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Wir haben noch viel Potenzial
Ulli Ehrlich führt das Unternehmen in Kitzbühel in zweiter Generation.
Sind die eigenen Wurzeln immer auch Segen? Die Marke Sportalm Kitzbühel kommt traditionell aus der Tracht und aus der Skibekleidung und hat sich darüber hinaus als internationale Modemarke etablieren können. Das 65-jährige Firmenjubiläum nehmen Geschäftsführerin Ulli Ehrlich und style in progress Chefredakteur Stephan Huber zum Anlass, über Erreichtes und künftige Ziele zu sprechen, und darüber, was es heißt, als Frau und fünffache Mutter ein Unternehmen zu leiten. Interview: Stephan Huber. Text: Nicoletta Schaper. Fotos: Volksbank Tirol/Berger, Sportalm Kitzbühel
Vor 15 Jahren haben Sie begonnen, Sportalm Kitzbühel aus der Trachtenund Skiwelt hinaus als Fashionmarke zu positionieren. War die Entscheidung dazu eine Notwendigkeit?
Es war eher intuitives Gespür mit der dazu notwendigen Unbefangenheit, einen solch mutigen Schritt zu gehen. Hätten wir gründlich überlegt und Marketingstudien in Auftrag gegeben, hätten wir es wahrscheinlich gelassen und wären nie so weit gekommen. Es freut uns natürlich sehr, dass es uns geglückt ist, einen einzigartigen Stil in die Welt zu tragen.
Wie gelingt das einem vergleichsweise kleinen Familienunternehmen?
Unsere große Stärke ist unser Werteempfinden und dass wir mit eigenem Produktionsbetrieb und made in Europe auch für Nachhaltigkeit stehen, etwas, für das die Konsumenten immer sensibler werden. Das gibt uns ein gewisses Rüstzeug für die Zukunft.
Ist die Herkunft Tracht und Ski eine Hürde, noch dazu wenn die Marke aus Kitzbühel stammt?
Es kann eine Hürde sein, wenn impliziert wird, dass unsere Mode nur mit Walk oder Loden zu tun hat. Das war aber lediglich anfangs im deutschsprachigen Markt so. Heute stehen wir für eine einzigartige Handschrift im Design. Wir können nur Sportalm und wollen nur Sportalm, wir können unsere DNA nicht verleugnen, zumal immer noch 30 Prozent unseres Umsatzes auf die Skimode entfallen und zehn Prozent auf die Tracht. Unser stärkstes Standbein ist heute die Mode, mit der wir auch international erfolgreich sind, zum Beispiel in Tschechien, wo man uns auf Anhieb als coole Marke wahrgenommen hat, ohne uns auf das Thema Tracht zu reduzieren.
Was der Marke auf lange Sicht zugute kommt, ist der allgemeine Trend in Richtung Sportivität und damit verbun den Funktionalität.
Mit unserem Know-how sind wir in der Lage, Mode und Funktion miteinander glaubwürdig zu verbinden, etwas, was anderen Modemarken schwer oder gar nicht gelingt. Bei einem Sportalm-Parka ist es selbstverständlich, dass er auch mal Wind, Regen oder Schnee aushalten muss. Bei einer Schulung in unserem Showroom hat einer der Verkäufer zu mir gesagt, dass die Daunenjacke der Marke XY viel weicher sei. Weil die Funktion fehlt, habe ich geantwortet, denn sobald man Nylon technologisch ausrüstet, bekommt die Ware mehr Stand. Das hat ihm sofort eingeleuchtet, es war für ihn ein richtiges Aha-Erlebnis.
Gab es auf dem Erfolgsweg auch herausfordernde Phasen?
Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten im russischen Markt haben uns schon zu schaffen gemacht, zumal der Markt wichtig für uns ist. Gleichzeitig haben wir mit der Insolvenz von Sport Eybl 2014 einen großen Handelskunden verloren. Dass sich beides miteinander verbunden nicht existenziell auf Sportalm ausgewirkt hat, ist der konservativen Finanzpolitik meines Vaters Wilhelm Ehrlich zu verdanken. Wir haben daraufhin alle Kosten einer genauen Prüfung unterzogen, unsere Märkte analysiert und natürlich die Kollektion optimiert. Das hat uns wieder auf Kurs gebracht.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Wir haben noch viel Potenzial sowohl in den bestehenden Märkten als auch in künftigen. Meine Vision: Sportalm Kitzbühel als Lifestylemarke zu etablieren. Auch wenn der Begriff abgedroschen sein mag, kenne ich keinen besseren. Und ich bin überzeugt, dass wir mit unserem Gesamtpaket das Zeug dazu haben. Unsere Heritage, unser Standort Kitzbühel, der für Sportivität und Traditionsverbundenheit mit einem Hauch Glamour steht, verleihen der Marke die Emotion, die es heute braucht, um erfolgreich zu sein. Sei es in China, wo wir aktuell mit unserer Skiwear starten, oder in unseren Stammmärkten, wo wir vorrangig mit unseren Handelspartnern weiterwachsen wollen.
Frauen in Führungspositionen sind selbst in unserer frauendominierten Branche eine Seltenheit. Wären nicht gerade Sie prädestiniert, sich in die eigene Zielgruppe stärker einzufühlen?
Es stimmt, es ist nicht logisch, dass Männer Unternehmen führen, in denen es in erster Linie um Frauen geht. Aber als Frau in führender Position zu arbeiten, ist schon auch sehr familienfeindlich. Ich selbst habe als Unternehmerin den Luxus der Betreuung meiner fünf Kinder und darüber hinaus die Unterstützung meiner Familie. Außerdem kann ich mir meine Zeit selbst einteilen, ich will bei der Schultheateraufführung oder beim Skirennen dabei sein und ich kann meinen Sohn abholen, wenn ich wie heute morgen einen Anruf von der Schule bekomme, dass er krank ist. In einer Angestelltenfunktion hätte ich diese Flexibilität nicht. Ehrlich gesagt, weiß ich auch nicht, wie ich es fände, eine Angestellte wie mich mit fünf Kindern zu haben. Umso größer ist mein Respekt vor alleinerziehenden Müttern, die alles allein stemmen müssen!
Also scheitert die echte Gleichberechtigung auch in unserer Branche an der gläsernen Decke?
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Schon. Es mag Firmen wie Google gelingen, den Frauen Kinderbetreuung zu bieten, aber als Modeunternehmen können wir uns das nicht leisten, zumal wir nicht die Gewinnmargen eines Technologieunternehmens haben. Abgesehen vom Thema Kinder stehen die Frauen sich immer noch selbst zu oft im Weg. Männer sagen: „Ich“ und trommeln sich sprichwörtlich auf die Brust. Frauen hingegen sagen: „Wir“ und sind zu bescheiden, die eigene Leistung herauszustellen. Auch ich ertappe mich dabei! Zum Erfolg gehört Unternehmertum und die nötige Risikobereitschaft. Egal, ob Mann oder Frau: Das Glück ist mit den Tüchtigen, und dieses Glück braucht es auch, damit die Saat aufgeht
Sportalm steht heute vor allem für Mode, ohne je den Markenkern Tracht und Skibekleidung zu verleugnen.
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Luxury Contemporary – die zwei Linien Plein Suds verschmel- zen zu einer, die von casual bis Abendkleid eine große Bandbreite abdeckt und auch um Schmuck, Schuhe und später Handtaschen erweitert wird.
