ISSUE 3 - STARE Magazine

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EDITORIAL

mutig

Als Erstes möchten wir uns an dieser Stelle bei Allen bedanken, die das STARE-Magazine seit seiner Erstausgabe im Mai unterstützen. Gleichzeitig begrüßen wir die Leser, die jetzt bei unserer dritten Ausgabe zu uns gestoßen sind. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, ein Magazin zu machen, das mittlerweile über 4000 Leser in Passau und Umland erreicht – und wir haben noch viele Pläne für die Zukunft. Ihr dürft also gespannt bleiben. Die aktuellsten Neuigkeiten aus unserer Redaktion teilen wir mit euch auf Facebook unter facebook.de/stare.lokalwiedergabe und auf unserer Webseite www.stare-mag.de.

sein

Die größte Neuerung in dieser Ausgabe ist offensichtlich: Statt wie bisher 1,90 Euro zu kosten, ist das STARE-Magazine ab ISSUE 3 kostenlos. Das haben wir uns natürlich gut überlegt. Sollten wir weiterhin ein

ausgesuchten Geschäften vertrieben wird – oder ist es nicht viel mehr das Ziel, Kultur und Jugendkultur jedem und umsonst zugänglich zu machen? Am Ende ist uns der Entschluss dann natürlich leicht gefallen: Offensichtlich ist es großartig, etwas zu verschenken, und auch schön, etwas geschenkt zu bekommen. Das STARE-Magazine wird in Zukunft an vielen Stellen in Passau einfach ausliegen. Wenn ihr wollt, könnt ihr natürlich auch wie gewohnt in unserer Redaktion vorbeikommen, und euch euer Magazin direkt bei uns abholen. Vielleicht ergibt sich ja auch ein interessantes Gespräch und ihr bleibt auf einen Kaffee. Zusätzlich freuen wir uns besonders, euch das STARE-Magazine jetzt auf hochwertigem Offset-Papier präsentieren zu können. Fotos und Gestaltung werden auf diesem Papier unserer Meinung nach authentisch transportiert. Eingängig, haptisch und emotional. ISSUE 3 ist gewohnt regional-urban: Wir zeigen Euch die unkonventionelle Seite Passaus und leben junge Kreativkultur. Bei uns lernt ihr Menschen und Orte, Musik und Film kennen, die es wert sind, sich mit ihnen zu beschäftigen. Wir bleiben unserer Philosophie treu, und zeigen euch, was uns umhaut. In diesem Sinne: Viel Spaß mit

eurer Ausgabe! Zögert nicht, uns euer Feedback mitzuteilen: Ihr könnt uns ganz einfach und formlos eine e-Mail mit euren Gedanken, Vorschlägen und Impressionen an redaktion@stare-mag.de senden. An dieser Stelle und zum Schluss möchten wir in eigener Sache noch kurz ein Wort über die STARE Kreativagentur verlieren. Besonders auf diesem Segment freuen wir uns auf immer neue Herausforderungen und Kunden, die das Besondere suchen. Unsere Agentur erbringt authentisch werberelevante Dienstleistungen. Dazu gehören

Zusammenarbeit reicht eine unverbindliche e-Mail an thomas.heinrich@stare-mag.de

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Inhalt 8 10 14 16 18 24 26 35 44 50 56 62 70 73

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Levitate Get Out Zwischen Buchen und Birken / BAYAN OIDA display Säurebad im Möbelhaus all about the girl who came to stay Kambodscha 1977, frisch aus dem Werk swim Don´t worry - Chicken Curry Open Page Impressum


Top Marken wie

Wohnen ist Lebensqualität. Und egal ob es um eine komplette Einrichtung oder nur ein schönes Einzelstück geht: Im STYLEHAUS sind Sie immer gut aufgehoben. Um einzigartiges Wohnerleben zu ermöglichen, richten wir unser Augenmerk auf die besten Hersteller – Qualität und Nachhaltigkeit sind unsere obersten Prioritäten. Unsere Beratung ist stilsicher, kompetent und herzlich. Und auf Wunsch besuchen wir sie natürlich jederzeit zuhause. Optimal für die Weihnachtszeit: Viele wunderschöne Geschenkideen in unserem Sortiment. Die beste Gelegenheit, einfach mal vorbeizuschauen.

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Gabriele Brandstetter

Passau — am Parkhaus Güterbahnhof — Tel. 0851 / 36780 — stylehaus@t-online.de STARE 7 www.stylehaus-passau.de


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TRUTH OR DARE In unserer Rubrik „TRUTH OR DARE“ motivieren wir Euch, mit uns zu interagieren. Für jede Ausgabe des Magazins ziehen unsere Fotografen los, um Passanten mit kreativen Aufgaben zu konfrontieren.

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GET OUT

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ndlich Wochenende. Erstmal feiern, aber wie gehts

die Abendplanung oftmals schwierig, und fordert viel Einfallsreichtum und Kreativität. Ideen, wie Kino oder Filmschauen zuhause, sind zwar meist schnell zur Hand (was natürlich nicht die schlechteste Art ist seine Zeit zu verbringen), aber geht da nicht mehr, wenn die Freizeit doch so begrenzt ist? Aber klar doch. Kaum haben wir unsere Planung etwas nach vorne in den Tag hinein verlagert, und nicht nur den bei einem Picknick in 16 Metern Höhe wieder gefunden.

einfach das geht, wenn man sich nur oft genug „just do it“ einbläut, hat uns selbst überrascht. Oft fühlt man sich nur zu beschränkt von Organisationsaufwand, Finanzen oder Mobilität. Befreit man sich aber erst einmal von diesen Faktoren und streckt seine Fühler etwas aus, wird man feststellen, wie viele Möglichkeiten sich einem tatsächlich bieten. Auch wenn auf den ersten Blick die Abenteuer der großen, weiten Welt unglaublich spannend wirken, sollte man das

Photografien & text: Sarah Kleine, nora BlanK

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nicht unterschätzen, was direkt vor der Haustüre nur darauf wartet, erkundet zu werden. Denn den kindlichen Abenteurer kann man eigentlich überall aus sich herauskitzeln. So wurde aus einem ganz seriösen Sparziergang im Fürstenecker Ilztal eine spannende Erkundungstour durch zerfallene Erdkeller, über Eisenbahnschienen, mit Durchqueren eines engen Tunnels, also unserer ultimativen Mutprobe, wurde ausfallend lauter Siegesgesang, als wir es nach nur drei Anläufen endlich geschafft hatten. Und das, Nur eine Woche später erklommen wir dann den weltweit größten Baumwipfelpfad in Neuschönau, der in ein (architektonisch sehr beeindruckendes) 44 Meter hohes Ei mündet. Mit der Höhenangst im Nacken war das eine noch größere Herausforderung. Aber Ängste überwinden heißt Zwar war der Weg das Ziel, aber das Ziel war ziemlich kalt, also haben wir uns dann recht schnell von der schönen Aussicht abgewendet, um uns im anliegenden Café mit Cappuccino, Kuchen und Zigaretten zu stärken. Am Tisch, den wir uns mit einem älteren Pärchen teilten, ergab sich eine angeregte Diskussion über das Studentenleben, und am Ende sind wir sogar auf unsere kleine Brotzeit eingeladen worden.

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LBER Z L Ö H E L U H FAHRSC Passau

ag Montag - Freit 5 x Unterricht: 16.00 - 17.30 ntag + Freitag o M t: h ic rr te n 2xU 19.00 - 20.30

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ZWISCHEN BUCHEN UND BIRKEN

3 Hausen Episode N°

matthiaS KarlStetter

StuDiert in

BefaSSt Sich mit Der geiStreichen

themen,

regenSBurg aBhanDlung

unD von

Die Dich Schon immer intereSSiert haBen.

illuStration: hanS BinDer Knott

der Lebensweise etabliert. Per Internet-Netzwerk kann man sich auf dem Sofa von anderen einmieten – als günstige Art zu Reisen gedacht, wird das Ganze oftmals als Wohnungsmarkt für eine Nacht umfunktioniert, und so hangelt sich so mancher über erstaunliche Zeiträume hinweg von Couch zu Couch.

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ohnst du schon oder haust du noch? Eine Frage die sich im Moment bei uns wohl so einige stellen, sei es in Bettenlagern, in kleinen, zu engen Wohnungen, in Wohnwägen oder an vielen anderen möglichen und unmöglichen Orten. Ein aktuelles Thema sind die, mittlerweile überall aus dem Boden schießenden, Bettenlager für Studenten. Die Verhältnisse hier sind oft mehr als fragwürdig. Turnhallen werden möbliert, oder die bestehenden Studentenwohnheime buchstäblich bis unters Dach gefüllt. Es ist durchaus üblich, auf dem Dachboden der besagten Wohnheime sein Dasein fristen zu müssen, selbstverständlich dichtgedrängt mit zu vielen Leidensgenossen und zu wenigen sanitären Einrichtungen. Wem die Feldbetten zuwider sind, probiert sich als Dauer-Couch-Surfer. Hier hat sich eine neue Art

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Dass diese Problematik nicht nur Studenten betrifft, zeigt die steigende Zahl derer, die ihren Hauptwohnsitz auf den Campingplatz verlegen. Hier kann man nicht die Schuld auf einen Doppeljahrgang, oder das Aussetzten des Wehrdienstes schieben. Das Problem liegt tiefer. Man steuere schon auf amerikanische Verhältnisse zu, so ein Platzwart auf einem der besagten Campingplätze. Aus der Heimat der werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen – durch das Besetzen des Zuccotti Parks in New York und den Aufbau einer Zeltstadt wird nicht nur medienwirksam auf politische Missstände hingewiesen, sondern nebenbei neuer Wohnraum geschaffen – auch, wenn dieser zeitlich begrenzt ist. Also, warum nicht einfach mal im Park kampieren, wenn sich sonst keine Möglichkeit zum Schlafen anbietet? Diese Idee gibt es schon länger. Das Übernachten auf öffentlichen Flächen – seien es begrünte Dächer von Häusern oder eben auch mal der Park – nennt sich UrbanCamping. Wer meint, dies sei nur ein anderes Wort für das Penner-Dasein, liegt aber falsch. Die Motivation ist die Verbindung von klassischem Zelten und Stadturlaub. Der Gedanke liegt da

warum sollte man sie nicht auch des nächtens benutzen? Ein anderer Ansatz wird – weniger urban – in Spanien praktiziert. Aufgrund eines alten Gesetzes gehen Höhlen, die mehr als fünf Jahre bewohnt werden, in den Besitz der Bewohner über. Und so zieht so mancher, von seiner Wohnung frustriert, los und okkupiert eine Höhle, aufdass sie ihm in wenigen Jahren gehöre. Und das ganz ohne zum Nulltarif. Wer Lust auf das Dasein eines nun an Andalusien, Alicante und Aragonien verwiesen. Aber was nützt das jetzt dem Insassen der Bettenlager? Wenig bis gar nichts, bei uns gibt es einfach zu wenige Höhlen. Und abgesehen davon, auch kein Gesetz, über die Überlassung Einstellung kann man übernehmen und sich so in Eigenregie sein eigenes kleines Häuschen zusammenzimmern. Falls man das schafft. Nach der Lektüre dieses Artikels sollte sich jetzt wohl jeder selbst aus der Misere helfen können. Etwas Eigenverantwortung kann doch wohl erwartet werden, dann kommt man auch aus der Notunterkunft raus. Den Faulen beißen die Hunde; dem Fleißigen hingegen sei Inspiration an die Hand gegeben, wie man seine Wohnsituation verbessern kann. Wenn man bereit ist, in Parks zu schlafen, oder in Höhlen zu hausen.


