ISSUE 2 - STARE Magazine

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EDITORIAL

Polygonface

STARE ist ein Konzept, das mit Dir interagiert. Es verkörpert kreativen Lifestyle in Passau und Niederbayern. Innovativ, Interaktiv, und jetzt neu: Auch zum Vorbeikommen. Nach der ersten Ausgabe im Mai hat sich viel getan: Nicht nur, dass Euer Feedback so fantastisch war, dass die Septemberausgabe nun doppelt so viele Seiten hat wie die Erstausgabe (und diese natürlich wie gewohnt prall befüllt mit Zeitlosem, Lustigem, Informativem,…), das STARE-Team hat auch ordentlich Zuwachs bekommen: Mittlerweile acht junge Männer und Frauen stellen für Euch umwerfende Geschichten und Bilder, Grafiken und Kommentare aus der Region zusammen. Wir bleiben unserem regional-urbanen Konzept treu: Nicht nur in den Großstädten pulsiert das Leben, hier in Niederbayern gibt es mindestens genauso viel zu entdecken.

Dass wir das `Gaffen und Glotzen` auf alle Sinne ausweiten, wisst Ihr ja schon. Bedrucktes ist für das Auge jedenfalls viel interessanter als ein Bildschirm, es fühlt sich individuell an, hat einen gewissen Geruch und macht Geräusche beim Blättern. Neu ist jetzt aber, dass Ihr uns nicht nur lesen und anschauen, riechen und hören könnt, sondern auch besuchen. Wie das geht? Ganz einfach: Kommt jederzeit in unserer neu eröffneten Redaktion in Passau vorbei, wir sind nachmittags von Montag bis Freitag für Euch da. Ihr findet uns direkt in der Höllgasse, im Zentrum der Altstadt. Es erwartet Euch ein interaktiver Redaktionsraum, wo Ihr mit uns an neuen Ausgaben feilen, uns beim Arbeiten zusehen, plaudern oder uns er-

zählen könnt, was Euch so bewegt und worüber wir unbedingt schreiben müssen. Wir freuen uns auf Euch. Falls Ihr nicht nach Passau kommt, den Weg nicht findet oder kein Freund vieler Worte seid, könnt Ihr uns Eure Anliegen, Vorschläge, Exzesse und Impressionen auch ganz einfach und formlos an redaktion@stare-mag.de mailen. Zusätzlich haben wir uns nach vielen Anfragen entschieden, mit dem STARE-Team für Interessenten auch Broschüren, Flyer, Logos, Fotografien und alles andere, was zu einem gelungenen Werbeauftritt gehört, zu erstellen. Aus diesem Gedanken ist die STARE Kreativagentur entstanden, die als Werbebüro agiert. Bei Interesse ganz einfach eine Mail an thomas.heinrich@stare-mag.de und wir besprechen das Ganze! Auch bei den STARE Events hat sich einiges getan: Fotos von unseren Veranstaltungen, wie etwa der Spontanparty auf der Kunstnacht oder dem Höllgassenzinnober, sowie unserer STARE Büroparty findet Ihr online unter www.stare-mag.de. Zusätzlich veranstalten wir in Zukunft für Euch immer wenn die neue Ausgabe erscheint eine smoothe Party mit coolem Sound, netten Leuten und ganz viel `stare`. Wenn Ihr immer auf dem Laufenden bleiben wollt, besucht uns auf Facebook. Dort teilen wir mit Euch tagesaktuell Nachrichten aus der Redaktion und Alles, was uns vor die Linse läuft. ●

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TRUTH OR DARE In unserer Rubrik „TRUTH OR DARE“ motivieren wir Euch mit uns zu interagieren. Für jede Ausgabe des Magazins ziehen unsere Fotografen los, um Passanten mit kreativen Aufgaben zu konfrontieren. Zeigt uns, was Euch spontan einfällt.

Photografien: Johannes Geier

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ZWISCHEN BUCHEN UND BIRKEN

2 33⅓ rpm Episode N°

Matthias Karlstetter befasst sich mit der geistreichen Abhandlung von Themen, die dich schon immer interessiert haben. Illustration: Hans Binder Knott

Lieblingsalben langweilig erschienen. Also Zeitmaschine an, Platte einlegen, und mit 33⅓ ⅓rpm ab in die Vergangenheit.

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nd auf einmal waren sie da, Nachnamen wie Dylan, Lennon, Young. Und der Rest war Schweigen im Walde. Ich schreibe von meiner musikalischen Krise, beziehungsweise der Entdeckung der Helden der 60er und das Verblassen der Heutigen. Selbstverständlich waren mir die oben genannten Namen bisher ein Begriff: Ein paar Alben konnte ich nennen, einige Daten waren mir bekannt, aber alles eher akademisch. So richtig ins Rollen geriet der Stein durch eine Band namens Crosby, Stills & Nash. In einer Rezension über die Fleet Foxes erwähnt, dann bei YouTube gesucht, in meinem Land nicht verfügbar, dann aber doch irgendwo gefunden. Die Foxes wurden also weggepackt und die Supergroup war jetzt Platzhirsch. Der Weg zu Dylan war dann auch nicht mehr weit, und es geschah Blonde on Blonde. Neil Young und Joni Mitchell folgten, dann kam ein weißes Album (das der Beatles), welches mittlerweile fast ausschließlich läuft. Mein Musikgeschmack war nun weit in der Vergangenheit angekommen und Titel die ich lange kannte, kamen mir nun so vor, als würde ich sie zum ersten Mal (richtig) hören. Was zur Folge hatte, dass mir meine bis-dato-

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So weit so gut, jetzt aber das Dilemma: Ich finde diese früher-war-die-Musik-sowieso-besserTypen schrecklich, und jetzt gehöre ich irgendwie zum Club. Wie komme ich da also wieder raus? Um nicht als der Ewig-Gestrige zu gelten, muss wohl erst einmal der Standpunkt geklärt werden. Früher war die Musik nicht besser, gut und schlecht ist in dem Zusammenhang sowieso blöd, aber(!) Musik wird und wurde dann doch irgendwie immer von der Vorhergehenden Beeinflusst. Die 60er stehen daher in einigen Bereichen am Anfang einer Kette von Entwicklungen, an deren Ende viele meiner Lieblings-Alben aus den 00er Jahren stehen – die ich im Übrigen nicht deshalb etwa links liegen lasse, weil ich mich noch an ihre Veröffentlichung erinnern kann. Oder doch? Bleibt also noch die Frage: Fand ich diese Bands früher fade, weil sie doch schon etwas in die Tage gekommen sind, oder finde ich sie gerade deswegen heute so gut? Oder beides? Das kann ich jetzt nicht so einfach beantworten, aber eine gewisse Objektivität traue ich mir schon zu. Hätte Sgt. Peppers, heute veröffentlicht, eine Chance? Bestimmt, aber für mich wäre es nicht Dasselbe. Es macht sehr wohl einen Unterschied, in welcher Zeit und in welchen Umständen etwas entstanden ist, kurz gesagt der Kontext. Es kommt mir in einigen Bereichen leichter vor, heutzutage gute Musik zu machen, es gibt ja genügend Vorlagen. Etwas wirklich Neues zu machen, wird dagegen schwieriger, in jeder be-

kannten Nische sitzt ja bereits einer. Auch der heutige Stand der Technik erleichtert vieles. Deshalb auch die Faszination für das, was in besagtem Jahrzehnt geschehen ist. Den Blues gab es, was daraus gemacht wurde schrieb Geschichte. Mittlerweile haben sich die Wogen etwas geglättet, viele Alben wurden gehört, und die Fleet Foxes haben ihren Weg zurück in meine Playlist gefunden, wie viele andere auch. Am Sound der früheren Zeiten vermisse ich dann aber doch so einiges, und so stehen die Großen von heute teilweise wieder auf ihrem Sockel. Attribute wie Innovativität oder Individualität können auch überschätzt werden: Wenn sich Coldplay von Jeff Buckley beeinflussen haben lassen, ist das doch ok. Dylan hat das Rad auch nicht erfunden. Er nahm sich zum Beispiel Woody Guthries Sound als Vorbild. Taub müsste man sein, dann könnte man unbeeinflusste Musik machen, aber das will doch auch keiner hören. ●

Zum Nachhören: Fleet Foxes - Mykonos CSN - Helplessly Hoping Dylan - Leopard Skin Pillbox Head Joni Mitchell - This Flight Tonight The Beatles - Helter Skelter The Beatles - Long Long Long The Beatles - Rocky Raccoon


Das „Unterhaus“, eine Institution in der Passauer Altstadt mit Liebe zum Detail, eine Kombination aus Café-Bar, Kneipe, Buchladen und Galerie. Wer auf Vielfalt steht, und auch gerne mal Leute trifft ist hier genau richtig, denn auch das Publikum ist recht gemischt: Künstler, Studenten, Philosophen, Junge und nicht mehr ganz so Junge, Literaten, Musiker, Schachspieler, Auswärtige und Passauer. Ein guter Ort, um seinen Gedanken nachzuhängen, zu lesen, zu surfen und natürlich auch für‘s erste Date. Das Angebot besteht durchweg aus hochwertigen Produkten: Kaffeespezialitäten aus österreichischem Spitzenkaffee, Kuchen nach Omas Rezepten, Suppen, Antipasti, Toasted Sandwiches, wirklich guten Bio-Weinen und regionalen Bieren.

„Von der Donauterrasse aus tut sich ein traumhafter Blick auf die Veste Oberhaus auf.“

Besonderheiten, Tipps & Angebote Bücher aller Art - auch für die Uni - besorgen wir innerhalb eines Tages. Internetnutzung und WLAN ist für unsere Gäste kostenlos. Ausstellungen regionaler und internationaler Künstler wechseln regelmäßig. Infos zu Konzert-/DJ-Veranstaltungen unter unterhaus.com und auf facebook: „Cafe-Unterhaus“

Öffnungszeiten: täglich von 12.00h mittags bis 01.00h nachts Höllgasse 12/Donaulände, 94032 Passau, 0851 9890464

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GET OUT Kennt ihr diese gewisse Magie, die manche Orte ausstrahlen? Entweder aufgrund ihrer Vergangenheit, der Ästhetik oder schlicht wegen des Verbotes, sich dort aufzuhalten. Dieses Gefühl des Abenteuers und Entdeckens. Vielleicht der erste Mensch sein langem an einem geheimen Ort zu sein. Wir stellen Euch in jeder Ausgabe Plätze in der Umgebung vor, die darauf warten, (wieder)entdeckt zu werden. Die genauen Koordinaten schreiben wir natürlich nicht dazu. Finden müsst ihr sie selbst. Get out.

