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Magazin für Destinationsmarketing in Südtirol
regional ist sexy
Nähe und Herkunft, Tradition und lokale Stärken punkten gerade in Zeiten der Globalisierung
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Südtiroler haben 2011 im eigenen Land Urlaub gemacht
» und haben dabei 438.870 Übernachtungen produziert. Das sind zwar nur 1,5 Prozent des gesamten Übernachtungsaufkommens, aber es zeigt, dass das Angebot hoch geschätzt ist. Bei den Tiroler Nachbarn ist das ähnlich: 235.400 Tiroler urlauben im eigenen Land und produzieren 1,4 Prozent an Übernachtungen. Im Trentino liegt die Zahl deutlich niedriger: 65.908 „Trentini“ produzieren 1,1 Prozent der Gesamtübernachtungen. (Quellen: ASTAT, Tirol Werbung, Trentino Statistica)
Fest in Südtirol verwurzelt „Die Zukunft ist glocal“, lautete vor einigen Jahren ein geflügelter Ausdruck, der die Regionalisierungsbestrebungen vieler Unternehmen in Kurzform zusammenfasste. Und tatsächlich: Regionalität ist keine Modeerscheinung, sondern ein langfristiger Megatrend. Wenn wir aber immer mehr zur Regionalisierung neigen, schadet das dann langfristig nicht sogar den Südtiroler Exportbestrebungen? Werden wir vielleicht sogar kurzsichtiger, beschränkter, protektionistischer? Nein. Regionalisierung dient nicht dazu, Barrieren zu errichten. Ziel von Regionalisierung ist es, Marktsegmente zu analysieren und weiterzuentwickeln, in denen Unternehmen einer bestimmten Region im globalen Wettbewerb Erfolgsaussichten haben. Im Lebensmittelbereich, in der Landwirtschaft und im Bereich der Wintertechnologien liegt Südtirol schon an der Spitze und exportiert mehr Produkte, als es einführt und zwar vor allem deshalb, weil es in diesen Bereichen Herausforderungen seiner alpinen Umwelt angenommen und gemeistert hat. Darum sind Südtiroler Produkte hochwertig und authentisch. Regionalisierung und Globalisierung widersprechen sich also keineswegs. Südtirols Unternehmen können langfristig international nur erfolgreich sein, wenn das, was sie tun, fest in Südtirol verwurzelt ist, denn das kann ihnen auf dem globalen Markt niemand streitig machen. Hubert Hofer, TIS-Direktor
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Genussfestival Südtirol
Hier feiern Ihre Sinne!
genuss festival südtirol Bozen I 24. – 26. Mai 2013 www.genussfestival.it
Inhalt TITEL: Regionalität
MARKETING
8 Denn das Gute liegt so nah Gute Chancen für das Lokale: Nähe und Herkunft, Regionalität und Tradition punkten immer mehr.
26 Global Players am Land Auch internationale unternehmerische Größen sind zufrieden mit dem Standort Südtirol. Ein Rundblick.
16 Eine Frage des Profils Der Gastronomie-Experte Otto Geisel spricht sich für ein klares Profil von Restaurantbetrieben aus.
28 Guter Ruf im Netz Es macht sich bezahlt, wenn Hoteliers ihre Bewertungen im Netz kommentieren. Ein Aufruf.
18 Sensation LaugenRind Die Südtiroler Fleischmarke macht ein gelungenes Zusammenspiel zwischen Landwirtschaft, Handel und Gastronomie vor.
31 Innovation macht Schule Ein innovatives Ausbildungsformat mit viel Fachwissen und praktischer Anwendung gibt es von TIS und Eurac.
20 Top-Qualität für alle Eataly: die Geschichte des erfolgreichen Feinschmeckerkonzepts aus Italien. 24 Aus Südtirol, für Südtirol Das Bemühen um Qualität wird sichtbar: eine Auswahl von Südtiroler Lebensmittel-Labels.
38 Knackige Südtiroler Teil 2 Kontinuität mit neuen Akzenten: Die neue Apfelkampagne im wichtigsten Exportmarkt Deutschland im Visier.
Rubriken 6 7 22 25 34 36 40 42
mailbox made in südtirol blick über den tellerrand meinung marktplatz menschen im visier der medien m wie marke
BLS – Business Location Südtirol A.G., Dompassage 15, 39100 Bozen EOS – Export Organisation Südtirol, Südtiroler Straße 60, 39100 Bozen SMG – Agentur Südtirol Marketing, Pfarrplatz 11, 39100 Bozen TIS – innovation park, Siemensstraße 19, 39100 Bozen Verantwortlicher für den Inhalt: Reinhold Marsoner | Chefredaktion: Barbara Prugger | Redaktion: Maria C. De Paoli, Bettina König, Hartwig Mumelter, Eva Pichler, Gabriela Zeitler Plattner, Cäcilia Seehauser | Koordination: Ruth Torggler | Layout: succus. Kommunikation GmbH | Design-Consult: Arne Kluge | Fotografie: Eataly, Alex Filz, Gerhard Loske, Shutterstock, Jan Terzariol | Illustrationen: Eva Kaufmann; succus. Kommunikation GmbH | Infografik: succus. Kommunikation GmbH | Druckvorstufe: typoplus GmbH, Bozner Straße 57, 39057 Frangart | Druck: Karo Druck KG, Pillhof 25, 39057 Frangart | Zur Abbestellung dieses kostenlosen Magazins genügt eine E-Mail mit genauer Adressangabe an m@suedtirol.info | Eintragung beim Landesgericht Bozen Nr. 7/2005 vom 9. Mai 2005
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ma ilbox
Gelegenheit näher vorgestellt wird. Ziel der regelmäßigen Events ist ein Kennenlernen und Austausch in einem ungezwungenen Ambiente. Nächster Termin: Das Networking Dinner im Rahmen von Prowinter am 18. April. Für Fragen gerne eine E-Mail an event@bls.info.
Normen für alle
„Punto UNI-CEI“ im TIS
150 Südtiroler Sagen in Deutsch, Italienisch und Englisch zum Download für alle
Sagen für Südtirol
Datenbank für ein Geschichtserlebnis
Marketing. Südtirol ist reich an Sagen, die Bergformationen und historische Ereignisse erklären oder auch Geschichten rund um Zwerge, Hexen und Teufel erzählen. Gleichzeitig interessieren sich immer mehr Gäste und auch Einheimische für kulturelle Hintergründe und interessante Geschichten. Südtirol Marketing (SMG) möchte deshalb mit einem neuen Service den touristischen Anbietern, aber auch allen interessierten Einheimischen, eine Auswahl an Südtiroler Sagen bequem zugänglich machen. In einer Datenbank sind 150 Südtiroler Sagen in den drei Sprachen Deutsch, Italienisch und Englisch abgelegt. Kurze, beschreibende Texte zu jeder Sage sorgen für eine schnelle Orientierung. Die Nutzung der Sagendatenbank eignet sich für die touristische Angebotsgestaltung ebenso wie für Schüler, Lehrer und Familien als leicht zugängliche Quelle des Lernens und der Inspiration. Der Download aller Sagen ist kostenlos. www.smg.bz.it/sagendatenbank
Exportfonds startet
Durch finanzielle Sicherheit mehr Export EXPORT. In Zukunft kann sich ein Unternehmen, das einen Auftrag außerhalb der 34 OECD-Länder in Aussicht hat, an die Export Organisation Südtirol (EOS)
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wenden. Sie prüft die Unterlagen und leitet diese an die Österreichische Kontrollbank (ÖKB) weiter, die ein Rating erstellt und eine Garantie-Polizze ausstellt. Damit kann sich der Betrieb wiederum an seine Bank wenden und einen Vorschuss von bis zu 70 Prozent des Auftragsvolumens erhalten. Garantiert wird das System von einem Fonds, der sich nach einer Anfangsdotierung durch das Land Südtirol durch die einbehaltenen Kommissionen finanziert. Deutschland und Frankreich, die über ähnliche Garantiesysteme verfügen, erwirtschaften mehr als die Hälfte des BIPs im Ausland. Dabei spielen die Garantien eine wichtige Rolle. www.eos-export.org/de/news
INNOVATION. Was gehört zu einer professionellen Produktentwicklung? Vor allem auch, dass man sich an die technischen Normen hält. Das garantiert sichere Produkte und Qualität. Die Auskunftsstelle für technische Normen „Punto UNI-CEI“ im TIS innovation park unterstützt Südtiroler Unternehmen bei Informationen über nationale UNI- und europäische EN-Richtlinien sowie internationale ISO-Normen. Egal ob Betonfertigbauteile, Elektrogeräte, Arbeitskleidung oder Duschkabinen: Jedes Produkt hat seine Norm und die Auskunftsstelle „Punto UNICEI“ im TIS hat für jedes Unternehmen die richtige technische Norm parat. Rund 17.000 Normen befinden sich in der Datenbank, zu denen das TIS für die Unternehmer Zugang hat. Auskünfte erteilt TIS-Mitarbeiter Stefano Prosseda, Tel. 0471 068144, (EP) puntouni@tis.bz.it
Networking Dinners
BLS vernetzt Unternehmen
Messeevents. Die Business Location Südtirol (BLS) nutzt Südtirols Messen gezielt, um Unternehmen der verschiedenen Branchen aus dem In- und Ausland miteinander zu vernetzen. Messeaussteller und ausgewählte branchenaffine Südtiroler Unternehmen werden im Rahmen von Klimahouse, Alpitec, Prowinter und Klimaenergy zu Networking Dinners geladen. Veranstaltungsort ist immer ein heimisches ModellUnternehmen der jeweiligen Branche, das den Gästen des Abends bei dieser
Jedes Produkt hat eine Norm
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STECKBRIEF
Produkt: Sechser-Pack Batzen Bräu
Hersteller ��������������������������������������������������������������������������� Batzen Bräu, Bozen Besonderheit ����������������������������� handwerklich gebrautes Bier aus Südtirol Design �������������������������������������������� Agentur succus. Kommunikation, Bozen Absatzmarkt ����������������������������������� vorwiegend Südtirol und Alpenregion, ���������������������������������������������������������������������������������� aber auch in Rom erhältlich Produktionsmenge �������������������������������������� derzeit 3.000 Flaschen/Monat
Sechs glückliche Biere zum Mitnehmen im praktischen Träger für Zuhause gibt es im Bozner Traditionsgasthaus Batzenhäusl sowie im gut sortierten Getränkefachhandel. Das „Batzen Hell“ erinnert an die in Südtirol einst sehr beliebten Märzenbiere. Die „Batzen Weisse“ lehnt sich an die Tradition der südbayerischen Weißbiere an. Das dunkelbraune „Batzen Dunkel“ wird im Stil der früher in den Städten sehr geschätzten schwarzen Lagerbiere gebraut. Braukunst aus altösterreichischer Tradition wird wiederbelebt und neu interpretiert – nur die Rohstoffe werden zum Teil importiert, da sie in Südtirol (noch) nicht angebaut werden. Das Batzenhäusl wurde vor über 600 Jahren erstmals urkundlich erwähnt und gilt damit als ältestes Wirtshaus Südtirols. Robert „Bobo“ Widmann ist hier seit 2002 Wirt. Seit 2012 ist es auch ein „Bräu“. www.batzen.it
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titel: r eg i o n a li t ä t | Denn das Gute liegt so nah
Denn das Gute liegt so nah Verflechtungen, komplexe Systeme, mangelnde Transparenz: Die Globalisierung wird von vielen Menschen als Zumutung empfunden. Und so rücken Nähe und Herkunft, Regionalität und Tradition wieder mehr in den Fokus der Gesellschaft. Local is back!
