Christophoribote 3/2021 (155)

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. varia Christus Medicus Marcin M. Pawlas Seit den letzten zwei Jahren ist das Wort Arzt in aller Munde. Es gibt aber einen Arzt oder besser gesagt einen Oberarzt, den ich hier erwähnen will: Jesus. In vielen biblischen Geschichten erscheint er als Heiler. Christus Medicus ist eines der bekanntesten biblischen Themen. Mit dieser Darstellung von Jesus werden seine außergewöhnlichen Fähigkeiten betont indem er als derjenige gezeigt wird, der die Menschen heilt und von den Toten auferstehen lässt. Sowohl das lateinische Wort medicus als auch das griechische Wort ιατρος (iatros) stehen für einen Arzt, Heiler und Doktor. Die Verbindung mit Christus Erlöser (lac. Salvator, gr. σωτηρ [soter]) betont die heilende, erlösende Kraft Christi Handeln. Er heilt den Körper und die Seele, verbindet das Hier und Jetzt mit der Ewigkeit. Gott als Heiler Im 2. Buch Mose finden wir folgende Worte: Wirst du der Stimme des Herrn, deines Gottes, gehorchen und tun, was recht ist vor ihm, und merken auf seine Gebote und halten alle seine Gesetze, so will ich dir keine der Krankheiten auferlegen, die ich den Ägyptern auferlegt habe; denn ich bin der Herr, dein Arzt (15, 26) Der Schutz vor Erkrankung ist von der Frömmigkeit des Betroffenen abhängig. Das Lesen der Heiligen Schrift, die Vollendung guter Taten und das Beachten der Gebote werden das Volk Israel vor den dem ägyptischen Volk auferlegten Krankheiten schützen. Der Herr wird hier auch explizit Arzt genannt. In dem 5. Buch Moses (Deuteronomium) lesen wir Sehet nun, dass ich‘s allein bin und ist kein Gott neben mir! Ich kann töten und lebendig machen, ich kann schlagen und kann heilen, und niemand kann aus meiner Hand reißen (32, 39). Es gibt keinen anderen Gott

