM 11 g Lys/MM 9 g Lys/EM 7,5 g Lys Ebermast nach DLG-Empfehlung (2010) für Jungeber mit 850 g TZU – AM 12 g Lys/MM 9,5 g Lys/EM 8,5 g Lys Ebermast nach DLG-Empfehlung (2010) für Jungeber mit 850 g TZU – AM 12 g Lys/MM 9,5 g Lys/EM + 8,5 g Lys + 3 % Inulin, etwa sechs Wochen vor der Schlachtung Ebermast nach DLG-Empfehlung (2010) für Jungeber mit 850 g TZU – AM 12 g Lys/MM 9,5g Lys/EM 8,5 g Lys + 10 % Inulin, etwa sechs Wochen vor der Schlachtung

Fotos: agrarfoto.com, ???????????

7. Tipps von Praktikern – Da Schotte einfacher zu stabilisieren ist als Futtersuppe, ist es vorteilhaft, die Leitungen mit Schotte anstelle der Futtersuppe zu füllen. Das kann erreicht werden, in dem zuerst eine etwas dickere Suppe verteilt wird und anschließend die Schotte nachgereicht wird. Dabei werden Futterreste aus den Leitungen gespült und die Leitungen mit Schotte gefüllt. – Dasselbe gilt auch für Wasser, wenn keine Schotte vorhanden ist. – Die Auslaufrohre stellen vor allem im Sommer ein größeres Risiko dar und sollten mindestens alle vier Wochen mit der Spülmaus gereinigt werden. – Spezielle Aufmerksamkeit erfordert Restsuppe oder über Nacht im System verbliebene Futtersuppe. Entweder wird sie speziell stabilisiert oder aber nicht mehr verfüttert. – Keimreiche Reinigungsflüssigkeit wird nicht verfüttert.


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EBERMAST 15

30 ng/g Fett) im Schlachtkörper durch Fütterungsmaßnahmen reduzieren lässt. Ziel ist die Behinderung bzw. Verhinderung der Tryptophanumsetzung zu Skatol im Darm.

In dem nachfolgend beschriebenen Fütterungsversuch sollten deshalb zum einen die erhöhten Bedarfsempfehlungen für die Ebermast bzw. für hohen Proteinansatz (DLG, 2010) mit den

Tab. 2: Tägliche Zunahmen, Futterverzehr, Futter- und Energieaufwand, Futterkosten

„normalen“ Standardempfehlungen für Kastraten und weibliche Tiere verglichen werden. Zum anderen sollte ein Präparat mit nachgewiesener skatolreduzierender Wirkung (Inulin) in unterschiedlicher Zulagenhöhe auf seine Wirksamkeit übergeprüft werden. Ausgehend von Literaturempfehlungen sollten drei und zehn Prozent Inulin in der Ration vier bis sechs Wochen vor der geplanten Schlachtung eingemischt werden.

härtet“. Ein Einmischen ins Futter war nicht möglich. Erst die Zugabe des Träger- und Fließhilfstoffs Diamol auf Kieselgurbasis zu Inulin im Verhältnis 1:1 führte zu einem tolerierbaren Mischergebnis. Auf diese technische Komplikation beim Mischen wird ausdrücklich hingewiesen.

Wertung Mastleistungen Es wurden in jeder Behandlungsgruppe 22 Jungeber (elf pro Bucht) aus einer Abferkelwelle aufgestallt. Deren „SozialisieErgebnisse Ration/Nährstoffe rung“ wurde mit zunehmendem Die hofeigenen Rationen einfaAlter und dem Eintritt der Gecher Bauart enthielten Weizen, schlechtsreife immer schwieriger. Gerste und Soja 48 als Basisfut- Ursachen für die Raufereien ter. Dazu kamen für alle Grupkönnten das typische „Pubertätspen identische, aminosäurereiche gehabe“, aber auch StressfaktoAnfangs- und Endmastmineralren wie zu kleine Gruppen mit futterarten. Das Einmischen des wenig Ausweichraum und die sehr hygroskopischen Inulins Abrufstation mit beschränktem (Abbildungen 1 bis 3) gestaltete Fresszugang gewesen sein. Demsich als sehr schwierig. entsprechend niedrig ist auch die Mastleistung ausgefallen. Die Innerhalb von Minuten nach Gruppenunterschiede lassen Öffnen des Gebindes war bei sich jedoch an keiner Stelle normaler Zimmerfeuchte das Fortsetzung auf Seite 16 Produkt verklumpt bis „ausge-


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16

EBERMAST

Fortsetzung von Seite 15

darf. Eber fressen von Haus aus sehr wenig, bayerische Magerabsichern. Bei gleichem Startge- fleischtypen noch weniger und in wicht von 30 kg LM hatten die Abrufstationen ist der Verzehr Tiere nach einheitlicher Versuchs- zusätzlich gebremst. Die durchdauer (118,5 Tage) ein durchschnittlich 1,8 kg bzw. 25 MJ ME schnittliches Endgewicht von pro Jungeber und Tag sind ty116 kg LM. Im Gesamtmittel pisch für Bayernhybrid. wurden nur 725 g tägliche Zunahmen erreicht. Vielleicht ist In der Endmast der 10%-Inulindie „Einzeltierfütterung“ an der Tiere (Gruppe IV) wird das DiAbrufstation mit Mehlfutter lemma der starken Energienicht für die Ebermast geeignet – /Nährstoffverdünnung klar: Die es hatten aber alle Gruppen die Tiere brauchen und fressen auch gleichen Voraussetzungen und mehr Futter, bekommen aber waren damit vergleichbar. Ein nicht genügend MJ ME. Begleibesonderer Wachstumsbonus tend dazu ist dann der Futteraufdurch die zusätzlichen Aminowand höher und der Energieaufsäuregaben in den Testgruppen II wand wird bei besserer bis IV ist nicht erkennbar. Futterausnutzung bzw. unterproportionalem Leistungsabfall soDer Futter- bzw. auch der Ener- gar niedriger. Insgesamt braugieverzehr laufen im Einklang chen die Eber über alle Gruppen mit den jeweiligen Leistungen: 2,6 kg Futter pro 1 kg Zuwachs ohne Verzehr keine Leistung – oder knapp ohne Leistung weniger Futterbe- 35 MJ ME. Tab. 3: Schlachtleistungen nach LPA-Richtlinien (LSQ)

Tab. 4: Indol-, Skatol- und Androstenongehalte in der Fettauflage des „Karrees“

Tab. 5: Sensorische Auffälligkeiten nach Punkteschema (Human Nose Score)

Die Futterkosten sprechen eindeutig für die Kontrolltiere (I) mit der Standardmastration. Für die Aminosäureerhöhung (Gruppe II) mussten wegen der Leistungsgleichheit 1,5 Euro pro Masteber mehr ausgegeben werden. In der „verhaltenen“ Inulingruppe (3 %) fielen 4,12 Euro zusätzliche Futterkosten im Vergleich mit der Kontrolle an, davon allein 2,64 Euro für die Skatolbegrenzung. Die angereicherte Variante mit zehn Prozent Inulin verursacht 5,89 Euro Mehrfutterkosten mit anteilig 4,41 Euro Inulinzuschlag. Nicht berücksichtigt sind die zusätzlichen Aufwendungen beim Futterlagern, -mischen und evtl. in der Fütterungstechnik. Negativ wirkt sich auf alle Fälle bei den „Ebermastrationen“ der erhöhte Stickstoffein- bzw. -austrag aus (+ 15 %) – für das Tier und für die Umwelt.

zu einem gewissen Grad die Umwandlung von Überschussenergie zu Körperfett. In den Inulinzulagegruppen sorgte die Futter- verdünnung nicht für weniger Fettbildung, der Fleischansatz war statistisch auch nicht mehr im Vergleich zur Kontrolle. Eine weitere Aminosäureerhöhung über die ohnehin hohen Gehalte der Standardration hinaus erscheinen somit nicht gerechtfertigt. Zu viel Lysin kostet Geld und belastet Tier und Umwelt, es geht um effiziente Nährstoffnutzung.

Wertung Indol, Skatol und Androstenon Die Gehalte an Indol, Skatol und Androstenon im Fettgewebe des Koteletts (LPA-Standard) wurden an der BOKU in Wien analysiert. Nachfolgend die Ergebnisse schrittweise dargestellt: Die Skatol-/ Indol-/Androstenongehalte lagen in Gruppe I (Standardfutter) bei Wertung Schlachtleistungen 95/26/155 ng/g Fett, in Gruppe Die erreichten Schlachtleistungs- II (Eberfutter) bei 76/18/170 ergebnisse sind für Eber typisch: ng/g, in Gruppe III (Eberfutter plus 3 % Inulin zum Mastende) mehr als 60 Prozent Muskelbei 32/32/216 ng/g und in fleisch- und Bauchfleischanteil. Gruppe IV (Eberfutter plus 10 % Das Hauptinteresse liegt natürInulin zum Mastende) bei lich am Fleischansatz bei mehr Lysin im Futter. Führt die höhere 12/24/176 ng/g Fett. Lysin-/Aminosäurezufuhr zu In Praxisbetrieben und auch in mehr Muskelfleisch? Versuchen werden im Schnitt bis Betrachtet man nur die Nachbar- zu 500 ng/g Fett gefunden, dies gruppen I (Standardration) und II ist dann ein Zeichen einer starken Buchtenverschmutzung (mit (Ebermastration), dann liegen Skatolaufnahme über die Hauthier gleiche Schlachtgewichte (warm) und gleiche Ausschlach- oberfläche). Anmerkung: Bei Vertungen vor. Die objektiv feststell- wendung der heimischen Eiweißbare Fleischfläche des Koteletts futter-Ackerbohne/Erbsen (nicht Lupinen) und nicht optimal aufist bei der Hochlysingruppe II um 0,9 cm2 (knapp 2 %) größer bereiteten Sojabohnen in Eberals bei der Kontrolle – dies ist mastrationen wird wegen des aber statistisch nicht absicherbar. Stickstoffüberhangs und der geDen Unterschied macht der Fett- ringeren Aminosäureverdaulichanteil aus. Die eiweißärmer gekeit ein deutlicher Anstieg bei fütterten Kontrolltiere hatten ab- Skatol erwartet. sicherbar mehr Fett am Kotelett (16 %) und deswegen auch das Die Inulinwirkungen waren absisignifikant ungünstigere Fleisch-/ cherbar. Inulin im Endmastfutter Fettverhältnis. Diese Beobachsowohl in der Dosierung 3 % als tung wird durch das Speckmaß auch in der hohen Einsatzdosis und das Fleischmaß aus der Ge- 10 % drückte den Skatolgehalt räteklassifizierung bestätigt. im Fett im Mittel aller Tiere zuverlässig unter den diskutierten Die Ursache dafür ist in der Obergehalt von 50 ng/g Fett bei „Fettbremswirkung“ einer erKastraten – nicht den Indol- bzw. höhten Proteinzufuhr zu sehen – den Androstenongehalt. Beüberschüssiges Eiweiß muss über sonders die 10%ige Inulingabe die Leber sehr energieaufwendig war ein durchschlagender Erfolg. entgiftet werden, bindet also Fut- Kein Jungeber war danach skaterenergie und verhindert damit tolauffällig (nach Orientierungs-


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EBERMAST 17

Abb 1: Gewichtszuwachs im Verlauf der Mast. grenze 50 ng/g Fett). Und mit Werten von 171, 254, 314 und 238 ng/g Fett für die Gruppen I bis IV ließ sich auch beim Androstenon kein gerichteter Effekt der Fütterung erkennen. Der zu unterschreitende strengste Orientierungswert (immunokastrierte Eber, Metz, 2003) von 100 ng/g Fett wurde in allen Gruppen im Mittel weit überschritten, nur 31 % (25 Eber) konnten als unbedenklich freigegeben werden.