Text: Maria Cristina De Paoli Illustration: Eva Kaufmann
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m Jänner 2009 ist sie als First Lady sie aber weit über das Schrebergartenins Weiße Haus eingezogen. Knapp Milieu hinaus. Überall dringt das Land zwei Monate später stand Michelle in die Städte vor. In New York florieren Obama bereits mit Gummistiefeln, Dach- und Schulgärten, in Berliner HinHandschuhen und Hacke auf dem Ra- terhöfen entstehen Gemeinschaftsbeesen vor der Präsidentenresidenz in Wa- te, während in den Megacitys der Schwelshington, um gemeinsam mit Schulkin- lenländer urbane Landwirtschaft ohnedern einen 100 Quadratmeter großen hin schon längst zum Stadtbild gehört. Gemüse- und Kräutergarten anzulegen. „In Dakar werden 80 Prozent des GemüSeitdem werden dort – vor allem für den sebedarfs im Stadtraum angebaut“, so Eigenbedarf der First Family – Zwiebeln Trendforscher Horx. „In Shanghai sogar und Brokkoli, Gurken und Salate gezo- 85 Prozent.“ gen. „Die First Lady ist das Posterkind Gastronomisch gesehen zeigt sich die eines globalen Trends zu Eigenanbau Liebe zu lokalen Produkten derzeit aber und Selbstversorgung“, sagt Matthias nicht nur bei Obst und Gemüse. Kleine Horx, Gründer und Inhaber des deut- Brauereien setzen sich mit ihren Bierspeschen Zukunftsinstituts in Kelkheim. zialitäten gegen den Einheitsgeschmack Die Vision einer – auch in urbanen Zent- der Multis durch. Ebenso boomen privaren – nahrungstechnisch autarken Be- te Käsemacher, die ihre Kreationen nach völkerung sei nicht neu. Heute wachse alten Rezepturen verfeinern. » april, mai, juni 2013 | M 9
titel: r eg i o n a li t ä t | Denn das Gute liegt so nah
Eine Rückbesinnung findet selbst in der Gemeinschaft sind zwischen 20 und 30 Haute Cuisine statt. Seit 2010 wurde das Familien angeschlossen. Sinn und Zweck „Noma“ in Kopenhagen dreimal in Folge einer GAS ist der gemeinsame Einkauf. zum besten Restaurant der Welt gekürt. „Wir besorgen alles, was in einem HausIn der konsequent regionalen Küche des halt gebraucht wird – vom ToilettenpaSternekochs René Redzepi kommen we- pier über Kosmetika bis hin zu Pasta und der Olivenöl noch Tomaten, dafür aber Olivenöl“, so Nicoli. Dabei gelten genaue Moose und Flechten, Rinden und Gräser, Kriterien. „Wir kaufen nur direkt bei den Algen und Knospen zum Einsatz. Alle- Produzenten ein. Wir wählen Bio. Und samt Wildpflanzen der nordischen Ve- wir bevorzugen regionale Produkte.“ Wo getation, die einst selbstverständlich dies nicht möglich sei, werde genau regenutzt, deren Qualitäten aber weitge- cherchiert, oder man verlasse sich auf die hend vergessen wurden. Empfehlungen anderer Gruppen. „Das „Jahrelang schien es neben der Glo- ist beispielsweise bei den Orangen so. balisierung kein anderes Thema zu ge- Wir beziehen sie von einem sizilianiben – immer breitere Horizonte, immer schen Bauern, den uns eine GAS vor Ort gewaltigere Dimensionen, immer mehr vermittelt hat.“ Oft sei die Kooperation Verflechtungen“, erklärt Matthias Horx. mit den Produzenten so eng, dass diese Nun rüste das Lokale wieder auf. Als Ant- sogar ihren Anbau nach den Bedürfniswort auf eine Internationalisierung, die sen einer Einkaufsgemeinschaft richten. als bedrohlich empfunden wird. „Dabei „Es werden jene Reis- oder Gemüsesorten wollen sich die Neo-Lokalisten nicht angepflanzt, die die GAS-Mitglieder bevon der Welt abkehren, sondern sie von stellen.“ unten her neu aufbauen. Oder wenigsDie finanziellen Vorteile seien relativ. tens ein Gegengewicht schaffen, dort wo „Da wir immer für alle einkaufen, können es möglich ist, die Dinge und Verhältnis- wir oft einen etwas besseren Preis ausse zu gestalten.“ handeln. Uns geht es aber um viel mehr als nur um einen Mengenrabatt. Wir wollen kurze Transportwege, garantierBewusst einkaufen te Qualität, kleine Kreisläufe und einen „Die Leute wollen ihr Leben wieder in die fairen Handel.“ Zwischen Bozen und PaHand nehmen“, urteilt die Bozner Buch- lermo erleben die GAS derzeit einen autorin und Dokumentaristin Elisa Nico- enormen Zuspruch. Noch größer und li. Im Oktober 2012 hat sie an der Organi- radikaler ist die Bewegung in den USA, sation der „SkonsumOFesta“, der ersten wo der Zugriff auf regionale LebensmitSüdtiroler Öko-Kleidermesse, auf tel als Privileg gilt und die Mitgliedschaft Schloss Maretsch mitgewirkt. Nicoli in sogenannten Foodcoops zum Statusschreibt aber auch Ratgeber und hält Se- symbol wird. Wie bei der „Park Slope minare – über den Einsatz von Wildpflan- Food Coop“ in Süd-Brooklyn, dem älteszen und Kräutern, über „kreative“ Putz- ten Club dieser Art. mittel, die jeder selbst zusammenbrauen kann, über die Wiederverwendung Handel zieht mit bereits ausrangierter Gegenstände. Und: Sie ist aktives Mitglied einer sogenann- Local is back! Aber nicht nur bei den ten solidarischen Einkaufsgemeinschaft, Hardlinern aus den Einkaufsgemeinkurz GAS (gruppi solidari d’aquisto). Ita- schaften. Laut einer Studie der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft lienweit zählt die Bewegung rund 900 (DLG) kaufen 80 Prozent der deutschen Gruppen, die über einen Dachverband Haushalte regelmäßig regionale Promiteinander vernetzt sind. 25 davon sind dukte ein. Ein Trend, aus dem nun auch zwischen Meran, Bozen, Brixen und dem der konventionelle Handel Kapital » Unterland angesiedelt. Jeder Südtiroler 10 m | april, mai, juni 2013
Wein & Terroir Die Herkunft im Glas „Genau genommen waren es die Römer, die als erste eine starke Relation zwischen Wein und Anbaugebiet herstellten“, sagt Helmuth Zanotti, Bereichsleiter „Wein“ der Export Organisation Südtirol (EOS). „Auch weil sie die verschiedenen Rebsorten kaum voneinander unterscheiden konnten, benannten sie die Weine nach der Region, in der sie produziert wurden.“ Seitdem sind der Wein und sein Terroir* „unzertrennlich“. Eine Einheit, die schon früh als schützenswert erachtet wurde. „Eine erste DOC-Regelung (DOC – denominazione di origine controllata, Anm. d. Red.) wurde in Italien bereits in den Dreißigerjahren mit königlichem Dekret eingeführt. Unter den damals berücksichtigten Weinen war auch unser Magdalener“, so Zanotti. Das derzeitige System sei Anfang der Siebzigerjahre in Kraft getreten. Im Schnitt werden in Südtirol heute jährlich 330.000 Hektoliter Wein produziert, über 90 Prozent davon als DOC-Weine. Das eine ist der gesetzliche Rahmen, etwas anderes sind jedoch die Trends in der Produktion und der Geschmack der Konsumenten. „Und hier haben wir in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine starke Nivellierung erlebt“, sagt Helmuth Zanotti.
Unter dem Einfluss neuer Weinländer wie Kalifornien oder Australien und – nicht zuletzt – durch den massiven Einsatz von Barrique-Fässern wurde dem Terroir im Weinglas ein zunehmend marginaler Platz eingeräumt. Plötzlich war jeder Wein perfekt, jeder Jahrgang gleich, und man glaubte, überall alles anbauen zu können. „Unsere jahrtausendealte Weinkultur hat sich schließlich doch noch durchgesetzt“, erklärt Zanotti. „Und so erleben wir heute – zumindest in Europa – eine entgegengesetzte Entwicklung, die die Vielfalt schätzt, die Weine mit Charakter sucht und autochthone Sorten wieder aufleben lässt.“ In diesem Sinne beobachte man derzeit auch im Weinsektor jene Bestrebungen in Richtung Regionalität, wie sie in anderen Branchen zu spüren sind. „Mit dem Unterschied, dass beim Wein nicht nur kleine Kreisläufe angestrebt werden. Wir wollen unseren Wein in die Welt hinaus bringen.“ Heute werden 50 Prozent der Südtiroler Weinproduktion im Land selbst verkauft. „Verkauft und nicht getrunken“, präzisiert Zanotti. Der Tourismus leiste hier eine wichtigen Part, denn viele Gäste packen in ihren Kofferraum vor der Abreise edle Tropfen für zu Hause. *Mit dem kaum übersetzbaren Begriff „Terroir“ bezeichnen die Franzosen das Zusammenspiel von Klima und Boden, das die Eigenschaften der angebauten Kulturpflanzen stark beeinflusst.
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titel: r eg i o n a li t ä t | Denn das Gute liegt so nah
schlagen will. Selbst globale Player setzen auf die lokale Schiene und überfluten den Markt mit entsprechenden Labels. Bei Lidl heißt es „Ein gutes Stück Heimat“, bei Rewe gibt es Lebensmittel „Aus unserer Region“, während Migros den Slogan „Aus der Region. Für die Region“ verwendet. Mit „100% typisch“ kennzeichnet hingegen der Handelsriese Aspiag jene Lebensmittel, die für den Südtiroler Markt charakteristisch sind. Der Schriftzug mit einem stilisierten Schlern im
Hintergrund hängt in den Despar-Geschäften von der Decke, schiebt sich als Regalstopper zwischen die Produkte und ist in der Printwerbung überall dort präsent, wo eine Südtiroler Spezialität abgebildet wird. „Wobei es uns bei diesem Label nicht ausschließlich um die Herkunft geht“, erklärt Geschäftsführer Robert Hillebrand, „sondern auch um Marken und Waren, die für das Konsumverhalten im Land ,typisch‘ sind.“ Mit „100% typisch“ will Aspiag der neuen Sensibilität der Konsumenten
E i n h e i m i s c h i s t g l e i c h h o c h w er t i g Wa s Her k u n f t v er s p r i c h t 75 Prozent der Südtiroler Konsumenten halten einheimische Produkte für besonders hochwertig: Zu diesem Schluss kommt das Bozner Institut für Sozialforschung und Demoskopie Apollis im Rahmen einer Studie zur Qualitätsmarke. Dabei wurde auch das Verhältnis der Verbraucher zur Herkunft von Waren eruiert. „Die strengen Kontrollen, die sorgfältige Arbeitsweise kleiner Betriebe, das günstige Klima, aber auch die hohen Ansprüche der Konsumenten selbst und die weitgehend intakte Natur gelten als wichtigste Faktoren für das Vertrauen in die lokale Produktion“, sagt Ulrich Becker, Mitautor der Studie. Die Qualität sei aber nur ein Grund, heimische Produkte zu bevorzugen. „Neben der Frische durch kurze Transportwege und der höheren Transparenz in den verschiedenen Phasen der Produktion gibt es auch ideelle Werte, nämlich die heimische Landwirtschaft zu unterstützen, die Umwelt zu entlasten, die Kulturlandschaft zu erhalten.“
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und ihrer Sympathie für kleine Kreisläufe Rechnung tragen. Der Konzern führt derzeit vor allem Weine und Obst aus Südtirol. „Auch sind wir ein guter Kunde der Milchhöfe, der Bäckereien und der Lebensmittelindustrie im Land. Und: Alle Fleischwaren der Eigenmarken ,Kaiserhof‘ und ,Sapore mio‘ werden von uns in Bozen hergestellt.“ Dass in Zukunft noch mehr Waren aus der Region in das Sortiment aufgenommen werden, ist laut Hillebrand nicht so einfach. „Täglich bedienen wir allein in Südtirol und
Doch wie weit reicht der Herkunftsvorteil Regionalität? „In der Region selbst ist er natürlich am stärksten“, antwortet Becker. „Wer im Land lebt, kennt die Produkte und weiß über deren Hersteller Bescheid, weil er auch die Möglichkeit hat, sich darüber genau zu informieren.“ Je weiter man sich von einer Region entfernt, desto undefinierter werde das Bild. Als Beispiel nennt Becker einen heimischen Joghurt. „Für uns ist ein Südtiroler Joghurt unverkennbar.“ Für einen britischen Verbraucher sei es, im besten Fall, ein Produkt aus irgendeinem Alpenland – egal ob Schweiz, Südtirol oder Bayern. „Es sei denn, er hat hier Urlaub gemacht“, so Ulrich Becker, der dem Tourismus eine entscheidende Rolle beimisst und für starke Synergien zwischen den Produzenten und dem Tourismus plädiert. „Darin sollte noch mehr investiert werden.“
