Management Consulting - ASCO-Studie 2019

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2019

MANAGEMENT CONSULTING

Die Macht der Daten in der Beratung Data-driven Consulting als SchlĂźssel zum Erfolg ASCO-Studie 2019 Quantitative Resultate, Fakten und Entwicklungen im Schweizer Beratungsmarkt ,


Grusswort

LIEBE LESERINNEN UND LESER

«Weil bei ihr Entwicklungen in der Wirtschaft früh sichtbar werden, wird die Branche der Unternehmensberatungen scharf beobachtet», lautet die Aussage eines Teilnehmers der diesjährigen Marktstudie. Wenn das so ist, welche Einblicke in die Wirtschaft erlauben demnach die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung?

Liesse sich dieser Entwicklung am besten mit einer holistischen Organisationsform begegnen? Sie setzt ein Kollektiv starker Persönlichkeiten ohne fixe, statische Rollen voraus. Die damit einhergehende Befreiung von starren Karrierewegen käme der jetzigen Generation von Hochschulabsolventen fraglos entgegen.

Trotz etwas getrübter Konjunkturaussichten und einer gewissen allgemeinen Verunsicherung in der Wirtschaft ist die Relevanz der Unternehmensberatung ungebrochen – entsprechend gut geht es der Branche. Dies zeigt sich am Umstand, dass ihr Marktvolumen im Jahr 2018 erneut stärker stieg als das Bruttoinlandprodukt der Schweiz. Folglich blicken die befragten CEOs der Beratungshäuser optimistisch in die Zukunft. Drei aktuelle Entwicklungen lassen sich ausmachen. Erstens: Die Kunden unterscheiden heute weniger zwischen klassischer Strategieberatung und Begleitung der operativen Umsetzung. Sie suchen von vornherein eine ganzheitliche Beratung. Zweitens: Die digitale Transformation erfordert Expertenwissen in der Umsetzung. Die Frage ist nicht mehr, wo die Reise hingehen könnte, sondern wie das Ziel erreicht wird. Kosteneffizienz wird dabei wieder relevanter und lässt sich oft durch interne Organisationsentwicklung herbeiführen. Berater mit grosser Erfahrung sind besonders gefragt, anschauliche Umsetzungserfolge ebenso. Drittens: Die Digitalisierung fordert nicht nur die Industrie, sondern auch die Beratungsunternehmen selbst. Partnerschaftliche Zusammenarbeit unter spezialisierten Beratern etabliert sich.

«Die Förderung von Frauen ist zunehmend relevant: Erstens geht es darum, den Talent-Pool auszuschöpfen, und zweitens wollen die Klienten Diversität, weil gemischte Teams erfolgreicher sind.»

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Marktstudie Management Consulting Schweiz 2019

Genau hier liegt auch die grösste Herausforderung der Branche: in der Ausbildung und Rekrutierung des Nachwuchses. Ganz besonders fehlen Frauen in der Beratung. Die im Rahmen der vorliegenden Studie befragten CEOs nannten die Erhöhung des Frauenanteils als eine der dringlichsten Aufgaben. Um dem Nachwuchsmangel entgegenzutreten, lanciert die ASCO zusammen mit der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) den neuen Studiengang «CAS Professional Management Consulting ASCO/HWZ». Mehr darüber erfahren Sie im Gastbeitrag von Marc Pfyffer. Ich wünsche eine anregende Lektüre! Jürg Hodel Co-Geschäftsführer Staufen.Inova AG Vorstandsvorsitzender ASCO


Editorial

DIE UNTERNEHMENSBERATUNG WANDELT SICH VON PUNKTUELLER UNTERSTÜTZUNG HIN ZU PARTNERSCHAFTLICHER ZUSAMMENARBEIT

Der Schweizer Beratungsmarkt ist im Jahr 2018 prozentual erneut stärker gewachsen als das Bruttoinlandprodukt der Schweiz. Das Marktvolumen, also die Summe aller Honorarumsätze, stieg um 4,9% auf CHF 2150 Mio. (2017: CHF 2050 Mio.). Das ist zwar weniger, als die CEOs prognostiziert hatten (sie waren von 6,7% ausgegangen), und auch weniger als in den letzten Jahren. Dennoch scheint die Bedeutung der Unternehmensberatung ungebrochen. Auch für 2019 rechnen die Firmen mit einem robusten Wachstum von 6,1%, obschon sich die Konjunkturaussichten mittlerweile etwas eingetrübt haben. Die Zuversicht der CEOs gründet auf eine Reihe von Entwicklungen. In den Interviews kam wiederholt zum Ausdruck, dass Strategieberatung und OperationsManagement-Beratung immer mehr ineinander übergehen: Die Kunden suchen eine ganzheitliche Beratung, was für die Beratungsfirmen wiederum bedeutet, dass sie ihre Kunden statt in punktuellen Projekten tendenziell längerfristig begleiten. Auch soll der Unternehmensberater heute nicht einfach aufzeigen, wie ein Problem gelöst werden kann, sondern er soll den Kunden befähigen, Probleme künftig selber zu lösen. Der Unternehmensberater als Sparringpartner Daraus entstehen vermehrt kollaborative Formen der Zusammenarbeit mit einem kontinuierlichen und intensiven Austausch. Die Arbeit des Unternehmensberaters endet nicht mit der Übergabe eines Konzepts, vielmehr bleibt er dem Kunden als Sparringpartner erhalten, um gemeinsam mit ihm Ideen und Innovationen zu entwickeln. Die Firmen brauchen diesen Austausch schon allein deshalb, weil die Dynamik und die Veränderungsgeschwindigkeit in der Wirtschaftswelt stetig weiter zunehmen. Die meisten Unternehmen haben ihre Strukturen noch nicht weit genug angepasst, um Trends frühzeitig zu antizipieren und agil und schnell genug auf Veränderungen zu reagieren. Im Kontext der digitalen Transformation fällt auf, dass die Kunden heute weniger übergeordnete Leitlinien brauchen, sondern verstärkt Expertenwissen in der konkreten technologischen Umsetzung suchen. Neben klassischen marktorientierten Themen haben zudem Fragen der Kostensenkung und Effizienzsteigerung wieder an Bedeutung gewonnen. Herausforderungen für die Branche Diese Entwicklungen fordern die Beratungsbranche heraus: Auf der einen Seite erwartet der Kunde eine ganzheitliche Unterstützung, auf der anderen Seite sind Spezialisten, insbesondere IT-Experten, unver-