In der Nähe von Aicha, versteckt im Wald, liegt der Katzlstoa. Der Steinbruchweiher ist umgeben von steilen Sandsteinwänden, die dem Besucher das Gefühl vermitteln, weit weg von allem zu sein. Tiefer im Gehölz liegt ein zweiter Weiher. Dort findet man den perfekten Platz für Lagerfeuer oder zum Nachtbaden. ●

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Obwohl jederzeit ein Zug vorbeirasen könnte, wirkt ein alter Bahnhof in Ingling so, als wären die von Menschenhand erbauten Gebäude Relikte einer lange vergangen Zeit. Grünes Dickicht wuchert durch braunen Rost, der Übergang wirkt baufällig – was hier passiert erschließt sich dem Betrachter nicht auf den ersten Blick. ●

Einen tollen Ausblick auf den Neuburger Wald und den Inn hat man von der Schärdinger Hütte aus. Erst einmal dort angekommen sollte man aber weitersuchen – am Ende wird man einen schmalen Pfad finden, der direkt am Felsen den Berg hinauf führt. Tief im Wald findet man dann eine weitläufige, mit Moos überwucherte Felsenlandschaft. ●

24.08.2011 15:25:03

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n Passau und Umgebung sieht man seit einer Weile zunehmend mehr von ihnen: Longboarder. Das Konzept von einem Brett auf Rollen kennt man bereits, aber mit Skaten hat ganze nicht so viel zu tun, wie man (als Laie) zumindest annehmen könnte. Markus Lukesch, selbst begeisterter Longboarder, hat uns mehr darüber erzählt. STARE-Magazine: Also schieß los - wodurch unterscheiden sich Skate- und Longboarden? Lukesch: Grundsätzlich könnte man sagen, dass sich das Trickskaten, so wie man es heute kennt, aus Skateparks oder von Curbs mitten in der Stadt immer weiterentwickelt und verändert hat. Beim Longboarden dagegen gab es nie größere Veränderungen seit es entstanden ist. Es war das grundlegende Konzept, Hügel und Berge herunterzufahren, das genügt hat. Es kommt eher auf das Gefühl von Wind und Geschwindigkeit an, auf das Cruisen und Slalomfahren. Da besteht kein Bedarf nach irrsinnigen Tricks. Also, ist das der Unterschied zwischen Skateboard und Longboard. Grundsätzlich ja, aber das ist nicht alles.

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Was beschreibt den Lifestyle eines Longboarders? Im Gegensatz zu den Skatern ist der ‚Lifestyle‘ bei Longboardern nicht so prägnant. Skater bilden eine etwas festere und eingefleischtere Szene; Longboarden kann grundsätzlich jeder, weil es relativ einfach zu lernen ist. Dadurch ist alles etwas lockerer. Man sieht auch, Gott sei Dank, wahnsinnig viele Mädels, die das machen. Es ist also alles viel weniger durch Industrie und andere Skater geprägt. Man sieht vielleicht einen Longboarder im Sakko, wer auch immer darauf Lust haben sollte, oder einen Hippie oder einfach mal Ältere, die nach einem neuen Hobby suchen und nicht gerade reiten wollen. Die vielleicht als Kind mal Skateboard gefahren sind und plötzlich an ein paar Longboardern vorbei laufen und sich denken: „Hey, cool, das könnte ich auch wieder machen.“ Skaten kann man nicht so einfach ausprobieren. Ist Longboarden lässiger als Skaten? Kann man sagen, obwohl das natürlich Ansichtssache ist. Ein normaler Skater kann auch lässig sein aber er hat eventuell einen gewissen ‚Trickdruck‘, um Ansehen zu erlangen. Das hat man als Longboarder weniger. Das Gefühl ist ein etwas


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„Oh, scheiße, welches brauch ich denn jetzt?“ anderes. Es ist der ganze Bewegungsablauf, der da vor sich geht. Es gibt da den einen, der eher ‚safe‘ ist, der lässiger fährt, gemütlich die Kurven runtercruist und einfach Spaß an der Bewegung hat; und dann gibt es halt auch den anderen, der einfach darauf steht, Adrenalin im Blut zu haben und der fährt dann eben schneller. Wie fühlt sich das dann beim „Carven“ oder auch „Sliden“, also dem queren Schlittern über den Asphalt, an? Man ‚slidet‘ ja prinzipiell, um abzubremsen und etwas Sicherheit zu bekommen. Es gibt einem allerdings auch einen wahnsinnig geilen Kick so quer

hinzurutschen, zu versuchen das ratternde Board zu kontrollieren und es danach wieder in eine gerade Stellung zu bringen. Das ist nicht ganz so einfach, aber das Lernen macht sehr viel Spaß. Für sowas gibt es doch auch die verschiedenen Rollen, nicht? Ja, gibt es. Mit den Harten geht es natürlich einfacher, die rutschen Leichter. Die weichen haben dafür mehr Grip. Also nehmen die Harten die Weichen? Klingt zwar gut, aber so würde ich das nicht sagen. Es kommt einfach darauf an, was man

machen will. Wenn ich Kurven runter fahre, möchte ich eigentlich eine weiche Rolle, damit das Board nicht wegrutscht. Möchte ich dann aber ein Rutschmanöver machen, wünsche ich mir ein wenig härtere Rollen. Dadurch schlittert das Board leichter über den Asphalt. Das ist Erfahrungssache und irgendwann entscheidet dann jeder selbst, was er gerne hätte. Zu welcher Zeit geht man denn am besten Longboarden? Die Top Zeit ist die, zu der keine Autos fahren. Das Problem ist natürlich, dass die schönsten Straßen von anderen Verkehrsteilnehmern be-

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nutzt werden. Wir fahren deswegen hauptsächlich im Industriegebiet. Dort herrscht einfach kein starker Verkehr. Sperrwies ist außerdem interessant, weil die Straßen in verschiedenen Neigungswinkeln abfallen und dabei gibt es auch Stellen die sehr gut für Anfänger geeignet sind. Es gibt noch weitere gute Locations, Teerstraßen am Dreisessel oder in Zwiesel, und wir sind immer auf der Suche nach neuen Spots. Was braucht man da noch so an Ausrüstung? Es ist jedem selber überlassen, ob er mit Schonern fahren will oder nicht, aber generell: Klar, man sollte möglichst viel Schutz tragen. Grundsätzlich führen wir die Anfänger auch langsam an dieses Thema heran. Wieviel kostet dann ein gutes Longboard im Durchschnitt? Das geht bei 149 Euro los, für ein komplettes Longboard. So ein richtiges Topgerät für einen

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Adrenalinjunkie, das liegt dann zwischen 300 und 400 Euro. Aber noch Teurere gibt‘s natürlich immer. Wenn man will, kann man überall viel Geld reinstecken. Eben, aber ich sage mal so: Ein guter Preis wären 200 Euro, dann hast du ein wirklich gutes Board.

Längere Boards sind dann für das schnellere Fahren. Die Länge fördert dabei die Stabilität und das Board wird leichter zu kontrollieren. Dann gibt es Boards, bei denen die Achsen von oben reingeschraubt werden, dadurch wird der Schwerpunkt weiter nach unten verlagert und der Körper ist noch tiefer am Boden. Was einem dann am besten gefällt, merkt man recht schnell.

Es gibt aber verschiedene Arten von Longboards. Was kannst du uns dazu sagen? Ja, gibt es und das kann etwas viel sein für einen Anfänger. Man geht dann in den Skateshop hinein und findet verschiedene, abstruse Boards und dann denkt sich der ein oder andere schon: „Oh, scheiße, welches brauch ich denn jetzt?“ Und welches braucht man dann jetzt? Kommt wieder darauf an, was man machen will. Die kürzeren Boards sind für‘s Cruising. Das heißt, dass sie super wendig sind und praktisch, um sie in der Stadt zu benutzen.

Interview: Johannes Geier Text: Hans Binder Knott Photografie: Johannes Geier


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Drei TAGE OHNE STROM Text: Thomas Heinrich

Erster Tag Ich wache auf, bin noch müde, aber das kennt man ja. Wie spät es wohl ist – ich will auf meinen Radiowecker schauen, der schräg neben dem Bett steht. Die vertrauten roten Ziffern leuchten nicht. Mistding – naja, ist auch schon zehn Jahre alt, irgendwann geht alles kaputt. Ich greife zum Handy, schaue auf die Uhr. Halb Zwölf, solide Zeit um an einem Samstag aufzustehen.

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Illustrationen: Kristina Vogel

Ich gehe ins Wohnzimmer, setze mich auf´s Sofa, stopfe eine Zigarette und hol mir aus dem Kühlschrank Instant-Kaffee. Er fühlt sich seltsam warm an, ich bin aber noch zu müde, um darüber nachzudenken. Jetzt erstmal etwas fernsehen, so zum richtig wach werden. Ich drücke die Eins auf der Samsung-Fernbedienung und warte auf das Bild. Nichts tut sich. Ich drücke nochmals, drücke mehrfach. Nichts. In mir steigt Panik hoch: Ist der neue Fernseher etwa schon kaputt? Das Standby-Licht leuchtet auch nicht. Hastig stehe ich auf, stecke den Fernseher ab und wieder an. Nichts. Ich haste zum Computer um mich über

diesen Schaden zu informieren. Als ich die Kippschalterleiste betätige, bleibt das normalerweise freundlich orange leuchtende Licht dunkel. Jetzt bin ich erleichtert. Vermutlich sind nur die Sicherungen rausgeflogen, ich gehe also zum Sicherungskasten, öffne ihn. Kippe alle Sicherungen einmal. Teste am Licht, ob es nun wieder funktioniert. Die Lampe bleibt dunkel. Noch mal alle Sicherungen kippen. Kein Licht. In mir dämmert es: Die Wohnung hat keinen Strom mehr. Verdammter lokaler Stromversorger, ich werde wütend. Klopfe dringlich bei meinem Mitbewohner an die Türe, eine verschlafene Stim-


