Nicolaas Teeuwisse
Ausgewählte Werke · Selected Works XVII
2017
Ausgewählte Werke · Selected Works XVII
Nicolaas Teeuwisse OHG · Erdener Str. 5a · 14193 Berlin-Grunewald Telephone: +49 30 893 80 29 19, +49 30 890 48 791 · Mobile: +49 171 483 04 86 Email: nicolaas@teeuwisse.de · www.teeuwisse.de
Vorwort
Preface
Der vorliegende Katalog enthält eine repräsentative Auswahl der druckgraphischen Arbeiten und Handzeichnungen, die wir anlässlich der European Fine Art Fair (TEFAF) vom 10. bis 19. März 2017 in Maastricht zeigen. Am Anfang der Exkursion durch vier Jahrhunderte europäischer Kunstgeschichte stehen einige druckgraphische Blätter musealen Ranges von flämischen und niederländischen Meistern des 16. Jahrhunderts wie Allaert Claesz., Cornelis Cort, den Brüdern Johannes und Lucas van Doetecum und Johannes Wierix. Von eminenter Seltenheit ist auch der anmutige Sinnende Amor des Utrechter Malers Paulus Moreelse, dessen druckgraphisches Œuvre lediglich vier Blatt umfasst. Die atmosphärische, feinsinnig beobachtete Darstel lung dokumentiert Moreelses Auseinandersetzung mit dem Werk seines großen Vorgängers Tizian, das er während seines mehr jährigen Aufenthalts in Italien kennengelernt hatte.
This catalogue comprises a representative selection of the prints and drawings we have on show at The European Fine Art Fair (TEFAF) in Maastricht from 10 to 19 March 2017. The journey it undertakes through four centuries of European art history begins with a number of uncommon and high-quality prints by 16th century Dutch and Flemish masters such as Allaert Claesz., Cornelis Cort, the brothers Johannes and Lucas van Doetecum and Johannes Wierix. Of exquisite rarity is the charming Pensive Amor by the Utrecht painter Paulus Moreelse, whose printed oeuvre comprises just four works. This atmo spheric, sensitively observed etching illustrates Moreelse’s response to the works of his great predecessor Titian which he had seen during his stay in Italy.
Auch im anschließenden, dem Kunstschaffen des 18. Jahrhun derts gewidmeten Kapitel, finden sich einige druckgraphische Raritäten, darunter Pierre Subleyras’ graphisches Hauptblatt Das Gastmahl im Hause des Simon aus dem Jahre 1738, das hier in einem seltenen Frühdruck vorliegt. Die großformatige und technisch virtuos ausgeführte Radierung belegt, mit welcher Sorgfalt und eiserner Disziplin Subleyras auch bei der Ausfüh rung seiner druckgraphischen Schöpfungen vorging. Die gleiche Beobachtung gilt für das Bildnis der Mademoiselle Lavergnée nach Jean-Etienne Liotard, das unbestritten zu den schönsten und eindrucksvollsten Reproduktionsstichen des 18. Jahrhun derts zählt. Für die Ausführung dieses wundervollen Blattes – einer wahrhaften Ikone des galanten Zeitalters des Ancien Régime – beauftragte der eigensinnige Liotard die französischen Kupferstecher Simon François Ravenet und Jean Daullé und engagierte damit zwei der prominentesten Vertreter ihrer Zunft. Es ist anzunehmen, dass der Stich unter direkter Anleitung Liotards entstanden ist, denn die graphische Verfeinerung und subtile Lichtführung entsprechen höchsten Qualitätsmaß stäben, wie nur Liotard sie hätte gelten lassen. Das herrliche, mit liebevoller Aufmerksamkeit ausgeführte Blumenstilleben, das Adolf Senff im Jahre 1827 in Rom geschaf fen hat, bildet ein visuelles Highlight am Ende dieses Katalogs und fungiert als wirkungsvoller Kontrapunkt zu dem linearen Purismus der Druckgraphik. Angesichts der koloristischen Verfeinerung dieses Blattes versteht man, weshalb Senffs Zeit genossen ihm den Spitznamen Raffaele di Fiori verliehen! Mein Dank gilt Stefanie Löhr und Robert Oberdorfer für hilfreiche Redaktionsarbeiten. Eveline Deneer hat mich tatkräftig und sachkundig bei den Recherchen für diesen Katalog unterstützt. Die englische Übersetzung wurde – wie immer geschmeidig und einfühlsam – von Robert Bryce besorgt. Nicolaas Teeuwisse
The following section dedicated to 18th century art contains quite a number of scarce prints, including Pierre Subleyras’ principal work Meal in the House of Simon (1738), which is on display in an early impression. This large etching executed with consummate mastery demonstrates the meticulous care and iron discipline Subleyras exhibited in making his prints. The same is true of the portrait of Mademoiselle Lavergnée after JeanEtienne Liotard, indisputably one of the 18th century’s finest and most impressive reproductive prints. Liotard, very much a man of his own mind, commissioned the French engravers, Simon François Ravenet and Jean Daullé, two of the most prominent representatives of their guild, to produce this mag nificent print, a veritable icon of the ancien régime and the elegance it epitomised. Liotard undoubtedly supervised the making of the print, since the refinement of the linework and the subtle distribution of light are of the highest quality – Liotard would have accepted nothing less. The exquisite flower still life, created by Adolf Senff in Rome in 1827 and executed with loving attention to detail, forms an effective contrast to the linear purism of the prints and offers a visual highlight at the end of the catalogue. In view of the colouristic refinement of this work it comes as no surprise that Senff’s contemporaries should have given him the nickname Raffaele di Fiori. My thanks go to Stefanie Löhr and Robert Oberdorfer for their helpful editing. Eveline Deneer gave me active and informed support in the research for this catalogue. The English trans lation – smooth and sensitive as always – was supplied by Robert Bryce. Nicolaas Teeuwisse
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16. – 17. Jahrhundert
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1. pietro francesco alberti
(1584 Borgo San Sepolcro oder Rom – 1638 Rom)
Academia D’ Pitori. Radierung. 40,5 x 52,8 cm. B. XXVII, 313, 1. Der Maler und Kupferstecher Pietro Francesco Alberti war Mitglied der weitverzweigten, aus Borgo San Sepolcro stammenden Künstlerfamilie der Alberti. Er war fast ausschließ lich in Rom tätig, wo er der Accademia di S. Luca angehörte. Die vorliegende großformatige Darstellung einer Malerakademie ist das einzige druckgraphische Blatt, das der Künstler geschaffen hat und besitzt daher einen eminenten Seltenheitswert. Die Komposition besticht durch ihren Reichtum an einfühlsam und humorvoll beobachteten Details. Wir sehen einen geräumigen Saal, in dem Schüler und Lehrer entsprechend den kunst theoretischen Vorstellungen der Renaissance mit einer Vielzahl unterschiedlicher Disziplinen wie Mathematik, Anatomie, Archi tektur, Bildhauerei und Zeichnen, beschäftigt sind. Durch das weit geöffnete Fenster strömt Tageslicht in den kargen Raum, links wird ein jugendlicher Schüler, der ein Empfehlungsschreiben in der Hand hält, in den Studiensaal eingelassen. Antike Skulpturfragmente und Gipsabgüsse stehen lose auf einem Brett an der Wand oder sind mit einem Nagel an dieser befestigt. Die drei aufgehängten Gemälde symbolisieren die Gattungen religiöse Malerei, Bildnis- und Landschaftsmalerei. Programmatisch sind die einzelnen Fachdisziplinen dargestellt, die der Kunststudent zu absolvieren hat, um zu einem allseitig und humanistisch gebildeten Künstler heranzuwachsen. In seiner Auswahl der kompositorischen Elemente dürfte Alberti wesentlich von Cornelis Corts Darstellung Die Praktikanten der bildenden Künste (The Practioners of the Visual Arts) beeinflusst worden sein (The New Hollstein III, 210). Dieser 1578 in Rom herausgegebene Kupferstich nach einer Zeichnung des Johannes Stradanus (British Museum, London) zeigt mehrere verwandte Bildmotive wie die menschlichen Skelette, links der Bildmitte, und den einer Sektion unterworfenen Leichnam dahinter. Während Stradanus jedoch ein Hochformat gewählt hat und die einzelnen Motive der Darstellung bei ihm eng gedrängt sind, entfaltet sich die Komposition bei Alberti in die Breite und ist räumlich weitaus lockerer und übersichtlicher angeordnet.
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Es geht hoch her in Albertis Akademie und der Raum scheint vor lauter Betriebsamkeit zu vibrieren. Links im Vordergrund zeigt ein älterer Künstler zwei Schülern ein Studienblatt mit Augen. Dem Zeichnen des menschlichen Gesichtes, insbesondere der Augen, wurde in der Unterrichtspraxis des 16. Jahrhunderts und in den Modellbüchern jener Epoche höchste Priorität beigemessen und als der Anfang jeglicher künstleri scher Tätigkeit betrachtet. Interessanterweise zeigt auch Stra danus’ Vorzeichnung für den Kupferstich von Cornelis Cort ganz links einen Knaben, der Augen zeichnet; auf der gestoche nen Fassung ist das Zeichenblatt lediglich mit einer neutralen, horizontalen Strichlage versehen (Siehe Michael Bury, The Print in Italy 1550–1620, London 2001, S. 18–21). Auch Hans Collaerts Darstellung eines Künstlerateliers aus der berühmten Folge Nova reperta, die ebenfalls auf Inventionen des Stradanus zurück geht, zeigt rechts im Vordergrund einen jungen Schüler, der mit der gleichen Tätigkeit beschäftigt ist. Weitere Bildmotive im Vordergrund sind das Studium der Mathematik, dessen Komposition unmittelbar auf Raphaels Schule von Athen zurück geht, das Zeichnen nach einem menschlichen Skelett (analog Corts Kupferstich) und das Modellieren der menschlichen Figur. Ungeachtet dieses emsigen Treibens wird im Hintergrund rechts in aller Seelenruhe eine Leiche seziert; skurril ist der fragmentarische Bildausschnitt der Kreuzigung über dem Seziertisch, der Christus ohne Unterarme und Maria und Johannes nur zur Hüfte zeigt. Rechts neben der Tür ist schließlich das Studium der Architektur dargestellt. Das Ganze ist in einer leichten, spirituellen Radiertechnik behandelt, die dieses Blatt zu einem reizvollen und ungewöhnlichen Dokument der Akademiepraxis des frühen Seicento macht. Prachtvoller, klarer und harmonischer Druck mit leichtem Plattenton und gleichmäßigem Rand um die deutlich zeichnende Plattenkante. Minimale Altersspuren, sonst sehr gut erhalten.
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1. pietro francesco alberti
(1584 Borgo San Sepolcro or Rome – 1638 Rome)
Academia D’ Pitori. Etching. 40.5 x 52.8 cm. B. XXVII, 313, 1. The painter and engraver Pietro Francesco Alberti was a descen dant of a large, well-known family of artists who originated from Borgo San Sepolcro. He worked almost exclusively in Rome, where he was a member of the Accademia di S. Luca. This delightful, large-scale depiction of a painting academy is the only print the artist ever made and therefore a precious rarity. The composition owes its appeal to the wealth of sensitively and humorously observed details. We see a spacious hall in which students and teachers, in keeping with the artistic theories of the Renaissance, are engaged in a large number of different disciplines, such as mathematics, anatomy, architecture, sculpture and drawing. Through the wide-open window daylight streams into the sparsely furnished interior. On the left, a young student presenting a letter of recommendation is being admitted to the vast classroom. Fragments of ancient sculpture and plaster casts stand on a shelf or are fastened to the wall by a nail. The three paintings hanging on the wall symbolize the different genres of religious painting, portraiture and landscape painting. In an exemplary way the individual disciplines are shown, which art students had to complete in order to develop into artists with an all-round humanist education. In his choice of compositional motifs Alberti was probably greatly influenced by Cornelis Cort’s print The Practice of the Visual Arts (The New Hollstein III, 210). This engraving, published in Rome in 1578 after a drawing by Johannes Stradanus (British Museum, London), shows several related iconogra phical elements, such as the human skeleton slightly left of centre and the corpse undergoing dissection behind it. However, while Stradanus selected an upright format, in which the individual motifs are all crowded together, Alberti’s com position is conceived horizontally and arranged much more spaciously so that everything can be clearly discerned.
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There is a lot going on in Alberti’s academy and the hall must have fairly buzzed with activity. In the left foreground an older artist is showing two students a sheet from a model book illustrating eyes. In 16th century art teaching and in the model books of that epoch paramount importance was attached to the drawing of the human face, especially the eyes, this being con sidered the beginning of any artistic activity. Interestingly enough, Stradanus’ preliminary drawing for Cornelis Cort’s engraving also shows at far left a boy drawing eyes. In the engraved version, however, the boy’s sheet of paper is covered with neutral, horizontal lines (see Michael Bury, The Print in Italy 1550–1620, London 2001, pp. 18–21). Hans Collaert’s depiction of an artist's studio from the famous series Nova reperta, which is equally based on an invention by Stradanus, also shows in the right foreground a young student engaged in the same activity. Other iconographical motifs in the foreground are the study of mathematics, whose composition is derived straight from Raphael’s School of Athens; drawing from a human skeleton (analogous to Cort’s engraving); and the modelling of the human figure. In the right background, regardless of the surrounding bustle, a corpse is calmly being dissected. In a bizarre detail the fragmentary representation of the Crucifixion over the dissecting table shows Christ without forearms and Mary and John only to the hip. Finally, the discipline of architecture is illustrated to the right of the door. Everything is treated in a light and spiritual etching technique, which makes this work a charming and unusual document of the teaching practices of the early seicento. A splendid, clear and harmonious impression with subtle plate tone, with even margins around the distinct platemark. Minor ageing, otherwise in very good condition.
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2. allaert claesz. (geb. um 1508 in Amsterdam, tätig in Utrecht und Amsterdam 1520–1555)
allaert claesz. (born circa 1508 in Amsterdam, active in Utrecht and Amsterdam 1520–1555)
Joseph und die Frau des Potiphar. Kupferstich in Rautenform. 8,5 x 6,5 cm. Hollstein 19.
Joseph and the Wife of Potiphar. Engraving, lozenged. 8.5 x 6.5 cm. Hollstein 19.
Allaert Claesz., der um 1525 in Amsterdam tätig war, soll laut Carel van Mander der Lehrer von Pieter Aertsen gewesen sein und zu seiner Zeit als einer der besten Maler in Amsterdam gegolten haben. In der Vergangenheit sind mehrere Versuche unternommen worden, sein malerisches Werk enger einzugrenzen, jedoch ergibt sich von Claesz.’ Tätigkeit als Maler bis auf den heutigen Tag kein klar umrissenes Bild. Sein druckgraphi sches Werk dagegen umfasst etwa zweihundert Blatt, die jedoch stilistisch uneinheitlich sind, so dass anzunehmen ist, dass mehrere Mitarbeiter einer Werkstatt an ihrer Ausführung betei ligt gewesen sind.
According to Carel van Mander, Allaert Claesz., who was active in Amsterdam around 1525, taught Pieter Aertsen and was considered one of the foremost painters in the city at the time. Several attempts have been made to delineate his painted oeuvre more closely, but even now there is still no clearly defined picture of Claesz.’ work as a painter. His printed oeuvre, on the other hand, encompasses some two hundred works. Given their lack of stylistic uniformity, however, it can be assumed that several studio workers were involved in their execution.
Der vorliegende Kupferstich ist von größter Seltenheit. Hollstein erwähnt lediglich ein Exemplar aus der Sammlung Freiherr von Lanna und auch in der Sammlung des Rijksprentenkabinet in Amsterdam fehlt das Blatt. Es handelt sich um eine freie Wiederholung eines kleinen Kupferstichs im Rund des Hans Sebald Beham, Hollstein 14. Claesz. hat die Darstellung um eine florale Zierleiste erweitert und sie im Vergleich zum Ori ginal weniger anstößig gemacht, indem das Geschlechtsteil Josephs nicht länger erigiert ist. Offenbar tat der Künstler dies aus Rücksicht auf die strengeren Moralvorstellungen in den calvinistisch geprägten Niederlanden. Die Darstellung ist in einer akkuraten und feinteiligen Kupferstichtechnik ausgeführt, die den Meister ganz auf der Höhe seiner Kunst zeigt. Ganz ausgezeichneter, nuancierter Druck mit feinem Rändchen. Minimale Altersspuren, sonst vorzüglich erhalten.
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The present engraving is of the utmost rarity. Hollstein men tions just one impression from the collection of Freiherr von Lanna and there is none at all in the collection of the Rijkspren tenkabinet in Amsterdam. The work is a free repetition of a small circular engraving by Hans Sebald Beham, Hollstein 14. Claesz. added a floral border and made the depiction less offensive than the original by no longer showing Joseph’s member in an aroused state. The artist evidently did so out of consideration for the stricter morals he encountered in the Calvinist Netherlands. The work has been executed in a precise and intricate engraving technique which shows the master at the pinnacle of his art. A very fine, nuanced impression with thread margins. Minor ageing, otherwise in excellent condition.
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3. cornelis cort
cornelis cort
Die Heilige Familie mit der hl. Anna und Johannes dem Täufer. Kupferstich nach Federico Zuccaro. 28 x 23,4 cm. Um 1570. Bierens de Haan 48, The New Hollstein 87 vor I (von II).
The Holy Family with St. Anne and John the Baptist. Engraving after Federico Zuccaro. 28 x 23.4 cm. Circa 1570. Bierens de Haan 48, The New Hollstein 87 before I (of II).
Cornelis Cort zählt zweifellos zu den bedeutendsten und einflussreichsten Reproduktionsstechern des 16. Jahrhunderts. Seine handwerkliche Meisterschaft und Beherrschung des Mediums haben gültige Qualitätsmaßstäbe gesetzt, welche die spätere Entwicklung der Gravierkunst in den Niederlanden und Italien entscheidend prägen sollten. Die hohe Zahl der Auflagen und Kopien belegen die Beliebtheit seines graphischen Œuvres. Corts Prestige als Kupferstecher war so groß, dass Tizian die Zusammenarbeit mit ihm suchte und den Künstler in den Jahren 1565– 66 mit der Anfertigung von Reproduktionsstichen nach einigen seiner Gemälde beauftragte. Von 1566 an war Cort in Rom tätig, wo er weitere Auftragsarbeiten für namhafte Verleger wie Antonio Lafreri und Antonio Salamanca ausführte. Zu den Künstlern, deren Werke er gravierte, gehören Federico Barocci, die Gebrüder Zuccaro und Girolamo Muziano, mit anderen Worten, Cort bewegte sich in Venedig und Rom im Kreise der größten Künstler seiner Zeit.
Cornelis Cort was indisputably one of the most eminent and influential reproductive engravers of the 16th century. His mastery of the craft set enduring standards of quality which were to leave their mark on the later development of engraving in the Netherlands and Italy. The large number of editions and copies testify to the popularity of his printed work. Cort’s prestige as an engraver was so great that Titian sought him out as a collaborator and in 1565/66 commissioned the artist to execute reproductive engravings after some of his paintings. From 1566 onwards Cort lived in Rome, where he worked for well-known publishers such as Antonio Lafreri and Antonio Salamanca. Artists whose works he engraved include Federico Barocci, the Zuccaro brothers and Girolamo Muziano. In other words, while in Venice and Rome Cort moved in the circles of the greatest artists of his day.
(1533 Hoorn oder Edam – 1578 Rom)
Das vorliegende Blatt ist ein charakteristisches Beispiel für die römischen Schaffensjahre Corts. Die kompakte, skulptural anmutende Komposition atmet Grandeur und Noblesse und geht auf eine Invention Federico Zuccaros zurück, der in jener Epoche zur Crême der in Rom tätigen Künstlerschaft zählte. In einer schlichten, wuchtigen Graviertechnik hat Cort die Vorlage Zuccaros in das Schwarz-Weiß-Medium übertragen. Er tut dies respektvoll und zurückhaltend, ohne dem Original seinen persönlichen Stempel aufzudrücken. Die eng geführten, reich modulierten Schraffurmuster schaffen wirkungsvolle Helldunkel-Kontraste, die den emotionalen Gehalt und den visuel len Reiz der Darstellung wesentlich steigern. Der Kupferstich muß sich großer Popularität erfreut haben. Es sind wenigstens drei Kopien bekannt, darunter eine modifizierte Fassung von der Hand Cherubino Albertis. Prachtvoller, leuchtender und gegensatzreicher Probedruck, der in dieser Form den Autoren des New Hollstein unbekannt war. Abzug der ungereinigten Platte mit zahlreichen Wischspuren, die Plattenkante tief und gratig druckend und mit reichlich Spuren von Druckerschwärze im weißen Rand, der an drei Seiten unterschiedlich breit bzw. links auf die Plattenkante beschnitten ist. Vor der Signatur des Künstlers, vor der Jahreszahl und der Adresse von Lafreri. Es dürfte sich um ein Unikat handeln, bereits der erste Druckzustand ist von großer Seltenheit. Der New Hollstein verzeichnet insgesamt fünf Exemplare des ersten Etats in Berlin (Kriegsverlust), Brüssel, Cambridge, El Escorial, München und Wien. Geringfügig fleckig, sonst in sehr guter Erhaltung und von großer authentischer Ausdruckskraft. 14
(1533 Hoorn or Edam – 1578 Rome)
The present engraving is a highly characteristic example of Cort’s Roman period. The concentrated, sculpture-like composition emanates grandeur and elegance and is based on an invention by Federico Zuccaro, who at the time ranked among the leading artists active in Rome. Using a deft and powerful engraving technique, Cort has convincingly translated Zuccaro’s original into the black-and-white medium. He has done so unobtrusively, however, without trying to impose his own personal stamp on the original. The dense, richly modulated hatching patterns create striking chiaroscuro effects, which heighten the emotional pathos and the visual appeal of the scene. This engraving must have enjoyed great popularity, as at least three copies are known to exist, one of which is by Cherubino Alberti. A superb, rich and contrasting impression unknown in this form to the authors of the New Hollstein. An impression from the uncleaned plate with numerous wiping marks, the platemark distinct and inky and with numerous traces of printer’s ink in the white margin, which is of varying width on three sides and trimmed to the platemark on the left. Before the artist’s signature, before the date and the address of Lafreri. This is in all likelihood a unique specimen, the first state being extremely rare. The New Hollstein records a total of five impres sions of the first state: in Berlin (lost in the war), Brussels, Cambridge, El Escorial, Munich and Vienna. Minor staining, otherwise in very good condition and of great, authentic expressiveness.
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4. johannes van doetecum (ab 1551 nachweisbar in Deventer – 1605 Haarlem) lucas van doetecum (tätig von 1559 bis 1573 in Deventer und Antwerpen) Eine weite Flusslandschaft mit einer Stadt. Radierung. 14,1 x 40 cm. 1562. Hollstein (Hieronymus Cock) 5; The New Hollstein (Hans Bol) 229. Wasserzeichen Krüglein. Das fein durchgeführte Einzelblatt mit dem ungewöhnlichen rechteckigen Querformat ist stilistisch und ikonographisch eng verwandt mit einer Folge von zwölf Landschaften nach Hans Bol, die Johannes und Lucas van Doetecum im gleichen Jahr 1562 für den Antwerpener Verleger Hieronymus Cock ausführten. Dieser Zyklus nach Zeichnungen Bols erfreute sich offenbar großer Beliebtheit, denn angesichts der vielen existierenden Abzüge muss die Auflage recht hoch gewesen sein. Noch im Jahre 1630 veröffentlichte der Verleger Hendrick Hondius in Den Haag eine zweite Auflage. Unser Blatt besticht durch seine atmosphärische Dichte und Vielfalt an erzählerischen Details, die ganz dem künstlerischen Idiom Hans Bols entsprechen.
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Der breite, von vereinzelten Kähnen und Segelbooten befahrene Fluss windet sich in einer gemächlichen S-Kurve zum Horizont, an seinen Ufern tummeln sich winzige Staffagefiguren, die unterschiedlichsten Tätigkeiten nachgehen. Alltägliches, emsiges Trei ben beherrscht diese friedliche „Weltlandschaft“. Die landschaftliche Szenerie mit ihren sommerlich belaubten Bäumen und malerischen Bauten im Vordergrund ist stärker geätzt, während die bewachsenen Hügel am Horizont in einem sanften Sfumato erscheinen. Die Radierung ist selten, der New Hollstein verzeichnet lediglich fünf Exemplare in Amsterdam, Brüssel, Stuttgart, Wien und Wolfegg. Ausgezeichneter, scharfer und harmonischer Druck mit der Einfassungslinie. Winzige Bereibung in der linken oberen Ecke, sonst vorzügliches, unbehandeltes Exemplar.
johannes van doetecum
(known to have been in Deventer after 1551–1605 Haarlem)
lucas van doetecum
(active from 1559 to 1573 in Deventer and Antwerp)
A Wide Riverscape with a Town. Etching. 14.1 x 40 cm. 1562. Hollstein (Hieronymus Cock) 5; The New Hollstein (Hans Bol) 229. Watermark: Small Jug. In stylistic and iconographical respects this individual print, finely executed in a rather unusual rectangular landscape format, is closely related to a suite of twelve landscapes after Hans Bol which Johannes and Lucas van Doetecum produced for the Antwerp publisher, Hieronymus Cock, in the same year 1562. This series after drawings by Bol was evidently extremely popular. The many impressions still available suggest it must have been a very large edition. The publisher, Hendrick Hondius, issued a second edition in The Hague as late as 1630. The appeal of the present print lies in its atmospheric density and a plethora of narrative details which are fully in keeping with Hans Bol’s artistic idiom.
The wide river, navigated by a number of barges and sailing boats, winds its way in a leisurely S-bend towards the horizon, while a host of tiny staffage figures pursue a variety of activities on its banks. This peaceful ‘world landscape’ is punctuated by the hustle and bustle of everyday life. The landscape with the summery deciduous trees and picturesque buildings in the foreground is deeply etched, whereas the wooded hills on the horizon appear in a soft sfumato. The etching is extremely rare. The New Hollstein records just five impressions in Amsterdam, Brussels, Stuttgart, Vienna and Wolfegg. A very fine, crisp and harmonious impression with the framing line. A tiny abrasion in the top left-hand corner, otherwise in impeccable condition.
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5. michele greco (oder Grecchi, genannt Lucchese, tätig zwischen 1534 und 1564 in Rom)
michele greco (or Grecchi, known as Lucchese, active in Rome between 1534 and 1564)
Moses, mit seinem Stab Wasser aus dem Felsen schlagend. Kupferstich. 27,6 x 42,2 cm. Nagler, Die Monogrammisten, IV, 1977, 1 I (von II); Passavant VI, 104, 2 (Ecole Romaine de Marc Antoine).
Moses Strikes at a Rock, from which Water Gushes. Engraving. 27.6 x 42.2 cm. Nagler, Die Monogram misten, IV, 1977, 1 I (of II); Passavant VI, 104, 2 (Ecole Romaine de Marc Antoine).
Der Name des Malers, Kupferstechers und Verlegers Michele Greco erscheint im Jahre 1534 zum ersten Mal im Verzeichnis der Accademia di S. Luca in Rom, 1551 ist er als Maler nachgewiesen. Greco fertigte vorwiegend Reproduktionsstiche nach prominenten Künstlern seiner Zeit an wie Raphael, Michel angelo, Polidoro da Caravaggio und Baccio Bandinelli, und allein schon aus diesem Grund haben seine Blätter einen nicht geringen dokumentarischen Wert. Grecos zwischen 1547 und 1564 entstandenes druckgraphisches Œuvre fehlt in Adam von Bartschs Peintre-Graveur und ist auch in der späteren Literatur nur lückenhaft beschrieben.
The name of the painter, engraver and publisher, Michele Greco, first appeared in 1534 in the register of the Accademia di S. Luca in Rome; in 1551 he was listed as a painter. Greco mostly made reproductive engravings after prominent artists of his time, such as Raphael, Michelangelo, Polidoro da Caravaggio and Baccio Bandinelli, which explains the considerable documentary value of his prints. Greco’s printed oeuvre, which arose between 1547 and 1564, is not included in Adam von Bartsch’s Peintre-Graveur and only sketchily described in the later literature.
Der vorliegende außerordentlich seltene Kupferstich geht auf eine Zeichnung Polidoro da Caravaggios zurück, die heute in der Pierpont Morgan Library in New York aufbewahrt wird. Die vielfigurige, kompakt strukturierte und durch viele anmutige, anekdotische Details belebte Komposition ist treffsicher und abwechslungsreich gestaltet, während Grecos schlichte und wuchtige Kupferstichtechnik die Plastizität der einzelnen Protagonisten und der Felsformationen hervorhebt und eine markante Helldunkelwirkung erzeugt. Ein schönes Detail ist der kleine Hund links, der vorsichtig über einen schmalen Steg den Abhang hinunterklettert. Prachtvoller, gegensatzreicher und leuchtender Frühdruck, vor dem Monogramm des Künstlers und vor der Adresse von Lafreri. Vor der Überarbeitung mit dem Grabstichel, bei der die Felsen vorne rechts und die felsige Landschaft im Hintergrund mit weiteren, engen Strichlagen zugedeckt wurden. Mit feinem Rändchen um die Einfassungslinie. Geringfügige Erhaltungsmängel, der Gesamteindruck jedoch sehr schön.