Abb 2: Futterverzehr im Verlauf der Mast.

(10 % Inulin) Zusatzkosten zur „Skatolbereinigung“ haben oder mit der dann anfälligeren Futtertechnik (s. o.) zurechtkommen müssen! Hochrechnung: Die Skatolentfernung würde die bayerischen Schweinehalter mit 10 % Inulin im Endmastfutter ca. elf Millionen Euro kosten. Und dann ist da immer noch Androstenon …

Wertung Sensorik Am Schlachtband wurde ein sogenannter „Human Nose Score“Die „Grenzwerte“, die nur der Test (HNS) durchgeführt. Dazu Orientierung dienen sollen, wer- wurde der Rückenspeck mit eiden relativ willkürlich gesetzt – nem Heißluftföhn erhitzt und es eine Auswahl hierzu: Skatolober- wurden Riechproben von einer grenze (ng/g Fett): 200 (Osterweiblichen und einer männlichen hoff, 2012), 250 (Tholen, 2010, Testperson mit definitiver „EberLittmann et al. 2011), 50 (Wegeruchswahrnehmung“ nach folsoly, 2012 für Kastraten) 30 (Ba- gendem Schlüssel durchgeführt: non et al. 2003 für Kastraten). kein Geruch = 0, unsichere WahrAndrostenonobergrenze (ng/g nehmung = 1, Ebergeruch = 2. Fett): < 100 für immunokasDie mittleren Geruchsnoten für trierte Tiere (Metz, 2003), 500 die weiblichen und männlichen bzw. 1000 (bei der Entwicklung Testpersonen bzw. für die beiden von elektronischen Nasen, WeSchlachttermine ergaben folgensoly 2012). Es kommen zusätzdes Bild: Das Standardfutter mit lich unterschiedliche Fettproben den niedrigen Lysingehalten in zur „Stinkanalyse“: Nackenfett, der Ration zeigte die intensivste Bauchfett, Fett über Karree Wahrnehmung von Ebergeruch (Backfat) – ist hier Vergleichbar- (1,45 Punkte), das Ebermastfutkeit gegeben? Entsprechend ter mit 10 % Inulin die geringste „stufenlos“ kann nun die Zahl (0,98 Punkte) Wahrnehmung. der „Stinker“ nach chemischer Analyse variiert werden, von 0 Anscheinend hatte die Inulinanbis 80 Prozent! wendung den „Skatoldunst“ wirksam vermindert. Zum zweiDie Vermarkter müssten hier ten Schlachttermin 14 Tage späschon klare Ziele setzen – zuter gaben die Beurteiler mit mindest zum futter- und füttedurchschnittlich 1,45 gegenüber rungsabhängigen Skatol. Nur so 0,8 Punkten eine intensivere Gelassen sich Fütterungsversuche ruchswahrnehmung an. Dieser zur Skatolreduzierung zielgenau Eindruck passt gut zu den höhedurchführen und auch werten. ren Androstenonwerten der älteAuch für die Landwirte ist es ren Schlachttiere. Mit Vorbehalt – nicht unerheblich, ob sie 0 Euro die männlichen und weiblichen (kein Inulinbedarf), 2,6 Euro „Schnüffelergebnisse“ decken (3 % Inulin) oder 4,4 Euro sich gut, solange Androstenon

Abb. 3: Geruchsauffällige Schlachtkörper über (Skatol) bzw. rechts (Androstenon) von den „Orientierungslinien“ – rot = niedrige Grenzwerte, grün = mittlere Grenzwerte, schwarz = Standardgrenzwerte. und Skatol im Spiel sind (Gruppen I und II). Wenn Androstenon vorherrscht, weil Skatol teilweise (Gruppe III) oder ganz (Gruppe IV) unterdrückt war, reagierten die Frauen empfindlicher. Entscheidend für die Vermarktung sind die Anteile der tatsächlich als „Stinker“ identifizierten Tiere (Geruchsnote = 2). Als Testschnüffler standen Personen mit 100%iger Ebergeruchsempfind-

lichkeit zur Verfügung. Am ersten Schlachttermin wurden 19 Prozent der Tiere sowohl von den männlichen als auch von den weiblichen Testern eindeutig als „Stinker“ ausgemacht. Zwei Wochen später betrug dieser Anteil schon beträchtliche 60 Prozent. Im Mittel der beiden Schlachttermine wurden knapp 40 Prozent Fortsetzung auf Seite 18

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EBERMAST

Grafik 1: Ebermast – Wirkung sehr hoher Lysingaben (Kontrolle 11/9/7,5, Test 12/9,5/8,5).

Grafik 2: Ebermast – Wirkung von Inulin (10 %) im Ebermastfutter.

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Trägerstoff) bzw. noch mehr von 10 % Inulin (plus 10 % Diamol) zur Skatolreduzierung bzw. Geruchsminderung führte zu Nährstoffverdünnungen in der Ration. Die inulinbedingten Mehrkosten machten im ersten Fall pro Eber 2,6 Euro, in der hohen Dosierung 4,4 Euro pro Tier aus. Inulin allein geht nicht, da der hygroskopische Futterzusatz schnell aushärtet und zur Futterverklumpung führt. Die erhöhte Lysinzufuhr erbrachte nicht mehr „Fleisch“ (Fleischfläche, Fleischmaß), behinderte aber wegen der energielastigen Eiweißverstoffwechselung den Fettansatz. Oft übliche Übergehalte an Eiweißfutter über die Standardempfehlungen für Tiere mit hohem Proteinansatzvermögen hinaus, um „bessere Klassen“ zu erzielen, sind nicht zielführend. Inulin konnte weder den Fleischansatz steigern noch den Fettansatz bremsen.

drückung androstenonlastiger waren (Gruppe IV > Gruppe III). sowohl von weiblichen als auch Im Mittel wurden von den Damännlichen Testpersonen als men 48 Prozent und von den geruchsauffällig eingestuft. Das Herren 43 Prozent der Schlachttrifft sich in etwa mit den „stren- körper als belastet und unergen“ Skatol- bzw. Androstenon- wünscht auf dem Teller bewertet. grenzen aus dem Wiener BOKU- Die hohe Inulinzulage der Labor. In der Praxis würden am Gruppe IV hatte einen positiven Schlachtband auffällige Tiere Einfluss auf die Geruchsbelasweitere sensorische Tests (Koch- tung und hatte weniger sensoriprobe, Ausschmelzprobe) durch- sche Geruchsauffälligkeiten zur laufen, die in der Regel unterFolge. schiedlich empfindlich reagieren und die „Stinker“ Zug um Zug Praxisfolgerungen In dem Einreduzieren. zelfütterungsversuch mit Jungebern waren die Mastleistungen Tatsächlich fallen nach Auskunft in den vier Behandlungsgruppen großer Schlachtunternehmen nur nicht überzeugend – im Schnitt drei bis sechs Prozent der 725 g tägliche Zunahmen, nur Schlachteber mit typischem Ge- 1,85 kg Futterverzehr pro Tag, ruch am Schlachtband auf, von 2,6 kg Futteraufwand bzw. 34,5 denen dann nur wenige nach MJ ME pro 1 kg Zuwachs, Futmehreren Spezialprüfungen terverwertung 390 g Zunahmen (nach dem Fleischhygienegesetz: pro 1 kg Futter, Futterkosten Diathermieverfahren, Koch0,61 Euro (Standardfutter), 0,63 probe, Ausschmelzprobe) im Euro (Ebermastfutter), 0,62 Schlachthoflabor tatsächlich ver- (Ebermastfutter mit 3 % Inulin), worfen werden müssen. Die 0,65 Euro (Ebermastfutter mit meisten „Grenzeber“ werden 10 % Inulin) pro kg Zuwachs. nach Auskunft einer speziellen Der gesamte Versuchsablauf war Verwertung zugeführt. Das Pro- massiv von „Raufereien“ und blem „Stinkeber“ und VerbrauRangkämpfen in fast allen Buchcherreklamationen ist anscheiten gestört. Unterschiede zwinend beherrschbar, zumindest schen den Behandlungen waren solange die Kastratenmast noch zufällig. Eine Notwendigkeit der überwiegt. Große Schlachtunter- Lysinerhöhung um ca. 1 g/kg von nehmen geben mittlerweile für einer schon üppig ausgestatteten Eber eine Abnahmegarantie – Standardration (11,3/9,2/7,9 nicht zu verwechseln mit der ge- g/kg) auf eine Ebermastration wünschten Genusstauglichkeits- mit 12,5/9,6/8,2 g/kg Lysin ergarantie. Großschlachter haben brachte keinen gesicherten Zueben spezielle Sortier- und Versatzschub bei den Ansatzleistunwertungswege und damit eindeu- gen. Dagegen wurden die tig Wettbewerbsvorteile. Die Futterkosten um ca. 1,5 Euro pro weiblichen Nasen reagierten et- Tier und der N-Austrag um zwölf was empfindlicher als die Nasen Prozent erhöht. Es müssten ca. 8 der männlichen Tester, v. a. wenn kg HP-Soja pro Mastschwein die Tiere älter (später Schlachtmehr aufgewendet werden. Die termin) und nach SkatolunterBeigabe von 3 % Inulin (mit 3 %

Danach wären aus unserer Stichprobe (82 Eber) sieben Prozent (hohe praxisübliche Orientierung) bzw. 80 Prozent (strenge wissenschaftliche Vorgaben) der Eber zu verwerfen, also weit mehr als die von den Schlachtunternehmen postulierten drei bis sechs Prozent zur Nachkontrolle/Spezialverwertung bzw. unter ein Prozent zur Verwerfung.