me antwortet. Ich stürme ins Zimmer, erkläre die Lage. Sofort ist Fabian hellwach. Wir halten Kriegsrat, es stellt sich heraus, dass wir die Stromrechnung eventuell ein, zwei Monate nicht bezahlt haben. Das müssen wir freilich überprüfen, also fahren wir mit dem Lift nach unten (der funktioniert) und schauen in den Briefkasten. Viele Rechnungen, auch von unserem Stromversorger. Wir stellen nach ausführlichen Studien im leisen Wohnzimmer (keine Musik, kein Fernseher) fest: Nicht ein, zwei Monate haben wir nicht bezahlt, sondern sechs. Der Strom wurde nach mehrmaliger Mahnung heute gesperrt. Wir sind schockiert und müssen ein ordentliches Sümmchen nachzahlen. Aber erst am Montag, denn heute erreichen wir niemanden mehr. Wir essen erstmal, Brot mit Butter und Wurst, denn warmes Essen gibt es nicht (der Wasserkocher schweigt, der Herd bleibt kalt und der Backofen dunkel). Aber auch die Wurst aus dem Kühlschrank ist schon warm, das Gefrierfach taut, kleine Wasserbächlein ergießen sich auf das Parkett (und verursachen Schaden im Holz, wie wir später feststellen). Die Fertigpizzen sind weich, die Aufläufe schwammig. Wir rufen einen Freund an (Mein Akku hat noch 35%, der von Fabian 10%), der auch schnell vorbeikommt und uns auslacht. Er nimmt die Pizzen und Aufläufe mit und kühlt sie für uns ein, noch mal Glück gehabt, ich glaube nicht an Sachen wie die „Kühlkette“. Jetzt heißt es überlegen, ohne Strom fühlt man sich doch etwas aufgeschmissen. Erschüttert stellen wir fest, was wir nun alles nicht mehr machen können: Musik hören, DVD schauen, fernsehen, kochen, Internet, Licht, Festnetztelefon – uns wird langweilig. Ich surfe mit dem Handy im Internet, doch der Akku moderner Smartphones ist knapp bemessen, und ich schalte das Handy lieber aus. Aufladen ist nicht. Es ist jetzt erst drei und wir sitzen zu zweit im Wohnzimmer und grübeln. Solange es noch hell ist, könnte man eigentlich die Stadt erkunden. Wir schwingen uns auf die Fahrräder und radeln los, von Hals bis Neustift,

in die Innstadt. Wir gehen essen, zuhause ist der Kühlschrank vermutlich schon recht warm und das Essen verdorben. Aber ein Schnitzel am Inn ist auch nicht verkehrt, und so bleiben wir im Kowalski bis es dunkel wird, trinken Bier und essen, Freunde stoßen zu uns. Ich stelle fest: Mein Handy ist jetzt ganz leer, das von Fabian schon lange. Mist. Als wir in die Wohnung zurückkommen wird uns bewusst, dass Licht aus der Glühbirne eine großartig Erfindung ist – ich stoße mir den Fuß an unserer Schwelle. Im Wohnzimmer suchen wir im Licht unserer Feuerzeuge Kerzen: Es gibt Grablichter, Teelichter und ein paar große Kerzen. Wir zünden sie an, das Wohnzimmer ist in heimeliges Licht getaucht und riecht nach Wachs, ich denke an Weihnachten. Nur was machen wir

jetzt? Glücklicherweise kommen Freunde vorbei, die sich freilich auch über unsere säumige Zahlungsweise lustig machen. Trotzdem bin ich guter Stimmung und wir sitzen bis spät in die Nacht ohne Musik und Fernseher zusammen, erzählen Geschichten, lachen und rauchen – dazu Bier. Irgendwann sind die meisten Kerzen aber abgebrannt, es wird immer dunkler und die Freunde machen sich auf den Heimweg. Als sie weg sind stelle ich fest, dass wir keine mechanische Uhr mehr besitzen und nicht wissen, wie spät es ist. Fabian und ich gehen ins Bett, kein Lesen (wie denn ohne Licht?), keine Einschlafmusik, kein Internetsurfen. Ich liege lange wach, schlafe irgendwann ein. In der Nacht fehlt mir, wenn ich aufwache, der vertraute Blick auf meinen, nun dunklen, Radiowecker.

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Zweiter Tag Es ist Sonntag. Ich erwache irgendwann, es ist schon hell, mein Zeitgefühl wackelig. Ab ins Wohnzimmer und ein Buch aus meinem Regal suchen. Habe ich schon lange nicht mehr gemacht, denke ich. Und sonntags ist ja auch sonst nichts Interessantes los. Die Zeit verfliegt, vermute ich, und ich sitze und lese. Zum Frühstück gibt es trockenes Brot; Toast ohne Toaster schmeckt nicht, etwas Marmelade finde ich noch. Der Rest im Kühlschrank ist warm und riecht zum Teil unanständig. Irgendwann erwacht Fabian, er hat die Schlaftaktik: Möglichst viel von der unergiebigen Zeit im Bett verbringen. Wir haben Langeweile, normalerweise würden wir nun Freunde anrufen und einladen oder Musik hören. Wieder halten

nicht lecker, aber was will man ohne Kühlschrank auch tun. Einer der Freunde wohnt ums Eck, ihm ist es zu leise. Er geht heim, kommt zurück, eine Gitarre dabei. Ich finde meine Mundharmonika. Wir spielen auf, obwohl wir es nicht können, vermutlich klingt es schrecklich. Trotzdem ist es gut, wieder Musik zu hören, die Stimmung steigt und eigentlich ist es ganz toll, zusammen Musik zu machen, zu trinken und abbrennende Kerzen zu riechen. Spät in der Nacht entdecken wir durch Zufall unseren kleinen Kugelgrill sowie Teile unseres alten Christbaums, der irgendwie nie entsorgt wurde. Wir bauen angetrunken den Grill in der Mitte unseres Tisches auf und platzieren gekonnt die Äste des Christbaums, dazu ein Gitarrensolo, schichten sie übereinander wie bei einem echten Lagerfeuer. Natürlich muss man das nun auch anzünden, wenn man schon so weit gegangen ist, kann man nicht mehr zurück. Im Nachhinein stellte sich unsere Deckenhöhe von etwa vier Metern als sehr wichtig heraus. Irgendwo findet Fabian noch Handwürste, wir grillen sie im Feuer. Unsere Decke wird etwas grau dabei, wie wir am nächsten morgen feststellen werden. Aber im Moment zählt nur unser Lagerfeuer. In unseren Gesichtern,

„Das Feuer im Grill breitet sich dank der trockenen Zweige explosionsartig aus, züngelt hoch und überstrahlt die Kerzen.“ wir Kriegsrat ab und beschließen die Suche nach einem Brettspiel und finden: Die Siedler von Catan. Wir spielen stundenlang (vermutlich), bauen Weltreiche auf und ärgern uns über Würfelpech. Eigentlich deutlich witziger als unsere Playstation, finde ich. Irgendwann wird es aber dämmrig und damit dunkel in der Wohnung, die Kerzen sind unbrauchbar. Wir haben kein Essen mehr, sind beide hungrig, wissen nicht wie spät es ist und fühlen uns deutlich desorientiert. Eigentlich denkt man ja nie über Strom nach, denn er ist eine Selbstverständlichkeit – bis er weg ist. Fast wie mit der Freundin, die man abschießt, und danach erst merkt, wie gut es war. Wieder auf die Räder, ab in die Stadt. Ein Freund den wir treffen, klärt uns auf: Es ist schon nach zehn Uhr. Wir besuchen ein Fastfood-Lokal und fahren dann zur Tankstelle und kaufen dort: Kerzen. Überteuert natürlich, aber wenigstens haben wir am Abend Licht. Als wir wieder heimkommen, erwarten uns vor unserer Türe ein Freund und seine Freundin, die uns auf dem Handy nicht erreichen konnten. Wir stellen gemeinsam die neuen Kerzen im Wohnzimmer auf und trinken Wein, dann Bier, irgendwann Schnapps. Alles viel zu warm, deswegen auch

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in der Brille meines Mitbewohners spiegeln sich die Flammen, die ausgedörrten Zweige knacken, Funken fliegen auf den Perserteppich, hinterlassen Brandlöcher. Rauchschwaden ziehen in alle Räume, unsere Augen tränen – trotzdem lachen wir. Irgendwann ist aber auch heute Schluss, die Wohnung stinkt nach Rauch. Das Feuer glimmt noch etwas, als wir zu Bett gehen. Ich schlafe durch und erspare mir so den Blick auf meinen toten Radiowecker.

Dritter Tag Endlich Montag. Das erste was wir nach dem Aufstehen (irgendwann, es ist schon hell) unternehmen, ist ein Spaziergang zum Auto, dann eine kurze Fahrt zur Bank. Unser Magen ist leer, aber das ignorieren wir. Im Auto hören wir Musik, es ist fast ungewohnt, wieder etwas Besonderes. Wir heben das überfällige Geld ab, mein Konto ist damit leer, aber irgendwie wird es schon

gehen, ich freue mich auf Strom. Auch wenn der gestrige Abend lustig war, habe ich im Sonnenlicht feststellen müssen: Die Decke ist grau, alles stinkt bestialisch nach Lagerfeuer. Wir lüften, während wir unterwegs sind. Endlich kommen wir bei unserem Stromversorger an, wir zahlen, alle sind etwas unfreundlich zu uns. Vermutlich sind wir schlechte Kunden gewesen. Man sagt uns: Am Abend haben wir wieder Strom. Das muss gefeiert werden, wir fahren zum Chinesen, kaufen das all-you-can-eat Angebot und schlagen uns die Bäuche voll. Die Autouhr zeigt 15 Uhr an, als wir parken. Wenig später sind wir zuhause. Mittlerweile nervt es uns schon etwas, dass wir keine Musik hören können und ich auf meine tägliche Dosis TV verzichten muss. Aber es kann sich nur noch um Stunden handeln. Der Kühlschrank stinkt mittlerweile, Obstfliegen sind zu Gast. Wir räumen ihn aus, werfen das ganze Essen weg. Sind genervt. Ich kann niemanden anrufen, obwohl ich ganz gerne telefoniere – darum lese ich, aber heute fehlt mir der Sound dazu. Warten, die Zeit vergeht schleichend. Irgendwann teste ich den Lichtschalter. Nichts, die Lampen bleiben tot. Ich lese weiter, Fabian schläft. Plötzlich höre ich einen vertrauten Piepton. Ich stutze, überrascht von diesem technischen Geräusch. Das Telefon hat sich eingeschaltet, wir haben wieder Strom. Den Abend verbringen wir mit DVD, Licht, kühlen Getränken, Zeit auf der Uhr jederzeit ablesbar. Das moderne Leben hat uns wieder, die Kerzen bleiben aus, wir räumen sie weg. Mein Radiowecker leuchtet auch wieder. ●


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Illustration: Michael F端rst

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Interview: Martin Brunnbauer Text: Thomas Heinrich

Joachim Prügl aka Swede:Art ist DJ, Produzent und hat sich erfolgreich bei der Red Bull Music Academy in London beworben. Der Passauer studiert in Wien und legt vornehmlich in Österreichs angesagten Clubs auf. Wir haben mit ihm über emotionale Farben und die sich wandelnde Clubszene gesprochen.

