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Zur sinnlichen Wahrnehmung der Welt

Subnet lädt jedes Jahr im Rahmen seines Artist-in-Residence (AIR) Programms Künstler:innen nach Salzburg ein, um vor Ort zu arbeiten und ihre Kunst auszustellen. Begleitet wird der Prozess von einem Austausch mit hier ansässigen Künstler:innen, Wissenschaftler:innen und der Öffentlichkeit. Vor allem durch die Einbindung und Kooperation mit dem Center for Human-Computer Interaction (HCI) der Paris Lodron Universität Salzburg generiert subnet dadurch einen Austausch von Kunst und Wissenschaft von besonderer Qualität. Das Wissen und die Expertise des HCI trifft auf künstlerische Sensibilität und Gestaltungsqualität.

Die eingeladenen Künstler:innen werden in einem Jury-Prozess ausgewählt und kommen aus unterschiedlichen Sparten der Medienkunst. Gemeinsam zeichnet sie als Künstler:innen aus, dass sie neben ihren kognitiven und handwerklichen Fertigkeiten vor allem Expert:innen der Wahrnehmung sind. Sie sind darauf sensibilisiert in Bildern, Tönen, Materialien, in ihrer Umwelt, in sich selbst und den Menschen um sie herum, Dinge zu erkennen und zu spüren. Die Wahrnehmung der Welt in ästhetischen Kategorien spiegelt sich in ihren Arbeiten, in denen ebendiese Welt durch die Augen, Ohren, Sinne der Künstler:innen auf unsere eigenen Sinne übertragen und erfahrbar gemacht wird.

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Mein Dank gilt allen beteiligten Künstler:innen, dem Jury-, Kurations- und Produktionsteam, Matthias Gruber von Fräulein Flora und den vielen weiteren Personen, die durch ihre Mitarbeit am AIR Programm und der Ausstellung zu einer sinnlichen Wahrnehmung der Welt beigetragen haben.

Marius Schebella

Vera Sebert

The Book you are looking for does not exist

2019, interaktives Webzine

Im Format eines interaktiven Webzine werden medienspezifische Eigenschaften von Sprache im virtuellen Raum untersucht. Entscheidend ist dabei die Eingriffsmöglichkeit über die digitale Nutzeroberfläche ins Sprachmaterial als sinngebender Moment. Die virtuelle Umgebung ermöglicht Sprachstrukturen, deren Semantik softwarebasiert unmittelbar über die User:in erzeugt oder modifiziert werden kann. Lesen, Sprechen, Schreiben, Zuhören fallen in einem einzigen performativen Akt zusammen.

Vera Sebert studierte an der Hochschule für bildende Künste Braunschweig, an der Akademie der bildenden Künste Wien sowie der Universität für Angewandte Kunst Wien. Künstlerische Arbeiten in den Grenzbereichen von visuellen Medien, Sprache, Film, Computerprogrammen: Der Programmcode erlaubt die Adaption aller anderen Medien, deren Eigenschaften im virtuellen Raum imitiert, fragmentiert und neu montiert werden. Das Hybrid legt die kategorische Trennung zwischen künstlerischer Bild- und Textproduktion bloß und schafft einen Raum für Experimente, die das Geflecht von Code, Bild, Ton und Sprache in einer digitalen Umgebung ausloten.

Klaus Erika Dietl und Stephanie Müller

Rohbau mit Aussicht, Topsy-turvy in der Leistungshölle 2020 fortlaufend, mehrteilige Installation (Objekte, Textil, Video, Sound), Video, 2 Episoden mit Gesamtlänge ca. 18 Minuten

Welche Fenster öffnen sich, wenn wir es uns – on standby – im Wartezimmer nicht länger bequem machen? Klaus Erika Dietl und Stephanie Müller vom MEDIENDIENST LEISTUNGSHÖLLE haben

