D I E F Ö R S T ER I N I M S TA D T WA LD
Let's talk about ... Das Dating-Paradoxon
U
m es gleich vorwegzunehmen, ich fungiere lediglich als Beobachterin, wenn es um das leidige Thema rund um das merkwürdige Paarungsverhalten geschlechtsreifer Städter und auch Dörfler geht. Bevor jetzt Mutmaßungen aufkommen: Nein, ich lebe nicht abstinent und ich bin auch nicht frigide. Ich bin einfach seit vielen Jahre vergeben, – ja, ich weiß: »Buhhh langweilig!«. Was mich allerdings nicht davon abhält, meine Umwelt gern und genau zu beobachten, hier und da aufmerksam Erfahrungsberichten zu lauschen und mir meine Gedanken darüber zu machen. Ein Thema, welches praktisch omnipräsent scheint, ist eben jenes Paarungsverhalten. Der Vollständigkeit halber – vor dem Paaren kommt meist erst das Daten. Wobei das heute – nicht zuletzt dank Tinder, Lovoo, Facebook Dating und Co - eher schon mal zu einer einzigen Grauzone verschwimmt. »Daten« hat aus Beobachtersicht in der heutigen Zeit irgendwie mehr mit Leistungssport gemein, als es zunächst den Anschein hat. Schon der Weg zum ersten Date ist steinig und von so mancher Unwägbarkeit gesäumt. Eine Kollegin zeichnete kürzlich ein sehr anschauliches Sinnbild einer Reihe von Startblöcken mit mindestens neun Teilnehmer*innen – zwar sei der Vergleich eines Massenstarts auch nicht so abwegig, aber sie wolle es nicht übertreiben, meinte sie augenzwinkernd. Ihrer Schilderung nach, wird das an den Start gehende Teilnehmerfeld zunächst anhand einer Anzahl von katalogisierten Eigenschaften gesiebt. Wir sprechen hier einerseits von gängigen Attributen wie Größe, Alter, Gewicht, Haarfarbe, Fülle und Form der Oberweite respektive der Umfang des Bizeps oder auch die Formschönheit der Fußzehen lacht ihr ruhig, ihr Ungläubigen - aber eben längst nicht mehr nur.
Vorbei die Zeit, als ein intaktes vollständiges Gebiss und ein nettes Lächeln das Weiterkommen sicherten. In die nähere Auswahl kommt praktisch nur noch der-/diejenige, die etwas »mehr« zu bieten haben: »Es muss schon wenigstens ein kleiner Fetisch, ein Hang zum Geländeklöppeln, das Ehrenamt in einer Leprakolonie oder wenigstens die Teilnahme an einer Talkshow dabei sein, um die Top 3 der Endrunde zu erreichen.« Dabei sei das erklärte Ziel oder besser das viel zitierte und über allem schwebende Mantra praktisch aller Datenden: »Endlich ankommen!« Zugegeben, das klingt jetzt ein bisschen nach der jeweils ersten Folge einer Bachelor-Staffel, aber da dies ja keiner anschaut, täuscht das wohl. Jedenfalls kommt dabei nicht nur meiner nicht näher genannten - Kollegin in den Sinn, anzunehmen, dass ein mögliches »Perfect Match« sich bereits nach Abarbeiten des Kataloges disqualifiziert hätte. Tja, das wäre ja nun ganz blöd. Hat man es allerdings doch wider Erwarten ins Finale geschafft, lockt nicht nur der direkte kommunikative Kontakt, sondern vielleicht auch das eine oder andere Date. Dass es hier durchaus noch einige Stolpersteine gibt und, dass die nicht zwingend mit einem selbst zu tun haben müssen, liegt irgendwie in der Natur der Sache … Notiz an mich: Was zum Geier ist eigentlich »Geländeklöppeln?«
Eure Försterin
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04 22
GLOSSE
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