im Trentino an die 50.000 Kunden. Da betrieben – vorwiegend im kann man sich kein Zufallssortiment Land – hergestellt werden.“ leisten.“ Gerade kleine Produzenten hät- Die Herkunft sei – neben der Qua„Chiemgauer“, ten jedoch Schwierigkeiten, die gefragte „Roland“ oder „Justus“ – lität – die Grundvoraussetzung, um Menge zu liefern. „Außerdem sind deren ins Sortiment aufgenommen zu werden. seit der Einführung des Euro feiern auch Produkte stark saisongebunden. Und „Das ist unser kleinster gemeinsamer lokale Währungen ein Comeback. Die das akzeptieren unsere Kunden nicht parallele Geldwelt wird zwar von vielen Nenner“, sagt Wallnöfer. „Wir haben immer und unbedingt. Beim Kraut mag belächelt, gewinnt aber dennoch Anaber auch eine Vision, und zwar, dass so es passen, bei Marmeladen oder Säften hänger. Um regionale Netzwerke geht es viele einheimische Zutaten wie möglich wird es schon kritischer, wenn die ge- für unsere Produkte verwendet werden. derzeit auch in der Energiefrage. Die suchte Ware nicht das ganze Jahr über Umstellung von einer zentralistischen Was nicht immer so einfach ist. Denken im Regal steht.“ Sie nur an Zucker.“ Ein weiteres Anlie- Versorgung auf eine lokale Produktion gen von „Pur Südtirol“ sei die Weiterent- gilt als die große ökonomisch-ökologische Herausforderung der Zukunft. Ja wicklung von lokalen Erzeugnissen. Als Südtirol pur sogar die Solidarität „goes (mittlerweile) Beispiele nennt Wallnöfer den Apfelsekt Wo Südtirol draufsteht, muss auch Süd- S’Pom vom Obsthof Troidner am Ritten, regional“. Das bestätigt Josef Dariz, Obtirol drinnen sein, so das Credo der Pu- der sich bereits etabliert hat. Er erzählt mann des Bäuerlichen Notstandsfonds. risten von „Pur Südtirol“. „Südtirol ist aber auch von einem neuen Honigwein, „Je konkreter ein Fall ist und je näher er ein Land in den Bergen mit ganz klaren der in Kürze auf den Markt kommen soll. den Menschen steht, desto größer ist Grenzen – und daran halten wir uns das Mitgefühl.“ Den Leuten sei wichtig Die Bereitschaft der Bauern, bei solchen auch“, sagt Ulrich Wallnöfer. „Äpfel aus „Experimenten“ mitzumachen, sei groß. zu wissen, wohin ihr Geld fließe. „Und San Michele, Olivenöl vom Gardasee „Kooperation und Innovation gehen bei dass ihre Spenden ohne lange Umwege oder Schinken aus Sillian wird es bei uns uns Hand in Hand.“ Wobei die Bemü- dort ankommen, wo sie gebraucht wernie geben. Auch wenn uns diese Kohä- hungen von den Kunden auch honoriert den.“ Über ähnliche Erfahrungen kann renz Kunden und Umsatz kostet.“ Vor werden. „Pur Südtirol“ gilt als Erfolgs- auch Monika Thaler, Koordinatorin des drei Jahren hat Wallnöfer gemeinsam Vereins Freiwillige Arbeitseinsätze (VFA), konzept – bei Einheimischen wie bei mit Günther Hölzl den ersten „Pur berichten. Im Vorjahr haben sich insgeTouristen. „65 Prozent unserer Kunden Südtirol“-Genussmarkt in der Meraner samt 2.145 Personen gemeldet, um unsind Südtiroler, der Rest Gäste.“ Freiheitsstraße eröffnet. Mittlerweile entgeltlich auf einem heimischen Berggibt es ein zweites Geschäft in Bruneck, Alles lokal bauernhof mit anzupacken. „27 Prozent einen Großhandel mit Sitz in Lana sowie davon waren Südtiroler – Tendenz steiIm Einkaufswagen zeigt sich die Identi- gend. 2011 lag ihr Anteil noch bei 19 Proeinen Online-Shop. Zur Gruppe gehört auch das Meraner Weinhaus. „Wir füh- fikation mit der Region besonders stark. zent.“ Und während die freiwilligen Helren 1.700 Produkte, die von 250 Partner- Sie findet aber auch anderswo statt. Ob fer aus dem Ausland auf den steilen » april, mai, juni 2013 | M 13
titel: r eg i ona lit ä t | Denn das Gute liegt so nah
Wa s h e i SS t r e g i o n a l ? Eine Definition Die Frage klingt einfach und ist dennoch schwierig zu beantworten: Was heißt „regional“ eigentlich, was darf man darunter verstehen? „Anders als bei ‚bio‘ ist eine einheitliche Definition äußerst komplex“, erklärt Nicole Weik vom deutschen Bundesverband der Regionalbewegung e.V. „Aus unserer Sicht muss jeder Produzent, jede Regionalvermarktungsinitiative zunächst schlüssig definieren, wie groß die Region überhaupt ist.“ Das sei allerdings nicht immer so einfach. Nicole Weik geht von der Situation in Deutschland aus. In den einzelnen Bundesländern seien die Voraussetzungen sehr unterschiedlich:
Bergwiesen vor allem Natur, Ruhe und Authentizität suchen, werden viele Südtiroler vom Wunsch beseelt, sich im eigenen Land nützlich zu machen. „Viele schätzen es, nicht weit reisen zu müssen, um Gutes zu tun“, sagt Thaler. Und weil wir schon bei den Bergen sind: Im Tourismus haben Nahziele deutlich an Bedeutung gewonnen. Und so machen auch immer mehr Südtiroler in Südtirol Urlaub. Mit 107.060 Ankünften und 438.870 Übernachtungen lag ihr Anteil 2011 zwar unter zwei Prozent. In den vergangenen fünf Jahren hat die Zahl der heimischen Gäste im Land allerdings um 27 Prozent zugenommen, wobei die Südtiroler kaum Präferenzen zeigen. Sie bereisen ihre Heimat Winter wie Sommer. „Beide Seiten profitieren von dieser Entwicklung“, erklärt Alexandra Mair, Leiterin der SMG-Abteilung Destinationsmanagement. „Die Südtiroler kennen das touristische Angebot im Land und schätzen es umso mehr.“ Das gelte auch und vor allem für die Gastronomie. „Aber auch die Tourismusbranche freut sich über die einheimische Klientel.“ Derzeit plane die Gruppe der Vitalpina-Hotels Südtirol eine Werbekampagne, die in den lokalen Medien platziert wird und die Südtiroler Gäste ansprechen soll. Als positives Beispiel für den Trend in Richtung Nahziele nennt Alexandra Mair den deut1 4 m | apri l , mai , j uni 2 0 1 3
„Viele Strukturen sind weggebrochen. Es gibt kaum mehr einen Schlachthof oder eine Molkerei.“ Umso schwieriger werde es, eine genaue Gebietskulisse festzulegen. Der Bundesverband der Regionalbewegung hat eine Charta zum Thema verfasst. Demnach müssen regionale Produkte zu 100 Prozent aus der Region stammen oder dort aus lokalen Zutaten hergestellt werden. Aber auch die Vermarktung muss sich lokal abspielen. Und zwar nach dem Prinzip: Aus der Region – für die Region. Wer auch nur kurz im Internet recherchiert, findet durchaus weniger strenge Positionen und einige Kompromisse. In einem Punkt sind sich jedoch alle einig: Regionales ist nur dann glaubwürdig und hat nur dann eine Chance, wenn höchste Transparenz garantiert wird.
schen Markt: „Früher haben die Deut- les dabei – die Ultner Bergbäuerin ebenschen kaum im eigenen Land Urlaub so wie den Architekten aus der Stadt, den gemacht. Mittlerweile ist es sogar chic Bürgermeister und die Hausfrau, den geworden.“ Beflügelt werde die Ent- 70-Jährigen und den Studenten.“ Völlig wicklung nicht zuletzt auch von den vie- unterschiedlich sei auch die Motivation len Unruhen weltweit, die die Menschen der Teilnehmer. „Die einen suchen eine verunsichern. Möglichkeit der Aus- und Weiterbildung, Über Verunsicherung spricht auch die anderen schätzen die Aussicht auf Franziska Schwienbacher. „Die Leute einen Nebenerwerb, andere wiederum haben heute Angst, von großen Syste- haben Interesse an der Tradition. Viele men abhängig zu sein“, sagt die Koordi- wollen ganz einfach etwas verändern, natorin der Winterschule Ulten. Die Ein- weil ihnen das Leben in einer globalen richtung in St. Walburg wurde vor 19 Welt nicht schlüssig vorkommt.“ Jahren gegründet. „Damals sind wir mit 16 Teilnehmern gestartet.“ Im Herbst Tradition neu entdecken 2012 hat an der Winterschule ein neuer In St. Walburg geht es um traditionelles Lehrgang begonnen. Dafür gab es über 1.000 Anwärter. Und mit der Zahl der Be- Handwerk und natürliche Materialien, sucher ist auch das Angebot gewachsen. ums Kochen und ums Stricken. Gestrickt Was ursprünglich als Weiterbildungs- sind auch die supermodischen (und möglichkeit für die ländliche Bevölke- sündteuren) Sarner, die im vergangenen Winter bei Oberrauch Zitt zu finden warung im Tal konzipiert worden war, hat ren. Ausgefallene Farben, feinste Wollen sich zu einem komplexen Themenpaket rund um die Veredelung lokaler Rohstof- – sind Janker wieder in? „Sarner sind derzeit ein ganz großes Thema“, versichert fe entwickelt. Die Palette reicht vom Geschäftsführerin Barbara Prieth. „So Flechten und Drechseln übers Filzen wie auch Dirndln wieder gerne gekauft und Weben bis hin zu Kräuterkunde und werden.“ Ähnliches gelte für Loden- und Alchemie. Weiters wird eine Ausbildung in Permakultur angeboten. Das Fach be- Wollstoffe. „Wobei Traditionelles problemlos mit Modischem gemixt wird. fasst sich mit der zukunftsfähigen und energieeffektiven Gestaltung von Land- Heute trägt man den Sarner nicht mehr schaft und Gesellschaft in einer Region. nur zu Lederhose und Hemd, sondern am liebsten zu Jeans und T-Shirt.“ ImSo vielfältig das Angebot, so bunt auch das Publikum. „Wir haben eigentlich al- mer wichtiger sei den Kunden auch die
Herkunft der Materialien. „Und wo das Teil überhaupt hergestellt wurde“, so Prieth. Was in der Mode wieder neu entdeckt wird, gilt in der Architektur als absolut grundlegend. „Architektur ist immer ortsbezogen“, sagt die Brixner Architektin Michaela Wolf. „Hier werden traditionelle Materialien wie Holz und Stein, aber auch traditionelle Elemente aufgenommen und weiterentwickelt bzw. neu interpretiert.“ Heute würden sich aber auch die Bauherren wieder mehr für einheimische Materialien und Formen interessieren. Wolf spricht von einer wachsenden Sensibilität der Auftraggeber. Alte Kacheln kommen ebenso wieder zum Einsatz wie massive Riemenböden, Holzöfen oder Schindeln. „Und wer genügend Platz hat, lässt sich auch wieder eine Stube einrichten“, so Wolf. Apropos Stube: Die Südtiroler Intercable GmbH stellt neben professionellem Werkzeug auch hochwertige Kunststoffteile für die internationale Automobilindustrie her. Im Firmensitz in Bruneck werden Kunden und Lieferanten in keinem Hightech-Ambiente, sondern in einer gemütlichen Zirbelstube empfangen. „Das sind unsere Werte, das ist unsere Tradition, und dazu stehen wir“, erklärt Pressesprecher Gerd Staffler.
Fazit: Megatrend Regionalität Viele Jahre lang war die Globalisierung unsere Zukunft – die Integration des Nationalen ins Kontinentale, der Triumph der Großstadt über das Provinzielle. Orte waren nicht mehr wichtig. Ohne die Frage nach Herkunft und Zugehörigkeit beantworten zu können, leben die Menschen aber nicht wirklich gut. Und so rüstet das Lokale nun wieder auf. Regionalität ist Trumpf. Sie bietet heimischen Unternehmen die Chance, sich von der international agierenden Konkurrenz zu unterscheiden. Dabei rücken Qualität und Vertrauen als Entscheidungskriterien in den Mittelpunkt – und weniger der Preis, bei dem ein lokal tätiges Unternehmen im Wettbewerb mit globalisierter Massenproduktion ohnehin kaum mithalten kann. Die Schließung regionaler Kreisläufe stiftet nicht nur ökonomischen, sondern auch ökologischen Nutzen. Schon jetzt zeigt sich, dass die Verteuerung der Primärenergie einen Teil der Kostenvorteile auffrisst, die Outsourcing und Offshoring bringen. Mit weiter steigenden Ölpreisen schlagen die Kosten einer globalen Produktionskette noch stärker zu Buche.
E i n m a l u m den E rd b a l l Irr w e g e e i ner J e a n s Wie aktuell und notwendig eine Diskussion über Nachhaltigkeit und Herkunft und über überschaubare Wirtschaftskreisläufe ist, lässt sich an einer normalen Jeans beweisen. „Wussten Sie, dass eine solche Hose 50.000 Kilometer zurücklegt, bevor sie in einem Südtiroler Laden an der Stange hängt?“, fragt Christina Lechner von der Brixner Organisation für Eine solidarische Welt (OEW). „Das ist eine komplette Erdumrundung.“ Dabei verlaufe die lange Reise alles andere als linear. „Nach der Ernte in Kasachstan kommt die Baumwolle in eine türkische Spinnerei, gewoben wird in Taiwan. Anschließend wird das Tuch mit einem polnischen Farbstoff in Tunesien gefärbt und in Bulgarien veredelt. Zum Nähen wird es auf die Philippinen geschickt. Nun kommt die fertige Jeans nach Frank-
reich, wo sie mit dem Bimsstein gewaschen wird. Das noch fehlende Firmenlabel wird hingegen in Italien eingenäht, weshalb das vielgereiste Stück auch das Prädikat ‚Made in Italy‘ tragen darf.“ Die Geschichte der „irrenden“ Jeans ist ein fixer Teil des oewSchulprojektes „Verwoben und verfilzt“. „Jeder hat ein Paar Jeans zu Hause und fühlt sich so betroffen“, sagt Lechner. Mit dem Projekt forciert die Organisation eine Auseinandersetzung der Schüler mit dem eigenen Modeverhalten. „Wir wollen ihnen aber auch globale Zusammenhänge aufzeigen und ihnen bewusst machen, welche Auswirkungen diese auf Umwelt und Wirtschaft haben.“ Die Sensibilisierungsarbeit der OEW beschränkt sich nicht auf Kinder und Jugendliche. Mit der Aktion „Be the change“ etwa wird die gesamte Südtiroler Gesellschaft angesprochen.
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titel: r eg i o n a li t ä t | Interview
Eine Frage des Profils. Der GastronomieExperte Otto Geisel über sinnliche Gerichte, regionale Herkunft, soziale Verantwortung und „entrümpelte“ Speisekarten.
z u r per son Otto Geisel (Jahrgang 1960) entstammt einer bekannten Münchner Gastronomen-Familie. Er ist ausgebildeter Koch, diplomierter Hotelbetriebswirt und vereidigter Weinsachverständiger. 2006 bis 2009 war Otto Geisel Vorsitzender von Slow Food Deutschland. 2007 wurde er von Gault&Millau zum Restaurateur des Jahres gekürt. Drei Jahre später zog er sich aus dem operativen Gastronomieund Hotellerie-Geschäft zurück. Seitdem wirkt er als Berater und Buchautor. Darüber hinaus leitet er das von ihm gegründete Institut für Lebensmittelkultur in München. Südtirol bezeichnet Geisel als seine zweite Heimat.