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Passau

Rosstr채nke 5-7 94032 Passau

Every Monday

Karaoke Every Thursday

Pub Quiz March 17 St. Patricks Day Party

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n der Orientierungswoche lernt man oft die Leute kennen, mit denen man den Rest seines Studiums verbringt. Hat mir jemand mal gesagt, als ich mich als Student an der Universität Passau eingeschrieben habe. Damals war alles noch neu und unbekannt. Der Quietschie (Student im ersten Semester) wittert die große Freiheit. Unter der Woche abhängen, ab und zu in die Uni gehen, Abends in den Clubs eskalieren. dann natürlich ruiniert – was auch zu erwarten war.

Der Student fühlt sich plötzlich wie von der kleinen Schule, die schon ganz gut organisiert war, an eine ganz große, sehr unorganisierte Schule verfrachtet. Mit einem Mal gibt es keinen Stundenplan mehr, Hisqis und StudIP kapiert man sowieso nicht, oder hat nicht wirklich Lust, sich damit zu befassen, und Sprechstundentermine einhalten ist im Grunde auch nicht so einfach, wie es klingt. Der Quietschie hat also im Allgemeinen keine Ahnung, wie es nun weitergeht und kennt noch niemanden, der alles erklären kann oder will. Und in die Fachschaft will man auch nicht gehen – das ist irgendwie spießig. Kurz gesagt: Als Erstsemester merkt man oft schnell, dass die Uni nicht das ist, was man sich eigentlich vorgestellt hatte – oder das, von dem der große Bruder noch vor wenigen Jahren geschwärmt hat. Von freier Zeiteinteilung, Sitzscheinen und einem unbesorgten Leben mit 15 Semestern Philosophiestudium kann man als Bachelorstudent nur noch träumen. Aber zurück zur O-Woche; die neuen Regelungen haben sicher ihren Sinn: Der Student muss schon während seiner Unizeit darauf vorbereitet werden, später als Erwerbstätiger ein hohes Stressniveau jedenfalls reihenweise Veranstaltungen statt. Natürlich verschläft der Quietschie die meisten, und auf viele hat er keine Lust. Aber trotzdem gibt es dann irgendwann diesen Abend, an dem man sturzbetrunken in einem Club herumhängt, viel zu laute Musik hört, und wirklich viel zu viel Geld für Alkohol ausgibt. Irgendwie, er weiß selber nicht ter dann von einer Meute anderer Quietschies

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umgeben (und eventuell von Jungs aus höheren Semestern, die gerne junge Mädchen kennenlernen würden). So beginnt oft die erste zarte Kontaktaufnahme, zwischen tanzenden Menschen mern aus, meisten viel zu viele – und merkt am nächsten Tag oder beim nächsten Treffen, dass die meistens doch Fehlschläge waren, und die Leute hinter den Nummern suspekt sind. Aber so am Ende der Orientierungswoche, am Anfang vom Rest des Studentenlebens, kristallisieren sich langsam kleine Netzwerke hervor. bung einer Gruppe von Studenten in dunkelgrü-

nun denkt, liebe Burschenschaftler). Man fühlt sich dadurch akzeptiert. Wie denn auch sonst, in einer neuen Stadt, ohne Freunde, der Partner am anderen Ende Deutschlands. So stellt man sich das zumindest vor, aber die Realität sieht Gott am Ende der Sebastian-Gelhaar-Träger,

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in einer munteren Runde von leutseligen Jutetaschenbesitzern, und das Mädchen mit den Punkrock-Aufklebern auf der schwarzen Umhängetasche, das noch nie ein Festival verpasst hat, verliebt sich doch in den charmanten Julian, der auf jedem Kleidungsstück mindestens einen Polo-Reiter trägt. Und so, wie ich das hier geschrieben habe, kann man das auch nicht sagen. Denn eine Studentensozialisation auf die Orientierungswoche zu reduzieren, ist unglaubwürdig. Ich für meinen Teil jedenfalls kann sagen, dass ich heute mit niemanden mehr aus der O-Woche befreundet bin. Natürlich lernt man neue Menschen kennen, aber im Grunde ist man noch viel zu sehr damit beschäftigt, sich selbst kennenzulernen, eventuell das erste Mal auf eigenen Beinen zu stehen und zu versuchen, nun doch noch in die Veranstaltungen zu rutschen, für die man sich natürlich nicht angemeldet hat. So kommt man nicht wirklich dazu, tiefe zwischenmenschliche Beziehungen zu ten Menschen dann doch da, wo man sie nicht vermutet hat. Vielleicht doch auch in der Orientierungswoche.

Oliver und Thomas sind eigentlich gute Freunde. Aber wenn es um den Inhalt der STARE-Kolumne geht,

Und so haben sich die beiden entschieden, lichen Weltanschau-

Bootsschuhen und beigen Chinos, mit SebastianGel in den Haaren. Zu ihnen gesellen sich die obligatorischen, blonden Mädchen mit Pferde-

immer griffbereit. Direkt daneben, aber schon etwas weiter weg bilden sich andere Kreise: Jungs und Mädchen in Kordhosen, Leinen, und Kapuzenpullover, mit Rucksäcken von Dakine und Umhängetaschen. Eine andere Gruppe trägt ganz schwarz an Körper und Haar, einer hat sogar einen bodenlangen Ledermantel an, der eventuell schnell zeigt sich natürlich: Was in der Schule noch funktioniert hat, wird an der Uni oft unmöglich (nämlich eine bunte Durchmischung jeder Couleur – damit ist nicht das gemeint, was ihr

text: thomaS heinrich


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er Raum wird von einem Lachen mit der Lieblichkeit einer Splittergranate in seinen Grundfesten gleichermaßen erschüttert und erheitert. Mit der Behutsamkeit eines grobschlächtigen Hünen, der keine Billardkugel, sondern eine Bowlingkugel mit Hilfe einer Stecknadel in ein Loch manövrieren muss, hält er das Queue. Ein bedeutungsloser Niemand starrt in sein Bierglas, als würde seine gen. Sie tauschen hektische Blicke. In einigen Wochen werden aus diesen Blicken Freundschaften fürs Leben. Oder zumindest für die nächsten Semester. Oder überhaupt nicht. Eben beschriebenes Szenario dient als Sinnbild für jeden

ungen in Form einer Doppelkolumne ausangesichts der Katastrophe Semesteran-

Ernährung und ab und zu aufkeimendem Leistungszwang. So entstehen dann auch Szenarien wie ich sie zu Beginn so sachlich trocken beschrieben habe. Keine der erwähnten Personen zaubert meinen Groll hervor. Der Grobschlächter am Billardtisch ist mit Sicherheit ein netter Informatikstudent. Die lachende Splittergranate ein heiteres Kuwimädel, und der Bierglasstarrer schon bald ein Burn Out geplagter Lehrämtler. Die Juristenfraktion wurde ausgespart, da sie in solchen Spelunken nicht verkehrt. Sie ist zu sehr damit beschäftigt, ihr Selbstbewusstsein auf Stehkrägen zu bauen, um sich anschließend an einer Perlenkette um den Hals davon herunterzuter Brust tief in die Klischeekiste, sind menschlich sie irgendwann emittieren werden. Lassen wir

Blick in einer der Studentenkneipen zu Zeiten der Orientierungswoche.

Zitat Universität Passau: „Die O-Woche ist eine Einführungswoche zu Beginn der Vorlesungszeit, die - wie der Name schon sagt - der ersten Orientierung an der Uni dienen und den Einstieg ins Unileben erleichtern.soll.“

sich der Student in der Orientierungswoche? Arena frei.

Ohne Änderungen übernommen. Inklusive grausigem Satzbau und dem Hinweis, der Name würde ja schon verraten, worum es sich bei der Orientierungswoche handelt, wodurch der komplette ben fällt leicht genug, sodass der, liebevoll, O-Woche genannten Zeitspanne eine gänzlich andere Bedeutung zukommt. Hier versammeln sich alle, die ungern alleine sind, bleiben oder trinken wollen. Also so ziemlich jeder, der noch dem irrigen Glauben aufsitzt, mit sozialen Kontakten lasse sich das Studieren durchleben. Studieren, dieses Gefüge aus schlechten Leberwerten, schlechter

neu zu setzen. (Die Akkumulation des Adjektives „neu“ ist ein bewusst genutztes Stilmittel). Nur der Dicke, der bleibt dick. Aber selbst für ihn gelten die Öffnungszeiten des universitären Fitnessstudios. Solch blühende Zukunftsaussichten treiben sie zusammen. An den Billardtisch, an die Bar. Irgendwann, zur fortgeschrittenen Stunde, werden sie sich in ihren fahruntauglichen Zuständen ein Herz und einen Jägermeister fassen, und sich zusammenraufen. Die lachende Splittergranate verwüstet dann nicht mehr mit ihrer allerersten Zweckbekanntschaft den Laden, sondern gibt noch fünf anderen Mädels die Chance, sich hinter ihrem Rücken über ihr Lachen zu amüsieren. Der Grobschlächter erntet aufmunterndes Zunicken und kameradschaftliches Schulterklopfen. Fortan zeigt er seine barbarische Grobmotorik in geselligen Runden. Der Junge, mit der Verbindung zum Bierglas auf Metaebene, starrt späterhin auf die splitterlachende Mädelsgruppe, oder, je nach Gesinnung, auf den Grobschlächter. Vielleicht macht er den ganzen Zauber aber auch nicht mit, und bleibt bei Bier. Denn so spaßig das zweckmäßige Zusammenraufen in der Orientierungswoche ist, wahre Freundschaft entsteht ungleich schöner. Sicher nicht durch ein von außen aufgezwungenes Verlangen nach Orientierung. Die Kids sind alt genug, sage Informationen über die Uni benötigen sie vorerst überhaupt nicht.

sie neben den Juristen baumeln und betrachten nochmal das Anfangsszenario: Die bereits erwähnte Studentenkneipe ist die Luftbrücke nach Berlin für alle, die zum ersten Mal ohne Mama in die große, weite Welt ziehen. In die große weite Welt, oder zumindest Passau. Vielleicht ziehen sie auch etwas ganz anderes. Auf jeden Fall sind die Kollegen auf sich alleine gestellt. Unsicherheit trifft auf ‚die Welt gehört Die Hänseleien auf dem Pausenhof sind schnell vergessen, wenn man am neuen Wohnort den kann sich im griechischen Alphabet weiter hinten einreihen. Das Mauerblümchen bekommt neue Kleider, der Streber die Möglichkeit Prioritäten

Ich habe in meinem Leben bereits einige Studiengänge, aber noch keine einzige Orientierungswoche gesehen. Wenn der Zusammenhalt einer Gruppe allein darauf fußt, auf keine andere Gruppe zurückgreifen zu können, ist seine Halbwertszeit nicht sehr lang. In etwa gleich lang, wie die einer vollen Montagmorgen. Deshalb mahne ich, vor allem in den ersten paar Tagen, zur Geduld. Freunde könnt ihr euch irgendwann genug suchen. Bleibt erstmal zuhause und lest das neue STARE-Magazine. Hit it, Gentleman!

text: oliver Kircher

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BAYAN OIDA Interview: Thomas Heinrich, Martin Brunnbauer

DOPPEL D, das sind Monaco Fränzn, Gräm Grämsn und DJ Spliff. Die drei Jungs aus München

üppigen Dirndl-Ausschnitt, ein Nippel steht raus Raps. Nein, Schmarrn: Ich hab als 7-jähriger

sind sie damit auch geworden: Ihre Songs sind auf diversen Radiosendern zu hören, sie treten auf und touren durch den Freistaat. Wir haben mit ihnen über Brüste, Dialekt und die Münchener Schickeria geredet. STARE-Magazine: Diese Frage wird wahrscheinlich immer zuerst gestellt: Woher der Name Doppel D? Hat das was mit Brüsten zu tun und wenn ja, steht ihr auf Doppel D? Dj SPliff: Wie wir genau darauf gekommen sind, weiß ich nicht mehr genau. Doppel D hatte anfangs natürlich auch damit zu tun, dass wir nur zu zweit waren, aber es soll vor allem für was Fettes, was Großes stehen. Der Link zur großen Oberweite ist dann natürlich auch da. Und ich steh da schon drauf.