STARE-Magazine: Erzähl uns doch ein bisschen von Dir. Wie bist du zum Beispiel zur Musik gekommen? SWEDE:ART: Ich bin 21 und wohne zur Zeit in Salzburg. Dort studiere ich MultimediaArt, ein Studiengang, der neben Medientheorie auch viele künstlerische Projekte in den Bereichen Audio, Video, Design und Animation beinhaltet. Wie ich zur Musik gekommen bin, ist schwierig zu beantworten. Ich glaube, dass ich einfach immer stark daran interessiert war, mich musikalisch irgendwie ausdrücken zu können – egal ob als DJ oder auch bei Musikproduktionen. Angefangen habe ich ursprünglich als Rapper, was aber eigentlich nur eine Überbrückung hin zum Territorium des „Beats-bauens“ war. Das hatte ich anfangs nie richtig kapiert, aber zum Glück gab es in dieser Hinsicht in Passau immer viele Leute, die mir da geholfen haben. So war ich mit den Programmen auch nicht so eingeschränkt wie mit der bloßen Stimme. Der musikalische Background liegt allerdings auch in meiner Familie, denke ich.

Du produzierst recht neuartige Beats. Wie bist du darauf gekommen? Hast du dich damit bei der Red Bull Music Academy beworben oder sind diese erst später dazugekommen? Diese „neuartigen“ Beats, wie du sie beschreibst, hatten eigentlich wenig mit der Academy zu tun. Im Jahr 2006/07 öffnete sich langsam das Fenster zu instrumentalen Beats, die neben dem Rap als eigenständige Musikrichtung immer mehr akzeptiert wurden. Leute wie Flying Lotus beispielsweise lösten damals eine ganze Flut an neuen Produktionsweisen aus, die meistens das Schöne eher im Ungeraden, Intuitiven und Verträumten suchten. Ich konnte mich mit dieser Art des Hip Hop gut identifizieren, weil sie vor allen Dingen die Selbstdarstellung in den Hintergrund rückt und die Musik für sich sprechen lässt. Vor der Red Bull Music Academy habe ich ein Netlabelrelease mit den Passauer Künstlern A-rec und Fuer.Steps veröffentlicht. Davon waren ein paar Beats, die eher diesen futurischen Touch hatten, mit auf der Demo CD für die Academy. Beats, denen man verschiedene Einflüsse anmerkt, gewissermaßen gebrochen klingend. Wie würdest du sie selbst beschreiben? Diese Frage ist schwierig zu beantworten, weil ich eigentlich keine Ahnung habe, welches Genre ich produziere, oder wie ich die Musik beschreiben soll. Im Laufe der Zeit entwickelst du einen Stil, der viel von äußeren Einflüssen beeinflusst wird, aber auch eine ganz persönliche Note hat. Ich höre sehr viel unterschiedliche Musik, und dabei interessiert es mich nicht ob das Dub, Jazz, Techno, HipHop oder sonst irgendetwas ist. Es

spricht dich an oder nicht, und genauso ist das bei meinen Sachen auch. Mich würde es zum Beispiel sehr langweilen, immer nur in der selben Geschwindigkeit zu produzieren. Deshalb sehe ich es auch als Herausforderung an, anderen Musikstilen einen individuellen Touch zu verpassen. Ich mache also Musik, die intuitiv aus mir kommt und die mich repräsentiert. Ich denke nicht nach, was ich als nächstes machen könnte oder sogar muss. Das wäre dann vermutlich das Ende jeglicher kreativen Art Musik zu produzieren. Es wäre aber sicherlich auch eine große Herausforderung, an einem kommerziellen Projekt zu arbeiten. Eventuell kommt so etwas mal. Aber leichter ist das nicht, eher schwieriger. Wie teilt sich die Arbeit für deine Tracks in echte Instrumente und Arbeit am Rechner auf? Das ist von Track zu Track unterschiedlich. Es kann sein, dass ich mir zuerst ein Motiv mit Samples suche, mit Field-Recordings beginne, oder zuerst auf dem Synthesizer rumdudle. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt und Regeln gibt es sowieso keine. Aber generell mache ich schon sehr viel am Computer. Oft wird man von seinen Labels ja etwas eingeschränkt. Wie bist du zu deinem jetzigen Label gekommen und kannst du dich da frei austoben? Das ging vor 3 Jahren oder so los, als ich mit einem Produzenten aus Dessau namens Duktus an einem „Beattape“ gearbeitet habe. Wir haben das dann ganz raw und unfertig an Tokyo Dawn geschickt, einfach weil es uns auch interessiert hat ob sich so was überhaupt releasen lässt. Die

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haben dann zu unserer Verwunderung gleich zugesagt. Es hat dann trotzdem noch zwei Jahre oder so gedauert. Leider konnte Duktus bei dem Projekt nicht mehr mitmachen, da er nicht fulltime daran arbeiten konnte, was dann ein Dämpfer war. Ich habe dann das Album trotzdem fertig gemacht und ein paar Feature-Tracks mit ihm draufgepackt. Im Moment bin ich am nächsten Album dran, das ich allerdings erst dann an Tokyo Dawn verschicke, wenn es für mich wirklich fertig ist. Das Ganze ist eine sehr zeitaufwendige Sache, bis so etwas für den Hörer zu kaufen ist, deshalb wird es auch noch etwas dauern. Das Cover deines Debutalbums „Emotional Colors“ ist ziemlich abgedreht. Was hat es mit der Musik zu tun und wer hat es gestaltet? Das Cover von „Emotional Colors“ sieht ganz bewusst so aus. Wir haben den englischen Designer

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Matt Lyon kontaktiert, der sehr viel mit Tokyo Dawn macht – er hat uns das Design erstellt. Visuell soll das ganze dem Konsumenten einen Einblick in das geben, was ihn erwartet, wenn er sich die CD anhört. Inhaltlich repräsentiert es die Vielschichtigkeit des Albums. Ich denke, dass das Cover super zur Musik passt. Du legst hauptsächlich in Österreich auf. Woran liegt das, kann man in Passau und Niederbayern so etwas nicht spielen? Glaubst du, die Szene entwickelt sich langsam in die Richtung, dass Leute weg vom reinen „feiern“ kommen, und Musik auf Partys bewusster konsumieren? Ich lege deshalb recht viel in Österreich auf, weil es dort inzwischen eine große Szene gibt, die auch in den Clubs anspruchsvolle Musik konsumieren will. Gerade in Wien werden die Leute durch die stattfindenden Festivals, wie etwa Prater Unser, Sound:frame oder RUN VIE musikalisch

regelrecht erzogen, sodass es dort inzwischen so etwas wie eine Clubkultur gibt. In ganz Österreich werden Festivals dieser Art ausgerichtet und unterstützt. Die Organisatoren kennen sich untereinander und helfen sich gegenseitig, genauso die DJs. Die haben sich das lange erarbeitet und inzwischen gehört Wien neben London und Berlin definitiv zu den Hauptstädten elektronischer Musik in Europa. Im Gegensatz dazu ist Bayern in der Hinsicht schon sehr mau, Passau sowieso. Da muss sich dringend etwas tun.

www.soundcloud.com/swede-art www.tokyodawn.net/swedeart

Cover Design: Matt Lyon


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Stadt-Galerien Photografien: Fabian Hasibeder, Alan Höng, Roxana Teichert, Isabella Göggel Text: Fabian Hasibeder

Wo findet man in Passau zeitgenössische Kunst? Im Museum Moderner Kunst selbstverständlich, und in zahlreichen privaten Galerien und Ateliers. Oder ganz einfach auf der Straße – auf dem Weg zur Arbeit, Uni oder Schule – an Hauswänden, Straßenlaternen, Pflastersteinen oder Parkbänken. Überall begegnet man kleinen Kunstwerken – gesprayed, geklebt, plakatiert – die Motive vielfältig, die Künstler anonym. Streetart ist eine zeitgenössische Form der Kunst im öffentlichen Raum und entwickelte sich in den späten 70ern und frühen 80ern aus dem Graffiti. Im Gegensatz zur Motivation der Graffiti-Sprayer, ihr Pseudonym möglichst zahlreich zu verbreiten oder bildgewaltig zu inszenieren, treibt die Streetartists der Anspruch, ihre Stadt zu verschönern, weiße Wände in farbenfrohe Kunstwerke zu verwandeln, an. Die Straße wird zu Ausstellungsraum und Werkstatt, die Konfrontation mit der Kunst und die Kommunikation mit den Passanten sind dabei die Grundgedanken des Mediums Streetart. Dabei sind in Sachen Form und Material kaum Grenzen gesetzt, alles vom dezenten Sticker bis zum großformatigen Wandgemälde mit Pinsel oder Spraydose ist (un-)erlaubt.

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Heute sind die illegal angebrachten Bilder fester Bestandteil des Straßenbilds fast aller Metropolen, von Berlin über Paris, London und New York bis Buenos Aires – und auch Passau verfügt über ein erstaunliches Repertoire an urbaner Gestaltungskraft. Auf einem Streifzug durch die Stadt, vom Ilzdurchbruch bis zur Uni, durch die Altstadt oder am Inn entlang, ist es fast unmöglich, keinem der charmanten Werke über den Weg zu laufen. Absolut kultig in diesem Zusammenhang: Das kleine, mit Schablone gesprühte Erdmännchen, das sich – zumindest gefühlt – an hunderten Orten in der Stadt entdecken lässt. Naturgemäß sind viele Kunstwerke jedoch nur von kurzer Dauer; das Anbringen von Farbe oder Kleber an fremdem Eigentum gilt als Sachbeschädigung, die Entfernung desselbigen ist nur eine Frage der Zeit. Ob die ausgefransten Reste abgeschabter Sticker und wieder rein-weiße Wände die Stadt schöner machen, bleibt dem Ästhetikempfinden eines jeden einzelnen selbst überlassen. In diesem Sinne: Raus in die Galerie „Stadt“ – Kunst gibt’s für lau an jeder Straßenecke! ●


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Zypern

Eine Insel, zwei Staaten, drei Kulturen

Interview: Martin Brunnbauer Text: Hans Binder Knott

Der 21-jährige Passauer Florian Rudolf hat bis März 2011 studiert und ist schon viel in der Welt herumgekommen. Er reist viel und gerne und erkundet dabei Länder, Menschen und Kulturen. Im Moment hat er seine Reisen allerdings unterbrochen und befindet sich wieder in Passau, um dort den kommenden deutschen Herbst zu genießen. STARE-Magazine: Wie fing deine Reise an? Florian Rudolf: Ursprünglich wollte ich mit einigen Freunden nach Syrien und Jordanien reisen. Damaskus war unser Treffpunkt und ich habe mir einen Flug von Chisinau dorthin gebucht. Interessante Entscheidung den Flug erst in der moldavischen Hauptstadt zu beginnen. Wie bist du dort hingekommen? Für mich ergab sich zuerst eine Mitfahrgelegenheit von Passau bis in die Ukraine. Den Kerl

