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Margarethe Maierhofer-Lischka
from Media.Art.Realities
by subnet
Sprechmaschinen
2022, Installation, diverse Objekte
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Sprechende Devices und künstliche Stimmen sind längst zu einem selbstverständlichen Teil unserer Lebenswelt geworden. In der Diskussion um selbstlernende künstliche Intelligenzen verschwimmen zusehends die Grenzen zwischen menschlichen Kompetenzen und den Fähigkeiten moderner Technologien. Die Installation „Sprechmaschine“ unternimmt eine klanglich-visuelle Taxonomie historischer und moderner Sprechapparate. Diese reicht von Kempelens und Darwins Sprechmaschinen im 18. Jahrhundert bis hin zu heutigen Algorithmen und Tools zur Stimmsynthese und Sprachsteuerung, und enthält neben Stimmaufnahme auch Ausschnitte aus Beschreibungen und Dokumentationen über die Apparaturen ihrer Erzeugung. In der Resynthese und Montage von Phonemen und Lauten ergeben sich Klangmuster, die zwischen Mensch, Maschine und Tierlaut changieren. Die Arbeit spielt ironisch mit dem natürlich-künstlichen Charakter (Doris Kolesch) der menschlichen Sprache und macht auf das Wesen von Sprache und Stimme jenseits des Menschlichen und Klanglichen aufmerksam. Elektronische Schaltkreise werden in der Gestaltung mit analogen und haptischen Materialien wie Papier, Farbe und Garn kombiniert und ergeben eine Serie von drei imaginären anatomischen Darstellungen.
Margarethe Maierhofer-Lischka ist Musikerin, Performerin, Klangkünstlerin und Wissenschaftlerin. Sie erstellt Arbeiten für das Radio, auf der Bühne und wirkt in zahlreichen Kollektiven und Gemeinschaftsprojekten mit (u.a. Vorstand von mur.at – Verein für Netzkultur Graz).
2020 vollendete sie ihren PhD in Musikästhetik zu Klanginszenierungen im zeitgenössischen Musiktheater (KUG Graz) und sie ist Gründerin, Dramaturgin und Mitglied des Ensemble Schallfeld Graz. Radiokunstarbeiten von ihr wurden u.a. beim Datscha-Radio-Festival Berlin sowie tomorrows transmissions (England) ausgestrahlt.
Sie kuratiert „Kopfkino“, eine Sendereihe für experimentelles Livehörspiel und Soundperformance im Freien Radio Graz. Für ihre Arbeit wurde sie u.a. mit dem lime_lab Förderpreis für Experimentalhörspiel, dem Theodor-Körner-Preis sowie dem Karlheinz-Stockhausen-Preis ausgezeichnet. Ihre wissenschaftlichen Forschungsschwerpunkte sind Sound und Musik am Schnittpunkt verschiedener Medien und performativer Formate, sowie auditive Kulturgeschichte. Zudem hat sie zahlreiche Texte in Kunstmagazinen und wissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht.
Silvia Rosani und Tom Jacques
Starting from the vibes
2019, Videodokumentation, 04:09 Minuten
Bei „Starting from the Vibes“ wurden die Grenzen eines Vibraphons anhand von Hardware und Software erweitert. Dabei zielte die Untersuchung darauf ab, Kontrolle über die Hüllkurve des Instrumentalklangs zu erlangen und dem Interpreten eine Reihe von Möglichkeiten zur Beeinflussung der Klangfarbe und der räumlichen Klangabbildung zu geben. Konkret wurden bestimmte Klangstäbe bei bestimmten Einstellungen stimuliert und damit die Schwingung einer Gruppe von Klangstäben des Vibraphons aktiviert – wie bei den Registern einer Orgel – oder eine Gruppe von Motoren, die auf andere Objekte im Raum einwirken.
Ein weiterer Aspekt des Projekts bestand darin, die Software, entwickelt von Silvia Rosani, so zu gestalten, dass sie die Möglichkeit bietet, den Klang des Instruments entsprechend der Anzahl der Lautsprecher/Ausgänge im Raum durch eine Reihe von vorbereiteten Konfigurationen räumlich zu gestalten und ein Midi-System zu verwenden, um Klänge zu programmieren, die auf die Anregung durch die Klangstäbe reagieren.