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The present extremely rare engraving is based on a drawing by Polidoro da Caravaggio, now in the Pierpont Morgan Library in New York. The composition is enlivened by the many figures, its compact structure and a wealth of delightful anecdotal details, all of which are rendered with great accuracy and variety, while Greco’s simple, rough etching technique emphasises the contours of the individual protagonists and rock formations and produces a striking chiaroscuro effect. A fine instance of the detail is the little dog clambering cautiously down the slope on a narrow path. A superb, rich, early impression, before the artist’s monogram and before the address of Lafreri. Before the reworking with the burin, in which the rocks in the right foreground and the rocky landscape in the background were covered over with additional narrow hatching. With thread margins around the framing line. Minor ageing, otherwise in excellent condition.
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6. josias murer
josias murer
Der barmherzige Samariter. Federzeichnung in Schwarz, grau laviert. 26 x 16 cm. Monogrammiert und datiert: „IM. 1608“.
The Good Samaritan. Pen and black ink, grey wash. 26 x 16 cm. Monogrammed and dated: “IM. 1608”.
Josias Murer war der Sohn des Züricher Glasmalers Jos Murer und wurde gemeinsam mit seinem älteren Bruder Christoph (1558–1614) in der Werkstatt des Vaters ausgebildet. Während Christophs künstlerischer Werdegang umfassend dokumentiert ist, sind über Leben und Werk des Josias nur relativ wenige Fakten überliefert. Der als Künstler bekanntere Christoph Murer begab sich um 1579 auf Wanderschaft nach Basel und Straßburg, wo er in der Werkstatt von Tobias Stimmer tätig war. Im Jahr 1586 kehrte er nach Zürich zurück und eröffnete eine florierende und angesehene Werkstatt. Christoph Murer entwickelte sich bald zu dem bedeutendsten und einflussreichsten Glasmaler und Formschneider im Schweizer und oberrhei nischen Raum. Seine mit manieristischer Eleganz und technischer Virtuosität ausgeführten Scheibenrisse gelten als Hauptwerke der Schweizer Kabinettscheibenmalerei um 1600. Der jüngere Bruder Josias profitierte vom Ruf seines Bruders und dessen zahlreichen privaten und öffentlichen Aufträgen und trat 1588 in die Werkstatt ein. Die Zusammenarbeit muss sehr eng gewesen sein, denn die stilistische Nähe zu den Arbeiten Christophs und insbesondere zu jenen des Vaters Jos ist frappierend. Im Gegensatz zu den beiden genannten Künstlern sind Josias’ Zeichnungen jedoch weitaus rarer.
Josias Murer was the son of Jos Murer, a glass painter from Zurich, and was trained along with his elder brother, Christoph (1558–1614), in his father’s studio. Whereas Christoph’s artistic career is extremely well documented, comparatively little is known about the life and work of Josias. Around 1579 Christoph, the better known artist of the two, travelled to Basel and Strasbourg, where he worked in the studio run by Tobias Stimmer. In 1586 he returned to Zurich, where he opened what proved to be a flourishing and well respected studio. Christoph Murer soon became one of the most significant and influential glass painters and printmakers in Switzerland and the Upper Rhine valley. His stained-glass panels, executed with mannerist ele gance and technical virtuosity, are regarded as the main works of Swiss enamel painting on glass around 1600. Josias profited from the reputation of his elder brother and his numerous private and public commissions and joined his studio in 1588. Coopera tion between them must have been very close, given the strik ing stylistic similarity to Christoph’s works and those of their father, Jos. In contrast to the drawings of Jos and Christoph, those by Josias are much rarer.
(1564–1630, Zürich)
Der vorliegende Scheibenriss mit der Darstellung des barmherzigen Samariters ist in einem flüssigen, routinierten Zeichenstil ausgeführt und trägt die Jahreszahl 1608. Die breiten, fein abgestuften Lavierungen erzeugen ein markantes Clairobscur. Die Zeichnung ist stilistisch engstens verwandt mit einer Allegorie der Caritas von der Hand des Vaters, die im British Museum in London aufbewahrt wird. Eine Lunette in der oberen Bildhälfte zeigt die Geschichte des barmherzigen Samariters und hat zweifellos als Prototyp für die vorliegende Zeichnung gedient.
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(1564–1630, Zurich)
The present stained-glass panel depicting the Good Samaritan and bearing the date 1608 has been executed with fluidity and consummate skill. The broad, finely gradated washes generate a striking chiaroscuro effect. In stylistic terms the drawing is very closely related to an Allegory of Charity by Josias’ father in the British Museum in London. A lunette in the upper half of the picture shows the face of the Good Samaritan and undoubtedly served as the prototype for the present drawing.
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7. johannes wierix
johannes wierix
Humana Complexio (Allegorie des menschlichen Lebens). Kupferstich nach Frans Pourbus. 42,9 x 34,6 cm. 1579. Mauquoy-Hendrickx 1555 II; The New Hollstein 1841 II.
Humana Complexio (Allegory of Human Life). Engraving after Frans Pourbus. 42.9 x 34.6 cm. 1579. MauquoyHendrickx 1555 II; The New Hollstein 1841 II.
Johannes Wierix war eine erstaunliche Frühbegabung. Bereits in jugendlichem Alter stach er geradezu täuschende Nachbildungen nach Hauptblättern Albrecht Dürers, dessen technisch hochverfeinerter Gravierstil ihn Zeit seines Lebens maßgebend prägen sollte. Die vorliegende großformatige und ikonographisch komplexe Allegorie ist ein prachtvolles Exempel der künstlerischen Fähigkeiten des Johannes Wierix und eine seiner bedeutendsten druckgraphischen Schöpfungen. Die zentrale Darstellung geht auf eine Invention von Frans Pourbus zurück, das gesamte ikonographische Programm und die Verse in lateinischer, niederländischer, französischer und deutscher Sprache stammen von Willem und Godefridus van Haecht, welche auch als Verleger des Blattes zeichneten. Die opulent arrangierte Allego rie ist ein Denkmal christlich-humanistischer Gelehrsamkeit zur Zeit der Gegenreformation. Dargestellt ist ein nackter Knabe, zu dessen Füßen ein Löwe lagert, als Beschützer gegen das Böse und Personifizierung der Kraft. Mit dem rechten Arm stützt das Kind sich auf einen Totenschädel, in der linken Hand hält es eine Sanduhr, Symbol der Endlichkeit der mensch lichen Existenz. Der erhobene Zeigefinger deutet auf ein Medaillon mit dem Namen Christi. Die flankierenden Verse verweisen auf die Dualität der menschlichen Natur: Als Kind unschuldig geboren, ist der Mensch gleichzeitig dem Bösen verfallen. Nur Gottesfurcht bringt die Erlösung. Das Mittelfeld ist von einer reichen ornamentalen Einfassung gerahmt, in den Ecken befinden sich Medaillons mit den vier Lebensaltern. Die unzähligen, mit liebevoller Akribie wiedergegebenen Details stehen in sinn fälligem Bezug zu dieser Thematik. Wir sehen ein Steckenpferd, eine Trommel und anderes Kinderspielzeug, sowie Attribute der Künste, der Wissenschaft und des wirtschaftlichen Wohlergehens, die als Symbole der jugendlichen Strebsamkeit und der Beständigkeit des reiferen Alters fungieren. Das Arrangement aus einem Sarg, Spaten, menschlichen Knochen und einem Schädel verweist schließlich auf das unausweichliche Ende.
Johannes Wierix’ precocious talent emerged early. While still a young man he engraved deceptive copies of the principal works of Albrecht Dürer, whose technically sophisticated engraving style was to exert a defining influence on him for the rest of his life. The present large, iconographically complex allegory is a splendid example of Johannes’ artistic skills and one of his most eminent printmaking achievements. The central scene is based on an invention by Frans Pourbus, whereas the entire iconographical programme and the verses in Latin, Dutch, French and German are by Willem and Godefridus van Haecht, who also published the print. The opulently arranged allegory is a monument to Christian humanist scholarship at the time of the Counter-Reformation. The work centres around a naked boy, at whose feet lies a lion as the personification of strength and protection against evil. The boy’s right arm rests on a skull, while in his left hand he holds an hourglass symbolising the finite nature of human existence. His raised index finger points to a medallion with the name of Christ. The flanking verses refer to the duality of human nature. Born innocent children, human beings are nonetheless slaves to evil. Only fear of God can bring redemption. The middle ground is surrounded by a rich ornamental frame, at the corners of which are placed medallions with the four ages of man. The innumerable attributes rendered with loving meticulousness supply manifest references to this theme. We see a hobby horse, a drum and other children’s toys as well as attributes of the arts, science and economic prosperity, which symbolise the striving of youth and the steadfastness of maturity. An arrangement consisting of a coffin, spade, human bones and a skull points to the inevit able end.
(1549 Antwerpen – um 1620 Brüssel)
Die miniaturistische Feinheit der Graviertechnik und der stupende Detailreichtum dieser Allegorie erheben das vorliegende Blatt zu einem Kunstwerk von Rang und zu einem erlesenen Zeugnis der flämischen Druckgraphik des späten 16. Jahrhunderts. Prachtvoller, scharfer und gegensatzreicher Druck mit gleichmäßigem Rand. Der Kupferstich ist selten und wenige Exemplare haben sich erhalten. The New Hollstein nennt Exem plare in Amsterdam, Brüssel, München, Paris, Rotterdam, Wien und Wolfegg, jedoch sind einige der verzeichneten Exemplare beschnitten oder unvollständig. Leichte Alterspuren, sonst vorzüglich erhalten.
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(1549 Antwerp – circa 1620 Brussels)
The miniaturist delicacy of the engraving technique and the stupendous wealth of detail in this allegory make the present print an eminent work of art and an exquisite example of Flemish printmaking in the late 16th century. A superb, crisp and contrasting impression with even margins. The engraving is rare and only a few impressions have survived. The New Hollstein mentions impressions in Amsterdam, Brussels, Munich, Paris, Rotterdam, Vienna and Wolfegg. However, some of the recorded impressions are trimmed or incomplete. Minor ageing, otherwise in excellent condition.
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8. herman breckerveld
herman breckerveld
Das Bollwerk des St. Janspoort in Arnheim. Federzeichnung in Braun über Graphit. 17,2 x 25,7 cm. Signiert und datiert: „H. Breckerveld f: Arnhem / 1626“.
The Bastion of St. Janspoort in Arnheim. Pen and brown ink over graphite. 17.2 x 25.7 cm. Signed and dated: “H. Breckerveld f: Arnhem / 1626”.
Der aus dem Rheinland stammende Herman Breckerveld trat 1623 als Wappen- und Glasmaler der Lukasgilde in Den Haag bei. Ab 1625 war der Künstler in Arnheim tätig, wo er sich neben der Malerei vor allem als Glasmaler und Graphiker her vortat. Kurz nach seiner Ankunft in Arnheim entstand die vorliegende Zeichnung, welche das in unmittelbarer Nähe des St. Janspoort gelegenene Bollwerk darstellt. Das markante Stadttor, das von Herzog Karel van Gelre im Jahre 1537 erbaut wurde, befand sich nordwestlich der Stadt und wurde 1825 abgerissen. Breckerveld ist unübersehbar um topographische Akkuratesse bemüht und erkundet die pittoreske Stadtlandschaft seiner neuen Heimat mit sichtlicher Freude am Detail. Staffagefiguren in bäuerlicher Tracht und vornehm gekleidete Mitglieder des wohlhabenden Bürgertums verweilen am Stadtgraben und verleihen der Darstellung Atmosphäre und Lokalkolorit. In einer detaillierten und abwechslungsreichen Federtechnik hat Breckerveld die Beschaffenheit des verwitterten, bewachsenen Mauerwerks suggestiv und plastisch dargestellt. Transparent gehaltene Partien wechseln sich mit dicht schraffierten Stellen ab, wodurch eine visuell reizvolle Helldunkelwirkung entsteht. Das Ganze atmet eine große Lebendigkeit und die feinteilige Technik erinnert an die Druck graphik Haarlemer Zeitgenossen wie Esaias und Jan van de Velde.
Herman Breckerveld, who hailed from the Rhineland, was admitted to the Guild of St. Lucas in The Hague as a coat-ofarms and glass painter in 1623. From 1625 he worked in Arnheim, where he gained a reputation not just as a painter but also as a glass painter and printmaker. The present drawing, made shortly after his arrival in Arnheim, shows the bastion in the immediate vicinity of St. Janspoort. The distinctive town gate to the north-west of the city, built by Duke Karel van Gelre in 1537, was demolished in 1825. Breckerveld is clearly at pains to ensure topographical accuracy and explores the picturesque urban landscape of his new home with a great fondness for detail. Staffage figures in peasant costume and elegantly clad members of the affluent middle class linger near the town moat, lending the scene atmosphere and local colour. Brecker veld’s varied and detailed penwork produces a suggestive, threedimensional rendering of the weathered, overgrown walls. Transparent areas alternate with dense hatching, thus creating a visually appealing chiaroscuro effect. The whole radiates immense vitality and the intricate technique is reminiscent of the prints of Haarlem contemporaries such as Esaias and Jan van de Velde.
(1595/96 Duisburg – 1673 Arnheim)
Nur wenige Handzeichnungen von der Hand Breckervelds haben sich erhalten und befinden sich in musealen Samm lungen in Amsterdam, Berlin und Hannover. Siehe zum Leben und Werk des Künstlers R. van ’t Zelfde, „Herman Jansz. Breckerveld. Een veelzijdig ambachtsman“, Oud Holland, CXX, 2007, S. 52, Nr. T 15. Ausstellungskataloge: Arnhem, Gemeente museum, Tentoonstelling ter herdenking van het 700-jarig stads bestaan, 1933; Arnhem, Gemeentemuseum, Twee eeuwen kunst in en om Arnhem 1600–1800, 1952, Nr. 35. Provenienz: Auktionskatalog De Vries, Amsterdam, 14. Dezember 1911, Nr. 1275 (65 Gulden an F. Muller); John Postle Heseltine (1843–1929); Frederik Muller et Cie, Amsterdam, 27.–28. Mai 1913, Nr. 60 (110 Gulden an F. Muller); Sammlung I. Q. van Regteren Altena (Lugt 4617).
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(1595/96 Duisburg – 1673 Arnheim)
Drawings by Breckerveld are extremely rare and the few sheets which have come down to us are now in museum collections in Amsterdam, Berlin and Hanover. For more on the life and work of the artist see R. van ’t Zelfde, “Herman Jansz. Breckerveld. Een veelzijdig ambachtsman”, Oud Holland, CXX, 2007, p. 52, No. T 15. Exhibition catalogues: Arnhem, Gemeente museum, Tentoonstelling ter herdenking van het 700-jarig stadsbestaan, 1933; Arnhem, Gemeentemuseum, Twee eeuwen kunst in en om Arnhem 1600–1800, 1952, No. 35. Provenance: Auction catalogue De Vries, Amsterdam, 14 December 1911, No. 1275 (65 Gulden to F. Muller); John Postle Heseltine (1843–1929); Frederik Muller et Cie, Amsterdam, 27–28 May 1913, No. 60 (110 Gulden to F. Muller); Collection I. Q. van Regteren Altena (Lugt 4617).
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9. giuseppe diamantini
giuseppe diamantini
Allegorie mit mythologischen Figuren. Radierung. 31,7 x 23 cm. Bartsch XXI, 274, 12; The Illustrated Bartsch, 47, Part 3, Commentary, S. 36, 012. Wasserzeichen Tre Lune.
Allegory with Mythological Figures. Etching. 31.7 x 23 cm. Bartsch XXI, 274, 12; The Illustrated Bartsch, 47, Part 3, Commentary, p. 36, 012. Watermark: Tre Lune.
Giuseppe Diamantini zählt zu den führenden venezianischen Radierern der zweiten Hälfte des Seicento, obwohl er aus Fossom brone in den Marken stammte. Ausgebildet in Bologna, wo er bei Giovanni Andrea Sirani in die Lehre ging und von dem Vorbild Simone Cantarinis wesentlich geprägt wurde, ließ sich Diamantini in den 1650er Jahren in Venedig nieder, wo er fast sein ganzes Leben als Maler und Radierer tätig sein sollte. Diamantini schuf ein recht umfangreiches druckgraphisches Œuvre, das durch seinen ungestümen, spontanen Duktus und seine malerische, atmosphärische Wirkung besticht. Viele seiner Blätter erschienen in sehr kleinen Auflagen, was auch die Seltenheit der vorliegenden Radierung erklärt. Diamantinis künstlerische Handschrift ist von großer Individualität und leicht erkennbar. Aller Wahrscheinlichkeit nach radierte der Künstler seine Kompositionen ohne Vorzeichnung direkt auf die Kupferplatte, die Linienführung ist entsprechend frei und beschwingt und verzichtet auf Detailreichtum zugunsten tonaler Wirkung.
Giuseppe Diamantini was one of the foremost Venetian etchers in the second half of the Seicento, although he actually hailed from the Marches. Trained in Bologna, where he was apprenticed to Giovanni Andrea Sirani and greatly influenced by the work of Simone Cantarini, Diamantini settled in the 1650s in Venice, where he was to work as a painter and etcher for almost the whole of his life. He produced a quite substantial printed oeuvre whose appeal derives from the impetuous, spontaneous style and the painterly, atmospheric effect. Many of his works were published in very small editions, which accounts for the rarity of the present etching. Diamantini’s artistic signature is of great individuality and instantly recognisable. In all prob ability the artist dispensed with any preliminary drawings and etched his compositions straight onto the plate. The linework is correspondingly free and lively and eschews extensive detail in favour of tonal effect.
(1621–1705, Fossombrone)
Die Ikonographie der vorliegenden Radierung ist nicht eindeutig geklärt. Links erkennt man Herkules in Rückenansicht. Die nackte Frau zu seiner Linken dürfte Urania sein, worauf der Globus hinter ihr verweist. Bei der sitzenden weiblichen Gestalt in der Mitte könnte es sich um Io handeln, die von Jupiter in eine Färse verwandelt wurde. Der bewusste Verzicht auf eine eindeutig klare Ikonographie könnte vom Künstler gewollt sein und transformiert die anmutige Szene – ganz im Sinne der venezianischen Kunst – in ein poetisches Capriccio. Um 1663 wurde Diamantini in den Adelsstand erhoben; der Zusatz „Eques“ in der Signatur deutet daraufhin, dass die Radierung nach diesem Datum entstanden ist. Ganz ausgezeichneter, lebendiger und toniger Druck mit feinem Rändchen um die stellenweise gratige Plattenkante. Minimale Erhaltungsmängel, sonst sehr schönes Exemplar. Bellini verzeichnet lediglich drei Exemplare in Berlin, London und Wien.
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(1621–1705, Fossombrone)
The iconography of the present etching has not been finally clarified. Hercules can be seen from the back in the left foreground. The globe behind the naked woman on his left indi cates that she is probably Urania. The female figure sat in the centre of the picture could be Io, whom Jupiter turned into a heifer. The artist’s conscious renunciation of any clear-cut iconography might have been intentional and it transforms the charming scene into a poetic capriccio fully in keeping with Venetian art. Diamantini was raised to the peerage around 1663; the addition of ‘Eques’ in the signature indicates that the etching was made after this date. A very fine, lively and tonal impression with thread margins around the partly inky platemark. In excellent condition. Bellini records just three impressions in Berlin, London and Vienna.
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10. luca giordano
luca giordano
Christus und die Ehebrecherin. Radierung. 36 x 50,1 cm. 1653. Bartsch 21, 177, 5 I (von II). Wasserzeichen Osterlamm im Doppelkreis.
Christ and the Adulteress. Etching. 36 x 50.1 cm. 1653. Bartsch 21, 177, 5 I (of II). Watermark: Easter Lamb in Double Circle.
Luca Giordano ist zweifellos eine der zentralen Künstlerpersönlichkeiten der neapolitanischen Barockmalerei. Seine ungeheure Produktivität und Schaffenskraft waren schon bei den Zeitgenossen legendär, was ihm den Beinamen Fà presto einbrachte. Giordano wurde in seinen Anfangsjahren in Neapel wesentlich durch Jusepe de Ribera geprägt und anschließend stark von Pietro da Cortona beeinflusst, dessen Schüler er möglicherweise war. Der Künstler unternahm zahlreiche Studien reisen durch Italien und verblieb längere Zeit in Venedig, wo er insbesondere das Schaffen Veroneses studierte. Im Unterschied zu seinem sehr umfangreichen malerischen Œuvre schuf Giordano lediglich sechs Radierungen, die alle seiner Frühzeit entstammen. Die Blätter sind stilistisch recht uneinheitlich, was auf die Diversität von Giordanos Inspirationsquellen zurück zuführen ist. Seine Radierungen sind selten und wurden offenbar in kleinen Auflagen gedruckt, was sich dadurch erklären lässt, dass der Künstler zum Zeitpunkt ihrer Entstehung noch nicht das spätere Renommee genoss. Alle Blätter entstanden in Neapel und wurden dort Anfang der 1650er Jahre, unmittelbar nach Giordanos erster Reise nach Venedig und Norditalien, von lokalen Verlegern herausgegeben.
Luca Giordano is one of the key artistic figures in Neapolitan Baroque painting. His prolific output and tremendous creative powers were legendary among his contemporaries, earning him the epithet Fà presto. In his early years in Naples, Giordano was substantially influenced by Jusepe de Ribera and later by Pietro da Cortona, under whom he may have studied. The artist undertook several journeys to Italy and spent a lengthy period in Venice, where he studied the work of Veronese very closely. In contrast to his extensive painted oeuvre Giordano produced just six etchings, all of which date to his early period. They are very varied in style and point to the diversity of Giordano’s sources of inspiration. His etchings are rare and were evidently printed in small editions, which would explain why the artist did not enjoy the fame of later years at the time he made them. All the works arose in Naples and were issued there by local publishers in the early 1650s immediately after Giordano’s first journey to Venice and northern Italy.
(1634–1705, Neapel)
Christus und die Ehebrecherin ist die einzige datierte Radierung des Künstlers. Sie trägt das Datum 1658, laut Bellini sollte die Jahreszahl jedoch als 1653 gelesen werden. Die großformatige, vielfigürliche Komposition ist in einer leichten, bewegten Radiertechnik ausgeführt, die bewusst eine malerisch-tonale Wirkung anstrebt und noch stark von dem Vorbild Riberas geprägt ist. Die für dieses Blatt charakteristische, leicht ungleichmäßige Druckhaltung zeigt, dass Giordano noch nicht ganz mit den Finessen der Radiertechnik vertraut war. Die Radierung liegt im sehr seltenen ersten Druckzustand, vor der Adresse des Verlegers Francesco Palmieri, vor. Bereits Adam von Bartsch hat auf die Seltenheit dieses Etats hingewiesen. Ganz ausgezeichneter, toniger Druck mit feinem, lebendigem Plattenton, mit schmalem Rändchen. Leichte Alterspuren, sonst vorzüglich erhaltenes, museales Exemplar.
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(1634–1705, Naples)
Christ and the Adulteress is the artist’s only etching with a date on it – 1658. According to Bellini, however, that should read 1653. The large composition with its abundance of figures has been rendered in a light, nimble etching technique which is deliberately intended to produce a tonal, painterly effect and is still very much influenced by Ribera. The slightly uneven printing quality – a characteristic of this work – shows that Giordano is not yet really au fait with the fine points of the technique. This is an impression of the exceedingly rare first state of the etching, before the address of the publisher, Francesco Palmieri. Already Adam von Bartsch noted the rarity of this particular state. A very fine, tonal impression with a delicate, vibrant veil of tone, with thread margins. Minor ageing, otherwise in perfect condition.
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11. paulus moreelse
paulus moreelse
Der sinnende Amor. Radierung und Grabstichel. 16,3 x 12 cm. Hollstein 3.
The Reflecting Amor. Etching and burin. 16.3 x 12 cm. Hollstein 3.
Der Utrechter Bildnis- und Historienmaler Paulus Moreelse hinterließ ein kleines, lediglich vier Blatt zählendes druck graphisches Werk, darunter zwei Clairobscur-Holzschnitte, die in manieristischem Idiom behandelt sind. Hendrick Goltzius hatte die Technik in den 1580er und 1590er Jahren in Haarlem zu neuer Blüte gebracht und auch der ebenfalls aus Utrecht stammende Abraham Bloemaert beschäftigte sich intensiv mit diesem Medium. Die vorliegende Radierung mit dem sinnenden Amor ist von erlesener Seltenheit und fehlt in nahezu allen namhaften musealen Sammlungen. Die Darstellung geht laut der Inschrift auf ein Gemälde Tizians zurück.
Paulus Moreelse, a painter of portraits and historical scenes from Utrecht, left a very small printed oeuvre comprising just four prints, including two chiaroscuro woodcuts treated in a Mannerist idiom. Hendrick Goltzius had brought about a renaissance of the technique in Haarlem in the 1580s and 1590s, and Abraham Bloemaert, who likewise came from Utrecht, also took a keen interest in this medium. The present etching of Amor lost in thought is of exquisite rarity and is missing from virtually all the prominent museum collections. According to the inscription, the work goes back to a painting by Titian.
(1571–1638, Utrecht)
Moreelse wurde zwei Jahre bei Michiel van Mierevelt in Delft ausgebildet und unternahm anschließend eine längere Italienreise, wo er das Modell Tizians für seine Radierung kennengelernt haben dürfte. Die Radierung ist in einem lockeren und spontanen Duktus ausgeführt, welche die malerischen Valeurs und das weiche, samtige Sfumato des venezianischen Originals überzeugend wiedergibt. Der neckische Liebesgott hat sich lässig an einen Baumstrunk angelehnt und blickt verträumt in die Ferne; Pfeile und Bogen liegen unbenutzt auf dem Boden. Die landschaftliche Entourage ist nur summarisch angedeutet, so dass das ganze Augenmerk des Betrachters auf den kleinen, melancholischen Liebesgott gerichtet ist. Mit großer Ökonomie der Mittel gelingt Moreelse ein Höchstmaß an Farbe und Atmo sphäre. Das kleine Format der Radierung betont den intimen Charakter der Darstellung. Prachtvoller, gegensatzreicher und toniger Druck mit feinem Rändchen. Wir konnten lediglich zwei Exemplare im Rijksprentenkabinet in Amsterdam und im Kupferstichkabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden nachweisen. Die kleinen Schäden an der Kupferplatte oben und rechts sind auch auf diesen Abzügen vorhanden.
(1571–1638, Utrecht)
Moreelse trained for two years in Delft under Michiel van Mierevelt and subsequently went on a lengthy trip to Italy, where he probably saw Titian’s painting and used it as the inspiration for his work. The etching has been executed in a light and spontaneous style which convincingly renders the painterly values and the soft, velvety sfumato of the Venetian original. The playful god of love is leaning casually against a tree trunk and look ing dreamily into the distance; his bow and arrows lie unused on the ground. Given that the surrounding landscape is only sketched in, the viewer’s gaze concentrates on the small, melancholy god of love. Moreelse has contrived maximum colour and atmosphere with great economy of means. The small format of the etching underlines the intimate character of the depiction. A superb, contrasting and tonal impression with thread margins. We were only able to find two other impressions in the Rijks prentenkabinet in Amsterdam and in the Kupferstichkabinett, Staatliche Kunstsammlungen Dresden. The minor damage to the plate at the top and on the right is identical with that on the present impression.
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12. i. robillart (Kupferstecher und Verleger, tätig 1. Hälfte 17. Jh. in Frankreich)
i. robillart (engraver and publisher, active in France, first half of the 17th century)
Der ungläubige Thomas. Radierung nach Caravaggio. 21,9 x 28,6 cm. Le Blanc 2; Nagler 1; Moir 18 a, I (von III).
Doubting Thomas. Etching after Caravaggio. 21.9 x 28.6 cm. Le Blanc 2; Nagler 1; Moir 18a, I (of III).
Über Herkunft und Wirken des Zeichners, Kupferstechers und Graphikverlegers Robillart ist, außer der Tatsache, dass er während der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Frankreich tätig gewesen ist, nahezu nichts bekannt. Sogar über die Richtigkeit der Initiale seines Vornamens herrscht Uneinigkeit, sowohl Nagler als auch Le Blanc bezeichnen den Künstler als N. Robillart, während das vorliegende Blatt die Initiale I vorweist. Beide Autoren verzeichnen lediglich zwei Blatt des Künstlers.
Almost nothing is known about the origins and career of the draftsman, engraver and print publisher I. Robillart, other than the fact that he was active in France during the first half of the 17th century. There is even contention surrounding the initial of the artist’s first name. Both Nagler and Le Blanc refer to the artist as N. Robillart, while the present sheet bears the initial I. Both authors list only two sheets by Robillart.