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kannte ich vor dem Treffen aber nicht, und als er mir dann sagte, dass ich an der Grenze von Ungarn zur Ukraine behaupten soll, mir würde sein Reifen im Kofferraum gehören, kam mir das etwas spanisch vor. Bevor ich eventuell bei irgendeinem zwielichtigen Dealer durch Europa mitfahre, habe ich lieber abgesagt. Ich bin dann mit einem Pfarrer zurückgefahren, der mir gepredigt hat, wie kriminell die Welt doch wäre. Damit lag er wahrscheinlich gar nicht so falsch. Holpriger Anfang. Der Flug war aber bereits gebucht. Ja, also habe ich mir einen anderen Weg gesucht. Im zweiten Anlauf war ich einige Tage unterwegs, über Rumänien in die Republik Moldau. Durch eine weitere Mitfahrgelegenheit kam ich bis nach Bukarest, verbrachte zwei Tage im Donaudelta und bin dann über einen kleinen Grenzübergang nach Moldavien gewandert. Dort haben

mich zwei wildfremde Typen im Auto mitgenommen, zusammen sind wir dann in die Hauptstadt Chisinau gefahren. Eine schöne Stadt, klein und sehr grün. Durch die vielen Bäume, Parks und Grünanlagen war das Klima trotz der Hitze sehr angenehm. Drei Tage später ging mein Flug nach Damaskus, wo ich die anderen getroffen habe. Zusammen sind wir von Syrien nach Jordanien an das Tote Meer gereist. Nach zwei Wochen haben sich unsere Wege dann wieder getrennt, und ich bin per Bus über Syrien wieder in die Türkei, nach Taşsucu, gefahren. Von dort aus ging die Fähre, die mich nach Zypern brachte. War das geplant oder eine spontane Entscheidung? Mein eigentlicher Plan war es, einen Reisebericht anzufertigen und nach der Reise Vorträge über Zypern zu halten. Nach meiner Rückkehr hatte ich allerdings viel mit dem Studium zu tun. Das


ganze ist also für‘s Erste verschoben worden, aber noch nicht komplett abgetan. Wo bist du in Zypern angekommen? In der Hafenstadt Kyrenia. Von dort aus trampte ich die Küste entlang nach nordosten Richtung Rizokarpaso. In der Nähe nahmen mich zwei Fischer mit. Beide waren komische aber lustige Kerle. Mit deren Harpunen neben mir bin ich mit ihnen bis an den nördlichst gelegenen Ort in Zypern gefahren. Die letzten Kilometer bis zur Spitze habe ich dann allerdings zu Fuß zurückgelegt. Bei Tag herrschte eine enorme Hitze, aber die Schönheit der Strände und das Fehlen von Touristen machte das mehr als nur erträglich. In der Nacht habe ich mir unter dem Wetterleuchten ein kleines Lager aufgebaut, soweit das zumindest ging. Am nächsten Tag habe ich mich dann wieder aufgemacht, die Ostküste entlang zu trampen, um die Stadt Famagusta zu errei-

chen. Auf dem Weg dorthin lernte ich eine Frau mittleren Alters kennen, mit der ich mich sehr gut verstanden habe. Durch sie erkannte ich, dass es den eigentlichen Zyprioten egal ist, ob sie türkisch-zypriotisch oder griechisch-zypriotisch sind. Es geht um das Gute im Menschen, und nicht darum, welchem Staat man nun angehört. In Famagusta fand ich dann die alten Ruinen einer früheren Kirche. Die habe ich als Schlafplatz genutzt, bevor ich mich am nächsten Tag auf den Weg nach Nikosia gemacht habe, das sich auf der Grenze zwischen dem türkischen und dem griechischen Teil Zyperns befindet. Durch die Stadt führt eine Mauer mit Dead-Zone - der UNPufferzone zwischen den Gebieten. Das Erinnert an Berlin. Direkt an der Mauer gelegen gab es in der Tat auch ein Café namens Berlin Wall #2. Als ich durch das Tor in der Mauer gegangen bin, hat

mich auf der südlichen Seite dann die kapitalistische Meile erwartet. Starbucks, McDonalds und Co. Ähnliche Läden gab es übrigens in Nordzypern ebenfalls, nur hießen die da Burger City oder BigMac – trotzdem hatten sie sowohl dieselben Produkte als auch dieselbe äußerliche Aufmachung. In der geteilten Hauptstadt bemerkt man den Unterschied zwischen Nord und Süd am schnellsten und stärksten. Im Norden Zyperns sieht man viele heruntergekommene Gebäude und die Armut ist weitaus präsenter, während der Süden den Touristenmagneten darstellt. Die Menschen waren trotzdem überall sehr freundlich. Dennoch habe ich nicht allzu viel Zeit in Nikosia verbracht, und war wieder auf dem Weg: Dieses mal zum Olympus, dem höchsten Berg Zyperns. Mir fehlte leider die richtige Ausrüstung, und das Wetter wurde bereits etwas herbstlicher. Das hat die klirrende Kälte da oben nicht viel besser gemacht. Außer mir waren da sonst nur einige

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Katzen und streunende Hunde. Der Aufstieg und das gelegentliche Trampen haben zwei Tage in Anspruch genommen, und als ich fast an meinem Ziel, dem Gipfel, war, stand ich plötzlich vor einem Zaun mit ein paar Schildern, die mir das Fotografieren verboten haben. Leider hatte ich nicht gewusst, dass sich auf dem Berg eine Militärbasis befindet. Und dann? Na, dann ging es wieder runter. Nach dem Abstieg habe ich mich direkt auf den Weg Richtung Süden gemacht. Die südlichst gelegene Stadt meiner Reise war Limassol, die auch eine der größten auf der ganzen Insel ist. Man hat ihr den Wandel zur Touristenstadt sehr stark angemerkt. Entlang der Küste läuft eine kilometerlange Reihe von Häusern und vor allem Hotels. Ein großer Kontrast zu dem nördlichen Teil der Insel. Zu diesem Zeitpunkt näherte sich meine Reise schon ihrem Ende. Meine letzte Nacht in Zypern habe ich am Strand von Larnaka verbracht. Wie sah die aus? Ich hatte eine weitere Nacht wie so viele aus der Insel: Mich, Feuer, Mond und Sterne. Der Flug ging direkt, und dieses mal ohne Umwege, nach Deutschland. Fast schon das Wichtigste auf jeder Reise: Wie sah dein Rucksack aus? An Gepäck hatte ich kaum etwas dabei. Kamera und Schlafsack. Achja, und ein großes Glas mit Marmelade. Mein Didgeridoo, das ich sonst immer dabei habe, ist mir abgegangen. Für die Flüge und die zwei Wochen mit den anderen in Syrien und Jordanien wäre es aber einfach zu sperrig gewesen. Ansonsten war mein Hab und Gut auf der Reise - meistens - völlig ausreichend. Gab es einen Moment oder einen Menschen, der dir besonders in Erinnerung geblieben ist? Theo, die Person die mir das jahrtausendealte Dorf Kalavasos gezeigt hat. Wir hatten eine besondere Verbindung und waren genau auf einer Wellenlänge, obwohl wir nur einen Tag miteinander verbracht haben. Wir haben uns danach noch einmal gesehen, aber dieser Tag in Kalavasos stellte etwas besonderes für mich dar. Solche Menschen trifft man selten. Wir wünschen dir noch viele solcher Begegnungen. Danke für das Interview.

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Photografien: Florian Rudolf


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GESCHICHTEN EINES UNBETEILIGTEN Unkonventionelle Alltagssituationen aus dem Standpunkt des Beobachters, kommentiert von Thomas Heinrich.

Wenn´s läuft, dann läuft´s

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- ein abend mit jonas -

Es ist Freitag Abend. Die Türklingel schellt, ich stehe auf und gucke durch den Spion. Das Erste was ich sehe ist ein hellgrünes Stirnband, umfasst von streng mittelgescheitelten, dunkelbraunen Haaren. Eine große Nase. Zweifelsfrei erkenne ich: Jonas. Ich öffne die Türe, etwas unwillig. Im Hintergrund, laut, Partymusik. Jonas ist schon sichtlich angetrunken, sein Zinken schimmert rot – ich lasse ihn rein. Wir gehen ins Wohnzimmer, zwei Freunde sind da. Vorglühen. Der TV läuft ohne Ton, wir trinken Bier. Jonas trinkt Wodka. Er hat sich eine Flasche

guten „Fürst Uranoff“ mitgebracht. Zielsicher geht er zu meinem Kühlschrank, sein Schritt wippt zum Takt von Deichkind. Er holt O-Saft, ohne zu fragen, natürlich. Die Mischung die er sich macht, hat es in sich – der Orangensaft wirkt transparent, hat seine gelbe Farbe durch den Wodka fast vollständig eingebüsst. Drei Strohhalme rein, mit Klebeband fixiert, man muss ja auch ordentlich was erwischen, oder Jonas? Jonas kommentiert feucht-fröhlich: Wenn’s läuft, dann läuft´s! Wir setzen uns alle wieder, rauchen, plaudern. Jonas grölt schon etwas, der Uhrzeiger nähert sich erst

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der Zehn. Eigentlich noch früh, aber alle sind angeheitert. Jonas betrunken. Florian hat sich eine Pfeife gekauft, die müssen wir natürlich ausprobieren. Normalen Drehtabak reingestopft, kein Aktivkohlefilter, ordentlich Gas mit dem Feuerzeug – Jonas ist Nichtraucher und beschwert sich, seine Artikulation wird undeutlich. Er macht sich sein zweites Glas klar. Diesmal ist die Flüssigkeit fast farblos, wieder drei Strohhalme. Im TV: X-Diaries, Mallorca, Party, schlechte Schauspieler. Wir kommentieren, lästern, amüsieren uns. Jonas mittlerweile in fiebriger Gesprächsstimmung, der


Platz neben ihm wird deshalb leer, Tobias sucht das Weite und sitzt nun neben mir. Jonas folgt. Er erzählt uns von seinem Studium, von seiner großen Liebe, die ihn nicht kennt, er sie aber sehr gut. Er erzählt sehr eindringlich: Immer wenn er sich einen Glücklichen erwählt hat, kniet er sich vor seinem Zielobjekt trunken auf den Boden und schwadroniert, gestenreich und lallend. Hoffentlich trinkt Jonas schnell mehr, irgendwann ist der kritische Punkt überschritten. Irgendwer rezitiert „Fischers Fritz fischt frische Fische“ – Jonas stimmt ein, sein drittes Glas leer, die Wodkaflasche auch. Bei seiner Version des Schüttelreims geht es eigentlich eher um einen bekannten Passauer Studentenclub, der leicht in die Reimreihe passt. Er ist stolz auf sich. Das Pfeifchen macht wieder seine Runde, Schwarzer Krauser im Kopf. Jonas ist nun auch nicht abgeneigt, er will es doch ganz gern ausprobieren. Das finden wir witzig. Er nimmt die Pfeife, betrachtet sie, zieht tief, tiefer, das Feuerzeug steil angelegt.