da nennt sich einer der Rapper auf der Treppe Double D. Das ist mir wieder eingefallen, als ich mit dem Spliff die Band gegründet habe. Der war fett! So nennen wir uns! Ihr kommt aus Niederbayern und rappt im Dialekt. Wie kommt es dazu? Gerade bei Liedern wie ‚Watschnbaam‘ merkt man, dass ihr voll dahinter steht – und das in einer Zeit, wo die meisten Künstler doch versuchen, sich hochdeutsch zu präsentieren. Ist Bayerisch cooler oder könnt ihr einfach nicht ordentlich Hochdeutsch? SPliff: Ich sehe das anders. Man kann es sicherlich Bands, zum Beispiel La Brass Banda, die sich den Dialekt wieder auf die Fahne schreiben. Es

gräm grämSn: Doppel D hat mit sovielen Dingen zu tun, dass wir uns oft gar nicht mehr daran erinnern, warum die Band eigentlich so heißt. Ich persönlich bin ja erst 2005 dazugestoßen, als die Band schon geboren war und es unter Doppel D bereits Releases gab. Es hat von allem – von der BH-Größe über Deggendorf, bis doppelt deppad

zu präsentieren. Man merkt, dass hier was entstanden ist. Es gibt immer mehr Bands, die aktuelle Musik auf Dialekt machen, und die Leute gehen hin und feiern das. Woran das genau liegt, kann ich nicht sagen. Wir haben das so gemacht, weil wir Lust darauf hatten, und weil wir einfach so reden. Es gibt allerdings auch Songs von uns auf Hochdeutsch. Das zum Thema ob wir es einfach nicht können.

größer ist – ein bisschen was drin. monaco fränzn: Vielleicht sollten wir unser

gräm: Das reinste Schriftdeutsch spricht höchstwahrscheinlich keiner von uns, das

sprechen ja anscheinend nur die Hannoveraner – aber klar können wir uns auch dialektfrei verständigen. Bei mir ging das mit dem MundartRap tatsächlich erst mit der Arbeit bei Doppel D los: Zu Beginn, als die ersten gemeinsamen Tracks entstanden sind, war ich auch noch hochdeutsch unterwegs. Das lag daran, dass ich ein Kind des zweiten Deutschrap-Booms Ende der 1990er-Jahre bin, und uns damals nicht im Traum eingefallen wäre, im Dialekt zu rappen. Erst als sich Doppel D als Trio langsam etablierte, hat sich vor allem Franz die Grundsatz-Frage durchziehen sollen. Ich war auch gar nicht so begeistert von der Idee, weil mir der Beweggrund dafür gefehlt hat. Ich hatte nie das Problem wie Franz, als Dialekt-Sprecher belächelt zu werden. Als junger Rapper wollte ich einfach repräsentieren, und das in einer Sprache, die möglichst viele verstehen, also Hochdeutsch. Aber nach und nach kam ich da rein, und bin solange Kompromisse eingegangen, bis ich meine erste Mittlerweile seh ich das eher als Stilmittel, als Werkzeug – was sich aber auf die SampleAuswahl, oder die Attitüde eines Songs ausweiten lässt. Wir wollen uns und unser Umfeld so echt, so real darstellen, wie nur möglich. Und da wir im Alltag Dialekt reden, warum sollen wir dann nicht auch so rappen? Das hat nichts mit cooler oder

fränzn: Bei mir ist das anfangs schon so etwas gewesen wie Trotz. Ich hatte auch hochdeutsch gerappt. Irgendwann sind die Demos beim Radio

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gelandet. Da kam zurück: Das interessiert keinen, weil man da ja den Dialekt raushört. Daraufhin geschrieben. Dialekt als Makel! Wer mir mit so was kommt, kann sich sauber mit mir anlegen. Ich kann freilich auch hochdeutsch sprechen, wenn ich will. Und wenn mich mein Gegenüber tatsächlich nicht versteht, und nicht einfach nur nicht verstehen will, dann switcht man da natürlich, ist klar. Aber ich komm mir dann immer vor, als würde ich mit dem anderen Englisch reden. Ansonsten hat der Gräm alles gesagt. Ändert sich der Hip-Hop in Deutschland, und wir hören bald alle Haftbefehl? Wie kommt es, dass gerade solche Musik die Charts stürmt, während politischer Hip-Hop, wie etwa Herr von Grau, ein Nischendasein führt? Sind die Hörer also roher geworden, oder bietet Gangsta-Rap mehr Tiefe, als wir ahnen? gräm: Ich würde beides unterschreiben, aber nicht gegeneinander stellen oder gegeneinander ausspielen. Hip-Hop in Deutschland hat sich meiner Meinung nach erst einmal geändert, und das weltbewegend mit dem Durchbruch von Aggro-Berlin Anfang der 2000er. Vorher war es ein in sich geschlossener Kosmos, auch wenn Hannes Loh das gleich wieder anfeinden würde. Da war man sich vom Jugendzentrum bis in den Club einig, wofür deutscher Hip-Hop steht und was er darf und was nicht. Da war man gegen die Industrie. Mit dem Durchbruch von Aggro Berlin aber, hat sich dieser Trugschluss offenbart, und seine Nische durch die Szene gezogen. Plötzlich war das US-Vorbild realer als je gedacht und wurde von den Medien auch so gefeiert: Als Arschtritt und Wiederbelebung der sich damals selbst langweilenden DeutschrapSzene. Vielleicht war die Szene damals nicht gespalten, aber es ging auf jeden Fall ein Ruck durch uns. Was wir jetzt also erleben, ist eher das Großwerden der Kinder dieses Rucks, dieser Revolution, nämlich, dass wir viele verschiedene Szenen haben: Wir haben die große Welt des Nutten. Wir haben die Rucksack-Fraktion mit und Indie-Rapper wie Casper, die Hip-Hop wieder neu ausrichten. Und eben Casper ging ja auf Platz 1, aber genauso können Jungs wie Sido die Charts stürmen, was mich als Rap-Fan

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einfach glücklich macht. Das gibt doch jedem Rapper die Hoffnung, es selbst mal zu schaffen. Für mich fristen Jungs wie Herr von Grau oder Hiob auch kein Nischendasein. Vielleicht werden manche vermeintlich intelligente Acts nur von der Fachpresse größer gemacht, als sie sind. Aber die Tatsache, dass Haftbefehl oder Kollegah einfach ohne irgendeine Hilfe seitens des Feuilleton ihr

„fehlAbermitwenn Haftbeseinen Hood-

Tales einen jungen Migranten dazu bringt, selbst zu rappen, anstatt Gras zu verkaufen, ist mehr erreicht als mit klugen Texten über den Treibhauseffekt

macht mich ebenso glücklich. Es gibt doch keinen größeren Beweis für die Kraft von Hip-Hop, als wenn die Jungs auf Youtube vier Millionen Klicks haben, ausverkaufte Touren spielen und die Kids erreichen. Klar kann man über die Inhalte streiten, keine Frage. Aber wenn Haftbefehl mit seinen Hood-Tales einen jungen Migranten dazu bringt, selbst zu rappen, anstatt Gras zu verkaufen, ist Treibhauseffekt. fränzn: Es ist tatsächlich interessant, dass es zu diesen unterschiedlichen Szenen gekommen ist. Ich mag den Hafti, nicht seine Beats, aber

von H.a.f.t. kennt, wünscht sich ein Album von sich innerhalb des Hip-Hop Kosmos voneinander abgrenzt. Ich kann mich an die Jams in der Music Hall in Passau erinnern, da war einfach jeder da. Sowas gibt es heute nicht mehr. Auf einem Haftbefehl-Konzert sind nur Pumper. Auf einem Hiob Konzert nur Backpacker. Deswegen bin ich

langsam soweit zu sagen: Warum über Hip-Hop diskutieren, wenn es diese Hip-Hop Idee von einer einheitlichen Szene so nicht mehr gibt? Es gibt unterschiedliche Rap-Musik und da kann ich persönlich den Haftbefehl genauso feiern wie den Hiob. Na gut, Hiob ist schon besser, aber ihr wisst, was ich mein. Wie werdet ihr aus Niederbayern denn in München aufgenommen? Viele kennen ja unsere Landeshauptstadt und man kann behaupten, dass gerade dort Teile der Jugend viel Wert darauf legen, nicht ‚bayerisch‘ zu sein (außer während des Oktoberfestes). Wird ‚bayerisch‘, also vor allem der Dialekt, nicht oft mit ungebildet und hinterwäldlerisch gleichgesetzt? gräm: Das kann natürlich passieren, aber wenn dem so ist, dann kommt so was nie von Münchnern, sondern von den Zuagroasten. Ich persönlich bin in München ganz herzlich aufgenommen worden. Ich habs ja schon mal gesagt, ich hatte damit nie das Problem wie Franz, wobei das vielleicht ein GenerationenDing ist: Meine Schwester ist auch fünf Jahre älter als ich, und bei ihr war es noch Gang und Gäbe, dass jeder nach dem Abi darauf bedacht war, so schnell wie möglich vom Land weg zu sein, selbst München war noch zu nah. Also musste es schon Stuttgart, Köln, oder natürlich Berlin sein. Ich weiß nicht, ob das in anderen

Fünf Jahre später aber, also zu meiner Abi-Zeit, war das Lebensgefühl plötzlich anders: Da hieß

STARE ist doch das beste Beispiel dafür. Wenn es etwas nicht gibt, dann gehen die heutigen jungen dafür, dass es passiert. Gleichzeitig entsteht dadurch ein ganz anderes Heimatgefühl und auch ist keine Kunst, mit alternativem Sound aber in Hengersberg bis zu 500 Leute zu ziehen, und ein Stück urbane Kultur zu vermitteln, ist gigantisch. Mit diesen Erfahrungen tritt man in München dann natürlich dementsprechend auf: Ich muss mich nicht als Depp darstellen lassen, nur weil

„Pass mal auf, nur weil du aus Recklinghausen kommst, in Berlin nicht genommen wurdest, und


„gehen Wenn es etwas nicht gibt, dann die heutigen jungen Baydern sorgen dafür, dass es passiert.„ deswegen jetzt in München bist, brauchst du mir nicht sagen, was ich hier darf oder nicht!“ Und ich glaub, München ist über solche Menschen wie uns auch froh, das macht es den Vierteln wie Giesing leichter, sich zu verteidigen. SPliff: Ich persönlich wurde eigentlich ganz

Schickeria als Gesellschaftsschicht. Die hat nämlich ganz klar ihre Berechtigung, genauso wie die asslige Boazn um die Ecke ihre Berechtigung hat. Und dieses Elitäre gibts in der Avantgarde genauso, da wird meinetwegen Indie über HipHop gestellt; Nu-Rave als dumm angesehen, NuJazz dagegen als intelligent. Was dagegen viel

von manchen ein bisschen belächelt, wenn man Dialekt spricht, da es, wie gesagt, nicht der Standard in München ist. Aber man darf sich nicht zwanghaft verstellen, sondern sollte dazu

die natürlich auch aus München kommen: Wenn es in Deggendorf vier Läden gibt, die Wert auf Schicki-Micki legen, was dazu führt, dass sich die Gäste auch so fühlen, dann sind das mindestens

Gegenüber abwinkt, was wirklich nicht oft der Fall ist, und dann muss man es halt ein bisschen eindeutschen. Irgendwie kimmt ma immer zam, und i red so wie i mog.

wieder nicht. Dazu kommen dann lächerliche Eintrittspreise unter fünf Euro, und dann fühlen sich die H&M-Beckhams und die Zara-Hiltons,

fränzn: Als ich vor 13 Jahren nach München kam, war das tatsächlich noch eine andere Zeit. Ich komme da an mit meinem Dialekt und werde

ist der Bullshit. Dieses Selbstbelügen meiner Altersgenossen macht mich oft sprachlos. Aber