zichtbar. Den Beratungsfirmen stellt sich insbesondere die Frage, wie sie die nötigen Kompetenzen in der technologischen Umsetzung abdecken können – von Applikationstechnologie über Business Modeling bis hin zu Blockchain. Bei grösseren Firmen zeigt sich ein Trend, digital orientierte Boutiquen zu akquirieren und damit Expertenwissen einzukaufen. Mittlere und kleinere Beratungsunternehmen verlassen sich eher auf Netzwerke und treten gemeinsam mit einem Partner beim Kunden auf. Diese Entwicklung dürfte sich künftig noch akzentuieren. Zusätzlich müssen die Beraterfirmen Zeit und Ressourcen investieren, um im Sinne von Trend Scouting die Entwicklung der Industrien und der Technologien zu beobachten und sich abzeichnende Veränderungen für den Kunden verfügbar zu machen. Baustelle Rekrutierung Dass die Kunden immer weniger reine konzeptionelle Beratung suchen, sondern bei der Implementierung und auch bei der Überprüfung der Wirksamkeit der Massnahmen unterstützt werden wollen, hat auch Auswirkungen auf die Rekrutierung. Junge Hochschulabgänger ohne Beratungs- oder Berufserfahrung werden heute von den Kunden weniger akzeptiert als noch vor einigen Jahren. Die Klienten erwarten kompetente und erfahrene Persönlichkeiten, die im Projekt auch Führungsaufgaben übernehmen können. Die Studie bringt diese Entwicklung deutlich zum Ausdruck. Zum einen wollen die befragten Beratungsunternehmen im Jahr 2019 nur noch 39% der Stellen mit Hochschulabsolventen besetzen, im Vergleich zu 48% im Vorjahr. Zum anderen hat sich der Mangel an geeigneten Kandidaten weiter verschärft: Nur 13 der 40 befragten Firmen gaben an, Neueinstellungen im Jahr 2018 wie geplant realisiert zu haben. Ein wichtiger Aspekt der Rekrutierung ist und bleibt die Frauenförderung. Der Anteil der Beraterinnen ist 2018 nur marginal von 22 auf 23% gestiegen. Eine ganze Reihe von CEOs gaben an, dass erfahrene Beraterinnen nur sehr schwer zu finden seien. Praktisch alle würden jedoch gern mehr Beraterinnen einstellen – einerseits, weil es sich mittlerweile herumgesprochen hat, dass gemischte Teams effizienter arbeiten, und andererseits, weil immer mehr Kunden unter dem Stichwort Diversity solche Teams verlangen. Jürg Hodel Co-Geschäftsführer Staufen.Inova AG Vorstandsvorsitzender ASCO

Marktstudie Management Consulting Schweiz 2019

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Marktstudie Management Consulting Schweiz 2019

Marktstudie Management Consulting Schweiz 2019

Auf einen Blick Der Schweizer Unternehmensberatungsmarkt ist 2018 erneut stärker gewachsen als das Gesamtvolumen der Schweizer Wirtschaft. Trotz etwas getrübter Konjunkturaussichten gehen die CEOs der grössten Beratungsfirmen auch für die kommenden Jahre von einem robusten Wachstum aus. Allerdings fällt der Fachkräftemangel auch in der Beratungsbranche zunehmend ins Gewicht.

Fakten zur Unternehmensberatungsbranche Schweiz 2018 Merkmale

2002

2012

2017

2018

Veränderung 2002–2018

Veränderung 2017–2018

Marktvolumen Schweiz (Honorarumsatz in Mio. CHF)

1000

1400

2050

2150

+115%

+ 4,9%

Anzahl Unternehmensberater Schweiz

3000

3830

6180

6550

+118%

+6,0%

Anzahl* Unternehmensberatungsfirmen Schweiz

585

580

620

630

Honorarumsatz der ASCO-Berater total (in Mio. CHF)

360

660

1080

1230

+242%

+13,9%

1150

2170

3670

4200

+265%

+14,4%

38

57

59

64

Von der ASCO vertretene Unternehmensberater «Marktanteil» der ASCO: ASCO-UB / alle UB (in %)

Quelle: André C. Wohlgemuth: unabhängige Marktstudien 2002–2019 (nur Honorarumsatz im Bereich «klassisches» Management Consulting, der dem Standort Schweiz zurechenbar ist). * Diese Zahl kann nur sehr grob geschätzt bzw. plausibilisiert werden.

Der Beratungsmarkt Die Summe aller Honorarumsätze im Schweizer Management Consulting betrug im Jahr 2018 rund 2150 Mio. CHF (2017: 2050 Mio. CHF). Das Marktvolumen stieg damit gegenüber dem Vorjahr um 4,9%, was nicht ganz der durchschnittlichen Erwartung der Beratungsfirmen von 6,7% entspricht. Die einzelnen Unternehmen haben sich unterschiedlich entwickelt: Von den 40 grössten Beratungsfirmen verzeichneten 26 ein Wachstum (2017: 29), 3 erzielten den gleichen Umsatz wie im Vorjahr (2017: 5), und 11 Firmen nahmen einen Umsatzrückgang hin (2017: 6). Die Bandbreite reicht von plus 30% bis minus 25%.

Dienstleistungsspektrum Das «klassische» Management Consulting wird typischerweise in die Bereiche Strategieberatung und Beratung in Fragen des operativen Managements geteilt. Während die Strategieberatung darauf abzielt, ein Unternehmen als Ganzes langfristig zu stärken und zu entwickeln, liegt die Operations-ManagementBeratung näher beim Tagesgeschäft und umfasst insbesondere die Optimierung der Unternehmensprozesse. Die Abgrenzung ist nicht ganz einfach und beruht auf der Einschätzung der Interviewpartner. Hinzu kommt, dass die Grenzen der beiden Bereiche zunehmend verwischen.

Für 2019 rechnen die 40 grössten Beratungsfirmen mit einem Wachstum von 6,1% (2018: 6,7%). Ihr eigenes Wachstum hingegen schätzen sie mit 9,9% noch etwas höher ein als im Jahr zuvor (9,7%). Für die nächsten fünf Jahre (2019–2024) gehen sie im Durchschnitt von einem jährlichen Wachstum von 5,5% aus (2018–2023: 5,2%).

Obschon die CEOs in den Interviews die Beratung in Fragen des operativen Managements eher im Vormarsch sehen, wuchs der Anteil der strategischen Beratung leicht auf 30%: • Strategy Consulting: 30% (2017: 29%) • Operations Management: 70% (2017: 71%) Das Verhältnis von strategischer Beratung und Operations-Management-Beratung variiert je nach Unternehmenspolitik stark: Strategy Consulting macht 10 bis 80% aus, Operations Management 20 bis 90%.

«Die Kunden wollen tieferes Wissen, seniore Expertise ist sehr gefragt.»

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Marktstudie Management Consulting Schweiz 2019


Marktstudie Management Consulting Schweiz 2019 Marktvolumen nach Bereich (in Mio. CHF) 2050

595 (29%)

2150

645 (30%)

Strategieberatung

Marktteilnehmer und -anteile Die schweizerische Beratungslandschaft zeichnet sich durch eine hohe Diversität aus. Vom grossen Beratungshaus bis hin zum Einzelberater gibt es schätzungsweise 630 Anbieter. Dominierend sind die «Big 20», die 20 grössten Firmen, die in den letzten Jahren stark gewachsen sind. Die grössten Beratungshäuser und ihr Umsatz:

1455 (71%)

2017 2017

1505 (70%)

Operations-ManagementBeratung

• •

«Big 20»: Ø 83,2 Mio. CHF (2017: 79,0 Mio. CHF); deutliches Wachstum Mittlere (21.–40.): Ø 11,9 Mio. CHF (2017: 10,6 Mio. CHF); starkes Wachstum

2018 2018

Quelle: André C. Wohlgemuth, unabhängige Marktstudie 2018/19.