Lust, im Austausch mit Interessierten am Erzähldiktat zu reiben und neu zu fokussieren. Im Zuge des vierwöchigen subnetAIR Artist in Residency Programms entwickelten sie Szenarien für neue Möglichkeitsräume. Stück für Stück gestaltete das Künstler:innenduo eine performativ bespiel- und verhandelbare Rauminstallation, einen „Rohbau mit Aussicht“. Dieser sollte gemeinsam mit interessierten Besucher:innen im Zuge von audiovisuellen Aufnahme-Sessions erlebbar werden. Mitten im kollaborativen Treiben zog der erste Lockdown Anfang März 2020 den Stecker im Rohbau. Die Türen sollten vorerst verschlossen bleiben. Doch die Pause wurde zur kreativen Reibungsfläche. Statt „just for safety on standy“ zu bleiben, gingen Klaus Erika Dietl und Stephanie Müller im „edit mode“ auf die Reise. Es wurde umgekabelt im

Textile Häute verdichten sich zum Ausschlag. Im Auge der Kamera werden sie zur Landschaft. Die tragende Säule wird zum Elefantenfuß. Der Lamellenvorhang wird zum Tränenspender. In Video- und Soundimpulsen bekommt die Elefantin ein Sprachrohr und entzieht sie so den gewaltvollen Blicken der Anderen.

MEDIENDIENST LEISTUNGSHÖLLE.

Anknüpfend an erste Video- und Soundaufnahmen, die während der Residency noch umgesetzt werden konnten, entstand in den vergangen beiden Jahren eine neue Werkserie: „Elegie einer Elefantin“. Wie viele Schichten braucht die Haut eine:r Künstler:in, um im Alltagszirkus bestehen zu können? Klaus Erika Dietls und Stephanie Müllers Werkserie nimmt an verschiedenen Stellen Bezug zur frühen Geschichte des Films. Dabei nehmen sie auch Anteil am Schicksal der Elefantin Topsy. 1903 wurde Topsy in Coney Island von der Filmcrew Edisons im Kampf um die Vorherrschaft der Stromanbieter öffentlich mit Strom hingerichtet und gefilmt. Das Kameraauge war hier Richter und „Gaffer“ zugleich. Ganz anders bei Dietl und Müller. Im Ausstellungsdisplay rückt die Elefantin auf poetische Weise in den Fokus.

Klaus Erika Dietl und Stephanie Müller schätzen die Splitter im Gewebe und kratzen am Konkreten. Der MEDIENDIENST LEISTUNGSHÖLLE ist die Münchner Basis des Duos. Im Austausch mit weiteren Künstlerkolleg:innen, Wissenschaftler:innen und sozialen Projekten arbeiten die beiden an der Schnittstelle zwischen künstlerischer Forschung und Praxis. Der MEDIENDIENST LEISTUNGSHÖLLE versteht sich dabei als nomadische Spiel- und Werkstätte. Objekte und Installationen werden zu bespielbaren Angriffsflächen. Mal tauchen sie in filmischen Arbeiten auf, dann werden sie zu performativen Requisiten im öffentlichen Raum. Dietl und Müller sind seit vielen Jahren in der Münchner Subkultur aktiv. Des Weiteren zeigen sie ihre Performances und Mixed Media Projekte in Einrichtungen wie der documenta Halle, dem Staatstheater Darmstadt, der Frankfurter Schirn und der Berliner Akademie der Künste. Seit März 2020 sind sie Teil des interdisziplinären Forschungsprojekts „Räume kultureller Demokratie“ am Kunstschwerpunkt des Mozarteums und der Universität Salzburg.

Stefano Mori

Indoor Rain

2020, Visuell-akustische Installation (Holztisch, eingebautes Lichtsystem, 3 Glas- und 3 vergoldete Tonvasen)

Schon immer haben Völker Unterkünfte gebaut, um sich vor den äußeren meteorologischen Bedingungen zu schützen. Dadurch haben die Menschen an den Antipoden die Idee von zwei streng getrennten Welten hervorgebracht: die Innenwelt – eine Welt des Komforts, der Sicherheit und Vorhersehbarkeit – und die Außenwelt – die Welt der Natur, des ständigen Wandels und der Unvorhersehbarkeit. Dennoch wurde der Mensch durch diese Unterscheidung nach und nach – sowohl physisch als auch psychisch – von seinem primären Lebensraum abgekoppelt, dem Raum, der ihn geboren hat und der letztlich sein Leben reguliert: die Natur. Mittlerweile verbringt der Mensch durchschnittlich 90% seines Lebens in Innenräumen, was bedeutet, dass wir natürliche meteorologische Veränderungen und den Lauf der Zeit meist nur in Form von Schwankungen der Sonnenlichtintensität erleben.