Die Komposition dieser sehr seltenen Radierung geht zurück auf Caravaggios Gemälde mit dem gleichen Sujet, das es im Gegensinn wiedergibt. Um 1600–1601 von Caravaggio geschaffen, stammte das Bild aus der legendären Sammlung des Marchese Vincenzo Giustiniani in Rom und wurde im Jahre 1815 mit zahlreichen anderen Werken vom preußischen König erworben. Zuerst im Berliner Stadtschloss aufbewahrt, befindet sich das Gemälde heute in der Bildergalerie von Sanssouci in Potsdam. Die Radierung ist ein frühes Beispiel für die Verbreitung der Formenwelt Caravaggios durch das Medium der Druckgraphik. Ausgeführt in einer spröden, derben und schematischen Radiertechnik, die dem Blatt einen primitiven, fast volkstümlichen Charakter verleiht, zeigt es auf anschauliche Weise, wie ungeheuer weitreichend und beherrschend der Einfluss der Bildwelt Caravaggios gewesen sein muss. Die stil prägenden Prinzipien seiner Malerei fanden nicht nur direkte Nachahmung im malerischen Werk von unzähligen zeitgenössischen italienischen, niederländischen, spanischen und französischen Künstlern, sondern gelangten auch durch populäre und preiswerte Nachbildungen, wie den vorliegenden Stich, zu einem größeren Bekanntheitsgrad (siehe Alfred Moir, Caravaggio and his Copyists, New York 1976. S. 89, Abb. 57). Ausgezeichneter, kräftiger Frühdruck, vor der Änderung der Inschrift und vor der Adresse von Robillart; bis auf die Plattenkante beschnitten. Das Blatt ist selten, Moir verzeichnet nur einzelne Exemplare in musealen Sammlungen. Geringfügige Erhaltungsmängel, zwei geglättete vertikale Falten verso, sonst sehr gutes Exemplar.
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The composition of the present rare etching is based on Cara vaggio’s painting of the same subject, reproducing it in mirror image. Executed in 1600–1601, the painting originally belonged to the legendary Roman collector, Marchese Vincenzo Giusti niani. In 1815 the work was acquired by the King of Prussia and kept in the Royal Palace (Stadtschloß) in Berlin. The painting is now kept in the Picture Gallery of Schloß Sanssouci in Potsdam. The etching is an early example of the way in which Cara vaggio’s painted images were disseminated through the medium of print. The image here is executed in a slightly crude, schematic etching technique that gives the sheet a somewhat primitive character. Caravaggio’s style was imitated not only in the painted work of innumerable contemporary Italian, Dutch, Spanish, and French artists, but also became widely known through popular and affordable reproductions like this etching (see Alfred Moir, Caravaggio and his Copyists, New York 1976, p. 89, ill. 57). A very fine and strong early impression, before the alteration of the inscription and before the adresse of Robillart; trimmed to the platemark. The sheet is very rare. Moir lists only very few impressions in public museum collections. Minor defects, two flattened vertical folds on the verso, otherwise in good condition.
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13. herman saftleven (1609 Rotterdam – 1685 Utrecht)
Blick auf die Bastion Sonnenborgh an der Stadsbuitengracht in Utrecht. Schwarze Kreide, graubraun laviert, aus zwei Bögen zusammengesetzt. 28,8 x 38,5 cm. Monogrammiert: HSL. Wasserzeichen Fünfzackige Schellenkappe (Ash/Fletcher 19 K. a, 1648–50).
hunderts befindet sich an dieser Stelle eine Sternwarte. Eine kleinere Zeichnung im Rijksprentenkabinet in Amsterdam zeigt die Bastion und das darauf befindliche Haus mit Treppengiebel aus einem anderen Winkel (Inventarnr. RP-T-1886A-640, Schulz 358).
Dieses eindrucksvolle und großformatige Blatt war Wolfgang Schulz, dem Autor des 1982 veröffentlichten Werkverzeichnisses der Handzeichnungen unbekannt. Es handelt sich um eine der zahlreichen Stadtveduten, die Herman Saftleven über mehrere Jahrzehnte in seiner Wirkungsstätte Utrecht gezeichnet hat. Das früheste datierte Blatt stammt aus dem Jahre 1642 und es wird allgemein angenommen, dass Saftleven sich bis ins fortgeschrittene Alter mit dieser Thematik auseinandergesetzt hat. In einem flotten, treffsicheren Duktus hat der Künstler die weitläufige Szenerie skizziert und dabei sehr viel Wert auf topographische Genauigkeit gelegt, ohne jedoch dabei künstlerische Spontaneität einzubüßen. Die einzelnen, effektvoll angeordneten Staffagefiguren verleihen der Stadtlandschaft eine überzeugende Alltäglichkeit. Saftleven hat über längere Zeit eine größere Werkgruppe von Zeichnungen geschaffen, die sich mit der Wiedergabe der Stadttore und Verteidigungswerke der Stadt Utrecht befassen. Ganz links im Bild sehen wir die Bastion Sonnenborgh, eines der vier Bollwerke, die Kaiser Karl V. zur Verteidigung der Stadt zwischen 1554 und 1558 von dem Stadtarchitekten Willem van Noort errichten ließ. 1639 wurde die Festungsanlage teils in einen botanischen Garten umgewandelt, seit Mitte des 19. Jahr
Der Maler, Zeichner und Radierer Herman Saftleven wurde wahrscheinlich zunächst von seinem Vater Herman d. Ä. (gest. 1627) und anschließend von seinem älteren Bruder Cornelis (1607–1681) ausgebildet. Ab 1632 war er in Utrecht ansässig, wo er zwischen 1655 und 1667 mehrere Ämter im „Schilderscollege“ innehatte und es als Landschaftsmaler in dieser Stadt zu großem Ansehen brachte. Abgesehen von einigen Reisen an die Mosel und den Rhein und einem kurzen Aufenthalt in der Stadt Elberfeld im Rheinland um 1667, war der Künstler Zeit seines Lebens in Utrecht tätig. Seine fein durchgeführten, panoramisch weiten Rheinlandschaften erfreuten sich im 17. Jahrhundert großer Beliebtheit. Die Datierung der sogennanten stadtswaltekeningen erweist sich als schwierig, da der zeichnerische Duktus dieser Gruppe von Zeichnungen relativ homogen ist. Es erscheint jedoch plausibel, auch in Anbetracht der Datierung des Wasserzeichens, dass die vorliegende Zeichnung in den späten 1640er oder 1650er Jahren entstanden ist. Siehe in diesem Zusammenhang Ausstellungskatalog Home and Abroad. Dutch and Flemish Landscape Drawings from the John and Marine van Vlissingen Art Foundation, Rijksmuseum Amsterdam, Fondation Custodia Paris, 2015–2016, S. 92.
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13. herman saftleven (1609 Rotterdam – 1685 Utrecht)
View of the Sonnenborgh Bastion on Stadsbuitengracht in Utrecht. Black chalk, grey-brown wash, made from two sheets. 28.8 x 38.5 cm. Monogrammed: HSL. Watermark: Foolscap with a five-pointed collar (Ash/ Fletcher 19 K. a., circa 1648–50). Wolfgang Schulz, the author of the catalogue of Herman Saft leven’s drawings published in 1982, had no knowledge of this large, impressive sheet. It is one of numerous urban vedute the artist drew in Utrecht over a period of several decades. The earliest dated drawing is from 1642 and it is generally assumed that Saftleven continued to address this subject matter into old age. He has sketched the spacious scene in deft and accurate linework and taken the utmost care to ensure topographical precision without forfeiting artistic spontaneity. The effectively arranged staffage figures give the urban landscape a convincing everyday atmosphere. Over a lengthy period of time Saftleven put together a substantial group of drawings reproducing the gates and defensive structures of the town of Utrecht. On the extreme left of the picture is the Sonnenborgh bastion, one of four bulwarks designed by the town architect, Willem van Noort, and erected at the behest of Emperor Charles V between 1554 and 1558 to defend the town. In 1639 the fortification was partly converted into a botanical garden; an observatory has stood at
this site since the mid-19th century. A smaller drawing in the Rijksprentenkabinet in Amsterdam shows the bastion, topped by a stepped gable house, from a different angle (Inventory no. RP-T-1886-A-640, Schulz 358). Herman Saftleven, a painter, draughtsman and etcher, was probably taught first by his father, Herman Saftleven the Elder (d. 1627), and then by his elder brother Cornelis (1607–1681). From 1632 he lived in Utrecht, where he occupied several positions in the ‘Schilderscollege’ between 1655 and 1667 and achieved considerable renown as a landscape painter. Apart from several journeys to the Moselle and the Rhine and a brief stay in the town of Elberfeld in the Rhineland around 1667 the artist lived and worked his whole life in Utrecht. His finely executed panoramic Rhineland scenes enjoyed great popularity in the 17th century. It is difficult to date the so-called stadtswaltekeningen because of the fairly uniform graphic style of this group of drawings. Given the date of the watermark, however, it seems plausible that the present drawing arose in the late 1640s or 1650s. In this connection see the exhibition catalogue Home and Abroad. Dutch and Flemish Landscape Drawings from the John and Marine van Vlissingen Art Foundation, Rijksmuseum Amsterdam, Fondation Custodia Paris, 2015–2016, p. 92.
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14. nicolas de son
nicolas de son
Der Liebesgarten. Radierung. 18,4 x 26,9 cm. Le Blanc 17.
The Lovers’ Garden. Etching. 18.4 x 26.9 cm. Le Blanc 17.
Nahezu nichts ist über die Biographie des in Reims tätigen Zeichners und Radierers Nicolas de Son bekannt, außer der Existenz einiger signierter Radierungen und einem Quellenverweis auf seinen Tod im Jahre 1637. De Son schuf einen kleinen Korpus von Radierungen nach Callot, Vignon und Jan Lys, sowie zwei Ansichten der Kathedrale von Reims nach eigener Erfindung, die beide 1625 datiert sind. Die außerordentlich seltene Radierung Der Liebesgarten geht auf eine Invention des aus Oldenburg stammenden Malers und Radierers Jan Lys zurück, der nach seiner Haarlemer Lehrzeit bei Hendrick Goltzius in Paris, Rom und Venedig tätig war, wo er 1629 verstarb. De Sons lockere und spontane Radiertechnik gibt die barocke Vitalität und den Überschwang des Originals überzeugend wieder.
Virtually nothing is known about the life of Nicolas de Son, who worked as a draughtsman and etcher in Reims, apart from a few signed etchings and a source reference to his death in 1637. De Son produced a small corpus of etchings after Callot, Vignon and Jan Lys as well as two views of the Cathedral of Reims after his own invention, both of which are dated 1625. The extremely rare etching The Lovers’ Garden is based on an invention by the Oldenburg-born painter and etcher, Jan Lys, who was apprenticed to Hendrick Goltzius in Haarlem and went on to work in Paris, Rome and Venice, where he died in 1629. De Son’s fluid and spontaneous etching technique convincingly reproduces the Baroque vitality and exuberance of Lys’ original.
(tätig in Reims, 1625 – vor 1637)
Die Darstellung liebender Paare in freier Natur war seit dem 16. Jahrhundert ein Topos in der nordeuropäischen Kunst. Pieter Paul Rubens malte 1632, nur wenige Jahre nach der Entstehung unseres Blattes, seine berühmte kanonische Fassung dieses Themas, die sich heute im Museo del Prado in Madrid befindet und die von Noblesse und überlegenem Schönheitswillen gekennzeichnet ist. Im Vergleich zum flämischen Malerfürsten zeigt de Son uns eine sehr profane, fast volkstümliche Interpretation des Themas. Das zu Füßen eines prächtigen Neptunbrunnens liegende Liebespaar ist heftig zugange, der Meeresgott wendet fast verschämt den Kopf zur Seite. Die beiden anderen Liebespaare gehen eng aneinander geschmiegt und werden bald ebenso dem Sinnesrausch erliegen. Ein skurriles Detail ist der urinierende Voyeur, der sich im Schatten des Laubengangs versteckt hält. Das genrehafte, fast karikierende Element der Interpretation de Sons verleiht der Darstellung jedoch ein hohes Maß an künstlerischer Verve und Ori ginalität. Ausgezeichneter, kontrastreicher Druck mit feinem Rändchen um die Einfassungslinie. Minimale Altersspuren, zwei unauffällige vertikale Quetschfalten vom Druck, sonst sehr gut erhalten.
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(active in Reims, 1625 – before 1637)
The depiction of loving couples in a natural setting had been a motif in Northern European art since the 16th century. It was in 1632, just a few years after the production of our print, that Pieter Paul Rubens painted his famous definitive version of this theme, full of noblesse and superior striving for beauty, which is now in the Museo del Prado in Madrid. In contrast to the Flemish master painter de Son presents a very profane, almost traditional version of this theme. The lovers lying at the foot of a magnificent Neptune fountain are getting passionate with each other, seemingly obliging the god of the sea to look coyly to the side. A scurrilous detail is the urinating voyeur hidden in the shadow of the pergola. The genre-like aspect of de Son’s interpretation, which verges on caricature, gives the work a great degree of artistic verve and originality. A very fine, contrasting impression with thread margins around the framing line. Minor ageing, two inconspicuous vertical printer’s creases, otherwise in excellent condition.
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15. nicolaas verkolje
nicolaas verkolje
„Der Maler, ein nacktes Weib malend, welches ein Kunstfreund betrachtet“ („het Schildertje“). Schabkunstblatt nach Arnold Houbraken. 28,5 x 17,4 cm. Nagler 32.
“The Painter Painting a Naked Woman, Observed by an Art Lover” (“het Schildertje”). Mezzotint after Arnold Houbraken. 28.5 x 17.4 cm. Nagler 32.
Der Maler und Schabkünstler Nicolaas Verkolje ging bei seinem Vater Jan Verkolje (1650–1693) in die Lehre. In seinem malerischen Schaffen wurde er maßgeblich von Feinmalern wie Gabriel Metsu, Gerard ter Borch und Adriaen van der Werff, beeinflusst. Ab 1700 lebte und arbeitete Verkolje in Amsterdam und tat sich als Bildnis-, Genre- und Historienmaler hervor. Verkoljes Schabkunstblätter waren bereits zu seinen Lebzeiten außerordentlich geschätzt. Er erlernte die Technik bei seinem Vater, übertraf diesen jedoch in technischer Virtuosität und tonaler Verfeinerung. Bereits Nagler wies in seinem zwischen 1835 und 1852 erschienenen Künstler-Lexikon auf die Seltenheit des vorliegenden Blattes hin, das von seinem Fachkollegen Rudolph Weigel mit dem für damalige Verhältnisse stolzen Preis von 7 Talern bewertet wurde.
The painter and printmaker, Nicolaas Verkolje, was apprenticed to his father, Jan Verkolje (1650–1693). His paintings were greatly influenced by fine painters such as Gabriel Metsu, Gerard ter Borch and Adriaen van der Werff. From 1700 Verkolje lived and worked in Amsterdam, where he achieved prominence as a portraitist and painter of genre and historical scenes. His mezzotints were held in great esteem during his lifetime. He learned the art from his father, whom he later surpassed in terms of technical virtuosity and tonal sophistication. In his KünstlerLexikon, published between 1835 and 1852, Nagler draws attention to the rarity of the present print, which was valued by a contemporary colleague, Rudolph Weigel, at seven thalers, a formidable sum in those days.
(1673 Delft – 1746 Amsterdam)
Die Komposition geht auf ein Gemälde des holländischen Malers und Kunstschriftstellers Arnold Houbraken zurück, nach dessen Werken Verkolje verschiedene Schabkunstblätter angefertigt hat. Verkoljes Stich gibt die tonalen Valeurs und den verfeinerten Detailreichtum des gemalten Originals kongenial wieder. Dabei erweist sich die Schabkunsttechnik als das Medium par excellence um das subtile Spiel von Licht und Schatten und das samtige Clairobscur visuell anschaulich wiederzugeben. Das Thema des Malers, der in seinem Atelier nach einem weiblichen Aktmodell arbeitet, wird von einer erotischen Komponente überlagert. Darauf verweisen Details, wie der Stich mit einem Liebespaar in freizügiger Pose, der am Fensterladen befestigt ist, und ein angekettetes Äffchen, im 17. Jahrhundert ein Symbol der Lüsternheit, das sich unter dem Unterkleid der jungen Frau versteckt hält. Auch die Anwesenheit eines weiteren Mannes in der Abgeschiedenheit des Künstlerateliers ist ein Verweis auf die lockeren Sitten, die hier herrschen. Nach den gierigen Blicken dieses „Kunstfreundes“ zu urteilen, strebt dieser nach Vergnügungen anderer Art als dem erhabenen Kunstgenuss. Prachtvoller, nuancierter Druck mit feinem Rändchen. Eine winzige Ausbesserung in der linken oberen Ecke, sonst vollkommen erhalten.
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(1673 Delft – 1746 Amsterdam)
The composition is based on a painting by the Dutch painter and art writer, Arnold Houbraken, after whose works Verkolje made various mezzotints. The engraving is a telling illustra tion of Verkolje’s ingenuity in rendering the tonal values and abundance of refined detail in the original painting. The mezzo tint technique proves to be the medium par excellence to ensure a vivid reproduction of the subtle play of light and shadow and the velvety chiaroscuro effect. The subject matter addressed by the painter, who is working in his studio after a nude female model, is imbued with an element of eroticism. Evidence of this is furnished by details such as the engraving affixed to the shutter showing a pair of lovers in an explicit pose and, hiding under the young woman’s petticoat, a little monkey on a chain, which in the 17th century was regarded as a symbol of lasciviousness. The presence of another man in the seclusion of the artist’s studio is a reference to the moral laxity which prevails here. To judge by the lecherous gaze of this ‘art lover’ he is more interested in pleasures other than a sublime artistic experience. A superb, nuanced impression with thread margins. A tiny repair in the top left-hand corner, otherwise in perfect condition.
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18. Jahrhundert
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16. johannes adriaansz. bemme (1775 Rotterdam – 1841 Den Haag)
johannes adriaansz. bemme
Ein Gelehrter in seinem Studiengemach. Radierung. 25,2 x 30,1 cm. Wurzbach 5.
A Scholar in his Study. Etching. 25.2 x 30.1 cm. Wurzbach 5.
Der Radierer Johannes Bemme ging bei seinem Vater, dem Goldschmied und Medaillengraveur Adriaan Jansz. (1753– 1831) in die Lehre und war später in Rotterdam Schüler des Porträtmalers August Christian Hauck und des bekannteren Malers und Zeichners Dirk Langendijk. Nach dem Tod seines Vaters siedelte Bemme nach Den Haag über, wo er vor allem als Medailleur tätig war. Nebenbei beschäftigte er sich auch als Reproduktionsstecher.
The etcher, Johannes Bemme, was apprenticed to his father, the goldsmith and medal engraver, Adriaan Jansz. Bemme (1753–1831) and later studied in Rotterdam under the por traitist, August Christian Hauck, as well as the better-known painter and draughtsman, Dirk Langendijk. After his father died, Bemme moved to The Hague, where he worked mostly as a medal maker, although he also had a sideline as a reproductive engraver.
Die vorliegende Komposition geht auf ein Gemälde seines Zeit genossen, des Dordrechter Malers Michiel Versteegh (1756– 1843) zurück, der Genredarstellungen im Stile der niederländi schen Meister des Goldenen Jahrhunderts schuf. Das in einer detaillierten, minutiösen Radiertechnik ausgeführte Blatt liegt hier in einem unvollendeten Probedruck vor, der sich grund legend vom endgültigen Zustand unterscheidet. So ist der Hintergrund noch vollständig weiß belassen und es fehlen beispielsweise die eng geführten Schraffurmuster auf dem Gerüst des Globus und auf dem Folianten rechts. In der endgültigen Fassung spielt sich die Szene bei stimmungsvoller, nächtlicher Beleuchtung und dem Schein einer einzigen flackernden Kerze ab, während der Probedruck seinen Charme dem Reiz des Infinito und seiner sehr prägnanten und suggestiven Helldunkel wirkung verdankt.
The present composition is based on a painting by Michiel Ver steegh (1756–1843), a contemporary painter from Dordrecht who produced genre scenes in the style of the Dutch masters of the Golden Age. Executed in a meticulously detailed etching technique, our impression is an incomplete trial proof which is very different in many respects from the final state. The background is still completely white, for instance, and there are as yet no narrow hatching patterns on the globe holder or the folios to the right of it. In the final version the scholar is pictured in an atmospheric night-time setting in which the only source of light is a flickering candle. The trial proof, by contrast, owes its charm to the infinito and the very concise and evocative chiaroscuro effect.
Die Radierung ist selten, zumal in diesem frühen Druckzustand. Prachtvoller, scharfer Druck mit gleichmäßigem Rändchen. Minimale Altersspuren, sonst vorzüglich erhalten. Aus der Sammlung Th. Hippert (Lugt 1377).
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(1775 Rotterdam – 1841 The Hague)
The etching is rare, especially in this early state. A superb, crisp impression with even thread margins. Minor ageing, otherwise in excellent condition. From the collection of Th. Hippert (Lugt 1377).
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17. louis-léopold boilly
louis-léopold boilly
Réunion d’artistes. Kupferstich in Punktiermanier von Alex Clément. 55 x 43,5 cm. 1804. Harisse 595.
Réunion d’artistes. Stipple engraving by Alex Clément. 55 x 43.5 cm. 1804. Harisse 595.
Die Komposition geht auf das gemalte Gruppenporträt Réunion d’artistes dans l’atelier d’Isabey (Paris, Musée du Louvre) zurück, das Boilly mit großem Erfolg auf dem Pariser Salon des Jahres 1798 ausgestellt hatte. Insgesamt sind neunundzwanzig Künst ler dargestellt, die sich im Atelier des damals populären Minia turmalers Jean-Baptiste Isabey (1767 Nancy – 1855 Paris) versammelt haben. Unter den Dargestellten Künstlern sind die Maler in der Mehrheit. Die Historienmaler, namentlich damalige Berühmtheiten wie Gérard und Girodet, sind vorne an prominenter Stelle dargestellt. Kollegen, die sich hingegen mit hierarchisch niedrigeren Gattungen der Malerei beschäftig ten wie der Landschaftsmaler Bidault und auch Boilly selbst sind im Hintergrund platziert. Hinzu gesellen sich Bildhauer (Chaudet), Architekten (Percier und Fontaine), Musiker (Mehul) und Schauspieler (Talma). Die einzelnen Protagonisten sind lebhaft und individuell charakterisiert. Es handelt sich um die selbstbewusste Gruppendarstellung der aufstrebenden jungen Künstlergeneration nach David und Houdon. Ausgezeichneter, gleichmäßiger Druck mit Rand. Leichte Altersspuren, sonst sehr gut erhalten.
The composition has its origins in the painted group portrait Réunion d’artistes dans l’atelier d’Isabey (Paris, Musée du Louvre) which Boilly exhibited with great success at the Paris Salon of 1798. The portrait features twenty-nine artists gathered in the studio of the distinguished miniaturist, Jean-Baptiste Isabey (1767 Nancy – 1855 Paris). The majority of the artists portrayed are painters. The history painters Gérard und Girodet, who were celebrated figures at the time, take up a prominent position in the foreground. Other painters working in genres lower down the painting hierarchy, such as the landscape painters Bidault and Boilly himself, are right at the back. The painters are joined by sculptors (Chaudet), architects (Percier and Fontaine), musicians (Mehul) and actors (Talma). The protagonists are presented in a spirited manner with their individual traits. This portrait is of a self-confident group of up-and-coming young artists of the generation after David and Houdon. A very fine, even impression with margins. Minor ageing, otherwise in excellent condition.
(1761 La Brassée – 1845 Paris)
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(1761 La Brassée – 1845 Paris)
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18. philipp hieronymus brinckmann (1709 Speyer – 1761 Mannheim)
philipp hieronymus brinckmann (1709 Speyer – 1761 Mannheim)
Selbstbildnis, sinnend. Radierung. 5,4 x 4,8 cm. HellerAndresen 6.
Self-portrait, in Pensive Mood. Etching. 5.4 x 4.8 cm. Heller-Andresen 6.
Das kleine, außerordentlich seltene Selbstbildnis besticht durch seinen persönlichen und informellen Charakter. Mürrisch betrachtet der Künstler sein Gegenüber. Er stützt seinen Kopf auf seine rechte Hand, der heruntergezogene linke Mundwinkel verrät seine düstere Laune. Auf höchst originelle Weise hat Philipp Hieronymus Brinckmann die Melancholie des schaffenden Künstlers visualisiert, der häufig an den sich selbst gestellten hohen Ziele verzweifelt.
The charm of this small, extremely rare self-portrait derives from its personal and informal character. The artist looks at the viewer with a sullen expression on his face. His head is propped up on his right hand and the grimace at the corner of his mouth indicates that he is in a gloomy mood. Philipp Hieronymus Brinckmann shows great originality in depicting the traditional theme of the melancholy felt by the artist, who often despairs in view of the ambitious targets he sets himself.
Brinckmann war ein Schüler des Bildnismalers Johann Georg Dathan, wurde jedoch von dem Landschaftsmaler Christian Hülfgott Brandt wesentlich beeinflusst. Am kurpfälzischen Hofe in Mannheim war er als Hofmaler, Kammerrat und Ober kustos der dortigen namhaften Bildergalerie tätig. Er galt zu Lebzeiten als ein geschätzter Künstler, wie Goethes lobende Erwähnung in „Wahrheit und Dichtung“ bezeugt. Ausgezeichneter, toniger Druck mit dem vollen Rand. Minimale Altersspuren, sonst vorzüglich erhalten. Aus der Sammlung Philipp Herrmann, Karlsruhe (Lugt 1352 a).
Brinckmann received his training from the portrait painter, Johann Georg Dathan, and was greatly influenced by the land scape painter, Christian Hülfgott Brandt. He worked as court painter, privy counsellor and chief curator of the renowned art gallery at the court of the Electoral Palatinate in Mannheim. He was a respected artist during his lifetime, as is evidenced by Goethe’s commendation in Dichtung und Wahrheit. A very fine, tonal impression with the full margins. Minor ageing, other wise in perfect condition. From the collection of Philipp Herrmann, Karlsruhe (Lugt 1352 a).
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19. claude-louis desrais
claude-louis desrais
Allegorie der Unwissenheit, welche die Inspiration zu töten versucht. Federzeichnung in Schwarz, grau laviert. 21,8 x 26,5 cm. Um 1770–80.
Allegory of Ignorance Trying to Kill Inspiration. Pen and black ink, grey wash. 21.8 x 26.5 cm. Circa 1770–80.
Der tiefere Sinn dieser flott und virtuos gezeichneten Allegorie läßt sich nicht eindeutig entschlüsseln. Ein kniender Mann in Rüstung verbirgt sich hinter einem Plankenzaun und richtet sein Gewehr auf eine hübsche junge Frau; er hat ein bösartiges Aussehen und unter seinem Helm lugen Teufelsohren hervor. Ein erschreckter Pfau kreischt laut auf, jedoch nimmt die in ein leichtes, antikes Gewand gehüllte Frau die drohende Gefahr nicht wahr. Sie steht in einer klassischen Kontraposthaltung und hält einen Kreidehalter in ihrer rechten Hand, ihre linke Hand ruht auf einem großen Zeichenheft. Ihr nach oben gerichteter verklärter Blick legt nahe, dass sie als die weibliche Personifizierung der schönen Künste oder der künstlerischen Inspiration zu deuten ist. Offenbar hat Claude-Louis Desrais, der Autor unserer Zeichnung, den ewigen Konflikt zwischen erhabenen künstlerischen Bestrebungen und deren Rezeption in der Öffentlichkeit thematisieren wollen: Die Ignoranz und das Unverständnis der Allgemeinheit sind lebensbedrohlich für jegliche Art der Kunstausübung.
The deeper meaning of this allegory, drawn fluidly and with great expertise, cannot be completely deciphered. A kneeling man dressed in armour and hidden behind a planked fence aims his rifle at a pretty young woman; he has an evil appearance and devil’s ears poke out from under his helmet. An alarmed peacock shrieks a warning, but the woman draped in a light, antique gown pays no heed to the danger. Standing in a classical contrapposto posture, she holds a crayon in her right hand, while her left hand rests on a large drawing book. Her transfigured upward gaze indicates that she is to be seen as the female personification of the fine arts or of artistic inspiration. ClaudeLouis Desrais, the author of the drawing, evidently wished to illustrate the eternal conflict between sublime artistic aspirations and the public response to them. The ignorance and incom prehension of the general public can sound the death knell for every form of artistic practice.