• • •

Marktanteile in Zahlen «Big 20»: ca. 77% bzw. 1665 Mio. CHF (2017: 77% bzw. 1580 Mio. CHF) Mittlere Beratungsfirmen (21.–40.): 11% bzw. 239 Mio. CHF (2017: 10% bzw. 211 Mio. CHF) Kleinere und kleinste Beratungsfirmen inkl. Einzelberater (ca. 590): 12% bzw. 246 Mio. CHF (2017: 13% bzw. 259 Mio. CHF)

Nachdem im Jahr 2017 noch alle Grössenkategorien ein Wachstum verzeichnen konnten, haben 2018 die mittleren Beratungsunternehmen zulasten der kleineren Firmen Marktanteile hinzugewonnen. Deren Umsatz ging auch in absoluten Zahlen zurück, obschon die Anzahl der Firmen und Einzelberater weiter leicht wächst (von 580 im Jahr 2017 auf 590 im Jahr 2018). Die «Big Four», die grossen Wirtschaftsprüfer, vereinen im Unternehmensberatungsgeschäft unverändert einen Marktanteil von 23% auf sich.

«Die Kunden erwarten stärkeren operativen Support – nicht nur Strategieberatung bezüglich Digitalisierung, sondern auch Implementierungsunterstützung.»

Die grössten Beratungsunternehmen in der Schweiz 2018 Honorarumsatz 2018* (Mio. CHF)

Management-Consulting-Unternehmen 2018 (in alphabetischer Reihenfolge)

> 70

Accenture, Bain & Company, BCG (The Boston Consulting Group), Deloitte Consulting, Ernst & Young, KPMG Advisory, McKinsey & Company, PricewaterhouseCoopers (Strategy&)

ca. 15–70

A.T. Kearney, AlixPartners, APP Unternehmensberatung, AWK Group, BDO, BearingPoint, Capco, Capgemini Invent, Cognizant, Detecon, Helbling Business Advisors, Horvath & Partner, IBM Global Business Services, Infosys Consulting, Novo Business Consultants, Oliver Wyman, Q_PERIOR, Roland Berger, Simon-Kucher & Partners, Synpulse

ca. 5–15

Boydak Strategy Consulting, BSG Unternehmensberatung, CSP, DXC Technology, Erni Consulting, Fusion Consulting, hpo, Implement Consulting Group, Input Consulting, SAP Business Transformation Services, Skyadvisory, Staufen.Inova, Swisscom Consulting, Tata Consulting Services, ti&m, ZEB

* Nur Honorarumsatz im Bereich «klassisches» Management Consulting, der dem Standort Schweiz zurechenbar ist. Manche der hier genannten Unternehmen bieten noch andere Dienstleistungen an, womit ihr Gesamtumsatz deutlich höher ausfallen kann. Quelle: André C. Wohlgemuth, unabhängige Marktstudie 2018/19.

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Marktstudie Management Consulting Schweiz 2019 Anzahl und Veränderung der Unternehmens berater/-innen in der Schweiz Im Bereich der «klassischen» Managementberatung waren 2018 in der Schweiz insgesamt 6550 Unternehmensberater/-innen beschäftigt, was gegenüber dem Vorjahr (6180) einer Zunahme von 6,0% entspricht. Damit hat die Branche 2018 rund 370 Beraterstellen geschaffen. Das sind weniger als 2017 (420), deutlich weniger als noch 2016 (570) und auch weniger als geplant (530). Der durchschnittliche Frauenanteil ist mit 23% nur leicht gestiegen (2016 und 2017: 22%). Zwar ist die Tendenz über einen längeren Zeitraum klar steigend; noch 2006 lag der Anteil der Beraterinnen bei 17%. In den Interviews kam jedoch deutlich zum Ausdruck, dass manche CEOs mit dem Status quo nicht zufrieden sind und sich spezifisch um Beraterinnen bemühen. Als Hauptgründe für die Förderung von Frauen werden die Ausschöpfung des Talentpools und die Erwartungen betreffend Diversity auf Kundenseite genannt. Tendenziell ist der Anteil der Frauen in den grösseren Beratungsfirmen etwas höher: Bei den 10 grössten Unternehmen liegt er bei durchschnittlich 27% (2017: 25%). Es gibt allerdings auch einzelne mittlere und kleinere Firmen mit einem Frauenanteil von 30% oder mehr. Im Bereich Backoffice/Staff kamen im Jahr 2018 rund 690 Vollzeitstellen hinzu (2017: 650). Der Supportbereich ist damit zum ersten Mal seit langem in ähnlichem Umfang gewachsen wie die Zahl der Unternehmensberater. Die ASCO vertrat im Jahr 2018 rund 64% aller Unternehmensberater in der Schweiz, ein im europäischen Vergleich überdurchschnittlich hoher Anteil. Der deutliche Anstieg gegenüber dem Vorjahr (59%) entstand durch neue Mitgliedschaften bei den grossen Beratungsfirmen. Zurzeit sind 14 der 20 grössten Beratungshäuser Mitglied der ASCO. Neueinstellung von Beratern/-innen (inkl. Hochschulabsolventen) und Schaffung neuer Stellen 2019 Vor allem bei den grossen Beratungsfirmen wurde 2018 rege rekrutiert, um Abgänge zu ersetzen oder neu geschaffene Stellen zu besetzen. Die durchschnittliche Fluktuationsrate ging von 12,6% im Jahr 2017 auf 11,6% leicht zurück. Für 2019 planen die Beratungsunternehmen rund 1200 Neueinstellungen (2018: 1310). Rund 470 Stellen sollen mit Hochschulabsolventen besetzt werden (2018: 630). Damit ging die Nachfrage nach Hochschulabsolventen deutlich zurück: 2018 machten sie noch fast die Hälfte aller Neueinstellungen aus (48%), nun sind es noch 39%. Nach wie vor sind es die grössten Beratungsfirmen, die am ehesten auf Hochschulabsolventen setzen. Mehr als die Hälfte der offenen Stellen (53%) planen die Unternehmen hingegen mit erfahrenen Beratern zu besetzen (26% mit bis zu drei Jahren, 27% mit über drei Jahren Beratungserfahrung). Die restlichen 8% (2018: 5%) betreffen Personen ohne Beratungserfahrung, aber mit grosser Berufserfahrung und z.B. spezifischem Branchenwissen.

