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Ab einem bestimmten Moment muss klar sein, wer das
Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Übergabe eines Unternehmens an die nächste Generation?
Norbert Pühringer,Team Retail Excellence: Einen optimalen Zeitpunkt gibt es nicht, ich würde eher von einem Zeitraum sprechen. Einerseits ist eine gute Einarbeitung hilfreich, damit sich Nachfolger schrittweise einarbeiten, Kompetenzen erwerben und Vertrauen bei der Mannschaft aufbauen können. Andererseits muss ab einem bestimmten Moment klar sein, wer das Kommando hat. Eine Einarbeitung über ein bis zwei Jahre mit einer klar definierten Übergabe erscheint mir als sinnvoller Ansatz.
Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Risiken für Unter nehmen?
Das größte Risiko ist eine nur scheinbare Übergabe des Gründers, der in Wirklichkeit im Hintergrund immer noch die graue Eminenz spielt. Die Mitarbeiter wissen dann nicht, welcher Richtung sie folgen sollen. Ich habe mehrere Beispiele erlebt, bei denen diese Situation zum Scheitern des Unternehmens geführt hat. Ein zweites Risiko ist die fehlende Kompetenz eines Sohnes oder einer Tochter für die Chefposition, die jedoch weder vom Gründer noch von den Nachfolgern gesehen werden will. Es ist keine Schande, sondern zeugt von Größe, wenn Familien erkennen, wer für eine Position als Geschäftsführer geeignet ist und wer nicht. Ein Nachfolger kann auch im Aufsichtsrat als Eigentümer seine Interessen wahrnehmen, ohne das Unternehmen tagtäglich durch hohen Wellengang steuern zu müssen. Ein erfahrener, kompetenter Fremdmanager ist allemal besser als ein unerfahrener, den Anforderungen nicht gewachsener Nachfolger aus der Familie.
Und was raten Sie in diesem Fall?
Ein schwacher Familienmanager als Nachfolger kann durch ein gutes Managementkollegium und eine gute zweite Reihe kompensiert werden, solange der Nachfolger seinen Führungsanspruch nicht wirklich auslebt. Eine dauerhaft gute Lösung ist es jedoch in der Regel auch nicht, weil die Mitarbeiter ein unglaubliches Sensorium für Stärken und Schwächen der Führung haben und im Zweifel selbst eher desorientiert werden, was ihre eigene Position und Haltung in der Regel schwächt.
Welchen Rat würden Sie Mitarbeitern „zwischen den Stühlen“ geben?
Das ist immer eine schwierige Situation. Es gibt allerdings auch eine ganz einfache und klare Antwort darauf: Fokus auf den eigenen Einflussbereich. Ein Manager in der zweiten Reihe wird ein familiäres Problem bei der Eigentümerfamilie nicht lösen können. Daher macht es auch keinen Sinn, sich damit zu beschäftigen. Wer seine Verantwortung in seinem Einflussbereich wahrnimmt, macht das Richtige und sendet damit auch wichtige Signale an die Eigentümer aus. Er kann regelrecht zum Vorbild für integres, verantwortungsvolles Verhalten werden. Und Vorbilder wirken nicht nur nach unten, sondern auch nach oben. Auch wenn es schwerfällt, seinen Einflussbereich proaktiv zu gestalten und alles dafür zu tun, die Eigentümerfamilie zu unterstützen, es ist die einzige Chance, um schwierige Situationen positiv zu beeinflussen. Die Reißleine kann man dann ziehen, wenn die eigene, klar definierte rote Linie überschritten wird. Keine Alternative ist Jammern, Hadern und Schuldzuweisungen nach oben. Das führt garantiert in die falsche Richtung.
Inwieweit muss man bei Übergaben auf persönliche bzw. familiäre Strukturen Rück sicht nehmen? Wie würde ein optimaler Prozess aussehen?
Es gilt, frühzeitig zu klären und darüber offen zu sprechen, wie die jeweils persönliche Motivation des Gründers und der potenziellen Nachfolger aussieht. Jeder Beteiligte braucht ein klares Verständnis für die Perspektiven und die Interessen des anderen. Auf gegenseitigem Verstehen kann eine gute Lösung gebaut werden, die die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt. Oft sind die Interessen unterschiedlich gewichtet und der Gründer ist zum Beispiel eher bereit, früher als geplant loszulassen, wenn er merkt, dass seine Leistungen hohe Wertschätzung erfahren. Es sind selten die finanziellen Dinge, die die größten Hürden sind, sondern häufig sehr menschliche Faktoren wie Wertschätzung, Anerkennung, Beteiligung und Kontrolle über den Prozess. Der optimale Prozess beginnt mit einem von allen Parteien getragenen Interessenausgleich. Wir sprechen vom Wollen. Parallel muss sichergestellt werden, dass die Nachfolger auch das Können mitbringen. Im Zweifel heißt das eben eine längere Einarbeitungszeit oder die Abgabe an einen Fremdmanager. Dann geht es um eine glasklare Kommunikation mit allen Stakeholdern über den Prozess, den Zeitpunkt und die Rollen der Beteiligten. Last but not least, es muss so gehandelt wie kommuniziert werden, damit bei allen Beteiligten das Vertrauen wächst, dass auch die nächste Generation das Unternehmen erfolgreich führen kann.
Team Retail Excellence Das Düsseldorfer Beratungsunternehmen Team Retail Excellence unterstützt Brands und Retailer der Modebranche bei der Entwicklung erfolgreicher Geschäftsmodelle. Die Berater verbinden dabei ihre Kompetenzen zu Unternehmensstrategie, Vertriebs- und Einkaufsmanagement mit ihren langjährigen Erfahrungen zur erfolgreichen Gestaltung von Veränderungen.