(1746–1816, Paris)
Desrais war ein Schüler von Francesco Casanova, unter dessen Einfluss er sich auf historische und Genreszenen spezia lisierte. Er bevorzugte mit Tusche oder Gouache angelegte Federzeichnungen, deren energischer und flüssiger Duktus an den Stil seines Lehrmeisters Casanova erinnert. Darüber hinaus war Desrais einer der meistbeschäftigten Modeillustratoren des letzten Drittels des 18. Jahrhunderts. Seine klein formatigen Modedarstellungen und galanten Szenen wurden meist als Almanachillustrationen verwendet und von Künstlern wie Alix, Blanchard und Le Beau nachgestochen. Nach Ausbruch der Revolution änderte Desrais wohl notgedrungen seinen Stil und beschäftigte sich in seiner Kunst mit den Zeit ereignissen. Ein Beispiel dafür sind seine Illustrationen für den Traité des causes revolutionnaires, die der Künstler auf dem Pariser Salon von 1793 ausstellte.
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(1746–1816, Paris)
Desrais studied under Francesco Casanova, whose influence prompted him to specialise in historical and genre scenes. He preferred pen and ink drawings in watercolour or gouache, the energetic and fluid manner of which are reminiscent of the style of his teacher Casanova. Desrais was also one of the most sought-after fashion illustrators of the latter third of the 18th century. His small-format depictions of fashion and scenes of gallantry were mostly used to illustrate almanacs and were reengraved by artists such as Alix, Blanchard and Le Beau. After the Revolution broke out, Desrais was probably forced to alter his style and devoted his artistic attention to contemporary events. This is exemplified by his illustrations for the Traité des causes revolutionnaires which he exhibited at the Paris Salon of 1793.
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20. christian wilhelm ernst dietrich (genannt Dietricy, 1712 Weimar – 1774 Dresden)
Die Flucht nach Ägypten. Federzeichnung in Braun über einer leichten Vorzeichnung in Graphit, braun laviert; Einfassungslinie in brauner Feder; verso mit einer Graphitskizze des Gastmahls in Emmaus. 19,2 x 15,2 cm. Signiert und datiert: „C.W. E. Dietrich fe. 1732“. Die Flucht nach Ägypten ist ein frühes Meisterwerk Dietrichs, der gerade zwanzig Jahre alt war, als er diese fulminante Zeichnung schuf. Das Blatt ist exemplarisch für die gelungene Adaptation einer überlieferten Bildtradition, denn die Komposition geht im Wesentlichen auf eine Radierung Rembrandts aus dem Jahre 1654 zurück, welche das gleiche Thema behandelt (Bartsch 55; The New Hollstein 277). Dietrich war in seinen Anfangsjahren entscheidend von dem Vorbild Rembrandts geprägt. Die Besinnung auf den großen niederländischen Vorgänger war symptomatisch für die Wiederentdeckung und eine damit verbundene neue Wertschätzung des Meisters, die während der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Deutschland einsetzte. Dietrich muss Originalzeichnungen Rembrandts gekannt haben, denn der furiose, stark verkürzende Federduktus und die Methodik der flüssigen, subtil abgestuften Lavierungen sind ohne sein Vorbild nicht denkbar. Die Zeichnung diente wohl als Modell für eine Radierung Dietrichs (Linck 13, siehe S. 55), die wenig später entstand und die Komposition im Gegensinn wiedergibt. Auf dieser Darstellung ergänzte er die Szene um einen schwebenden Engel, der den Weg der Heiligen Familie mit einer Fackel erleuchtet.
lernte. Letzterer empfahl seinen Schüler dem sächsischen Kurfürsten August dem Starken, dessen Hofmaler Dietrich 1731 wurde. Zwei Jahre später unternahm der Künstler, der sich ab den 1730er Jahren Dietricy nannte, eine einjährige Studienreise nach Italien. Im Jahre 1748 wurde er zum Inspektor der Dresde ner Gemäldegalerie ernannt und dies markiert eine sehr produk tive Periode in seinem künstlerischen Schaffen. Eine weitere ehrenvolle Berufung erfolgte 1763, als Dietrich eine Professur an der Dresdener Akademie erhielt. Dietrichs malerisches, zeichnerisches und druckgraphisches Œuvre ist ein Musterbeispiel für den unbekümmerten Eklek tizismus seiner Epoche. Er eignete sich die Stilsprachen der unterschiedlichen Schulen des 17. und 18. Jahrhunderts an und assimilierte in seinem Schaffen Einflüsse der holländischen Italianisanten, sowie Anregungen durch Rembrandt, Rubens, Watteau, Tizian, Ricci und Rosa. Die Zeichnung besitzt seit seiner Entstehung im Jahre 1732 eine lückenlose Provenienz: Valerius Röver (1686–1739, Lugt 2984 a–c), mit seinen Inventarnummern; Cornelis Ploos van Amstel (1726–1798, Lugt 3002– 3004); Philippe van der Schley, Amsterdam, 3. März 1800, Kunstboek X. Teil von Los 60 („De Vlugt naar Egipten; met de Pen en Roet, door C. W. E. Dietrichi ...“); Herman de Kat (1784– 1865); Lamm, Rotterdam, 4. – 8. März 1867, Los 8 („La Fuite en Egypte. Au bistre“; 1.25 Gulden an de Clercq ; Henry Duval; Frederik Muller et Cie., Amsterdam, 22. – 23. Juni 1910, Los 90; A. Mos; R. W. P. de Vries, Amsterdam, 7. – 8. November 1928, dort erworben von I. Q. van Regteren Altena (Lugt 4617).
Christian Dietrich erhielt seine erste künstlerische Ausbildung bei seinem Vater, dem Weimarer Hofmaler und Graphiker Johann Georg Dietrich. Er ging anschließend an die Dresdener Akademie, wo er bei dem Landschaftsmaler Alexander Thiele
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20. christian wilhelm ernst dietrich
(known as Dietricy, 1712 Weimar – 1774 Dresden)
The Flight into Egypt. Pen and brown ink over a light preliminary drawing in graphite, brown wash; framing line in pen and brown ink; verso with a graphite sketch of the Supper at Emmaus. 19.2 x 15.2 cm. Signed and dated: “C.W. E. Dietrich fe. 1732”. The Flight into Egypt is an early masterpiece by Christian Wilhelm Ernst Dietrich, even though he was just twenty years old when he made this brilliant drawing. The work is an out standing example of the successful adaptation of a pictorial tradition, for the composition rests largely on an etching on the same theme made by Rembrandt in 1654 (Bartsch 55; The New Hollstein 277). In his early years Dietrich was greatly influenced by Rembrandt. His recourse to the great Dutch predecessor was symptomatic of a rediscovery and new appreciation of the master which commenced in Germany in the first half of the 18th century. Dietrich must have been familiar with original drawings by Rembrandt; the dynamic, greatly foreshortening linework and the flowing, subtly nuanced washes are incon ceivable without the example he set. The drawing probably served as a design for an etching by Dietrich (Linck 13, see opposite page) which he made a little later and reproduces the composition in reverse. In this scene Dietrich added a hovering angel holding a torch to light the path of the Holy Family. Christian Dietrich received his initial artistic tuition from his father, Johann Georg, a painter and printmaker at the court in Weimar. He subsequently enrolled at the Dresden Academy,
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where he studied under the landscape painter, Alexander Thiele. The latter recommended his pupil to the Elector of Saxony, Augustus the Strong, to whom Dietrich became court painter in 1731. Two years later the artist, who had called himself Dietricy since the 1730s, undertook a one-year study trip to Italy. In 1748, Dietrich was appointed Inspector of the Dresden Art Gallery, a development which coincided with a very productive period in his artistic work. A further honourable appointment followed in 1763, when Dietrich was offered a professorship at the Dresden Academy. Dietrich’s paintings, drawings and prints are a perfect example of the cavalier eclecticism of his time. He absorbed the artistic idioms of the various 17th and 18th century schools, assimilat ing in his works influences of the Dutch Italianates as well as ideas taken from Rembrandt, Rubens, Watteau, Titian, Ricci and Rosa. The drawing has a complete provenance going back to its creation in 1732: Valerius Röver (1686–1739, Lugt 2984 a–c), with his inventory numbers; Cornelis Ploos van Amstel (1726–1798, Lugt 3002–3004); Philippe van der Schley, Amsterdam, 3 March 1800, Kunstboek X Part of Lot 60 (“De Vlugt naar Egipten; met de Pen en Roet, door C. W. E. Dietrichi ..”); Herman de Kat (1784–1865); Lamm, Rotterdam, 4–8 March 1867, Lot 8 (“La Fuite en Egypte. Au bistre”; 1.25 guilders to de Clercq ; Henry Duval; Frederik Muller et Cie., Amsterdam, 22–23 June 1910, Lot 90; A. Mos; R. W. P. de Vries, Amsterdam, 7. – 8. November 1928, acquired there by I. Q. van Regteren Altena (Lugt 4617).
Linck 13 I (of IV)
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21. christian wilhelm ernst dietrich
christian wilhelm ernst dietrich
Die Flucht nach Ägypten. 2 Radierungen in unterschiedlichen Druckzuständen. Je 18,3 x 14,3 cm. Um 1732–34. Linck 13 I (von IV) und IV.
The Flight into Egypt. Two etchings in different states. Each measuring approx. 18.3 x 14.3 cm. Circa 1732–34. Linck 13 I (of IV) and IV.
Die um 1732–34 datierende Radierung entstand in engem Zusammenhang mit der in diesem Katalog ebenfalls enthal tenen Zeichnung. Die stark rembrandteske Prägung ist kennzeichnend für die frühe Stilphase des Künstlers. Überhaupt wurde Dietrich auch später in seinem druckgraphischen Schaffen maßgeblich von den holländischen Meistern des 17. Jahrhunderts beeinflusst. Der Künstler schuf an die zweihundert Radierungen, wobei er vor allem in den Anfängen die Gewohnheit hatte, die Kupferplatten nach wenigen Abdrucken abzuschleifen und neu zu bearbeiten. Die Flucht nach Ägypten liegt hier im ersten Druckzustand vor, bei dem der Kopf des Jesuskindes mit einer Mütze bedeckt und der rechte Arm gänzlich in eine Decke gewickelt ist. Bereits J. F. Linck, der Autor des druckgraphischen Werkverzeichnisses, wies 1846 auf die außerordentliche Seltenheit dieses Etats hin. Die Radierung ist relativ offen und transparent behandelt, wodurch das warme Licht der Fackel, das Mutter und Kind erhellt, besonders wirksam zum Tragen kommt.
The etching made in about 1732–34 is closely related to the drawing which is also included in this catalogue. Rembrandt’s pervasive influence is a characteristic feature of Dietrich’s style in his early period. Later his printmaking would also be strongly influenced by the other Dutch 17th century masters. Dietrich produced a total of some two hundred etchings. In his early period, in particular, he tended to grind down the copper plates after taking a few impressions and make a fresh start. The Flight into Egypt is on offer here in the first state in which the head of the baby Jesus is covered with a cap and his right arm is completely wrapped in a blanket. J. F. Linck, the author of the catalogue of Dietrich’s prints, drew attention to the extraordinary rarity of this state as early as 1846. The etching is executed in a relatively open and transparent manner, which is particularly effective in bringing out the warm light of the torch illuminating mother and child.
Im vierten, hier ebenfalls vorliegenden Druckzustand, wurde die Platte vom Künstler vollständig überarbeitet. Das Jesuskind ist mit unbedecktem Kopf dargestellt und sein rechter Arm sichtbar. Die Umrisse Josephs, des Engels, des Esels, des Baumstammes und des Laubes sind mit der Kaltnadel verstärkt. Die gesamte Darstellung ist jetzt mit einem dunklen, samtigschwarzen Ton überzogen, während die Blätter hinter Marias Kopf und Rücken getilgt und durch einen neutralen, grauschwarzen Fond ersetzt sind. Durch die starken Helldunkelkontraste sind die Gottesmutter und das Kind noch stärker hervorgehoben. Prachtvoller, harmonischer Druck mit gleichmäßigem Rändchen um die noch ungereinigten Plattenränder bzw. kraftvoller, kontrastreicher Druck mit sehr breitem Rand. Minimale Altersspuren, sonst vorzügliche, unbehandelte Exemplare.
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In the fourth state, which is also on offer, the plate has been completely reworked. The infant Jesus is now portrayed with his head uncovered and his right arm visible. The outlines of Joseph, the angel, the donkey, the tree trunk and the foliage have been emphasised with drypoint. The whole scene is now steeped in a dark, velvety black tone; the leaves behind Mary’s head and back have been removed and replaced by a neutral, greyish-black background. The stark contrasts between light and dark give even greater emphasis to the mother of God and the Jesus child. A superb, harmonious impression with even thread margins around the uncleaned platemark and a strong, contrasting impression with very wide margins respectively. Minor ageing, otherwise in pristine condition.
Linck 13 IV
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22. gaetano gandolfi
gaetano gandolfi
Die Anbetung der Hirten. Radierung in Schwarzgrau auf Bütten. 21 x 16,5 cm. Unbeschrieben.
The Adoration of the Shepherds. Etching in black and grey ink on laid paper. 21 x 16.5 cm. Unrecorded.
Der Maler und Kupferstecher Gaetano Gandolfi wuchs in einer Künstlerfamilie auf. Er war Schüler seines älteren Bruders Ubaldo und Ercole Lellis an der Accademia Clementina in Bologna und hielt sich 1760 ein Jahr zu Studienzwecken in Venedig auf. Hier wurde er vor allem durch das Schaffen Giambattista Tiepolos geprägt. Nach seiner Rückkehr nach Bologna wurde Gandolfi zu einem der gefragtesten Dekorations- und Freskenmaler seiner Epoche. Eines ganz besonderen Rufes erfreuten sich bei Gandolfis Zeitgenossen seine Anatomie-, Kompositions- und Kopfstudien in Feder, Bleistift oder Pastelltechnik. Durch seine Lehrtätigkeit an der Akademie übte er einen entscheidenden Einfluss auf das Schaffen der nachfolgenden Künstlergeneration aus. Gandolfi schuf außerdem ein recht umfangreiches druckgraphisches Œuvre, das sowohl Reproduktionsstiche als auch Blätter nach eigener Erfindung umfasst. Befremdlich jedoch ist die Tatsache, das Gandolfis so qualitätvolle druckgraphische Produktion recht lückenhaft erforscht ist und ein maßgebliches Werkverzeichnis bis auf den heutigen Tag aussteht. De Vesme verzeichnet eine weitere „Anbetung der Hirten“, jedoch handelt es sich hier um einen Reproduktionsstich nach Niccolò dell’Abbate, während das vorliegende, monogrammierte Blatt nach eigener Erfindung die für Gandolfis Schaffen charakteristischen spätbarocken Stilmerkmale aufweist.
The painter and engraver, Gaetano Gandolfi, grew up in a family of artists. He was the pupil of his elder brother, Ubaldo Gandolfi, and of Ercole Lelli at the Accademia Clementina in Bologna and, in 1760, spent a year studying in Venice, where he was influenced in particular by the work of Giambattista Tiepolo. After his return to Bologna, Gandolfi became one of the most sought-after decoration and fresco painters of his time. Contemporaries reserved especial esteem for his anatomical, compositional and head studies in pen and ink, pencil and pastel. His position as a teacher at the Bologna Academy enabled him to exert a decisive influence on the work of the generations of artists who came after him. Moreover, Gandolfi produced a quite extensive printed oeuvre comprising reproductive engravings as well as works of his own invention. It is strange, however, that research into Gandolfi’s high-quality printmaking is so fragmentary and that even today there is still no definitive catalogue of his works. De Vesme records a further Adoration of the Shepherds, but that is a reproductive print after Niccolò dell’Abbate, whereas the present monogrammed print after Gaetano’s own invention reveals the Late Baroque sty listic features that are characteristic of his work.
(1734 San Matteo della Decima – 1802 Bologna)
Die nächtliche Szene ist von einer stürmischen inneren Dynamik erfüllt und besticht durch ihre schwungvolle, kalligraphische Linienführung. Entsprechend spirituell und leicht ist Gandolfis Radiertechnik; die wirkungsvoll abgestuften Valeurs der Aquatinta erzeugen ein vibrierendes, dramatisch flackerndes Clair obscur. Das Blatt ist von erlesener Seltenheit und fehlt auch in der Sammlung des Gabinetto delle Stampe der Pinacoteca Nazionale in Bologna. Die Radierung liegt zusätzlich in einem leichter geätzten Abzug in Rotbraun vor.
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(1734 San Matteo della Decima – 1802 Bologna)
The night-time scene is filled with a turbulent inner dynamism and is remarkable for the vigorous calligraphic linework. Gandolfi’s etching technique is correspondingly spirited and light; the effectively gradated values of the aquatint produce a vibrant, dramatically flickering chiaroscuro effect. The print is of exquisite rarity and not included in the collection of the Gabinetto delle Stampe at the Pinacoteca Nazionale in Bologna. The etching is also available in an impression in red and brown with a lighter bite.
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23. jean-françois janinet (1752–1814, Paris)
Adam und Eva. Farbradierung und Aquatinta von mehreren Platten, nach Jean-Baptiste Le Barbier. 38,9 x 49,5 cm. 1783. Portalis-Beraldi 65; Inventaire du Fonds Français , vol. 12, p. 48, no. 83 I (von II). Jean-François Janinet war der Sohn eines Edelsteinschneiders und als Graphiker wohl Autodidakt, bevor er 1771 in die Werkstatt von Louis-Marin Bonnet eintrat und hier mit der Technik des Farbstiches von mehreren Kupferplatten vertraut wurde. Obwohl Janinet 1772 als Malschüler in die Académie royale eintrat, beruht sein Ruf doch größtenteils auf seinem druckgraphischen Schaffen. Während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden in Frankreich mehrere neue, technisch hochverfeinerte Druckverfahren entwickelt, deren Ziel es war die visuelle Wirkung der Kreidezeichnung, des Aquarells und der Pastellzeichnung zu imitieren. Die sogenannte Manière de lavis-Technik, die Janinet zur Perfektion brachte, ist ein technisch hochentwickeltes und kompliziertes Druckverfahren, bei dem mehrere unterschiedlich eingefärbte Druckplatten verwendet wurden und für das eigens neu entwickelte Werkzeuge, darunter das sogenannte mattoir, zum Einsatz kamen (siehe „The Triumph of Color: Technical Innovations in Printmaking“, in: Ausstellungskat. Regency to Empire 1715– 1814, herausg. V. I. Carlson, J. W. Ittman, Baltimore-BostonMinneapolis 1985, S. 23, 258). Die Technik erwies sich als überaus geeignet, um die damals beliebten, koloristisch ver feinerten Aquarelle und Gouachen von Künstlern wie Nicolas Lavreince, Pierre Antoine Baudouin und Jacques Charlier kongenial in das Medium der Druckgraphik zu übersetzen.
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Nach einer Periode intensiver Experimente gelangte Janinet alsbald zu einem hohen Grad der Vollendung auf dem Gebiet des Farbstiches. Janinets Ruf als technischer Erneuerer nahm jedoch ernsthaft Schaden nach dem misslungenen Aufstieg eines selbst konstruierten Heißluftballons. Der Künstler hatte dieses Experiment gemeinsam mit seinem Freund, dem Abbé Miollan, am 11. Juli 1784 in Paris als öffentliches Ereignis insze niert. Der Ballon erhob sich jedoch nicht von der Erde, sondern fasste gleich Feuer, was zu einer wahren Flut an Karikaturen und Spottversen führte (siehe Portalis/Beraldi 1881, S. 465–470). Portalis und Beraldi merken an, dass Janinet dennoch mehrere seiner besten druckgraphischen Schöpfungen nach diesem Eklat ausfgeführt hat. Die vorliegende Farbradierung mit einem biblischen Sujet geht auf eine Vorlage des Jean-Baptiste Le Barbier zurück. Das Blatt liegt in einem Probedruck vor aller Schrift und vor der Überarbeitung in Aquatinta vor. Mit aller Wahrscheinlichkeit handelt es sich um ein Unikat. Im Unterschied zu anderen bekannten Exemplaren, die in mehreren Schwarz- und Brauntönen gedruckt sind, hat der Künstler Farbakzente in Blaugrün und Rosa hin zugefügt. Es handelt sich also um einen Zwischenzustand vor der endgültigen Fassung als Farbradierung mit einer weitaus reicheren Farbskala, von der ein Exemplar im Boston Museum of Fine Arts aufbewahrt wird. Letztere Variante war den Autoren des Inventaire du Fonds Français unbekannt. Prachtvoller, nuancierter Druck mit breitem Rand. Minimale Gebrauchsspuren, sonst vorzüglich erhalten.
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23. jean-françois janinet (1752–1814, Paris)
Adam and Eve. Colour etching and aquatint from several plates, after Jean-Baptiste Le Barbier. 38.9 x 49.5 cm. 1783. Portalis-Beraldi 65; Inventaire du Fonds Français, vol. 12, p. 48, no. 83 I (of II). The son of a lapidary, Janinet probably took his first art lessons from his father before entering the studio of the print-maker, Louis-Marin Bonnet, through whom he became acquainted with the techniques of multi-plate colour printing. Although he entered the Académie royale as a student of painting in 1772, Janinet owes his fame largely to his printed oeuvre. The second half of the eighteenth century witnessed the development of various new printing techniques, the aim of which was to imitate drawing techniques like chalk drawing, watercolour, gouache and pastel. The manière de lavis technique, which Janinet brought to perfection, is not, as most of the older literature suggests, a form of aquatint printing. It is in fact a highly sophisticated and complicated procedure, which involves several printing plates in different colours and makes use of mattoirs to delicately roughen the copperplates (“The Triumph of Color: Technical Innovations in Printmaking” in exhib. cat. Regency to Empire. French Printmaking 1715–1814, ed. by V. I. Carlson and J. W. Ittmann , Baltimore-Boston-Minneapolis 1985, pp. 23, 258). It proved to be a technique particularly suitable to imitating
the popular watercolours and gouaches in the spirit of Nicolas Lavreince, Pierre Antoine Baudouin and Jacques Charlier. Following many technical experiments Janinet attained a con siderable degree of perfection in the art of colour printing. However, his reputation as a man of technical skill suffered a severe setback when, on 11 July 1784, Janinet and his friend, Abbé Miollan, organized a public event around the ascension of their self-made hot-air balloon. Instead of taking off, the balloon caught fire, making its constructors the subject of numerous popular print caricatures, satirical songs and anecdotes (see: Portalis/Beraldi 1881, pp. 465–470). Portalis and Beraldi nevertheless state that Janinet produced his best prints in the years following this unfortunate event. The present biblical subject is based on a design by Jean-Baptiste Le Barbier. Our print is available here in a rare proof impression before letters and before the subsequent rework in aquatint. It probably is a unique impression of an intermediary state. A subsequent state with a considerably richer range of colours is kept in the Museum of Fine Arts in Boston. This version was unknown to the authors of the Inventaire du Fonds Français. A very fine, nuanced impression with wide margins. Minor handling marks, otherwise very well preserved.
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24. paulus van liender (1731 Utrecht – 1797 Haarlem)
Zwei pittoreske Waldlandschaften. 2 Aquarelle über einer Vorzeichnung in Graphit. Je ca 31,6 x 28,5 cm. Die großformatigen und als Pendants konzipierten Landschaftsdarstellungen bestechen durch ihre atmosphärische Dichte und durch ihre konzentrierte, treffsichere Ausführung. Die Blät ter dürften der späten Schaffenszeit des Künstlers angehören. Lienders subtile Aquarelltechnik erzeugt ein mildes, idyllisches Clairobscur, das ästhetisch ganz dem Geist des galanten Zeitalters entspricht. Die lichtdurchflutete Landschaft atmet eine anmutige Leichtigkeit, die vereinzelten, geschickt angeordneten Staffagefiguren steigern den Stimmungsgehalt der Darstellung zusätzlich. Typisch für den Künstler und ein häufig angewandtes Stilmerkmal sind die dekorativ geschwungenen Baumstämme
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mit ihrem weit ausladenden Laub, die auf frühere Vorbilder, insbesondere auf die niederländischen Italianisanten des 17. Jahrhunderts wie Jan Hackaert und Adam Pijnacker verweisen. Paulus van Liender wurde bei Jacob und Cornelis Pronk in Amsterdam ausgebildet. Er war von 1774 bis zu seinem Tod in Haarlem tätig, wo er sich als Holzhändler niedergelassen hatte. Van Liender tat sich in den Anfangsjahren als topogra phischer Zeichner in der Tradition Jan de Beijers hervor, gelangte jedoch mit den reinen Landschaftszeichnungen des Spätwerks zur größeren Bekanntheit.
paulus van liender (1731 Utrecht – 1797 Haarlem)
Two Picturesque Woodland Scenes. Two watercolours over a preliminary drawing in graphite. Each approx. 31.6 x 28.5 cm. The appeal of these large-format landscapes, which were designed as companion pieces, stems from their atmospheric density and precise, concentrated execution. The prints date to the latter part of the artist’s career. Liender’s delicate watercolour technique creates a mild, idyllic chiaroscuro effect which, in aesthetic terms, is fully in harmony with the spirit of the age of gallantry. The landscape is flooded with light and radiates a delightful facility, while the skilfully arranged staffage figures lend additional atmosphere to the scene. Typical of the artist, and a frequently used stylistic feature, are the decoratively curved tree trunks with their widely
spreading branches which hark back to earlier models, par ticularly to the Dutch 17th century Italianates such as Jan Hackaert and Adam Pijnacker. Paulus van Liender was trained by Jacob and Cornelis Pronk in Amsterdam. From 1774 to his death he worked in Haarlem, where he settled as a timber merchant. In his early years van Liender excelled as a topographical draughtsman in the tra dition of Jan de Beijer, although the landscape drawings of his late period secured him greater renown.
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25. jean-etienne liotard (1702–1789, Genf)
nach. Mademoiselle Lavergnée, Nièce de Mr. Liotard (La Liseuse). Radierung und Kupferstich von Jean Daullé und Simon François Ravenet. 58,5 x 42,5 cm. Um 1755. Firmin-Didot 347; Inventaire du Fonds Français 82; Tilanus 53. Das prachtvolle, großformatige Blatt gibt eine der bedeutendsten Schöpfungen Liotards in Originalgröße und im Gegensinn wieder. Es handelt sich um das Pastellbildnis seiner Nichte, Mademoiselle Lavergnée, das Liotard 1746 in Lyon, auf der Durchreise nach Paris malte. Heute wird dieses unbestrittene Meisterwerk des Künstlers im Rijksmuseum in Amsterdam aufbewahrt. Eine weitere, nachträglich verkleinerte Fassung befindet sich in der Gemäldegalerie Alte Meister, Staatliche Kunstsammlungen, Dresden (Siehe R. Loche, M. Roethlisberger, Liotard. Catalogue, sources et correspondance, Doornspijk 2008; Bd. I, S. 361 ff, Nr. 159). Der umtriebige Liotard weilte während seines langen Künstlerlebens in vielen europäischen Metropolen. Von 1746 bis 1753 lebte und arbeitete er in Paris und wurde hier mit Aufträgen von Hof und Adel überhäuft. Dennoch empfand Liotard nach einem Aufenthalt von sieben Jahren in dieser Stadt das Bedürfnis, zu neuen Ufern aufzubrechen. Die Rivalität der Pariser Künstlerschaft und die verweigerte Aufnahme in die Académie Royale müssen ihm diesen Schritt erleichtert haben. Im Jahre 1753 übersiedelte Liotard nach London, wo er zwei Jahre bleiben sollte. Trotz des hohen Ansehens, das er bei dortigen connaisseurs und Sammlern wie Horace Walpole genoss, wurde der Peintre turc, der mit seinem lang herabwallenden Bart und
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exotischer Kostümierung für Aufsehen sorgte, auch hier als ein Außenseiter gesehen. Aus diesem Grunde begann der geschäftstüchtige Liotard direkt nach seiner Ankunft in England mit der Herstellung von Reproduktionsstichen nach eigenen Werken, um auf diese Weise effektiv für seine Kunst zu werben. Für das vorliegende Blatt beauftragte er die franzö sischen Kupferstecher Simon François Ravenet (1706 Paris – 1774 London) und Jean Daullé (1703 Abbeville – 1763 Paris), beide herausragende Vertreter ihrer Zunft, die unter direkter Anleitung Liotards vorgingen. Aus der Inschrift geht hervor, dass der Stich von Liotard selbst an seiner eigenen Adresse am Golden Square und von dem Londoner Verleger Thomas Major vertrieben wurde. Offenbar war der tatsächliche wirtschaftliche Erfolg eher gering, denn das Blatt ist selten, was auf eine kleine Auflage hindeutet. In puncto technischer Meisterschaft und Detailreichtum lässt sich der Stich ohne weiteres mit dem Original Liotards messen, und dies muss ganz im Sinne des Künstlers gewesen sein. Die hochverfeinerte Radiertechik, mit ihrer Vielfalt an delikaten und differenzierten Schraffurmustern und die subtile Lichtführung belegen, dass das Blatt unter direkter Aufsicht Liotards entstanden ist. Wundervoll ist das Spiel des milden Lichtes auf dem Gesicht des Mädchens und auf den reichen Brokatverzierungen ihrer Kleidung wieder gegeben, so dass eine betörende Suggestion von Stofflichkeit erzeugt wird. Zweifellos handelt es sich hier um einen der schönsten und eindrucksvollsten Reproduktionsstiche des 18. Jahrhunderts. Prachtvoller, reich differenzierter und scharfer Druck mit feinem Rand um die Plattenkante. Minimale Altersspuren und geringfügige Bereibungen im Rand, sonst sehr gut erhalten. Aus der Sammlung François Heugel (Lugt 3373).