Herr Geisel, vor über zehn Jahren haben Sie der Nouvelle Cuisine und allem Exotischen in der Küche den Rücken zugekehrt und sich im eigenen Betrieb auf lokale Produkte und Rezepturen konzentriert. Damals wurden Sie belächelt, heute werden Sie als Visionär und Vorreiter einer Richtung gefeiert, die zunehmend im Trend liegt. Ihr Credo lautet: Genuss und Verantwortung. Ist Regionalität die einzig mögliche Antwort darauf? Das Wort Nachhaltigkeit wird heute etwas überstrapaziert. Auch deshalb spreche ich lieber von Verantwortung – und zwar gegenüber der Umwelt, gegenüber den künftigen Generationen und – nicht zuletzt – gegenüber den Konsumenten. Sie sollten immer das bestmögliche Produkt erhalten. Für Lebensmittel, die 1.000 Kilometer weit von uns entfernt hergestellt werden, kann aber wohl niemand die Hand ins Feuer legen. Man erfährt weder etwas über den Erzeuger, noch darüber, ob die Haltung seiner Tiere wirklich artgerecht ist.Bei Produkten aus der nächsten Umgebung sieht das ganz anders aus. 16 m | april, mai, juni 2013
Was meinen Sie mit „nächster Umgebung“ – 30, 50 oder 100 Kilometer? Lässt sich der Begriff überhaupt „abstecken“? Grundprodukte wie Fleisch, Fisch, Gemüse, Obst und Brot sollten immer aus einem überschaubaren Umkreis stammen. In einer selbstbewussten, regionalen Küche haben aber auch Meersalz, Pfeffer und gutes Olivenöl ihre Berechtigung, obwohl sie ja kaum lokal hergestellt werden können. Und ich habe auch nichts dagegen, wenn etwas Trüffel das eine oder andere Gericht adelt. Regeln gibt es keine. Das ist ein Prozess, den jeder für sich erleben und entdecken muss. Wofür stehe ich? Womit sollen mich meine Kunden in Verbindung bringen? Und womit hebe ich mich von der Konkurrenz ab, die mittlerweile überall auf der Welt sitzt, in Kanada ebenso wie auf Mallorca. Denn von Düsseldorf oder Berlin brauche ich heute nach Südtirol gleich lang wie auf die Balearen. Im „St. Hubertus“ in St. Kassian, dem derzeit wohl bestbewerteten Südtiroler Restaurant, gibt es mittlerweile keine roten Garnelen aus Sizilien und keine Foie gras aus Frankreich mehr, dafür aber Gerichte aus Kalbs- und Hühnerleber. Kann sich ein Restaurant mit zwei Michelin-Sternen so viel Bodenständigkeit überhaupt leisten? Ich habe mich eh schon gefragt, wie lange das noch dauert, bis Norbert Niederkofler diese Entscheidung trifft. Es ist bestimmt ein großer Schritt, gleichzeitig ist er aber auch konsequent und logisch. Ein Betrieb mit einem so hohen Anspruch muss sich ein klares Profil geben. Und das gelingt nicht mit einem Lamm aus Neuseeland oder dem Fleisch von Schottischen Hochlandrindern. Damit die Speisekarte wirklich zur Visitenkarte eines Betriebes wird, müssen wir sie von all jenen Dingen entrümpeln, die man überall auf der ganzen Welt findet.
Auch wenn es dann keine Jakobsmuscheln, sondern nur mehr Saibling gibt? Absolut. In Südtirol habt ihr beispielsweise dieses sensationelle LaugenRind (siehe dazu auch Artikel auf Seite 18, Anm. d. Red.), das nur die Wenigsten kennen, auch wenn das Grauvieh eigentlich so typisch für das Land ist. Ich habe das LaugenRind in Meran probiert und anschließend ein Stück mit nach München genommen, um es mit Eckart Witzigmann zu essen. Der war von den Socken. Sie behaupten, dass es hinter lokalen Produkten immer eine Geschichte gibt. Wie viel Aufklärungsarbeit braucht es überhaupt, wie viele Geschichten muss man erzählen, damit der Kunde diese neue Einfachheit auch versteht und akzeptiert? Meister ihres Fachs können selbst aus einem leicht bitter schmeckenden Wintergemüse ein sinnliches Gericht kreieren, wofür es dann auch keine langen Erklärungen braucht. Anders sieht es in
sein bekommen, ist das kein Schaden. Der Anspruch hinter dem Studiengang ist, mehr Wissen und Selbstbewusstsein über heimische Zutaten und Gerichte in die Breite der Bevölkerung zu tragen. Die Menschen suchen nach Identität, und mit Produkten aus der Heimat kann man sie vermitteln.
„Jeder muss sich fragen, womit ihn seine Kunden in Verbindung bringen sollen.“ der klassischen Ferienhotellerie aus. Für diese Wirte ist es bestimmt schwierig, den Kunden klarzumachen, warum es im Winter beim Gemüsebuffet plötzlich weder Rucola noch Tomaten gibt. Auch weil im Supermarkt die Regale voll davon sind. Da ist das Servicepersonal besonders gefordert. Da kann die Spitzengastronomie einen wichtigen Part leisten, indem sie gewisse Botschaften lanciert und entsprechende Impulse gibt. Wer Ihre Ideen konsequent durchzieht, verzichtet aber auch auf eine bestimmte „exotische“ Vielfalt, an die sich der Konsument mittlerweile gewöhnt hat. Was macht eine Almhütte eigentlich so attraktiv? Da gibt es einige wenige, gut gekochte Gerichte aus meist einfachen Zutaten. Warum soll das in einem Restaurant nicht funktionieren? Ich glaube nicht, dass der Gast heute immer noch eine lange Speisekarte sucht, ebenso wie er auch keine lange Wein-
karte braucht. Denn was nützen mir 300 Positionen, wenn ich beim Durchstudieren mein Gegenüber eine Viertelstunde lang langweile? Wer heute nicht nur verantwortungsbewusst, sondern auch wirtschaftlich sein will, hat ja gar keine andere Wahl. Regionalität ist also nicht nur eine Frage von Genuss und Ethik? Regionale Netzwerkkonzepte zur Erzeugung und Vermarktung von Lebensmitteln sind auch ökonomisch sinnvoll und tragfähig. Sie haben einen akademischen Studiengang für „Food Management und Kulinaristik“ an der Dualen Hochschule BadenWürttemberg initiiert. Wer studiert so etwas überhaupt? Restaurantfachfrauen, Metzger, Bierbrauer, Weinbauingenieure, Bäcker. Das Angebot ist aber auch für die Einkäufer im Lebensmittelhandel gedacht. Wenn diese mehr Qualitätsbewusst-
Sie bemühen sich seit Jahren auch um mehr Qualität in der sogenannten Gemeinschaftsverpflegung. Zurzeit wird – zumindest in Italien – gerade bei Mensen und Kantinen gespart. Sind Ihre Ideen trotz Krise umsetzbar? Nachhaltigkeit ist in der Gemeinschaftsverpflegung durchaus machbar – ohne, dass es im Wareneinsatz teurer wird. Das Ziel muss heißen, Landwirte vor Ort, Verpflegungsprofis und die Träger der Einrichtungen miteinander zu vernetzen. Doch zurück zur Verantwortung: Wie lässt sich der Südtiroler Speck mit der Tatsache vereinbaren, dass die Hammen eigentlich nicht von Südtiroler, sondern von holländischen Schweinen stammen? Zunächst muss gesagt werden, dass sich die Speckproduktion in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt hat, und zwar im positiven Sinne. Auch gibt es durchaus Beispiele, wie etwa beim sogenannten Südtiroler Bauernspeck, wo ausschließlich einheimisches Fleisch verwendet wird. Wir wissen alle, dass es gar nicht möglich wäre, die Schweine, die für die Speckproduktion gebraucht werden, in Südtirol zu halten. Aber vielleicht findet man in Zukunft auch diesbezüglich neue Lösungen. So wie das beim deutschen Eichelschwein der Fall ist, das in Wäldern gehalten wird. Einheimisches Schweinefleisch ist derzeit auch in Japan sehr beliebt. Viele Spitzenrestaurants in Tokio führen die Spezialität, wobei der Gast sogar erfährt, welches Quellwasser das Tier trinken durfte. Das ist die Geschichte hinter dem Produkt, die die Leute hören wollen. april, mai, juni 2013 | M 17
titel: r eg i o n a li t ä t | Kreislauf
Sensation LaugenRind Vom entlegenen Bergbauernhof in die Töpfe eines Meraner Sternerestaurants: Das Projekt LaugenRind zeigt, wie das Zusammenspiel zwischen Landwirtschaft, Handel und Spitzengastronomie funktionieren kann.
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it knapp 120 geschlachteten Tieren pro Jahr nimmt die Marke LaugenRind (benannt nach dem gleichnamigen Gipfel zwischen Deutschnonsberg und Ulten) nur eine Nische in der Nische der Südtiroler Fleischproduktion ein. Und dennoch hat das Projekt Vorzeigecharakter. „Als wir 2004 damit gestartet sind, gab es in Südtirol nichts Vergleichbares“, erzählt Projektleiter Hubert Ungerer. Die Idee hinter dem EU-Leaderprogramm war, den Milchbauern am Deutschnonsberg, in Ulten und im Vinschgau durch die Mast ein zusätzliches Standbein zu sichern. Wobei die Latte von Anfang an hoch angesetzt wurde. „Nachhaltigkeit und Ethik in der Produktion, kurze Transportwege und authentischer Genuss waren uns damals – und sind es auch heute noch – ein großes Anliegen“, so Ungerer. Entsprechend streng wurden die Kriterien für Haltung und Fütterung festgelegt. Denn es genügt noch lange nicht, dass die Tiere – vorwiegend der Grauviehrasse – von einem der 55 beteiligten Bergbauernhöfe stammen. „Wir füttern unsere Kälber ausschließlich mit der Milch des Mutter18 m | april, mai, juni 2013
Beim Projekt LaugenRind wird vor allem auf Tiere der heimischen Grauviehrasse gesetzt
tieres. Bei den Jungrindern verzichten wir auf chemische Zusätze und synthetische Futtermittel. Tiermehle und Antibiotika sind sowieso verpönt. Gentechnik ist tabu.“ Darüber hinaus stehe dem Vieh per Reglement das ganze Jahr über genügend Auslauf, im Sommer sogar ein mehrmonatiger Aufenthalt auf der Alm
zu. „Natürlich entstehen dadurch Mehrkosten“, so Ungerer. „Allein für die Vollmilch, die das Kalb bekommt, muss man zwischen 500 und 600 Euro kalkulieren.“ Dennoch gehe die Rechnung für die Bauern auf. „Im Schnitt bekommen sie für das LaugenRind zwischen 20 bis 30 Prozent mehr als für herkömmliches Fleisch.“
L a u g en R i nd
Projekt: 2004 wurde das Projekt „LaugenRind“ als EU-Leaderprogramm gestartet. Tiere: „LaugenRind“ ist eine Marke und keine Rasse. Der Name stammt vom Berg Laugen. Für das Projekt wird Grauvieh bevorzugt. Angeschlossene Betriebe: Am Projekt beteiligen sich 55 Bauernhöfe im Gebiet Deutschnonsberg, Ulten und Vinschgau. Produktion: Jährlich werden zwischen 120 und 150 Rinder bzw. Kälber geschlachtet. Das Schlachtgewicht liegt zwischen 270 und 320 Kilogramm pro Tier. Vermarktung: 70 Prozent der Produktion geht als Frischfleisch über die Theke. 30 Prozent wird zu Gulasch, Ragout oder Würsten verarbeitet und als LaugenRind – Gourmetprodukt vermarktet.
„Nachhaltigkeit und Ethik in der Produktion, kurze Transportwege und Genuss sind unser Anliegen.“
Veredelung und Vertrieb Um die Rentabilität der Marke weiter zu steigern, wurde vor vier Jahren ein Veredelungsprojekt gestartet. Treibender Motor hinter der neuen Gourmet-Produktlinie ist der Metzger und Gastronom Karl Telfser. Bei Gruber & Telfser in Prad am Stilfser Joch werden die geschlachteten Tiere aus den LaugenRindBetrieben zerlegt und ein Teil des Fleisches wird auch direkt verkauft. „Außerdem beliefern wir einige ausgewählte Metzgereien sowie diverse Restaurants der Umgebung“, sagt Karl Telfser. „Das
Problem dabei ist, dass nicht alle Köche gewillt sind, auch weniger edle Teile zu verwenden.“ Und genau dieses Fleisch verarbeitet Telfser, der in Meran auch einen Feinkostladen samt Cateringservice betreibt, zu Gulasch, Ragout oder Würsten. „Und zwar nach denselben Kriterien, die für die Fleischproduktion gelten. Wir verwenden nur natürliche Zutaten und verzichten auf jegliche Zusätze.“ Ansprechend verpackt werden die Delikatessen landesweit vertrieben und sogar nach Deutschland exportiert.
Genuss pur
Zwei, die vom LaugenRind überzeugt sind: Luis Haller (l.) und Karl Telfser (r.)
Einer, der vom LaugenRind eigentlich alles mag und nicht nur aus Filet und Roastbeef, sondern auch aus Backen und Tafelspitz fantastische Gerichte zaubert, ist Luis Haller. Der begnadete Koch ist Chef im Hotel „Castel Fragsburg“ in Meran. Seit 2010 ist sein Restaurant mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. „Ich bin selbst auf einem Bergbauernhof aufgewachsen und habe großen Respekt vor den Tieren“,
sagt Haller, der nicht nur beim Fleisch auf lokale Produzenten zurückgreift. Die Milchprodukte kommen vom Biobauern am Sonnenberg, die Süßwasserfische aus einheimischen Seen, Obst und Gemüse aus der Nachbarschaft und die Kräuter aus dem eigenen Garten. Neben der Suche nach den frischesten Zutaten zeichnet Haller auch ein schonender Umgang mit den Produkten aus. Und so schmort die Schulter vom LaugenRind in seinem Ofen bei 64°C bis zu 48 Stunden lang. „Anschließend braucht es beim Essen gar kein Messer mehr, so zart ist es.“ Die Herkunft von Fleisch und Gemüse, Obst und Käse ist aber nicht nur für Luis Haller extrem wichtig. „Auch die Kunden schätzen es sehr, wenn sie wissen, was sie auf dem Teller haben.“ Und damit sich vor allem die internationale Klientel im „Castel Fragsburg“ ein Bild davon machen kann, wie die Tiere auf den Höfen gehalten werden, wo sie weiden und womit sie gefüttert werden, schickt der Chef seine Gäste immer wieder zum „Lokalaugenschein“ auf den Deutschnonsberg oder nach Ulten. „Und sie sind begeistert.“ (MDP) april, mai, juni 2013 | M 19
titel: r eg i o n a li t ä t | Konzept
Top-Qualität für alle. In knapp sechs Jahren hat sich das Konzept „Eataly“ zu
einer internationalen Realität entwickelt. In den 23 Feinschmeckermärkten der Gruppe wird nur das Beste der italienischen Lebensmittelproduktion angeboten.
