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Wir müssen Talente fördern“
Progressiv blickt Stephanie Phair in die Zukunft – und hat ambitionierte Ziele, diese in ihren unterschiedlichen Führungspositionen positiv zu beeinflussen.
Stephanie Phair ist eine dieser unglaublich gut vernetzten Protagonistinnen unserer Branche, die zentrale Entwicklungen über mehrere Hebel gleichzeitig in Gang setzen können. Als Chairman des British Fashion Council, Chief Customer Officer bei Farfetch und Mitglied des Aufsichtsrats von Moncler prägt sie das Bild weiblicher Führungsrollen in der Modeindustrie nachhaltig – vor allem durch ihr Engagement für Vielseitig-
keit. Text: Isabel Faiss. Fotos: Farfetch
Wir beobachten, dass die Zukunft unserer
Branche maßgeblich von Frauen in Führungspositionen gestaltet wird – bestes Beispiel: Sie. Aber wie sieht es eigentlich aus mit der Chancengleichheit in unserer Branche?
Ich denke, dass die Themen Chancengleichheit und insbesondere das Schaffen von Möglichkeiten, um es Frauen unterschiedlicher Herkunft zu ermöglichen, einen Mehrwert für unsere Branche zu kreieren, eine dringende Notwendigkeit sind. Das gibt Frauen auch die Chance, viele verschiedene Facetten der Modeindustrie kennen zu lernen, die sie vorher vielleicht nicht kannten, die sie aber positiv mitgestalten können.
Der British Fashion Council fördert primär neue Talente und Designer. Was hat sich bei Ihren Auswahlkriterien und Anforderungen hinsichtlich Diversität, Gleichberechtigung und Integration verändert?
Es ist wichtiger denn je, jetzt Talente zu fördern und junge Unternehmen zu unterstützen, vor allem, wenn sie eine Vorbildfunktion für den richtigen Umgang mit Nachhaltigkeit und Gemeinschaft darstellen und die Diversität unseres Talent Pools erhöhen. Es ist unser erklärtes Ziel, für alle Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und Chancengleichheit herzustellen, um die Modeindustrie allen zugänglich zu machen. Aktuelle Anpassungen, die wir an unserem Programm für Talent- und Ausbildungsinitiativen gemacht haben, um das zu gewährleisten, umfassen unter anderem die enge Begleitung der Juroren, die Vielfalt der Bewerber und die Entwicklung einer Informationskampagne, um auch Studenten aus einem sozial schwächeren Umfeld unsere Stipendienmöglichkeiten aufzuzeigen.
Wo sehen sie hier die größte Chance für diese Branche, die wir nicht vertun sollten?
Die Mode sollte bei der Verringerung des CO2-Fußabdrucks eine Führungsrolle übernehmen. Das BFC hat sich dem Ziel Race to Zero angeschlossen und ermutigt andere, das auch zu tun. Natürlich fällt dem BFC dabei eine besondere Rolle zu, denn es hat die entsprechende Position, um die Politik und die Vorschriften in der Industrie zu gestalten, insbesondere durch den Dialog mit Regierungsstellen und den Unternehmen sowie allen anderen Interessengruppen im Ökosystem. Daher haben wir auch das Circular Fashion Ecosystem herausgegeben, ein Bericht, der zielführende Ansätze für die Kreislaufwirtschaft in der Modebranche in Großbritannien vorstellt. Auch Farfetch hat sich verpflichtet, in nachhaltige Lösungen zu investieren, die es unseren Kunden ermöglichen, Mode nachhaltiger zu konsumieren, und sich ehrgeizige Nachhaltigkeitsziele bis 2030 gesetzt. Farfetch bietet seinen Kunden immer mehr recycelte und zweitverwertete Produkte an, einen Reparaturservice zur Verlängerung der Lebensdauer und eine Kleiderspende, wo sie Getragenes spenden und wir Geld für wohltätige Zwecke sammeln.
WACHSENDES SYSTEM
Alberto Zia, Managing Director Pin 1876
„Führung kann heute nicht mehr an einer einzigen Person, dem Leader, identifiziert werden, der alleine die Leitlinien vorgibt und die Entscheidungen trifft. Wir sollten eher über ein organisiertes System sprechen, das ständig wächst und sich entwickelt. Es ist dann diese Art von Organisation, die die Mitarbeiter nach Kriterien wie Qualifizierung, Fähigkeiten, Erfahrung und Innovationsbereitschaft auswählt, auf Meritokratie basiert und auch mehr Verantwortung übernehmen kann. Hier werden die Hierarchien auf null reduziert und die Entscheidungsbefugnisse auf alle Arbeitnehmer verteilt, sodass das Unternehmen beweglicher wird und für die zukünftigen Herausforderungen gut gerüstet ist.“
ZUHÖREN IST DAS GEHEIMNIS
Silvia Mazzoli, Gründerin und Creative Director von Otto D’Ame
„Ich war schon immer davon überzeugt, dass das Geheimnis einer modernen und brillanten Unternehmensführung im Zuhören liegt. Als Leader habe ich den Wunsch, die Meinung aller Personen anzuhören, die ich für die Entwicklung eines bestimmten Projekts ausgewählt habe. Es ist wichtig, dass sich alle Mitarbeiter als Teil der Prozesse fühlen und dass sie sich voll einbringen. Unsere Arbeit ist Teamarbeit und gerade in unserem Bereich ist es wichtig, bei allen Aktivitäten transversal zu sein. Es geht nicht nur darum, eine einfache Aufgabe auszuführen, sondern mit den Teammitgliedern zu interagieren, um immer solidere menschliche Beziehungen aufzubauen. Das ist das große Geheimnis.“
Federica Fremder, Sales & Marketing Manager FPM Fabbrica Pelletterie Milano
„FPM ist ein Familienunternehmen und unsere Struktur basiert auf Zusammengehörigkeit, Leidenschaft und Herzblut. Uns ist es wichtig, dass jeder Mitarbeiter weiß, dass er bzw. sie zum Erfolg der Firma beisteuert. Herausforderungen bewältigt man zusammen. Sicherlich ist die starke weibliche Komponente für ein entspanntes Klima ausschlaggebend, in dem unterschiedliche Bedürfnisse und Meinungen berücksichtigt werden, sie setzt positive Energien frei. Die letzten zwei Jahre haben insbesondere gezeigt, wie wichtig positives Denken für die Bewältigung schwerer Krisen ist.“
MEHR FLEXIBILITÄT
Mattia d’Orlando, Exportmanager Myths und White Sand Muss ein Unternehmer für seine Mitarbeiter ein Hopemaker sein?
Noch mehr als ein Optimist muss er ein Realist sein. Die Pandemie hat gezeigt, dass wir zwar positiv denken, aber realistisch bleiben müssen. Das heißt, dass man auch mal unangenehme Wahrheiten aussprechen muss.
Macht ein Fünfjahresplan noch Sinn, wo alles unberechenbarer geworden ist?
Planung bleibt wichtig, aber vielleicht eher in Dreijahresschritten. Insgesamt ist viel mehr Flexibilität nötig, auch mal mit klaren Entscheidungen von oben, um schnell agieren zu können.
Der beste Weg, um Talente zu entdecken und zu fördern?
Schildere mir nicht nur das Problem, sondern biete mir auch deinen Lösungsvorschlag an, sage ich meinen Mitarbeitern. So kann ich am besten ihr Potenzial erkennen.