Autorenlesung: "Wilder" Naturkontakt

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oekom-Autorenlesung in der stratum® lounge . 29.06.2012

Erfinder der Rucksackschule Gerhard Trommer war Professor für Biologie-Didaktik an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt/Main. Gemeinsam mit Professor Wilfried Janssen (Flensburg) hat er sich als erster Wissenschaftler um die Einführung der Naturinterpretation in Deutschland bemüht. Trommer sah in der Naturinterpretation eine glückliche Symbiose von Naturerlebnispädagogik und Ökologiedidaktik. Um das Konzept auf mitteleuropäische Verhältnisse zu übertragen, gründete er 1985 gemeinsam mit einigen Mitstreitern die Rucksackschule Naturpark Harz, die das eigenständige Erleben und Erwandern wildnistypischer Natur durch einfachste Mittel (wie Augenbinden oder Lupen) vermittelte.

Gerhard Trommer „Schön wild!“ Autorenlesung | 29.06.12 | stratum® lounge Brauc

ht der Gerhard Trommer war B rauch Mensch W viel in der freien Natur en il unterwegs, mit Kindern, Wildn unsere Kin dnis? iserfa Studierenden und Erwachhrung der ? senen. Am meisten Freude machte es ihm wohl mit den Kindern. In seinem Buch „Schön wild! Warum wir und unsere Kinder Natur und Wildnis brauchen“ erzählt er einige der schönsten Geschichten, die er mit Kindern in den von ihm bevorzugten „wildnistypischen“ Umgebungen erlebt hat. Beispielsweise wie er sich mit dreien seiner Enkelklinder zwischen 9 und 12 Jahren einmal im Rieseberger Moor verlaufen hatte und der hereinbrechende Abend den Kindern ein intensives Angsterlebnis in der plötzlich sehr bedrohlich werdenden Wildnis bescherte. Als sie nach dreistündigem Herumirren endlich doch wieder auf eine Straße kamen, leuchtete den Kindern in der Ferne ein erleuchtetes McDonaldsLogo tröstlich entgegen - als Inbegriff zivilisatorischer Geborgenheit. Dass Trommer uns auch diese Geschichte erzählt, die ja aus umweltpädagogischer und didaktischer Sicht als Misserfolg zu bewerten wäre, beleuchtet die unideologische und entkrampfte Art, in der er uns in seinem Buch die Botschaft vermittelt, für die er unterwegs ist: Junge Menschen brauchen für ihre Entwicklung intensiven, direkten und möglichst „wilden“ Naturkontakt. Dafür sammelt er Gründe aus den diversen Erfahrungs- und Forschungsgebieten. Er verbindet dabei eigene Beobachtungen mit Ergebnissen der Gehirnforschung und Entwicklungspsychologie. Fast beiläufig streut er im Erzählton Erkenntnisse über ADHS-diagnostizierte Kinder ein und stellt fest, „dass ADHS keine Krankheit, sondern eine Ansammlung von Symptomen bei Kindern ist, die auf mangelhafte Sozialisationserfahrung verweisen“, einen Erfahrungsmangel, der auch - aber natürlich nicht ausschließlich - in der Naturferne und Überkontrolliertheit heutiger Sozialisationswelten begründet ist. Trommer idealisiert Natur und Wildnis nicht, er betont explizit ihre Nicht-Nachhaltigkeit, Unberechenbarkeit und Maßlosigkeit. Das bewahrt ihn auch davor, Wildnis und Zivilisation als absolute Gegensätze zu begreifen, vielmehr sind beide (ohnehin ja dem menschlichen Gehirn entspringende) Begriffe Elemente auf einer „gemeinsamen Skala“: „Wir können daher nur von einem relativem Kontrast zwischen Wildnis und Zivilisation ausgehen.“ stratum® GmbH www.stratum-consult.de


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Zur Person: Gerhard Trommer Gerhard Trommer ist 1941 in Weißenfels an der Saale geboren, im Harz aufgewachsen. Er hat in Hannover an der Pädagogischen Hochschule studiert und war bis 1969 Lehrer für Biologie und Kunst in Wolfsburg. Anschließend hat er Biologie studiert und arbeitete ab 1973 als Akademischer Rat an der Päd-agogischen Hochschule in Braunschweig. Später wechselte er als Akademischer Oberrat an die Technische Universität Braunschweig, wo er 1978 am Institut für Biologie und Chemie und deren Didaktik auch promovierte. 1989 habilitierte er sich im Fachbereich Landschaftsarchitektur und Umweltentwicklung an der Universität Hannover und folgte 1993 dem Ruf an die Goethe-Universität Frankfurt, wo er bis zu seiner Emeritierung 2005 im Fachgebiet Didaktik der Biologie tätig war. In seiner Frankfurter Zeit bekleidete er u.a. auch eine Aus-

tauschprofessur am Trenton College/ New Jersey (USA), war Vorstandsmitglied in der Gesellschaft für Ökologie und wissenschaftlicher Beirat des WWF Deutschland sowie im Präsidium der Aktion Fischotterschutz. Exkursionen und Wanderungen gehörten zu den bevorzugten Lehr-Formen, die Gerhard Trommer und seine Studenten auch über die „Brotgrenze“ hinausbrachten.

