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Famiglia moderna

Wie in keinem anderen Land sind in Italien Familienunternehmen bestimmend – gerade in der Mode. Dabei heißt es längst nicht mehr, dass Generation an Generation übergeben muss – die Globalisierung hat dem alten Muster eine neue Dimension verliehen. Text: Martina Müllner-Seybold. Illustration: Claudia Meitert@Caroline Seidler

Generationen sind in Italiens Modeindustrie prägend: Nicht nur als Businessmodell – in den allermeisten Fällen sind die Betriebe in Familienhand. Auch in der Produktion lebte die besondere Expertise der Betriebe lange davon, dass Mutter oder Vater an Tochter oder Sohn den Erfahrungsschatz weitergaben, den sie sich in langen Jahren in ihrem „mestiere“ erarbeitet hatten. Doch junge Menschen, die ihr Leben lang in einer Produktionsstraße an einer Nähmaschine sitzen wollen, gibt es kaum noch. Hier ist die neue Generation an Inhabern und Managern gefragt, Lösungen zu finden. Hervorragend ausgebildet, international erfahren und sensibel für die Bedürfnisse der Exportmärkte, sind sie es, die das Land in die Zukunft führen. Mit Marken, die nicht mehr nur im Inland performen müssen, sondern international konkurrenzfähig sein wollen. Dazu hat man sich viel Wissen in Sachen Organisation angeeignet. Paolo Xoccato, gemeinsam mit seinem Bruder Giorgio Inhaber von Xacus: „Wir sind den Deutschen und Österreichern heute viel näher, als das früher der Fall war – nicht nur durch die offenen Grenzen, sondern auch in ihrer Mentalität. Früher war alles hinter dem Brenner eine andere Welt für uns, heute sind wir unseren Nachbarn im Norden viel ähnlicher.“ Als typisch italienisch zu gelten, ist im Stil eine Auszeichnung, in der Unternehmensstruktur nicht mehr. „Firmen sind gut beraten, sich global auf möglichst viele verschiedene Beine zu stellen, denn so bleiben sie immer im Gleichgewicht, wenn eines wackelt“, sagt Giovanna Furlanetto, Präsidentin von Furla. Gerade erst von einer Reise nach Korea zurückgekehrt, ist Marco Berni, CEO von Antonelli, beeindruckt von Megakonzernen wie Samsung, deren Fabriken ganze Städte bilden. „Die Modebetriebe in Italien sind alle in der Provinz und das ist fast sinnbildlich für unser Problem im internationalen Wettbewerb. Jeder bleibt in seinem Dorf, fast alle Unternehmer hängen stark von der Unternehmerpersönlichkeit ab. Es gibt nicht das Unternehmen, es gibt den Unternehmer. Global gesehen sind wir alle kleine Lichter.“ Der Übergang von einem Familienunternehmen zur börsennotierten Weltmarke steht bei Woolrich an, dessen Geschicke in den vergangenen Jahren immer stärker von WP Lavori in Corso aus Bologna gestaltet wurden. Mit ihrer Weltgewandtheit und Tradition bevorzugt geschichtsträchtige Marken aus den USA mit italienischem Gusto wiederzubeleben, hat das Duo aus der Unternehmerin Cristina Calori und dem kreativen Kopf Andrea Canè eine abenteuerliche Reise hinter sich gebracht – und jetzt ein gänzlich neues Kapitel vor sich. Wundern Sie sich also nicht, wenn in den folgenden Artikeln ein gebürtiger Italiener sagt: „Wir sind eine amerikanische Marke.“

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