Hohe Qualität darf nicht wenigen Privilegierten vorbehalten, sondern muss der breiten Masse zugänglich sein: Mit diesem Anspruch eröffnete Oscar Farinetti 2007 seinen ersten „Eataly“Store in Turin. Auf 11.000 Quadratmetern Geschäftsfläche hatte der charismatische Unternehmer aus dem Piemont erstmals so ungefähr alles zusammengetragen, was in Italien an erstklassigen Lebensmitteln hergestellt wird: regionale Spezialitäten und zertifi-
zierte Qualitätsprodukte, aber auch frisches Gemüse und Obst, Fleisch und Brot, Käse und Pasta. Fünf Jahre lang hatte Farinetti am Konzept gefeilt und sich keinen Geringeren als Slow Food als strategischen Berater mit ins Boot geholt. „Eataly“ sollte nur das Beste der italienischen Lebensmittelproduktion führen, und dies auch noch zu erschwinglichen Preisen. Dafür wurde von Anfang an ein direkter Kontakt zu den Produzenten gesucht, die teilweise
In den Feinschmeckermärkten kann auch gespeist werden
sogar als Partner ins Unternehmen eingestiegen sind. Auch wollte Farinetti nicht nur Lebensmittel verkaufen. Die Kunden sollten im „Eataly“ auch speisen können. Der Gourmettempel sollte Kaufhaus, Nobelrestaurant, Imbiss und Bar zugleich sein. Der Erfolg war enorm. So groß, dass in knapp sechs Jahren weitere 22 Feinschmeckermärkte nach demselben Muster eröffnet wurden. Sechs davon im Piemont, elf in Tokio und jeweils einer in Mailand, Bologna, Genua, Rom und New York. In der Ewigen Stadt ist der bisher größte Feinschmeckermarkt der Gruppe entstanden. Er wurde 2012 in einer ehemaligen Bahnhofshalle an der antiken Via Ostiense eröffnet. Auf 20.000 Quadratmetern und vier Stockwerken finden über 14.000 Lebensmittel aus dem Top-Segment Platz, darunter viele regionale Produkte. Auch Südtirol ist mit einem breiten Sortiment an Weinen, Speck, Honig und anderen Spezialitäten vertreten. Flankiert wird das Angebot von Feinschmeckerrestaurants und Cafés, Backstuben und Showküchen, Labors und Lehrsälen. Denn: Oscar Farinetti will in seinen Feinschmeckermärkten die italienische Esskultur nicht nur zelebrieren, sondern auch weitervermitteln. Aus diesem Grund werden Kochkurse und Degustationen sowie Treffen mit großen Küchenchefs veranstaltet. Ein umfangreiches Programm ist auch den Kindern und Schulen gewidmet. Überall wird Farinetti zurzeit als Visionär gefeiert. Die Presse lässt ihn hochleben, die Politik schmeichelt ihm. Dass der Sohn eines Partisanen aus Alba keine halben Sachen macht, hatte der 59-Jährige bereits in seinem „ersten“ Berufsleben bewiesen. Bis 2004 führte er die Handelskette für Haushaltsgeräte Unieuro. „Ich hatte 3.000 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von einer Milliarde Euro“, so Oscar Farinetti. Der Erfolg hinderte ihn jedoch
Erfolgreiches Gesamtkonzept: Einkaufen, Essen, Lernen
nicht daran, alles zu verkaufen und gemeinsam mit seinen drei Söhnen wieder neu anzufangen. Dabei war der Wechsel von den Waschmaschinen und Staubsaugern zu den Lebensmitteln quasi obligat. „Mein Vater produzierte Pasta, mein Großvater war Müller. Ich selbst bin zwischen den Weizensäcken aufgewachsen. Und die erste Liebe vergisst man bekanntlich nie.“ Der Jahresumsatz von „Eataly“ lag 2011 bei 220 Millionen Euro. Für 2013 peilt die Gruppe 300, bis 2016 sogar 500 Millionen Euro an. Noch heuer sind neue Filialen in Bari, Florenz, Mailand, Piacenza, Dubai, Istanbul und Chicago
geplant. Die Krise fürchtet Farinetti nicht. Ebenso wie er keine Angst davor hat, seine Meinung zu äußern – auch wenn diese kontrovers ist. „Bei Lebensmitteln des täglichen Gebrauchs wie bei Obst und Gemüse, Brot und Milch, sind kleine Kreisläufe sinnvoll.“ Grundsätzlich sei er von der 0-Kilometer-Philosophie jedoch nicht überzeugt. „Waren müssen frei zirkulieren, denn mit ihnen kommen auch die Ideen in Umlauf. Außerdem will ich, wenn ich gerade Lust auf einen spanischen Hamon (= luftgetrockneter Schinken) habe, diesen genießen können, ohne dass mich dabei das schlechte Gewissen plagt.“ (MDP)
Qualität geht ne u e We g e 2007 hat Oscar Farinetti den ersten „Eataly“-Feinschmeckermarkt in Turin eröffnet. Sein Ziel: Das Beste der italienischen Lebensmittelproduktion unter einem Dach zu vereinen und diese Produkte einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Heute gehören weltweit 23 Läden zur Gruppe, davon ein zweiter in Turin, einer in Mailand, Bologna und Rom. Eataly Torino via Nizza, 230/14 Tel. +39 011 19506801 www.eataly.it
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titel: Reg i o n a li t ä t Blick über den Tellerrand
Aus der Region in die Welt – so machen’s die anderen
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Tradition mit Biss Toskanische Leckerbissen
Zuhause sind sie in der italienischen Provinz Prato nahe Florenz, gegessen werden sie in der ganzen Welt: Cantuccini munden Feinschmeckern aus aller Herren Länder. Und mittlerweile weiß auch jeder, wie das traditionelle Gebäck aus Mandeln, Mehl, Zucker, Amaretto und verschiedenen Gewürzen gegessen wird: am besten eingetaucht in Vin Santo. Damit sie so schön mürbe und haltbar werden, bäckt man die leckeren Kekse doppelt, zuerst als längliche Laibe und dann in Scheiben. Fazit: Echte Gaumenfreuden schätzt man auf der ganzen Welt.
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Unverwechselbar regional „König der Essige“ aus Italien
Er ist eine der edelsten und kostbarsten Würzen der Welt: Die Rede ist vom Aceto Balsamico Tradizionale – nicht zu verwechseln mit dem Aceto Balsamico (di Modena) oder dem Balsamico Bianco. Während Letztere industrielle Massenprodukte sind, die mit dem echten Balsamessig ungefähr so viel zu tun haben wie ein Fertiggericht mit einem Gourmetmenü, ist der traditionelle Balsamico eine handwerkliche Meisterleistung. In einem aufwendigen und langwierigen Herstellungs- und Reifeprozess wird er aus dem Most von ausgesuchten, spätgelesenen Weißweintrauben hergestellt – und zwar ausschließlich in den Provinzen Modena oder Reggio Emilia. So sagt es die strenge Vorgabe der EU, die den Aceto Balsamico Tradizionale 2009 in die Liste der Lebensmittel mit geschützter geografischer Angabe aufgenommen hat. Das besondere „Elixier“ diente früher als Heilmittel, daher auch der Name „balsamico – balsamisch, heilend“. Heute schwören Gourmets international auf den berühmten Tropfen Balsamico, um Speisen von salzig bis süß kulinarisch abzurunden. Fazit: Gut Essig braucht Weile – und großes Know-how.
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Konkurrenz für den Euro Bezahlen mit Regiogeld
Machen Sie demnächst Urlaub in Deutschland, Österreich, Griechenland, Ungarn oder der Schweiz? Dann könnten Sie Ihre Hotelrechnung dort vielleicht auch mit Regiogeld bezahlen. In all diesen Ländern sind nämlich regional beschränkte Alternativwährungen im Umlauf, die innerhalb von bestimmten Regionen als Zahlungsmittel verwendet werden dürfen. Ihr Ziel: Mit einem eigenen Währungskreislauf soll die regionale Wirtschaft in Schwung gebracht werden und die Wertschöpfung in der Region bleiben. Bezugsrahmen für das Regiogeld ist in der Regel der Euro, die Umsätze sind relativ gering. In Deutschland gibt es an die 50 solcher Regionalwährungen, die größte ist der Chiemgauer mit einer Umlaufmenge von über 550.000 CH (Chiemgauer) im Jahresmittel. Die bayrische Regionalwährung hat sogar eine künstliche Inflation eingebaut als Garantie, dass die Zweitwährung dem Wirtschaftskreislauf erhalten bleibt und die lokale Ökonomie auch wirklich ankurbelt. In Österreich gibt es immerhin noch eine Handvoll Regiogelder, z. B. den Waldviertel Regional. Selbstverständlich darf man aber überall auch mit Euro bezahlen. Fazit: Der Trend zum Regionalen macht auch vor dem Geld nicht halt.
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Lebendige Kultur Aktionstag in ganz Deutschland
Das Wir-Gefühl und eine lebendige Regionalkultur fördern, lokale Akteure zusammenbringen und wichtige Netzwerke schaffen – das will der „Tag der Regionen“, der seit 1999 alljährlich in Deutschland stattfindet. Der bundesweite Aktionstag macht Werbung für die Stärken der Regionen – für regionale Produkte, regionale Dienstleistungen und regionales Engagement. Von der Erntedankfeier bis zum Herbstmarkt und dem Naturschutztag reicht die Palette der Events in den einzelnen Bundesländern. Nachahmer jenseits der Grenzen hat das Projekt bereits gefunden – mit dem Dag van de Regio in den Niederlanden und dem Day of the Region in Schottland. Fazit: Feiern verbindet – auch Regionen.
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Gelebte Regionalität Kräuterspezialitäten vom Hof
Tees und Kräuterspezialitäten in Bioqualität, liebevoll und nachhaltig angebaut und per Hand verpackt – das ist das Produkt der Biomarke Sonnentor aus dem österreichischen Waldviertel. „Leben und leben lassen, Kreislaufdenken und Wertschätzung“ nennt Gründer Johannes Gutmann, einst Bierverkäufer und Reiseleiter, die Grundgedanken des Geschäftsmodells. Seine Idee: kleinste bäuerliche Strukturen erhalten und nützen und deren Produkte überregional und international vermarkten. Heute zählt Sonnentor weltweit 250 Mitarbeiter, das Unternehmen mit Sitz in Sprögnitz bei Zwettl hat Tochterfirmen in Tschechien, Albanien und Rumänien. Fazit: Regionales Engagement zahlt sich auch wirtschaftlich aus. (BK)
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titel: r eg i o n a li t ä t | Labels
Aus Südtirol, für Südtirol (aber nicht nur). Wenn man in Südtirol von Regionalität spricht, denkt man zunächst an die vielen heimischen Spezialitäten, die von Südtiroler Betrieben nach traditionellen Verfahren oder aus lokalen Ingredienzien hergestellt werden. Immer öfters werden diese Produkte mit einem besonderen Label oder einem Siegel gekennzeich-
net. Einige dieser Marken beruhen auf europäischen Reglements, andere wiederum auf nationalen Gesetzen. Viele wurden aber auch von den Produzenten selbst ins Leben gerufen, um die Güte ihrer Erzeugnisse und vor allem deren Herkunft den Konsumenten deutlich zu machen. Nachfolgend eine kleine Auswahl.
Qualitätszeichen Südtirol
Margarete
Das Qualitätszeichen Südtirol steht für die geprüfte Qualität von heimischen Lebensmitteln. Folgende Produkte dürfen die Marke tragen: Milch und Milchprodukte, Brot, Apfelstrudel und Zelten, Gemüse, Beeren und Kirschen, Honig, Grappa, Apfelsaft, frische Apfelspalten und Trockenobst, Kräuter und Gewürze sowie Rindfleisch.
