MUT TUT GUT: ERFAHRUNGEN, ERGEBNISSE, ERFOLGE.
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INSIGHTS VON UNSEREM FRÜHSTÜCKSTALK «MEDTECH», DIE ALLEN BRANCHEN MUT MACHEN KÖNNEN Der Staufen.Inova-Frühstückstalk «Medtech» hat sich zu einem beliebten – kleinen und feinen – Event entwickelt. Und das nicht ohne Grund! Hochkarätige Unternehmensentscheider geben dabei spannende Einblicke in ihr Business. Auf der Agenda:
In diesem Dokument haben wir für Sie die Stimmen eingefangen und die Inhalte vertieft. Wir zeigen auf, warum der mutige Krisenmodus das «New Normal» nicht nur der Medtech-Branche werden könnte. Wir wünschen eine inspirierende Lektüre.
«Was unter maximalem Druck mit agilem Ansatz in der Krise möglich ist und was wir daraus mitnehmen können.»
Moderation:
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Referenten:
Jürg Hodel, Co-Geschäftsführer, Staufen.Inova AG
Bruno Unternährer, Senior Vice President Operations, Mathys AG
Serge Hügli, Senior Expert, Staufen.Inova AG
«Als es sein musste, wurden viele Unternehmensentscheidungen schnell, eigenverantwortlich und mutig getroffen. Aber sollte das nicht immer so sein?»
«Das Jahr 2020 hat viele Unternehmen stark mitgenommen. Wichtig ist für mich, dass wir auch etwas daraus mitgenommen haben.»
«Es gilt nun, den Krisenmodus nicht als Krisenmodus zu sehen. Sondern als Befreiungsschlag aus selbst angelegten Fesseln.»
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BUSINESS CASE: MATHYS AG Auch die Mathys AG musste sich in den ersten «Corona-Monaten» des Jahres 2020 auf eine neue und bis dahin noch nie da gewesene Auftragssituation einstellen. Und das möglichst von heute auf morgen. Die Situation Zunächst gab es einen plötzlichen und starken Nachfrageeinbruch in der Prothetik, da im Frühjahrs-Lockdown viele Operationen, die nicht zwingend notwendig waren, aufgeschoben wurden. Doch bald stieg die Nachfrage überdurchschnittlich, angetrieben durch jetzt vermehrt nachgeholte OPs. Das Unternehmen hatte keine Erfahrungen mit einer solchen Situation. Und auch in vielen anderen Branchen waren die Ausschläge in beiden Richtun-
gen ungewöhnlich hoch. Bedingt durch die unterschiedlichen Regularien entstand eine enorme Unsicherheit. Die Vorgehensweise Bei der Mathys AG haben Verkauf, Operations, Supply Chain Management und Einkauf die Szenarien gemeinsam entwickelt und dabei Lagerbestände, Wiederbeschaffungszeit, Produktionsdurchlaufzeiten und Vertriebsparameter berücksichtigt. Das Unternehmen teilte seine Zulieferer in die drei Kategorien kritische, Schlüssel- und Standardlieferanten ein und definierte für jede Kategorie eine eigene Strategie. Dadurch gelang es, die Versorgung und die Lieferbereitschaft aufrechtzuerhalten.
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Und das fortwährend, denn das Management spielte die Szenarien kurzzyklisch und wiederholt durch. Die Erfolgsfaktoren: Szenario-Analysen und offene Kommunikation Hilfreich waren zunächst Szenario-Analysen, die unterschiedliche Entwicklungswege berücksichtigen. Unternehmen nutzen dabei verschiedene Parameter wie Pandemie-Verlauf, Nachfrage oder Beschäftigung, um an ihnen alternative Entwicklungen durchzuspielen. Normalerweise gehören Szenario-Analysen zu den Standard-Modulen der strategischen Planung, doch die Methode ist auch
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U-Kurve
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in Situationen mit hoher Unsicherheit und grossem Risiko zielführend.
organisatorisch auf künftige Entwicklungen vorbereiten.