Bei der Sensorikprobe wurden ca. 40 Prozent als „Stinker“ aufgedeckt. Ältere Tiere (+ 14 Tage) hatten deutlich mehr Androstenon im Fett und fielen bei der Geruchsprobe häufiger durch. Mit Inulin im Futter wurden weniger geruchsauffällige Tiere auch im Sensoriktest gefunden. Weibliche Testpersonen reagieren empfindlicher auf Ebergerüche am Schlachtkörper. Was zählt nun? Und stimmen chemische Analysen im Labor mit den menschlichen Schnüffelergebnissen überDie Zulage von Inulin senkte ein? Welche Konsequenzen den Skatolgehalt deutlich von ergeben sich für die Praxis? Die 95 bzw. 76 ng/g Fett in den Anhebung der Lysingehalte in Gruppen ohne Inulinzulage auf Eberrationen führt nicht zu mehr 32 (3% Inulin) bzw. 12 ng/g Fett Fleisch, die Aminosäurenergän(10 % Inulin). Die 10%-Inulinzung der Eberrationen sollte zulage senkte den Skatolgehalt nicht überzogen werden, die sogar unter das „KastratenniGruber Empfehlungen für Eber veau“, das in der Literatur mit bzw. auch die der DLG reichen 30 ng/g Fett angegeben wird. vollkommen aus! Mit Inulin im Und die Skatolreduzierung mit Bereich fünf bis zehn Prozent im Inulin ist stabil absicherbar. Be- Endmastfutter der letzten vier sonders die 10%ige Inulingabe bis sechs Mastwochen könnte zum Mastende drückte die Ska- Skatol im Fett spürbar reduziert tolgehalte aller Eber unter die werden, die geruchsauffälligen Orientierungsgrenze (50 ng/g Schlachtkörper würden rund ein Fett). Die diskutierten ObergeDrittel weniger. Hohe Zunahmen halte bei der Meldung „kein bzw. junges Schlachtalter haben Ebergeruch wahrnehmbar“ reiweniger „Stinker“ zur Folge! ❉ chen bei Skatol von 50 bis 250 Autorenteam: Dr. H. Lindermayer, Dr. W. ng/g Fett und bei Androstenon Preißinger, G. Propstmeier, alle: LFL Grub, Bayern; Dr. K. Schedle, BOKU Wien. von 100 bis 1000 ng/g Fett.


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WERBUNG 19

– bringt mehr Gewinn für den Landwirt Futtermittel gelten mit einem Anteil von mehr als 70 Prozent als der wichtigste Faktor in den Produktionskosten von Mastschweinen. Mit rasch steigenden Preisen und leider gleichzeitig sinkender Verfügbarkeit von vielen Futtermittelkomponenten, wie Mais, Weizen und Sojabohnen, sind Strategien zu deren Effizienzsteigerung gefragt. akt ist, wir müssen die Ausnutzung der Nährstoffe und daraus resultierend die Futterverwertung der verfügbaren Nährstoffe deutlich verbessern. Aber auch entzündliche Prozesse im Tier, hervorgerufen z. B. durch Stress und krankmachende Bakterien, haben einen großen Einfluss auf die tierische Leistung. Sie begrenzen die Effizienz der Futterausnutzung und beanspruchen eine erhebliche Menge an Energie und Aminosäuren. Die letzten Jahre zeigen zudem

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eine deutliche Tendenz, den Einsatz von Tierarzneimitteln zu beschränken. Dies betrifft insbesondere die Endmast. Auch hier sind Strategien gefordert, gesunde Alternativen für gesunde Tiere zu liefern. Denn eine verbesserte Darmgesundheit ermöglicht auch einen höheren wirtschaftlichen Erfolg. Unsere Strategie ist Sangrovit®, der natürliche Futterzusatzstoff mit Wirkstoffen (speziellen Alkaloiden) aus einem Pflanzenex-

Schweinen signifikant, und dies besonders in der Endmast. Im Rahmen der anhaltenden Diskussionen zur Reduzierung des Medikamenteneinsatzes und der rasant steigenden Futterkosten Dank Sangrovit® wird die Aus- ist Sangrovit® eine echte schüttung entzündungsauslösen- Alternative. der Botenstoffe reduziert. EntDer Tierbestand wird gestärkt, zündungsherde heilen ab und um für den Verbraucher hochfolglich wird ein Großteil der teuren und knappen Futtermittel- wertige und unbedenkliche Proinhaltsstoffe effektiv im Tier um- dukte herzustellen – gesundes Futter, gesunde Tiere, gesunder gesetzt. Sangrovit® verbessert die Futterverwertung von wirtschaftlicher Erfolg. ❉ trakt. Diese Alkaloide erschließen Einsparungspotenziale in der Rationsgestaltung, da sie eine Gesunderhaltung des Darms fördern.

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TIERGESUNDHEIT

„Qualitätssicherung laufend verbessern“ Die künftigen Anforderungen an die „tierärztliche Versorgung und Betreuung in der Schweinehaltung“ analysiert Niederösterreichs Landesveterinärdirektor FRANZ KARNER. as aktuelle Umfeld für die Schweineproduktion ist kein leichtes. Folgende Faktoren spielen eine Rolle: Die Konsumenten wollen bei der Produktion ihrer Nahrungsmittel mitreden und gestalten. Ihr Informationsstand bezüglich der

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Mostviertler Schweinefachtag Schweinehaltung ist jedoch oft lückenhaft. Dazu kommt: Die geringere Toleranz der Bevölkerung für Emissionen aus der landwirtschaftlichen Tierhaltung wird zum limitierenden Faktor für die Bestandsgrößen. Und teure Umweltauflagen erhöhen die Kosten für den Stallbau. Derweil steigen die Futterkosten stetig. Somit wird der Futterverwertung der Mastschweine eine noch größere Bedeutung zukommen. Auch neu auftauchende und bereits weit verbreitete Infektionskrankheiten werden in der arbeitsteiligen Schweinehaltung vermehrte wirtschaftliche Auswirkungen haben und erfordern angepasste Bekämpfungsstrategien. Der Einsatz von Antibiotika und anderen Medikamenten wird aufgrund der Resistenz-Problematik immer kritischer gesehen und vielleicht eingeschränkt werden. Zwar hat die Verbesserung des Tierwohls durchaus positive betriebswirtschaftliche Auswirkungen, im Gegensatz dazu wollen einzelne immer aggressivere Tierschutz-Aktivisten die landwirtschaftliche Tierhaltung abschaffen. Und vielen Studenten der Veterinärmedizin erscheint das Betätigungsfeld in der Kleintier- und Pferdemedizin attraktiver als das in der Schweinemedizin. Die Versorgung mit gut ausgebildeten Tierärzten könnte lückenhaft werden. Werden all diese Faktoren überlegt, wird klar, dass in Zukunft die Qualitätssicherung ein unverzichtbares Element der Schwei-

nehaltung sein wird. Noch werden Maßnahmen zur Qualitätssicherung in einigen Betrieben nur zu einem Teil umgesetzt. Oft fehlt die nötige Konsequenz, nicht selten wird die Qualitätssicherung überhaupt vernachlässigt.

aller für die Schweinehaltung zutreffenden Gesetze und Auflagen dar, die ihrerseits dem Schweinehalter bei der Qualitätssicherung helfen. Es bestehen zahlreiche gesetzliche Normen, deren Ziel es ist, Ställe und Stalleinrichtungen, Futtermittel, Arzneimittel etc. mit genormter Qualität zur Was aber bedeutet nun Qua- Verfügung zu stellen. Genormte litätssicherung in der Schwei- Verfahren in der Tierzucht bieten nehaltung konkret? Qualitätssi- dem Schweinehalter qualitätsgecherung ist jede geplante und sicherte Genetik. Die Klassifiziesystematische Tätigkeit, die rung der Schlachtschweine am innerhalb des ProduktionssysSchlachthof ist ein weiteres tems umgesetzt wird, um VerWerkzeug der Qualitätssichetrauen zu schaffen, dass diese rung, das vom Schweinehalter Schweinehaltung den gestellten genutzt werden kann. TiergesundQualitätsanforderungen entheitsdienste mit den Programspricht. Für den Konsumenten ist men zur Verbesserung der Tiergees eine Grundvoraussetzung, sundheit, etwa durch Impfung dass er beim Kauf gute Qualität gegen Infektionskrankheiten bekommt. Sehr wichtig ist ihm oder deren Überwachung und jedoch auch, wie und wo das Ausmerzung, sowie den regelmäSchweinefleisch produziert ßigen Betriebserhebungen sind wurde. Größere Fleischskandale weitere gelebte Bausteine einer fanden in Österreich bis dato Qualitätssicherung. nicht statt, diverse Skandale in Europa sorgen aber auch hierzu- Soll unsere Schweineproduktion lande immer wieder für Verunsi- im internationalen Wettbewerb cherung. Der Trend zu mehr mithalten und sollen WettbeRegionalität und zu mehr Rück- werbsvorteile wie der Wunsch verfolgbarkeit des Lebensmittels des Konsumenten nach Regiona„Fleisch“ ist eine Folge daraus – lität der Lebensmittel erhalten für die vielen kleinbäuerlichen bleiben, so müssen aber immer Betriebe in Österreich unbestrit- wieder auch neue Ziele für die ten eine Chance gegen die über- Qualitätssicherung definiert wermächtige Konkurrenz aus West- den. Dabei müssen sowohl die europa. Die Grundlage eines Erwartungen der Verbraucher als QS-Systems stellt die Einhaltung auch die betriebswirtschaftlichen

Aspekte, die für die Schweinehalter notwendig sind, berücksichtigt werden. Die Ziele sind möglichst genau schriftlich für den Betrieb oder viel besser für eine Erzeuger- oder Vermarktungsgemeinschaft festzuhalten. Anforderungsprofile für die Produktionsabläufe und für das Produkt sind exakt zu erstellen. Durch Eigenkontrolle und Fremdkontrolle sind die Abweichungen festzustellen und Korrekturmaßnahmen zu erarbeiten. Selbstverständlich sind die Ergebnisse der Eigen- und Fremdkontrollen sowie die daraus resultierenden Korrekturmaßnahmen schriftlich zu dokumentieren. Die Weiterentwicklung der Qualitätssicherung ist der Ansatzpunkt für eine kontinuierliche und auch erfolgversprechende tierärztliche Bestandsbetreuung. Die Bestandsbetreuung kann jedoch auch in Form einer „dynamischen Qualitätssicherung“ erfolgen, wo die eigenverantwortliche Entwicklung einer Betriebsorganisation vom Schweinehalter mit seinem Betreuungstierarzt unter Beiziehung auch externer Experten vorgenommen wird. Die Qualitätssicherung dient hier in erster Linie zur Schaffung von effizienten Betriebsabläufen jedes einzelnen Betriebes und damit zur individuellen Ertragssteigerung. Diese mit dem Betreuungstier-