abschüssige Kopfsteinstraße hinunter. Mir stockt der Atem. Wir folgen ihm so schnell wie möglich, rutschen aus, Tobias stürzt und prellt sich das Handgelenk. Unten angekommen: Jonas unversehrt, grinsend. Ich ahne: Dieser Abend wird böse enden, doch der Alkohol lässt mich diese Erkenntnis ignorieren. Wir ziehen weiter, wieder etwas entspannt, Jonas verhält sich ruhig. Ohne große Unterbrechungen erreichen wir einen bekannten Passauer Club unter einem Wirtshaus. Jonas XXL-Desperado ist fast leer, er schmuggelt ihn trotzdem am Türsteher vorbei, der ihn kritisch beäugt. Wir nehmen Platz, es ist noch früh, der Club leer. Zu viert wird eine Flasche Wodka bestellt, ich ahne, wer den Löwenanteil trinken wird. Schnitt, zwei Stunden später. Jonas krabbelt auf allen Vieren durch den vollen Club, er grölt seinen Namen. Wildfremde Leute geben ihm Cocktails aus, der Wodka ist natürlich leer, ich trinke wieder Bier. Beobachte das Ganze, überlege mir, wie man Jonas retten kann. Der hat sich zwischen-

„Ich ahne, wer den Löwenanteil trinken wird.“ Er wird kreidebleich. Seine Hand wandert zum Mund. Er würgt, wir können ein Lachen nicht verhindern. Man sieht etwas zwischen seinen Fingern hervorkommen; ich blende ab. Wenn’s läuft, dann läuft´s, oder Jonas? Schnitt. Jonas kommt vom Klo zurück, hat sich das Gesicht abgewaschen und grinst, nun wippen seine Schritte im Takt von Seeed, schneller und etwas unsicher. Er muss sich an unserer Palme einhalten. Sie kippt nicht, wir sind fast enttäuscht. Er setzt sich wieder, wir sind erleichtert, sein Wodka ist immerhin alle und er auf einem lustigen, fast angenehmen Niveau. Doch zu früh gefreut. Als wir zu viert Aufbrechen, um die Stadt mit unserer Anwesenheit zu erfreuen, zaubert er eine XXL-Flasche Desperados aus seinem Eastpak-Rucksack. Ich atme tief durch, sperre ab, wir gehen los. Jonas hinterher, er hat ein Fahrrad. Der Boden ist vereist, es schneit leicht. Ich rate ihm: Lass dein Rad stehen, geh zu Fuß. Jonas stößt etwas Unartikuliertes aus und bleibt bei seinem Rad zurück, um es aufzusperren. Wir gehen vor, reden, lachen. Minuten später, nachdem er sein Schloss öffnen konnte, folgt er uns – Affenzahn. Ich schwitze Blut und Wasser, der Boden ist sehr glatt. Wir gehen hinter dem Dom die Carlonegasse hinunter, Jonas lacht irre und rast die spiegelglatte, stark

zeitlich aufgerappelt und ein Mädchen erspäht, an dem er offensichtlich Interesse hat. Sie bekundet ihr Interesse an seinen grapschenden Händen mit einer Ohrfeige, Jonas sieht das als Einladung. Es klatscht wieder, aber keinen Beifall, Jonas fällt zurück in Krabbelposition, zieht sich an einem Tisch hoch, klaut Bier. Reden kann er einstweilen nicht mehr. Unser Fazit: Zeit ihn zu retten. Wir reden auf ihn ein. Jonas will bleiben. Wir ziehen ihn hoch. Jonas will bleiben. Nach viel gutem Zureden und dem Versprechen, wir würden bei einigen hübschen Mädchen noch etwas Afterparty machen, lässt er von seinem Ziel ab und rafft sich auf. Wortlos. Er riecht etwas eigen und war ab und an auf der Toilette, ich will nicht wissen, warum. Endlich draußen angekommen schleifen wir ihn an der Stadtgalerie vorbei zum Taxistand, doch irgendwann geht Jonas ein Lichtlein auf, er sieht die Afterparty gefährdet und reißt sich los. Einen schnellen Galopp anschlagend will er zurück in den Club, doch seine Beine machen das nicht mit. Mit starkem Rechtsdrall, schreiend und mit den Händchen wedelnd zieht er seine Bahn Richtung Stadtgalerie, ich ahne Böses, will ihn aufhalten. Doch zu spät, Jonas entwickelt ungeahnte Kräfte: Zack, hat er sich seinen Kopf im schnellen Lauf an der Türklinke

des Shopping-Centers gestoßen. Wie ein gefälltes Bäumchen kippt er nach hinten, wir erreichen ihn Sekundenbruchteile später. Seinen eigenen Namen weiß er nicht mehr, aber sein Sprachvermögen kehrt zurück, überlaut insistiert er: Wir müssen ihn kneifen, damit er nicht stirbt, er hat Angst, das Bewusstsein zu verlieren. Ich bin überrascht, dass man von einer kleinen Platzwunde sterben kann, beruhige ihn aber mit sachten Ohrfeigen und gelegentlichem Zwicken. Wir rufen einen Krankenwagen, kneifen Jonas dabei ständig, das zeigt ihm, dass er noch am Leben ist. Schnitt. Jonas ist im Krankenhaus, schläft wie ein Baby, ein Tag ist vergangen. Nun hat er statt dem hellgrünen Stirnband einen neckischen Verband um die Stirn geschlungen, der strenge Mittelscheitel ist der lässigen Variante „Krankenhaus-Chic“ gewichen. Die Diagnose: Leichte Gehirnerschütterung und eine kleine Platzwunde. Wir sind erleichtert, Jonas ist nicht gestorben, wir haben unsere Aufsichtspflicht nicht verletzt und alle sind glücklich – auch Jonas: Der hat im weißen Krankenhausnachtkästchen nämlich eine kleine Flasche Wodka versteckt, seine beste Medizin, wie er sagt. Wenn’s läuft, dann läufts eben. ● ●

Illustrationen: Hans Binder Knott

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U7

Die studentischen Partyveranstalter von U7 sind bekannt für ihre exzessiven Outdoor-Raves. Wir haben die Jungs getroffen, und mit ihnen ganz ungezwungen geplaudert. U7 weist darauf hin, dass ihre Antworten nicht immer völlig ernst gemeint sind (vermutlich wollen die Jungs im Nachhinein nicht zu großspurig wirken). Außerdem sollen wir klarstellen, dass sämtliche Geschichten über bestochene Anwohner, falsche Telefonnummern und erfundene Genehmigungen der Gerüchteküche entstammen. In eigener Sache möchten wir natürlich darauf hinweisen, dass das Interview ausschließlich die Meinung von U7 wiedergibt. STARE-Magazine: Woher kommt denn die Idee für die U7-Parties? U7: Eine wenig beeindruckende Eröffnungsfrage. Soso. Ihr kommt ja alle nicht aus Passau. Geht hier in der Gegend so wenig, dass man selber aktiv werden muss? Offensichtlich. Die Szene hat genug davon, jedes Wochenende in dieselben Clubs zu rennen und schlechte Musik zu hören. Es passiert quantitativ tatsächlich eine Menge – aber die Qualität vieler Parties ist bestenfalls fraglich.

Photografien: MPhotography Alexander Eckmeier Martin Brunnbauer Interview/Text: Thomas Heinrich

Also verfolgt ihr ein Ziel mit euren Parties? (Lachen) Verzweifelte Polizisten, schockierte Anwohner, zufriedenes Feiervolk.

Der Status Quo jedenfalls ist kein erstrebenswerter Zustand. Flavour Alter, Flavour! Ist es also an euch etwas zu ändern? Glaubt ihr dass ihr die Partyszene in Passau verändert, oder bleibt immer alles beim Alten? Ob und wie wir die Partyszene verändern, sollen andere beurteilen. Uns ist das scheißegal. Wir haben Spaß an dem, was wir tun und unsere Gäste haben endlich wieder einen Grund, die Bücher zur Seite zu legen, die Playstation auszuschalten und mal wieder durch den Tisch zu treten. Scheiß auf alles andere, Alter. Aber wir geben uns keiner Illusion hin: Die Partyszene in Passau wird auf lange Sicht dieselbe bleiben, wenn sich die Partybesucher mit einem so niedrigen Standard zufrieden geben.

Das klingt als würde euch Passau mit seinen nicht vorhandenen Veranstaltungsräumen nerven? Es nervt. Manchmal mehr, manchmal weniger stark. Manchmal auch gar nicht. Aber die Möglichkeiten sind begrenzt. Die Sperrstunde tut ihr Übriges. Sollten die Clubs sukzessive weitere Auflagen bekommen, und sollte die Sperrstunde tatsächlich vorgezogen werden, kann man die Stadt gleich im Inn versenken. Wir fordern ein Ende dieses Unsinns. Zu den Waffen, nach uns die Sintflut! (Lachen) Oft wird ja über das schlechte Verhältnis zwischen Studenten und Einheimischen geredet. Stört euch das? Allein die Frage nervt schon... Nicht nur euch nervt die. Das Verhältnis zwischen Studenten und „Locals“ kann man sicher verbessern. Eine Durchmischung hat bisher kaum stattgefunden. Unter den Studenten gibt es, ebenso wie unter den „Locals“,

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einerseits coole Leute, aber auch Vollidioten. Erstere sind unsere Zielgruppe und auf jeder Party willkommen, letztere können zu Hause bleiben. Uns ist es egal, ob du Student oder local hero bist. Wir tragen unseren Teil zur Verständigung bei, indem wir beide Gruppen zusammen auf ein Event führen und sie zu cooler Musik an schönen Plätzen feiern lassen. Und eines fällt – verglichen mit Abenden in Passaus Clubs – auf: Auf keiner unserer Parties gab es jemals körperliche Auseinandersetzungen. Hört U7 auf, wenn ihr mit eurem Studium fertig seid? NIEMALS! U7 hört nicht auf. Der Geist ist aus der Flasche, die Entwicklung ist nicht mehr zu stoppen. Und selbst wenn wir aufhören, werden andere in unsere Fußstapfen treten. Egal, was ihr macht, es werden von nun an immer Leute versuchen, unseren Platz einzunehmen. Macht uns nach, ihr Knalltüten! (Lachen) Von nun an muss jeder, der auch nur einen Quadratmeter Wiesengrund besitzt, damit rechnen, eines Abends eine feierwütige Meute auf seinem Anwesen vorzufinden... Quatsch. Wir schauen mal. Im Winter feiert es sich nicht so gut draußen, und der nächste Sommer ist noch weit weg. Leider. Leider. Wie plant ihr denn eine U7 Party? Eher intuitiv oder geht ihr richtig geordnet vor? Wir fangen etwa vier Wochen vor der Party an. Wir fahren durch die Gegend, halten Ausschau nach einer geeigneten Location, und trinken dabei eine Menge Bier. Wir überlegen uns, was wir vom letzten Mal gelernt haben und was wir verbessern müssen. Wir nehmen uns zum Beispiel jedes mal vor, dieses Mal früher für die Logistik