So sind in plötzlichen Wirtschaftskrisen aus volkswirtschaftlicher Sicht drei mögliche Verläufe denkbar: ein starker Absturz mit schneller Erholung (V-Verlauf), ein starker Absturz mit Bodenbildung und später Erholung (U-Verlauf) oder ein Übergang in eine Dauerkrise (L-Verlauf).
Enorm wichtig war zudem die kontinuierliche Kommunikation mit Lieferanten und internen Schlüsselakteuren in der Supply Chain. Ein virtuelles Shopfloor Management half dabei, alle Massnahmen kurzfristig und regelmässig mit den Lieferanten abzustimmen.
Ausgehend von diesen groben Modellen können die Unternehmen eigene Szenarien mit betriebswirtschaftlichem Schwerpunkt entwickeln, in die Kennziffern und Erfahrungen aus der eigenen Branche einfliessen. Damit kann sich ein Unternehmen in einem gewissen Rahmen strategisch und
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EXPERTENDISKUSSION, TEIL 1 In der anschliessenden Diskussion zeigte sich, dass andere Unternehmen vor denselben Herausforderungen standen. So konnte z. B. Jürg Schneiter, Mitglied der Geschäftsleitung der Maxon Motor AG, von einem ganz ähnlichen Business Case berichten. Denn auch sein Unternehmen machte Erfahrungen mit extremen Umsatzbewegungen. Unmittelbar zu Beginn der Krise stieg die Nachfrage nach Mikromotoren für Beatmungsgeräte – eine direkte Folge der wachsenden Erkrankungen. So musste das Unternehmen innerhalb weniger Wochen die Produktionskapazitäten in verschiedenen Produktionslinien auf das Zehnfache anheben.
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Auch hier zeigte sich, dass die Krise mit kurz-, mittel- und langfristigen Szenarien bewältigt werden konnte. Dabei ging es in erster Linie darum, die Lieferbereitschaft sicherzustellen. Allerdings musste das Unternehmen das Lieferantenportfolio neu ausrichten, da auch die Zulieferer stark in ihrer Lieferfähigkeit eingeschränkt waren. Hilfreich war hier eine offene Kommunikation über Unternehmensgrenzen hinweg. Durch ein teilweise tägliches Shopfloor Management mit Zulieferern und Spediteuren wurden die Probleme gelöst.
Fazit: In vielen Unternehmen zeigte sich ganz klar, dass umfassende Transparenz sowie die Integration der Kunden und der Supply Chain in die Krisenbewältigung ein entscheidender Faktor sind. Auf diese Weise entdecken die beteiligten Unternehmen gemeinsam praktikable Lösungen. Die offene Kommunikation erleichterte es, Reserven in der gesamten Supply Chain zu finden, Aufträge zu verschieben und die Prioritäten zu ändern.
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ZWISCHENFAZIT DER EXPERTEN-DISKUSSION: OUT-OF-THE-BOX-DENKEN Die Kernbotschaft: Gewohnheiten kritisch überdenken In der Krise ist es sinnvoll, die gängigen Muster der bestehenden Organisation aufzubrechen. Da aber der Gesundheitssektor sehr stark reguliert ist, haben sich rund um die Anforderungen an Abläufe und Dokumentation aufwendige Prozesse angelagert.
Agile Unternehmen entwickeln ihre Produkte entlang von Kundenanforderungen und gehen dabei sowohl kleinschrittig als auch iterativ vor. Sie sind dadurch sehr anpassungsfähig an Markttrends und rasch wechselnde Kundenwünsche. Sie verzichten auf eine verpflichtende Planung und bleiben flexibel in ihren Reaktionen auf das Marktumfeld.