Landeshauptstadt. Es war schwierig sich seine Sprache zu bewahren. Das war ein harter sozialer Druck. Das gibt es heute auch noch. Leute, die nach München kommen, sind es schnell leid, immer die lächelnden Blicke zu ertragen, und fangen an hochdeutsch zu reden, und es am Besten auch gleich ihren Kindern beizubringen, damit sie nachher bessere Chancen haben. Gott sei Dank hat das stark nachgelassen: Mittlerweile werde ich oft angesprochen: „Meine Eltern reden noch Dialekt, ich aber kann es nicht mehr. Das Identität, und auch in der Großstadt München, die eine Stadt der Zuagroasten ist, merken manche junge Münchner, dass sie ihre Identität ein wenig leichtfertig hergeschenkt haben. Am Oktoberfest schmeißt sich der Lars aus Kiel auch in die Lederhosn. Und danach wahrscheinlich ins ‚Baby!‘ oder ‚P1‘. Nervt euch die Schickeria in München? Da passt ihr ja nicht wirklich rein. Oder seht ihr das eher unkritisch? Oft wird München ja ein gewisser elitärer Touch nachgesagt. gräm Schickeria, dieses Star-sein-wollen, als die

Nachtleben

oder

Einkaufsmöglichkeiten

zu

Ist es ein krasser Gegensatz, aus Niederbayern zu kommen, und dann in die (zumindest für deutsche Verhältnisse) Großstadt zu ziehen? Gerade wir versuchen ja eigentlich zu zeigen, dass in einer lebendigen Gegend wie Niederbayern, mit einer Universitätsstadt wie Passau, auch der Bär steppen kann – und dann zieht ihr hier einfach weg in die Großstadt. Was hat euch angetrieben? gräm: Zumindest bei mir hatte das rein

Jugendfernsehsendung, womit wir bei einem wichtigen Element eurer Frage wären: Ich sehe

ich meinen Input geben, kann Bands vorschlagen, Themen setzen, und auch das Bild der Jugend vom Land gerade rücken. Denn was da oft noch über uns gedacht wird, kann man sich gar nicht vorstellen. Natürlich ist die Umgebung erstmal ein krasser Gegensatz: Ich fühle mich zwar wohl in München, sonst würde man ja durchdrehen,

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tun, das spielt in meiner Beurteilung der Lebensqualität keine Rolle. Ich fühle mich einfach

und Bekannte. Lediglich die zwei Österreicher Band. Mein Antrieb war vor allem mein Abitur

Erfahrungen gemacht habe, mich hier entwickelt habe und auch familiär und freundschaftlich hier der Bär steppen kann, steht für mich ja gar nicht zur Debatte, dafür bin ich ja hoffentlich auch ein Beispiel. fränzn: Also ich sags ganz ehrlich. Ich wollte weg von zu Hause. Ich bin ursprünglich aus Regen. Ich wollte nicht nach Regensburg oder nach Passau, wo ich wieder in einer Stunde zu Hause gewesen wäre. Ich wollte in die Großstadt und Also bin ich nach München gegangen. Und ich denke auch, dass ich ohne München nicht da wäre, wo ich jetzt bin. Und damit meine ich vor Rundfunk. Da sehe ich mich auch ähnlich wie

Dialekt über Musik, Videospiele und sonstige Kulturdinge auf hohem Niveau sprechen. Wer darf das schon? Ich hoffe, dass das vor allem

es sehr wichtig, sich mit anderen Künstlern auszutauschen, und das nicht nur über das Internet. Sich mit Leuten zu umgeben, die das gleiche machen, das ist in meiner alten Gegend nur bedingt möglich gewesen. Dazu hat man in einer Großstadt alles, was man braucht. Es fängt schon im Kleinen an: Wenn ich neue SeratoPlatten brauche, will ich die jetzt, und nicht erst irgendwo bestellen müssen. In Passau und in Landshut kann schon der Bär steppen, aber das sind auch größere Städte. In den kleineren Städten kommt es mir immer so vor, als wenn man die Leute zwingen müsste, auf ein cooles Konzert zu gehen. Hier muss alles stimmen, von zum Zeitplan. Und wenn du mal ein Volksfest im

Umland verplanst, kommt niemand. Das soll keine generelle Kritik sein, ich hab es nur früher selber zu oft erlebt. Ich bereue es nicht weggegangen zu sein, ich fahre allerdings immer wieder gerne heim. Mittlerweile weiß ich auch die Ruhe, die mich damals genervt hat, zu schätzen.

wahrgenommen wird, dass da einer ist, der das

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ja auch gern mit anderen zusammenarbeiten, kam relativ früh die Idee, den ein oder anderen Track mit einem Feature, quasi als Bonus, noch dann auf, dass es viel zu viele Kandidaten gab, womit der Gedanke geboren war, das Album noch mal komplett neu rauszubringen. Die einzige Bedingung, die überlebt hat, ist tatsächlich die, hat jeder sein Kontaktbuch aufgemacht, die entsprechenden Personen angeschrieben, und es ging dann auch wirklich schneller als gedacht.

Abgerundet hat das ganze die Idee, mit einem ehemaligen Writer zusammen zu arbeiten, der das Artwork ebenfalls neu gestaltet. Und Herausgekommen ist dann tatsächlich ein cooles Sammlerstück, auf das wir sehr stolz sind. fränzn: Irgendwann war es mir persönlich dann auch wichtig zu zeigen, wie viel guten Hip-Hop/

und kein Depperl ist, und jedem eine hinballert, der das Gegenteil behauptet. Was bestimmt wahr ist: Die Infrastrukturen haben sich sicher verändert. Vor allem durch das Internet ist es als Musiker nicht mehr so wichtig, wo du grade bist. Fakt ist, es zieht mich gerade weg von der Stadt. Es ist einfach so laut hier.

Euer erstes Album ‚B–aya–N‘ habt ihr ja nochmal als Remix-Album rausgebracht. Wie kam es zu der Idee? Die meisten Künstler darauf sind ja auch aus der niederbayerischen Gegend und viele davon wahrscheinlich Freunde und Bekannte.

SPliff: Ich habe einfach irgendwann gemerkt

gräm: Im Grunde sind alle Mitwirkenden Freunde

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Bekanntschaften, wobei Schwede (swede:art) da natürlich vermittelt hat. Die Idee dazu kam uns eigentlich auch dadurch, dass wir zu Beginn des regulären Albums relativ schnell festgesetzt hatten, keine Features drauf zu packen. Einfach um uns auf Doppel D zu konzentrieren. Da wir

noch viel mehr Leute auf der Platte untergebracht. Das ging aber dann einfach aus Platzgründen nicht mehr. Da ist es dann bei denen geblieben, die man persönlich kennt und sehr schätzt. Und es macht mich immer noch sehr glücklich, dass vor allem so viele meiner Idole von damals sofort zugesagt haben. Teekanne, Weeh78, Glam,


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illuStrationen: hanS BinDer Knott

Indiestreifen gerne ungesehen liegen bleiben. Reviewed von

faBian haSiBeDer.

D

AS TODESSCHWERT DER NINJA

„Das kapier ich aber nicht. Wieso muss ein Japaner nach China fahren, um gegen chinesische Kung Fu Kämpfer und Hokus Pokus anzutreten?“, so Spektakels. Tja, so wirklich verstanden hat man das auch nach dem Film noch nicht. Irgendwie geht es um einen chemischen Kampfstoff, der sich dann aber doch als ein goldenes Horn entpuppt. Und erbitterte Gegner, die sich plötzlich ohne Grund verbünden. Und den russischen Botschafter. Und Ninjitsu. Vor allem Ninjitsu. Dieser Film macht alles falsch, ist so dilettantisch, dass es fast weh tut, und macht genau deswegen so verdammt viel Spaß. Gespickt mit dümmlichen Dialogen, billigen Kampfszenen und Charakteren, die direkt einer Bad-Tasteden nächsten Filmabend. Ich verspreche Dir, spätestens wenn die Ninjas daran scheitern, ein Bier zu öffnen, ohne dass es katastrophal überschäumt – und diese Szene natürlich

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ARK CITY

Ein Mann wacht ohne Erinnerungen in einer Wohnung auf, die er nicht er offenbar selbst verschuldet hat, Dabei stößt er auf ein Komplott Bei dieser Ausgangshandlung denkst Du wohl unweigerlich an

spinnt aus diesem oft gesehenen Einstieg eine ambitionierte Geschichte rund um Erinnerung, Zeitkontrolle und die menschliche Natur. Teils erinnert

immer gleichen Aufnahmen in epochaler Länge zelebriert wird, gibt es kein Halten mehr. In solchen Momenten – und bei unzähligen anderen – stellst Du Dir wahrscheinlich nur noch die Frage „Warum?“. Warum produziert man so einen Film? Warum unterlegt man den ganzen Film mit schwer erträglichem amerikanischen Klischee-Namen? Und warum zur Hölle denkt dieser Ninja, er würde schneller vorankommen, wenn er auf dem Rücken liegend, und mit den Händen fuchtelnd, durch einen Wald robbt? Aber ich will dem Film hier nicht Unrecht tun; man muss zugeben, dass er doch auch einen gehörigen Beitrag zur Völkerverständigung leistet: „Japaner und Chinesen vertragen sich nicht!“, das ist nur eine der vielen Lehren, mit denen die Ninjas auftrumpfen. Wow. Niveau sich diese bewegt, kannst Du Dir jetzt wohl schon zusammenreimen. Genug der harschen Worte. Zuletzt soll der Regisseur Joseph Lai noch gelobt werden, denn dieser Film ist wirklich sein ambitioniertestes Werk, seine

Also, hol Dir den Film, nimm gleich noch ‚nen Kasten Bier mit, hau Dich mit

da und kein Mensch kennt ihn. That’s movie business. Teilweise wirst Du Dich aber auch wie in einem der Film-Noire-Steifen aus den 40ern fühlen. Und Ich gebe zu, das ganze klingt jetzt wie eine krude Mischung, die nichts Halbes und nichts Ganzes ist, aber weit gefehlt. Wie der Film die Elemente verbindet ist wirklich nett anzuschauen und am Ende ergibt doch alles ein – zumindest in einem abgedrehten Rahmen – schlüssiges und homogenes Bild. Schön. Einen Action-Film brauchst Du aber wieder gut zur Sache, und auch mit Special-Effects wird hier nicht gegeizt, aber der Film lebt mehr von seiner knisternden Spannung – und glaub mir, er ist wirklich spannend. Wenn Du auf Filme stehst, bei denen Du miträtseln kannst, und dabei auch eine reelle Chance bekommst, richtig zu

dieser Thriller Freude bereiten. Und es gibt morphende Städte. Hell Yeah!

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Säurebad im Möbelhaus text: oliver Kircher illuStration: martin BrunnBauer vorwort: thomaS heinrich

bekannten Halluzinogene. Es wird im Betäubungsmittelgesetz der Bundesrepublik als eine der wichtigsten Drogen der Hippiezeit. Auch wenn die Hochzeiten des gingen, spielt LSD heute noch eine wichtige Rolle in manchen Subkulturen. Auf Festivals, in Clubs und im tiefsten Wald kann man Menschen begegnen, die sich an der halluzinogenen Wirkung von LSD berauschen. Grund genug also, sich mit diesem sind. Unser Redakteur Oliver Kircher hat (vermutlich unter zwielichtigen Umständen) zwei Jungs kennengelernt, die sich gerne mit LSD beschäftigen. Aus ihrem wirren Geplapper hat er eine interessante Geschichte herausgekratzt, die authentisch und direkt die Gedanken, Gefühle und Gespräche der Konsumenten in einem großen, schwedischen Möbelhaus in Form einer Reportage aus der Egoperspektive wiedergibt. Uns ist bewusst, dass Drogen ein Reizthema darstellen. Kaum etwas spaltet die Meinung der Gesellschaft mehr, als der Miss- und Gebrauch von nicht verkehrsfähigen Betäubungsmitteln. Wir geben hier die Geschichte der beiden Konsumenten ehrlich wieder, ohne zu schönen oder zu zensieren. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass LSD eine gefährliche und illegale Droge ist, und raten dringlichst von der Einnahme ab.

