Abriss Hutschenreuther Werk B

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SELBER TAGBLATT

Donnerstag, 13. März 2014

Am Montag rollen die Bagger an

Aufgespießt

Ansichtssache

Schon kommende Woche beginnt der Abriss des Werks B in Selb. Bis zum Sommer wird etwa ein Drittel der ehemaligen Hutschenreuther-Fabrik verschwunden sein. Von Tamara Pohl

Dass es sich hier um ein Archivbild handelt, sehen die Selber daran, dass die Drehreklame auf dem Hutschenreuther-Werk B noch den Löwen zeigt. Vielleicht kann dieses markante Symbol wieder erneuert werden. Etwa ein Drittel der umliegenden Gebäude wird aber bis nächsten August verschwunden sein. Mehr Bilder sind auf Seite 10 zu sehen; unter www.frankenpost.de gibt es die jüngste Geschichte des Anwesens unter „Mehr zum Thema“ nachzulesen. Foto: Florian Miedl Der Abbruch beginne jetzt, weil es der Stadt im Augenblick finanziell möglich sei. Rund eine Millionen Euro wird der Teilabbruch kosten, die Stadt wird 200 000 Euro davon bezahlen. Uli Pötzsch peilt das Jahr 2015 an, um weitermachen zu kön-

„ Der Abbruch des Werks B ist ein Thema, das die Selber beschäftigt. Ganze Familien haben darin gearbeitet, teils über Generationen.

Oberbürgermeister Uli Pötzsch

nen – vorausgesetzt, Selb erhalte die nötigen Fördermittel. „Das gibt uns Zeit, genau zu überlegen, was noch auf dem Gelände geschehen soll.“ Ein Teil der Fabrik soll nämlich nach dem Willen der Stadtväter erhalten bleiben; eventuell der Schlot, vielleicht ein einzelnes Gebäude oder die Drehreklame, die einst die Löwenmarke auf dem Dach des

Werks zeigte. Wie der OB erläuterte, bereite die Stadt gerade Gespräche vor, um die Möglichkeiten einer Restauration der markanten Werbung zu klären. „Was wir erhalten wollen und können, können wir erst sagen, wenn wir wissen, was auf dem Grundstück passieren soll“, führte Uli Pötzsch aus. Für Anregungen stünden die Türen des Rathauses jedem offen. Der Abriss sei inzwischen notwendig, fasste der OB zusammen. „Ich ärgere mich über den Umgang mit dem Gebäude in der Vergangenheit“, bekannte er. Man habe „Sodom und Gomorra Einzug halten“ lassen; Waschbecken seien zertrümmert worden, um an die Armaturen zu gelangen, Wände seien mit roher Gewalt herausgebrochen worden, um Maschinen abzutransportieren, und nie mehr verschlossen worden – viele solche Beispiele zählte Uli Pötzsch auf. „Als man die Drehreklame kaputt geschlagen hat, war das für mich ein Signal dafür, wie man mit dem Gebäude umgehen wird.“

Das war im August 2011. Inzwischen könne man niemanden mehr auf das Gelände lassen; es sei schlicht zu gefährlich. Das weiß auch Bauleiter Andreas Meier. Die Baustelle sei tatsächlich gefährlich; wer dorthin wolle, müsse unbedingt mit dem Polier eine Begehung ausmachen. Auch Christine Koch vom Hochbauamt warnte vor den Gefahren des Areals: „Dort lauern auch Löcher, wo man sie nicht vermutet.“ Sie und Umweltschutztechniker Markus Tröbs schilderten eindrücklich, wie es im Inneren der Fabrik inzwischen aussieht. „Das Gebäude ist schon von Vandalismus betroffen“, sagte Markus Tröbs, „zum Beispiel waren die berüchtigten Kabelschlitzer am

Arbeiter schaffen Geräte schon herbei Wie Bauleiter Andreas Meier erläuterte, werden noch in dieser Woche die Abbruchgerätschaften herbeigeschafft und das Baulager aufgebaut. Vom Montag an werden zwölf Mit-

Seniorenbeirat nimmt seine Arbeit auf Seit Mittwochabend steht fest, wer in dem Gremium mitwirkt. Am 2. April findet die erste öffentliche Sitzung statt.

arbeiter mit dem Dach der Halle rechts vom ehemaligen Verwaltungsgebäude beginnen (siehe Grafik auf Seite 10). Im August soll der Teilabbruch erledigt sein.