Jenseits der Brotgrenze Warum man der Zivilisation kaum entfliehen kann, zumindest nicht in Deutschland „Muirs Kriterium für die Wildnis - das Überschreiten einer Versorgungsgrenze - ist in unseren dicht besiedelten Lebensräumen kaum möglich, jedenfalls nicht im Nationalpark Harz und auch nicht in allen anderen deutschen Nationalparks... Könnten wir uns im Harz ein primitives Camp suchen, um dort zu übernachten? Wir haben zwar ein Betretungsrecht der Landschaft, das in Wäldern außerhalb der Nationalparks und Naturaschutzgebiete gilt. Aber dort frei campieren? Das ist verboten,

erst recht im Nationalpark. Fazit: Wer also die ‚Brotgrenze‘ überschreiten will, muss Deutschland verlassen.

Appe Um hinter die ‚Brottitanre grenze‘ zu kommen „ Schön ger aus und dort Erfahrungen wild!“ zu sammeln, ging ich mehrfach mit Frankfurter Biologie-Studenten in Norwegen für etwa zehn Tage auf Exkursion in eine arktisch-alpine Bergwildnis. Ich wollte wissen, wie zivilisationsferne, wildtypische Landschaft auf stratum® GmbH www.stratum-consult.de


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Großstadt gewöhnte Studierende wirkt mung zeugten... und hatte sie gebeten, während dieser Exkursionen Tagebuch zu führen. Schon Immer wieder finden sich in den Aufdie Vorbereitung, besonders das Ruck- zeichnungen Vergleiche mit dem Leben sackpacken, war für manche eine Her- in der Zivilisation... Dazu gehörte auch ausforderung eigener Art. ‚Wappnen wir das Nachsinnen ‚mit wie wenig man uns für oder gegen die Natur?‘, notierte auskommt!‘ ‚Auf Schneefeld Nummer ein Exkursionsteilnehmer. Wappnen? drei wurde mir ein Stück Schokolade ‚Nehmen Sie eine Waffe mit?‘ fragte geschenkt, was für ein Luxus!‘ Es gab mich einmal mein Nachbar, als ich mit weit und breit nichts zu kaufen... meiner Frau auf Trekkingtour in die ‚River- Mit dem Rucksack wappnen wir uns gegen of-no-return-Wildnis‘ nach Idaho aufbrach. Ein gepackter Die Erfahrungen, die hinter der ‚BrotRucksack ist zwar keine Waffe, wohl grenze‘ gesammelt worden waren, aber eine ‚Wappnung‘ gegen Kälte, Re- veränderten bei der Rückkehr bei den gen, Hunger und Durst... meisten Studierenden auch die Wahrnehmung der Stadt: ‚Das erste Auto hät‚Weite, einfach nur Weite‘, las ich in te mich fast umgefahren‘ Und wie das einem Tagebuch. In einem anderen stank. Und welchen Lärm das machte.‘ ... Stand, die ‚Landschaft vermittelt mir ein Gefühl von Ewigkeit‘. Und ein StuDie Exkursion hat vielen Studierenden dent schrieb: ‚Ich kenne das Gefühl einen fundamental neuen, bisher unbeder Langeweile nicht mehr, möchte jekannten Kontrast vermittelt, mit dem sie den Augenblick festhalten.‘ Und, dass Unterschiede feststellen, vergleichen es unheimlich war, Wasser aus einem konnten. Aus dieser Kontrasterfahrung Bach zu trinken. ‚Wir trinken es so, wie kann Gesellschaftskritik erwachsen und es ist‘, stand da, oder: ‚Zum ersten Mal der Wunsch nach Verbesserung des eiin einem eiskalten Bach gewaschen!‘ genen Lebensstils in der Zivilisation beEs waren Notizen und Kommentare, stärkt werden.“ die besonders von sinnlicher Wahrneh-

die Natur

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„Schön wild!“ Autorenlesung | 29.06.12 | stratum® lounge Zeit Einlass: ab 16:00 Uhr Beginn: 16:30 Uhr

Eintritt Voranmeldung: Euro 5,00 Abendkasse: Euro 8,00

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Veranstaltungsort stratum® lounge Boxhagener Str. 16 . Alte Pianofabrik 10245 Berlin-Friedrichshain

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030.223 25 271 Vorname Name Institution PLZ Ort Straße E-Mail Ich melde mich verbindlich zur Autorenlesung an!

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Unterschrift stratum® GmbH www.stratum-consult.de


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