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In meiner Jugend hatte ich großen Respekt vor LSD. Den konnte ich mir abtrainieren, indem ich, vernünftigerweise, mehr LSD einnahm als ich vertrug. Die ersten Erlebnisse gingen, ganz wie chronische Diarrhö, wunderprächtig in die Hose. Mein Bewusstsein bewies jedoch an Masochismus grenzende Standhaftigkeit. So konnte der gesunde Respekt mit Hilfe einiger guter Kontakte im Zuliefererbereich in einen destruktiven Vergnüngswahn gewandelt werden. Das ist viele Jahre her. Mittlerweile sitze ich in verrauchten Eckkneipen, gebe Weisheiten samt alter Kalauer zum Besten. Ich gestikuliere wild, ernte erstaunte Blicke und verkippe dabei Weizenbier über meine T-Shirt.

Er wIrd auch nuEchtErn ImmEr das fuEnftE rad am wagEn zwIschEn mIr und mEInEm parkplatz sEIn

gewünschten Objekten wurden sogar mit Post-its an den Rändern versehen, um ihre Bedeutsamkeit zu unterstreichen. Ein Bogen LSD Trips besteht meistens aus 500 einzelnen Trips. 500

provozierter Wahnsinn auf nichtmal der Größe eines Din A4 Blattes. Die Trips werden von Drogenhändlern in den Wohnzimmern von der wahren Stärke ignorieren wir gekonnt. Guten Gewissens genehmigen wir uns je drei Stück.

Für den weiteren Verlauf der geschilderten Erfahrungen nenne ich mich einer Stunde und behält seine Wirkung für circa sieben Stunden. Von Alberts zugemüllter Wohnung zu IKEA benötigt ein fröhlich schlendernder Acidhead geschätzte 60 Minuten. Albert zieht in eine neue Behausung. Zum einen, weil die alte verdreckt ist. Zum anderen, weil in der neuen eine hübsche Frau mit einer festen Beziehung auf ihn wartet. Ich bin schon aus nichtigeren Gründen in meiner alten Bruchbunde geblieben. Die Freundin kümmert sich um die Einrichtung des noch leeren Zuhauses. Sie hat in einem Katalog, der meinem Geschmack nach viel zu gezwungen „wir sind auch cool“ vermitteln möchte, irgendeinen Scheiß angestrichen. Die Seiten mit den

Der Weg zu IKEA verläuft unspektakulär, und würde ohne diese, hier geschriebenen Zeilen, in Vergessenheit geraten. Imposant thront das Einkaufszentrum gen Himmel. Der Parkplatz davor ist übersät mit Kleinraumlimousinen. Die vollkommene Vertrautheit eines mir bis dato völlig unbekannten Parkplatzes erhellt mein Gemüt. Das LSD zeigt bereits deutlich seine Wirkung. Albert erwidert etwas. Mit seiner seltsamen Kopfform trübt er mein eben gezeichnetes Bild des Parkplatzes als ewigen Verbündeten etwas ein. Ich verzeihe ihm gern, da mir bewusst ist, dass seine Kopfform dem Acid zuzuschreiben ist. Er wird auch nüchtern immer das fünfte Rad am Wagen zwischen mir und meinem Parkplatz sein. Nach einer hitzigen Debatte, ob wir die verglasten Eingangstüren aufgrund ihrer enormen Winzigkeit überhaupt durchschreiten können, gehen wir das Risiko ein. Ich schaffe es ohne nennenswerte Verluste, Albert agiert

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unsicher. Sofort habe ich die innere Eingangshalle in all ihrer Pracht, ihrer architektonischen Perfektion und ihrer bedeutungsschwangeren Funktion als Eingangshalle erfasst. Das Gelb der Treppenabsätze ist ein Tick zu gelb, um nicht hinterfragt zu werden. Das Blau der Wände vibriert ein wenig zu aufwühlend, um mit dem friedlich pulsierenden Braun der Treppengeländer in Einklang zu stehen. Das Acid fährt. Die Frage, ob es wirklich drei Trips sein mussten, drängt sich mit gottgegebener Selbstverständlichkeit auf. Zwei hätten vielleicht gereicht. Für Selbstzweifel ist allerdings keine Zeit. Die Schwachen verdienen das Glück nicht. Festen Schrittes erreichen wir die obere Etage. Vor meinen Augen öffnet sich die blanke Hölle. Das Tor zum ersten Höllenkreis ist geöffnet.

hinter dem Kasten Öttinger hervorgekrochen um das 19te Kinderzimmer zu dekorieren. Sie drehen Unmengen von Zigaretten vor. Sie schicken vor blinkender Leuchten. „Bitte, Book of Ra, lass meinen Sohn in weichen Laken und nicht in der Bildzeitung der letzten Tage schlafen“. Drei Kinder plärren aus dem Kinderwagen. Zwei nochmal an den Händen des, sich seit wenigen Wochen kennenden, Elternpaares. Natürlich erwartet Mama Nachwuchs. nicht alleine zurück. Ich verrate euch ein Geheimnis. Jeden Abend bete ich zu Gott: „Bitte verschone mich vor solchen Menschen.“ Meine Gebete wurden nicht erhört. Der Glaube an einen Guten Gott

„Die Kinder, sie werden in naher Zukunft keine Arbeit haben.“ Er grinst dümmlich. „Sie werden die Früchte meiner harten Arbeit in Form von sozialer Transferleistungen von mir rauben!“ Er öffnet den Mund: „Sorge dich nicht, lebe!“ Verdammter Hippie. Die Ausstellungsräume sind mit Arschlöchern übervölkert. Alle scheinen wenig gebildet. Ich vermute, dass das Unwissen eines Einzelnen ausreicht, um drei nachkommenden Generationen Schwierigkeiten beim Bestehen des Hauptschulabschlusses zu bereiten. Die verschiedenen Möglichkeiten die Schrankfächer aufzuteilen übertrifft die Individualität der Käuferschicht um ein Weites.

wie Sternenstaub, der von den lieblichen Flügeln eines Engels sanft aufgewühlt wird, in eine Welt voll sinnlicher Beschaulichkeit. Albert betrachtet eine bunt gemusterte Kommode in einem Kinderspielzimmer. Er wirkt gefasst, aber ich spüre, wie sehr er getrieben wird – von einer Macht, die er nicht beherrschen kann. Neben ihm sehe ich das baldige Opfer mit wallendem Haar im Licht der Leuchtstoffröhre mit der Kraft einer Supernova strahlen.

kaum EInE gutE gEschIchtE bEgInnt mIt jEmandEm, dEr ExzEssIv salat Isst

Kindern. Die schreien. Der winzig kleine Wahrnehmungsverdreher löst in mir eine morbide Neugierde zuwerfen. Zur ersten Kontaktaufnahme bietet sich eine simple Frage an.

Windeseile die professionell zwangsfreundliche Mitarbeiterin in ein völlig überfordertes, nervliches Wrack mit emotionalem Totalschaden verwandeln. „So eine wollte ich als Kind immer haben.“ Mein Herzschlag setzt aus. Er

einem Unterhemd am einfachsten aus?“ Neckisch kichere ich in mich hinein. Der Gedanke, diese Ansammlung aus Haut, Knochen, Haaren und sozial schwacher Zukunftsprognose anzusprechen, erscheint zu abwegig. Albert wühlt in einer Kiste, deren Tiefe den Marianengraben wie eine kaum

nennen. Der Klassiker ist nicht mit Worten zu beschreiben. Er ist das

Überzug, leicht warm. Ich stecke sie in meine Bauchtasche, lasse dabei den Kopf keck herausschauen. Das Gewicht von mehreren Tonnen zwingt mich, erschrocken nach Atmen zu japsen. Die Adern treten mir aus dem Unterarm, als ich den Bleiwolf im Schafspelz von der Tasche auf den Boden hieve. Zumindest gewichtsmäßig verwechselte ich ein Kinderspielzeug mit einem ganzen Kinderzimmer.

gemütserheiternd, weil sich irgendwer gnadenlos zugeschüttet hat. Kaum

Kreissägenähnliches Dröhnen aus dem Mund eines zahnlosen Neugeborenen lässt mich meine Geburt bereuen. Die, vermutlich stark alkoholisierte, Mutter

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tut ihre Überforderung zärtlich kund. Sie drückt dem kleinen einen Schnuller in den Höllenschlund. Dezent weise ich Albert auf die am Horizont drohende

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dass sich dem Suchtberater beim Auswerten des Urintests vor Schreck der Enddarm begradigt. Literweise Billigwodka und willige Zuhörer sind weitere unabdingbare Bestandteile. Ob das Publikum aus engen Freunden, Türstehern oder Einrichtungsgegenständen besteht, ist zweitrangig.

wie der Konsum des Rauschmittels für die Saufgeschichte essentiell ist, ist


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die Verleugnung des Konsums für den Klassiker von höchster Bedeutung. Eingeleitet wird der Blödsinn meistens

einen ehemaligen Heizungskeller hallen. Jeder halbwegs erfahrenen Konsument sucht schnell das Weite, sobald sich der Klassiker anbahnt. Und zwar schneller, als hätte man ihm beim „Mund auf, Augen zu“-Spiel eine mit Meerrettich bestrichene Kackwurst in den Mund manövriert. „Meine Eltern wollten mir nie so eine Kommode kaufen, weil sie meinten, ich hätte bereits eine schöne. Die war auch absolut toll. Und weißte, ich mag meine Eltern in der Tat sehr! Gerade meine Mutter. Da tut es mir wirklich leid, dass ich manchmal....“ Grundgütiger! Albert! Mit einer Selbstverständlichkeit, die mich erschaudern lässt, bringt er den Klassiker. Das Verhältnis des Konsumenten zu den Eltern! Ich will nicht wissen, wie viele Millionen Kids weltweit, jedes Wochenende Deshalb, an dieser Stelle von mir stellvertretendend für alle die vor mir kamen, sowie die, die mir folgen werden, eine kurze Richtigstellung. Das sage ich jetzt nicht, weil ich auf Drogen bin. Liebe Mama, lieber Papa. Ganz gleich wie oft Pupillen schauen musstet. All die Sorgen und Ängste, die ihr um uns hattet, der Schmerz den wir euch antaten. Es tut uns leid. Wir lieben euch. Verzeiht uns. Wenn Blicke in der Lage wären, Töne zu bilden, der hilfesuchende Blick der Verkäuferin wäre der Walkürenritt, gespielt auf einer Schrottpresse. Albert den Umständen seiner Geburt und deren Implikationen für das Mutter-Kind Verhältnis. Er jongliert mit den ersten beiden pränatalen Phasen. Er wirft Liebe, innige Liebe, Vertrauen. Und auch Kot. Die Frau ist bereits nervlich am Ende, noch bevor er auf seine Einschulung zu sprechen kommt. Albert hat das vereinnahmende Wesen eines reißerischen Wasserstrudels, die Mitarbeiterin den verzweifelten Gesichtsausdruck einer darin ertrinkenden. Ich muss einschreiten. Sie hat dieses Geschwätz nicht verdient. „Albert“, brülle ich lauter als gedacht. Unangenehmer wäre eine Flugzeugturbine im

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dEr dschungEl dEr monokulturEn, dIE goEttEr dEr plastIkpflanzEnkuEbEl sprEchEn zu mIr

ich drauf bin.“ Wahrlich Unverbesserliche oder Erstkonsumenten fügen noch an: „Ich würde dir das auch sagen, wenn ich nichts genommen hätte.“ Die Tonlage variiert. Einige brüllen, als verkündeten sie die Landung der Alliierten in der Normandie. Andere bevorzugen ein sanftes Flüstern. Ein