Tier der Woche

Kater Benjamin ist eineinhalb Jahre alt und kastriert. Er ist eine reine Wohnungskatze und versteht sich gut mit Artgenossen, kleine Kinder mag der Schmusetiger weniger. Gerne würde er zusammen mit einem seiner Katzenfreunde in ein neues Zuhause ziehen. Interessenten melden sich im Selber Tierheim unter Telefon 09287/3741.

Polizeireport Dieb stiehlt Handy aus Schultasche

Selber gibt sich als eigener Bruder aus

Selb – Am Dienstagmittag hat ein Dieb aus einem Schulranzen, der vor einer Klassentür des Walter-GropiusGymnasiums stand, ein blau-weißes Handy HTC Desire 500 entwendet. Das teilt die Polizei mit und bittet um Hinweise unter der Telefonnummer 09287/9914-0.

Selb – Ein Mann aus Selb hat bereits im Jahr 2012 auf den Namen seines Bruders ein Smartphone bestellt. Er bekam es zwar geliefert, bezahlte es aber nicht. Wie die Polizei schreibt, kamen die Beamten dem Mann jetzt bei Ermittlungen zu anderen Taten des Beschuldigten auf die Schliche.

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2.

Der Seniorenbeirat der Stadt Selb ist nun im Amt: (vorne von links) Asen Özdin, Gerhard Bock, Ute Täuber, Dieter Batrla, Erich Kauper, Sabine Müller, Ursula Irrgang, (hinten von links) Dr. Eva Körner, Elli Hirschmann, Jutta Heinlein, Oberbürgermeister Uli Pötzsch, Fred Jäger, Jutta Köhler, Elke Schertel, Elke Behrens und Herta Mörl. Foto: Florian Miedl

22.14

März´

Mit

Shuttle-Bus

15 Frauen und Männer setzen sich für ältere Mitbürger in der Stadt ein Der Selber Seniorenbeirat besteht aus der berufenen Seniorenbeauftragten, aktuell also Dr. Eva Körner, dem amtierenden Oberbürgermeister der Stadt, derzeit Uli Pötzsch, sowie neun berufenen und sechs gewählten Mitgliedern. Die berufenen Mitglieder sind Ursula Irrgang (für die evangesteht aus der berufenen Seniorenbeauftragten Dr. Eva Körner, dem Oberbürgermeister Uli Pötzsch sowie neun berufenen und sechs gewählten Mitgliedern. Diese sechs galt es am Mittwochabend zu wählen. 15 Frauen und Männer hatten sich zur Wahl und den Anwesenden kurz vorgestellt, ehe es an die geheime Abstimmung ging. Nach wenigen

lisch-lutherische Kirche), Ilona Streim (für die katholische Kirche), Fred Jäger (VdK), Erich Kauper (AWO), Elke Schertel (AWO), Herta Mörl (BRK), Jutta Heinlein (Diakonie), Dieter Batrla (VHS) und Sabine Müller (Diabetikerbund). Die gewählten Mitglieder sind Minuten standen die Beiratsmitglieder fest (siehe Infokasten). Uli Pötzsch gratulierte den Gewählten und wandte sich an die übrigen Kandidaten: „Bitte halten Sie den Kontakt zu uns“, lud er sie ein, bei der Arbeit an zum Beispiel Projekten mitzuwirken. Dann übernahm die Vorsitzende, Seniorenbeauftragte Eva Körner, die

Jutta Köhler, Gerhard Bock, Asen Özdin, Ute Täuber, Elke Behrens und Elli Hirschmann. Die erste öffentliche Sitzung des Seniorenbeirats findet am 2. April, um 18 Uhr im Haus der Generationen in der Karl-Marx-Straße statt. Zuhörer sind dazu willkommen. Sitzungsleitung. Nach kurzer Abstimmung wurde Gerhard Bock zu ihrem Stellvertreter bestimmt, Elli Hirschmann zur Protokollführerin und Ute Täuber zu ihrer Stellvertreterin. Für die erste öffentliche Sitzung einigten sich die Seniorenbeiräte darauf, Ideen zu sammeln und sich Gedanken über eine barrierefreie Innenstadt zu machen. tami

Eintritt für alle Lokale: Vorverkauf 8,- Euro, Abendkasse 10,- Euro VVK-Stellen: alle teilnehmenden Lokale, die Geschäftsstellen der Frankenpost in Marktredwitz, Selb, Hof unter Tel. 0 92 81/816-228 und www.frankenpost.de

Irrtümer und Änderungen vorbehalten!