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und die technische Ausrüstung zu besorgen, früher mit dem Aufbau anzufangen und allgemein alles ein wenig früher zu machen, um weniger Stress zu haben. Eine Woche vor der Party stellen wir bei Facebook das Event online. Wir freuen uns über die sekündlich wachsende Anzahl von Zusagen und warten ab, bis wir irgendwann feststellen, dass die Zahl bereits die 1000 überschritten hat. Am Abend vor der Party bricht dann erstmal Panik aus, weil niemand etwas vorbereitet hat. Wir stehen also am Tag des Outdoor-Raves um 4 Uhr morgens auf, erledigen alles und beginnen unsere Party durchgeschwitzt, gestresst und mit wenigstens einer Stunde Verspätung. Das Chaos macht aber auch irgendwie den Charme aus. Wie ist denn euer Verhältnis zur Polizei? Die kommt ja öfter mal spontan zu Besuch? Das leidige Thema. Die machen ja auch nur ihren Job. Würden sie keine Uniformen tragen, wären sie auf unseren Parties herzlich willkommen. Anderseits: Wer will schon nackte, schlecht gelaunte Berufsalkoholiker auf seiner Party. Im Ernst: Wir danken der Polizei für ihr unbarmherziges Auftreten. Unsere Gesellschaft muss handlungsfähig und produktiv bleiben. Wie soll das gewahrt werden, wenn sich die Jugendlichen unter freiem Himmel ihrem Hang zum Vergnügen hingeben? Wir sind eine Jugend ohne Gott. Ohne ein Höchstmaß an Repression und Autorität steht von uns doch keiner mehr am nächsten Morgen auf, um einer geregelten Arbeit nachzugehen. Bisher waren die Partysprenger aber eigentlich immer ganz nett zu uns. Aber ihnen ist ja, wie uns auch, daran gelegen, keinen unnötigen Ärger zu machen („Mir schon!“ wirft jemand ein). Müssten sie nicht ihren Job machen, könnten wir mit

Sicherheit gute Freunde werden. Herzliche Grüße an die Polizeidirektionen Passau und Schardenberg. Auf hoffentlich weiterhin so konstruktive und friedvolle Zusammenarbeit. Prost! Sonst noch was? Wir danken allen Helfern, Freunden, Weekend Heroes, Besuchern, toleranten Anwohnern und dem STARE-Mag. Auf die öffentliche Nennung von Namen würden wir aufgrund der Natur unserer Parties an dieser Stelle gern verzichten und hoffen darauf, dass sich die richtigen Menschen angesprochen fühlen. Ihr seid spitze! Danke, ohne euch sind U7 Outdoor Raves nicht denkbar. Außerdem weisen wir explizit darauf hin, dass die bayerische Sperrstunde und insbesondere die Öffnungszeiten der Passauer Clubs lächerlich, provinziell und rückständig sind. Das ist eigentlich das Einzige was wir einer breiteren Passauer Öffentlichkeit zu sagen haben. Und: „We don’t always respect the law, but we always respect nature“ – wir hinterlassen unsere Partylocations immer sauberer, als wir sie vorfanden. Wir denken, das ist ein korrekter Deal. Wir sehen uns demnächst. Irgendwo draußen. Fühlt euch umarmt. Ihr seid ja nett. Vielen Dank für das unterhaltsame Interview. Cheers!


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Von zyklopischen Ausma en lorian Biermeier ist Zeichner, Illustrator, Musiker und allgemein ein kreativer Kopf aus der Gegend. Mittlerweile studiert er an der Kunsthochschule Kassel und beschäftigt sich dort mit Illustration und - was uns vor allem interessiert hat - Comics. Also haben wir mit ihm ein Treffen vereinbart.

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STARE-Magazine: Eine knapp gehaltene Frage - was machst du? FLORIAN BIERMEIER: Momentan fahre ich herum und besuche Freunde, mache Musik, Auftritte mit der Band und so weiter. Im kommenden Semester fängt mein richtiges Studium an - visuelle Kommunikation, Illustration mit Schwerpunkt auf Comics. Davor hatte ich zwei Semester lang Kunstwissenschaften und Philosophie. Das klingt eher nach Lernen als nach Machen. War auch so. Ich habe ziemlich schnell gemerkt, dass ich mich nicht auf diese Art und Weise mit Sachen auseinandersetzen will. War einfach nicht mein Fall. Du willst dich also mit Comics als Schwerpunkt befassen; das macht nicht jeder. Wie bist du dazu gekommen? Das hat sich so ergeben. Ich habe schon immer gezeichnet, sehr oft eben Comics. Zum Beispiel in der Schule, statt aufzupassen. Apropos Schule. Ich bin also auf die Gestaltungs FOS in Straubing gegangen, wobei ich damals noch nicht wirklich wusste, was auf mich zukommt. Naja, und dann war man halt drinnen in dieser Künstlersache - aber da ich mir nie eingebildet habe, Kunst machen zu wollen, erschien mir ein Kunststudium danach irgendwie unpassend. Visuelle Kommunikation ist da vielleicht weniger verbissen.

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Ansonsten erzähle ich, wie jeder Comic-Zeichner wahrscheinlich, einfach gerne Geschichten. Irgendetwas, das, irgendwie und sei es noch so simpel, wenigstens echt und ehrlich ist. Oder witzig. Bei einigen deiner Comics - oder Geschichten - fällt auf: Am Anfang weiß man nicht was los ist. Am Ende hat man dann ungefähr eine Ahnung davon, was gerade passiert ist, aber besonders sicher ist man sich trotzdem nicht. Sie wirken recht deep, sozusagen. Ich habe erst kürzlich angefangen, Comics zu machen, die nicht einfach nur lustig oder bescheuert sein sollen und sich um eine billige Pointe oder soetwas drehen. Viele davon waren für meine Bewerbungsmappe. Bei dem dreiseitigen „Untitled“ zum Beispiel fing das ganze mit ein paar bildhaften Ideen in meinem Kopf an - speziell die ersten drei Schritte in den ersten Panels. Der Rest kam dann nach und nach, oft während des Zeichnens. Recht intuitiv. Aber eine Sinnfrage habe ich mir dabei eigentlich nicht gestellt, eher war ich irgendwann an einem Punkt, wo ich es zu einem Ende bringen wollte, das wenigstens ordentlich interpretierbar war und nicht zu platt wirkte. Und hast du ihn selber interpretiert? Ja, mittlerweile hat der Comic Sinn für mich. Da kommt man als Macher gar nicht herum. Den fand er aber auch erst im Nachhinein. Dass ich zu der Zeit gerade Philosophie studiert habe, spielt wahrscheinlich auch eine große Rolle. Eingeflossen ist das aber eher unterbewusst. Hast du - vor allem im Bereich der ComicZeichner - bestimmte Vorbilder? Kein Plan. An große Comic Artists halte ich mich nicht, in die gesamte Materie muss ich mich eigentlich auch erst weiter einarbeiten. Moebius ist

natürlich awesome, aber keine direkte Referenz. Oder Daniel Clowes. Von dem habe ich das meiste gelesen und fand‘s sofort sehr ansprechend. An der Oberfläche lebensnahe Geschichten mit surrealem Einschlag. Fast wie ein Film von Cronenberg oder Lynch als Comic. Du hast vorhin das Thema Kunst angeschnitten und, dass du in dieser Künstlersache warst. Betrachtest du dich selbst als Künstler? Ich bin ein Künstler von zyklopischen Ausmaßen. Ich schwimme nicht mit dem Strom oder dagegen, ich steige einfach aus dem Fluss und wer anderen eine Grube gräbt, der fängt auch den Wurm. Absolut! Wie sieht‘s mit deiner Zukunft aus? Hast du Pläne und Projekte, die auf dich warten? Erst einmal mit dem Studium anfangen - und sehen was auf mich zukommt. Aber da werden sich natürlich so einige Sachen ergeben, denk‘ ich mal. Ansonsten arbeite ich mit drei weiteren Comic-Zeichnern an einer Webseite auf der wir unsere Comics veröffentlichen, die in den nächsten paar Wochen online geht. Heißt ´Touch Of The Manatee´ wenn ich mal so unverschämt Werbung machen darf. Darfst du! Danke für das Gespräch.

Interview/Text: Hans Binder Knott


´Untitled´

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Bildbände | Kunstbücher | Kalender | Industriekataloge | Zeitschriften

„DIE KUNDEN, DEREN ERWARTUNGEN WIR ÜBERTREFFEN, KOMMEN WIEDER.“ Wir sind stolz, mit vielen unserer Referenzkunden bereits über Jahre hinweg erfolgreich zusammenzuarbeiten. Für namhafte Museen im In- und Ausland, bedeutende Buch- und Kalenderverlage und führende Industriekunden, die uns immer wieder ihr Vertrauen schenken, werden wir nie aufhören, besser zu werden. PASSAVIA DRUCKSERVICE GMBH & CO. KG Medienstrasse 5b | D-94036 Passau | T +49 851 966 180 - 0 | F +49 851 966 180 - 680 info@passavia.de | www.passavia.de 48

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D R U C K S E R V I C E


´ReTorte´

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ichernd zeigen die zwei Mädchen auf ihren Bruder, der sich hochkonzentriert die Augen bepinselt. Ein kurzer Blick, aber beirren lässt er sich davon nicht. Im roten Haus in Passau leben mehr als fünfzehn Kinder. Sie alle lieben schöne Kleider, Schmuck und Bollywood - und vor allem, sich zu schminken. Fröhliche Kinderschar für die einen, sozialer Störfaktor für die anderen. Für die Unparteiischen bleiben viele Fragezeichen. Und die Kinder? Sie genießen Momente wie diese, voller unbeschwerter Freude. ●

Text/Photografien: Franziska Gruber

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Dass wir mit Dir interagieren wollen, ist kein Geheimnis. Aber jetzt geben wir Dir auch die Möglichkeit, unverfälscht und authentisch bei uns mitzumischen! Rechts findest du die Open Page, sie ist Dein Platz! Wie wir das machen? Ganz einfach, schick uns doch Deinen Vorschlag für die Open Page an redaktion@stare-mag.de. Was du machen sollst? Ist uns egal. Reiß die Seite raus, kritzel

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was, mal was, schreib was drauf. Oder gestalte im Grafikprogramm Deine eigene Seite, die Abmessungen sind 216 x 276 mm. Alles ist erlaubt, was Dir gefällt. Unter den Besten losen wir eine aus, die dann im nächsten Magazin unverfälscht abgedruckt wird. Wir freuen uns auf Deine Vorschläge, und sind gespannt, was unseren kreativen Lesern alles einfällt. ●


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Kalaschnikows und Freiheitsk채mpfer Die Neugier auf fremde Kulturen und das Verlangen, Menschen und ihre Geschichten kennen zu lernen, treiben den Passauer Philipp Breu an. Jetzt sogar bis in das von Krieg gegen den Diktator Muammar al-Gaddafi verw체stete Libyen. Der ausgebildete B체rokaufmann und freiberufliche Fotojournalist, der in Wien Geschichte und Orientalistik studiert, erz채hlt dem STARE-Magazine seine Geschichte aus einem Land, in dem die deutsche Wohlstandsgesellschaft weit entfernt ist.