Silvia Rosani studierte Komposition am Konservatorium in Italien und an der Universität Mozarteum in Salzburg und machte gleichzeitig einen Abschluss in Elektrotechnik. Sie promovierte an der Goldsmiths University of London, wo sie seit Jahren als Dozentin tätig ist. Ihre Musik wird international von Ensembles wie dem ÖENM, den Neuen Vocalsolisten und dem Ensemble NAMES sowie von Solisten wie der Cellistin Esther Saladin und der Pianistin Anna D‘Errico aufgeführt. Ihre Arbeiten werden bei Festivals wie der Biennale von Venedig und Salzburg, MATA, ECLAT und dem Huddersfield Contemporary Music Festival aufgeführt. Silvia Rosani war zu Gast an der Akademie Schloss Solitude, Le Vivier, und am Center for Human-Computer-Interaction in Salzburg und nahm an einem EASTN-DC-Aufenthalt am ZKM teil, um eine Installation zu entwickeln, die neuronale Netze und das Internet der Dinge kombiniert, um die Erfahrung eines dysfunktionalen Smart Home zu simulieren, das von anderen Handelnden als uns selbst gesteuert wird. Anfang 2021 war sie auch im SWR Experimentalstudio (Freiburg, Deutschland) und im Zentrum für Neue Medienkultur RIXC (Riga, Lettland - EMAP/EMARE) zu Gast, wo ihre interaktive Installation AmotIon live auf dem YouTube-Kanal des Zentrums zu sehen ist und über ihre App ausprobiert werden konnte. Silvia unterrichtet derzeit elektronische Musikkomposition an den Konservatorien in Novara und Benevento (Italien).
Tom Jacques ist ein Multiinstrumentalist und Sound Artist. Seine Arbeit bewegt sich zwischen Komposition, Improvisation, Performance und Design von Klanggeräten, hauptsächlich in den Bereichen zeitgenössische Musik, Jazz und Schlagzeug. In den letzten 8 Jahren hat er mit verschiedenen Künstler:innen und Techniker:innen zusammengearbeitet, um seine eigenen Musikinstrumente und Klanginstallationen zu entwickeln.
Tom Jacques gehört zur neuen Generation kreativer Künstler in Quebec. Viele seiner persönlichen Projekte und musikalischen Ensembles wurden vom Conseil des Arts et Lettres du Québec und dem Canada Council for the Arts anerkannt und unterstützt. 2017 erhielt er den Bas-Saint-Laurent Best Newcomer Award (2017). Tom ist künstlerischer Leiter des Percussion-Trios Bascaille, künstlerischer Co-Leiter des Jazz-Quartetts Manta und Mitglied der GGRIL (Grand Groupe Régional d‘Improvisation Libre, was so viel bedeutet wie „große regionale Gruppe für freie Improvisation“).
Als Musiker, Komponist und Berater arbeitet er regelmäßig mit Künstler:innen aller Couleur zusammen und engagiert sich stark in der kulturellen Gemeinschaft. Derzeit ist er Präsident von Arte Tracto und Direktor von Culture du Bas-Saint-Laurent.
AIR artists-in-residence Programm
Stadt Salzburg - Kooperation mit subnet MediaArt Residency & Grant
Seit 1986 bietet die Stadt Salzburg Künstler:innen aus Salzburg im Rahmen des AIR Austauschprogramms die Möglichkeit einer künstlerischen Auszeit im Ausland. Im Gegenzug ist sie Gastgeberin für internationale Künstler:innen. Rund 500 lokale und internationale Künstler:innen haben in diesen 36 Jahren bisher an diesem Austausch partizipiert. Die Intention dieser besonderen Kulturförderung ist es, den Künstler:innen die Möglichkeit zu bieten, neue Eindrücke und praktische Erfahrungen zu sammeln und diese künstlerisch zu verarbeiten. Der Aufenthalt soll darüber hinaus dazu dienen, Kontakte zu knüpfen und daraus ein künstlerisches Netzwerk entstehen zu lassen. Um das Programm über die Jahre lebendig und kreativ zu erhalten, gibt es immer wieder wechselnde Partner und neue Kooperationen. Eine solche besteht seit 2017 mit subnet. Mit dem MediaArt Grant wird jährlich ein:e internationale:r Medienkünstler:in für einen Monat eingeladen, um in Salzburg zu arbeiten und sich zu vernetzen. Das Stipendium beinhaltet einen Aufenthalt im Stadt:Atelier im Künstlerhaus, einen finanziellen Zuschuss und Arbeitsmöglichkeit in den Laboren des Center for Human-Computer Interaction (HCI).