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25. jean-etienne liotard (1702–1789, Geneva)
after. Mademoiselle Lavergnée, Nièce de Mr. Liotard (La Liseuse). Etching and engraving by Jean Daullé and Simon François Ravenet. 58.5 x 42.5 cm. Circa 1755. Firmin-Didot 347; Inventaire du Fonds Français 82; Tilanus 53. This magnificent, large format print reproduces one of Liotard’s most outstanding works in its original size and in reverse. It is the pastel portrait of his niece, Mademoiselle Lavergnée, which Liotard painted in 1746 in Lyon while on his way to Paris. This undisputed masterpiece is now in the Rijksmuseum in Amsterdam. A second, later reduced version is kept in the Gemäldegalerie Alte Meister, Staatliche Kunstsammlungen, Dresden (see R. Loche, M. Roethlisberger, Liotard. Catalogue, sources et correspondance, Doornspijk 2008, vol. I, p.361 ff, no. 159). The assiduous Liotard resided in many major European cities in the course of his lengthy career as an artist. From 1746 to 1753 he lived and worked in Paris, where he was inundated with commissions from the court and the nobility. Nonetheless, after a period of seven years in the city, he felt the need to move on and seek new challenges. The rivalry of his fellow artists in Paris and the refusal to admit him to membership of the Royal Academy might well have propelled his decision. In 1753 Liotard moved to London, where he stayed for two years. Despite the considerable renown he enjoyed among connoisseurs and collectors, including Horace Walpole, the peintre turc, whose long flowing beard and exotic garb caused quite a stir, was treated
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as an outsider here, too. Not long after his arrival in England, therefore, Liotard demonstrated business acumen by publishing reproductive prints after his own works as a way of promoting his art. He commissioned the present print from the French engravers, Simon François Ravenet (1706 Paris – 1774 London) and Jean Daullé (1703 Abbeville – 1763 Paris), both outstanding representatives of their profession, who worked under Liotard’s direct supervision. The inscription makes it clear that the engraving was distributed by Liotard himself from his address at Golden Square and by the London publisher, Thomas Major. The success of the business venture was evidently modest, for the print is rare, which would indicate that it was published only in a small edition. In terms of technical mastery and wealth of detail the engraving can certainly hold its own against Liotard’s original, which must have been very much in the artist’s own interests. The highly refined etching technique with its variety of delicate and differentiated hatching patterns and the subtle distribution of light confirm that the print was made under Liotard’s direct supervision. The play of the mild light on the girl’s gentle face and the rich brocade decorations on her clothing are reproduced so convincingly that the material appears to be almost tangible. This is undisputedly one of the finest and most impressive reproductive prints of the 18th cen tury. A superb, richly differentiated and crisp impression with fine margins around the platemark. Slight ageing and minor abrasions in the margins, otherwise in excellent condition. From the collection of François Heugel (Lugt 3373).
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26. ange-laurent de la live de jully (1725–1779, Paris)
Bildnis des Architekten Antoine Deriset; Die Wäscherin Rita Pontani; Ein junger Mann, der ein Loch in seinem Strumpf betrachtet. 3 Radierungen aus der Folge Receuil de Caricatures. Je ca. 27,5 x 19,4 cm. Um 1754. PortalisBéraldi, aus 523; Inventaire du Fonds Français, dixhuitième siècle, Bd. 12, aus 322; Suzanne Boorsch, „The Receuil de Caricatures by La Live de Jully after Saly“, Yale University Art Gallery Bulletin, 2004, S. 68– 83, Nrn. 3, 12, 16. Die drei geistreich und flott behandelten Radierungen entstammen der siebzehn Blatt zählenden Folge Receuil de Caricatures, die der Aristokrat, Kunstsammler und Radierer Ange-Laurent de la Live de Jully um 1754 nach Zeichnungen des Bildhauers Jacques-François-Joseph Saly (1717–1776) ausgeführt hat. Letzterer hatte sich von 1740 bis 1748 als pensionnaire der franzö sischen Akademie zu Studienzwecken in Rom aufgehalten. Um 1745 schuf Saly eine Reihe von gezeichneten Karikaturporträts, wobei es sich vorwiegend um führende Würdenträger der Académie de France, sowie um Künstler und Bedienstete dieser angesehenen Institution handelt. Aus diesem Grunde besitzen La Lives Radierungen nach den Vorzeichnungen Salys, von denen sich lediglich zwei Blatt erhalten haben, eine nicht geringe kulturhistorische Bedeutung und vermitteln ein sehr originelles und humorvolles Bild vom täglichen Leben an der Akademie. Es handelt sich vorwiegend um keck hingeworfene Karikaturbildnisse in der Art des Pier Leone Ghezzi, bei denen die Dargestellten in ganzer Figur und in Profilansicht mit den
charakteristischen Attributen ihres Amtes dargestellt sind. Erwähnung verdient in diesem Zusammenhang der sehr aufschlussreiche Aufsatz von Suzanne Boorsch, in dem die Autorin die Mehrzahl der dargestellten Personen überzeugend identifizieren konnte. Lediglich bei der andächtig observierten Darstellung eines jungen Mannes, der ein Loch in seinem Strumpf betrachtet, handelt es sich um eine eher genrehaft gefärbte Alltagsszene, die Saly in den Straßen Roms beobachtet haben dürfte. La Lives Radierungen geben den Schneid und das Flair von Salys Zeichnungern kongenial wieder. Der adlige La Live de Jully, der über ein enormes Vermögen verfügte und später am Hofe das ehrenvolle Amt des Introducteur des Ambassadeurs innehatte, war ein bedeutender Kunstsammler und einer der wichtigsten Förderer des Jean-Baptiste Greuze (siehe Ausstellungskatalog Artists and Amateurs. Etching in 18th-century France, herausg. von Perrin Stein, The Metropolitan Museum of Art, New York 2013, S. 143ff, S. 196, Nr. 83). La Live schuf ein nicht unbedeutendes druckgraphisches Ouevre, darunter Reproduktionsstiche nach Natoire und Greuze, sowie Buchillustrationen. Das Receuil de Caricatures ist jedoch unbestritten seine beste künstlerische Leistung. Die Folge wurde offenbar nur in einer sehr kleinen Auflage gedruckt und war wohl für einen engeren Kreis von Freunden und Angehörigen der Akademie gedacht. Daher sind auch einzelne Blätter dieses Zyklus von größter Seltenheit. Ausgezeichnete, gegensatzreiche Frühdrucke mit dem vollen Rand, vor den Nummern. Etwas stockfleckig, vereinzelte Randläsuren, sonst sehr gut erhalten.
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26. ange-laurent de la live de jully (1725–1779, Paris)
Portrait of the Architect Antoine Deriset; The Washer woman Rita Pontani; A Young Man, Studying a Hole in his Stocking. Three etchings from the series Receuil de Caricatures. Each measuring approx. 27.5 x 19.4 cm. Circa 1754. Portalis-Béraldi, from 523; Inventaire du Fonds Français, dixhuitième siècle, vol. 12, from 322; Suzanne Boorsch, “The Receuil de Caricatures by La Live de Jully after Saly”, Yale University Art Gallery Bulletin, 2004, pp. 68–83, nos. 3, 12, 16. The three etchings, executed with verve and ingenuity, come from the seventeen-print series Receuil de Caricatures, which the aristocrat, art collector and etcher, Ange-Laurent de la Live de Jully (1725–1779, Paris) produced around 1754 after drawings by the sculptor, Jacques-François-Joseph Saly (1717–1776). From 1740 to 1748 Saly studied in Rome as a pensionnaire of the French Academy. In about 1745 he drew a series of caricature portraits, mostly of leading dignitaries of the French Academy together with artists and employees of this renowned institution. Hence, La Live’s etchings after preliminary drawings by Saly are of considerable cultural historical importance, since they convey a very original and entertaining picture of everyday life at the Academy. For the most part these are breezily dashed off caricature portraits in the manner of Pier Leone Ghezzi, in which the persons portrayed are shown in full figure and profile
view with the characteristic attributes of their office. Special mention should be made here of Suzanne Boorsch, who has been able to convincingly identify the majority of the persons portrayed. The reverently observed depiction of a young man studying a hole in his stocking is the sole instance of a more genre-like everyday scene which Saly probably witnessed in the streets of Rome. La Live’s etchings brilliantly reproduce the boldness and flair of Saly’s drawings. La Live de Jully, an aristocrat of enormous wealth who later occupied the honourable court office of Introducteur des Ambassadeurs, was a prominent art collector and one of the most important patrons of Jean-Baptiste Greuze (see exhibition catalogue Artists and Amateurs. Etching in 18th-century France, published by Perrin Stein, The Metropolitan Museum of Art, New York 2013, p. 143ff, p. 196, no. 83). La Live produced a quite significant printed oeuvre including reproductive prints after Natoire and Greuze as well as book illustrations. The Receuil de Caricatures, however, is undeniably his supreme artistic achievement. The series was evidently printed in a very small edition and probably intended for a narrow circle of friends and members of the Academy. Some of the prints in this cycle are, therefore, of the utmost rarity. Very fine, contrasting early impressions with the full margins, before the numbers. Slightly foxed, occasional blemishes in the margins, otherwise in excellent condition.
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27. zacharias longuelune (1669 Paris – 1748 Dresden)
zacharias longuelune (1669 Paris – 1748 Dresden)
Kostümentwurf. Federzeichnung in schwarz, grau laviert und Aquarell, Einfassungslinie in brauner und schwarzer Feder. 23,2 x 16 cm.
Costume Design. Pen and black ink, grey wash and watercolour, framing line in pen and brown and black ink. 23.2 x 16 cm.
Der Architekt, Maler und Zeichner Zacharias Longuelune wurde bei Antoine Lepautre in Paris ausgebildet. Nach 1696 war er als Architekt am Hofe Friedrich Wilhelms I. in Berlin tätig. Nach einer im Jahre 1710 unternommenen Italienreise trat Longuelune um 1715 in den Dienst des Kurfürsten Friedrich August I. in Dresden. Longuelune machte sich als Architekt, Dekorateur und Festausstatter einen Namen am Hofe des sächsi schen Kurfürsten. 1728 wurde er zum Oberlandbaumeister ernannt und fertigte zahlreiche Entwürfe für meist nicht ausgeführte königliche Bauten in Dresden und Warschau an, darunter das Wasserpalais des Schlosses Pillnitz, die Katho lische Hofkirche und das Palais Brühl.
The architect, painter and draughtsman, Zacharias Longuelune, studied under Antoine Lepautre in Paris. From 1696 he worked as an architect at the court of Friedrich Wilhelm I in Berlin. Following a journey to Italy in 1710 Longuelune decided in 1715 to enter the service of Friedrich August I in Dresden, where he made a name for himself as an architect, decorator and festival designer at the court of the Elector of Saxony. In 1728 he was appointed senior master builder, in which capacity he produced numerous designs for royal buildings in Dresden and Warsaw, including the Riverside Palace at Pillnitz Castle, the Catholic Court Church and Brühl Palace, most of which were never built.
Bei dem vorliegenden Blatt dürfte es sich um einen Kostüm entwurf für die prunkvollen Vermählungsfestlichkeiten des Kurprinzen August III. von Sachsen handeln, die im Jahre 1719 stattfanden. Die phantasievolle, exotische Kostümierung zeugt von der barocken Pracht und der opulenten Verschwendungssucht, die damals am sächsischen Hofe herrschten. Eine sti listisch eng übereinstimmende Zeichnung befindet sich im Kupferstichkabinett der Kunstsammlungen der Veste Coburg. Siehe Ausgewählte Handzeichnungen von 100 Künstlern aus fünf Jahrhunderten, herausg. von H. Maedebach, Coburg 1970, S. 49, Abb. 72.
The present work is in all probability a costume design for the magnificent wedding festivities of the Elector’s Heir, August III of Saxony, in 1719. The imaginative exotic costume testifies to the Baroque splendour and extravagance of the Saxon court at the time. A stylistically very similar drawing is kept in the Department of Prints and Drawings of Veste Coburg. See Ausgewählte Handzeichnungen von 100 Künstlern aus fünf Jahrhunderten, published by H. Maedebach, Coburg 1970, p. 49, fig. 72.
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28. charles andré van loo
(1705 Nizza – 1785 Paris)
Six figures académiques dessinées et gravées par Carle van Loo ... Folge von 6 Radierungen. Je ca 23,5 x 39 cm. 1743. Le Blanc 4–9. Der Maler Carle van Loo gelangte während seines Künstlerlebens zu europäischem Renommee, was allein schon durch die hohe Zahl bedeutender Aufträge und durch seine 1750 erfolgte Nobilitierung belegt wird. Carle wurde bei seinem Bruder Jean-Baptiste ausgebildet, dem er 1714 – noch im Kindesalter – nach Rom folgte, wo er unter anderem bei Benedetto Luti in die Lehre ging. Seit 1720 Schüler der Pariser Académie royale, gewann Carle 1724 den renommierten Grand Prix. Es folgten längere Aufenthalte in Rom und in Turin, wo van Loo 1733 die Sängerin Cristina Somis heiratete. Freskendekorationen und Malereien im Königlichen Schloss in Turin, in der Villa Stu pinigi und in mehreren Sakralbauten der Stadt zeugen auch heute noch von van Loos erfolgreicher Tätigkeit am Piemonteser Hof. Nach seiner Rückkehr nach Paris im Jahre 1734 und seiner Aufnahme als Mitglied der Akademie nahm van Loos Karriere einen rasanten Aufschwung. Ehrenvolle Berufungen untermauerten seine Reputation. Ab 1749 bekleidete van Loo mehrere Ämter in Folge an der Académie royale, 1763 wurde er schließlich zu deren Direktor ernannt. Die Berufung zum Peintre ordinaire du Roy war bereits im Jahre zuvor erfolgt. Er führte Bildnisse Ludwigs XV. und Maria Leszczynskas aus und erhielt hochdotierte Aufträge für die Ausmalung von Schlössern und Kirchen.
Die vorliegende Folge von akademischen Figurenstudien entstand im Jahre 1743, wohl in bewusster Kompetition mit Edme Bouchardons Folge Livre de diverses figures d’Académies ..., die 1738 von dem Pariser Verleger Gabriel Huquier herausgegeben worden war. Dieser Zyklus enthielt zwölf Radierungen nach Rötelzeichnungen Bouchardons von der Hand Jean-Baptiste Perroneaus, Pierre Avelines, Jean Huberts und schließlich Gabriel Huquiers selbst, und diente nicht nur dem Anschauungsunterricht für Kunststudenten, sondern erfreute sich auch bei Sammlern einer großen Beliebtheit. 1743 präsentierte van Loo daraufhin die vorliegenden Folge von Figurenstudien der Akademie, deren wesentlicher Unterschied darin bestand, dass van Loo die Radierungen nach eigenen Vorlagen selbst anfertigte, um auf diese Weise seine künstlerische Überlegenheit zu demonstrieren. Das schöne, intim beobachtete Titelblatt des Zyklus ist dem Frontispiz der Folge Bouchardons sehr ähnlich, während die übrigen Darstellungen in einer individuellen, temperamentvollen und reich differenzierten Radiertechnik ausgeführt sind. Es ist interessant zu sehen, wie eng die unterschiedlichen Posen der männlichen Aktmodelle mit traditonellen Kompositionsschemata verknüpft sind. Einzelne Figurenstudien könnten problemlos als zweckmäßige Vorlagen für religiöse Sujets wie die Grablegung Christi oder die Aufer stehung verwendet werden. Ganz ausgezeichnete, gegensatzreiche Drucke mit dem vollen Rand. Leichte Gebrauchsspuren, mit den Originalheftlöchern im linken Rand, der Gesamteindruck sehr schön.
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28. charles andré van loo
(1705 Nice – 1785 Paris)
Six figures académiques dessinées et gravées par Carle van Loo ... Suite of six etchings. Each measuring approx. 23.5 x 39 cm. 1743. Le Blanc 4–9. The painter, Carle van Loo, was famous throughout Europe in his lifetime, as attested by the large number of major commissions he received and his ennoblement in 1750. Carle was trained by his brother Jean-Baptiste and, though still only a boy, followed him in 1714 to Rome, where he was apprenticed amongst others to Benedetto Luti. A pupil at the Royal Academy in Paris from 1720, Carle won the renowned Grand Prix in 1724. He subsequently spent lengthy periods in Rome and Turin, where he married the singer, Cristina Somis, in 1733. Fresco decorations and paintings in the Royal Palace in Turin, the Villa Stupinigi and several sacred buildings in the city serve as an enduring testimony to van Loo’s success at the court in Piemont. His career flourished quickly after his return to Paris in 1734 and his admission to membership of the Academy. Honourable appointments consolidated his reputation. From 1749, van Loo successively occupied various positions at the Royal Academy, ultimately being appointed director in 1763. The year previously he had been made Peintre ordinaire du Roy. Van Loo took portraits of Louis XV and Maria Leszczynska and received lucrative commissions for the interior painting of palaces and churches.
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The present series of academic figure studies dates to 1743 and was probably designed as a deliberate challenge to Bouchardon’s series entitled Livre de diverses figures d’Académies ..., which had been issued in 1738 by the Parisian publisher, Gabriel Huquier. The cycle contained twelve etchings after red chalk drawings by Bouchardon made by Jean-Baptiste Perroneau, Pierre Aveline, Jean Hubert and, not least, Gabriel Huquier himself. It not only provided visual instruction for art students, but was also extremely popular with collectors. In 1743 van Loo consequently released the present series of figure studies from the Academy, the main difference being that he made the etchings himself after his own designs in order to demonstrate his artistic supremacy. The fine, intimately observed title page of the cycle is very similar to the frontispiece of Bouchardon’s series. The remaining portrayals are executed in an original, brisk and richly differentiated etching technique; the different poses of the nude male models are combined with traditional compositional schemes. Individual figure studies might be used as effective designs for religious subjects, such as the ‘Entombment of Christ’ or the ‘Resurrection’. Very fine, contrasting impressions with the full margins. Slight handling traces, with the original binding holes in the left margin, otherwise in excellent condition.
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29. giuseppe piattoli
giuseppe piattoli
“Burla del Piovane Arlitto che fa un fastidioso, caccandogli nelli stivali”. Federzeichnung in Braun, grauschwarz laviert, weiß gehöht. 11,5 x 18,2 cm.
“Burla del Piovane Arlitto che fa un fastidioso, caccandogli nelli stivali”. Pen and brown ink, greyish-black wash, white heightening. 11.5 x 18.2 cm.
Der Maler, Zeichner und Kupferstecher Giuseppe Piattoli war Zeit seines Lebens in Florenz tätig und machte sich vor allem durch seine Sittenschilderungen und Stichfolgen wie La Marfia und I Giuochi einen Namen. Zu größerer Bekanntheit gelangte er durch seine aquarellierten Illustrationen zu italienischen Sprichwörtern, die 1786 und 1788 in Nachstichen von Carlo Lasinio erschienen. Von 1785 bis 1807 war Piattoli Zeichenmeister an der Akademie in Florenz.
Throughout his life the painter, draughtsman and engraver, Giuseppe Piattoli, worked in Florence, where he made a name for himself primarily with his genre pictures and series of prints, such as La Marfia and I Giuochi. His reputation was further enhanced by his watercolour illustrations of Italian proverbs which were published in 1786 and 1788 in reproductive prints by Carlo Lasinio. From 1785 to 1807 Piattoli taught drawing at the Academy in Florence.
Piattoli war ein liebenswürdiger Kleinmeister, der in seinen Zeichnungen und Stichen das Zeitkolorit seiner Epoche meisterhaft einzufangen wusste. Die vorliegende kleinformatige Zeichnung schildert eine possenhafte Begebenheit, die auf das Konto des legendären Piovano Arlotto (1396–1484, Florenz) geht. Arlotto war ein Priester, der während des Quattrocento in Florenz lebte, und der wegen seiner scharfen Zunge und seiner burlesken Streiche im Geiste Bocaccios zu einer Art Volksheld wurde. Nach seinem Tod wurden seine Taten in einer anonymen Schrift mit dem Titel I Motti e facezie del Piovano Arlotto verewigt. Sogar seinem eigen Tod wusste Arlotto Humor abzugewinnen. Die Inschrift seines Grabsteins erwähnt, dass diese ewige Ruhestätte für ihn gedacht sei und für alle diejenigen, die ihm Gesellschaft leisten möchten. Auf unserem Blatt rächt Arlotto sich an einem ihm überdrüssigen Zeitgenossen. Der Vorgang spielt sich bei gespenstisch flackernder Beleuchtung in einem nächtlich düsteren Schlafraum ab, der durch Vorhänge unterteilt ist. Mit sichtlicher Anstrengung beugt sich Arlotto über die Stiefeln seines Widersachers und füllt diese mit seinen Exkrementen. Er leistet ganze Arbeit und das friedlich schlummernde Opfer ahnt nichts von der wenig erquicklichen Surprise, die es beim Aufwachen erwartet. Meisterhaft, mit wenigen flotten Strichen von Feder und Pinsel hat Piattoli die burleske Szene geschildert, die in ihrer markanten Helldunkelwirkung und in ihrem grimmigen Humor an die Sittenschil derungen Goyas erinnert.
Piattoli was a charming minor master whose drawings and prints brilliantly captured the atmosphere of his period. The present small drawing portrays a farcical occurrence attribut able to the legendary Piovano Arlotto (1396–1484). A priest in fourteenth-century Florence, Arlotto’s sharp tongue and the outrageous tricks he played in the style of Bocaccio made him a popular hero. His deeds were immortalised after his death in an anonymous text entitled I Motti e facezie del Piovano Arlotto. Arlotto could even see the funny side of his own death. The inscription on his gravestone says that this final resting place is meant for him and all those who would like to keep him company. In the present work Arlotto is seen taking revenge on a contemporary he has grown tired of. The scene takes place at night in eerily flickering light in an ill-lit bedroom which is divided by curtains. Arlotto is bent over and visibly straining to fill his adversary’s boots with his excrement. He is very productive in his efforts and the peacefully sleeping victim has not the slightest inkling of the far from salubrious surprise that awaits him when he wakes up. With a few deft strokes of the pen and brush Piattoli has consummately portrayed the grotesque scene, the distinctive chiaroscuro effect of which is reminiscent of the grim humour to be found in Goya’s genre scenes.
(um 1743 – nach 1807, Florenz)
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(circa 1743 – after 1807, Florence)
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30. bernard picart
bernard picart
Stehender männlicher Akt mit ausgebreiteten Armen (Studie für einen Apoll). Rötelzeichnung. 34,1 x 21,7 cm. Wasserzeichen IHS.
Standing Male Nude with Outstretched Arms (Study for an Apollo). Red chalk. 34.1 x 21.7 cm. Watermark: IHS.
Der in Paris geborene Kupferstecher, Zeichner und Miniaturmaler Bernard Picart ging bei seinem Vater Etienne Picart und bei Benoît Audran in die Lehre und bildete sich ab 1689 in der Werkstatt von Sébastien I. Leclerc weiter. In den 1690er Jahren verblieb Picart mehrmals für längere Zeit in den Niederlanden und ließ sich dann 1711 endgültig in Amsterdam nieder. In der Folgezeit wurde er zu einem der erfolgreichsten und meistbeschäftigten Kupferstecher in den Niederlanden und fand hier ein weites Betätigungsfeld dank seiner Verbindungen zu den einflussreichen und wohlhabenden französischen Emigrés protestantischen Glaubens. Picart war vorwiegend für den Buchhandel tätig und lieferte Titelblätter, Vignetten, Ornamentstiche und Illustrationen mit biblischen und mythologischen Sujets. Er hat wesentlich zur Verbreitung des eleganten und weltläufigen Style Régence in den Niederlanden beigetragen und seine künstlerische Handschrift ist maßgeblich von den französischen Vorbildern des Spätbarocks geprägt. Das druckgraphische Œuvre ist sehr umfangreich und zu Picarts Hauptwerken zählen die Vignetten und Illustrationen für die große Bibelausgabe von de la Marck, an der er ab 1710 gemeinsam mit Gerard Hoet und Arnold Houbraken arbeitete.
Bernard Picart, an engraver, draughtsman and miniaturist from Paris, was apprenticed to his father, Etienne Picart, and Benoît Audran before continuing his training in 1689 in the studio of Sébastien I. Leclerc. Picart spent several lengthy periods in the Netherlands in the 1690s before settling for good in Amsterdam in 1711. He subsequently became one of the busiest and most successful engravers in the Netherlands, where his connections with the wealthy and influential French Protestant émigrés enabled him to pursue a wide variety of activities. Picart worked mostly for the book trade, supplying title pages, vignettes, ornamental engravings and illustrations on biblical and mythological themes. He was instrumental in spreading the elegant and cosmopolitan Régence style in the Netherlands, his works revealing the potent influence of French artists from the late Baroque period. Picart’s printed oeuvre is very extensive; among his main works are vignettes and illustrations for De la Marck’s large edition of the Bible, a project begun in 1710 on which the artist collaborated with Gerard Hoet and Arnold Houbraken.
(1673 Paris – 1733 Amsterdam)
Die vorliegende Figurstudie entstand möglicherweise in Zusammenhang mit der großen Amsterdamer Ovidausgabe aus dem Jahre 1732. Der männliche Akt, wohl eine Studie zu einem Apoll, ist sehr treffsicher und souverän gezeichnet. Ein dichtes Netz von Parallel- und Kreuzschraffuren verleiht dem muskulösen, wohlgestalteten Körper große Plastizität. Einzelne Umrisslinien verfestigen die Form, die Lichtführung ist subtil und weich. Der Gott steht in einer klassischen Kontraposthaltung, sein ausgestreckter rechter und der angewinkelte linke Arm suggerieren, dass er seinem Bogen – das Attribut Apolls – auf ein imaginäres Ziel richtet. Bildelemente wie die sich aufbauschende Draperie und die vom Wind aufgewühlten Locken verleihen der eher statisch wirkenden Pose eine innere Dynamik.
(1673 Paris – 1733 Amsterdam)
The present figure study may have arisen in connection with the large 1732 Amsterdam edition of Ovid’s works. The male nude, in all probability a study for an Apollo, has been drawn with great accuracy and effortless mastery. A dense network of parallel and cross hatchings gives the muscular, well-proportioned body a pronounced three-dimensional quality. Individual outlines reinforce the shape; the use of light is both soft and subtle. The god stands in a classical contrapposto pose. This, together with his outstretched left arm and bent right arm, suggest that he is aiming his bow – the attribute of Apollo – at an imaginary target. Pictorial elements, such as the billowing drapery and the wind-ruffled hair, lend the somewhat static pose added momentum.
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31. johann christian reinhart (1761 Hof – 1847 Rom)
johann christian reinhart (1761 Hof – 1847 Rome)
Die Mühle bei den großen Eichen. Radierung. 44,6 x 59 cm. 1788. Andresen 20 II (von III).
The Mill at the Great Oaks. Etching. 44.6 x 59 cm. 1788. Andresen 20 II (of III).
Diese pastorale Landschaft ist ein frühes Meisterwerk Johann Christian Reinharts und die im Format größte Radierung, die er geschaffen hat. Der Stich entstand kurz vor seiner Abreise nach Rom im Jahre 1789 und zeigt ein Landschaftsmotiv aus der Umgebung von Meiningen, wo der Künstler seit 1786 lebte und arbeitete. Die Darstellung ist von einer überwältigenden und empfindsamen Naturlyrik erfüllt. Ein Wald von mächtigen Eichen dominiert die Komposition. Das Laub der wuchtigen Bäume ist wunderbar abwechslungsreich, minutiös, jedoch nie kleinlich wiedergegeben. Im Vordergrund führt ein Hirte seine Herde zur Tränke. Es herrscht eine vollkommene, pastorale Harmonie. Die Biegung des ruhig strömenden Gewässers führt zu einer Mühle; ein Fischer mit Netz und ein Mann auf einem Esel sind in ein Gespräch vertieft. Der Stier, der im Vordergrund eine Kuh besteigt, ist ein Symbol ungestümer Lebenskraft und zeugt von der Dynamik einer sich fruchtbar und üppig entfaltenden Natur. Der Nürnberger Verleger Frauenholz war so angetan von diesem Blatt, dass er die Platte für eine beträchtliche Summe von Reinhart erwarb. Diese Transaktion war der Anfang einer langjährigen Zusammenarbeit zwischen Künstler und Verleger. Die Platte wurde im zweiten, uns vorliegenden Druckzustand überarbeitet, wohl um eine größere Auflage zu ermöglichen, dennoch kommt das Blatt nur selten vor.