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Tagungsthema


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arzt gemeinsam entwickelte Betriebsorganisation mit genauen Handlungsanleitungen ist die Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Veterinär und dem Schweinehalter.

den kann, wird die tierärztlich überwachte Qualitätssicherung in der Schweinehaltung unbedingt erforderlich sein. Auch bei den Vermarktungsorganisationen müssen die Funktionäre auf QS-Programme in den Mitgliedsbetrieben bestehen und „Balanced Scorecard“ Als deren Einhaltung überwachen. Konzept zur Umsetzung einer Das Gesamtheitsdenken in der dynamischen Qualitätssicherung Schweineproduktion muss stärin den Schweinehaltungsbetrie- ker werden, damit in der arbeitsben bietet sich die „Balanced teiligen Schweineproduktion in Scorecard“ an. Die BS des Bejeder Produktionsstufe Infektriebes ist ein Management-Sys- tionskrankheiten möglichst vertem, das sich aus erarbeiteten hindert werden und jeder Strategien ableitet, die wichtigste Schweinehalter so wenig AntiAspekte des Betriebes widerspie- biotika wie möglich einsetzen geln, und sich an den Finanzper- muss. Hier besteht weiterhin spektiven, Kundenperspektiven, Handlungsbedarf. Nicht überseProzessperspektiven sowie Lern- hen werden darf der Vorsprung und Innovationsperspektiven in der Qualitätssicherung der gut orientiert. Hier bedarf es natür- organisierten Betriebe in lich eines Umdenkprozesses – Westeuropa. sowohl bei den Landwirten als auch bei den Tierärzten. Jene Tierärzte, die hunderte KiZur tierärztlichen Versorgung des lometer entfernt sind und nur ländlichen Raumes werden Geüber billige Medikamente ins Beneralisten unter den Tierärzten, treuungsgeschäft kommen woldie die Kontrolle der vereinbar- len, sollten übrigens mit Vorsicht ten Qualitätssicherungspläne re- engagiert werden. Sie sind meisgelmäßig durchführen, weiter ihr tens gute Händler, die sich selbst Betätigungsfeld haben. Sie müs- gut vermarkten. Sie erhalten ihr sen Abweichungen erfassen und Einkommen hauptsächlich über Korrekturmaßnahmen anordnen. den Verkauf von Medikamenten Diese Betreuungstierärzte haben und nicht durch fundierte Beraschon aus Gründen des Tierschut- tungstätigkeit mit Erfolgsauszes die Erst- und Notversorgung, sicht. Diese Billig-Medikamendie Einschläferung erkrankter ten-Verteiler sind eigentlich die Tiere zu erledigen, den garantier- 5. Kolonne der Pharmaindustrie. ten Gesundheitsstatus des jewei- Möglicherweise führt diese Form ligen Vorlieferbetriebes zu über- der tierärztlichen Tätigkeit dazu, wachen, dabei die notwendigen dass wie in Dänemark ein ArzProben zu ziehen und die Anneimittelgesetz kommt, mit dem wendung und Versorgung der den Tierärzten die Hausapotheke Bestände mit Medikamenten aus weggenommen wird und der der tierärztlichen Hausapotheke Tierhalter mit dem tierärztlichen zu gewährleisten. Rezept in einer öffentlichen Apotheke einkaufen muss. Die Generalisten unter den Im Sinne einer erfolgreichen Tierärzten führen neben ihrer Schweinehaltung ist also der Heimtierpraxis die Schlachttier- Ausbau zielgerichteter QS-Sysund Fleischuntersuchung bei den teme, die tierärztlich begleitet Hausschlachtungen, bei den diwerden, in der Schweinehaltung rekt vermarktenden Bauern und und Vermarktung unbedingt notbei gewerblichen Fleischhauern wendig und unverzichtbar. durch. Da dies nicht von Einzel- Tierärzte und Landwirte müssen kämpfern, die Tag und Nacht be- handeln, damit unsere Schweinereitstehen, bewältigt werden produktion wettbewerbsfähig kann, ist die Bildung von Geund ertragreich bleibt, um die meinschafts- oder GruppenpraKonsumenten ausreichend mit xen auch am Land unverzichtbar. regional produziertem SchweiDamit die flächendeckende, tier- nefleisch aus heimischen Familiärztliche Versorgung im ländenbetrieben bestmöglich versorlichen Raum erhalten bleibt und gen zu können. ❉ auch glaubhaft eine ordentliche HR Dr. Franz Karner ist Landesveterinärdirektor in Niederösterreich Nutztierhaltung betrieben wer-

Die verstehen Mykoplasmenimpfung Wir was von mit der extra langen Immunitätsdauer! Tageszunahmen… intakte Lungen gesunde Tiere hohe Zunahmen guter Schlachterlös

Hervorragende Lungengesundheit an Schlachtlungen bestätigt am 198. Lebenstag (28. Woche)

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35 abgesetzte Ferkel pro Sau und Jahr Schweinezucht Hohe Leistung und Tierschutz sind kein Widerspruch. Es kommt aufs Management an. ie Zucht macht’s möglich: Beim Schwein bringt jedes Muttertier heute deutlich mehr Ferkel pro Wurf auf die Welt als früher. Die Ferkelzahlen pro Sau und Jahr steigen. Für die Landwirte, die ihr Betriebseinkommen mit Ferkelerzeugung erwirtschaften, ist das gut, doch wie steht es um Sau und Ferkel? Sind sie gut versorgt? Und ist Hochleistung mit Tierschutz vereinbar?

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Ein Parasitenbefall bei Ferkeln ist häufig mit einem Befall der Sauen verknüpft. In den Abferkelbereich sollten deshalb nur wurmfreie Sauen umgestallt werden. urchfallerkrankungen bei Ferkeln werden häufig auch durch Infektionen mit Parasiten verursacht. Direkt nach der Geburt haben die Ferkel noch keine Immunabwehr ausgebildet und der Schutz durch Antikörper in der Muttermilch ist eingeschränkt.

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Eine Infektion mit dem Erreger Isospora suis führt zur häufigsten Durchfallerkrankung bei Saugferkeln, der Saugferkelkokzidiose. Der Erreger wird von den Ferkeln ausgeschieden und kann nachfolgende Würfe infizieren. Aber auch ein Befall mit dem Zwergfadenwurm „Stronyloides ransomi“ ist eine Ursache von Durchfall etwa zwei Wochen nach der Geburt. Er wird von den Sauen mit dem Kolostrum auf die Ferkel übertragen. Die Inkubationszeiten der Erreger sind unterschiedlich lang. So kann ein Befall mit dem Schweinespulwurm länger unbemerkt bleiben. Seine Entwicklung von der Infektion bis

zur Ausscheidung von Eiern dauert etwa sechs Wochen. Eine Erstinfektion im Saugferkelalter wird oft erst in der Mastphase entdeckt. Ein Parasitenbefall bei Ferkeln ist häufig mit einem Befall der Sauen verknüpft. In den Abferkelbereich sollten deshalb nur wurmfreie Sauen umgestallt werden. Da Eier von Parasiten aber auch mechanisch übertragen werden können, sollten die Sauen vor der Umstallung zusätzlich gewaschen werden, vor allem die Klauen, Beine und die Analregion. In einem Beitrag der „Tierärztlichen Umschau“ über Endoparasiten in der Ferkelerzeugung und -aufzucht weisen die Autoren auf die Bedeutung von Hygienemaßnahmen in den Abferkelbereichen hin. Gründliche Reinigung und Desinfektion der Ställe und Gerätschaften sind demnach wesentlich für die Verringerung des Infektionsdrucks. ❉ AID

Verschiedene Aspekte in Haltung und Zucht erleichtern den Umgang mit großen Würfen. „Es gibt Über diese Fragen referierte Eber, die vererben bei ihren Univ.-Prof. Steffen Hoy vom Töchtern als Regelfall 16 ZitInstitut für Tierzucht und Haus- zen“, sagte Hoy. Gleichmäßige tiergenetik der Universität Gieund hohe Milchleistung der Sau, ßen auf einer Tagung zum Thema aber auch ein Aufbau der Box, „Ökonomie, Tierschutz, Lebens- der es allen Ferkeln ermöglicht, mittelsicherheit“. 35 abgesetzte gut an die Zitzen heranzukomFerkel pro Sau und Jahr – das ist men, sind wichtige Aspekte. eine Zielstellung, die sich etwa das Danish Pig Council für die Woran nicht gerüttelt werden kommenden Jahre gesetzt hat. darf: Mindestens 28 Tage müssen Sehr ehrgeizig, denn eine Sau die Ferkel in Deutschland bei der bringt pro Jahr etwa 2,3 Würfe Mutter bleiben. „Die mutterlose zur Welt. Aufzucht von Ferkeln muss der Einzelfall bleiben, der dann auch Die Befürchtung liegt nahe, dass begründet sein muss“, so Hoy. die durch Zuchtbemühungen Wenn es darum geht, Ferkel zu deutlich größer gewordenen retten, die sonst nicht durchkäWürfe eine schlechtere Versormen, kann sie angebracht sein. gung des einzelnen Ferkels beViele Landwirte retten vor allem deuten und auch für die Sauen kleine Tiere auch durch geschickhöhere Risiken bestehen. Hoy tes Umsetzen in andere Grupzeigte, dass die Verluste nicht pen. Hoys Fazit: „Hohe Leistung zwingend steigen, wenn die und Tierschutz sind meiner AnWurfgrößen zunehmen. Das liegt sicht nach kein Widerspruch.“ ❉ AID unter anderem am Betriebsma-

Fotos: agrarfoto.com

Würmer bei Ferkeln – was tun?

nagement und an der Betreuung während der Geburt. Dazu Hoy: „Die Klammer ist der Mensch. Mit hohem Aufwand kann man sehr viele Ferkel während der Geburt retten. Es muss keine Nachtschicht sein, aber am Abferkeltag bis abends spät im Stall zu bleiben ist gut investierte Arbeitszeit.“


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Atemwege: Viele Erreger, viele Ursachen