Ruheraum einer Wellness-Oase auch nicht aufgefallen. Ich nehme ihn fest in den Arm, packe eisern zu. Er erwidert die Umarmung. Ich spüre seine Dankbarkeit. Vermutlich verwechselt er mich mit seiner Mutter. Ich sehe es nicht ein, dass mir Albert für seine Versäumnisse und Schandtaten in der fesselt mich mit der Anmut einer Bärenfalle. „Lass mich los, Mann! Reiß dich zusammen.“ Gekonnt lässig blicke ich auf die Mitarbeiterin. Sie zittert stärker als Espenlaub zu Orkanzeiten. Sie macht kein sieben Tage Regenwettergesicht, sondern zieht eine Fukushima 2011 Fratze. Meine Stimme ist ruhig, meine Wortwahl wohl überlegt. „Danke.“ Das sage ich Das auch. Sie nickt mir erleichtert zu und verschwindet. Ich bereue, was ihr angetan wurde. Vermutlich ging sie davon aus, einen äußert feinfühligen jungen Mann vor sich zu haben. Einer, der die Geburt des ersten gemeinsamen Kindes nicht erwarten kann. Er liebt seine Frau und will mit ihr eine Familie gründen. Doch sie irrte. Sie hatte es mit einem asozialen Junkie zu tun, der Liebe für ein nach Weltfrieden schmeckendes Marzipangebäck hält. Die Gefahr ist alles andere als gebannt. Albert hantiert mit der nächsten emotionalen Tretmine. Einem Kinderbuch. Eher lasse ich einen blinden Grobmotoriker eine Operation an meinem offenen Herzen mit einem Küchenmesser ausführen, als im Drogenrausch ein Kinderbuch aufzuschlagen. Stell es dir vor. Gestandene Männer. Sie haben sich geprügelt, geraubt, vor Gericht falsch ausgesagt, Zeugen bedroht. Sie sind auf Drogen. Sie schreien wie bei lebendigem Leib gehäutet: „Warum hat der Wolf die Oma gefressen?“ Tränen rinnen den tätowierten Hals hinab. „Warum lassen sie den Suppenkasper verhungern?“ Es gibt wenig Erbärmlicheres als einen zwei Meter großen Muskelprotz, der von drei Hooligans und Motorradgangmitgliedern beruhigt wird: Sorgen.“ Ich entreiße ihm das Buch, als würde ich Donnergott Thor das Herz aus dem Brustkorb herausreißen. Das Szenario entwickelt sich mir zu abstrakt. Ich fühle mich unwohl. Düstere Wolken am Horizont. Die Angst vor nichts Greifbarem, die Angst, die meine Haut kühlt. Ein angenehmer Lufthauch. Doch es ist nicht Furcht, die mich abkühlt. Es sind Ventilatoren. Albert hat bereits einen Finger hineingesteckt.


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„„

wEnn Ich das uEbErlEbE, trEtE Ich EInEm gEmEInnuEtzIgEn vErEIn bEI

weiter.“ Halblang, Einstein! Lehn dich nicht zu weit aus dem Fenster! Ich blicke mich um. Mein seelisches Gleichgewicht ist im Nu wieder

„Der kleine Albert möchte bitte im Spielparadies abgeholt werden.“ Mein Atem stockt. Die Welt steht still. Der Nullpunkt ist erreicht. Totaler Stillstand jeglichen Moleküls. Meine Schnappatmung klingt wie ein Maschinengewehr. Albert ist verschwunden. Seit geraumer Zeit. Und jetzt? „Ich wiederhole, der kleine Albert möchte bitte im Spielparadies abgeholt werden.“

Gänseliebhabers treibt mir ein verschmitztes Grinsen in die Nähe meines Nie wieder. Ich hasse Drogen. Wenn ich das überlebe, trete ich einem gemeinnützigen Verein bei. Ein allerletztes Mal steigt Panik in mir auf. Ich drehe mich um. Eine Frau mittleren Alters stellt ihr grellblau leuchtendes Tablett auf einen der Tische. Ihr Essen windet sich vom Teller. Sie hat es Schule die Problemfächer, die ich mit der größten Freude vernachlässigte. Ich habe keine Ahnung, was das hochgewachsene Unkraut mir sagen will. Die nicht greifbare Angst steigert sich. Sie steigert sich weiter und weiter, um sich dann in einem kurzen Austausch von Informationen zwischen Natur und Mensch zu entladen. Im Bruchteil eines endlichen Augenblicks verfüge ich über den unendlichen Durchblick. Albert ist schon wieder verschwunden. Was jetzt kommt, kenne ich nur zu gut. Panik greift um sich. Ich muss raus aus diesem Scheißladen. Ich will, dass das LSD aufhört. Und zwar jetzt sofort. Ich möchte in den Arm genommen werden. Ganz gleich wie günstig diese prächtige Dschungellandschaft zu haben ist, sie hat nichts in einer Großstadt verloren. Selbst wenn sie nicht von wilden Tieren bevölkert wäre, so wohnen doch einige sehr schlechte Stimmungen in ihr. Ich suche das Ende. Ich werfe einen zehn Euro-Schein zwischen die Regale. Ich freue mich über seinen Verlust. Ich reiße eine rote Blüte ab, um sie an einer gelben Knospe zu reiben. Mein logisch kongruentes Handeln verblüfft den Zuschauer. Ich passiere die Warteschlange vor den unterbezahlten Kassiererinnen. Ich muss an Krieg denken. Ich schwitze. Das wahrlich Verabscheuungswürdige an IKEA ist, abgesehen von allem, ihr Restaurant kurz vor dem Ausgang. Glücklich scheinende Familien, die sich in den dortigen Restaurants ihrer maßlosen Cholesterin-Zufuhr hingeben. Jeder Ernährungsberater erbleicht bei diesem spätrömisch-dekadenten Gefresse. Diesmal wird nicht mit Gladiatoren in der Arena gerungen, sondern die Asozialen ringen mit ihrer Würde.

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Manchmal muss man in seinem Leben Dinge tun, von denen man genau weiß, dass sie falsch sind. Ich atme tief durch, bereit das Falsche zu tun.


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all about the girl who came to stay interview & text: hanS BinDer Knott

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ina MĂźller, 22 Jahre, aus Passau, studiert momentan an der

bei der STARE Lokalwiedergabe, unserer Gruppenausstellung junger KĂźnstler des passauer Raums, aus und machte uns bereits damals durch ihre GefĂźhl fĂźr zeitgemäĂ&#x;es Gestalten auf sich und ihre Werke aufmerksam. Wir wollten die Chance nutzen und etwas mehr Ăźber die junge Gestalterin und ihre Arbeiten in Erfahrung bringen. STARE-Magazine: Kannst du beschreiben, wie sich dein Interesse

hat? lina mĂźller: Ich kann nicht behaupten, dass mich Schrift schon immer so fasziniert hat, wie sie es jetzt tut. Wie es dazu kam, kann ich nicht

genau sagen. Ich habe einfach angefangen, Buchstaben als Form, als gestalterisches Element, wahrzunehmen. Das erste wofĂźr ich mich eigentlich Buchstaben und Worte einzubauen, und mittlerweile gilt mein Interesse und

Was ist so interessant daran? Ich sehe Buchstaben nicht als Nutzgegenstand. Sie sind etwas sehr eigenständiges, das es uns ermĂśglicht, Geschichten und Gedanken weiterzugeben oder sie festzuhalten, wenn in unserem Kopf kein Platz mehr ist. Es wird oft vergessen, was das eigentlich fĂźr eine auĂ&#x;ergewĂśhnliche Sache ist. Was wären wir denn ohne Schrift? AuĂ&#x;erdem ist es etwas Gutes, wenn man Menschen ein bisschen Zeit und Aufmerksamkeit durch

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im Vorbeilaufen lesen kann. Unsere Zeit ist so schnelllebig, und wir haben so viel Input, dass alles darauf ausgelegt ist, es möglichst schnell aufnehmen Menschen in eine Situation bringen, in der sie gezwungen sind, so viel Interesse und Neugier aufzubringen, und sich mit einer Sache wenigstens soweit auseinanderzusetzen, dass sie sich kurz die Zeit nehmen, um das, was da steht w i r k l i c h zu lesen. Ein Stück weit also die Beschäftigung mit unserem Zeitgeist. Was treibt dich sonst an? Was inspiriert dich zu deiner Arbeit? Die Inspirations-Frage. Die kann ich nicht beantworten. Die Schönheit der Dinge, würde ich spontan sagen. Da fällt mir die Szene aus ‚American

Die mit der Plastiktüte?

me to know that there was no reason to be afraid, ever.[...] Sometimes, is just going to cave in.“ Dem kann ich nichts hinzufügen. Viele deiner Designelemente sind gar nicht, oder nur teilweise, digital erstellt worden. Wie viel Wert legst du auf handwerkliches Gestalten? Bei mir sind viele Elemente analog. Auch, wenn man das nicht immer auf den ersten Blick sieht. Das ist aber auch gar nicht mein Anliegen. Sie sind ja nicht analog, damit jetzt alle denken: „Oh, schau mal, das wurde nicht in Photoshop gemacht“, sondern weil ich in dem Moment das Gefühl hatte, ich könnte die Sache jetzt händisch besser lösen. Ich halte nichts von irgendwelchen Polaroid-Rahmen, in die man dann seine Digicam-Fotos reinbastelt, damit man mit dem Retro-Zug mitfahren darf. Darum geht es Möglichkeiten bietet. Auch in Verbindung mit dem Digitalen, gar keine Frage. Aber grundsätzlich kann man analog einfach direkter arbeiten. Zwischen mir und meinem fertigen Bild ist nichts. Da ist kein Computer dazwischen, kein Drucker. Das schließt für mich digitales Arbeiten keineswegs aus – wie gesagt, ein sehr großer Teil meiner Arbeiten kombiniert beide Elemente. Für meine Arbeitsweise öffnet das die meisten Türen, aber da ist jeder Mensch auf einmal passiert etwas Unvorhergesehenes. Das ist ein schöner Effekt, der das Arbeiten ein bisschen anders macht und Abwechslung ist sehr wichtig, um alles aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten zu können – und das wiederum ist für mich sehr wichtig. Woran arbeitest du gerade? Momentan arbeite ich an mir. Und für die Zukunft habe ich vor, damit auch erfolgreich zu sein. Auf allen Ebenen. Von weniger gehen wir auch nicht aus. Danke für das Gespräch.

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ambodscha ist über 9000 Kilometer Luftlinie von Flug, eine unfassbare Strecke für eine Autofahrt – aber für eine gemütliche Radtour scheint das Nachbarland von Vietnam geradezu optimal geeignet zu sein. Zumindest wenn man elf Monate und elf Tage Zeit hat, die angemessene Ausdauer besitzt und zwei große Hunde, die nachts

Fünfzehn Länder haben wir durchquert, knapp 2000 Kilometer auf Meeren zurückgelegt und weit über 10000 auf dem Land. 6000 Kilometer sind wir selbst geradelt, die restlichen überwanden wir in engen Zügen, schaukelnden Bussen oder

„Gomolf“ und „Diu“ aus der Isarmetropole bis nach Sihanoukville in Kambodscha geradelt.

sind wir nie, das wäre sehr schwierig gewesen – und beinahe unbezahlbar mit den Hunden. Auf ein Flugzeug verzichten zu müssen, machte es allerdings auch nicht gerade einfach, denn obwohl alles eine riesige Landmasse ist, gibt es nur wenige Routen von Deutschland nach Kambodscha.

„Ziehen die Hunde die Fahrräder?“, haben uns die Leute unterwegs immer wieder gefragt. „Leider nicht“, mussten wir antworten, „wir ziehen sie im Anhänger. Aber dafür beschützen sie uns, wenn wir nachts im Zelt schlafen.“ Die Leute nickten und ließen dabei unseren Gomolf nicht aus den Augen. „Ich habe noch nie so einen großen Hund gesehen“, sagten sie oft und hielten respektvollen Abstand. „Was wiegt er?“, wollen manche wissen. „45 Kilogramm“, antworteten wir und lösten erneut großes Erstaunen aus. „Mehr als meine Frau“, bemerkten einige Asiaten lächelnd. Manchen konnten wir klar machen, dass wir auf dem Landweg gekommen waren; dass Neugierde und Abenteuerlust uns zu diesem ungewöhnlichen Unterfangen getrieben hatten.