Selb – „Heute ist der schöne Tag, auf den wir alle hingearbeitet haben.“ Mit diesen Worten hat Oberbürgermeister Uli Pötzsch die zahlreichen Gäste am Mittwochabend im Selber Rathaus willkommen geheißen. Wie bereits berichtet, ging es bei dem Treffen darum, den Seniorenbeirat der Stadt zu gründen. Aus Sicht des Stadtrats war das nötig geworden, weil dort häufig Themen behandelt würden, die ältere Einwohner betreffen, „aber ohne zu wissen, was für sie im Vordergrund steht“, erläuterte der OB. Er hoffe, dass sich aus der Arbeit des Seniorenbeirats heraus auch Anregungen entwickelten, die der Stadtrat aufgreifen könne. „Tragen Sie Themen, die sich im Alltag ergeben, an mich und den Stadtrat heran“, forderte er die Gäste auf. So viele Interessierte waren gekommen, dass die Stühle schon fast knapp zu werden drohten. OB Pötzsch lobte die sichtbare Bereitschaft vieler älterer Selber, sich aktiv für ihre Mitmenschen einzusetzen. Wie Haupt- und Rechtsamtsleiterin Nicole Pitzing erläuterte, hatte der Stadtrat in seiner Februarsitzung beschlossen, dass der Seniorenbeirat eine Satzung haben soll. Darin ist unter anderem geregelt, dass das Gremium für vier Jahre und ehrenamtlich tätig ist. Einmal im Vierteljahr muss der Beirat öffentlich tagen, einem Vertreter steht ein Rederecht in Stadtratssitzungen zu. Der Beirat be-

Werk. Die nehmen die Kupferdrähte mit, und jetzt liegen überall bergeweise die Kabelhüllen herum.“ Die Wertstoffe seien geplündert worden. „Geplündert ist der richtige Ausdruck“, findet auch Christine Koch. Die Schadstoffuntersuchungen der Liegenschaft sind laut Markus Tröbs ziemlich unauffällig verlaufen. Es gebe stellenweise Asbest und Rückstände im Boden, wo ölhaltige Maschinen gearbeitet hätten. Christine Koch führte aus, dass solche Abrisse immer in drei Schritten geschehen: Die Entrümpelung des abzureißenden Drittels sei schon fast abgeschlossen, nun folgten noch die Entkernung und dann der Abbruch. Am Montagmorgen wird’s losgehen.

Die meisten Menschen dürften derzeit ziemlich gut drauf sein. Die milden Temperaturen und der strahlende Sonnenschein erhellen fast allen Zeitgenossen das Gemüt. Fast. Das hat eine Frau aus dem Landkreis kürzlich gelernt. Voller Frohsinn und Antrieb lustwandelte sie durch die aus dem Winterschlaf erwachende Stadt. Als sie einen Bekannten traf, überfiel sie ihn gleich mit ihrer Begeisterung: „Wir haben schon richtig Frühling, das ist so toll“, schwärmte sie. „Von wegen“, krächzte der Mann, „jetzt sind Erkältungen immer doppelt so schlimm, wie im Winter!“ Ähnlich reagierte auch eine Bekannte, die sie ein paar Minuten später in einem Café traf. „Hör mir auf mit Frühling“, winkte die Frau ab, „mir tränen die Augen und die Nase läuft schon. So früh hab‘ ich noch nie Heuschnupfen gehabt!“ Na, dachte da die Frau aus dem Landkreis, wenigsten ihre Mutter dürfte sich über das frühe Frühjahr freuen. Immerhin geht die doch so gerne spazieren. Doch auch hier: Fehlanzeige. „Ach Kind, wenn ich nur Zeit zum Spazieren hätte! Aber bei dem Sonnenlicht siehst du jetzt jeden Dreck, ich hab’ heute schon Fenster geputzt, die Küchenfliesen runtergewaschen, und, und, und ...“ Die Frau aus dem Landkreis freut sich jetzt lieber im Stillen und zu Hause tami übers Wetter.