ATEMWEGSBEHANDLUNG 3.0

Schadensbegrenzung Atemwegserkrankungen machen einen Großteil der gesundheitlichen Probleme der Schweinemast aus. Sie können für erhöhte Verluste, verringerte Tageszunahmen und schlechte Futterverwertung verantwortlich sein und verursachen somit erheblichen wirtschaftlichen Schaden. Vor Beginn einer Behandlung sollte immer die Untersuchung durch den Tierarzt erfolgen. Bei ie Ursachen für Atemder Untersuchung sollten insbewegserkrankungen sind sondere die folgenden Punkte vielseitig. Dabei müssen berücksichtigt werden: neben infektiösen Ursachen auch – Die Höhe des Fiebers liefert einicht infektiöse Ursachen (Stall- nen Hinweis auf mögliche Ursaklima, Belegdichte, Haltung) be- chen: Während bei bakteriell berücksichtigt werden. Treten z. B. dingtem Husten in der Regel nur Atemwegsinfektionen mit gerin- leichtes Fieber bzw. kein Fieber gem Fieber häufig in der gleichen besteht, leiden die Tiere bei Altersgruppe auf, so kann die durch Viren ausgelösten ErkranLüftung Ursache sein. Vor allem kungen (Influenza, PRRS) oft an die Luftfeuchtigkeit ist wichtig: hohem Fieber von über 40,5 °C. Bei zu trockener Luft wird der Abtransport von Schleim, Staub – Durch Viren ausgelöste Atemund Bakterien aus der Lunge wegserkrankungen reduzieren verhindert, bakterielle Atemhäufig die Futteraufnahme, denn wegsinfektionen häufen sich. Die Viruserkrankungen führen zu Luftfeuchtigkeit sollte daher zwi- Entzündungen des Lungenbindeschen 70 und 90 Prozent liegen, gewebes, was den Luftaustausch bei zu hoher Luftrate liegt sie oft behindert und zu starker Abgedarunter. Auch unterschiedliche schlagenheit führt. Luftraten sollten vermieden werden. – Die Krankheitszeichen am Tier können deutliche Hinweise auf Exakte Ursachenforschung die Ursache der Erkrankung genötig Der Infektionsdruck und ben. Eine hohe Mortalität kann die Immunitätslage in einem ein Hinweis auf eine schnell verMastbestand sind sehr dynamilaufende Erkrankung sein (v. a. sche Parameter, die auch durch APP), aber auch bei einer länger Veränderungen im Ferkelerzeubestehenden, hoch fieberhaften gerbetrieb beeinflusst werden Erkrankung (z. B. Influenza) tre(z. B. hohe Remontierungsrate, ten vermehrt Todesfälle auf. HusBestandsaufstockungen, Wechsel ten mit eitrigem Nasenausfluss beim Jungsauenbezug). In der deutet oft auf eine bakterielle Regel sind bei Atemwegsinfektio- Lungenentzündung hin, während nen beim Schwein neben einem Bauchschlagen ein starkes Indiz Primärerreger auch Sekundärfür eine Lungenentzündung ist, erreger beteiligt. Es ist daher wie sie häufig durch Viren (PRRS, zwingend erforderlich, exakte Influenza, PCV2) hervorgerufen Ursachenforschung zu betreiben, wird. Bindehautentzündungen um zur korrekten Diagnose zu Fortsetzung auf Seite 24 kommen.

Von Jörg Vonnahme

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Diagnostik sichert Befund ab eine Methode, um herauszufinWelche weiterführenden Analy- den, ob sich ungeimpfte Tiere in („rote Augen“) werden oft bei sen sinnvoll sind, ergibt sich aus der Mast infizieren. PRRS-Infektionen beobachtet, der Untersuchung des Tieres. Es sie werden jedoch auch durch gibt mehrere diagnostische Mög- Virologische Untersuchungen Chlamydien verursacht oder lichkeiten. Mit Hilfe serologisollten am Beginn einer Infektion können ein Hinweis auf eine scher Untersuchungen werden durchgeführt werden, da dann schlecht eingestellte Lüftung Antikörper gegen Atemwegserre- die Wahrscheinlichkeit, das Virus sein. ger bestimmt. Zu beachten ist im Blut nachzuweisen, am höchhierbei, dass das Immunsystem sten ist. Dabei wird das Blut oft – Für die Ursachenforschung ist erst zwei bis vier Wochen nach auf PRRS und PCV2 untersucht. es wichtig, zu welchem Zeitder Infektion Antikörper bildet. Aus Kostengründen können bis punkt die Schweine erkranken. Es ist daher sinnvoll, eine erste zu fünf Proben zusammengefasst Während einige Erkrankungen Probe zu Beginn der Infektion („gepoolt“) werden. Eine virolovorrangig in der Vormast auftre- und eine zweite Probe möglichst gische Untersuchung von Blut ten (z. B. Glässer), tritt etwa APP beim gleichen Tier vier Wochen auf das Influenza-Virus ist nicht oft in der Phase der Endmast später zu nehmen. empfehlenswert, da das Virus nur auf. Influenza kann dagegen ganz kurze Zeit bzw. gar nicht im während der gesamten Mastpe- Serologische UntersuchunBlut nachzuweisen ist. riode auftreten. Insbesondere gen auf Mycoplasmen sind vor wenn Atemwegsprobleme in je- allem bei negativ gelieferten, un- Im Zweifel Sektionen und dem Mastdurchgang bei der glei- geimpften Tieren angebracht. So Schlachthofchecks Bei verchen Altersgruppe auftreten, ist lässt sich feststellen, ob die mehrten Todesfällen sollten eies sinnvoll, weitere Untersuchun- Schweine sich während der Mast nige Tiere seziert werden, um die gen einzuleiten. mit Mycoplasmen infizieren. Soll Todesursache abzuklären und die Mycoplasmen-Impfung even- veränderte Organe genauer zu – Je höher die Belegdichte im tuell eingestellt werden, ist dies untersuchen. Aus den veränderStall ist, desto schneller können sich Atemwegserkrankungen ausbreiten. Steht an einem Standort Die wichtigsten Erreger von nur eine Altersgruppe an Schwei- Atemwegserkrankungen beim Schwein nen, können sich jüngere Schweine nicht bei den älteren Schweinen anstecken. Daher ist aus tiergesundheitlichen Aspekten das Rein-raus-System zu bevorzugen.

ten Organen können Proben zur weiteren bakteriologischen, virologischen und parasitologischen Untersuchung gewonnen werden. Außerdem sind pathohistologische Untersuchungen möglich, bei denen dünne Schnitte eines Organs mikroskopisch untersucht werden. Besteht der Verdacht auf Glässer, muss es schnell gehen, da der für die Erkrankung verantwortliche Erreger Haemophilus parasuis nach dem Tod der Schweine nur etwa zwei bis drei Stunden nachweisbar ist. Deshalb sollten einige frisch kümmernde Schweine euthanasiert und umgehend pathologisch untersucht werden. Besteht ein Atemwegsproblem vorrangig in der Phase der Endmast, so können mit Hilfe eines Schlachthofchecks die Organe der gesamten Schlachtpartie beurteilt werden. Dabei werden vor allem Lunge, Herz und Leber untersucht.

Bei Organbefunden Hintergründe kennen Interessant ist dabei insbesondere der Anteil an gering-, mittel- und hochgradigen Spitzenlappenpneumonien, also Primäre Erreger Sekundäre Erreger Entzündungen der LungenspitMycoplasma hyponeumoniae Haemophilus parasuis zenlappen, die vorrangig von Influenza Bordetella bronchiseptica Mycoplasmen, aber gelegentlich PRRS Pasteurella multocida, Streptococcus suis auch von anderen Erregern verActinobacillus pleuropneumoniae Actinobacillus pleuropneumoniae ursacht werden. Da eine Impfung Würmer (Ascaris suum u. a.) PCV-2 gegen Mycoplasmen nicht die In-

Fotos: agrarfoto.com

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fektion mit Mycoplasmen verhindert, sondern nur die Krankheitsverläufe abmildert, kommt in der Regel auch bei geimpften Tieren ein geringer Anteil an Spitzenlappenpneumonien vor. Für die Beurteilung der Schlachtbefunde ist deshalb der Mycoplasmen-Status des Lieferbestandes wichtig. Sind die Läufer nicht geimpft, kommen aus einem Mycoplasmen-negativen Bestand und wird der Mastbetrieb im Rein-raus-System gefahren, so sollten nur sehr vereinzelt Spitzenlappenpneumonien auftreten. Infizieren sich Mycoplasmennegative Tiere jedoch in der Mast, so sind viel mehr mittelund hochgradige Spitzenlappenpneumonien zu finden.

Schweineflüsterer „Mit glücklichen Schweinen kann man mehr Geld verdienen“ An etwa fünf Millionen Schweinen, die er im Laufe der Zeit gesehen hat, will Kees Scheepens ihre Grunzlaute und deren Körpersprache beobachtet und verstehen gelernt haben. Mittlerweile berät der Tierarzt aus Holland Schweinehalter in ganz Europa und kostet auch schon mal aus dem Futtertrog der Tiere.

ie grunzende Sau wirft den Kopf herum und schaut zornig. Denn Kees Scheepens, 53, hat sich wieder einmal am Trog bedient und etFazit Atemwegserkrankungen haben vielfältige Ursachen. Des- was vom Tierfutter in den Mund genommen. Das „Rupp, rupp“ halb sollte durch Tieruntersudes Schweines ist ein Alarmgechung, Diagnostik und gegeberäusch und bedeutet so viel wie: nenfalls Sektionen bzw. Organbefundung genau hingese- „Ich sag es dir einmal. Ich sag es dir zweimal. Aber ich sag es dir hen werden, bevor eine Diakein drittes Mal“, übersetzt gnose gestellt wird. Denn auch Lüftungsfehler oder das Stallma- Scheepens. Der gelernte Veterinagement können verantwortlich när ist „Schweineflüsterer“. In den vergangenen zweieinhalb sein. Zur Lösung eines AtemJahrzehnten hat er in jedem wegsproblems sollten deshalb Land Europas Ställe besucht und alle Stufen der Produktion berücksichtigt werden. Einige Pro- am Verhalten der Tiere abgelesen, ob diese auch wirklich gesund bleme lassen sich durch Ändesind. Kein leichter Job für ihn, rung der Impfzeitpunkte oder denn „an den Stallgeruch werde Einstieg in neue Impfungen löich mich nie gewöhnen“. sen, Fehler beim Management lassen sich nur durch VerbesseDer freundliche Niederländer rung des Managements lösen. ❉ lässt sich das Futter auf der Dr. Jörg Vonnahme, Fachtierarzt für Zunge zergehen. „Eine Art Schweine, Büren, Deutschland Suppe mit Getreide und Säuerungsmittel. Es ist gut.“ Schweine seien wählerisch wie Menschen – „wenn das Futter nicht okay ist, lassen sie es im Trog stehen.“ Der Mann, dem die Sauen vertrauen, ist an diesem Morgen im Münsterland unterwegs. Hier hat ein Landwirt Sorgen. Er muss seinen Schweinen häufig bei der Geburt helfen. Das kostet viel Arbeit und Zeit. Der Stall ist groß, es gibt Dutzende Sauen. Scheepens betrachtet ruhig Tier für Tier, sucht nach Auffälligkeiten, schaut, ob die Ferkel sich übereinander türmen. „Dann ist ihnen zu kalt.“ Eine Fußbodenheizung versorgt sie mit Wärme. Doch der Experte will sichergehen, verschwindet www.blickinsland.at kurz aus dem Stall und kommt mit einer Disco-Nebelmaschine