„Es muss toll sein, mit Hunden zu reisen“, meinten einige Europäer, die wir unterwegs trafen (und die vermutlich noch nie mit einem Hund gereist sind). „Ist es nicht furchtbar schwierig, mit Hunden zu reisen?“, sagten andere (die vielleicht selbst einen haben). Nun, sie alle haben recht. Es ist toll, so ein Abenteuer mit vierbeinigen Freunden zu teilen. Sie sind immer gut gelaunt und bringen uns oft zum Lachen. Wir knüpfen viele Kontakte nur wegen ihnen. Manchmal wurden wir eingeladen – trotz oder wegen der Hunde. Doch Gomolf und Diu stellten einige unserer Gastgeber hart auf die Probe. In Laos jagten sie die Katze einer neuseeländischen Familie durch den Garten – sie verpasste ihrem Besitzer einen tiefen Kratzer und rettete sich anschließend auf einen

Baum. Die dreijährige Tochter brach erschrocken in Tränen aus und ließ sich ewig nicht beruhigen. Das alles passierte eine Minute, nachdem wir dort angekommen waren. Erst nach einer Probefahrt im Hundeanhänger war der Nachwuchs wieder gut auf uns zu sprechen. In Serbien zerrte Diu heimlich einen ganzen Entenbraten aus dem geschlossenen Ofen unserer Gastgeberin – und verputzte ihn komplett. „Der Hund ist aus Indien... und kann nicht anders“, erklärten wir etwas beschämt das rätselhafte Verschwinden des Bratens. Da nickte die Frau verständnisvoll und verschwand in ihrer Küche. Zurück kam sie mit ein paar Fleischresten, die sie alle dem Hund hinwarf. Diu stürzte sich so gierig darauf als hätte sie tagelang nichts gefressen. „Sie ist ja völlig ausgehungert“, bemerkte die gutmütige Serbin und holte Nachschub. Richtig schwierig wurde es, als uns der lange gefürchtete Winter erwischte. Wir waren in für China beantragen. Das war leider nur über Umwege möglich und dauerte fast drei Wochen. Da wir mit den Hunden kein Hotel nehmen konnten, hatten wir das Zelt im Stadtpark aufgebaut und lagen nachts bei minus 10°C zitternd in den Schlafsäcken. Als wir dann endlich nach China einreisen konnten, wurden wir an der

text & Photografien: SyBille fleiSchmann

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Grenze abgefangen: Unsere Hunde müssen einen Monat lang in Quarantäne, wir sollen so lange hier warten. Wir befanden uns in einer winzigen Grenzstadt mitten im Nirgendwo Nordchinas, die Temperaturen lagen bei minus 20°C – nachts war es noch viel kälter. Zu allem Übel funktionierte unsere Kreditkarte nicht und das Bargeld war beinahe aufgebraucht. Gerade in solchen Situationen zeigte sich, dass Menschlichkeit stärker ist als kulturelle Künstler, indem er uns ein paar Wochen in seinem kleinen Zimmer beherbergte. In Nordchina beschaffte die Gesundheitsbehörde einen Dolmetscher für uns, der schnell zu einem Freund wurde, da er uns bei den schier endlosen Debatten um die Unterbringung unserer Hunde tapfer zur Seite stand. Er lieh uns sogar Geld aus seiner Tasche, bis wir wieder eine Kreditkarte hatten. Als wir uns von ihm verabschiedeten, gestand er uns augenzwinkernd, dass er von gewissen Leuten gebeten worden sei, ein Auge auf uns zu haben. Er würde ihnen jedoch melden, dass die beiden Deutschen harmlos sind. Wir waren überglücklich, als wir die Quarantäne und den Winter hinter uns hatten und radelten schließlich durch Südchina, Laos und Thailand.

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Es war sehr heiß und die Straßen waren teilweise schlecht. Andererseits gab es überall wo wir auftauchten freundliche Gesichter. Die Einheimischen winkten uns zu, hoben anerkennend den Daumen, luden uns ein oder beschenkten uns mit Früchten und Getränken – auch wenn wir kein Wort ihrer Sprache verstanden. Das motivierte uns oft sehr – und Motivation ist auf einer Radreise fast so wichtig wie Trinkwasser. Dann war es soweit: Wir reisten in Cham Yeam von Thailand nach Kambodscha ein. Nun würden wir endlich das Land erreichen, das wir als erstes großes Ziel dieser Reise festgelegt hatten. Wie wir uns langsam der Grenze näherten. Es könnte ja passieren, dass wir Probleme wegen den Hunden bekommen. Doch es kam ganz anders und stimmte uns in besonderer Weise auf dieses Land ein. Anfangs lief eigentlich alles besser als gedacht.

ausgeschlafen sein, denn der Grenzübergang ist unter Reisenden berüchtigt: Die Preisgestaltung bei den Gebühren für das Visum sei sehr

Betrages genötigt, man soll fadenscheinige Gesundheitsuntersuchungen machen – und natürlich bezahlen, einen Dollar für den Visummachen,... die Kreativität kann sich hier völlig frei entfalten. Doch wir waren ja eigentlich schon fast durch. Den Mann, der die Visa-Anträge für uns ausfüllen wollte, haben wir erfolgreich abgewimmelt. Um den Schreibtisch, der vor dem Gebäude unter einem Sonnenschirm nebst haben wir einen großen Bogen gemacht. Das Antragsformular haben wir direkt am Schalter bekommen – gratis. Kugelschreiber haben wir natürlich dabei. Wir haben sogar nochmal nachgefragt, wo man auf dem Antrag das Kreuz für ein Geschäftsvisum machen muss. „Hier, beim

händigten dem Beamten am nächsten Schalter die Dokumente aus, sie klebten das Visum hinein, wir bezahlten. Es hätte alles reibungslos geklappt, doch dann warfen wir einen Kontrollblick in unsere Pässe. „Das ist falsch“, murmelte Michael langsam, „das sind Touristenvisa. Wir brauchen ein Geschäftsvisum, denn nur das kann später


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verlängert werden – und wir wollen ja eine Weile bleiben.“ Wir erklärten den Herren hinter dem Fenster ganz freundlich den Fehler. Etwas widerwillig entschlossen sie sich schließlich, das Problem auf ihre Art zu lösen.

Fenster schließlich hervorzauberte, nachdem er zwischen all den Formularen auf den Grund des Kartons gestossen war: Einen kleinen, blauen Haarföhn. Sie wollten das falsche Visum aus unseren Pässen föhnen.

Ungläubig schielten wir durch das kleine Fenster und beobachteten etwas verstohlen, was da drinnen vor sich ging. Immerhin hatten sie unsere Pässe – und die durften wir niemals aus den Augen lassen. „Jetzt schau, er hat gefunden was er gesucht hat“, sagte Michael mit Blick auf den Beamten, der eine Weile in einem großen Pappkarton gewühlt hatte. In dem Karton befanden sich haufenweise VisaAnträge. Sie waren einst zu vielen kleinen Stapeln sortiert worden, dann hatte man sie

Die beiden Herren zeigten großes Geschick bei ihrem Tun. Durch die heiße Luft aus dem Haarföhn konnten sie beide Visum-Aufkleber ohne Rückstände aus unseren Pässen lösen.

– und anschließend in wildem Durcheinander in besagtem Pappkarton verstaut. Ich staunte nicht schlecht als ich sah, was der Mann hinter dem

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Zwecke offensichtlich nicht, auch war es den Beamten wohl nicht erlaubt, das Visum einfach zu überkleben. „Die haben fortlaufende Nummern, deswegen dürfen die das nicht“, vermutete Michael. Wir hatten mittlerweile einige Schweißtropfen aus Angst um unsere wertvollen Pässe geschwitzt, als der Beamte sie uns endlich triumphierend aushändigte. Auf der malträtierten Seite prangte ein Geschäftsvisum – gültig ab

Wir hatten es auf einmal ziemlich eilig, fortzukommen. Mit unseren frisch geföhnten Pässen in der Tasche schwangen wir uns auf die Räder und konnten endlich nach Kambodscha einreisen. Zehn Tage und unzählige Liter Schweiß später erreichten wir Sihanoukville. Hier konnten wir nach langer Zeit wieder in den Annehmlichkeiten der Zivilisation schwelgen, denn ein alter Freund von Michael beherbergte uns in seinem Appartement. Dort gab es – oh, eine richtige Küche und sogar Stühle und Tische – all das hatten wir lange vermisst. Nun haben wir ein eigenes Zimmer und freuen uns auf eine Pause vom Reisen. Wir werden die Regenzeit in Sihanoukville verbringen und währenddessen neue Reisepläne schmieden. Vielleicht schaffen wir es einmal um den Globus?


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977, frisch aus dem werk

Ein VW Bus aus den 70er Jahren weckt bei einigen Leuten Begehrlichkeiten. Auch bei Sebastian Stadler, 23, der im Moment die BOS in Passau besucht. Seit dem Alter von zwölf Jahren ist er davon fasziniert und wünscht sich, selbst Besitzer eines solchen Busses zu sein. Und dann, mit Anfang 20, ist nicht genug: Der VW Bus soll nicht nur fahren, er soll aussehen, als wäre er frisch aus dem Werk gerollt. Um seinen Traum vom eigenen Oldtimer zu realisieren, nimmt er alle Anstrengung in Kauf. Die Halle, in der er seinen automobilen Traum Realität werden lässt, wird zu seinem Zuhause.

Wir haben ihn getroffen, um mit ihm über die Verwirklichung seines unserer Webseite www.stare-mag.de zu sehen. STARE-Magazine: Also, wir sind hier jetzt in ‚deiner‘ Halle. Ganz schön abgefahren. Erzähl uns doch mal, wie alles angefangen hat. SeBaStian StaDler: Ich will seit früher Kindheit so einen VW-Bus haben, und das hab ich natürlich auch überall rumerzählt. Irgendwann hat meine Schwester dann angerufen und gemeint, sie habe einen gefunden. Eigentlich wollten ihn

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die Besitzer in München gar nicht hergeben, aber als die dann gemerkt haben, dass der Bus bei mir in guten Händen ist, haben sie doch zugestimmt. Ich hab ihnen versprochen, den Bus in Ehren zu halten. Nach einem Jahr mit dem Bus habe ich aber festgestellt, dass er rostet. Und da ich ja mein Versprechen gegeben hatte, und ihn länger fahren will, habe ich mich entschlossen, den VW-Bus komplett zu restaurieren. Er sollte wieder aussehen wie 1977, frisch aus dem Werk. Durch Zufall habe ich dann über meinen ehemaligen Chef

Das klingt ja schon gut. Aber wie in Gottesnamen bist du denn dazu gekommen, auch noch in diese Halle einzuziehen und dort zu wohnen? Das ist ja ein wirklich ungewöhnlicher Schritt. Na, ich war ein Jahr lang jeden Tag bis elf Uhr Abends in der Halle, danach kurz duschen und dann ab ins Bett. Und das jeden Tag. Zuhause war ich habe ich beschlossen, dass ich auch im Bus wohnen kann. Ich hatte alles was ich brauchte: Einen Kühlschrank, Essen und Bier. Dass ich zu meinem Bus gezogen bin, hat also richtig gut hingehauen.

