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Schnelle Entscheidungen und solide Wurzeln

Furla „Schnelle Entscheidungen und solide Wurzeln“

der Hand, Paolo kümmert sich ums Kreative. Gemeinsam und zur Marke reifen lassen.

Das Familienoberhaupt Giovanna Furlanetto hat aus Furla eine Weltmarke geformt. Giovanna Furlanetto ist bei Furla als Presidente ranghöchstes Mitglied der Unternehmensleitung. In allen operativen Verantwortungsbereichen mit externen Managern ausgestattet, die Familie im Aufsichtsrat –so hat sich die Marke aus Bologna zum Global Player aufgeschwungen. Interview: Martina Müllner-Seybold. Fotos: Furla

War es immer klar, dass Sie bei Furla einsteigen würden?

Mein Einstieg geschah völlig natürlich mit 16 Jahren. Ich ging noch zur Schule, als mich mein Vater fragte, ob ich nachmittags ein, zwei Stunden in der Firma arbeiten könnte. Schritt für Schritt wurde das mehr.

Was sind heutzutage die Vorteile eines Familienunter nehmens?

Man kann sehr schnell Entscheidungen treffen, was in unserer schnelllebigen Zeit wichtig ist. Und man hat solide Wurzeln, was mindestens genauso bedeutsam ist. Wir haben über viele Jahre alle Gewinne reinvestiert und das wäre unter einem Management, das auf Renditenmaximierung aus ist, bestimmt nicht so gewesen. Ich glaube auch, dass Familienunternehmen den Mitarbeitern mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen – denn alleine gelangt man nirgendwohin. Man muss seine Weggefährten unbedingt spüren lassen, dass sie nützlich und wichtig sind – und das nicht nur in Form eines Bonus bei Zielerreichung. Wir haben ein großes Programm für unsere Mitarbeiter gestartet, das Stimuli bieten soll, aber eben nicht nur auf dem klassischen Weg. Wir bieten eine zusätzliche Kompensation für jeden Mitarbeiter, den

In Bologna, wo alles begann, hat Furla seine Büros in einer Villa aus dem 18. Jahrhundert.

Mit der Fondazione Furla fördert das Unternehmen Nachwuchskünstler von internationalem Format.

Zweck kann er sich selbst aussuchen – das können die Kosten für den Kindergarten sein, das kann Hilfe bei der Altenpflege sein, das kann aber auch ein persönliches Weiterentwicklungsprogramm sein. Das sind kleine Signale, mit denen wir unterstreichen wollen: Ihr seid uns wichtig, euer Beitrag macht Furlas Erfolg erst möglich.

Wann kam der Punkt, an dem klar war, dass Sie ein exter nes Management einsetzen w ürden?

Als die Herausforderungen gestiegen sind – also mit zunehmender Internationalisierung und aufgrund der rasanten Veränderung der Welt. Es ist unrealistisch, dieses Wissen innerhalb der Familie oder des Unternehmens zu erwarten, denn auf neue Fragen braucht es eben auch andere Antworten. Wir holen uns also neues Wissen und die Chance auf Verbesserung an Bord – etwas, was ich sehr schätze. Denn auch ich lerne. Jeden Tag. Je mehr das Unternehmen wächst, umso wichtiger wird die Qualität unserer Mitarbeiter – nicht nur im Management. Ihr Mindset, ihr Studium, ihre Vorerfahrung, alles das ist wichtig, egal, ob in der IT, im Design, im Vertrieb oder in der Administration. Dann liegt es an uns, all diese Skills zu einem harmonischen Ganzen zu führen und den Erfahrungsschatz unserer Mitarbeiter nicht nur zu nutzen, sondern weiter zu vergrößern.

Auf welche Ziele schwören Sie Ihre Manager ein?