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Plein Sud. 1 + 1 = 1+
Nach der Übernahme durch die italienische MMB Group präsentiert sich Plein Sud mit neuem Setting. Ein neues Management und finanzielle Ressourcen sollen die Entwicklung der Marke anschieben. Die zwei Linien wurden fusioniert, gemeinsam will man sie zu neuer Stärke führen. style in progress hat mit CEO Gaetano Sallorenzo über seine Pläne gesprochen, die Marke als Luxus-Contemporary-Anbieter zu repositionieren. Text: Martina Müllner-Seybold. Fotos: Plein Sud
Der Anruf kam für einen wie ihn nicht überraschend: Gaetano Sallorenzo hat internationale Managementerfahrung für Marken wie Giorgio Armani, Calvin Klein, Replay, Stuart Weitzmann oder zuletzt Giambattista Valli. Klar, dass die allesamt aus der Mode stammenden Investoren hinter der MMB Group einen solchen Highflyer auf dem Radar haben. „Plein Sud hat mich gepackt: Die Marke hat eine große Geschichte, selbst in schwierigen Momenten hat die Markenwahrnehmung nie Schaden genommen. Sie hat eine loyale Anhängerschaft, sowohl unter tollen Händlern als auch bei den Endkonsumenten. Dieses Potenzial zu stärken und auszubauen – darauf freue ich mich.“ Der erste strategische Schritt mag einschneidend wirken: Die beiden Linien Plein Sud und Plein Sud Jeanius wurden fusioniert. „Wir integrieren nun verschiedene Aspekte der Garderobe in eine starke Marke – die rund 180 Teile starke Kollektion wird vom casual Jeans- und Sweatshirt-Outfit bis zur Abendrobe eine breitere Palette zeigen. Das entspricht der Art, wie sich moderne Frauen heute kleiden: Sie lieben es, zu kombinieren, der Markt verändert sich stark.“ Als Luxus-Contemporary-Anbieter geht es Gaetano Sallorenzo dabei nicht um den Preis, „sondern immer um das Produkt und seine Wertigkeit. Frauen verstehen den Wert der Ware, sie kaufen, wenn sie sich von der Qualität angesprochen fühlen.“ Um diese zu gewährleisten, ist die Produktion in Italien essenziell: „Wir arbeiten mit kleinen Fertigungsbetrieben, das sind wahre Künstler. Weil unsere Design-, Marketing- und Produktteams vor Ort und persönlich mit diesen Leuten arbeiten können, entsteht Innovation – und die ist heute so wichtig. Innovation aber kommt immer aus dem Produkt, ergibt sich im Gespräch: Können wir diese schöne Lederjacke noch mal waschen, um ihr Modernität zu verleihen? Und am nächsten Tag hat man einen Prototypen in den Händen, der genau diese Besonderheiten an sich hat, die in der DNA von Plein Sud liegen.“
Alte Stärke, neue Stärke Mit seinem starken, femininen, niemals niedlich-weiblichen Look ist die Marke von beeindruckender Modernität. 32 Jahre immer relevant geblieben zu sein, für diese Leistung muss man vor Gründer Fayçal Amor den Hut ziehen. „Dieses Erbe wird jetzt noch um neue Struktur, junge Talente, frische Energie ergänzt“, freut sich Gaetano Sallorenzo. „Wir sind auf dem Weg zur Lifestylemarke, zeigen schon diese Saison eine ergänzende Schmuckkollektion und ab Herbst Schuhe, später stehen noch Handtaschen auf dem Plan.“ Im Vertrieb setzt die Marke auf ein sensibles Vorgehen. „Unsere Ziele sind im Moment nicht von Zahlen getrieben. Wir sagen nicht: Wir müssen unsere aktuell 150 Händler weltweit verdoppeln. Auch unsere Investoren haben mit der Marke langfristige Absichten. Selbstverständlich freuen wir uns, wenn wir wachsen, aber das wollen wir sensibel und richtig tun.“ In Deutschland und Österreich begleit die ACO Modeagentur diesen Weg. „Wir haben ACO-Geschäftsführer Michael Schulz als jemanden kennen gelernt, dem wir in der Neustrukturierung voll vertrauen“, streut Gaetano Sallorenzo Rosen. Für die Schweiz gibt es mit Ianiz Coriza, in Belgien mit Fashion Club 70 ähnlich etablierte Vertriebspartner. Zunächst wird die Kollektion in den Showrooms gezeigt, im September sucht Plein Sud mit seinen Kollektionshighlights in Paris und Mailand das Scheinwerferlicht der Fashion-Week-Laufstege. „Auch das ist ein Teil der DNA, auch das wird eine Evolution sein“, schwelgt Gaetano Sallorenzo in Vorfreude.