Ein gelungener Start. Und wie ist es dann weitergegangen? Ganz alleine warst du doch sicher auch nicht? Stimmt. Als ich schon eine Zeit lang in der Halle war, habe ich durch Zufall meinen jetzigen besten Freund Daniel kennengelernt. Der hat jetzt auch einen kleinen Bus hier in der Halle. In diesem konnte ich super wohnen, sodass ich gleichzeitig meinen VW restaurieren und dabei bequem in der Halle wohnen konnte. Der Sommer war der absolute Wahnsinn. Man hockt in der Halle herum, hat Bierbänke aufgebaut, und immer schaut wer vorbei. Als wir zum ersten Mal den Motor wieder angelassen haben, ganz ohne Auspuff und darum natürlich richtig laut, sind innerhalb kürzester Zeit zehn Leute eingelaufen und haben mit mir angestoßen. War das Leben nicht schrecklich unkomfortabel in der Halle? Eigentlich nicht. Am Morgen, zum Frühstück, hab ich mich auf mein Moped geschwungen und bin zum Bäcker gefahren. Währenddessen ist schon der habe ich mich schon auf die Halle und meinen Bus gefreut, und bin sofort danach wieder dort hingefahren. Das war unglaublich toll. Und auch sonst

„allEs Ich hattE was Ich

brauchtE: EInEn kuEhlschrank, EssEn und bIEr.

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war das Leben gemütlicher als angenommen. Aber man gewöhnt sich so einige Unarten an, wenn man in einer Halle wohnt. Zigaretten kann man einfach auf den Boden werfen, wenn kein Aschenbecher zur Hand ist, und auch sonst muss man bei dem Platzangebot nicht wirklich ordentlich sein. Nach vier Monaten bei dem Bus waren die ersten paar Nächte in einer

einziges Mal verschlafen. Alles in allem dauert das mit dem VW-Bus jetzt aber schon ziemlich lang. Eigentlich hab ich mir natürlich nicht gedacht, dass es so lange dauern würde. Ich hatte vor dem Projekt immer nur lackiert, aber noch nie wirklich restauriert. Und umso mehr man tut, umso mehr sieht man auch, dass noch viel mehr getan werden muss. So hat sich das immer mehr ausgeweitet. Zum jetzigen Zeitpunkt bin ich seit 23 Monaten an der Kiste dran, und ich bin immer noch nicht fertig. Aber ich habe so viele Erfahrungen durch den Bus gewonnen und will darum keinen einzigen Monat missen. Mein ganzes Geld steckt in dem Auto – es ist einfach mein Leben. Auch wenn es bloß ein Auto ist. Willst du denn nicht, dass es bald fertig ist? Klar freue ich mich drauf, wenn es fertig ist. Ich könnte mich jetzt auch zwei, drei Wochenenden reinhängen, sodass der Wagen wieder fahrbereit wäre. Aber jetzt habe ich solange daran gearbeitet, und so ordentlich, dass ich es auch ordentlich fertigstellen will. Wenn man was richtig gut machen will, braucht das einfach seine Zeit.

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interview: martin BrunnBauer, hanS BinDer Knott, françoiS weinert, johanneS geier text: thomaS heinrich Photografien: françoiS weinert, SeBaStian StaDler


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swim

Photografien: vaneSSa Kanz

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DON´T WORRY CHICKEN CURRY

TEXT & PHOTOGRAFIEN

JOHANN ANGERMANN STARE

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Germany, hatte es uns vorgemacht: Pulli kaufen, und rauf in den Himalaya

(1.Auszug Reisetagebuch)

...Today is holiday , Sir! 13.08.2011

Wir sind endlich, auf den Spuren von Timmerberg, zwischen Rishikesh und Gangotri in Uttarkashi gelandet. Gute 24 Stunden Reise haben uns über verschiedene Stationen und Verkehrsmittel hierher gebracht. Reisen in Indien ist für uns mittlerweile ein heikles Thema, denn bereits in der vierten Nacht unseres Aufenthalts mussten wir Zeugen eines heftigen Busunglücks werden. Seitdem wir die blutüberströmten Backpacks aus der total zerstörten Front unseres Reisebusses gezogen haben, arbeiten wir an der Aufarbeitung dieses Erlebnisses. Doch auch ohne Trauma ist die Fahrt auf einer ungesicherten Straße, zu zwölft in einem verrosteten Jeep, am Rande eines kilometertiefen Abhangs, eine nervenaufreibende Angelegenheit. Im Moment sitzen wir im Wintergarten des Monal Guesthouse, und blicken hinab auf den jungen Ganges, der sich rasant seinen Weg durch die glattgeschliffenen Felsen bahnt. Seine Quelle ist unser Ziel, allerdings halten uns zwei Dinge hier fest: Der Regen

und die Religion. Der Regen, weil durch ihn das Sediment durchweicht ist und es entlang der Gebirgspässe immer wieder zu Steinschlägen und Erdrutschen kommt. Die Religion, weil heute hat auch keiner Lust die Steinmassen auf der Straße nach Gangotri wegzuräumen. Morgen ist Sonntag und das Forrest Department macht erst wieder am Montag auf... Unverhoffterweise

war

an

jenem

Montag

verlängerte Wochenende angemessen feiern wollten, waren alle Geldautomaten in Uttarkashi leergeräumt. Als wir Dienstag endlich Geld abheben wollten, um weiter zu reisen, erreichte uns die Nachricht, dass sowohl vor als auch hinter uns Erdrutsche die Straße mitgerissen hatten. Ein Italiener und eine Russin kamen ins Gasthaus, sie hatten das gleiche Ziel. Wir hielten eine Krisensitzung ab, und der Besitzer der Herberge, ein erfahrener Bergsteiger, gab uns einen weisen hatte Geld wie Heu, und machte keine Anstalten uns auszuhelfen, also packten wir da Nötigste zusammen und gingen am nächsten Morgen los.

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DON´T WORRY - CHICKEN CURRY


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(2.Auszug Reisetagebuch)

17.08.2011

Alle Gebirgspässe um uns herum sind gesperrt. Die Dorfpolizei (ein junger Kerl der kaum Englisch spricht und ständig an seinem Schal rumknabbert) hat uns verboten zur Quelle zu steigen, da auf dem Weg bereits rund 20 Touristen von Schneemassen eingesperrt sind. Es gibt keine Jeeps und das Wetter bleibt unbeständig (nasskalt bei ca. sechs Grad). Wir essen seit Tagen nur noch Linsensuppe und Kohl. Der Italiener, Ferdinando, denkt darüber nach, einen Helikopter zu rufen. Er konsultiert täglich Swami Sundranand, den Oberguru des Dorfes. Dieser rät: „Sei genügsam, meditiere täglich und halte dein Haus sauber.“ Der

Spruch

war

voll

daneben.

Gefangen

die feuchtkalte Witterung überhaupt nicht ausgerüstet, von wegen Pulli und so, ich war da oben in meinen Turnschuhen! Nach einigen Tassen Tee, und mehreren Zigaretten im ‚Sweet außer dem Italiener und seiner Schickimicki Freundin, alle ziemlich entspannt waren. Niemand der Dorfbewohner schien sich großartig darum zu kümmern, dass rings um sie herum die Felsblöcke von den Bergen rollten. Auch diejenigen, die sich in den Yogatempeln, den sogenannten Ashrams, niedergelassen hatten, sah man gelegentlich mit einem Lächeln auf den Lippen, wenn sie ihren Lotussitz übten. Eigentlich waren nur wir es, die sich Sorgen machten. Ich, weil ich doch zur Quelle des Ganges wollte, und zusehen musste, wie der Weg dorthin immer unüberwindlicher wurde, und Ferdinando, weil er ein neurotischer Italiener verpassen. Wie peinlich. Hier im heiligen Gangotri, unweit der Quelle von Mama Ganga, hier scheiß ich mir in die Hose wegen so etwas belanglosen wie Niederschlag? Ich erinnerte mich an die Worte eines Guides, den wir in Kaschmir kennengelernt

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hätte gedacht, dass dieser Spruch zum Leitsatz unserer gesamten Reise werden würde? Wir schauten uns noch einmal den zerstörten Pfad zur Quelle an. Sadhus, orange gekleidete Pilgermönche, kamen uns entgegen. Unbeirrt hoben sie ihre Gewänder hoch, und liefen barfuss durch die eiskalten Gebirgsbäche. Hatte ich mich wirklich über nasse Füße beschwert? Auf dem Weg kamen wir immer wieder an Steinhöhlen vorbei, die bescheidenen Unterkünfte derer, die durch Meditation ihren Frieden suchen. In der folgenden Nacht trockneten wir unsere Schuhe über Kerzen, genossen die beruhigende Kraft des Gebirges und lauschten dem Rauschen des Flusses. Am Morgen gingen wir in den Tempel, und ließen uns mit dem Zeichen der Erleuchtung, einem rotem Punkt zwischen den Augen, segnen denn die nächsten 100 Kilometer würden wir zu Fuß zurücklegen.


Das „Unterhaus“, eine Institution in der Passauer Altstadt mit Liebe zum Detail, eine Kombination aus Café-Bar, Kneipe, Buchladen und Galerie. Wer auf Vielfalt steht, und auch gerne mal Leute trifft ist hier genau richtig, denn auch das Publikum ist recht gemischt: Künstler, Studenten, Philosophen, Junge und nicht mehr ganz so Junge, Literaten, Musiker, Schachspieler, Auswärtige und Passauer. Ein guter Ort, um seinen Gedanken nachzuhängen, zu lesen, zu surfen und natürlich auch für‘s erste Date. Das Angebot besteht durchweg aus hochwertigen Produkten: Kaffeespezialitäten aus österreichischem Spitzenkaffee, Kuchen nach Omas Rezepten, Suppen, Antipasti, Toasted Sandwiches, wirklich guten Bio-Weinen und regionalen Bieren.

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ir geben euch die Möglichkeit, unverfälscht und authentisch bei uns

Open Page, sie ist Dein Platz. Schnapp Dir ein Blatt Papier und gestalte es nach deinen Vorstellungen. Alles ist erlaubt. Unter den besten Einsendungen wählen wir eine aus, die wir im nächsten Magazin abdrucken. Wir freuen uns auf eure Vorschläge, und sind gespannt, was unseren kreativen Lesern alles einfällt. Einsendungen mit dem

Das Feedback auf unsere erste Open-Page in unserer Septemberausgabe hat unsere Erwartungen bei weitem übertroffen. Über 20 Einsendungen haben uns erreicht – und, was besonders erfreulich war: Eine Klasse der FOS Gestaltung in Straubing hat sich geschlossen

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der Erstellung unserer Open Page angenommen. SIe haben die Eindrücke ihrer Studienfahrt nach Florenz wiedergegeben. Eine dieser Einsendungen hat es geschafft: Sie wird rechts als erste Gestaltung der Open Page abgedruckt


Felix Madsen, FOS Gestaltung Straubing

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Impressum STARE-Magazine ist ein Produkt von STARE

STARE Martin Brunnbauer // Art Director, Herausgeber Hans Binder Knott // Chefredakteur Thomas Heinrich // Geschäftsführer

MITARBEIT

Oliver Kircher // Redaktion / Eventmanagement Fabian Hasibeder // Redaktion Matthias Karlstetter // Redaktion Verena Steindl // Praktikantin Johannes Geier // Freier Mitarbeiter

ANZEIGEN Gerne drucken wir Ihre Anzeige ab. Bei Interesse an einer Zusammenarbeit kontaktieren Sie uns bitte unverbindlich über thomas.heinrich@stare-mag.de

MEDIADATEN de. Oder senden Sie uns eine formlose Anfrage an redaktion@stare-mag.de

ERSCHEINUNGSWEISE Das STARE-Magazine erscheint fünf mal im Jahr gratis im Eigenverlag.

ONLINEAUSGABE Etwa zwei Monate nach Veröffentlichung erscheint das STARE-Magazine als Onlineausgabe. Diese wird mit einem Online-Reader auf www.stare-mag.de und über Social Media Plattformen wie facebook.com/stare.lokalwiedergabe veröffentlicht.

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unverbindlich über thomas.heinrich@stare-mag.de oder informieren Sie sich auf www.stare-mag.de KONTAKT Stare Pfaffengasse 3 94032 Passau Tel. 0851 21 555 80 4 AUFLAGE mindestens 4000 Stück

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