Generell machen wir Dreijahrespläne, aber schon das ist bei sich so schnell verändernden Märkten eine echte Herausforderung. Die Welt verändert sich rasant und daher verändern sich auch die Ziele. International zu operieren, bedeutet kontinuierliche Anspannung, es kommen dauernd irgendwelche Probleme um die Ecke. Mal das Embargo gegen Russland, mal neue Zölle in China – der Fluss der Verkäufe verändert sich permanent. Da ist es umso wichtiger, dass man global sehr breit aufgestellt ist, weil man dann die Schwankungen besser abfedern kann.

Furla hat zwei Seiten: in Familienhand, aber mit familienfremdem Management. Wie kam es dazu?

Es war natürlich kein einfacher Schritt. Wir haben viel diskutiert und irgendwann gemeinsam beschlossen, dass es richtig ist, dass sich die Familie überwiegend aus dem operativen Business zurückzieht und stattdessen im Aufsichtsrat ihre wichtige, strategisch lenkende Rolle ausfüllt. Wir haben einen sehr aktiven Aufsichtsrat, dem auch schon die nächste Genera

Erst gemeinsam mit seiner Frau, danach mit den drei Kindern: Aldo Furlanetto gründete 1927 einen klassischen Familienbetrieb.

tion angehört, und seine Rolle ist nicht hoch genug zu schätzen – für das Jetzt, damit das Unternehmen nach bestimmten Prinzipien agiert, und für die Zukunft, damit strategische Entscheidungen fallen.

Wenn Sie nochmal 16 wären – würden Sie es wieder so machen?

Ich schätze mich sehr glücklich, ich habe mir nie den Kopf zerbrechen müssen, was ich einmal mache. Von meinem Vater habe ich die Prinzipien und die Werte dieses Unternehmens gelernt und ich lebe sie bis heute.

Welche Werte sind das?

Aus allen Bereichen: Der Einsatz und die Passion, niemals stehen zu bleiben, der Respekt vor den Menschen, das habe ich schon ganz früh aufgesogen und verinnerlicht.

Ist es ein struktureller Voroder Nachteil, dass in Italien so viele Modeunternehmen in Familienhand sind?

Ich glaube, dass sich Vor- und Nachteile die Waage halten, unser Weg ist sicher nicht für alle richtig. Ich glaube fest daran, dass bei der Übergabe bedacht werden muss, dass Unternehmen ab einer gewissen Dimension einfach externe Personen brauchen. Jedes Unternehmen muss feststellen, wann es diesen Punkt erreicht hat. Wir, die wir sehr auf die Retail-Expansion fokussiert sind und hier groß investieren, brauchten jemand, der sich in dieser Welt bewegen kann. Der CEO muss die Welt sehr gut kennen, es reicht nicht nur die Stadt zu bestimmen, in der wir eröffnen wollen. Manchmal entscheidet die linke oder rechte Straßenseite über Erfolg und Misserfolg. Hat man dieses Know-how nicht selbst, muss man es sich ins Unternehmen holen und selbst zurückstehen. Firmen sind gut beraten, sich global auf möglichst viele verschiedene Füße zu stellen, denn so bleiben sie immer im Gleichgewicht, wenn ein Fuß wackelt.

Furla: 2017 feiert Furla sein 90-jähriges Bestehen: Gegründet von Aldo Furlanetto in Bologna, hat das Unternehmen unter Führung seiner drei Kinder einen internationalen Wachstumskurs eingeschlagen. Heute steht Giovanna Furlanetto dem Unternehmen als Präsidentin vor, das operative Geschäft leitet CEO Alberto Camerlengo. Für 2016 gab das Unternehmen eine Umsatzprognose von 422 Millionen Euro aus. Furla ist in mehr als 100 Ländern aktiv, betreibt 444 Geschäfte und wird dieses Ladennetz parallel zum Wholesale-Geschäft weiter ausbauen. Rund 1.700 Mitarbeiter arbeiten weltweit für Furla. Der holistische Ansatz des Unternehmens zeigt sich in der Fondazione Furla, die junge Künstler fördert. www.furla.com

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