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Mit den rund 1200 geplanten Neueinstellungen (Vollzeit-Äquivalent) werden im Jahr 2019 voraussichtlich rund 440 neue Beraterstellen geschaffen und besetzt. Die übrigen 760 sind Ersatz für Abgänge. Mangel an Talenten Der Fachkräftemangel macht sich auch bei den Beratungsunternehmen immer deutlicher bemerkbar. Auf die Frage, ob die geplanten Neueinstellungen im Jahr 2018 realisiert werden konnten, antworteten die CEOs der 40 grössten Beratungshäuser nur 13-mal mit Ja, 31-mal hingegen mit Nein (2017: 15-mal Ja, 25-mal Nein; 2016: 23-mal Ja, 17-mal Nein). Nicht einmal ein Drittel konnte also alle offenen Stellen vollständig und wunschgemäss besetzen. Die Rekrutierung wird als aufwendig und der Wettbewerb um erfahrene Unternehmensberater als hart beschrieben. Keiner der vier grossen Wirtschaftsprüfer («Big Four») konnte 2018 seinen Bedarf decken. Die meisten der globalen Strategieberatungsfirmen hingegen fanden genügend Kandidaten. Wie schon in den Vorjahren zieht es Hochschulabsolventen nicht mehr ausnahmslos zu den grossen Beratungshäusern, was mit einer besseren Work-Life-Balance bei mittleren und kleineren Firmen zu tun haben mag. Als wichtigste Gründe für die schwierige Rekrutierung wurden der grosse Wettbewerb um Talente und mangelnde Übereinstimmung mit dem spezifischen Anforderungsprofil genannt. Vor allem Berater mit vertieften IT-Kenntnissen und erfahrene Beraterinnen sind schwierig zu finden. Es ist offensichtlich, dass die Unternehmensberatung vermehrt den Wettbewerb von anderen Branchen auf dem Arbeitsmarkt spürt.

«Es kann sein, dass die Persönlichkeit des Beraters wieder wichtiger wird, die menschliche Kompetenz erhält mehr Bedeutung.»


Marktstudie Management Consulting Schweiz 2019 Branchenaufteilung (in %, gerundet) Versorgungsbetriebe (Energy / Utilities) Chemie

2002

2012

2017

2018

4

5

3

2

--

5

3

3

+

11

15

15

16

12

14

12

1

1

8

7

10

9

Bau / Immobilien / Facility Management (Construction / Real Estate) Konsumgüter-Herstellung

2017–2018

10

Pharma (ab 2009 von Chemie getrennt) Maschinen- / Anlage- / Fahrzeugbau etc. (Manufacturing)

Trend 2019*

-

-

Detailhandel / Grosshandel (Wholesale & Retail)

5

5

4

5

+

Transport / Infrastruktur / Logistik (Transportation)

3

5

3

3

+

Telecommunication / IT

7

5

2

3

+

Medien und Unterhaltung (Media / Publishing / Entertainment)

3

2

1

2

++

Banking (und banknahe Financial Services)

17

18

24

23

Versicherungen (Insurance)

-

-

11

12

11

11

+

Gesundheitswesen (Healthcare)

4

3

2

3

++

Öffentlicher Bereich (Public Sector); National / Regional

9

7

3

5

++

1

2

2

+

Non-Profit-Organisationen (NPO) [ab 2009] Übriges **

3

2

2

1

(100)

(100)

(100)

(100)

+

--

* Auswertung der Trendaussagen / Prognose der Interviewpartner; ASCO-Marktstudie 2018/19. ** «Übriges» (2002 nicht vergleichbar) besteht 2012, 2017 und 2018 u.a. aus «Professional Services für Unternehmen» (WP, Anwälte, Beratung, Engineering). Quelle: André C. Wohlgemuth, unabhängige Marktstudie 2018/19.

Unternehmensberater-Export/-Import 2018 in der Schweiz* (in Mio. CHF)

520 310

Export

Import

* Geschätzte Zahlen, die im Gesamt-Honorarvolumen enthalten sind. Quelle: André C. Wohlgemuth, unabhängige Marktstudie 2018/19.

für 2018 einen Saldo von knapp 10% des Marktvolumens. Einen deutlichen Importüberschuss weisen mehrere international oder global präsente Beratungsfirmen mit Niederlassungen ausserhalb der Schweiz auf. Seit einiger Zeit wird der Import von den Behörden allerdings stark gesteuert und erschwert. Umsatz pro Unternehmensberater/-in Der durchschnittliche jährliche Umsatz pro Unternehmensberater/-in ist 2018 gegenüber 2017 erneut leicht gesunken. Die Streuung ist allerdings bei manchen Firmen sehr gross: Bei den 40 grössten Beratungshäusern liegt der höchste Wert mehr als dreimal so hoch wie der tiefste Wert. Den höchsten Umsatz pro Mitarbeiter weisen die typischen Strategieberatungsfirmen aus.

Import: ca. 520 Mio. CHF bzw. ca. 24% des Marktvolumens (2017: 540 Mio. CHF bzw. ca. 26%; 2015: 500 Mio. CHF bzw. ca. 28%)

Honoraransätze Wie schon im Vorjahr sind die realisierten Tages- und Stundenansätze 2018 im Durchschnitt gesunken. Der ungewichtete durchschnittliche Tagesansatz lag bei den 40 grössten Beratungsfirmen bei ca. 2400 CHF (2017: 2500 CHF; 2012: 2600 CHF), wobei die «Big 20» im Durchschnitt etwas höhere Ansätze realisierten. Der gewichtete Durchschnitt bei den 40 grössten Beratungsfirmen betrug 2680 CHF pro Tag. Die offerierten Tagesansätze weisen seit vielen Jahren unverändert eine grosse Bandbreite auf, entsprechen aber dennoch mehrheitlich den Honorierungsempfehlungen der ASCO.

Der Exportanteil ist im Jahr 2018 gestiegen, der Importanteil hingegen leicht gesunken. Dennoch ist der Export-Import-Saldo weiterhin deutlich negativ, d.h., es werden insgesamt mehr Beratungsleistungen importiert als exportiert. Eine grobe Schätzung ergibt

Eine Erfolgskomponente ist bei der Mandatshonorierung in der klassischen Unternehmensberatung in der Schweiz nach wie vor eher selten. Nachdem ihr Anteil bei den 40 grössten Beratungsfirmen zwischen 2009 (3%) und 2015 (10%) kontinuierlich stieg, geht er

Export/Import 2018 Export: ca. 310 Mio. CHF bzw. ca. 14,4% des Marktvolumens (2017: 260 Mio. CHF bzw. ca. 12,7%; 2015: 300 Mio. CHF bzw. ca. 17%) • EU ca. 80% (2017: 83%; 2015: 75%) • Nicht-EU ca. 20% (2017: 17%, 2015: 25%)