© FP-KreativPool´14

Selb – „Das ist ein Thema, das Selb beschäftigt.“ So hat es Oberbürgermeister Uli Pötzsch am Mittwochvormittag im Rathaus auf einen Nenner gebracht. Dort stellten unter anderem Umweltschutztechniker Markus Tröbs vom Ingenieurbüro Pedall und Bauleiter Andreas Meier vom Unternehmen Karl-Bau GmbH die Pläne für den Abbruch des ehemaligen Hutschenreuther-Werks B vor. Schon vom nächsten Montag wird sich das Selber Stadtbild verändern: Dann nämlich beginnen die Abrissarbeiten an den ersten Gebäuden. Bis zum Sommer wird etwa ein Drittel der Bauten verschwinden. Uli Pötzsch schilderte den Werdegang der Fabrik. Hutschenreuther habe eine Porzellandynastie gegründet, auch wenn die Anfänge in Selb im Werk A gelegen hätten. Dieses ist bereits gewichen – interessanterweise zeichnete für diesen Abriss auch bereits das Unternehmen Karl-Bau verantwortlich. Der OB erinnerte an die Bedeutung des Werks B für die Selber. Viele Menschen fühlten sich dem Gebäude verbunden: „Ganze Familien haben darin gearbeitet, teils über Generationen“, deshalb stehe das Areal auch unter „besonderer Beobachtung“ der Bürger. Selb habe den Grund und die Gebäude im Jahr 2010 gekauft, um „die Hand darauf zu haben“, wie sich die Liegenschaft entwickelt. Der OB kam auf den Stadtratsbeschluss zu sprechen, dass dort ein Sportgelände entstehen soll. „Dieser Beschluss hat nach wie vor Gültigkeit.“ Allerdings biete die Fläche Raum für mehr: Nach Gesprächen mit umliegenden Firmen habe sich ergeben, dass ein Nachbar tatsächlich Grund ankaufen will, um seinen Betrieb zu erweitern.

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SELB/SCHÖNWALD/HOHENBERG

Donnerstag, 13. März 2014

Im Inneren des Werks B schien die Zeit stillzustehen. Dieses Brett zum Beispiel wirkt, als ob die Besitzer der Schlüssel jeden Augenblick zurückkommen könnten. Fotos: Florian Miedl

Kurz vor dem Abriss D

as ehemalige HutschenreutherWerk B prägt das Selber Stadtbild – noch. Am kommenden Montag beginnen die Abbrucharbeiten am früheren Porzellanfabrikgelände (siehe Seite 7). Bis August wird ein Drittel der Gebäude verschwinden. Voraussichtlich 2015 folgt der Rest. Bis dahin können

sich die Stadtväter Gedanken machen, welcher Teil des Industriebaus stehen bleiben soll. Immerhin ist „die B“ ein wichtiger Teil der Stadtgeschichte. Im Augenblick laufen die Entrümpelungsarbeiten. Kurz zuvor wirkte die Fabrik teilweise noch so, als sei sie eben erst verlassen worden, wie unsere Bilder zeigen.

1998 kam das Werk B unter das Dach der Winterling Porzellan AG. Die meldete im Jahr 2000 Insolvenz an, Rosenthal übernahm das Werk.

Dass die Drehreklame mit dem Löwen ausgerechnet im August 2011, eine Woche vor dem Porzellinerfest, abgebaut wurde, traf viele Selber tief. Eventuell könnte das Schild erneuert werden und als Erinnerung an das Werk stehen bleiben, sagt Oberbürgermeister Uli Pötzsch. „Der Wunsch ist in der Bevölkerung da.“

2010 übernahm Sambonet Paderno dann Rosenthal, im selben Jahr schloss die Kunstabteilung im Werk B. Die Produktion war schon zuvor stillgelegt worden.

Die gelb markierten Bereiche werden von Montag an abgebrochen. Links ist der Philip-Rosenthal-Platz zu sehen, rechts im Bild die Roland-Dorschner-Halle. Skizze: Bauamt Selb

Flaschenöffner, Lottoschein und anderer Krimskrams auf den Tischen zeugten vor der Entrümpelung von den zuletzt rund 200 Beschäftigten in der Produktion.

Wo einst geschäftiges Treiben herrschte, wartet auf den Betrachter heute nur noch gähnende Leere.


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