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zurück. Bald darauf ist vom Kopf der Sau vor lauter Trockeneis nicht mehr viel zu sehen. Der Tierarzt will den Verlauf der Luftströme im Stall sichtbar machen. „Ich will abklären, ob die Frischluftzufuhr das Mikroklima der kleinen Ferkel zerstört.“ Tut sie nicht, zeigt das Experiment. Der Nebel zieht da hin, wo er hingehört, auf das Muttertier. Der beheizte Teil des Bodens mit den Ferkeln bleibt warm. Die Sau ist vom Nebel völlig unbeeindruckt. Sie grunzt und säugt den Nachwuchs. „Zu dem Geräusch wird rhythmisch das Hormon Oxytocin ausgeschüttet“, so Scheepens. Dadurch werde die Milchproduktion angeregt. Eher aus Zufall sei er im Studium auf das Schwein gekommen, sagt der Niederländer aus der Nähe von Eindhoven. Rund 15.000 Landwirte hat er bis heute beraten. Es geht darum, wie man Tiere artgerechter hält. „Mit glücklichen Schweinen kann man mehr Geld verdienen.“ Leider würden manche Bauern mit der Zeit aber betriebsblind.

Dem Landwirt schlägt er indes folgende Verbesserungen vor: „Die Frage ist immer: Was mache ich aus der bestehenden Situation?“ Sein Auftraggeber solle nicht den Stall einreißen und neu bauen – aber mit wenigen Änderungen könne er viel erreichen. So sollte etwa die Frischwasserzufuhr für Sauen und Ferkel mehr Wasserdruck bekommen: „Keine der Sauen muss hier dürsten. Aber es ist besser, wenn sie mehr trinken, als sie bräuchten. Dadurch werden mehr Keime mit dem Urin ausgespült.“ Dann würden vermutlich auch die Problemgeburten weniger. Kees Scheepens sagt, es habe sich schon sehr viel getan in Europas Ställen. Nur einen Wunsch hat er: dass der Mensch den intelligenten Tieren eines Tages getrennte Toiletten für Urin und Kot anbiete. Erst durch die Vermischung entstehe der beißende Ammoniakgestank. „Ich stehe so häufig unter der Dusche und denke mir: Das müsste eigentlich nicht sein.“ ❉ DPA


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Genug frische Luft im Schweinestall Stallklimatechnik Die Luftverteilung sowie die Luftgeschwindigkeiten in Stall und Tierbereich hängen wesentlich vom Zuluftsystem sowie den verwendeten Materialien ab. Die Auswahl günstiger Zuluftpunkte an der Nord-/Südseite sowie die Einplanung von Kühl- bzw. Heizmöglichkeiten im Zusammenhang mit einer intelligenten Regelung der gesamten Lüftungsanlage gelten heutzutage als Standard.

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Mostviertler Schweinefachtag

breite an Temperaturen positiv auf die Gesunderhaltung der Schweine auswirkt. Die Temperaturveränderungen sollen sich dabei über mehrere Stunden im Tagesverlauf ziehen und fünf bis zehn Kelvin nicht überschreiten. Auf angepasste Zulufttemperaturen ist zu achten (Zuluftpunkte Nord/Süd, Kühlung, Entnahme aus Dachraum – Dämmung etc.). Unterflur-Zuluftsysteme bringen die Frischluft nahe ans Tier. Für einen entsprechenden Unterbau ist hierfür zu sorgen. Um in der Winter- und Übergangszeit zu große Temperaturdifferenzen zu vermeiden, ist die Zuluftvorwärmung für eine einwandfreie Funktion unerlässlich. Ansonsten besteht die Gefahr von unerwünschten Kaltlufteinträgen. Durch kalte Zugluft steigt generell die Anfälligkeit für Atemwegsinfektionen und Husten. In Sauenbeständen kommt es während der kühlen Nächte vor allem durch Kaltlufteinwirkungen zu zahlreichen Herbstaborten. Hierbei reichen schon wenige Stunden mit kalter Zugluft (Zulufttemperatur sinkt nach Sonnenuntergang sofort ab) als Stressfaktor aus, um Sauen in einem empfindlichen Trächtigkeitsstadium zum Abort zu veranlas-

Fotos: agrarfoto.com (1), Mösenbacher

lagen samt Heizungstechnik soll- ist insbesondere auf eine dichte ten so gesteuert werden, dass Ausführung entlang den Wänden, sich die Tiere ihrer Art entspreum unerwünschte Zuglufteinchend wohlfühlen und ihr geneti- träge und die Bildung von Konsches Potenzial bestmöglich aus- denswasser (zu hohe Temperaturas Ziel moderner Stallkli- schöpfen können. Zu den unterschiede innen/außen) zu matechnik ist es, die not- absoluten Mindestanforderungen vermeiden. Falschlufteinträge wendigen Luftmengen zählen die Einhaltung des können im Zweifelsfall bis zu entsprechend den jeweiligen An- physiologisch notwendigen Luft- 25 Prozent unnötigen Energiesprüchen zugluftfrei in den Tier- bedarfs der Tiere und die damit verbrauch verursachen. Zur Verbereich strömen zu lassen. Im verbundene Ausschaltung von meidung von Luftkurzschlüssen Zugluft oder hohen Luftgeist eine Abdichtung rund um die schwindigkeiten im Tierbereich. Ablufteinheit zwingend vorgeseEine Stalllüftung hat vielfältige hen. Anzuraten ist auf jeden Fall Aufgaben zu erfüllen: eine zug- eine entsprechende Dimensioluftfreie Frischluftversorgung der nierung der Zu- und AbluftöffTiere, den Abtransport von nungen samt Ventilatoren, wobei Tagungsthema Feuchtigkeit, Schadgasen (insbe- die Sommerluftrate Planungssondere Kohlendioxid, Ammogrundlage ist. Bei einer OberflurBundestierschutzgesetz (§ 18, niak und Schwefelwasserstoff) Zulufteinheit gilt das Motto „So Abs. 5) sind die Mindestanforde- sowie der Tierwärme im Somgroßflächig wie möglich!“ Nierungen für die Haltung von mer. Weiters müssen im Raum drige Eintrittsgeschwindigkeiten Schweinen hinsichtlich des Stall- große Temperaturunterschiede vermindern die Zugluftgefahr, klimas genau geregelt: „Die Luft- ausgeglichen werden. Zu achten wobei sich eine größere Bandzirkulation, der Staubgehalt der Luft, die Temperatur, die relative Optimalwerte Temperatur nach DIN 18910 Luftfeuchtigkeit und die Gaskon- Haltungsstufe Aufstallungsform Optimalbereich zentration (…) müssen in einem Temperatur (°C) Bereich gehalten werden, der für Deckstall Strohlos, Kastenstand 16–20 die Tiere unschädlich ist. Weiters Einstreu 14–16 müssen im Winter MindestluftraWartestall Strohlos, Gruppen 17–20 ten in Höhe von 60 m³/h und im Einstreu, Gruppen 15–18 Sommer von 250 m³/h pro Abferkelstall Strohlos 22–18 Klima-GVE gewährleistet sein. Einstreu 20–16 Speziell Schweine reagieren Ferkelnest Strohlos 28–22 deutlich auf mangelhafte Stallkli- Maststall Strohlos 18–24 mabedingungen. Die LüftungsanVon Ing. Irene Mösenbacher-Molterer und Ing. Eduard Zentner


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Bestimmung der Luftdurchlässigkeit einer Holzwolleplatte.

sen. Da auf jedem Betrieb individuelle Bedingungen vorherrschen, kann an dieser Stelle keine Empfehlung für das „beste“ Lüftungssystem ausgesprochen werden, da dies im Einzelfall beurteilt werden muss. Wichtig ist eine großflächige und impulsarme Zulufteinbringung. Eine sorgsam eingestellte Regelung im Zusammenhang mit regelmäßig gewarteten Lüftungskomponenten führt zum Erfolg. Bei der Wahl des Lüftungssystems spielen viele Kriterien eine Rolle. Unter anderem sind Investitionskosten, Betriebskosten, Lebensdauer, Servicebedarf durch Fachkräfte sowie der eigene Aufwand für Einstellungen und Wartung des Lüftungssystems, das Verhalten bei Sommerluftrate, Winterluftrate und in der Übergangszeit, die Betriebssicherheit und die Luftqualität bei sachgerechter Installation zu beachten. In nebenstehender Tabelle sind die Optimalwerte der Stalltemperaturen (= Solltemperaturen)

laut DIN 18910 gelistet. Die angegebenen Temperaturbereiche sind jeweils mit zunehmendem Alter und Gewicht abnehmend. Die relative Luftfeuchtigkeit soll in einem Bereich zwischen 60 und 80 Prozent liegen. Hinsichtlich der Schadgase gibt es klare Empfehlungen bzw. Obergrenzen von max. 20 ppm NH3, weniger als 2.000 bis 3.000 ppm CO2 sowie jeweils 0 ppm H2S und CO. Experimentelle Untersuchungen haben gezeigt, dass die Infektabwehr bei Schweinen durch Ammoniakkonzentrationen von 50 ppm signifikant vermindert wird, wobei eine gestörte Zilienfunktion vermehrt zu Atemwegserkrankungen durch Bakterien, Viren und Parasiten führt. Bereits ab einem Ammoniakgehalt von 20 ppm werden klinische Symptome wie Reizhusten und gerötete Schleimhäute (Lidbindehäute, Nase) festgestellt.

schiedliche Temperaturansprüche haben. Ein entsprechendes Mikroklima für Ferkel ist zur Verfügung zu stellen (Ferkelnest – Wärmelampe, Zonenheizung etc.). Neben einer ausreichenden Frischluftzufuhr im Kopfbereich müssen Sauen bei steigender Milchleistung die Möglichkeit haben, die damit verbundene Körperwärme abzugeben. Insbesondere in Abferkelställen werden deshalb in neuerer Zeit

sogenannte „Nasenlüftungen“ eingebaut, welche frische Zuluft unmittelbar zum Rüssel der Sauen bringen. Die Luft kann dabei über Zuluftrohre, sowohl abgehängt von der Decke als auch alternativ unterhalb des Buchtenbodens, bis an den Kopfbereich der Tiere geführt werden. Durch diese optimal konditionierte Luftzufuhr sollen sowohl Fortsetzung auf Seite 28