„Indoor Rain“ ist eine Installation, die die Möglichkeiten untersucht, die Menschen im Innenraum wieder mit den äußeren meteorologischen Veränderungen der Natur in Verbindung zu bringen.

Stefano Mori studierte Architektur und begann nach seinem Abschluss 2013 eine siebenjährige Zusammenarbeit mit Studio Anna Heringer und Lehm Ton Erde-Martin Rauch, zwei renommierten Firmen, die sich auf Erdarchitektur (Lehmbau) spezialisiert haben . In dieser Zeit war er sowohl für die Planung als auch für den Bau von Projekten in Afrika, Bangladesch, Indien, China, Deutschland, Österreich und Italien verantwortlich.

2018 gründete Mori das transdisziplinäre Designbüro FAR-MS, das sich auf Architektur bis hin zu Innenraum- und Produktdesign spezialisiert hat und arbeitet seit 2020 als Senior Artist im Fachbereich Bildende Künste und Gestaltung an der Universität Mozarteum.

Stefan Tiefengraber

01V96

2020, LPs, Video & Audio-Video Noise Performance, 5:31 Minuten

Bei diesem no-input Projekt bedient sich Stefan Tiefengraber, wie schon bei der Performance AG- MX70 DDX3216, einer experimentellen Herangehensweise, um das Eigenrauschen der verwendeten Geräte in Strukturen zu formen und diese wieder zu dekonstruieren. Eine digitales Audiomischpult, vormals weit verbreitet jedoch heute aufgrund von neuen technischen Entwicklungen abgelöst, wird zu einem geschlossenen Kreislauf, indem das Eigenrauschen in Feedbackschleifen als Ausgangspunkt verwendet wird und die Ausgänge des Mischpults wieder an die Eingänge desselben angeschlossen werden. Durch die interne digitale Signalverarbeitung werden diese Signale zum Oszillieren und Übersteuern gebracht, wodurch rhythmische Figuren entstehen, die an einen Beat erinnern. Die Funktion des Geräts, welche genau definiert und in der Betriebsanleitung anhand von Anwendungsbeispielen formuliert ist, wird durch die nicht vorherbestimmte Verwendung des Geräts erweitert. Dadurch entstehen neue und unerwartete Ergebnisse, die durch das Experimentieren mit unterschiedlichen Verbindungen der Ein- und Ausgänge am Mischpult und den unterschiedlichen Einstellungen am Gerät erzeugt werden. Dieses Projekt ist stetig in Entwicklung, neue Verbindungen und Settings kombiniert mit einer experimentellen Herangehensweise durch „trial and error“ lassen neue Klänge entstehen.

Bislang hat der Künstler fünf Stücke mit dieser Methode ausgearbeitet, die in einer ungefähr 40 Minuten langen Performance aufgeführt werden. Da das Mischpult die Möglichkeit besitzt, über MIDI Signale gesteuert zu werden, kommt ein Mikrocontroller zum Einsatz, der an bestimmten Stellen der Performance die Werte des integrierten Equalizers automatisiert steuert. Dies unterstützt den Performer, zwischen Improvisation und vorab gespeicherten Szenen gezielt Werte an das Mischpult zu schicken. Die visuelle Komponente der Performance ist eine direkte Übersetzung des analogen Audiosignals in ein analoges Videosignal, welches je nach Lautstärke und Frequenz in horizontalen weißen Balken dargestellt wird. Ein breites Spektrum an Frequenzen, kombiniert mit einem flackernden Videobild, wird in den Aufführungsraum verbreitet, mit einer starken Wirkung auf die Körper des Publikums, um eine immersive Erfahrung zu schaffen.