This pastoral landscape is an early masterpiece by Johann Christian Reinhart and the largest etching he ever made. The print, finished shortly before his departure for Rome in 1789, shows a landscape motif from the countryside around Meiningen, where the artist lived and worked from 1786 onwards. The scene from nature is imbued with a strong sense of lyricism. A wood of mighty oaks dominates the composition. The foliage of the massive trees is delightfully varied and minutely detailed without being pedantic. In the foreground a shepherd is leading his herd to water. A perfect pastoral harmony prevails. The bend of the gently flowing stream leads to a mill; a fisherman with his net and a man on a donkey are deep in conver sation. The bull mounting a cow in the foreground is a symbol of impulsive vitality illustrating the vigour of a fertile and burgeoning nature. The Nuremberg publisher Frauenholz was so taken with this work that he acquired the plate from Reinhart for a considerable sum. This transaction marked the start of a long collaboration between artist and publisher extending over many years. The plate was reworked creating a second state – the one we have here – no doubt in order to facilitate a larger edition. Nevertheless impressions of this print are rare.
Prachtvoller, gegensatzreicher und differenzierter Abzug mit breitem, gleichmäßigem Rand um die Plattenkante. Mit der Widmung an den Markgrafen von Ansbach-Bayreuth, jedoch vor der Adresse von Frauenholz. Minimale Altersspuren, sonst vorzüglich erhalten.
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A superb, richly contrasting and subtle impression with large, even margins around the platemark. With a dedication to the Margrave of Ansbach-Bayreuth, but before the address of Frauenholz. Minimal aging, otherwise in excellent condition.
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32. johann elias ridinger johann elias ridinger (1698 Ulm – 1767 Augsburg)
(1698 Ulm – 1767 Augsburg)
Ein Hirsch wird von einer Meute Jaghunde gestellt. Federzeichnung in Schwarz und Braun über Kreide. 28,4 x 43 cm. Um 1750–55.
A Stag Caught by a Pack of Hounds. Pen and black and brown ink over chalk. 28.4 x 43 cm. Circa 1750–55.
Der Tiermaler, Kupferstecher und Graphikverleger Johann Elias Ridinger ist eine zentrale Gestalt des Augsburger Barocks. Ridinger war der Sohn eines zeichnerisch begabten Vaters und erlernte das Handwerk bei Christoph Resch in Ulm und Johann Falch in Augsburg. Auf Empfehlung des Augsburger Malers Gabriel Spitzel gelangte Ridinger um 1715 an den Hof des Grafen Metternich in Regensburg, wo er sich drei Jahre lang durch Studien in der Reitschule und durch Teilnahme an Jagdpartien in der Tiermalerei weiterbildete. Um 1718/19 nach Augsburg zurückgekehrt, wurde Ridinger an der reichsstädtischen Akademie Schüler von Georg Philipp Rugendas. Nach Abschluss der Lehrzeit gründete er einen eigenen Kunstverlag, in dem die meisten seiner druckgraphischen Arbeiten erschienen sind. 1759 wurde der Künstler zum Direktor der Augsburger Stadtakademie ernannt.
Johann Elias Ridinger, an animal painter, engraver and print publisher, is a central figure of the Baroque period in Augsburg. The son of a talented draughtsman, he was taught the trade by Christoph Resch in Ulm and Johann Falch in Augsburg. On the recommendation of Gabriel Spitzel, a painter from Augsburg, Ridinger succeeded around 1715 in gaining entry to the court of Count Metternich in Regensburg, where he spent three years honing his skills as an animal painter by joining in hunts and making studies in the riding school. Around 1718/19 he returned to Augsburg, where he became a student under Georg Philipp Rugendas at the academy of the free imperial city. After completing his apprenticeship he founded his own art publish ing company, which issued most of his prints. In 1759 he was made director of the Augsburg Academy.
Ridinger war ein unermüdlicher Zeichner und schuf ein immenses druckgraphisches Œuvre, das etwa 1600 Stiche nach eigenen Kompositionen und nach Vorlagen anderer Künstler umfasst. Es sind vor allem Ridingers Jagddarstellungen, die seinen Ruhm bereits zu Lebzeiten begründeten. Der besondere Reiz dieser Bildgattung liegt in der gelungenen Symbiose von akkurat und mit großer Sachkenntnis geschilderten Jagdszenen und der lebendigen, verblüffend vielfältig gestalteten Naturkulisse. Das vorliegende, furiose Studienblatt entstammt einem Skizzenbuch und entstand wohl im Zusammenhang mit der um 1750 bis 55 gestochenen Folge Die par force Jagd des Hirschen..., die zu den graphischen Hauptwerken Ridingers zählt und exem plarisch für die Bildgattung der Jagddarstellungen steht. Die Zeichnung atmet die unbändige Kraft und leidenschaftliche Spontaneität des ersten Einfalls. In einem fieberhaften, dramatisch bewegten Duktus hat Ridinger den Kulminationspunkt der Hetzjagd dargestellt. Der ermattete Hirsch bäumt sich im Todeskampf auf und versucht vergeblich, die Meute blutrünstiger Jagdhunde abzuwehren, die sich wie ein wütendes Knäuel auf das verzweifelte Tier gestürzt hat. Durch das dichte Gestrüpp gewahrt man Jäger zu Pferde, die im Galopp herbeieilen. Ridinger hat die Komposition mit schwarzer Kreide in ihren Hauptzügen angelegt und sie dann mit der Feder und brauner Tinte in einem ungemein freien und spontanen Duktus weiter ausgearbeitet. Einzelne Akzente und Korrekturen wurden in Schwarz hinzugefügt, was dem Erscheinungsbild der Zeichnung größere Lebendigkeit verleiht. Die raschen Federnotierungen und die ungeheure szenische Energie lassen vermuten, dass der Künstler die Zeichnung in kürzester Zeit an Ort und Stelle angefertigt hat.
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Ridinger was an indefatigable draughtsman who produced a vast printed oeuvre comprising some 1,600 engravings after his own compositions and designs by other artists. It was Ridinger’s hunting scenes, in particular, which gained him a reputation during his lifetime. The special charm of this pictorial genre lies in the successful symbiosis between hunting scenes portrayed with great expertise and accuracy and a vividly observed natural setting full of astounding detail. The present powerful study sheet is taken from a sketchbook and probably arose in connection with the series of engravings entitled Die par force Jagd des Hirschen... made around 1750–55. One of Ridinger’s principal graphic works, it is an exemplary illustration of the genre of hunting scenes. The drawing radiates the unbridled vigour and intense spontaneity of the initial idea. Ridinger has portrayed the climax of the hunt in a feverish, dramatically impulsive style. Struggling in the throes of death, the exhausted stag makes a desperate but futile attempt to shake off the pack of bloodthirsty hounds which have pounced on it in a tangled fury. Discernible through the dense undergrowth are hunters on horseback who come galloping onto the scene. Ridinger has executed the main elements of the composition in black chalk and then elaborated them in greater detail using pen and brown ink in an astonishingly free and spontaneous manner. Highlights and corrections have been added in black here and there, thus injecting greater vitality into the drawing. The hasty strokes of the pen and the pulsating energy of the scene suggest that the artist made the drawing at great speed on the spot.
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33. pierre subleyras (1699 Uzès – 1749 Rom)
Das Gastmahl im Hause des Simon. Radierung. 24,6 x 60,8 cm. 1738. Robert-Dumesnil 3; Ausstellungskatalog Subleyras. 1699–1749, herausg. von P. Rosenberg, O. Michel, Paris, Musée du Luxembourg, 1987, S. 200, II (von V). Das großformatige, sehr sorgfältig und anspruchsvoll ausgeführte Blatt gilt als das druckgraphische Hauptwerk des Künstlers („sans nul doute le chef-d’oeuvre du maître“, RobertDumesnil) und reproduziert das 1737 in Rom entstandene Gemälde, das Subleyras’ Ruf als Maler endgültig etablieren sollte. Das enorme, annähernd sieben Meter breite Gemälde war bestimmt für das Refektorium des Klosters Santa Maria Nuova in Asti und befindet sich heute im Musée du Louvre in Paris. Die Radierung ist von großer Seltenheit, zumal es sich um einen Frühdruck handelt. Bereits ältere Autoren wie Portalis und Beraldi haben auf diese Tatsache hingewiesen („les pièces gravées par Subleyras sont d’une extrême rareté“, Les graveurs du Dix-huitième siècle, Bd. III, Paris 1882, S. 574).
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Der hochtalentierte und vielbeschäftigte Pierre Subleyras war Maler pur sang und die Beschäftigung mit dem Medium Radierung stellte offenbar für ihn nur eine Nebentätigkeit dar. Ausgebildet bei Antoine Rivalz in Toulouse, verbrachte Subleyras nach seiner Lehrzeit an der Académie royale in Paris und der Auszeichnung mit dem prestigiösen Prix de Rome (1727) den Rest seines Lebens in Rom. Hier wurde der Künstler tatkräftig von Nicolas Vleughels, dem Direktor der Académie de France gefördert und zählte bald zu den renommiertesten und meistbeschäftigten Malern Roms. Seit 1740 Mitglied der Accademia S. Luca malte Subleyras Altarbilder, Historiengemälde und mythologische Sujets und machte sich auch als Porträtist der römischen Aristokratie und Klerus einen Namen. Vor allem Subleyras’ Bildnisse zeichnen sich durch ihre stupende malerische Qualität und durch ihre eindringliche und sehr individuelle psychologische Charakterisierung aus. Auch die vorliegende Radierung, die das Gemälde im Gegensinn wiedergibt, besticht durch ihre handwerkliche Virtuosität und stilistische Verfeinerung. Die vielfigurige, aufwändig arrangierte Komposition zeigt, wie
sehr Subleyras dem Vorbild seines großen Vorgängers Veronese verpflichtet war. Die Darstellung verzaubert durch die Vielzahl präzise beobachteter Details. Die einzelnen Protagonisten interagieren auf überzeugende und harmonische Weise mit einander, so dass ein reizvolles kompositorisches Kontinuum entsteht. Das Auge kommt kaum zur Ruhe, sondern verliert sich in der Menge lebendig und anschaulich dargestellter Bewegungsmotive. Die Szene der Fußwaschung, das eigentliche Leitmotiv der Handlung, spielt sich am äußeren rechten Bildrand ab und geht gleichsam in dem turbulenten Festgelage unter. Dies alles ist in einer detaillierten, feinnervigen Radiertechnik behandelt, die eine delikat abgestufte, vibrierende Helldunkelwirkung erzeugt. Auch als Radierer muß Subleyras ein absoluter Perfektionist gewesen sein. Dies belegen die fünf unterschiedlichen Druckzustände, die sich durch geringfügige, subtile Änderungen auszeichnen und auf diese Weise den facettenreichen Entstehungsprozess der Radierung veranschaulichen. Der erste
Druckzustand der Radierung, die sich in der National Gallery of Art in Washington befindet, ist höchstwahrscheinlich ein Unikat. Es handelt sich um einen Abzug avant la lettre und vor den leichten Überarbeitungen an den Figuren am linken Bildrand. Die Radierung liegt hier im außerordentlich seltenen zweiten Druckzustand vor, vor den zusätzlichen Strichlagen am Fußboden und vor den zahlreichen weiteren Akzentverschiebungen der nachfolgenden drei Etats. Prachtvoller, harmonischer und gegensatzreicher Druck der teilweise noch ungereinigten Platte; mit Rand um die gratige Plattenkante. Die Hilfslinien der Schrift noch deutlich sichtbar, mit feinen Nadelproben im weißen Rand. Minimale Altersspuren, sonst vorzügliches, museales Exemplar. Aus der Sammlung François Heugel (Lugt 3373).
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33. pierre subleyras
(1699 Uzès – 1749 Rome)
Meal in the House of Simon. Etching. 24.6 x 60.8 cm. 1738. Robert-Dumesnil 3; exhibition catalogue Subleyras. 1699–1749, published by P. Rosenberg, O. Michel, Paris, Musée du Luxembourg, 1987, p. 200, II (of V). This large, carefully and discriminatingly executed print is regarded as the artist’s principal work in this medium (‘sans nul doute le chef-d’oeuvre du maître’, Robert-Dumesnil). It is a reproduction of the painting Subleyras made in Rome in 1737 which was to finally establish his reputation as a painter. The enormous picture, which is almost seven metres wide, was designed for the refectory of the Santa Maria Nuova monastery in Asti and is now in the Musée du Louvre in Paris. The etching is of great rarity, particularly since it is an early impression. Authors of earlier generations, such as Portalis und Beraldi, already pointed to this fact (‘les pièces gravées par Subleyras sont d’une extrême rareté’, Les graveurs du dixhuitième siècle, vol. III, Paris 1882, p. 574). The highly talented and much sought-after Pierre Subleyras was a died-in-the-wool painter, etching clearly being no more than a sideline for him. Trained by Antoine Rivalz in Toulouse, Subleyras did his apprenticeship at the Royal Academy in Paris and, having been awarded the prestigious Prix de Rome (1727), spent the rest of his life in Rome. There the artist was given great encouragement by Nicolas Vleughels, the Director of the Académie de France, and was soon one of the most famous and busiest painters in Rome. A member of the Accademia di S. Luca from 1740, Subleyras painted altar pieces, historical scenes and mythological subjects and also made a name for himself as a portraitist of the Roman aristocracy and clergy. Subleyras’ portraits, in particular, are distinguished by their stupendous painterly quality and their intensive, highly individual psychological characterisation. The present etching, which
reproduces the painting in reverse, is likewise remarkable for its virtuoso craftsmanship and sophisticated style. The multifigured, lavishly arranged composition shows the extent to which Subleyras was indebted to his predecessor Veronese. The charm of the picture stems from the great variety of accurately observed details and, with the individual protagonists interacting in a convincing and harmonious manner, the result is a delightful compositional continuum. It is hard to maintain visual concentration, as the eye darts back and forth through the host of lively and vivid motifs. The ceremony of the wash ing of the feet, the central theme of the scene, takes place on the extreme right-hand edge of the picture, as if swept to one side by the turbulence of the feast. The whole scene is treated in a detailed, sensitive etching technique which produces a delicately graduated, vibrating chiaroscuro effect. Subleyras must have been a perfectionist par excellence not just as a painter, but also as an etcher. This is evidenced by the five different printing states which are distinguished by minor subtle changes, thereby illustrating the multi-facetted genesis of the etching. The first state, now in the National Gallery of Art in Washington, is in all probability unique. It is an impression avant la lettre and before the slight reworking of the figures on the left-hand edge of the picture. Our impression of the extremely rare second state of the etching is before the additional hatching on the floor and before the numerous other shifts of emphasis in the subsequent three states. A superb, harmonious and contrasting impression from the still partly uncleaned plate; with margins around the inky platemark. The guiding lines for the inscription still clearly visible, with fine needle scratches in the white margins. Minor ageing, otherwise in perfect condition. From the collection of François Heugel (Lugt 3373).
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34. johann heinrich tischbein d.ä. (genannt der „Kasseler-Tischbein“, 1722 Haina – 1789 Kassel)
johann heinrich tischbein the elder (known as ‘Kasseler Tischbein’ 1722 Haina – 1789 Kassel)
Minerva erscheint dem Prinzen Telemach. Feder in Schwarz und etwas Braun, grau laviert. 12,8 x 17,6 cm. Signiert und datiert: „J. He: Tischbei Sen. 1780“.
Minerva Appears to Prince Telemachus. Pen and black and a little brown ink, grey wash. 12.8 x 17.6 cm. Signed and dated: “J. He: Tischbei Sen. 1780”.
Die kleinformatige, intime Szene strahlt den Esprit und die Leichtigkeit des Rokoko-Zeitalters aus, obwohl sich Tisch bein zur Entstehungszeit der Zeichnung bereits dem neuen, strengeren Formenkanon des Klassizismus zugewandt hatte. Mit flottem, souveränem Strich erfasst, besitzt die Darstellung trotz ihres kleinen Formats einen bildmäßigen Charakter. Die duftigen, fein abgestuften Lavierungen verleihen der mytho logischen Szene eine bemerkenswerte atmosphärische Dichte und erzeugen ein subtiles Clairobscur. Bei dem vorliegenden Blatt handelt es sich wohl um eine Entwurfszeichnung für den Telemach-Zyklus in den Privaträumen des Landgrafen Wilhelm VIII. im Obergeschoss von Schloss Wilhelmsthal.
This intimate scene in a small format radiates the esprit and lightness of the Rococo period, although at the time Tischbein produced it he had already embraced the new, stricter formal canon of classicism. Despite its size, the artist’s deft and masterly penwork gives the portrayal the quality of a painting. The airy, finely gradated washes give the mythological scene a remark able atmospheric density and create a subtle chiaroscuro effect. This particular sheet is probably a preliminary drawing for the Telemachus suite in the private rooms of Landgrave Wilhelm VIII on the upper floor of Wilhelmsthal Palace.
Johann Heinrich Tischbein der Ältere lernte in Kassel, um sich anschließend in Frankfurt am Main, Paris, Venedig und Rom künstlerisch weiterzubilden. 1752 ernannte ihn Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel zum Hofmaler. Es folgten weitere Berufungen zum Professor am Kasseler Collegium Caro linum (1762) und zum Direktor der dortigen Akademie (1776). Tischbein zählt zu den bedeutendsten Bildnismalern seiner Epoche, seine Kunst spiegelt die verfeinerte Ästhetik des höfischen Zeitalters auf vollkommene Weise. Die Zeichnung ist mit einer zeitgenössischen, gestochenen Zierleiste gerahmt.
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Johann Heinrich Tischbein the Elder was trained in Kassel and subsequently went to Frankfurt am Main, Paris, Venice and Rome to continue his artistic studies. In 1752 Landgrave Wilhelm VIII of Hessen-Kassel appointed him court painter. This was followed by other appointments as professor at the Collegium Carolinum in Kassel (1762) and director of the Aca demy there (1776). Tischbein is considered one of the foremost portrait painters of his time and his art perfectly reflects the refined aesthetics of the courtly era. The drawing is framed by a contemporary engraved decorative border.
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35. wolfgang adam toepfer (1766 Genf – 1847 Morillon)
wolfgang adam toepfer (1766 Geneva – 1847 Morillon)
Eine Satyrfamilie vor einer Felsenhöhle. Feder in Schwarz und Aquarell. 25,5 x 19,1 cm. Signiert und datiert: „Töpfer 1791“.
A Satyr’s Family outside a Rock Cave. Pen and black ink and watercolour. 25.5 x 19.1 cm. Signed and dated: “Töpfer 1791”.
Die launig wiedergegebene antike Szene besticht durch ihre verfeinerte Ausführung und durch ihre bildmäßige Kompositionsweise. Pointiert und humorvoll hat Toepfer das dolce far niente der Satyrfamilie dargestellt. Mit großer Präzision sind Details wie das verwitterte Mauerwerk, die felsige Höhle und Attribute wie die antike Weinkanne, eine Trinkschale und zerstreut auf dem Boden liegende Kürbisse wiedergegeben. Ein kleiner Satyrknabe hebt erstaunt die Ärmchen, während ein zweiter sich auf einem Felsvorsprung die Zeit vertreibt.
This whimsically observed scene from antiquity is remarkable for its refined execution and highly finished composition. Toepfer has portrayed the dolce far niente of the satyr’s family in a succinct and entertaining manner. He has taken meticulous care in rendering details like the weathered masonry and the rocky cave as well as attributes such as the ancient wine jug, a drink ing bowl and the pumpkins strewn haphazardly on the ground. A boy satyr raises his little arms in astonishment, while another lies on an outcrop of rock whiling away the time.
Der Schweizer Landschafts- und Genremaler Wolfgang Adam Toepfer war in seinen Anfangsjahren als Kupferstecher in Genf und seit 1786 in Lausanne tätig. Anschließend bildete er sich in Paris an der École des Beaux-Arts weiter und wandte sich auf Anraten seines Freundes Jean-Thomas Thibault der Aquarellmalerei zu. Zwei weitere Parisaufenthalte fanden 1789 und 1791 statt. Bei letzterem Aufenthalt entstand das hier vorliegende Aquarell, das in seinem antikisierenden Idiom bereits die Stilrichtung des Empire vorwegnimmt. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz war Toepfer zuerst als Zeichenlehrer und Porträtist in Genf tätig, um sich anschließend seiner eigentlichen Berufung, der Landschaftsmalerei, zuzuwenden. Er tat dies auf Anregung seines Künstlerfreundes Pierre-Louis de la Rive, mit dem er die heimatliche Landschaft erkundete und auf diese Weise zu einem Vorläufer der Pleinair-Malerei wurde. In den frühen Jahren des 19. Jahrhunderts wurde Toepfers Kunst auch einem breiten Publikum bekannt. Zu seiner adligen Klientel zählten die Kaiserin Maria Feodorovna von Russland und die französische Kaiserin Joséphine de Beauharnais, der er 1807 Zeichenunterricht erteilte. Wolfgang Toepfer war der Vater des berühmten Novellisten und Karikaturisten Rodolphe Toepfer (1799–1846).
Wolfgang Adam Toepfer, a Swiss painter of landscapes and genre scenes, began his career as an engraver in Geneva and was active in Lausanne from 1786. After continuing his training at the École des Beaux-Arts in Paris, he devoted himself to water colour painting on the advice of his friend, Jean-Thomas Thi bault. His initial stay in Paris was followed by two others, in 1789 and 1791. It was in the latter year that he painted the present watercolour, which anticipates the Empire style in its classical-style idiom. Following his return to Switzerland, Toepfer initially worked as a drawing teacher and portraitist in Geneva before embracing his genuine vocation as a landscape painter. He did so at the instigation of his artist friend, PierreLouis de la Rive, with whom he explored his native countryside, thereby becoming a precursor of open-air painting. Toepfer’s work was well known to the general public in the early 19th century. His aristocratic clients included the Empress Maria Feodorovna of Russia and the French Empress Joséphine de Beauharnais, to whom he gave drawing lessons in 1807. Wolfgang Toepfer was the father of the famous novelist and caricaturist, Rodolphe Toepfer (1799–1846).
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36. salvatore tresca
salvatore tresca
Die zwölf Monate des republikanischen Kalenders. Folge von zwölf Kupferstichen in Punktiermanier. Je 34,8 x 26,8 cm (ein Bl. 33 x 23,1 cm). Um 1794. Le Blanc 13–24.
The Twelve Months of the Republican Calendar. Suite of twelve stipple engravings. Each 34.8 x 26.8 cm (one sheet 33 x 23.1 cm). Circa 1794. Le Blanc 13–24.
Der Italiener Salvatore Tresca war als Reproduktionsstecher in Paris tätig und arbeitete nach Vorlagen von Künstlern wie Louis-Léopold Boilly und Louis Lafitte. Ferner schuf er einige satirische Genreblätter nach eigener Erfindung. Die vorliegende allegorische Monatsfolge gilt als Trescas Hauptwerk und ist ein druckgraphisches Kleinod des Empirestils in Frankreich. Als Vorlage dienten Vorzeichnungen des Malers und Zeichners Louis Lafitte (1770–1828, Paris), der unter anderem bei JeanBaptiste Regnault studiert hatte und 1791 mit einem Historien gemälde den begehrten Prix de Rome gewann. Lafitte studierte anschließend an der Académie de France in Rom. Von 1791 bis 1817 beteiligte er sich an den Ausstellungen des Pariser Salons, wo er Zeichnungen mit allegorischen und historischen Sujets, Porträts und Landschaften zeigte, die vorwiegend als Vorlagen für Reproduktionsstiche dienten. Später, während der Periode der Restauration, wurde Lafitte zum „Dessinateur du Cabinet du Roi“ ernannt.
Salvatore Tresca from Italy was active as a reproductive engraver in Paris, where he worked after designs by artists such as LouisLéopold Boilly and Louis Lafitte. He also produced a number of satirical genre prints of his own invention. The present series of monthly allegories – a truly printmaking jewel of the Empire style in France – is considered to be Tresca’s main work. It is based on preliminary drawings by the painter and draughtsman, Louis Lafitte (1770–1828, Paris), who had studied inter alia under Jean-Baptiste Regnault and won the coveted Prix de Rome with a historical painting in 1791. Lafitte subsequently studied at the Académie de France in Rome. From 1791 to 1817 he took part in the exhibitions of the Paris Salon, where he displayed drawings on allegorical and historical subjects, portraits and landscapes, most of which served as designs for reproductive engravings. Later on, during the Restoration, Lafitte was appointed Dessinateur du Cabinet du Roi.
(1750 Palermo – 1817 Paris)
Die unterschiedlichen Monate sind jeweils durch hübsche junge Frauen personifizert, die mit unterschiedlichsten Attributen ausgestattet sind. Das ikonographische Programm ist höchst originell und äußerst vielfältig. Entleihungen an die antike Mythologie überwiegen, ganz im Sinne des verfeinerten klassi zistischen Zeitgeschmacks des Empire. Mit stillebenhafter Akribie und sichtlicher Freude am Detail sind Bildelemente wie üppige Blumenarrangements, Vegetation und einzelne Tiere wiedergegeben. Die oft spärlich bekleideten Frauen strahlen einen unverkennbar erotischen Reiz aus. Die verfeinerte Punktiertechnik erweist sich dabei als adäquates künstlerisches Medium und schafft weiche, samtige Übergänge und ein mildes, visuell sehr ansprechendes Clairobscur. Prachtvolle Frühdrucke mit breitem Rand, vor der Schrift; ein Blatt („Germinal“) mit der Schrift und mit Kolorit „à la poupée“; dieses Blatt innerhalb der Plattenkante beschnitten, jedoch mit der vollständigen Darstellung. Geringfügig stockfleckig, leichte Altersspuren, sonst sehr gut erhalten.
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(1750 Palermo – 1817 Paris)
The different months are personified by pretty young women equipped with a wide variety of attributes. The iconographical programme is highly original and extremely diverse. Borrowings from ancient mythology predominate, this being very much in keeping with the refined classical taste prevalent at the time of the Empire. The pictorial elements, such as sumptuous floral arrangements, vegetation and individual animals, are rendered with painstaking care worthy of a still life and an evident passion for detail. The young, often sparsely clad women radiate an unmistakably erotic charm. The sophisticated stippling proves a suitable artistic medium with which to produce soft, velvety transitions and a mild, visually very appealing chiaroscuro. Superb early impressions with wide margins, before all letters; one print (‘Germinal’) with the letters and colouring ‘à la poupée’; this impression is trimmed inside the platemark, but the depiction is complete. Slightly foxed, minor ageing, otherwise in excellent condition.
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37. reinier vinkeles
reinier vinkeles
Afbeelding der Teeken Academie (Die Zeichenakademie in Amsterdam). Radierung und Kupferstich. 34,8 x 39,3 cm. 1768. F. Muller, De Nederlandse geschiedenis in platen..., Amsterdam 1863–82, Bd. II, S. 207, Nr. 4195A. Wasserzeichen Taubenschlag.
Afbeelding der Teeken Academie (The Amsterdam Drawing Academy). Etching and engraving. 34.8 x 39.3 cm. 1768. F. Muller, De Nederlandse geschiedenis in platen..., Amsterdam 1863–82, vol. II, p. 207, no. 4195A. Watermark: Dovecote.
Die spirituelle, treffsicher wiedergegebene Darstellung zeigt das Innere der Amsterdamer Zeichenakademie im Jahre 1764. Der Unterricht findet auf einem dunklen Dachboden statt, über den Aufenthaltsräumen des Corps de Garde in dem Leidsepoort in Amsterdam. Die schlichten, ziemlich prekären Räumlichkeiten sind von einer einzelnen Hängelampe beleuchtet und in dem düsteren Ambiente gewahrt man zahlreiche Zeichenstudenten und Dilettanten, die nach einem männlichen Aktmodell zeichnen. Das Ganze ist in einer flotten Radiertechnik behandelt, die ein hohes Maß an Flair und Lokalkolorit ausstrahlt. Vinkeles vermittelt dem Betrachter ein wirklichkeitstreues und detailliertes Bild davon, wie eine Zeichenakademie im Zeit alter der Aufklärung ausgesehen hat. Im Dezember 1767 fand die Akademie eine würdigere Unterkunft im Rathaus am Dam.
This spirited and accurately observed depiction shows the interior of the Amsterdam Drawing Academy in 1764. Lessons took place in a dark attic above the recreation rooms of the Corps de Garde in Leidsepoort in Amsterdam. The sparse, poorly furnished room is lit by a single hanging lamp and in the gloomy ambience it is possible to pick out numerous drawing students and dilettantes, who are drawing after a nude male model. The whole is treated in a vibrant, accurate etching technique which radiates atmosphere and a great deal of local colour. Vinkeles gives the viewer a realistic and detailed picture of what a drawing academy looked like in the Age of Enlightenment. In December 1767 the Academy moved to worthier premises in the Town Hall on Dam.