Um die Ergebnisse dieser Aufenthalte und Arbeiten für Interessierte sichtbar zu machen, hat das Ausstellungsformat „be my guest“ des AIR Programms den Medienkünstler:innen in der Stadtgalerie Lehen bereits zweimal eine öffentliche Plattform geboten. Im Sinne der Intention, Medienkunst als Schnittstelle von Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft zu definieren, hat es sich subnet zur Aufgabe gemacht, eine Plattform für Medienkunst und experimentelle Technologien zu sein. Die künstlerische Auseinandersetzung mit digitalen Technologien und ihren gesellschaftlichen Auswirkungen und der öffentliche Diskurs dazu stehen dabei im Fokus. Wir sehen gespannt zukünftigen Gastkünstler:innen entgegen!
Mag. a Martina Greil Kulturabteilung
Leiterin AIR Programm Stadt Salzburg
subnetAIR - subnet Artist in Residency Programm
subnet, die Salzburger Plattform für Medienkunst und experimentelle Technologien, widmet sich der Förderung von künstlerischer und kultureller Auseinandersetzung mit experimentellen Technologien und ihren gesellschaftlichen Auswirkungen. Mit dem Schwerpunkt „Kunst, Material, Forschung“ im Spannungsfeld Kunst und Wissenschaft hat subnet in den letzten Jahren Künster:innen Aufenthalte in Salzburg ermöglicht. subnet ist ein Kleinstverein. Um passende Arbeitsplätze wie Werkzeuge und einen qualitativen Austausch zu ermöglichen, gehen wir wiederholt Kooperationen mit der Universität Salzburg, besonders dem Center for HumanComputer Interaction und in den letzten Jahren auch der FH Salzburg und dem Mozarteum ein. Im Kontext des subnet Jahresprogramms ergänzt sich subnetAIR mit der Dialogreihe subnetTALK. Dabei behandelt subnetTALK die theoretischen Hintergründe und gibt den Impuls für eine gesellschaftliche Diskussion, wohingegen im Residency Programm subnetAIR die künstlerische Praxis und der Arbeitsprozess ihren Platz haben, flankiert von Austausch- und Gesprächsangeboten. Jede:r Künstler:in wird angehalten, am Anfang eine „Meet the Artist“ Vorstellrunde anzubieten und am Ende im „exitTALK“ die Residency und das Projekt öffentlich zu reflektieren.
Ziel ist es, neben guten Arbeitsbedingungen für die Künstler:innen, Einblick zu geben, Verständnis aufzubauen, Verbindungen herzustellen und Mehrwert für alle Beteiligten zu schaffen. Unser wichtigster Kooperationspartner in Salzburg ist das Center for Human-Computer Interaction (Center for HCI). Wir haben das Privileg, unsere subnetAIRs in den Rahmen der vierzig Forscher:innen des Zentrums zu setzen und so auf der persönlichen Ebene natürlich Synergien zwischen Kunst und Wissenschaft herzustellen. Dabei profitieren Künstler:innen vom Fachwissen und den Arbeitsbedingungen am HCI, und umgekehrt wird die Forschungsarbeit am HCI aufgelockert und bereichert, indem Künstler:innen nach anderen Gesichtspunkten vorgehen, aus anderen Perspektiven und frei von technischen Vorgaben, bzw. weil sie vielen Themen auch die notwendige emotionale Dimension geben können. Seit sechs Jahren konnten wir dank dem MediaArt Grant der Stadt Salzburg unser Angebot des Residency Programms von drei auf vier Künstler:innen erweitern. Die Sichtbarkeit wird durch die Kooperation mit der Stadtgalerie Lehen im Rahmen von „be my guest“ erhöht und bietet so in regelmäßigen Abständen professionelle Ausstellungen mit dazugehöriger Publikation. subnetAIR ist auf diese Weise ein kleines Programm, welches aber durch Zweck- wie inhaltliche Kooperationen einen großen Mehrwert ermöglicht. Durch unsere Partner kann sich subnet auf die Erweiterung des bereits Vorhandenen konzentrieren und fördert Kunst, Austausch und Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Expert:innen aus Kunst, Wissenschaft und Forschung. Die Jahre 2020 bis 2022 waren alles andere als normal. Zugangsbeschränkungen machten unseren eingespielten Prozess beinahe unmöglich. Unsere Kooperation mit der Schmiede Hallein erlaubte uns aber alle subnet AIRs umzusetzen und auch den Austausch mit dem Center for HCI zu gewährleisten, aber wir freuen uns auf ein „normaleres“ 2023 in dem wir wieder alle unsere Möglichkeiten ausschöpfen dürfen.