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EXPERTEN-DISKUSSION, TEIL 2: BUSINESS CASE DER STAUFEN.INOVA AG Serge Hügli stellte im Rahmen der Diskussion einen Business Case der Staufen.Inova AG vor. Der betreffende Medtech-Konzern brauchte normalerweise bis zu 24 Monate für den Aufbau neuer Lieferanten und die Etablierung von neuen Produktionslinien bei einem neuen Partner. Der Hauptgrund: Es gab viele Beeinflusser, Anforderungen, Vorgaben und Entscheidungspunkte im Prozess und jeder führte zum kurzzeitigen Stillstand – mit enormer Bremswirkung. In der aktuellen Krise hat das professionelle Management mit den Projektleitern nach Wegen gesucht, um die Produkte so schnell wie möglich bereitstellen zu können. Ihre Devise: Fokussierung auf das, was notwendig ist, um die Qualität sicher-
zustellen, und dies in schnellstmöglicher Zeit. Serge Hügli konnte als Projektleiter das Know-how von Staufen.Inova einbringen. Die einzelnen Projekte wurden sowohl vom Management wie auch von den Supportabteilungen maximal unterstützt. Alle Mitarbeitenden standen in der grossen Herausforderung zusammen, was zu einer beeindruckend positiven Stimmung im Unternehmen führte. Sicherlich war das auch hier auf die offene und positive Kultur des Unternehmens zurückzuführen.
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«Timeboxing bringt Geschwindigkeit in die Prozesse und reduziert das Ausfallrisiko – und das bei der Vorgabe, die geforderte Qualität sicherstellen zu können.» Serge Hügli, Senior Expert, Staufen.Inova AG Dabei wurden die Qualitätsansprüche und Prozesse selbst nicht geändert. Das Unternehmen hat vor allem die Verschwendung zwischen den notwendigen Prozessschritten beseitigt, das Projektmanagement deutlich verbessert und die Projekte kontinuierlich mit Vorlagen, Projekttools und Blueprints nach Bedarf unterstützt. Überflüssige Entscheidungsschleifen und lange Bearbeitungszeiten bremsen das Unternehmen nicht mehr aus.
Fazit: Die Bremsen wurden gelöst, die Beschleunigungswirkung war deutlich zu spüren. Auch hier gelang es, Abläufe so zu dynamisieren, dass etwa die Vorlaufzeiten für den Aufbau neuer Produktionslinien um 50 Prozent sanken. Angesichts der hohen Nachfrage konnte der Konzern damit seine Lieferfähigkeit deutlich verbessern und die Aufträge deutlich schneller abarbeiten.
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Die Staufen.Inova AG empfiehlt in solchen Situationen – und hat das während der Corona-Krise auch getan – Timeboxing und Ermächtigung. Timeboxing bedeutet: Die Prozesse werden so organisiert, dass bestimmte Schritte innerhalb einer kurzen Frist erledigt werden müssen. Um den Gesamtprozess zu beschleunigen, werden zudem die Entscheidungsinstanzen verringert, etwa durch Ermächtigung der Projektmitarbeitenden. Wer fachlich kompetent ist, trifft die Entscheidung.
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TAKE-AWAY: ERFOLGREICHE KRISENREAKTION DURCH AGILITÄT Die Corona-Krise hat gezeigt, dass hoher Druck dabei hilft, rasche Entwicklungen auszulösen. In vielen Unternehmen hat das Sicherheitsdenken die Prozesse langsam und umständlich gemacht. Dies betrifft sowohl mittelständische Unternehmen als auch Konzerne. In beiden sind agile und proaktive Reaktionen lebenswichtig. Im Grunde senkt diese Beschleunigung das Risiko für die Unternehmen, denn Agilität erlaubt erfolgreiche Krisenreaktionen. Die im Medtech-Talk betrachteten Unternehmen waren glücklicherweise in der Lage, im entscheidenden Moment auf alte Gewohnheiten und Gewissheiten zu verzichten – mit dem Ergebnis, in der Krise an Stärke zu gewinnen.
Staufen.Inova-Co-Geschäftsführer Jürg Hodel fasst die wichtigsten Erkenntnisse des virtuellen Branchentreffs zusammen: «Krisen sind ein Katalysator und eine Riesenchance, um eine Fokussierung und somit Vereinfachung der Prozessstruktur zu realisieren. Sie nehmen auch starken Einfluss auf die Unternehmenskultur, da die Mitarbeitenden merken: Wir können auch schneller. Durch diese Erfahrung entsteht eine agile Unternehmenskultur, die Wert auf schnelle Entscheidungen, die rasche Umsetzung sowie eine zeitnahe Überprüfung legt.»