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außer JHWH. Nur der Allmächtige war in der östlichen Kirche nicht Ikonografie und Kunst kann das Leben nehmen aber auch der Fall. Dort pflegte man weiter- Die frühchristliche Kunst der schenken. Nur er kann schlagen hin die ursprüngliche Liturgie, die Wende des 4. und 5. Jhr. nutzte das und heilen. beide Aspekte vereinbarte. Seit Motiv der Wunder und der wunIm Neuen Testament kommt das dem 13. Jh durften die Priester der dersamen Heilung Christi. In den Motiv des Arztes nicht mehr vor, westlichen Kirche den Beruf eines Katakomben und auf Sarkophagen erwähnt wird es allerdings von Arztes nicht mehr ausüben. Erst sind viele neutestamentarische den späteren Kommentatoren im 16. Jh. kehrte Martin Luther in Motive zu finden: Heilung eines der Heiligen Schrift wie Origenes, seiner Lehre zu dem Christus-Me- Gelähmten, eines Blinden, eines Clemens von Alexandria, Ignati- dicus-Topos zurück, indem er die Leprakranken, oder einer unter us von Antiochien oder Augustin. menschliche Hilfeleistung als Blutungen leidenden Frau. Das Ignatius nutzte als erster den Be- Erlösung der Seele und Heilung Motiv Christus medicus taucht griff Christus Medicus am Ende des Körpers verstand. Das Abend- verstärkt in der Kunst des 16. und des 1. Jhs. nach Christus indem er mahl erfüllte seiner Auffassung 17. Jhs – damals entstand eine neue ihn Arzt Jesus Christus unser Herr nach beide Rollen als eine univer- Darstellung der Heilkunst Christi nannte. selle Arznei für die Seele und den – Christus Apothecarius, Christus In den ersten christlichen Ge- Körper also pharmacologia sacra. der Apotheker, besonders in der meinden waren Heilungen ein Teil Wenn man den Gedanken weiter lutherischen Orthodoxe beliebt. der damaligen Liturgie. Sie wur- verfolgt, könnte man die Kirche Den zu dieser Vorstellung passenden oft praktiziert, was Origenes als ein Krankenhaus der sündi- den Vers liefert Matthäus: Kommt und Clemens in ihren Schriften gen, hilfebedürftigen Menschen her zu mir, alle, die ihr mühselig bezeugt haben. Christus Medicus betrachten, wo Jesus sich ihrer und beladen seid; ich will euch taucht bei Augustin auf, andere annimmt und sie holistisch be- erquicken. (Mt. 11,28). Jesus wird Kirchenväter nutzen den Begriff handelt. Luther war übrigens nicht dann häufig mit einem Messbeauch in ihnen Werken. Besonders der einzige, der diesen Gedanken cher (matula) dargestellt und er populär wurde der Topos im 5. Jh. hatte. Die in derselben Zeit leben- verordnet eine Arznei, die gegen Hier muss auch ein anderer hei- de spanische Mystikerin Teresa alle Beschwerden auch im Jenseits lender Mitstreiter Jesu erwähnt von Avila teilte die Auffassung von wirkt – das Abendmahl. werden und zwar Asklepios / Aes- einem Sakrament als Heilmittel Das Motiv ist ist auch in den Kirculapius, der aus der griechischen sowohl für den Körper als auch chenliedern zu finden: In dem Lied und später römischen Mythologie für die Seele. Die gängige Klos- »Was Gott tut, das ist wohlgetan« bekannte Gott der Heilkunst. ter-Praxis im Mittelalter verband (EG 372) von Samuel Rodigast lauObwohl Asklepios auch den Titel die Krankenstationen mit Kapel- tet die dritte Strophe: »Was Gott soter Heiler hat, ist seine Leistung len, so dass die Kranken an der tut, das ist wohlgetan, er wird unvergleichbar. Er behandelte kei- Liturgie teilnehmen konnten. Der mich wohl bedenken; er als mein ne unheilbar Erkrankten und ver- mittelalterliche berühmte Arzt Arzt und Wundermann wird mir langte Bezahlung für seine Diens- Paracelsus gehörte auch zu den nicht Gift einschenken für Arzete. Jesus verbrachte dagegen seine Anhängern des Christus medicus nei; Gott ist getreu, drum will ich Zeit sogar mit Leprakranken und -Topos. Seiner Ansicht nach be- auf ihn bauen und seiner Güte von Geld war sowieso nie die Rede. ruhte der Heilungsprozess auf der trauen«. In einem anderen Lied: Das frühe Christentum wurde zur Barmherzigkeit Gottes. Im Laufe »Nun laßt uns Gott dem Herren« Religion des Heilens. Bemerkens- der Zeit änderten die klösterlichen (EG 320) von Ludwig Helmbold wert ist auch, dass an Stelle der Krankenstationen ihr Profil und wird in der vierten Strophe Folrömischen Kultstätten (asclepia) widmeten sich eher der Vorberei- gendes gesungen »Ein Arzt ist uns oft später Kirchen gebaut wurden. tung auf das Jenseits. Das Heilen gegeben, der selber ist das Leben; und Reha-Maßnahmen wurden Christus, für uns gestorben, der Mittelalter und Gegenwart der traditionellen von Laien be- hat das Heil erworben«. Die westliche Kirche trennte im- triebener Medizin überlassen. mer stärker den körperlichen Bis heute finden in der christli- Christus der Heiler Bereich von dem geistlichen. Die chen Welt Heilungsveranstaltun- In vier Evangelien finden wir insErlösung der Seele und die Hei- gen statt, sie sind ein Bestandteil gesamt 37 Beschreibungen der lung des Körpers wurden als ge- der Liturgie in einigen freien Ge- Wunder Jesu. Manche von ihnen trennte Bereiche betrachtet. Das meinden. sind nur in der Johannes-Überlie-

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