Rüdiger Wassibauer
Geschäftsführer subnet - Salzburger Plattform für Medienkunst und experimentelle Technologien
Publikumsansichten: Vernissage (29.09.23, 19:00 Uhr)
Zu den Autor:innen:
Marius Schebella arbeitet als Künstler und Forscher an der Schnittstelle von Kunst, Wissenschaft und Technologie. Seine künstlerischen Arbeiten umfassen Kompositionen, Sound- und Video-Installationen und interdisziplinäre Kollaborationen. Seit 2019 widmet er sich gemeinsam mit Gertrud Fischbacher speziell der Verknüpfung von Textil und Sound, was 2022 in ein 3-jähriges künstlerisches Forschungsprojekt (PEEK) mündete. Seit 2008 ist er als Forscher an der FH Salzburg tätig und darüber hinaus seit mehreren Jahren als Obmann des Vereins subnet und war als solcher unter anderem in die Programmierung der Medienkunstfestivals Basics und Digital Spring involviert. 2008 schloss Marius Schebella sein Studium „Integrated Digital Media“ an der New York University mit einem Master of Science ab. Davor absolvierte er u.a. den Lehrgang für Computermusik und elektronische Medien an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien.
Kerstin Klimmer-Kettner arbeitet seit über zehn Jahren erfolgreich als Kulturmanagerin für verschiedene Kulturvereine sowie an eigenständigen Kulturprojekten (Ausstellungen, Buchprojekte, spartenübergreifende Veranstaltungsreihen wie beispielsweise White Noise in Kuchl, ORTung in Hintersee). Abgeschlossenes Studium der Betriebswirtschaft und der Kunstgeschichte an der Universität Innsbruck und Angers (Frankreich). Derzeit Kuratorin im kunstraum pro arte Hallein, Vorstand im Tennengauer Kunstkreis, Projektleiterin bei der Schmiede Hallein - verein zur förderung der digitalen kultur, Mitglied im Landeskulturbeirat Salzburg, Lektorin für Ästhetik und Kulturtheorie an der FH Salzburg, Fachbereich MultiMediaArt. Ehemals stellvertretende Vorsitzende der IG Kultur Österreich, Vorsitzende des Fachbeirats für Bildende Kunst Land Salzburg, interimistische Leiterin der Tiroler Künstlerschaft. Lebt und arbeitet in Salzburg.
Impressum subnet – Salzburger Plattform für Medienkunst und experimentelle Technologien
Ulrike-Gschwandtner-Str. 5 A-5020 Salzburg www.subnet.at
Kuration und Redaktion: Kerstin Klimmer-Kettner und Jeanette Römer
Grafik und Layout: Bartholomäus Traubeck
Lektorat: Jeanette Römer
Bilder: Vera Sebert, Christian Ecker, Stefano Mori, Stefan Tiefengraber, Simon Whetham, Katsuki Nogami, Kerstin Klimmer-Kettner, Jeanette Römer, Nora Jacobs, Fräulein Flora, Martina Greil, Jakob Polacsek, Rüdiger Wassibauer
Bild Rückseite: Rohbau mit Aussicht Mediendienst Leistungshölle (FilmStill), Klaus Erika Dietl und Stephanie Müller (2020)
Druck: Pixartprinting , 2023
Wir bedanken uns herzlich bei allen Fördergebern und Partnern.