(1741–1816, Amsterdam)
Der Kupferstecher Reinier Vinkeles wurde in Amsterdam und in Paris bei keinem Geringeren als J. Ph. Lebas ausgebildet. Er war offenbar ein Lokalpatriot, denn er schlug eine Berufung Katharinas II. nach St. Petersburg aus und blieb sein ganzes Künstlerleben in Amsterdam tätig, wo er ein umfangreiches druckgraphisches Œuvre schuf. Ganz ausgezeichneter, kontrastreicher Druck mit Rand. Leichte Altersspuren, sonst vorzüglich erhalten. Aus der Sammlung H. Lempertz Sr. (Lugt 1337).
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(1741–1816, Amsterdam)
The engraver, Reinier Vinkeles, was born in Amsterdam and trained in Paris under none other than J. Ph. Lebas. He was obviously a local patriot, as he turned down Catharine II’s offer of an appointment in St. Petersburg and spent his entire artistic life in Amsterdam, where he produced an extensive printed oeuvre. A very fine, contrasting impression with margins. Minor ageing, otherwise in perfect condition.
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38. françois bonvin
françois bonvin
Eine Nonne, Kaffee zubereitend. Öl auf Holz. 16 x 22 cm. Signiert und datiert: „F. Bonvin 1873“.
A Nun Preparing Coffee. Oil on wood. 16 x 22 cm. Signed and dated: “F. Bonvin 1873”.
Der Maler und Radierer François Bonvin stammte aus einfachen Verhältnissen und war als Künstler im Wesentlichen Autodidakt. Auf Anregung von François Marius Granet wandte er sich der Malerei zu und erzielte auf dem Pariser Salon des Jahres 1848 einen ersten Achtungserfolg. Bonvins Begabung war hochgeschätzt bei Kritikern und Kennern, dem großen Publikum blieb der zurückgezogen lebende Künstler jedoch größtenteils unbekannt. Neben Courbet gilt Bonvin als einer der bedeutendsten Vertreter des Realismus. Sowohl in puncto Themenwahl als auch malerischer Behandlung war Bonvin maßgeblich von den holländischen Meistern des 17. Jahrhunderts geprägt. Seine klein formatigen Interieurdarstellungen zeigen Alltagsszenen aus dem Leben des einfachen Volkes und bestechen durch ihre überlegene Malkultur.
François Bonvin, a painter and etcher from humble origins, was largely self-taught as an artist. At the instigation of François Marius Granet he turned his attention to painting, scoring an initial succès d’estime at the Paris Salon of 1848. Bonvin’s talent was held in great esteem by critics and experts alike, although his reclusive nature meant that as an artist he was virtually unknown to the public at large. Bonvin, together with Courbet, is considered one of the foremost representatives of realism. He was greatly influenced by the Dutch 17th century masters as regards subject matter and painterly treatment. His small depictions of interiors illustrate everyday scenes from the lives of ordinary people and are distinguished by the high quality of the painting.
(1817 Vaugirard – 1887 Saint-Germain-en-Laye)
Die vorliegende Darstellung einer Nonne in grauer Ordenstracht, die in ihrer bescheidenen Klause Kaffee zubereitet, ist ein mustergültiges Beispiel seiner feinsinnigen Genremalerei. Die noch junge Frau mit ihren bäuerlichen Zügen gehört dem Orden der Soeurs de la Charité an, die sich im Hôtel-Dieu von Saint-Germain en Laye der Pflege von Kranken und Bedürftigen widmete. Bonvin verweilte wiederholt in diesem Kloster und malte dort eine größere Zahl von Bildern, die den Alltag in diesem Konvent thematisieren (siehe A. Berès, M. Arreiller, François Bonvin. 1818–1887, Paris 1998). Die Palette ist auf stimmungsvolle, wuchtige Grau-, Schwarz- und Brauntöne reduziert, die wirkungsvoll mit dem frischen Weiß des Schleiers und der weißen Porzellantasse kontrastieren. Funkelnde Glanzlichter auf dem Kupferbeschlag der Kaffeemühle und auf Korpus und Henkel der braunen Steinzeugkanne zeugen von großer, handwerklicher Vollendung. Das Ganze ist von einer malerischen Delikatesse erfüllt, die einerseits an niederländische Vorgänger des 17. Jahrhunderts wie Nicolaes Maes erinnert, andererseits den prägenden Einfluss der französischen Malerei des 18. Jahrhunderts, insbesondere der Kunst Jean-Baptiste-Siméon Chardins, dokumentiert. Das kleine Küchenstilleben im Bild – mit Kaffeetasse, Kanne und Brotlaib – ist jenem Chardin eben bürtig. Ebenso subtil ist Bonvins Spiel mit unterschiedlichen Wahrnehmungsebenen. Die noch jugendlich wirkende Nonne in ihrem schweren, grauen Habit hat sich für ein Leben in Askese und Weltabgewandtheit entschieden, dennoch ist auch sie den kleinen sinnlichen Freuden des Alltags nicht abgeneigt.
(1817 Vaugirard – 1887 Saint-Germain-en-Laye)
The present portrayal of a nun in her grey habit preparing coffee in her modest cell is an exemplary illustration of his sensitive genre painting. The young woman with her peasant-like features is a member of the order Soeurs de la Charité, which took care of the sick and needy in the Hôtel-Dieu of Saint-Germain en Laye. Bonvin made several visits to this nunnery, where he painted a large number of pictures portraying everyday life in the convent (see A. Berès, M. Arreiller, François Bonvin. 1818–1887, Paris 1998). The palette is reduced to vigorous, evocative hues of grey, black and brown which contrast effectively with the fresh white of the veil and the white porcelain cup. Glistening highlights on the copper finishing of the coffee grinder and on the body and handle of the brown stone jug testify to the artist’s consummate craftsmanship. The whole emanates a painterly refinement reminiscent of 17th century Dutch predecessors such as Nicolaes Maes. At the same time it documents the deter mining influence of 18th century French painting, in particular the art of Jean-Baptiste-Siméon Chardin. The little kitchen still life in the picture – coffee cup, pot and loaf of bread – is on a par with the work of Chardin. Equally subtle is the way in which Bonvin plays with different levels of perception. The nun in her heavy grey habit, who still looks fairly young, has opted for a life of asceticism and detachment from the world. Nonetheless, she is not averse to the little sensual pleasures of everyday life.
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39. giovanni cornacchia
giovanni cornacchia
Brustbildnis des Kupferstechers Luigi Celli Cremonese. Radierung und Grabstichel. 23 x 17,7 cm. Um 1829.
Half-length Portrait of the Engraver Luigi Celli Cremo nese. Etching and burin. 23 x 17.7 cm. Circa 1829.
Der Autor dieses schönen Künstlerbildnisses, der emilianische Kupferstecher Giovanni Cornacchia ging aus der Schule Paoli Toschis hervor, der 1819 in Parma eine einflussreiche Lehranstalt für Kupferstecher gegründet hatte. Später wurde Toschi Direktor der dortigen Kunstakademie und war in dieser Eigen schaft direkt in die Planung öffentlicher Bauten, wie Theater und Stadtpaläste, involviert. Cornacchias Porträt zeigt seinen jungen Kommilitonen Luigi Celli, der seit 1828 an der Kupferstichschule Toschis studierte und im September 1829 frühzeitig verstarb. Die Inschrift lobt die künstlerischen Verdienste des jungen Mannes, dessen hoffnungsvolle Karriere jäh beendet wurde.
The author of this fine artist’s portrait, the Emilian engraver Giovanni Cornacchia, was trained at the influential school for engravers founded by Paolo Toschi in Parma in 1819. Toschi was later made director of the city’s art academy and in this capacity was directly involved in the planning of public build ings such as theatres and town palaces. Cornacchia’s portrait shows his young fellow student, Luigi Celli, who enrolled at Toschi’s school of engraving in 1828 and died young in Septem ber 1829. The inscription extols the artistic merits of the young man whose promising career was brought to an abrupt end.
(1804 San Seccondo Parmense – 1846 Parma)
Das heroisierende und ganz dem damaligen Zeitgeschmack entsprechende Porträt ist in einem sehr konzentrierten und disziplinierten Duktus ausgeführt, der auf geschickte Weise die Vorzüge der Grabstichel- und Radiertechnik miteinander kombiniert. Der junge Mann mit dem dichten, wallenden Haar und den markanten, ebenmäßigen Zügen blickt sinnend in die Ferne, als wäre er der Welt bereits entrückt. Siehe A. Mavilla, „Lo studio Toschi e i suoi artisti“, in Ausstellungskat. Maria Luigia. Donna e sovrana. Parma 1992, S. 114. Ausgezeichneter, harmonischer Druck mit dem vollen Papierrand. Leichte Gebrauchsspuren, sonst vollkommen erhalten. Selten.
(1804 San Seccondo Parmense – 1846 Parma)
The portrait, the glorifying nature of which was fully in accord with the tastes of the time, is executed in a very concentrated and disciplined style which skilfully combines the advantages of the burin and etching techniques. The young man with the bushy, flowing hair and distinctive, even features is looking pensively into the distance as if already removed from the real world. See A. Mavilla, “Lo studio Toschi e i suoi artisti”, in exhibition catalogue Maria Luigia. Donna e sovrana. Parma 1992, p. 114. A very fine, harmonious impression with the full paper margins. Slight handling traces, otherwise in mint condition. Rare.
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40. julius hübner
julius hübner
Selbstbildnis im Dreiviertelprofil nach rechts. Bleistift auf dünnem Karton. 13 x 10,6 cm. Monogrammiert und datiert: „JH 1828 Düsseldorff im August“, darunter von anderer Hand „Julius Hübner Maler“.
Self-portrait in Three-quarter Profile to the Right. Pencil on thin cardboard. 13 x 10.6 cm. Monogrammed and dated: “JH 1828 Düsseldorff im August”, below in a different hand “Julius Hübner Maler”.
Der Historien- und Bildnismaler Julius Hübner begann seine künstlerische Ausbildung 1821 an der Berliner Akademie und war ab 1823 Schüler von Wilhelm Schadow, dem er gemeinsam mit seinen Mitschülern Theodor Hildebrandt, Karl Friedrich Lessing und Karl Sohn 1826 nach Düsseldorf folgte. Nach einigen Jahren kehrte er nach Berlin zurück, um 1829, nach der Verheiratung mit der Schwester seines Freundes Bendemann, die Italienreise anzutreten. Im Jahre 1830 traf er in Rom mit Schadow, Hildebrandt, Sohn und Bendemann zusammen. Nach längeren Aufenthalten in Berlin und Düsseldorf folgte Hübner 1839 einer Berufung an die Akademie in Dresden und leitete ab 1842 eine Klasse für Historienmalerei. Hübner gilt neben Bendemann, Lessing und Hildebrandt als einer der bedeutend sten Repräsentanten der von Schadow begründeten Düsseldorfer Schule. Er tat sich vor allem als Historienmaler und als Autor religiöser, stark von den Nazarenern geprägter Sujets hervor, die vor allem im Spätwerk durch ihre akademische Erstarrung und Betonung des literarischen Inhalts an Frische verloren.
Julius Hübner, a painter of portraits and historical scenes, began his artistic career in 1821 at the Berlin Academy and from 1823 studied under Wilhelm Schadow, whom he followed to Düsseldorf in 1826 together with his fellow students, Theodor Hildebrandt, Karl Friedrich Lessing and Karl Sohn. A number of years later he returned to Berlin, whence – having married the sister of his friend Bendeman – he departed for Italy in 1829. He met up with Schadow, Hildebrandt, Sohn and Bendemann in Rome in 1830. After lengthy stays in Berlin and Düsseldorf, Hübner took up an appointment at the Dresden Academy in 1839 and from 1842 gave classes in historical painting. Along with Bendemann, Lessing and Hildebrandt, Hübner is regarded as one of the foremost representatives of the Düsseldorf School founded by Schadow. He excelled above all as a historical painter and author of religious subjects strongly influenced by the Nazarenes, who lost their freshness in the late period due, in particular, to their academic rigidity and emphasis on literary content.
Als Bildnismaler jedoch offenbarte Hübner ein ganz anderes künstlerisches Naturell, das durch undogmatische Lebensnähe und einen subtilen Kolorismus gekennzeichnet ist. Das wundervolle, sensitive Selbstporträt zeigt den Künstler im jugendlichen Alter von 22 Jahren in einer schlichten Weste mit Stehkragen und eleganter Halsbinde. In nahezu derselben Haltung mit demselben Attiré hat sich Hübner ein Jahr zuvor in einem Doppelbildnis mit seinem Freund und Malerkollegen Eduard Bendemann (Boetticher 31, jetzt deutscher Privatbesitz) dargestellt. Das feingeschnittene Gesicht mit den vollen Locken und dem soignierten, modischen Oberlippenbärtchen ist leicht nach links geneigt, die großen, melancholischen Augen schauen den Betrachter schüchtern-fragend an. Die zeichnerische Verfeinerung, mit der das Porträt behandelt ist, steht ganz in der Tradition der Nazarener. Durch Verwendung eines harten, spitzen Bleistifts erreicht der Künstler ein Summum an Detailtreue und realisiert feinste Übergänge. Die subtilen Wischungen erzeugen ein sanftes Clairobscur, meisterhaft sind die Glanzlichter auf dem Kinn, auf der Nasenspitze und den Pupillen eingefangen. Es handelt sich um ein erlesenes Kleinod deutscher Zeichenkunst der Romantik. Aus der Sammlung Carl Heumann, Chemnitz (Lugt 2841a).
As a portrait painter, however, Hübner was quite clearly of a different artistic disposition, the characteristic features of which were an undogmatic realism and a subtle colourism. This wonderfully sensitive self-portrait shows the artist at the age of 22 wearing a plain waistcoat with a stand-up collar and elegant cravat. A year previously, Hübner had portrayed himself in almost the same pose and attire in a double portrait with his friend and fellow painter, Eduard Bendemann (Boetticher 31, now in private ownership in Germany). His delicately chiselled face with the fine, wavy hair and stylish, fashionable moustache is inclined slightly to the right, while his large, melancholy eyes look at the viewer with a tentative, questioning gaze. The sophis ticated draughtsmanship evident in the drawing accords fully with the Nazarene tradition. By using a hard, sharply pointed pencil the artist achieves a maximum of realistic detail and produces very fine transitions. The subtle wipes generate a soft chiaroscuro; the highlights on the chin, the tip of the nose and the pupils are captured with great mastery. This is an exquisite gem of German draughtsmanship from the Romantic period. From the collection of Carl Heumann, Chemnitz (Lugt 2841a).
(1806 Oels in Schlesien – 1882 Loschwitz)
(1806 Oels in Silesia – 1882 Loschwitz)
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41. carl wilhelm kolbe
carl wilhelm kolbe
Die Badenden. Radierung. 55,5 x 45,3 cm. Martens 217 IV (von VI).
The Bathers. Etching. 55.5 x 45.3 cm. Martens 217 IV (of VI).
Die monumentale und außerordentlich prägnante Komposition zeigt Kolbe auf der ganzen Höhe seiner Kunst und verkörpert gleichsam die Quintessenz seiner künstlerischen Bestrebungen. Die Arbeit ist undatiert, sie dürfte jedoch, wie andere von dem Berliner Verleger J. J. Freidhoff herausgegebene Blätter, dem Frühwerk angehören und um 1800 entstanden sein. Darauf deuten auch die effektvoll arrangierten Kohlblätter vorne rechts hin, die thematisch bereits Kolbes berühmte Kräuterblätter vorwegnehmen.
This monumental, extremely concise composition shows Kolbe at the pinnacle of his art and embodies the very essence, as it were, of his artistic aspirations. The work is not dated but, like others issued by the Berlin publisher, J. J. Freidhoff, it was probably an early work produced around 1800. An indication of this is provided by the effectively arranged cabbage leaves in the bottom right of the picture which thematically anticipate Kolbe’s famous Kräuterblätter.
(1757 Berlin – 1835 Dresden)
Eine majestätische Eiche, in der deutschen Romantik Symbol der Standhaftigkeit und Treue, und im Kontext der napoleonischen Befreiungskriege auch Sinnbild des deutschen Nationalstaates, dominiert die Komposition. Angesichts dieser eindrucks vollen Schöpfung wird klar, weshalb Kolbe von seinen Zeit genossenden den Spitznamen „Eichen-Kolbe“ verliehen wurde, denn der deutsche Baum par excellence war ein Topos in seinem druckgraphischen Schaffen, das sich durch ein hohes Maß an künstlerischer Authentizität und aufrichtiger Naturverbundenheit auszeichnet. Die figürliche, wirkungsvoll angeordnete Staffage auf unserem Blatt gibt der Szenerie zusätzliches Kolorit. Sind der einsame Reiter links und die vom milden Sonnenlicht erhellte Kuhherde rechts von der Eiche eher konventionelle Zutaten, so verleihen die beiden nackten Badenden im Vordergrund der Komposition ein psychologisches Spannungselement. Ihre Posen wirken sonderbar angespannt, gleichsam von einer inneren Unruhe angetrieben inmitten dieser friedlichen, pastoralen Welt, als verkörperten sie die existenzielle Rastlosigkeit der menschlichen Natur. Prachtvoller, kontrastreicher Druck mit gleichmäßigem Rand. Vor der Adresse von J. J. Freidhoff. Leichte Altersspuren, sonst vorzüglich erhalten.
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(1757 Berlin – 1835 Dresden)
The composition is dominated by a majestic oak tree, the symbol of steadfastness and loyalty in German Romanticism and also of the German nation-state during the Wars of Liberation against Napoleonic France. This impressive work of art makes it clear why Kolbe was given the nickname of ‘oak Kolbe’ by his contemporaries, for the German tree par excellence was a recurrent theme in his printed oeuvre, distinguished as it is by a high degree of artistic authenticity and genuine closeness to nature. The effectively arranged staffage figures in our print lend added colour to the scene. While the solitary rider on the left and the herd of cows bathed in mild sunlight on the right of the oak tree are conventional compositional ingredients, the two naked bathers in the foreground add an element of psychological tension. Their poses appear strangely rigid, as if expressing an internal unrest in the heart of this peaceful, pastoral world or serving as the embodiment of the existential restless ness of human nature. A superb, contrasting impression with even margins. Before the address of J. J. Freidhoff. Minor ageing, otherwise in excellent condition.
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42. josef kriehuber
josef kriehuber
Partie im Wiener Prater. Öl auf Malkarton. 35,7 x 44,5 cm. 1847.
Prater Landscape. Oil on cardboard. 35.7 x 44.5 cm. 1847.
Der Bildnismaler und Lithograph Josef Kriehuber zählt zu den prominentesten Künstlerpersönlichkeiten des Wiener Biedermeier. Er erhielt bereits mit sieben Jahren Zeichenunterricht und studierte von 1813 bis 1818 an der Wiener Akademie. In seiner Anfangszeit betätigte sich Kriehuber als Zeichner und Lithograph in einem lokalen Kunstverlag und wandte sich dann um 1825 intensiv und mit beachtlichem Erfolg der Porträtlithographie zu. Seine technisch virtuosen Bildnisse von namhaften Persönlichkeiten der Wiener Gesellschaft – Mitglieder des Hoch adels, Musiker, Maler, Schriftsteller und Wissenschaftler – begründeten seinen Ruf als Porträtzeichner. Die Jahre zwischen 1830 und 1845 markieren die fruchtbarste Schaffenszeit Kriehubers, während derer der Künstler sich vor allem dem aquarellierten Bildnis widmete und nahezu die gesamte Hautevolée der habsburgischen Gesellschaft porträtierte. Eine miniaturistische Feinheit der Ausführung und eine treffende psychologische Charakterisierung sind die typischen Wesenszüge von Kriehubers Bildniskunst. Während seiner spärlichen Freizeit, vorwiegend während der Sommermonate, widmete sich Kriehuber gleichsam zur Erholung auch der Landschaftsmalerei. Die Eindrücke, die er auf Reisen durch die Schweiz, Österreich und Norditalien sammelte, vor allem auch die Impressionen, die ihm der Wiener Prater bot, gaben dem Künstler die Motive für seine sehr naturgetreuen, akkurat ausgeführten Landschaftsbilder. Ungefähr seit Mitte der 1840er Jahre, vielleicht auch ein wenig später, zeigte der Künstler diese Werke mit beacht lichem Erfolg auf den jährlichen Ausstellungen der Wiener Akademie.
The lithographer and portrait painter, Josef Kriehuber, was one of the most prominent artistic figures of the Biedermeier period in Vienna. He received drawing lessons from the age of seven and went on to study at the Vienna Academy from 1813– 18. Having begun working as a draughtsman and lithographer for a local art publisher, Kriehuber devoted himself from around 1825 to portrait lithography, at which he proved extremely successful. His technically brilliant portraits of prominent personalities in Viennese society – members of the higher nobility, musicians, painters, writers and academics – established his reputation as a portraitist. Kriehuber’s most creative period was between 1830 and 1845, when he turned his attention primarily to watercolour portraits, his clients including virtually the entire upper crust of Habsburg society. The hallmarks of Kriehuber’s portraiture are his delicacy of execution, worthy of a miniaturist, and his masterful psychological characterisation. During his scant leisure time, mostly during the summer months, the artist engaged in landscape painting by way of relaxation, as it were. The impressions he gathered during his travels through Austria, Northern Italy and Switzerland, above all what he witnessed at the Prater in Vienna, supplied him with the motifs for his very lifelike, precisely executed landscapes. From about the mid-1840s, possibly a little later, he exhibited these works with considerable success at the annual exhibitions of the Vienna Academy.
(1800–1876, Wien)
Das vorliegende Gemälde besitzt noch den Originalrahmen mit einem Messingschild mit folgender Inschrift: „Josef Kriehuber / erster Versuch in Oel 1847 / Prater Parthie“. Es könnte sich also tatsächlich um eine der ersten Landschaftsstudien des Künstlers handeln, wodurch das Werk einen beträchtlichen dokumen tarischen Wert besäße. Die sehr harmonisch und visuell einprägsam gestaltete Komposition ist in einer feinteiligen, koloristisch subtilen Maltechnik ausgeführt, welche die Handschrift des Miniaturisten verrät. Der leer belassene Vordergrund, der lediglich von einer raschen Vorzeichnung in schwarzer Kreide belebt ist, verleiht dem Gemälde den Reiz des Infinito. Verso mit einem Klebeetikett „Grundirte Cartons / W. Koller & Co. ... Silberne Medaille 1845“.
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(1800–1876, Vienna)
The present painting still has the original frame with a brass plate bearing the inscription: “Josef Kriehuber / erster Versuch in Oel 1847 / Prater Parthie”. Hence it might very well be one of the artist’s first landscape studies, which would give the work considerable documentary value. A very harmonious and visually striking composition, it has been executed in an intricate painting technique with subtle colouring that betrays the hand of the miniaturist. The empty foreground, enlivened by no more than a rapid preliminary drawing in black chalk, gives the painting the charm of the infinito. Verso with an adhesive label “Grundirte Cartons / W. Koller & Co. ... Silberne Medaille 1845”.
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43. josé madrazo y agudo
josé madrazo y agudo
Bildnis des Johann Christian Reinhart in Halbfigur vor einer italienischen Landschaft. Radierung. 15,4 x 10,8 cm. 1811.
Half-length Portrait of Johann Christian Reinhart against an Italian Landscape. Etching. 15.4 x 10.8 cm. 1811.
Der Maler und Radierer José Madrazo y Agudo war ein Schüler Jacques Louis Davids in Paris. Von 1803 bis 1819 lebte und arbeitete der Künstler in Rom, wo er 1813 als Mitglied der Accademia di S. Luca aufgenommen wurde. Nach seiner Rückkehr nach Spanien wurde Madrazo 1823 Professor an der neugegründeten Madrider Kunstakademie. 1828 erhielt er die Berufung zum Direktor der Galeria del Museo del Rey (später Museo del Prado), dessen ersten wissenschaftlichen Katalog er vor bereitete. Madrazo scheint enge Verbindungen zur deutschen Künstlerschaft in Rom gepflegt zu haben. 1808 malte er ein Porträt Karoline von Humboldts und des Erbprinzen August von Oldenburg.
The painter and etcher, José Madrazo y Agudo, studied under Jacques Louis David in Paris. From 1803 to 1819 he lived and worked in Rome, where he was admitted to the Accademia di S. Luca in 1813. After returning to Spain, Madrazo became a professor at the newly founded Madrid Art Academy in 1823. Five years later he was appointed director of the Galeria del Museo del Rey (later Museo del Prado), where he prepared its first official catalogue. He seems to have maintained close ties with the German artists in Rome. In 1808 he painted a portrait of Karoline von Humboldt and Hereditary Prince August von Oldenburg.
(1781 Santander – 1859 Madrid)
Das vorliegende Bildnis zeigt den Maler Johann Christian Reinhart (1761 Hof – 1847 Rom), der neben Joseph Anton Koch (1768–1839) zu den prägenden Persönlichkeiten der in Rom lebenden deutschen Künstlerschaft zählte. Madrazo schuf 1811 zwei Bildnisradierungen des Künstlers, die Reinhart in Halbfigur und in einer identischen Pose mit übergeworfenem Mantel zeigen. Im Jahre 1812 verwendete Madrazo das gleiche Motiv für ein gemaltes Porträt, das sich heute in der Galleria dell’Accademia di S. Luca befindet (siehe Ausstellungskat. Johann Christian Reinhart. Ein deutscher Landschaftsmaler in Rom, hrsg. von H. W. Rott und A. Stolzenburg, Hamburg-München 2013, S. 105–107). Heller-Andresen verzeichnet insgesamt nur vier Radierungen von Madrazo, woraus man schließen dürfte, dass seine Beschäftigung mit diesem Medium offenbar nur eine künstlerische Nebentätigkeit darstellte. Die vorliegende Radierung war Heller-Andresen unbekannt und ist von größter Seltenheit. Im Museo del Prado in Madrid befindet sich ein Abzug, auf dem die Landschaft noch in Bleistift gezeichnet ist (Inv.Nr. G-4559). Bei vorliegendem Exemplar handelt es sich um einen Probedruck vor der Schrift, wofür auch die zahlreichen Nadelproben im linken Rand hinweisen. Die Hamburger Kunst halle (Inv.-Nr. 3228) besitzt einen Abzug in einem späteren Druckzustand mit der gestochenen Signatur in der Platte.
(1781 Santander – 1859 Madrid)
The present portrait features the painter, Johann Christian Reinhart (1761 Hof – 1847 Rome), who along with Joseph Anton Koch (1768–1839) was among the pre-eminent figures in the German artists’ colony in Rome. In 1811, Madrazo produced two etched portraits of the artist, one showing Reinhart in halflength and the other in an identical pose with a coat thrown over his shoulder. In 1812, he used the same motif for a painted portrait, which is now in the Galleria dell’Accademia di S. Luca (see exhibition catalogue Johann Christian Reinhart. Ein deutscher Landschaftsmaler in Rom, published by H. W. Rott and A. Stolzenburg, Hamburg-Munich 2013, pp. 105–107). Heller-Andresen records just four etchings by Madrazo, from which it can be deduced that he treated printmaking as no more than an artistic sideline. The present extremely rare etching was unknown to Heller-Andresen. The Museo del Prado in Madrid has an impression in which the landscape is still drawn in pencil (Inv. No. G-4559). Our impression is a trial proof before the letters, as is indicated by the numerous needle scratches in the left-hand margin. The Hamburger Kunsthalle has an impression from a later state with an engraved signature in the plate (Inv. No. 3228). A superb, crisp and contrasting impression with even margins. “Reinhart” inscribed in an old hand in the lower margin. Minor ageing, otherwise in perfect condition.
Prachtvoller, scharfer und gegensatzreicher Druck mit gleichmäßigem Rändchen. Im unteren Rand in Bleistift alt bezeichnet: „Reinhardt“. Leichte Altersspuren, sonst vorzüglich erhalten.
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44. johann georg mansfeld (1764–1817, Wien)
johann georg mansfeld (1764–1817, Vienna)
Bildnis des Johann Adam Klein. Radierung. 18,6 x 13,2 cm. 1815. Heller-Andresen 4.
Portrait of Johann Adam Klein. Etching. 18.6 x 13.2 cm. 1815. Heller-Andresen 4.
Der „k. k. Kabinettskupferstecher“ Johann Georg Mansfeld erlernte sein Handwerk bei seinem Vater Johann Ernst (1739– 1796), der wiederum ein Schüler von Johann Jacob Schmutzer war. Mansfeld der Jüngere beschäftigte sich zu einem frühen Zeitpunkt, etwa seit 1802, mit dem kürzlich zuvor erfundenen Druckverfahren der Lithographie. Ab 1811 arbeitete er in Wien mit Johann Adam Klein zusammen, nach dessen Vorlagen er lithographierte. Im Jahre 1815 begründete Mansfeld ebendort seine eigene lithographische Druckanstalt („k. k. Lythogr. Bureau“), in der 1816 u. a. Klein und Johann Christoph Erhard tätig waren.