Auf zehn Hektar Fläche im Gemeindegebiet von Terlan ernten 15 Produzenten jährlich 60.000 Kilogramm Spargeln. Für die Herkunft der Terlaner Spargeln, aber auch für genaue Richtlinien bei Anbau, Ernte und Vermarktung bürgt die Schutzmarke Margarete. www.terlaner-spargel.com
Roter Hahn
Wipplamb
Das Gütesiegel „Roter Hahn“ steht in Südtirol nicht nur für Urlaub auf dem Bauernhof und für bäuerliche Schankbetriebe, sondern auch für über 500 Qualitätsprodukte aus insgesamt 52 landwirtschaftlichen Betrieben. www.roterhahn.it
Wipplamb Südtirol ist die Vereinigung der Schafbauer im Wipptal. Die 16 Mitglieder sind allesamt kleinstrukturierte landwirtschaftliche Betriebe. Sie haben sich strengen Qualitätskriterien bei der Haltung, Fütterung, beim Transport und der Schlachtung der Tiere verpflichtet. Die lokale Gastronomie wird, ebenso wie die Privatkunden, direkt beliefert. Jährlich werden 500 Lämmer und Schafe geschlachtet.. www.wipplamb.com
BIO*BEEF „BIO*BEEF vom Südtiroler Bauernhof“ steht für fertig zugeschnittenes und verpacktes Jungrindfleisch, das dem Kunden frisch und direkt geliefert wird. Am Projekt sind 17 Bauern zwischen Aldein und Toblach beteiligt. Sie bewirtschaften ihren gesamten Hof nach den Bio-Richtlinien. Jährlich werden an die 100 Jungrinder geschlachtet. www.biobeef.it
Sarner Fleisch Unter „Sarner Fleisch – Gutes vom Bauernhof“ versteht man Rind-, Ochsen- und Kalbsfleisch aus dem Sarntal. Die 37 beteiligten Bergbauernhöfe füttern ihre Tiere (nur Grau- und Fleckvieh sowie Schottisches Hochlandrind in Reinzucht) gentechnik- und silagefrei. Das Fleisch wird ausschließlich über drei heimische Metzgerbetriebe vermarktet. www.sarnerfleisch.com
DOC, DOCG
Im Rahmen des ESF-Projektes „Regiokorn“ ist ein Netzwerk zwischen heimischen Getreideanbauern und verarbeitenden Betrieben entstanden. 2012 wurde die erste Ernte eingefahren. Die 40 beteiligten Landwirte aus dem Vinschgau, dem Eisack- und dem Pustertal haben 268 Tonnen Roggen und 40 Tonnen Dinkel geerntet. Dieses „Regiokorn“ wird von der Meraner Mühle gemahlen und von 44 Bäckern zu heimischen Brotspezialitäten verarbeitet.
LaugenRind 2004 wurde das Projekt „LaugenRind“ als EU-Leaderprogramm gestartet. Am Projekt beteiligen sich 55 Bauernhöfe im Gebiet Deutschnonsberg, Ulten und Vinschgau. Jährlich werden zwischen 120 und 150 Rinder bzw. Kälber geschlachtet. 70 Prozent der Produktion wir als Frischfleisch vermarktet. 30 Prozent wird verarbeitet und als LaugenRind Gourmetprodukt verkauft. www.laugenrind.com
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DOC, DOCG
g.g.A. und g.U.
g.g.A., g.U.
Das europäische Gütezeichen g.g.A. (geschützte geografische Angabe) dokumentiert die enge Verbindung eines landwirtschaftlichen Erzeugnisses oder eines Lebensmittels mit dem Herkunftsgebiet. Mindestens eine der Produktionsstufen muss in der Region erfolgen. Das verwendete Rohmaterial kann aus einem anderen Gebiet stammen. Das europäische Gütezeichen g.U. (geschützter Ursprung) bestätigt die Erzeugung, Verarbeitung und Herstellung eines Produktes in einem bestimmten geografischen Gebiet nach einem anerkannten und festgelegten Verfahren.
Quelle: ISTAT – Ausarbeitung WIFO / Infografik: succus. Kommunikation
Regiokorn
Die heutige DOC-Regelung (DOC – denominazione di origine controllata) wurde Italienweit in den siebziger Jahren eingeführt. Im Schnitt werden in Südtirol jährlich 330.000 Hektoliter Wein produziert, über 90 Prozent davon als DOC-Weine. Darüber hinaus gibt es auch die Herkunftsbezeichnung DOCG (denominazione di origine controllata e garantita). Sie steht für besonders geschützte Weine. Das sichtbare Zeichen ist die Banderole über dem Verschluss.
t it el: Regiona litä t | Meinung
Re | gio | nal, eine bestimmte Region betreffend, zu ihr gehörend, auf sie beschränkt, für sie charakteristisch
Afrikanische Geranien Sergio Camin wundert sich, warum ein so weitverbreiteter Begriff wie Regionaliät noch nicht Eingang in die Wörterbücher gefunden hat und macht eine revolutionäre Entdeckung, die das Konzept von Regionalität infrage stellt.
L
a crisi in un mondo/mercato globalizzato ha indubbiamente accelerato i bisogni di differenziazione, imponendo processi di affermazione di unicità/“regionalità”, intesa come nuovo plus di prodotto. “Regionale” è ormai sinonimo di originale, conveniente, sano e di qualità. Fortunate o previdenti le realtà, come l’Alto Adige, che da tempo lavorano in questa direzione. “Regionalità” è un neologismo ormai entrato nell’uso corrente, che, nonostante lo si possa leggere ormai ovunque e venga usato un po’ per tutto, dalla ristorazione all’archi-tettura, dai polli all’agricoltura a pieno campo, non appare ancora in nessun dizionario della lingua italiana. Sul dizionario troviamo invece “provincialità”: Arretratezza associata a ingenuità e talora a piccineria e goffaggine ( G. DEVOTO- G.C. OLI). Immagino sia per questa ragione, a dimostrazione che a volte le parole contano più delle cose, che in Alto Adige, dopo aver lavorato anni faticosi per eliminare la Regione o almeno per svuotarla di significato, ci troviamo costretti a ritirarla in ballo, sia pur scrivendola con la minuscola. “Regionalità” è ormai un plus, che vale per le uova, per le verdure, per l’offerta turistica e complessivamente per l’immagine complessiva di un territorio e così scopriamo che anche la Provincia Autonoma di Bolzano è costretta ad avere la sua bella “regionalità”, fatta di un’offerta specifica, di una forte identità e di un’immagine ormai codificata nell’immaginario collettivo. Per farla reggere a volte basta poco, l’importante è ricordarsi di far lavorare gli immigrati di colore solo in cucina e ai tavoli russe e moldave con un Dirndl, che spesso sono bionde e la cosa aiuta. L’immagine “regionale” è importante ma bisogna stare attenti. Capita a volte di fare scoperte inaspettate anche sulle cose apparentemente più semplici ma solo parzialmente note. Una
cosa del genere mi è capitata recentemente sfogliando un libro di giardinaggio. Ho scoperto che la regione di provenienza del geranio (Pelargonium) è quella del Capo di Buona Speranza, dove è chiamato Geranium triste e che è stato importato in Europa nel 1700. Hai capito? Questa pianta, che, in tutte le sue diverse varietà, gioca a far da chioma alla maggioranza dei lignei balconi altoatesini, viene dall’Africa! Non da qui, non da Innsbruck e nemmeno da Rovigo (giù acqua e su rovigotti) ma addirittura dall’Africa! Confesso che non l’avrei mai pensato. Per me ma immagino un po’ per tutti, il geranio è sempre stato uno dei simboli di questa terra, una delle icone altoatesine dell’immaginario collettivo. L’aver scoperto la sua origine africana, mi costringe adesso a rivedere completamente tutto su di lui: certamente è ancora un simbolo ma un simbolo fortissimo di bella contaminazione, di convivenza partecipata, di integrazione. Il rapporto dei suoi fiori a palla e delle sue foglie vellutate con le tavole di abete rosso e di larice è ormai canonico e obbligato. Non ho mai visto litigare un geranio con un tetto a due falde. Non mi risultano casi di scontro tra un Erker e un geranio. Anzi molto spesso sono proprio i gerani a nascondere almeno in parte le vaccate, che noi umani riusciamo a costruire. Guardate che non è una scoperta da poco, i simboli non sono giochetti. Sarebbe come scoprire che il Catinaccio viene dal Pakistan o che Andreas Hofer aveva origini peruviane. Comunque il nostro fiore africano non solo si è integrato ma è riuscito a diventare qui un simbolo principe. Pensiamoci su quando perdiamo tempo a litigare anche sui nomi dei vicoli. Sergio Camin, 62, freier Autor und Publizist. Seit 1988 Verfasser der beliebten Satire-Rubrik “Visti dal basso” der Südtiroler Tageszeitung Alto Adige, die in italienischer Sprache erscheint. april, mai, juni 2013 | M 25
Ma rke ti n g
Global Players am Land. Ihre Namen kennt man überall, ihr Aktionsfeld ist
die ganze Welt – und doch haben sie Firmensitze in Eppan, Bruneck, Bozen. Was „Global Players“ wie Miele, GKN oder Spartherm nach Südtirol führt.
Eppan an der WeinstraSSe ist eine Ge- Die landschaftliche Schönheit und die war das Pustertal zudem ein sehr strukmeinde mit nicht einmal 15.000 Ein- Lebensqualität führt auch Paul Mairl, turschwaches Tal, fähige Arbeitskräfte wohnern, idyllisch gelegen inmitten von waren leicht zu finden. Geschäftsführer der GKN Driveline Weinbergen und touristisch sehr gut er- Bruneck, Automotive Division, als wichEin Hauptmotiv für die Ansiedlung schlossen. Dass gerade hier der Sitz von tigen Wohlfühlfaktor bei der Arbeit an. in Südtirol war auch, dass man in MarktMiele Italia liegt, würde so manchen und Kundennähe produzieren wollte. Das Unternehmen gehört zur „GKN Gast sicher überraschen. Der deutsche Driveline“-Gruppe, dem führenden Lie- „In unserem Fall ging es um Produkte für Premium-Hersteller von Haushaltselek- feranten von Kraftübertragungssyste- die FIAT und für den landwirtschaftlitrogeräten und gewerblichen Maschi- men und -lösungen für die Automobil- chen Bereich in der Poebene“, erzählt nen hat bereits 1961 eine Tochtergesell- industrie mit weltweit 22.000 Mitarbei- Mairl. Der letzte Punkt, weshalb es der schaft in Bozen gegründet, seit 1983 sitzt tern an 57 Standorten in 23 Ländern. Standort Bruneck sein musste, sei ein diese in Eppan. Von dort aus betreuen „Ich denke, es gibt wenige Orte, wo man rein steuerlicher Vorteil gewesen: „Da144 Mitarbeiter Konsumenten und Ge- in einer solchen Umgebung wie hier in mals war es das Bestreben der italienischäftspartner in ganz Italien, 2011 er- Südtirol arbeiten darf und kann. Auch schen Regierung, mehr Arbeitskräfte wirtschaftete man einen Umsatz von 91 vom Süden in den Norden zu bringen wenn es uns Südtirolern nicht immer Millionen Euro. und dort Arbeitsplätze zu schaffen. So bewusst ist, ist dies sehr wohl ein großer „Hauptgrund für Miele, sich hier nie- Vorteil – wir haben hier ja den Vergleich gab es eine Gesetzesregelung, die allen derzulassen, war sicherlich die Sprache: Industriebetrieben über einer Seehöhe mit anderen Standorten innerhalb der Zwischen Mitarbeitern und Beratern von 800 Metern einen Steuervorteil über GKN-Gruppe.“ der italienischen Niederlassung und 12 Jahre garantierte.“ Heuer feiert der dem deutschen Mutterhaus gab es kei- Top-Mitarbeiter Brunecker GKN-Sitz seinen 50. Geburtsne Verständigungsprobleme. Auch die tag und beschäftigt zusammen mit dem Einig sind sich Mairl und Comploj auch ähnliche Mentalität und Arbeitsmoral Schwesterbetrieb Sinter Metals mehr als mit ihrem Urteil über die Südtiroler Ar- 1.100 Mitarbeiter, der Jahresumsatz beder Südtiroler spielten eine wichtige Rolle“, sagt Alexander Comploj, Verwal- beitnehmer: „Flexibilität, Fleiß und trägt 250 Millionen Euro. tungsleiter von Miele Italia. Diese Vor- eine gewisse Hartnäckigkeit, Probleme Auch die deutsche Spartherm schätzt anzugehen und zu lösen, sind Eigen- an Südtirol die hohe berufliche Professizüge des Standorts Südtirol seien auch schaften, die speziell in der Autozulie- onalität. Das Unternehmen aus Melle in im Jahre 2013 noch sehr wichtig. Hinzu ferindustrie gefragt sind“, sagt Mairl. Deutschland zählt in Europa zu den gekommen sei die im Vergleich zum Eigenschaften, die sich offensichtlich restlichen Italien gut funktionierende größten Produzenten von Brennzellen bei den Beschäftigten hierzulande sehr öffentliche Verwaltung. Als weiteren und Kaminöfen und ist letztes Jahr beim Pluspunkt nennt Comploj auch die Vor- wohl finden lassen und neben der Zwei- Bozner Kachelhersteller und -großhändsprachigkeit zu den Gründen für die züge Südtirols als Urlaubsdestination ler Arcadia eingestiegen. „Für uns ist an: „Es ist sehr einfach, unsere italieni- Ansiedlung von GKN in Bruneck gehör- Südtirol ein sehr interessanter Standort, ten. Als sich das Unternehmen in den schen Geschäftspartner nach Südtirol hier können wir wie nirgendwo anders frühen Sechzigerjahren hier niederließ, in Italien auf ein qualifiziertes Hafnereinzuladen.“ 26 m | april, mai, juni 2013
ARCADIA FIRE COMPANY Einstieg der deutschen Spartherm in das Bozner Unternehmen Arcadia – daraus entstand die Arcadia Fire Company. Spartherm Gründung: 1986 Hauptsitz: Melle, Deutschland Sitz in Südtirol: Bozen (als Arcadia Fire Company, gemeinsam mit Arcadia Bozen) Branche: Brennzellen, Kaminöfen und Kassetten
www.spartherm.com
Gründung: 9. Juli 1900; die Anfänge gehen aber auf das Jahr 1759 zurück. Den Namen GKN trägt das Unternehmen erst seit 1902. Hauptsitz: GKN Group headquarters: Worcestershire, Großbritannien Sitz in Südtirol: Bruneck Branche: GKN Driveline: Automobilzulieferer, fertigt vorwiegend Antriebswellen mit Gleichlaufgelenken für Pkw, Sperrdifferentiale und Visco-Kupplungen GKN Powder Metallurgy: Produktion von Pulvermetallurgie und den daraus hergestellten Produkten GKN Aerospace: Zulieferer der Luftfahrtindustrie, vorrangig für BAE Systems, EADS und Airbus, Rumpffertigung des Honda HA-420 HondaJets GKN Land Systems: Zulieferer für landwirtschaftliche Fahrzeuge, erzeugt landwirtschaftliche Systeme wie Antriebswellen und Traktoranbausysteme
www.gkn.com
Gründung: 1. Juli 1899 Hauptsitz: Gütersloh, Deutschland Sitz in Südtirol: Eppan Branche: Hausgeräte (Wäsche- und Bodenpflege, Einbaugeräte für die Küche), Geräte für den gewerblichen Einsatz (Miele Professional)
www.miele.it handwerk zurückgreifen. Und die Hafner sind einer unserer wichtigsten Partner beim Vertrieb unserer Ware“, erklärt Alfred Kohlegger, Gesamtvertriebsleiter von Arcadia Fire Company.