Marktstudie Management Consulting Schweiz 2019

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Marktstudie Management Consulting Schweiz 2019 seither wieder zurück (2016 und 2017 auf 7%, 2018 auf 6%). Zwar bieten viele Beratungsfirmen ihren Klienten die Möglichkeit einer Erfolgskomponente an, doch diese bevorzugen meistens eine Honorierung auf Zeitbasis mit Kostendach oder eine Pauschalhonorierung nach Projektphasen. 2018 wiesen immerhin 16 der 20 grössten sowie 21 der 40 grössten Beratungshäuser in ihrem Honorarumsatz einen ErfolgskomponentenAnteil aus. Image Das Ansehen der Beratungsbranche in der Öffentlichkeit hat sich gemäss Einschätzung der CEOs nach Jahren einer ständigen Verbesserung erstmals wieder etwas verschlechtert. Eine Erklärung dafür ist die teilweise deutlich tiefere Einschätzung durch die neu erfassten Beratungsfirmen. Auch die erlebten Schwierigkeiten bei der Rekrutierung dürften eine Rolle spielen. Auf der Schweizer Schulnotenskala schätzen die 40 Interviewpartner das Image der Branche mit der Note 4,75 ein (2017: 4,94; 2016: 4,81; 2015: 4,75; 2013: 4,7; 2006: 4,3; und im sehr speziellen ersten Jahr der ASCOMarktstudie 2002: 3,3). Bei den Klienten ist das Ansehen der Branche in der Regel deutlich höher und wird mit Noten über 5 bewertet. Autorenschaft Die ASCO-Marktstudie 2019 ist in erster Linie eine Standortbestimmung des Beratungsmarkts von Profis für Profis. Sie bietet aber auch der Allgemeinheit interessante Einblicke in die Grösse und Bedeutung dieses Wirtschaftszweigs, der normalerweise wenig im Rampenlicht steht. Diese Studie entstand im Auftrag der ASCO (Association of Management Consultants Switzerland) unter der CoProjektleitung von Prof. Dr. André Wohlgemuth CMC, Titularprofessor der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Zürich und Autor der Studie, sowie Jürg Hodel CMC, Staufen.Inova. Studienbeirat • Thomas Bertschinger CMC, Helbling Business Advisors • Peter Dauwalder, KPMG Advisory • Robin Drost, Helbling Business Advisors • Matthias Hégelé, Accenture • Bjornar Jensen, Deloitte • Thomas D. Meyer, Accenture • Marcel Nickler CMC, BearingPoint • Matthias Roeser, BearingPoint • Adam Stanford, Deloitte Methode Kern der ASCO-Marktstudie sind 44 ausführliche und vertrauliche Interviews des Autors mit den Verantwortlichen (CEOs) der grössten Beratungsunternehmen in der Schweiz im Juni/Juli 2019. Dies entspricht mit einer Abdeckung von rund 90% des Marktvolumens annähernd einer Vollerhebung. Auf eine zusätzliche Onlinebefragung primär für die kleineren Beratungsfirmen hat die ASCO in diesem Jahr verzichtet.

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Marktstudie Management Consulting Schweiz 2019

Die gewonnenen Daten und Erkenntnisse wurden angereichert mit Material aus Desk Research und eigenen Quellen (inkl. diverser Plausibilitätstests) des Autors. Für die Schweiz ist dies seit Jahren die einzige so umfassend durchgeführte, unabhängige Marktstudie. Sie ist repräsentativ für das «klassische» Management Consulting. Die von den Beratungsunternehmen zur Verfügung gestellten Daten werden entsprechend der vom Autor abgegebenen Vertraulichkeitserklärung nur in aggregierter Form weitergegeben und veröffentlicht. Definition des Untersuchungsgegenstands Das «klassische» Management Consulting wird gemäss ICMCI (International Council of Management Consulting Institutes) wie folgt definiert: «Aktive unabhängige Unternehmensberater bieten öffentlich und gegen Entgelt unabhängigen Rat und Unterstützung über den Managementprozess für ihre Klienten mit Managementfunktionen in privaten Unternehmen, Non-ProfitOrganisationen sowie öffentlichen Verwaltungen und Institutionen. Typischerweise umfasst dies Aktivitäten wie die Suche und Identifizierung von Problemen, die Entwicklung von Problemlösungen, die Empfehlung von angemessenen Massnahmen sowie die Unterstützung bei der Umsetzung der Empfehlungen; immer unter einer ganzheitlichen Betrachtungsweise.» Dies umfasst sowohl Strategieberatung wie konzeptionelle und operative Unterstützung (also auch die Optimierung von Abläufen). Ausgeschlossen wurden z.B. Executive Search, Werbeberatung, reine OutsourcingDienstleistungen und der Anteil ICT-Beratung, der kein gesamtunternehmerisches Verständnis verlangt (z.B. reine Parametrisierung bei SAP-Projekten). So wurden u.a. bei den typischen Systemintegratoren die Honorarumsätze im persönlichen Gespräch mit dem Verantwortlichen entsprechend angepasst (teilweise mit einer Analyse bis auf Mandatsebene). Das bedeutet natürlich, dass der Gesamtumsatz dieser Firmen deutlich grösser sein kann als der Betrag, der in die ASCO-Marktstudie eingeflossen ist. «Beratungsunternehmen» und «Beratungsfirmen»; «Unternehmensberatung» und «Management Consulting» werden synonym verwendet. Allein aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen in der Regel verzichtet. Personenbezeichnungen wie «Berater» gelten selbstverständlich für beide Geschlechter.


Auswertung der Befragung

SPEZIELLE FRAGEN DES ASCO-VORSTANDS – AUSZÜGE AUS DEN ANTWORTEN Was sind die Erwartungen von Kundenseite an Unternehmensberater? Zeichnen sich Veränderungen ab? Welche Themen werden wichtiger? Die Kunden sind spürbar professioneller geworden. Mit Kunden und Unternehmensberater stossen nicht mehr zwei Welten aufeinander, vielmehr weiss der Kunde inzwischen, wie Berater denken. Unternehmensberater werden stärker in die Firmenprojekte integriert. Sie müssen schnell verfügbar sein und für eine rasche Umsetzung sorgen. Übergreifendes Industriefachwissen ist immer mehr gefragt. In Bezug auf die Digitalisierung erwarten die Kunden spezifische Expertise und wollen vermehrt auch Prototypen sehen, bevor neue IT-Strukturen implementiert werden. Gesamttransformationen dürfen nicht nur auf dem Papier überzeugend daherkommen, sie müssen auch in der Praxis funktionieren und belastbare Resultate liefern. Die Berater sollen die Implementierung begleiten und auch Support im operativen Betrieb bieten. Dabei erwarten die Kunden auch, dass die Berater helfen, dem Veränderungsprojekt einen Sinn zu geben. Wie weit ist die klassische Unternehmensberatung noch immer gefragt? Wie weit andere Dienstleistungen? Es herrscht eine ungebrochene Nachfrage nach klassischer Unternehmensberatung. Der Markt für Strategieberatung wächst zwar weniger stark als der für alle Themen, die mit Datenanalyse zu tun haben. Die Klienten erkennen jedoch, dass sich neue digitale Ansätze meist nur implementieren lassen, wenn auch Strategiefragen aufgegriffen werden. In jedem Fall spielt die Technologie immer mehr in die Unternehmensberatung hinein. Grosse Firmen ergänzen ihr Leistungsspektrum gern, indem sie IT-Kompetenzen in Form von digitalen Boutiquen akquirieren. Weiterhin gefragt sind Gesamttransformationsprojekte, die zu neuen Strukturen führen – am liebsten allerdings als Komplettlösungen mit Werkvertrags-Charakter. Gibt es neue Geschäftsmodelle im Management Consulting? Sind Consulting-Firmen heute richtig aufgestellt? Ganz neue Modelle sind trotz Digitalisierung nicht in Sicht. Die Kunden wünschen sich allerdings vermehrt eine engere Zusammenarbeit mit den Unternehmensberatern, und zwar in einem kreativen, innovationsfördernden Ambiente. Manche Beratungsfirmen denken über alternative Preismodelle nach, etwa eine variable Erfolgshonorierung oder ein Pricing auf der Grundlage von Rollen anstelle von Hierarchiestufen. Auch wird ein Trend vom Offshoring zurück zu Nearshoring oder zu lokalen Lösungen beobachtet. Was sind die Anforderungen an junge Unternehmensberater? Die Ansprüche an junge Unternehmensberater sind gleich geblieben: Erwartet werden hohe Flexibilität, analytische Fähigkeiten, grosser Einsatz, unternehmerisches Denken, Eigenständigkeit, Anpassungsfähigkeit, Lernfähigkeit und die Bereitschaft, interdisziplinär zu arbeiten. Hinzu kommt, dass von jungen Beratern