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Gerade in der Klimatisierung von Abferkelställen gilt es vielfältige Vorgaben zu erfüllen, da Sauen und Ferkel sehr unter-

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eine gute Tiergesundheit als auch hohe Leistungen der Sauen im Abferkelbereich sichergestellt werden. ZugluftstrÜme im Ferkelbereich sowie zu hohe Luftgeschwindigkeiten sollen vermieden werden. Erdspeicher und Wärmetauscher beziehungsweise eine Sprßhanlage im Zuluftbereich kÜnnen nicht nur in der Mast helfen, hohe Temperaturunterschiede kostengßnstig auszugleichen. Die Konditionierung der Zuluft ermÜglicht einen guten Betriebserfolg bei niedrigen Betriebskosten.

matische Inbetriebnahme der Heizung, welche vielfach fĂźr eine optimale Funktion des LĂźftungssystems erforderlich ist. Eine Heizung im Stallabteil dient vor allem der Sicherstellung einer hohen Einstalltemperatur, dem Ausgleich des Wärmedefizites bei kleineren Tieren, dem „Auffangen“ extremer AuĂ&#x;entemperatursprĂźnge und der Bereitstellung hoher Stalltemperaturen beim kranken Tierbestand. Beim Aufheizen der Abteile soll vor dem Einstallen kleiner Ferkel beim Einsatz von Heizkanonen unbedingt auf den CO-Gehalt geachtet werden. Mobile Heizgeräte mĂźssen in regelmäĂ&#x;igen Abständen auf ihre Funktionstauglichkeit ĂźberprĂźft werden, ständige Frischluftzufuhr im Stall wird vorausgesetzt.

denste Materialien betreffend die BelĂźftung von Stallungen (sämtliche LĂźftungsplatten, Dämmstoffe etc.) zu untersuchen. Der zu erzielende Luftdurchfluss ist generell ein wichtiges TeilstĂźck in der Stallklima-Gestaltung, ist er Wichtigste RegelgrĂśĂ&#x;e aller doch ausschlaggebend fĂźr das ErStalllĂźftungen ist der erzielte reichen der mindestens (Winter) Temperaturmesswert, welcher reund maximal (Sommer) zu erziepräsentativ und unverfälscht zur lenden Luftraten. Zu dichte oder Kontrolle der eingestellten Sollungeeignete Materialien fĂźhren temperatur vorliegen muss. Ein neben einer Ăœberbeanspruchung regelmäĂ&#x;iger Abgleich der Sendes Ventilators zu ungleich soren ist hierbei empfehlenswert. hĂśheren Energiekosten bzw. im Der TemperaturfĂźhler im Stallabschlechtesten Fall zu einem teil soll mittig im Raum so weit Mangel an Frischluftzufuhr. als mĂśglich in der Nähe des TierBeim Einsatz von vliesbeschichbereiches montiert werden (so teten Dämmstoffauflagen zeigten knapp, dass gerade keine Beschädie Messergebnisse eine graviedigung durch die Tiere zu erwarrende Verminderung des Luftten ist). Während der Sommerdurchsatzes. Im praktischen Einund Ăœbergangszeit soll der Resatz kann durch ungenĂźgende gelbereich (Bandbreite) der LĂźfZuluft-Vorwärmung durch die tungsanlage auf vier bis sechs ĂœberprĂźfung der LuftdurchEntstehung von Kondensat und Kelvin angehoben werden. lässigkeit Seit Jahrzehnten wer- den in den Abteilen auftretenden Durch die trägere Reaktion bei den am Forschungsstandort Staub als weiterer Negativ-Punkt Temperaturänderungen wird die Raumberg-Gumpenstein PrĂźfun- eine groĂ&#x;flächige Verklebung im Gefahr von VerkĂźhlungen vergen zur Luftdurchlässigkeit von Bereich der Vliesauflage stattfinmindert. Während stabiler Bauteilen zur StallbelĂźftung den – die Zuluft wird somit nur AuĂ&#x;entemperaturphasen kann durchgefĂźhrt. Nach einer Optinoch kleinflächig durch LĂźcken der Regelbereich verkleinert wer- mierung des Messaufbaus und und mit hohem Energieaufwand den. Dies ist vor allem im Winter der DurchfĂźhrung in Anlehnung in die Abteile befĂśrdert. Empfehempfehlenswert, da die Tiere an die EN 12114 (Wärmetechni- lenswerter wäre in diesem Fall, durch die verringerten Tempera- sches Verhalten von Gebäuden, auf Vlies zu verzichten und bei turanreize ein reduziertes TherLuftdurchlässigkeit von Bauteientsprechender Luftdurchlassmoregulationsverhalten haben. len, LaborprĂźfverfahren) steht zahl die Dämmstoffschicht zu Ein engerer Temperaturbereich somit ein modernes PrĂźfverfah- verdoppeln. Bei der Verwendung ermĂśglicht eine schnellere, auto- ren zur VerfĂźgung, um verschie- von Lochplatten und ähnlichen

Materialien sollte sich zwischen Platte und Dämmstoff eine Holzlattung befinden, um eine optimale Luftzirkulation und genĂźgend Frischlufteintrag zu ermĂśglichen. Gute Ergebnisse erzielten die untersuchten Holzwolleplatten (Einsatzgebiet: klassische Porendecke). Hierbei ist auf einen gleichmäĂ&#x;igen Luftdurchfluss und weitgehend „durchgängige“ Materialien zu achten, da die Platten mit einem empfohlenen Luftdurchsatz von 60 bis 80 mÂł/m² hPa lediglich als Tragschichte dienen und der eingesetzte Dämmstoff (Mineralwolle) die Hauptaufgabe als Zuluftbremse Ăźbernimmt. Fazit Das Stallklima gehĂśrt in die Hände von Fachleuten, nur so lassen sich Fehler vermeiden. Bei LĂźftung und Heizung handelt es sich um technische Einrichtungen, die nach einer gewissenhaften Planung und Installation regelmäĂ&#x;ig ĂźberprĂźft werden sollten. Eine geprĂźfte Anlage spart Energie und erhĂśht die Betriebssicherheit. Das genetische Potenzial des Schweines kann nur durch ein optimales Umfeld im hohen MaĂ&#x; ausgeschĂśpft werden! â?‰ Von Ing. Irene MĂśsenbacher-Molterer, Ing. Eduard Zentner; beide: HĂśhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt fĂźr Landwirtschaft Raumberg-Gumpenstein, Abteilung Stallklimatechnik und Nutztierschutz, Irdning. Bei Interesse an einem StallklimaCheck oder Untersuchungen zur Luftdurchlässigkeit stehen beide Autoren jederzeit fĂźr Fragen oder Terminvereinbarungen zur VerfĂźgung.

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Arbeitszeit: Mehr im Büro als im Stall? Genaue Planung Die Arbeitsorganisation auf modernen Schweinehaltungsbetrieben wird durch täglich wiederkehrende Routinearbeiten, aber auch durch periodisch anfallende Sonderarbeiten mit Arbeitsspitzen geprägt.

inzu kommen die Betriebsführungsarbeiten. Genaue arbeitswirtschaftliche Daten sind deshalb für eine sorgfältige Planung aller Tätigkeiten von großer Bedeutung. Im Projekt „Arbeitszeitbedarf in der konventionellen Schweinehaltung“ von Agroscope Reckenholz-Tänikon, ART (Schweiz), und dem Kuratorium für Technik

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und Bauwesen in der Landwirtschaft, KTBL (Deutschland), wurden 13 zeitgemäße Produktionsverfahren in der Zucht- und Mastschweinehaltung sowie der Ferkelaufzucht analysiert. Die Haltungssysteme unterschieden sich bezüglich der Bestandesund Gruppengröße, der Fütterungs- und Entmistungsverfahren sowie des Bestandsmanagements. In diesem Beitrag wird die methodische Vorgehensweise beschrieben. Hier einige ausgewählte Ergebnisse am Beispiel der Mastschweinehaltung:

Tab. 1: Arbeitswirtschaftliche Kennzahlen für die Routinearbeiten in der Mastschweinehaltung. Beispiel mit 960 Mastplätzen.

Im folgenden Beispiel wurde der Arbeitszeitbedarf für einen geschlossenen Mastschweinestall mit Großgruppen von je 40 Tieren pro Bucht berechnet. Drei Bestandsgrößen (960, 1600 und 1920 Plätze) wurden berücksichtigt. Die Abteile wurden im Reinraus-Verfahren bewirtschaftet. Gerechnet wurde mit 2,8 Mastdurchgängen pro Jahr (123 Tage Mastdauer, 7 Tage Leerzeit). Die Futterverteilung erfolgte vollautomatisch über Kettenförderer. Gefüttert wurde ad libitum an Breifutterautomaten. Der Vollspaltenbodenstall verfügte über Staumistkanäle, die im Wechselstauverfahren zweimal je Durchgang entleert wurden. Für das Aussortieren zum Ausstallen an mehreren Terminen wurden alle Tiere mit einer stationären Einzeltierwaage gewogen. Der Transport der Ferkel und Schlachttiere erfolgte durch ein Transportunternehmen. Nach dem Ausstallen wurden die Abteile mit einer Einweichanlage eingeweicht, gereinigt und desinfiziert. Bei der Berechnung des Arbeitszeitbedarfs für den Modellbetrieb wurden tägliche Routinear-

Tab. 2: Arbeitswirtschaftliche Kennzahlen für die Routinearbeiten in der Mastschweinehaltung. Beispiel mit 960, 1600 und 1920 Mastplätzen.

beiten, Sonderarbeiten und Betriebsführungsarbeiten unterschieden. Üblicherweise fallen unter tägliche Routinearbeiten das Füttern und Entmisten. In hoch mechanisierten Haltungsverfahren reduzieren sich diese Tätigkeiten jedoch auf Funktionskontrollen bzw. Steuerungsvorgänge der Anlagen. Kontrollarbeiten gehören zur Betriebsführung Zur besseren Vergleichbarkeit mit anderen Haltungsverfahren wurden die Tier- und Tränkekontrollen sowie die Kontrolle der Fütterungsund Lüftungsanlage im vorliegenden Beispiel zu den täglichen Routinearbeiten gezählt. Als Sonderarbeiten gelten unregelmäßig anfallende Tätigkeiten, die sowohl termingebunden als auch nicht termingebunden zu erledigen sind. Hierzu gehören das Ein-, Aus- und Umstallen mit Wiegen und Sortieren der Tiere, Einzeltiermaßnahmen (medizinische Behandlungen, Entwurmung, Entfernung toter Tiere), Reinigung und Desinfektion, die Entmistung sowie Wartungs- und Reparaturarbeiten. Bei den Betriebsführungsarbeiten werden nur die Tätigkeiten berücksichtigt, die direkt der Mastschweineproduktion zugeordnet werden können. Zu diesen zählen Planung und Organisation, Kontrollarbeiten (Bestandskontrolle durch den Tierarzt, Lagerkontrolle bei Futtermitteln, ArbeitsFortsetzung auf Seite 30