Stefan Tiefengraber lebt und arbeitet in Linz/ Österreich. Nach sechsjähriger Beschäftigung bei einer TV- und Filmproduktionsfirma verlegte er 2010 den Lebensmittelpunkt nach Linz zum Studium an der Kunstuniversität Linz. 2012/13 folgte ein einjähriger Austausch an der Korean National University of Arts in Seoul/Korea und 2015 ein sechsmonatiger Residency (MMCA Changdong) Aufenthalt in Seoul/Korea. Seit 2016 ist er Organisator von Klangkunstkonzerten und Mitbegründer des Tresor Linz. 2020 war er Jurymitglied des Prix Ars Electronica. Tiefengrabers Arbeiten wurden bereits auf zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen gezeigt. New Media Gallery (Vancouver/Canada), Galerie gerken (Berlin/ Germany), Japan Media Arts Festival 2021, Tokyo/ Japan, Ars Electronica Festival 2021 (Linz/Austria), 16th Media Art Biennale WRO 2015 (Wroclaw/ Poland) u.v.m..

Artefakte

2020-2022, Serie mit 7 Arbeiten

[f.1; f.2; f.3; f.4; f.5; f.6; f.7]

Bei den ausgestellten Stücken handelt es sich um bearbeitete Funde aus dem Raum Hallein, die zwischen 2020 und 2022 aufgelesen wurden. Die Bearbeitung der Objekte wird auf das 21.Jh. datiert. Ein Teil der Objekte (f.1-f.5) wurde aus synthetischem Material (Polystyrol) angefertigt, das unbekannter Herkunft ist. Ursprünglich dürfte es sich bei den Polystyrol- Artefakten um Objekte gehandelt haben, die beim Transport von zerbrechlichen Gegenständen zum Schutz vor Bruchschäden eingesetzt wurden. Die Gestaltung der Artefakte lässt jedoch eine andere Nutzung vermuten. Bei den Funden f.6 - f.7 handelt es sich um grobkörnige Platten aus Beton, wie sie in dieser Zeit für gewöhnlich zur Pflasterung von Außenbereichen verlegt wurden. Auffällig sind auch an diesen zwei Fundstücken die auf der Rückseite eingeritzten Spuren, welche eine andere Widmung nahelegen. In der Anordnung lassen sie an ein Zeichensystem oder einen Code denken. Entschlüsselungsversuche dieser haben bislang keine Ergebnisse gebracht.

Lukas Gwechenberger ist Medien- & KonzeptKünstler mit besonderem Interesse an der Verformung und Verfremdung von Material, Raum und dessen Wirkung. Bei seinen Werken handelt es sich vorwiegend um ortsbezogene Auseinandersetzungen, die in Gestalt von Installation, Sound, Fotografie und Video umgesetzt werden (Ausstellungen u.a. im Kunstverein Salzburg, Fotohof, Kunstraum fünfzigzwanzig, KG Freiräume, Kunstraum pro arte, Saline Hallein). Er ist Mitglied der in Hallein ansässigen Ateliergemeinschaft atelier ///, Teil des Teams um die Musikreihe Performing Sound und des Teams um die Zeitschrift archipel.

Simon Whetham

Closed System

2020, Dokumentationsvideo, 12 Minuten

Aus einem ausrangierten Computergehäuse, das er auf der Straße in Marseille in Frankreich fand, untersuchte Simon Whetham 2020 das klangliche Potenzial des Flüssigkühlsystems als LivePerformance-Instrument. Dafür entwickelte er ein Arduino-Programm, das die Pumpenmotoren sporadisch aktivierte und diese eine Zeit lang mit konstanter Geschwindigkeit laufen ließ. Teile des Systems wurden mit Kontaktmikrofonen und kleinen Nierenkapseln verstärkt, um die verschiedenen Details und Eigenschaften zu verstärken. Die Mikrofone wurden in Ableton Live eingespeist, wo automatisierte Hüllkurven die Lautstärke und Entzerrung änderten. Dazu wurden einige subtile Plugin-Effekte hinzugefügt, um die Klänge zu verändern. Der Computer wurde zum Interpreten und veränderte die Live-Signale in Echtzeit.