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Im August bin ich für private Recherchen und zur Produktion einer Fotoreportage nach Kairo gereist. Nach etwa zehn Tagen in Ägypten ergab sich spontan die Möglichkeit, nach Libyen einzureisen. Mit einem deutschen Redakteur einer Berliner Nahost-Zeitschrift habe ich mich dann auf den Weg nach Libyen gemacht. Nach insgesamt 24 Stunden Fahrt und etwa 1200 Kilometern Strecke kamen wir ohne nennenswerten Schlaf in Benghazi an. Obwohl der Einmarsch der Rebellen in die Hauptstadt Tripolis in dieser Nacht bereits zwei Tage zurück lag, feierten die Menschen immer noch auf der Straße und gaben Freudenschüsse ab. In diesen Stunden wurde mir bewusst, dass ich den für Fotos vielleicht fruchtbarsten Boden meines bisherigen Lebens betreten hatte. In den 42 Jahren unter Gaddafi gab es in Libyen praktisch keine Touristen, und die Libyer wussten, dass jeder Ausländer in der Stadt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Journalist war. Sie kamen scharenweise und überglücklich auf uns zu, dankten uns dafür, dass wir zu ihnen gekommen sind, wollten Fotos mit uns machen, zeigten uns euphorisch ihre Handfeuerwaffen und wohl jeder Zweite wollte uns auf ein Getränk oder etwas zu Essen einladen. Es herrschte eine unglaubliche Stimmung. Bereits in dieser Nacht prüften wir die Möglichkeiten, entweder nach Tripolis oder an die westliche Front vor Sirte zu kommen. Nach zwei Tagen fanden wir eine Möglichkeit, mit einem Trupp Rebellen quasi als eingebettete Journalisten Richtung Front weit hinter Ras Lanuf zu fahren. Die Rebellen nahmen uns in einem ihrer PickUps mit. Wir passierten Ajdabiya und die Ölstädte Brega und Ras Lanuf bei Nacht, dazwischen sahen wir brennende Öl-Pipelines in der libyschen Wüste, die die Dunkelheit erhellten. Knapp hinter Ras Lanuf hatten die Rebellen ihr Lager in einer verlassenen Arbeitersiedlung russischer Eisenbahningenieure aufgeschlagen. Wir gewannen das Vertrauen der Leute im Lager und waren sehr auf den nächsten Morgen gespannt. Tags darauf wurden bis zur Mittagszeit Waffen und Munition ausgegeben. Die Rebellen rüsteten sich auf, weil sie morgen in ein neues Lager nahe der Front fahren wollten. Zwei Angehörige der Gruppe wollten die Lage an der Front prüfen, und wir begleiteten sie dabei in ihrem Toyota Pick-Up. Sie zeigten uns eine ausgebombte Funkanlage und die völlig verlassene Hafenstadt Ras Lanuf mit ihren evakuierten Hotels. Nach ein paar Stunden waren wir in Ben Jawad, einer kleinen Stadt nahe der Front, die erst seit einem Tag in Rebellenhand war. Nachdem wir uns noch einen brennenden Ölteppich aus der Nähe ansahen, wurden wir an den vordersten Frontabschnitt gefahren. Die Rebellen warteten hier gerade auf Verstärkung, um weiter vorrücken zu können. Für den Augenblick

herrschte also Verschnaufpause. Die Stimmung dort war unbeschreiblich, wir hatten die CNN und BBC Journalisten in den kugelsicheren Westen und Schutzhelmen zu diesem Zeitpunkt bereits weit hinter uns gelassen. Die Rebellen wollten alle für Fotos posieren und waren wahnsinnig neugierig, woher wir kamen. Auf dem Rückweg fuhren wir noch durch Ben Jawad, die Rebellen waren noch auf der Suche nach Gaddafi-loyalen Truppen und durchsuchten Häuser. Wenn eines der verdächtigen Häuser sich bereits als verlassen

„Es war ein Abenteuer - es war Krieg“ erwies, wurde es entweder verwüstet oder geplündert, oft auch beides. Die Atmosphäre entsprach wohl am ehesten dem, was man sich unter Krieg vorstellt. Vollkommen verwaiste Straßen, außer bewaffneten Rebellen waren nahezu keine Zivilisten mehr zu finden. Im Sekundentakt waren in der Ferne Schüsse zu hören. Immer wenn die Tür zu einem verdächtigen Haus eingetreten wurde, war die Stimmung äußerst angespannt, überall wurde ein Hinterhalt eines Gaddafiloyalen Einwohners vermutet. Die Plünderungen und der Hass gegenüber allem und jedem, der mit dem alten Regime in Kontakt gebracht werden konnte, widerten uns an. Aber was erwartet man von einem Land, in dem Krieg herrscht? Wir lehnten das Angebot jedenfalls ab, die morgige Truppenverlegung zu begleiten, und fuhren noch in der gleichen Nacht wieder nach Hause. Es war ein Abenteuer – es war Krieg. ●

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„Wir hatten die CNN und BBC Journalisten in den kugelsicheren Westen und Schutzhelmen zu diesem Zeitpunkt bereits weit hinter uns gelassen.“

Text, Photografien: Philipp Breu

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„Ist das jetzt so `ne Kunstsache?“ PolyGone ist der Name eines Konzepts - sozusagen ein Statement, aber nicht zuletzt auch noch ganz schick anzusehen. PolyGone ist ein räumliches Gestaltungsmittel, um das Aussehen einer Stadt zu beeinflussen. Wer ein offenes Auge hat, wird das eine oder andere unserer weißen Polygone im Stadtbild wiederfinden. An belebten und versteckten Orten, an modernen und in die Jahre gekommenen. PolyGone verwundert den Betrachter und erzählt seine Geschichte: Überall kann Neues und Ungewöhnliches auftauchen. Das ganze findet sich auch im Redaktionsraum der neuen STARE-Kreativagentur wieder. Wenn man den noch nicht kennt, sollte man durchaus vorbeischauen und einen Blick reinwerfen - und auch reinkommen, wenn man mag.* So ein Polygon, denkt man mal in der Mentalität eines Freigeistes der 60er Jahre darüber nach, ist eigentlich eine ziemlich abgefahrene Sache. Ein virtuelles Objekt - eine Idee und eigentlich nichts weiter als Mathematik - wird Realität und ergreift seinen Platz in unserem plastischen Raum. Es ist neuartig und, so könnte man sagen, ein Inbegriff für Gestaltung, Schaffung, Design. PolyGone ist Kontrast, ein Konzept mit Absicht. Moderne Gebilde in einer historischen Stadt und ein Kommentar frisch denkender Menschen - ein Sinnbild für die Absicht von STARE also. Es steckt - ähnlich so ‚ner Kunstsache - mehr dahinter. More than meets the eye, wie der Engländer sagt. Und wo wir schon so weit sind, können wir doch auch etwas artsy werden und das ganze künstlerisch-interpretativ betrachten. Onto it! Auf dem Magazincover blickt uns der große Kreis entgegen. Er bietet uns eine stete Form, ruhig und vertraut, gleich der charmanten Unaufgeregtheit einer Kleinstadt. Er ist übersichtlich, bietet einem aber genug Raum, um - sozusagen - sein eigenes Ding durchzuziehen. Ein Ruhepol quasi. Dem zum Kontrast steht das Polygon. Ihm geht keine feste Definition und keine Regel voraus, es zwingt sich in keine bestimmte Form und es folgt seinem eigenen Trieb. Es gleicht dem wilden Tun und dem verspielten Interesse eines ausgeprägten Individuums, etwas das oft mit dem großstädtischen Leben verbunden wird. Beides findet bei uns seinen Platz, denn Absicht ist nicht zu unterscheiden, zu entzweien - oder in Schubladen zu denken - sondern Kontraste zu vereinen, um ein interessantes Fazit zu erzeugen. Dem grundlegenden STARE Konzept zugehörig, hinterfrägt es die Landflucht und den Ansturm junger Menschen auf die Großstädte, deren „Freshness“ und ihre große Angebotsvielfalt für... naja, so ziemlich alles. Man könnte auch sagen: Die Polygone und der Kreis verkörpern in ihrer Zusammenführung das regional-urbane Konzept. Ist es nicht frischer, statt entweder „regional“ oder „urban“ zu sein - einfach beides zu sein? Ist es nicht besser, diese beiden urmenschlichen Elemente zusammenzuführen, anstatt sich für eines zu entscheiden? In letzter Konsequenz betrachtet kann man also erdenken: Polygone und Kreis stehen für die Mentalität der STARE-Kreativagentur, für die Gedankenspiele, die am Ende vereinen, was vielen konträr erscheint: Die Beschaulichkeit der Regionalität und den urbanen Zeitgeist. ●

*(Ihr findet uns in der Pfaffengasse 3, am Eck zur Höllgasse in Passau Altstadt. )

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IMPRESSUM STARE-Magazine ist eine Produktion von STARE

STARE Art-Director, Herausgeber Martin Brunnbauer Chefredakteur Hans Binder Knott Geschäftsführer Thomas Heinrich

MITARBEIT Nicolay Fuckner (Redakteur) Fabian Hasibeder (Redakteur) Alan Höng (www.gears-of-art.de) Matthias Karlstetter (Redakteur) PRAKTIKANTEN Johannes Geier (Art, Redaktion) Roxana Teichert (Redaktion) FREIE MITARBEIT Tobias Lorenz, Rebecca Böhm, Isabella Göggel

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I never read i only look at pictures /andy warhol

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WE

DO THINGS

and yes, please read this

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