Kompetenz in digitalen Anwendungen erwartet wird. Die Jungen sollen überdurchschnittlich aufgeweckt und einsatzfreudig sein und Spass an Herausforderungen haben. Zum Teil wird berichtet, dass die Qualität der Studienabgänger spürbar abgenommen habe. Bemängelt wird vor allem die fehlende Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Allerdings ist die Unternehmensberatung zurzeit ein Arbeitnehmermarkt – entscheidend ist also auch, wie es dem Beratungsunternehmen gelingt, für junge Consultants überhaupt attraktiv zu sein. Wie relevant ist die Förderung von Frauen in der Unternehmensberatung? In diesem Punkt sind sich alle Befragten einig: Die Förderung von Frauen ist sehr relevant und wird immer wichtiger. Denn auch die Kunden haben erkannt, dass gemischte Teams erfolgreicher sind, und sie halten Gender-Diversity teilweise sogar in ihren KPIs fest. Insbesondere bei Change-Management-Projekten ist es von Vorteil, wenn Frauen involviert sind. Fast alle der befragten Unternehmen sind daher bemüht, den Anteil an Beraterinnen zu erhöhen – allerdings oft mit mässigem Erfolg. Vor allem Beratungshäuser, die auf erfahrene Consultants setzen, tun sich schwer damit, geignete Kandidatinnen zu finden. Nicht nur steigen weniger Frauen in die Beratung ein, sondern sie springen auch eher wieder ab. Hinzu kommt, dass sie zurückhaltender sind mit ihren Bewerbungen, wenn sie das Gefühl haben, nicht alle Kriterien zu erfüllen. Dass selbst konkrete Projekte zur Rekrutierung von Frauen mitunter wenig bringen, hat allerdings auch mit den Beratungshäusern selbst zu tun: Die Bildsprache der Unternehmen spricht häufig eher Männer an (z.B. Segelbilder), und die Einstellungsgespräche werden in der Regel von Männern geführt. Obwohl die Unternehmensberater bei ihren Kunden aktiv die Zukunft gestalten, hängen manche bei ihrer eigenen Kultur hinter anderen Branchen zurück. CEO-TREND-AUSSAGEN Was sind besonders gefragte Themen auf Kundenseite? An erster Stelle steht die digitale Transformation einschliesslich Mobilität, Security und Big Data. Sie ist derzeit der wichtigste Markttreiber für Unternehmensberater. Geschäftsleitungen nehmen sich generell viel mehr Zeit für digitale Themen, und die IT-Verantwortlichen haben im Unternehmen einen höheren Stellenwert als früher. Während Advanced Analytics bisher eher als Kostenfaktor galt, erkennt man jetzt, wie sich damit Geld verdienen lässt. Die Ankündigung von SAP, den Support ab 2025 auf R4/HANA zu beschränken, erzeugt einen enormen Druck, Applikationen nun in die Cloud zu migrieren. Damit gehen entsprechende strategische Anpassungen einher, was dafür sorgt, dass Transformationsplanung für digitale Projekte zurzeit sehr gefragt ist. Verschiedene Branchen, darunter Banking und Tourismus, setzen auf dynamisches Pricing. Dafür sind robuste Anwendungen für maschinelles Lernen und damit Marktstudie Management Consulting Schweiz 2019

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Auswertung der Befragung

tiefgreifende Anpassungen im IT-Umfeld nötig. Hinzu kommen Herausforderungen bei der Security. Hingegen gehen bei den meisten Befragten die Aufgaben im Bereich Compliance eher zurück, weil die wichtigsten Anpassungen inzwischen gemacht wurden. Die tiefen Zinsen halten den Markt für M&A auf hohem Niveau und damit einhergehend Aufgaben in der Plattformkonsolidierung. Auch Effizienzsteigerung und Kosteneinsparung sind nach wie vor aktuell, zumal bei den Offshore-Strukturen manches schiefläuft. Primär geht es darum, finanziellen Spielraum für die Wachstumsthemen zu generieren. Viele Kunden, etwa im Banking, im Energiebereich oder in den Spitälern, wollen ihr eigenes Kundenmanagement verbessern. Effiziente CRM-Systeme sind in der Schweiz wegen der hohen Lohnkosten besonders gefragt. Wie steht es um die Wettbewerbsintensität, und was sind die Auffälligkeiten im Markt? Offensichtlich geht es dem Markt für Unternehmensberatungen sehr gut, denn 2018 haben sich viele Wettbewerber um eine beschränkte Anzahl Berater regelrecht gerissen. Die Headhunter waren äusserst aktiv und warben Leute bei anderen Beratungshäusern ab. Gleichzeitig wird das Auswahlprozedere für grosse Mandate immer kompetitiver und komplizierter. Die Vorlaufzeiten sind lang und die Ausschreibungen zum Teil so aufwendig, dass die kleineren Beratungsunternehmen sich nicht einmal mehr beteiligen können. Dabei führt der Trend eher weg von den langfristigen Mandaten. Der Einkauf von Beratern erfolgt professioneller, die Preisverhandlungen sind zäher. Oft kommt die Diskussion um Erfolgsbeteiligung auf, meistens wird sie aber bei der Vertragsunterzeichnung herausgestrichen. Die Kooperationsbereitschaft unter den Unternehmensberatern hat tendenziell zugenommen. Verschiedene Spezialisten bündeln ihre Kräfte projektbezogen – eine Firma übernimmt den Lead, aber mehrere bedienen denselben Kunden in guter Absprache. Dabei wird die eingesetzte Kommunikationssoftware immer wichtiger. Viele Kunden machen sich derzeit Gedanken über einen möglichen Konjunktureinbruch. Auch die Spannungen zwischen den USA und China sowie die unklare Entwicklung der Automobilindustrie in Deutschland sorgen für Nervosität. Zum Teil führt das zu einer Zurückhaltung bei der Vergabe von Mandaten, zum Teil jedoch auch zu einem Anstieg, weil man mit professioneller Beratung schneller und flexibler reagieren kann. Welche Trends sind bei den Anforderungen an die Unternehmensberatungen auszumachen? Trotz Digitalisierungs-Hype wird der Mehrwert der Beratung weiterhin stark vom unternehmerischen und innovativen Geist und von der Kreativität der Beraterinnen und Berater abhängen. Es geht um die Fähigkeit, mit zunehmend schneller auftretenden Veränderungen geschickt umzugehen. Sorge macht der Mangel an erfahrenen Fachkräften vor allem in den Bereichen Pharma, Compliance, Analytics und SAP. In der Schweiz sind Berater mit diesen Profilen kaum noch zu finden, und 10