Der britische Sound Artist Simon Whetham setzt seit 2005 Klangaktivitäten als Rohmaterial für seine Kreationen ein. Dabei verwendet er Umgebungsgeräusche und setzt eine Vielzahl von Methoden und Techniken ein, um oft unbemerkte und verborgene Klangphänomene zu erhalten. Wenn er seine Arbeit in einer Performance oder Installation präsentiert, werden der Raum und die darin befindlichen Objekte für ihn zu Instrumenten, mit denen er spielt. Seine künstlerischen Untersuchungen haben ihn dazu veranlasst, zunehmend in multidisziplinären Projekten zu arbeiten, was dazu führt, dass seine Arbeit visueller und greifbarer wird. Gegenwärtig erforscht Whetham Möglichkeiten, die physischen Spuren von Klang und sich wandelnden Energieformen festzuhalten.

Katsuki Nogami

Skin Records

2021, Abbildungen auf natürlichen Objekten & Dokumentationsvideo, 6:20 Minuten

Das Bild wird zu einem einzigartigen Werk. Durch UV-Drucke seiner über die Jahre gescannten Gesichtsabbildungen manifestiert der japanische Künstler Katsuki Nogami sein Antlitz, ähnlich einem Grabstein auf einem Stein, der für die Zukunft hinterlassen wird. Katsuki Nogami erzählt dazu: „Ich fertigte diese Arbeit an, als ich während der Ausrufung des Ausnahmezustands in Kyoto, Japan, am Residency-Programm teilnahm. Ich fühlte mich in dieser Stadt wie ein Fremdkörper, also entschied ich mich, meine Haut mit einem UV-Drucker auf natürliche Objekte in der Stadt zu drucken. Seit einigen Jahren sammle ich meine täglichen Skins mit einem 2D-Scanner. Man kann mit einem Filter wie bei Instagram leicht Details aus dem Gesicht entfernen, auch wenn die Kameras eine hohe Auflösung haben. Einige Gesichter behalten dadurch ihre Originalität nicht, das bedeutet, dass die Bedeutung des Körpers immer geringer wird. Es ist ein Konflikt zwischen Idealen und Technologie. Aber ich vermisse meine hässlichen Poren, weil sie gleichzeitig auch meine Identität sind. In diesem digitalen Zeitalter wird alles digitalisiert. Sogar der Körper wird eines Tages verschwinden. Deshalb wollte ich einige Gegenstände als Beweis für mein Dasein hinterlassen. Obwohl die Diskriminierung, der ich während meines Studiums im Ausland ausgesetzt war, mich zögern ließ, mein Gesicht als meine Identität preiszugeben, habe ich einen Weg gefunden, mit der Gesellschaft umzugehen, indem ich mein Kunstwerk, das mein Alter Ego darstellt, im öffentlichen Raum platziert habe.“

Katsuki Nogami wurde 1992 in Japan geboren. Er war Teilnehmer an Olafur Eliassons Institut für Raumexperimente an der Berliner Kunsthochschule und Forscher am Topological Media Lab der Concordia University. 2015 schloss er sein Studium an der Musashino Art University ab. Seine Arbeiten wurden bei FILE und WRO , Scopitone, International image festival Spain, Ars Electronica, Sapporo International Art Festival und Roppongi Art Night gezeigt. Er kreierte verschiedene Filme („group_ inou“, „EYE, You‘ll Melt More!“, „Hamidasumo Remix“), war Teil der JAPANESE MOTION GRAPHIC CREATORS 100 people (2015) und beendete 2017 seine Ausbildung als Sauna-Spa-Wellness-Berater.

Katsuki Nogami

Skin Records

2021, VR-Video, 6:27 Minuten

Selfies entfernen sich immer mehr von der Realität. Make-up und Filter und erweiterte Realität entfremden im Namen der gewünschten Authentizität. Details werden versteckt, anderes wird hervorgehoben. Die ansteigende Spannung zwischen Wunsch und Entwicklung lässt eine entgegengesetzte Bewegung vermuten. Es entsteht ein Konflikt, ein Riss. Aus dieser neuen Realität entsteht eine unnatürliche Natürlichkeit, zwischen Echt, Ideal und Technologie. Somit stellt sich immer dringlicher, nachhaltiger und verwirrender die Frage: Was ist unser Körper? Korreliert derselbe mit unserer Selbstwahrnehmung, unserem digitalen Bild und Wünschen?