Foto: agrarfoto.com

Von Katja Heitkämper, Matthias Schick, Stephan Fritzsche


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ORGANISATION

gungen um 6,2 Prozent, bei einer Erhöhung von 1600 auf 1920 Mastplätze um weitere 2,0 Prozent. Der Arbeitszeitbedarf für die täglichen Routinearbeiten nimmt bei einer Steigerung von 960 auf 1600 Mastplätze um 4,1 Prozent ab, bei einer Erhöhung von 1600 auf 1920 Plätze bleibt er gleich. Bei den Sonderarbeiten sinkt der Arbeitszeitbedarf um jeweils rund vier Prozent. Ein deutlicher Degressionseffekt ergibt sich hingegen bei der Betriebsführung, deren Anteil am Gesamtarbeitszeitbedarf um 9,7 bzw. 3,6 Prozent sinkt. Abbildung 1: Vergleich des Arbeitszeitbedarfs für die Routine-, Schlussfolgerungen Der ArBetriebsführungs- und Sonderarbeiten in der Mastschweinehaltung, beitszeitbedarf in der konventio960, 1600 und 1920 Mastplätze. nellen Mastschweinehaltung ist stark vom Mechanisierungsgrad abhängig. In Haltungssystemen mit hoher Mechanisierung wie im vorliegenden Beispiel liegt der relative Anteil der Betriebsführungsarbeiten bei über 30 Prozent. Betriebsführungsund Sonderarbeiten können mit unterschiedlicher Intensität durchgeführt werden. Der Arbeitszeitbedarf für diese Tätigkeiten unterliegt damit hohen Schwankungen. Dennoch hat der Anteil der Betriebsführungsarbeiten am Gesamtarbeitszeitbedarf eine steigende Tendenz. Der Betriebsleiter auf modernen Abbildung 2: Relative Anteile der Routine-, BetriebsführungsSchweinehaltungsbetrieben wird und Sonderarbeiten in der Mastschweinehaltung. Beispiel in Zukunft immer mehr Zeit im mit 960 Mastplätzen. Büro und immer weniger im Stall verbringen. ❉ Fortsetzung von Seite 29 Tierkontrolle während der FütteKatja Heitkämper ist wissenrungszeit kann den Arbeitszeitbe- Dipl.-Ing. schaftliche Mitarbeiterin von Agroscope kontrollen bei Lehrlingen und darf deutlich senken. Den umge- Reckenholz-Tänikon, ART, Tänikon, Schweiz; PD Dr. habil. Matthias Schick ist Praktikanten, Betriebskontrolle kehrten Einfluss hat die der Forschungsgruppe Bau, Tier und durch Dritte), Aufzeichnungen, Gruppengröße. Bei Großgruppen Leiter Arbeit bei Agroscope Reckenholz-TäniEinkauf und Verkauf, Geldver(mehr als 20 Tiere) und Megakon, ART, Tänikon, Schweiz; Dipl.-Ing. agr. kehr und Finanzen, Buchführung, gruppen (Sondergrößen von über Stephan Fritzsche ist wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Kuratorium für Technik Information und Weiterbildung 100 Tieren) müssen häufiger und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V. sowie Beratung. Kontrollen in der Bucht durchge- (KTBL), Darmstadt, Deutschland. Literaturliste bei den Verfassern. führt werden, wodurch der Arbeitszeitbedarf Modellbe- Arbeitszeitbedarf steigt. trieb Tabelle 1 zeigt die arbeitswirtschaftlichen Kennzahlen für Der Gesamtarbeitszeitbedarf für Routinearbeiten in einem praxis- die drei Modellbetriebe aus der üblichen Mastbetrieb mit 960 Mastschweinehaltung beträgt Plätzen. Die Tierkontrolle, die zwischen 1,48 und 1,61 AKh je vom Stallgang aus durchgeführt Mastplatz und Jahr (vgl. Abb. 2). wird, hat mit 58 Prozent den Die Bestandsgröße hat wie in deutlich größten Anteil an den den meisten Produktionsverfahtäglichen Routinearbeiten. Die ren einen deutlichen Einfluss auf Ad-libitum-Fütterung hat aus ar- den Arbeitszeitbedarf. Bei einer beitswirtschaftlicher Sicht den Erhöhung der Bestandsgröße Nachteil, dass es keine Füttevon 960 auf 1600 Mastplätze rungszeiten gibt, zu denen alle sinkt der Gesamtarbeitszeitbeschweineprofi.at Tiere gleichzeitig fressen. Die darf bei sonst gleichen Bedin-

WIR HABEN

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Mit Stallhygiene gegen Clostridien Durchfallerkrankungen bei Saugferkeln sind für konventionell und ökologisch arbeitende Erzeuger ein großes Problem. Erkrankte Ferkel wachsen langsamer und eine Behandlung verursacht zusätzliche Kosten. Auslöser für Durchfall können verschiedene bakterielle Erreger oder Viren sein. Wissenschaftler der Universität Kassel identifizierten erstmals in einer umfassenden Studie die häufigsten Erregertypen der Erkrankung in der biologischen Ferkelerzeugung. Dazu untersuchten die Forscher auf 18 Betrieben knapp 700 Kotproben von an Durchfall erkrankten Ferkeln. Häufigster nachgewiesener Erreger war in 40 Prozent aller Proben das Bakterium Clostridium perfringens Typ A. Rotaviren und Kokzidien lösten in 27 bzw. 20 Prozent der Fälle den Durchfall aus. Unerwartet selten identifizierten die Forscher enterotoxische E. coli, kurz ETEC, als Erreger. Frühere Untersuchungen ließen eine deutlich stärkere Verbreitung des Bakteriums vermuten. Die zusätzliche Untersuchung von Kotproben der Sauen zeigte zudem, dass die Muttertiere vermutlich eine geringere Bedeutung für die Übertragung auf die Ferkel haben, als bisher angenommen. Bei ihnen wurde das entscheidende Toxin des ChlostridiumErregers nur bei etwa neun Prozent aller Tiere nachgewiesen. Die wahrscheinlichste Infektionsquelle für neugeborene Ferkel ist deshalb nach Ansicht der Forscher die Übertragung von Keimen aus vorherigen Durchgängen. Umso wichtiger ist es, auf ausreichende Stallhygiene zu achten. Zudem empfehlen die Fachleute Sauenhaltern, die Durchfall auslösenden Keime im Labor bestimmen zu lassen. Denn eine genaue Diagnostik der meist stalltypischen Erreger erlaubt es, Impfstoffe gezielt anzuwenden oder einen erregerspezifischen Impfstoff neu zu entwickeln. Die Kosten dafür seien mittlerweile überschaubar, heißt es. AID


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Ausgeglichene Temperaturen x im Stall

einfach höhenverstellbar. Er zeichnet sich vor allem durch seine lange Lebensdauer, durch die hohe Standfestigkeit und durch seine platzsparende Edelstahl-Ausführung aus. Neu ist auch die Variante „Breiautomat mit Tränkernippel“, ergänzt durch Saugnippel für das Wasser. Die er neue Geothermische Schotterspeicher Firma MUS-MAX hat auch eine neu konstruierte, (GTS) setzt Maßstäbe in Sachen tiergerechaus eigenen Bauteilen bestehende CCM-Trockenter und funktionssicherer Zu- und Abluftführung fütterung eingesetzt. Der neue „Pondi“-prozessin zwangsbelüfteten Schweineställen. Die Funkgesteuerte Anmischcomputer kann mehrere tionsweise: Die Zuluft wird durch die unter dem Stall verlaufenden Schotterbahnen angesaugt Komponenten automatisch dosieren. INFORMATION: Landtechnik Urch GmbH, und gelangt dann entweder über eine Zuluftdecke, über den Futtergang oder als Unterflurzuluft Tel.: 03464/22 52, Fax: 03464/22 78, urch@mus-max.at, www.mus-max.at in den Stallinnenraum (siehe Abbildung). Der GTS wird in der Regel unter dem Stallgebäude errichtet. Vorteile: Temperaturschwankungen unter 2 Kelvin/Tag, deutlicher Kühleffekt im Sommer, erhöhte Zulufttemperatur im Winter, keine elektrisch oder händisch betriebenen Stellklappen zur Zuluftregulation nötig. INFORMATION: Fa. Bräuer Stalltechnik GmbH, Tel.: 07252/738 53-0, www.braeuer.cc er Futtermittelhersteller Bergophor aus Kulmbach (D) hat eine neue Wirkstoffkombination aus Oreganoöl und NSP-Enzymen entwickelt, die höhere Tageszunahmen, bessere Futterverwertung und weniger Krankheitsanfälligkeit bewirken soll. Effektive NSP-Enzyme (Xylanasen) erhöhen die Verdaulichkeit von Fasern im Dünndarm. Die entstehenden Bruchstücke ernähren die positive Darmflora, gebundene Nährstoffe werden freigesetzt. In Versuchen wurden dadurch die Tageszunahmen und die Futterverwertung um drei Prozent verbessert. Die Energieaus-

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beute aus dem Futter wurde um 0,2 bis 0,3 MJ ME/kg gesteigert. Durch die schnellere Passage des Verdauungsbreis wird die Vermehrung von Bakterien in den hinteren Darmabschnitten vermindert und Durchfälle werden reduziert. Positiver Nebeneffekt ist ein weniger klebriger Kot, sodass die Ferkel sauberer sind. Antimikrobielles Oreganoöl enthält Phenole, welche die Zellwände von Bakterien beschädigen und so deren Wachstum vermindern. Nachgewiesen wurde die Wirksamkeit gegen folgende Krankheitserreger: Clostridien, E. coli, Staphylokokken und Salmonellen. Die Wirkstoffkombination ist in den BERGIN Ferkelprodukten (BERGIN FerkelTop, TopFit F5, TopFit F75, FK 30 und FK 50) sowie den BERGIN TopMast-Produkten enthalten. INFORMATION: Bergophor Futtermittelfabrik, Tel.: +49/(0)9221/806-0, service@bergophor.de, www.bergophor.de


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