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die Anstellung von ausländischen Kräften wird rechtlich eingeschränkt. Hinzu kommt, dass Junior-Berater beim Kunden immer weniger gefragt sind. In allen Branchen wird heute spezifisches, vertieftes Know-how erwartet, die Prozesse und Systeme müssen den Beratern bestens vertraut sein. Welche Veränderungen lassen sich beim Geschäftsmodell der Beratungsfirmen beobachten? Das Verlängern der Wertschöpfungskette führt teilweise vom angestammten Business weg. Die Berater stellen möglicherweise einen Innovations-Hub zur Verfügung, in dem sie mit ihren Klienten neue Ideen entwickeln, darunter auch für Geschäftsmodelle, die sie später gemeinsam betreiben. Die Berater werden also zunehmend verantwortlich für einen Teil der Problemlösung, z.B. den operativen Betrieb von Plattformen. Die vielfältigen Aufgaben im Rahmen der Digitalisierung setzen IT-Fähigkeiten inhouse voraus. Der Import von Beratungsleistungen dürfte tendenziell weiter zunehmen. Andererseits gibt es auch Beratungshäuser, die ihr Backoffice komplett ins Ausland verlagert haben. Wie steht es um das Image der Unternehmensberaterbranche? Die Unternehmensberater sind heute sehr professionell unterwegs und haben eine hohe Akzeptanz beim Kunden. Die Klienten sehen die Berater als Partner, die sich intensiv mit der Digitalisierung befassen und ihnen hilfreich zur Seite stehen. Der Umgang ist extrem pragmatisch, weil die Kunden inzwischen gut wissen, wie die Berater denken und arbeiten. Welche branchenspezifischen Beobachtungen bzw. Aussagen lassen sich heute machen? Besonders deutlich ist, dass in der Finanzbranche die Compliance-Welle vorbei ist und daher auch weniger Beratungsleistungen nachgefragt werden. Jetzt geht es häufig um digitale Themen, beispielsweise um dynamische Pricing-Modelle auf der Basis von maschinellem Lernen. Allerdings besteht rund um die Digitalisierung bei manchen Kunden eine gewisse Verunsicherung. Hier läge eine mögliche Lösung darin, dass die Berater proaktiver vorgehen und Strategien und Projekte gemeinsam mit dem Klienten entwickeln.


Gastbeitrag

ANERKANNTE CONSULTING-AUSBILDUNG ALS SPRUNGBRETT FÜR EINE ERFOLGREICHE BERATERKARRIERE Der Beraterverband ASCO lanciert zusammen mit der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich das «CAS Professional Management Consulting ASCO/HWZ». Die neue Ausbildung ist Teil der ASCO-Beraterzertifizierung und ermöglicht Young Consultants und erfahrenen Quereinsteigern mit einem anerkannten Abschluss den zuverlässigen Einstieg in die Beraterwelt. Berater ist wie Psychologe oder Wissenschaftler keine geschützte Berufsbezeichnung. Umso wichtiger ist für Management-Berater in der Schweiz die Zertifizierung und Qualitätssicherung durch den offiziellen Schweizer Beraterverband ASCO Association of Management Consultants Switzerland. Als wichtiger Teil eines umfassenden Zertifizierungskonzeptes startet die ASCO zusammen mit der HWZ im April 2020 eine neue Ausbildung zum «Professional Management Consultant» für Personen, die neu in den Beruf einsteigen. Talenten den Einstieg in die Beratung ermöglichen Für die digitale Transformation des Standorts Schweiz ist kompetente Managementberatung unerlässlich. Sie kann diesen Anspruch nur erfüllen, wenn sie Talenten den effektiven Einstieg in die Beraterwelt ermöglicht, u.a. • • •

Young Consultants, welche Universität oder Fachhochschule absolviert haben und in einem Beratungsunternehmen Fuss fassen wollen, Personen in der Unternehmensentwicklung oder internen Beratung, welche sich z.B. selbständig machen möchten, Manager und Quereinsteiger mit viel Know-how und Führungserfahrung, welche den Einstieg in die externe Beratung suchen.

Top-Berater geben ihr Wissen weiter Die ASCO verfügt über ein Netzwerk erfahrener und zertifizierter Top-Berater, welche ihr Wissen im CAS Professional Management Consulting (CAS PMC) weitergeben. Nach Absolvierung des CAS PMC und einigen Jahren Praxiserfahrung kann sich der Kandidat als CMC Certified Management Consultant zertifizieren lassen, die international anerkannte Beraterzertifizierung des Weltverbandes ICMCI (International Council of Management Consulting Institutes).

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Beratungsprozess (Consulting Skills) Domains mit technischer Expertise (Functional Specialisation) Führen eines Beratungsunternehmens (Business Competence) Persönliche Kompetenzen / Teamkompetenzen (Values and Behaviour Competence) Lernen und Entwickeln (Continued Learning & Development)

Mit der Gleichgewichtung der harten und weichen Faktoren wird der Berater auf die Führung und Begleitung anspruchsvoller digitaler Transformationen optimal vorbereitet. Das Design des neuen CAS orientiert sich am schon in anderen CAS der HWZ erfolgreich erprobten Drehbuchansatz, einem in sich abgestimmten und bunten Mix aus Inputs, Modellen, Methoden, Praxis-Cases, Anwendung im eigenen Beratungsalltag, Selbstreflexion und Teamarbeit.

Offizielles Gütesiegel für professionelle Beratung Als Schweizer Beraterverband ist die ASCO mit ihrer engen Verbindung zum ICMCI die Autorität, um die Qualität durch Ausbildung und Zertifizierung von Managementberatern sicherzustellen. Durch die Kooperation mit der HWZ ist es gelungen, Beratungskompetenz mit der Ausbildungskompetenz zu vereinen. Mit dem CAS PMC ASCO/HWZ wird zum Wohle von Beratungseinsteigern, Beratungsunternehmen und insbesondere Kundenorganisationen im Standort Schweiz eine wichtige Lücke geschlossen.