Katsuki Nogami’s Akne stand zwischen ihm und der Welt. Die von ihm wahrgenommene Unzulänglichkeit seiner Haut drängte ihn ins Digitale.

Katsuki Nogami reflektierte viel und entwickelte einen Komplex, der ihn dazu brachte, immer tiefer über sich selbst und sein Bild nachzudenken.

Jeden Tag scannte er sein Gesicht, um sich und seinen Komplex festzuhalten, da dieser auch immer mehr ein Teil seiner Identität wurde. Aber gescannte Gesichter sind durch die verwendete Technologie eingeschränkt. Katsuki Nogami musste sein Gesicht immer wieder in einen quadratischen Scanner legen. Das Paradox wurde immer sichtbarer, dass je mehr uns die Technologie befreit, desto mehr wird unser Körper durch die Technologie vom Endgerät/-ort eingeschränkt. Aus diesen Gedanken heraus erstellte Katsuki Nogami 2021 das VR-Video „Skin Records“ in dem die Erweiterung und Limitierung des Körpers in den neuen Technologien zum Thema gemacht wird.

Nora Jacobs

Ctenophora

2022, Installation im öffentlichen Raum mit 360°Unterwasser-Videoaufnahmen

Die Welt ist bunt, die gesellschaftliche Norm ist es nicht. Intergeschlechtlichkeit wird immer noch als behandlungsbedürftig angesehen und nicht als Ausdruck geschlechtlicher Vielfalt; anders im Tierreich. Dass es nicht nur zwei Geschlechter gibt, sondern viele, ist eine These, die Nora Jacobs in ihrer künstlerischen Arbeit auf vielfältige Weise untersucht. Für das Projekt „Ctenophora“ schlüpften Apnoe-Taucher:innen aus Wien und Salzburg in die Haut der Ctenophora (Rippen- oder Kammqualle) und kopierten deren Bewegungen. Die Ganzkörperanzüge bestehend aus Second Hand Strickpullovern, die mit wasserfesten LED-Lichtern durchwoben wurden, ahmten einen Farbeffekt nach, der bei Ctenophora vorkommt, wenn sie ihre Wimpernplättchen schlagen. Es entstand eine 360° Unterwasser-Videoaufnahme, die in der eigens dafür konzipierten mobilen Rotunde im öffentlichen Raum auf der Rasenfläche Nähe der Stadtgalerie Lehen vom 29. 9. bis 2.10.2022 präsentiert wurde. Dieses Projekt wurde vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, der Stadt Wien Kultur und dem Otto Mauer Fonds gefördert.

Nora Jacobs hält sich in den Bereichen Bildende Kunst, Theater und Video auf. Sie arbeitet als Performerin und Videokünstlerin und kreiert großformatige installative Werke. Bevor sie 2017 ihr Diplom mit Auszeichnung an der Akademie der Bildende Künste Wien bei Heimo Zobernig abschloss, ging sie an die Academy of Circus Arts - Europe’s only traveling circus school und machte einen Bachelor in Schauspiel an der Norwegian Theatre Academy mit einem Erasmusaustausch an der Züricher Hochschule der Künste. Sie ist Mitbegründerin der feministischen Performance Gruppe HEATHERS, die im Herbst 2022 beim SLASH Film Festival in Wien aufgetreten ist. Sie war ArtStart Stipendiatin der Akademie der bildenden Künste Wien sowie START Stipendiatin für Medienkunst. Residenzen brachten sie u.a. nach Zürich an die Rote Fabrik, auf ein Frachtschiff über die Ostsee und in die Sahara Wüste von Marokko. 2020 nahm sie beim DIE IRRITIERTE STADT – ein Fest der Künste in Stuttgart teil. 2021 war sie u.a. zu sehen beim Vorbrenner Festival, SCHÄXPIR Festival, Grünspan – Plattform für Kunst und Kultur im Drautal und im Rahmen von subnetAIR 2021 | MediaART Salzburg.

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