Knackpunkt Erreichbarkeit Aber natürlich gibt es auch eine Kehrseite der Medaille. „Italien und somit auch Südtirol sind geprägt von den bürokratischen Pflichten und einem hohen Steu-
eraufwand. Für alles und jedes fällt eine Steuer oder Gebühr an“, kritisiert Comploj. Problematisch seien außerdem die mangelhafte Rechtssicherheit und die extrem langen Zeiten der Rechtsprechung. Speziell für Südtirol sei die Lage fernab von den Verkehrsknotenpunkten und italienischen Kernmärkten von Nachteil – ein Punkt, den auch Mairl bemängelt: „Für mich ist weniger die Erreichbarkeit aus dem Ausland ein Manko – innerhalb von fünf Stunden können
uns die meisten Kunden mit dem Pkw erreichen. Vielmehr geht es um die Erreichbarkeit innerhalb Südtirols; so gibt es immer noch keine vernünftige Zugverbindung zwischen Brixen und Bruneck, weshalb wir zwischen beiden Städten so gut wie keinen Austausch an Arbeitskräften haben – ein offensichtlicher wirtschaftlicher Nachteil.“ Zudem seien die Strompreise etwa im Vergleich zum Nachbar Österreich um circa 30 bis 40 Prozent höher, das mache bei der Größe seines Betriebes einen signifikanten Unterschied aus. Trotz dieser Probleme würden die Vorteile des Standorts Südtirol überwiegen, so der Tenor der Aussagen. Und das vor allem dank der Menschen, die in den Unternehmen arbeiten und wesentlich zu deren Erfolg beigetragen haben. Paul Mairl bringt es auf den Punkt: „Die Mitarbeiter machen das Unternehmen.“ (BK) april, mai, juni 2013 | M 27
Ma rk e ti n g
Guter Ruf im Netz. Jeder Hotelier, der etwas auf sich hält, weiß: Der Gast ist
König. Und dementsprechend behandelt er ihn. Im World Wide Web scheinen viele dieses Sprichwort außer Acht zu lassen. Ein Aufruf zu mehr Engagement im Netz.
Im persönlichen Gespräch mit den Gästen sind Hoteliers stets darauf bedacht, einen guten Eindruck zu hinterlassen bzw. mit Beschwerden und Anliegen taktvoll umzugehen. Der Gastronom weiß, er muss in solchen Fällen Mitgefühl zeigen, Verständnis aufbringen, Ruhe bewahren, sachlich bleiben und eventuell eine Wiedergutmachung bewirken. Ein gut funktionierendes Beschwerdemanagement gehört quasi
zum guten Ton. Doch was im Netz über den eigenen Betrieb gesagt wird, lassen viele außer Acht. Zu Kritikäußerungen wird oft keine Stellung genommen. „Das wirkt sich natürlich negativ auf das Image des Betriebs aus. Denn der Umgang, ob nun von Angesicht zu Angesicht oder im World Wide Web, sollte genau der gleiche sein“, weiß Stefan Velte, Senior Manager von HolidayCheck, dem europäischen Marktführer im Bereich Ho-
telbewertungen. Genau darum geht es beim sogenannten Online-Reputationsmanagement. Was kompliziert klingt, bedeutet laut Wikipedia nichts anderes als „die Überwachung und Beeinflussung des Rufs einer Person, einer Organisation oder eines Produktes in digitalen Medien.“ Anders formuliert spricht man auch von Online Public Relations. Denn auch im Netz geht es vor allem um eines: um den Menschen. Der Webnutzer ist auch in dieser Welt nicht nur stiller Zuhörer, sondern verändert und bereichert das Netz. Er schreibt ein Web-Tagebuch, zeigt seine Fotos auf Tauschseiten, stellt sein Wissen in Online-Enzyklopädien zur Verfügung, empfiehlt seine Bookmarks anderen Nutzern und meldet sich auf Hotelbewertungsportalen zu Wort.
Aktive User „Heute nutzen bereits 52 Prozent der Kunden das Internet für die Reisevorbereitung. Dabei besuchen die Nutzer durchschnittlich 13 Webseiten und verbringen von der Recherche bis zur Buchung neun Stunden“, erklärt Wolfgang Töchterle, Leiter der Online Medien bei der Südtirol
G u t z u w i s s en …
Wussten sie, dass die zwei weltweit wichtigsten Hotelbewertungsportale HolidayCheck und Trip Advisor registrierten Hoteliers die Möglichkeit zu kommentieren einräumen? Diese Chance sollte nicht ungenutzt bleiben, denn 79 Prozent aller Kunden fühlen sich durch einen Kommentar des Hoteliers bei einer negativen Bewertung beruhigt und 65 Prozent aller User geben an, dass ein Kommentar des Hoteliers sogar ausschlaggebend für die Buchung ist. Viele Südtiroler Hotels werden in Bewertungsportalen besprochen
Marketing Gesellschaft (SMG). Der eigene Bekanntheitsgrad hänge dabei nicht nur vom persönlichen Umfeld, sondern auch von der Community ab. „Berichte und Fotos anderer Gäste haben enormen Einfluss auf das Buchungsverhalten und sind auch glaubwürdiger als die HotelHomepage“, so Töchterle weiter. Die neuesten Zahlen von HolidayCheck aus dem Jahr 2012 belegen: 87,7 Prozent aller Bewertungen sind positiv und empfehlen das bewertete Hotel anderen Gästen weiter. Außerdem wägen User negative Kritik stark ab. „Die Nutzer unserer Plattform verbringen überdurchschnittlich viel Zeit beim Lesen von Bewertungen und schauen auch und gerade bei negativen Bewertungen genau hin. Hierbei stellt sich der User immer die Frage: Ist die Kritik für mich überhaupt relevant?“, erklärt Velte von HolidayCheck. Häufig werden negative Bewertungen von anderen Usern als nicht hilfreich eingestuft. Viel wichtiger sei die Stellungnahme im Fall einer negativen Kritik. „Der Hotelier sollte hier unbedingt die Stimme erheben und auf Kritik antworten. 79 Prozent aller Kunden fühlen sich durch einen Kommentar des Hoteliers bei einer negativen Bewertung beruhigt und 65 Prozent aller User geben an, dass ein Kommentar des Hoteliers sogar ausschlaggebend für die Buchung ist. Leider nutzen nur ca. 7 Prozent aller Hoteliers diese Möglichkeit. Dies ist verschenktes Potential“, so der Senior Manager weiter.
Das Web pflegen Monika Hellrigl, Marketing Managerin des Bozner Traditionshauses Parkhotel Laurin, ist sich der Visitenkarte World Wide Web sehr bewusst. „Wir pflegen unseren Online-Auftritt und unseren Ruf im Netz sorgfältig und nehmen Kritik sehr ernst“, so Hellrigl. „Beschwerden sind
Der professionelle Umgang mit Beschwerden will gelernt sein
In v i er S c h r i t t en z u er f o l g re i c h e m On l i ne - R e p u tat i o n s M a n a g e m en t
1. Online-Visitenkarte pflegen: Der Hotelier muss dafür sorgen, dass sein Online-Auftritt stimmt. Wenn ein Kunde sich für das Hotel interessiert und dann keine oder alte Bilder, wenig Beschreibung, keine Kontaktdaten etc. findet, dann springt er zum nächsten Hotel. Hier zählt der erste Eindruck. 2. Stimme erheben: Ein Hotelier sollte seinen ehemaligen Kunden Wertschätzung zeigen und auch zukünftigen Gästen vermitteln: „Ihre Meinung ist mir wichtig.“ Das ist vertrauensbildend und beeinflusst die Buchungsentscheidung enorm. 3. Bewertungen sammeln: Dies ist die große Herausforderung für Hotels. Im Hotel sollte der Hotelier Sichtbarkeit schaffen, z. B. durch einen Aufsteller an der Rezeption. Die besten Instrumente sind aber eine Mail, die der Gast nach seinem Urlaub erhält oder ein Newsletter mit einer aktiven Aufforderung zur Bewertungsabgabe. 4. Bewertungen auswerten: Kundenfeedback ist auch ein wichtiges Instrument zur Qualitätssicherung und Mitarbeitermotivation. Was wird gelobt und was gegebenenfalls auch kritisiert? Wer bewertet mich und wie sieht die Kundenstruktur aus?
april, mai, juni 2013 | M 29
Ma rke ti n g
bei uns Chefsache und werden höchstens einen Tag später beantwortet“. So müsse es auch sein. Hellrigl fände es gut, wenn alle Hotelbuchungsportale es zuließen, dass die Hotelführung auf die Kritik antworten könne. „Diese Kommentarfunktion wird nachweislich gern gelesen und als potentieller Gast erfahre ich viel über den Gastgeber an der Art, wie er mit unzufriedenen Gästen umgeht.“
Hilfetool: Hotel-Manager Das Potential des eigenen Rufs im Netzt kann mithilfe eines kontinuierlichen Kontrollgangs ausgeschöpft werden. „Nur wer ständig auf der Hut ist und seine Präsenz im Netz im Blick hat bzw. aktiv im Netz mitmischt, kann die Chancen von negativer Kritik nutzen, um sie in positive umzuwandeln“, so der Experte. Um den Zeitaufwand dennoch so niedrig wie möglich zu halten, hat HolidayCheck das Servicetool HotelManager ins Leben gerufen. Der Dienst schickt
dem registrierten Hotelier ein Informationsmail, sobald ein Gast sich auf dem Portal zu seinem Haus zu Wort meldet – also die Auswertung von Postings aller Art. Das Hotel kann dann entscheiden, die Moderation zu übernehmen. Mit diesem kostenfreien Tool hat der Abonnent eine gute Kontrolle über seinen Auftritt bei Hotelbewertungsportalen. Eine aktuelle Statistik verrät, dass bei jenen Hotels, die mit diesem Tool arbeiten, die Weiterempfehlungsrate bei 91 Prozent liegt. Das erklärt der Experte damit: „Eine aktive Sammlung von Bewertungen führt in der Regel zu einer höheren Weiterempfehlungsquote und somit auch zu einem besseren Platz im Ranking innerhalb einer Region (z. B. Südtirol). Ein besseres Ranking bedeutet mehr Sichtbarkeit und mehr Klicks und dies wiederum führt zu mehr Buchungen. Ein einfacher und nachvollziehbarer Prozess.“ Der Einfluss von Bewertungen auf die Buchungen, die Auslastung und die Steigerung der Durchschnittspreise wird von vielen Hotels noch völlig unterschätzt: So nutzen aktuell erst 26 Prozent aller Südtiroler Hotels den Hotel-Manager. Ein anderes Produkt,
mit dem die Bewertungen im Netz verfolgt werden können, ist der Hotel-Navigator. Das Buchungsportal des Hoteliersund Gastwirteverbandes (HGV) nutzt dieses Werkzeug, um für den User übersichtlich darzustellen, wie die Hotels auf Bewertungsplattformen abschneiden.
Psychologie gefragt Die Psychologie ist vielleicht die wichtigste Erkenntnis beim Aufbau und der Pflege des eigenen Images im Netz, so sind sich die Experten einig: „Online-Reputations-Management hat mehr mit Psychologie als mit Technologie zu tun.“ Die Königsdisziplin sei dabei gute Gesprächsführung. Praktisch umgesetzt will das heißen: Höre zu – arbeite mit Monitoring. Interagiere – beginne einen Dialog in ausgewählten Kanälen. Und auch AndersSundt Jensen, Leiter Markenkommunikation von Mercedes-Benz und Markenpapst schlechthin, hält es in Sachen Online-Reputations-Management mit den Worten: „Sei offen, experimentierfreudig und auf Kritik gefasst. Und ganz wichtig: Antworte darauf.“ (GZP)
U m f r a g e & A u s w er t u n g de s R e i s e p o r ta l s H o l i d ay C h e c k 2 0 1 2 Fühle mich durch einen Kommentar des Hoteliers bei einer negativen Bewertung beruhigt. Der Kommentar des Hoteliers war ausschlaggebend für die Buchung. Anteil der Hoteliers, welche die Kommentarfunktion nutzen.
7% 79%
65%
Bisher nutzen weniger als 10 Prozent der Hoteliers die Kommentar-Funktion auf HolidayCheck
Innovation macht Schule Fachspezifische Unterrichtsmodule und Job-Training – alles kompakt in weniger als vier Monaten: Das ist das innovative Ausbildungsformat „Innovation School“, mit dem TIS und EURAC Innovation in den Bausektor bringen wollen.