Die Schulungspartnerin HWZ sorgt als Hochschule für Wirtschaft Zürich für die Qualitätssicherung und Anerkennung der CAS-Ausbildung. Der Abschluss kann bei einer weitergehenden Masterausbildung angerechnet werden. Gleichgewichtung von harten und weichen Faktoren Das Basiskonzept des Studiengangs beruht auf dem ICMCI-Framework, das folgende Beratungskompetenzen umfasst: Marc Pfyffer CMC Pfyffer Schmid & Partner AG

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Gastbeitrag

DIE MACHT DER DATEN IN DER MODERNEN BERATUNG

Anders als noch vor zehn Jahren setzen heute sechs der zehn weltweit wertvollsten Unternehmen auf ein digitales Geschäftsmodell: Microsoft, Apple, Amazon, Google, Facebook und Tencent haben aktuell eine Marktkapitalisierung von sagenhaften 4,2 Bio. Dollar – mehr als das jährliche Bruttosozialprodukt Deutschlands. Im Gegensatz zu klassischen Industrieunternehmen – aktuell teilweise mitten im Umbruch – ist es den Internetriesen gelungen, Kapital aus dem Digitalisierungstrend zu schlagen. Innovative Produkte und Dienstleistungen werden von Kunden und Investoren gleichermassen wertgeschätzt. Daten als Treibstoff Dabei fungieren Daten als Antrieb für digitale Geschäftsmodelle. Amazon, Google und Co. haben es perfektioniert, multistrukturelle Daten zu sammeln und gewinnbringend auszuwerten. Das Ergebnis ist beachtlich. Erstens werden Kunden besser verstanden, zweitens lässt sich die Produktivität massiv steigern. Drittens können Risiken besser antizipiert und viertens Entscheidungen in Echtzeit getroffen werden. Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsvorsprung von heute bestimmen den Wert von morgen! Data-driven Consulting als Schlüssel zum Erfolg Die Macht der Daten wird heute auch in der Unternehmensberatung genutzt. Big Data und Analytics-Tools sowie neuartige dynamische Vorgehensweisen wie beispielweise Agile komplementieren die herkömmliche hypothesengetriebene Beratungsarbeit. Demnach stehen hohe Technologieaffinität, datenwissenschaftlicher Hintergrund sowie Abstraktionsfähigkeit bei der Einstellung junger Berater besonders im Fokus. Mit Hilfe von Anwendungen wie z.B. Alteryx für Datenaufarbeitung oder Tableau für Datenauswertung und -visualisierung können Kundendaten in Echtzeit analysiert und mit Hilfe von anwenderfreundlichen Dashboards dargestellt werden. Im Umkehrschluss lassen sich in verkürzter Zeit durch datenbasierte Informationen schnellere und genauere Aussagen treffen – ein markanter Mehrwert in wichtigen und oftmals zeitkritischen Transformationsprojekten.

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Data-driven Consulting als Wertversprechen Mit dem Differenzierungsmerkmal an der Schnittstelle zwischen Technologie und Geschäft dient Accenture seit Jahren als zuverlässiger Partner für digitale Transformationen. Data-driven Consulting ist der strategische Imperativ für unsere verschiedenen Dienstleistungsbereiche. Erfahrung und Fähigkeiten wie z.B. Strategiefindung und Advanced Analytics werden gebündelt, um Transformationsvorhaben erfolgreich zu unterstützen. So halfen wir beispielsweise einem deutschen Automobilunternehmen dabei, im Truck Aftersales Umsatzsteigerungspotenzial in Höhe von 1 Mrd. Dollar in nur zwei Monaten zu identifizieren. Auf Basis von Verkaufs-, Händler- und Kundendaten modellierten wir die Wachstumsmöglichkeit und erarbeiteten auf der Grundlage einen massgeschneiderten Massnahmenplan auf Einzelhändlerebene zur gezielten Realisierung des Potenzials. In einem weiteren Fall halfen wir einem führenden Kreuzfahrtanbieter bei der Entwicklung innovativer Strategien, um besser auf Kundenbedürfnisse einzugehen. Mit dem Aufbau einer Analytics-Plattform konnte das Kaufverhalten der Passagiere besser durchleuchtet und konnten massgeschneiderte Zusatzangebote für Kunden an Bord entwickelt werden. In Summe wurde dadurch Wertsteigerungspotenzial von knapp 1 Mrd. Dollar aufgetan.


Gastbeitrag

Des Weiteren unterstützen wir ein führendes indisches Stahlunternehmen dabei, eine datengetriebene Vertriebsstrategie auszuarbeiten mit dem Ziel, rund 100 Mio. Dollar neues Geschäftsvolumen zu generieren. Durch Satellitenbilder aller Hausdächer im Land, verknüpft mit sozioökonomischen Daten, konnten wir für die Gegenwart wie auch die Zukunft präzise Nachfragewerte auf granularer (Dorf-)Ebene approximieren. Dies wiederum befähigte den Kunden, Massnahmen zu ergreifen, um die Effektivität in Vertrieb und Marketing zu erhöhen und die ersehnte Umsatzsteigerung zu realisieren.

Digitale Transformation als Top-Priorität Datengetriebene Geschäftsmodelle bieten enorme Möglichkeiten und sind mittlerweile für die meisten Industrien zu einer Frage von Leben und Tod geworden. Entscheidungsträger haben das Thema zwar auf der Tagesordnung, scheitern aber oftmals in der Umsetzung. Dabei ist zügiges, fokussiertes und intelligentes Handeln gefordert, um weiterhin am Puls der Zeit zu bleiben.

«Wir beobachten, dass digitale Boutiquen von grösseren Beratungsfirmen eingekauft werden.» Matthias Hégelé, Strategy Switzerland Lead Marius Rippel, Senior Manager Accenture AG

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Partner und Sponsoren

Die Asco Dankt allen Sponsoren Und Partnern für Ihre Unterstützung

Studienleitung, Redaktions und Produktionsteam ARCOM Unternehmensberatung Universität Zürich Staufen.Inova AG

Kooperationspartner BFS Bundesamt für Statistik economiesuisse

Sponsoren Marktstudie Accenture AG Bearing Point AG Deloitte Consulting AG Helbling Unternehmensgruppe KPMG AG

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Kontakt und Impressum

Kontakt Association of Management Consultants Switzerland Seefeldstrasse 92 8008 Zürich Telefon: +41 43 343 94 80 Telefax: +41 43 343 94 81 office@asco.ch www.asco.ch Impressum Herausgeber Association of Management Consultants Switzerland, ASCO Co-Projektleiter der Studie Dr. André C. Wohlgemuth CMC, Titularprofessor der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, Universität Zürich, Autor der Studie Redaktion science communications GmbH

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