The ‘Imperial and Royal Cabinet Etcher’, Johann Georg Mansfeld, learned his craft from his father, Johann Ernst (1739–1796), who himself had studied under Johann Jacob Schmutzer. At an early stage, around 1802, Mansfeld the Younger turned his attention to the recently invented printing process of lithography and after 1811 collaborated in Vienna with Johann Adam Klein, making lithographs after his designs. In 1815, Mansfeld set up his own lithographic studio in the city (‘k.k. Lythogr. Bureau’), where Klein and Johann Christoph Erhard were among his collaborators in 1816.
Das feinsinnig beobachtete und delikat ausgeführte Bildnis des jüngeren Künstlerkollegen ist selten und entstand im gleichen Jahr, in dem Mansfeld seine Wiener Druckerei eröffnete. Das kleine Porträt, das er seinem Freund Klein „zum Andenken“ widmete, ist in einer minutiösen und technisch anspruchsvollen Radiertechnik ausgeführt, die nicht nur graphisch sehr anziehend wirkt, sondern auch eine subtile tonale Wirkung entfaltet. Die ovale Einfassung verleiht der Darstellung kompo sitorische Spannung und Kohärenz. Klein schaut mit leicht abwesendem Blick von seinem Skizzenbuch auf, als wäre er durch den Betrachter in seiner Konzentration gestört. Seine Pose ist lässig-nonchalant und das kleine Zeichencahier ruht auf seinem angewinkelten rechten Knie. Prachtvoller, nuancierter Druck mit gleichmäßigem Rand. Minimal stockfleckig, leichte Altersspuren, sonst vorzüglich erhalten.
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This sensitively observed and delicately rendered portrait of his younger fellow artist Klein is rare and dates to the same year in which Mansfeld opened his printing works in Vienna. The little portrait, which he dedicated to his friend Klein ‘as a souvenir’, has been executed with painstaking care and tech nical refinement. Not only is it appealing in graphical terms, it also produces a subtle tonal effect. The oval frame gives the portrait compositional firmness and coherence. Klein looks up from his sketchbook and gazes at the observer a little absentmindedly, as if his concentration has just been disturbed. His pose, with the little drawing cahier resting on his bent right knee, is nonchalantly casual. A very fine, nuanced impression with even margins. Minimal foxing, slight ageing, otherwise in excellent condition.
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45. charles meryon
charles meryon
Le Petit Pont. Radierung und Grabstichel auf braunem Japanbütten. 26 x 18,9 cm. Annotiert in schwarzer Feder: „les tours Notre dame et l’hotel dieu démoli 1854“. (1850). Delteil 24 III (von VI); Schneidermann 20 IV (von IX).
Le Petit Pont. Etching and burin on brown Japanese paper. 26 x 18.9 cm. Annotated in pen and black ink: “les tours Notre dame et l’hotel dieu démoli 1854”. (1850). Delteil 24 III (of VI); Schneidermann 20 IV (of IX).
Die Radierung Le Petit Pont zählt zweifellos zu den signifikantesten und ausdrucksstärksten Schöpfungen Charles Meryons. Der Künstler begann die Arbeit an der Radierung um 1850 und war in den folgenden Jahren intensiv mit deren Vollendung beschäftigt, was durch die relativ hohe Zahl unterschiedlicher Druckzustände belegt wird. Zahlreiche gezeichnete Vorstu dien haben sich erhalten, ein weiteres Zeugnis für die Sorgfalt, mit der Meryon verfuhr. Le Petit Pont ist Meryons erste eigenständige druckgraphische Arbeit, nachdem der Künstler zuerst durch das Kopieren von Radierungen niederländischer Meister des 17. Jahrhunderts seine technischen Fähigkeiten vervollkommnet hatte. Die Radierung verkörpert Meryons künstlerische Zielsetzungen auf vollendete Weise und besticht trotz des frühen Entstehungsdatums durch ihre technische Virtuosität. Düster und massig ragen die beiden gotischen Glockentürme der Kathedrale Nôtre-Dame am Horizont auf, dennoch gelingt es Meryon gleichzeitig, deren filigrane Struktur überzeugend darzustellen. In einem detaillierten, feinteiligen zeichnerischen Duktus und mit Hilfe eng geführter, reich differenzierter Schraffurmuster fängt der Künstler das flimmernde Licht auf dem verwitterten Mauerwerk des malerischen Hôtel de Dieu ein. Die dramatisch überhöhte Helldunkelwirkung steigert den romantischen Stimmungsgehalt der ungemein suggestiven und atmosphärischen Szenerie. Dies ist das bedrohliche, dunkle mittelalterliche Paris des Victor Hugo und Meryon erweist sich als ein kongenialer Interpret dieser Geisteswelt.
The etching Le Petit Pont is without doubt one of the most sig nificant and expressive of Charles Meryon’s creations. The artist began work on it around 1850 and took painstaking care with its completion in the following years, confirmation of which is furnished by the relatively large number of different printing states. Several preliminary drawn studies have survived – a further indication of Meryon’s meticulousness. Le Petit Pont is his first effort at creative printmaking of his own. He had begun by making copies of etchings by 17th century Dutch masters in order to hone his technical skills. The etching is the perfect embodiment of Meryon’s artistic objectives and, given the early stage at which the artist produced it, is remarkable for its technical virtuosity. The two massive Gothic bell towers of NôtreDame Cathedral rise up darkly in the background, but Meryon nonetheless manages to convincingly capture their filigree structure. Using a detailed, intricate etching style and with the help of narrow, richly differentiated hatching patterns, he reproduces the flickering light on the weathered walls of the Hôtel de Dieu. The dramatically heightened chiaroscuro effect enhances the romantic mood of this atmospheric and extremely suggestive scene. This is the dark, threatening, mediaeval Paris of Victor Hugo, and Meryon emerges as a brilliant interpreter of his spiritual world.
(1821 Paris – 1868 Charenton)
Sublimer, toniger und reich differenzierter Frühdruck auf farbigem, japanischen Gampipapier. Die samtige Struktur dieses feinfaserigen Papiers absorbiert die Druckfarbe auf vollendete Weise und schafft tiefschwarze, samtige Übergänge. Mit den feinen Überarbeitungen mit der Kaltnadel am Himmel und in der großen Wolke links, die in den folgenden Druckzuständen nicht mehr sichtbar sind; im unteren leeren Schriftrand mit zahlreichen Nadelproben, vor zahlreichen weiteren Überarbeitungen. Minimale Erhaltungsspuren, sonst vollkommenes, museales Exemplar. Aus den Sammlungen Jules Gerbeau, Paris (Lugt 1166, das bei Lugt erwähnte Exemplar) und Maurice Gobin (Lugt 1124 a).
(1821 Paris – 1868 Charenton)
A sublime, inky and richly differentiated early impression on coloured Japanese Gampi paper. The silky structure of this fine-grained paper completely absorbs the printing ink and creates deep black, velvety transitions. With the delicate drypoint reworking of the sky and in the large cloud on the left, which are no longer visible in the subsequent states; with several needle scratches in the empty lower text margin, before numerous other reworkings. Minor defects, otherwise in perfect condition. From the collections of Jules Gerbeau, Paris (Lugt 1166, the impression mentioned in Lugt) and Maurice Gobin (Lugt 1124 a).
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46. charles pierre joseph normand (1765 Goyencourt – 1840 Paris)
charles pierre joseph normand (1765 Goyencourt – 1840 Paris)
Tableau général de la Revolution Française, terminée par celui de la Paix. Radierung und Kupferstich. 49,8 x 68 cm. 1802. Nicht bei Nagler und Le Blanc.
Tableau général de la Revolution Française, terminée par celui de la Paix. Etching and engraving. 49.8 x 68 cm. 1802. Not in Nagler or Le Blanc.
Der Architekt, Zeichner und Kupferstecher Charles Normand ist Autor dieser seltenen und großformatigen Radierung, die in erster Linie Propagandazwecken dienen und die politischen Zielsetzungen der französischen Republik verherrlichen sollte. Der auctor intellectualis der Komposition war Louis-Eugène Poirier, ein Anwalt aus Dünkirchen, der während der Periode des Terreur als politischer Gefangene in Arras inhaftiert gewesen war und seine persönlichen Erlebnisse in mehreren Pamph leten veröffentlichte. Der Maler und Zeichner Louis Lafitte (1770–1828) fertigte nach den Vorstellungen Poiriers eine Vorzeichnung an, die von Normand in das Medium des Kupferstichs übersetzt wurde. Poirier veröffentlichte 1801 eine Subskriptionseinladung, bei der die vorliegende „gravure au trait“ in einzelnen handkolorierten Exemplaren angeboten wurde und Lafitte für diese Aufgabe verantwortlich war. Es ist jedoch lediglich ein koloriertes Exemplar dieses Umrissstiches bekannt (Bibliothèque Nationale de France, Paris), was vermuten lässt, dass das Ergebnis der Subskription nicht den gehegten Erwartungen entsprach.
The architect, draughtsman and engraver, Charles Normand, is the author of this unusual large-sized etching, which was intended to glorify the political objectives of the French Repub lic and was designed primarily for propaganda purposes. The auctor intellectualis of the composition was Louis-Eugène Poirier, a lawyer from Dunkirk, who was a political prisoner in Arras during the Reign of Terror and published his personal expe riences in several pamphlets. The painter and draughtsman, Louis Lafitte (1770–1828) prepared a preliminary drawing based on Poirier’s ideas which Normand then transferred to the medium of engraving. In 1801 Poirier published an invitation to subscribe, on which the present ‘gravure au trait’ was offered in individual, hand-coloured designs, responsibility for which rested with Lafitte. However, just one coloured print of this outline engraving is known to exist (Bibliothèque Nationale de France, Paris), which suggests that the outcome of the subscription did not match expectations.
In panoramischer Breite entfaltet sich ein abwechslungsreiches, propagandistisches Tableau vivant, das die Vorzüge und Segnungen der Republik anschaulich darstellt. Vor dem Tempel der Eintracht und einer Statue der Minerva empfängt der Erste Konsul Napoleon Bonaparte mit seinem Gefolge die Friedensgesandten von Großbritannien, Österreich, Russland und des Osmanischen Reiches. Rechts von ihm steht in lässiger Pose der Minister des Inneren, umgeben von den Attributen der Künste und Wissenschaften. Man sieht unter anderem einen Grundriss des Louvres, der knapp ein Jahrzehnt zuvor mit Dekret der Nationalversammlung zum öffentlichen Museum erklärt worden war. Im Namen der Revolution empfängt jener Würdenträger ein Waisenkind, eine Witwe und einen bedürftigen Greis, deren Lebensumstände sich durch den Friedensschluss mit den europäischen Großmächten bald bessern werden. Das Ganze ist in einer puristischen, linearen Formensprache behandelt, die Normands Schulung als Architekt deutlich verrät. Die klassizistische Architektur und der monumentale Kandelaber vorne links sind wesentlich von dem Vorbild der Architekten Percier und Fontaine geprägt, deren Dekorationsentwürfe Normand durch Reproduktionstiche vervielfältigt hatte. Ausgezeichneter, kontrastreicher Druck mit Rand. Minimale Randschäden, leichte Altersspuren, sonst vorzügliches, museales Exemplar.
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Unfolding in epic breadth is a very varied propagandistic Tableau vivant vividly depicting the benefits and blessings of the Repub lic. Standing in front of the Temple of Unity and a statue of Minerva, the First Consul Napoleon Bonaparte and his retinue receive the peace envoys from Great Britain, Austria, Russia and the Ottoman Empire. Standing in casual pose to his right is the Minister of the Interior surrounded by attributes of the arts and sciences. They include, among other things, a ground plan of the Louvre, which had been declared a public museum by decree of the National Assembly just under a decade previously. In the name of the Revolution the minister receives an orphan, a widow and a needy old man, whose lot will soon be improved by the peace agreement with the great European powers. The whole is treated in a purist, linear idiom which reveals Normand’s training as an architect. The classical architecture and the monumental candelabra in the left foreground are greatly influenced by the example of the architects Percier and Fontaine, whose decoration designs Normand had duplicated in reproductive engravings. A superb, contrasting impression with the margins. Minor defects in the margins, slight ageing, otherwise in perfect condition.
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47. gustav friedrich papperitz
gustav friedrich papperitz
(1813–1861, Dresden)
(1813–1861, Dresden)
Der Palmenhain bei der Stadt Elche in Andalusien. Aquarell und Deckfarben auf festem Papier. 41,4 x 55,3 cm. Signiert und datiert: „GFPapperitz Elche 10. Mai 1851“.
The Palm Grove near the Town of Elche in Andalusia. Watercolour and gouache on firm paper. 41.4 x 55.3 cm. Signed and dated: “GFPapperitz Elche 10. Mai 1851”.
Der Landschaftsmaler und Radierer Gustav Friedrich Papperitz war in Dresden Schüler von Johan Christian Clausen Dahl. Anschließend studierte er in München bei Carl Rottmann und bildete sich zwischen 1838 und 1841 in Rom weiter. In der Folgezeit bereiste Papperitz Norwegen und Spanien, wo er 1851 längere Zeit verblieb. Zahlreiche Gemälde und Ölstudien, die der Künstler ab 1852 auf den jährlichen Ausstellungen der Dresdener Aklademie zeigte, legen von diesem Aufenthalt Zeugnis ab. Im Mai 1851 verweilte er mehrere Wochen in der andalusischen Stadt Elche, die wegen ihrer ausgedehnten, noch aus der Zeit der maurischen Vorherrschaft stammenden Palmengärten bekannt war.
The landscape painter and etcher, Gustav Friedrich Papperitz, was taught by Johan Christian Clausen Dahl in Dresden. He subsequently studied under Carl Rottmann in Munich and from 1838 to 1841 continued his training in Rome. Papperitz later travelled through Norway and Spain, where he spent some time in 1851. Numerous paintings and oil studies the artist displayed from 1852 at the annual exhibitions of the Dresden Academy were inspired by this sojourn. In May 1851 the artist spent several weeks in the Andalusian town of Elche, which was known for its extensive palm gardens laid out during the period of Muslim rule.
Das großformatige Blatt besticht durch seine packende und synthetische Erfassung der mediterranen Landschaft. Papperitz verliert sich nicht in topographischen und genrehaften Details, sein eigentliches Anliegen ist die Wiedergabe des warmen, südlichen Lichts, das zu den prägenden Erfahrungen nordischer Künstler zählt. Von einem niedrigen Standpunkt aus gesehen, wird der Blick des Betrachters durch das Flusstal des versandeten Rio Vinalopo auf die pittoreske Bogenbrücke am Horizont und die schlichten, flachgedeckten Häuser der Stadt geführt. Sehr schön und transparent sind die hochaufragenden, schlanken Palmen charakterisiert, welche die linke Bildhälfte dominieren und der Darstellung ein hohes Maß an Farbigkeit und Atmosphäre verleihen. Unstreitig handelt es sich um ein künstlerisch vollgültiges Zeugnis deutscher Landschaftskunst der Spätromantik.
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This large-size sheet derives its appeal from the enthralling, synthetic rendering of the Mediterranean landscape. Papperitz does not get bogged down in topographical and genre-like details. His intention is to reproduce the warm southern light, which so deeply impressed artists from north of the Alps. Beginning from a low vantage point, the observer’s gaze travels through the bed of the silted-up Rio Vinalopo to the picturesque arched bridge on the horizon and the plain, flat-roofed houses of the town. The towering slender palm trees which dominate the left half of the picture are rendered with great beauty and transparency and give the depiction a great deal of colour and atmosphere. This is beyond doubt a fully valid specimen of German landscape art from the late Romantic period.
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48. friedrich preller d.ä. (1804 Eisenach – 1878 Weimar)
friedrich preller the elder (1804 Eisenach – 1878 Weimar)
Satyr und Nymphe in einer pastoralen, südlichen Landschaft. Federzeichnung in Schwarz und Grau über Bleistift, grau laviert. 22,4 x 29,7 cm. Signiert und datiert: „18 FP 74“.
Satyr and Nymph in a Pastoral, Southern Landscape. Pen and black and grey ink over graphite, grey wash. 22.4 x 29.7 cm. Signed and dated: “18 FP 74”.
Friedrich Preller war ein Hauptvertreter einer heroisierenden Landschaftsauffassung und stand damit in der Tradition von großen deutschen Vorgängern wie Joseph Anton Koch und Johann Christian Reinhart. Die vorliegende Studie gehört dem Spätwerk an und zeigt anschaulich, wie stark Preller Zeit seines Lebens diesem klassizistischen Formenideal verpflichtet blieb. Das sehr qualitätvolle Blatt ist souverän gezeichnet, der Duktus der Feder lebendig und abwechslungsreich. Die sicher und effektiv gesetzten Lavierungen erzeugen eine vibrierende und belebende Helldunkelwirkung. Die Szene ist gleichsam ein Lob gesang auf eine ideale, arkadische Welt und resümiert die vielfältigen künstlerischen Eindrücke, die der Künstler während längerer Italienaufenthalte gesammelt hatte. So geht die Landschaftskulisse eindeutig auf Skizzen zurück, die Preller in der Serpentera bei Olevano angefertigt hatte. Die markante, felsige Naturszenerie wird von einem Satyrenpaar belebt, das in ein erhitztes erotisches Werbungsritual verwickelt ist. Eine Herde von ruhenden Schafen und Ziegen schaut dem wilden Treiben unbeteiligt zu.
Throughout his life Friedrich Preller was a leading proponent of the heroic approach to landscape and, as such, very much in the tradition of his great German predecessors, Joseph Anton Koch and Johann Christian Reinhart. The present study from his late period illustrates very well how dedicated Preller remained to this classical ideal of form during his lifetime. A work of supreme quality, it has been confidently drawn with lively and varied penwork. The precise and effectively applied washes produce a vibrant and invigorating chiaroscuro effect. The scene is, so to speak, a hymn of praise to an ideal, Arcadian world and summarises the many different impressions the artist gathered during his lengthy stays in Italy. The landscape is clearly based on sketches Preller made in the Serpentera near Olevano. The striking, rocky natural scenery is enlivened by a pair of satyrs involved in a heated erotic courtship ritual. A flock of resting sheep and a goat gaze dispassionately at the uninhibited goings-on.
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49. joseph selleny
joseph selleny
Eine imaginäre Gebirgslandschaft. Federzeichnung in Braun, braun laviert; Einfassungslinie mit Tuschpinsel in Braun. 12 x 19,3 cm. Auf dem Untersatzbogen bezeichnet: „Jos. Selleny“.
An Imaginary Mountainous Landscape. Pen and brown ink, brown wash; framing line with point of brush and brown ink. 12 x 19.3 cm. “Jos. Selleny” inscribed on the mounting paper.
Der Maler, Aquarellist und Graphiker Joseph Selleny studierte bei Thomas Ender und Franz Steinfeld an der Wiener Akademie. Studienreisen führten ihn in der Folgezeit durch Tirol und die Lombardei nach Venedig; 1854/55 lebte und arbeitete der Künstler mit einem Stipendium der Wiener Akademie in Rom und Neapel. Auf Grund seines Talentes wurde Selleny von Erzherzog Ferdinand Maximilian, dem Bruder des Kaisers, gefördert. Dieser Verbindung verdankte er eine Weltumseglung an Bord der österreichischen Fregatte Novara, die von April 1857 bis August 1859 dauerte. Etwa zweitausend ethnographisch und naturhistorisch interessante Aquarelle und Studien entstanden während dieser Reise, von denen ein erheblicher Teil heute in der Graphischen Sammlung Albertina und in der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien aufbewahrt wird. Sellenys weiterer Lebenslauf verlief tragisch. Er war in den 1860er Jahren als freischaffender Künstler und Gartenarchitekt mit Erfolg in Wien tätig, erkrankte jedoch an einem Nerven leiden, an dessen Folgen er im Alter von einundfünfzig Jahren in der psychiatrischen Heilanstalt Inzersdorf bei Wien verstarb.
The painter, watercolourist and printmaker, Joseph Selleny, studied under Thomas Ender and Franz Steinfeld at the Vienna Academy. Study trips subsequently took him through Tyrol and Lombardy to Venice. Endowed with a scholarship from the Vienna Academy, he lived and worked in Rome and Naples in 1854/55. Selleny’s talent earned him the patronage of Archduke Ferdinand Maximilian, the Emperor’s brother. This connection enabled him to circumnavigate the globe on board the Austrian frigate Novara, a journey which lasted from April 1857 to August 1859. During this time he produced around two thousand watercolours and studies of ethnographical and natural histo rical interest, a considerable number of which are now in the Albertina Graphic Arts Collection and the Österreichische Gale rie Belevedere in Vienna. Selleny’s career later took a tragic turn. In the 1860s he was a successful freelance artist and garden architect in Vienna, but he suffered from a nervous disorder, of which he died at the psychiatric hospital in Inzersdorf near Vienna at the age of fifty-one.
(1824 Wien – 1875 Inzersdorf)
Die vorliegende imaginäre Landschaft ist in einer sehr bewegten und zugleich differenzierten Feder- und Tuschtechnik ausgeführt, die ein Höchstmaß an Stimmung und Atmosphäre erzeugt. Trotz des surrealen Charakters dürfte die Szenerie auf Eindrücke zurückgehen, die der Künstler während seiner Weltreise in Südamerika, insbesondere in der Atacama Wüste in Chile, gesammelt hatte. Riesige, sturmbewegte Wolkengebilde behindern den Blick auf die hoch aufragenden Gebirgsgipfel am Horizont. Die untergehende Sonne, mit zarten Federstichen skizziert, erscheint verschwindend klein angesichts dieser bedrohlichen Naturgewalt. Trotz des kleinen Formats ist die Landschaft von einer ungeheuren, fieberhaften inneren Energie erfüllt, als hätte Selleny einer eigenen Angstvision Gestalt gegeben.
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(1824 Vienna – 1875 Inzersdorf)
The present imaginary landscape has been executed in a very agitated but subtly nuanced pen and brush technique, which creates a wonderful sense of mood and atmosphere. Its surreal character notwithstanding, the scene is probably based on impressions the artist gathered during his world voyage in South America, especially in the Atacama Desert in Chile. Huge storm clouds obstruct the view of the towering mountain peak on the horizon. The setting sun, sketched with delicate strokes of the pen, appears infinitesimally small in the face of the threa tening force of nature. Despite the small format the landscape is alive with a tremendous, feverish energy, as if Selleny had give shape to a vision of fear.
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50. adolf senff
adolf senff
Studienblatt mit Mimosen, einer Tulpe, zwei Iris, Granat apfelblüten und Buschwinden. Öl auf graubraun grundiertem, festem Papier. 55,3 x 40,3 cm. Signiert und bezeichnet: „Adolf Senff. Rom.“, viermal bei einzelnen Pflanzen datiert: „d. 12. Apr“, „16. Apr“, „18. Apr (18)27“ und „20. Apr. 27“ sowie unten rechts bezeichnet: „Milanthrum“.
Study sheet with mimosas, a tulip, two irises, pomegranate blossoms and convolvuli. Oil on greyish-brown, grounded firm paper. 55.3 x 40.3 cm. Signed and inscribed: “Adolf Senff. Rom.”, four dates of individual plants: “d. 12. Apr”, “16. Apr“, “18. Apr (18)27” and “20. Apr. 27” and inscribed “Milanthrum” at the bottom right.
Diese prachtvolle, andächtige Naturstudie ist eine Meister leistung des aus dem sächsischen Halle stammenden Malers Adolf Senff. Zunächst in Leipzig zum Theologen ausgebildet, war Senff anschließend Hauslehrer der Familie des Porträtund Historienmalers Gerhard von Kügelgen in Dresden, von dem er künstlerischen Unterricht erhielt. Von 1813 bis 1814 war er als Bildnismaler in Leipzig tätig und meldete sich dann als Freiwilliger im Befreiungskrieg gegen Frankreich. Den größten Teil seines Künstlerlebens verbrachte Senff in Rom, wo er sich dem Kreis um Bertel Thorvaldsen anschloss und mit der Blumenmalerei und dem Kopieren von Werken Raphaels seinen Lebensunterhalt verdiente. Nach 1848 lebte und arbeitete er in Ostrau bei Halle.
This magnificent, reverent nature study is a masterpiece by Adolf Senff, a painter who hailed from Halle in Saxony. Senff initially trained to become a theologian in Leipzig and was subsequently employed in Dresden as a private tutor to the family of Gerhard von Kügelgen, a painter of portraits and historical scenes, who gave him art lessons. In 1813/14 Senff was active as a portrait painter in Leipzig and then offered to serve as a volunteer in the Wars of Liberation against Napoleonic France. He spent most of his artistic life in Rome, where he joined the circle around Bertel Thorvaldsen and earned his living by painting flowers and copying works by Raphael. After 1848 the artist lived and worked in Ostrau near Halle.
(1785 Halle – 1863 Ostrau)
Das großformatige Blatt besticht durch seine reizvolle und sehr harmonische mise-en-page. Die einzelnen, aus unterschiedlichen Winkeln beobachteten Blüten sind lose, scheinbar spontan über das Blatt verteilt, bilden jedoch eine anziehende und gleich zeitig visuell stringente kompositorische Einheit. Der fein abgestufte graubraune Fond bringt die farbliche Intensität der Blüten und das frische Grün von Stengeln und Blattwerk wirksam zum Tragen. Berücksichtigt man die einzelnen annotierten Daten, war der Künstler über eine Woche mit ihrer bildlichen Erfassung beschäftigt, was für eine ungeheure, fast ehrfurchtsvolle Konzentration spricht. Diese liebevolle Aufmerksamkeit für das kleinste Detail und für die ganz spezifische Beschaffenheit jeder Pflanze wirkt jedoch niemals penibel, das Blatt atmet eine souveräne Großzügigkeit und einen erfrischenden Sinn für das Wesentliche. In seiner Symbiose aus profundem naturwissenschaftlichen Interesse und künstlerischem Feinsinn erinnert Senffs Schöpfung an die Pflanzenstudien seines großen Vorgängers Albrecht Dürer.
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(1785 Halle – 1863 Ostrau)
The charm of this large-sized sheet lies in the delightful and very harmonious mise-en-page. Although the individual blossoms are observed from different angles and are distributed loosely – seemingly spontaneously – across the sheet, they none theless form an attractive and visually compelling composi tional whole. The finely nuanced, greyish-brown background effectively brings out the intense colours of the blossoms and the fresh greens of the stems and leaves. Bearing in mind the individual dates in the inscription, the artist must have taken a week to complete the picture, which gives an indication of Senff’s enormous, almost reverential concentration. This loving attention to the smallest of details and to the specific quality of each plant does not appear in any way over-meticulous, how ever. The depiction radiates a confident capaciousness and a refreshing eye for the essentials. In its symbiosis of profound interest in natural science and artistic sensitivity Senff’s crea tion is reminiscent of the plant studies of his great predecessor Albrecht Dürer.
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künstlerverzeichnis / index of artist names Alberti, Pietro Francesco Bemme, Johannes Adriaansz. Boilly, Louis-Léopold Bonvin, François Breckerveld, Herman Brinckmann, Philipp Hieronymus Claesz., Allaert Cornacchia, Giovanni Cort, Cornelis Desrais, Claude-Louis Diamantini, Giuseppe Dietrich, Christian Wilhelm Ernst Doetecum, Johannes und Lucas Gandolfi, Gaetano Giordano, Luca Greco, Michele Hübner, Julius Janinet, Jean-François Kolbe, Carl Wilhelm Kriehuber, Josef Liender, Paulus van Liotard, Jean-Etienne Live de Jully, Ange-Laurent de la Longuelune, Zacharias Loo, Charles André van Madrazo y Agudo, José Mansfeld, Johann Georg Meryon, Charles Moreelse, Paulus Murer, Josias Normand, Charles Pierre Joseph Papperitz, Gustav Friedrich Piattoli, Guiseppe Picart, Bernard Preller, Friedrich d.Ä. Reinhart, Johann Christian Ridinger, Johann Elias Robillart, I. Saftleven, Herman Selleny, Joseph Senff, Adolf Son, Nicolas de Subleyras, Pierre Tischbein, Johann Heinrich d.Ä. Toepfer, Wolfgang Adam Tresca, Salvatore Verkolje, Nicolaas Vinkeles, Reinier Wierix, Johannes
6 42 44 100 22 46 10 102 12 48 24 50 14 56 26 16 104 58 106 108 62 64 68 72 74 110 112 114 28 18 116 118 78 80 120 82 84 30 32 122 124 36 86 90 92 94 38 96 20
Tefaf Maastricht March 10–19, 2017 Please visit our exhibition From Brebiette to Boccioni – European Works on Paper
Tefaf on Paper, stand no. 723 Opening hours: Daily 11am – 7pm Sunday, March 19, 11am – 6pm
impressum Gestaltung & Satz
Stefanie Löhr
Repros
Christoph Anzeneder, Notica
Druckvorstufe
Mega-Satz-Service, Berlin
Druck
Conrad GmbH, Berlin
Papier
Galaxi Keramik, 170 g/qm
Typographie
Custodia Fred Smeijers, Our Type, Belgien
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