W
ie schafft man Innovation im Bausektor? Mit dieser Frage beschäftigten sich die Mitarbeiter im Cluster Bau des TIS innovation park, die ständig bemüht sind, den 170 Mitgliedsunternehmen Lösungen im Baubereich zu liefern. „Der Bausektor steckt schon seit einigen Jahren in der Krise. Innovationen können einen Ausweg aus dieser Krise darstellen, weshalb wir nach Lösungen suchen, die Innovationen vorantreiben können“, sagt Stefano Prosseda, Manager des Cluster Bau. Eine Lösung sah man darin, die Unternehmen direkt mit Forschungseinrichtungen und Universitäten zusammenzubringen. So entstand – gemeinsam mit dem EURAC-Institut für Erneuerbare Energien – das Projekt „Innovation School“.
Die Mischung macht’s „Innovation School“ ist ein Weiterbildungsprogramm, das sich an Forscher, junge Architekten und Ingenieure wendet, sprich Universitätsabsolventen, die noch keinen fixen Arbeitsplatz haben. Daneben richtet sich „Innovation School“ auch direkt an Unternehmen des Bausektors, die konkrete Themenvorschläge vorbringen können. Die Betriebe zeigen also auf, in welchen Bereichen der Baubranche sie einen klaren Bedarf haben – die jungen Forscher liefern das Know-how für die Unternehmen. „So bringen wir die Unternehmen direkt mit den jungen Fachkräften zusammen und es werden genau jene Themen behandelt, die auch von Interesse für die Unternehmen sind“, sagt Maria Giulia Faiella, Projektmanagerin im Cluster Bau und Verantwortli»
Ma rke ti n g
Weiterbildung wird praxisnah
In t er v i e w m i t M a r i n a F u s c o , Te i l ne h m er i n der „ Inn o vat i o n S c h o o l “ 2 0 1 2
Frau Fusco, warum haben Sie an der „Innovation School“ teilgenommen? Ich wollte schon immer nach Südtirol, um mich im Bereich der nachhaltigen Bauweise weiterzubilden, weil Südtirol auf diesem Gebiet Vorreiter ist. Ich habe Architektur in Neapel studiert und bin danach nach Schweden, um Erfahrungen im Bereich nachhaltiges Design und Energieeffizienz zu sammeln. Danach wollte ich diese Thematik in Italien weiter vertiefen und meine Wahl fiel ganz klar auf Südtirol. Auf einer Architektur-Homepage habe ich die Werbung von „Innovation School“ entdeckt. Überzeugt hat mich vor allem das Programm der sehr spezifischen Unterrichtsmodule. Hat das Programm Ihre Erwartungen erfüllt, sind Sie zufrieden? Ich suchte nach einer Fortbildung mit einem theoretischen und einem praktischen Teil – das habe ich gefunden. Durch das Praktikum bei Leitner Solar in Bruneck konnte ich an einer konkreten Strategie arbeiten, bei der es um nachhaltige Planung im Stadtbereich
che für das Projekt. „Ziel der „Innovation School“ ist es, dass am Ende des Weiterbildungsprogrammes ein konkreter Nutzen für das Unternehmen herausschaut, ob in Form einer Anwendung, eines Prototypen oder eines Produktes“, so Faiella. Ein Ansatz, der beide Seiten anspricht. 32 m | april, mai, juni 2013
ging. Ich habe an der Entwicklung eines Systems im Bereich nachhaltige Mobilität gearbeitet, das vor allem auf Prinzipien wie Carsharing sowie auf einem Smart-Home-Manager-System für Stadtviertel beruht. Wir haben uns konkret mit den Problemen auseinandergesetzt, die all jene bewältigen müssen, die grüne Technologien anwenden wollen. Danach haben wir in der Gruppe ingenieurswissenschaftliche Aspekte behandelt wie etwa die Planung der Anlagen. Das war alles sehr neu für mich, weil man sich in einem klassischen Architekturstudium normalerweise nicht mit solchen Dingen befasst. Genau das hat mir bei der „Innovation School“ besonders gut gefallen: die perfekte Mischung aus Fortbildung und Austausch mit den Unternehmen. Und jetzt? Dank der „Innovation School“ habe ich die EURAC kennengelernt und nun eine Anstellung in Form eines Projektvertrages beim Institut für Erneuerbare Energien erhalten. Ich arbeite dort in den Gruppen Energy Strategy & Planning und Applied Building Physic, wo wir etwa an der Entwicklung des neuen Bozner Technologieparks, an einem Projekt über eine Energiestrategie für das Nonstal sowie am Projekt ReCharge Green – balancing Alpine Energy and Nature, bei dem es um die Einführung nachhaltiger Systeme im Alpenraum geht, arbeiten. Das, was ich im Rahmen der „Innovation School“ gelernt habe, kann ich hier also optimal anwenden.
funktionelle Fassaden bis hin zu intelligenten Stromnetzen (sogenannte Smart Grids). „Für die einzelnen Fortbildungsmodule wählen wir aktuelle Themen aus dem Bereich Energieeffizienz im Bausektor aus, um das Innovationspotential der Unternehmen Südtirols bestmöglich nutzen zu können“, erläutert Roberto Lollini vom EURAC-Institut für Erneuerbare Energien. Durch diese Module können sich die Teilnehmer das nötige Wissen aneignen, um es dann in den Unternehmen in die Praxis umsetzen zu können. Der zweite Teil der Fortbildung sieht ein Job-Training in Form intensiver Zusammenarbeit zwischen Forschern und Unternehmen vor: Die Teilnehmer verbringen eine Woche in den teilnehmenden Unternehmen, wo sie als „Innovationsassistenten“ gemeinsam mit den Fachkräften des Unternehmens ihre Projektideen in die Tat umsetzen können. „Der Vorteil einer solch kurzen Praxiseinheit liegt darin, dass den Unternehmen oft die Zeit für länger andauernde Betreuungen fehlt“, so Faiella. „Eine Woche jedoch ist für die meisten machbar und kann oft sogar intensiver genutzt werden als traditionelle Praktika, die mehrere Wochen dauern.“
Auf der Gewinnerseite
„Unser Anliegen ist es, dass die Unternehmen dann an den gemeinsam entwickelten technischen Lösungen weiterarbeiten“, ergänzt Stefano Prosseda. Dass die Qualität der Lösungen hoch ist, zeigt ein Beispiel aus der „Innovation School“Ausgabe 2011: Mit ihrem Projekt schaffte es eine Gruppe aus drei Ingenieuren und zwei Architekten unter die fünf Finalisten des Wettbewerbes „Challenge CleanTech“, an dem insgesamt über 60 Teams teilgenommen haben. Die Initiative „Challenge CleanTech“ prämiert innovaTheorie & Praxis tive Projekte zu erneuerbaren Energien Die Fortbildung sieht acht Unterrichts- und wird gefördert vom Politecnico Maimodule zum Thema Nachhaltigkeit am land in Zusammenarbeit mit der London Bau vor. Die Dozenten sind renommier- Business School und dem University Colte internationale Experten; die Themen lege London Business. Ein klares Zeireichen von der Ökobilanz (Life Cycle chen dafür, dass die „Innovation School“ Assessment) eines Produkts über multi- Entwicklungen anstößt.
In t er v i e w m i t Pe t er A u er , Le i t ner s o l a r ser diente als Grundlage für ein Video, das für eine Präsentation bei den Auftraggebern und bei der KlimaEnergy 2012 vorgestellt wurde. Zudem haben die Teilnehmer eine eigene Präsentation für die interne TIS-Vorstellung erstellt.
Facts & Figures Die „Innovation School“ begann 2011 und geht in diesem Jahr in die dritte Runde. Fünfzehn führende Unternehmen aus der Baubranche haben bis dato am Projekt teilgenommen bzw. beteiligen sich an der neuen Ausgabe. Mit dabei sind etwa EnergyTech, Frener & Reifer, Leitner Electro und Leitner Solar (siehe Interview), Progress, SEL und Syneco. An der letzten Ausgabe haben insgesamt 24 Forscher teilgenommen, die in sechs Gruppen zu je vier Personen gearbeitet haben. Die Teilnahmegebühr für die Studenten beträgt 150 Euro, die Unternehmen zahlen 3.600 Euro, wobei bis zu 65 Prozent dieses Betrages über das Landesgesetz 4/97 finanziert werden können. Die „Innovation School“ 2013 ist jedoch kostenlos, da sie vom Interreg-Projekt „AlpBC“ (Alpine Space Building Culture) finanziell unterstützt wird. Das Projekt befasst sich mit Themen wie NZEV (Nearly Zero Energy Valley) oder intelligenten Stromnetzen (Smart Grids), die auch Themen der „Innovation School“ sind. Einige Anwendungsbeispiele aus den vergangenen „Innovation School“ sind: NZEB (Net o Nearly Zero Energy Building), Gebäude mit hoher Energieeffizienz, die dank erneuerbarer Energiequellen mehr Energie produzieren, als sie verbrauchen, Produkte des nachhaltigen Bauens sowie Lebenszyklen und Nutzung von erneuerbaren Energiequellen. „Innovation School“ wurde im Rahmen von „Enerbuild“ entwickelt, einem (ep) „Interreg Alpine Space“-Projekt.
Herr Auer, wie ist das Job-Training mit den Teilnehmern verlaufen? Zuerst wurden die Teilnehmer genau in das Thema eingeführt. Eine wesentliche Aufgabe bestand darin, einen detaillierten Projektbericht und eine Präsentation vorzubereiten, weswegen gleich am zweiten Tag ein Brainstorming gemacht wurde, um die zu behandelnden Themen zu definieren. Sie mussten diese Themen dann auch im Hinblick auf deren Machbarkeit überprüfen sowie Berechnungen anstellen. Gleichzeitig mussten sie nach wissenschaftlichen Vorgaben ein Konzept erstellen. Die Teilnehmer konnten in alledem autonom arbeiten, mussten aber täglich über die Fortschritte berichten. Welche konkreten Ergebnisse hat das Job-Training für das Unternehmen gebracht? Die Teilnehmer haben verschiedene Themen des Pilotprojektes „Energiehaushalt“ in der Wohnbauzone Drusus 2 erarbeitet und verdichtet und einen zusammenfassenden Bericht erstellt. Die-
Wie konnte Ihr Unternehmen vom Projekt „Innovation School“ profitieren? Der intensive Austausch mit den Teilnehmern durch die internen Projektmitarbeiter und das Brainstorming haben wesentlich zum Erfolg unseres Projektes beigetragen. Ich denke, es ist von fundamentaler Bedeutung, dass die Teilnehmer sehr intensiv begleitet werden, denn so können die Ziele der Arbeit kontinuierlich überprüft und die notwendigen Maßnahmen besprochen werden. Welches Potential sehen Sie allgemein in einem solchen Format? Wo liegen die Schwächen/Verbesserungsmöglichkeiten? Ich denke, dass eine Woche zu kurz ist, bedenkt man, dass davon ein Tag abgezogen werden muss für die Präsentation der Arbeit in Bozen und mindestens ein weiterer halber Tag, an dem diese Präsentation vorbereitet wird. Da bleiben nur mehr dreieinhalb Tage für die eigentliche Arbeit übrig. Von diesen Tagen wird ein halber Tag von Kennenlernen und Einarbeitung beansprucht. Wenn man das dem Aufwand gegenüberstellt, den der Tutor hat, die Studienabgänger zu begleiten und zu lenken, finde ich eine Zusammenarbeit von mindestens zehn Tagen sinnvoller.
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MA R KTPLATZ
Gastgeber und Gast. Auf 1.000 Quadratmetern präsentierte sich Südtirol im
Dezember als Gastland der Münchner Messe Heim+Handwerk. Zahlreiche Handwerker, Designer und Künstler begeisterten mit der großen Bandbreite ihrer Produkte. Lebendige Werkstatt Live dabei. Zehn Handwerker und Künstler nahmen nicht nur ihre Ausstellungsstücke mit, sondern gleich ihren ganzen Arbeitsplatz und zeigten, wie's geht. Im Bild Armin Gasser und sein „Sackbesteck“.
Design made in Südtirol Benno Simma und sein Stuhl. Beim Vortrag „Planwerk“ baute der Künstler mit der roten Brille einen Stuhl zusammen und präsentierte ihn anschließend stolz dem Publikum.
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Spitzenrezept ausgezeichnet Apfelzauberei. Sterneköchin Anna Matscher prämierte das beste pikante Apfelrezept des ausgeschriebenen Wettbewerbs.
Volles Haus Kulinarischer Ausflug. Das SüdtirolRestaurant war beliebter Treffpunkt für alle Genießer.
Ganes live Riese unter Zwergen. Kunsthandwerk. Der gigantische Kopf „Movemënt“ der UNIKA schaute in der Eingangshalle der Messe den Besuchern entgegen – daneben kam man sich als Mensch ziemlich klein vor.
Feinste Musik. Zu einem stilvollen Auftritt gehört auch Musik – geliefert von der Südtiroler Band „Ganes“ aus dem Gadertal. Die drei jungen Frauen stehen für Heimatverbundenheit und Internationalität und begeisterten das Publikum.
Was: Gastlandauftritt auf der Messe Heim+Handwerk Wo: Messe München Wann: 28.11.-02.12.2012
Ganz offiziell
Wie: Südtirol war im Dezember 2012 erneut Gastland auf der Besuchermesse Heim+Handwerk in München. Eine „lebende Werkstätte“ zeigte neues und altes Handwerk und auch, wo die Grenze zwischen Kunst und Handwerk verläuft: Es gibt sie nicht. Punkten
konnte Südtirol auch mit seiner Kulinarik. Auf der parallel laufenden Genießermesse Food&Life verwöhnten die Spitzenköche Anna Matscher und Karl Baumgartner die Südtirol-hungrigen Münchner mit landestypischen Köstlichkeiten. (CS)
Eröffnung mit Staatsministerin. Dieter Dohr, EOS-Präsident Federico Giudiceandrea, HandwerkskammerDirektor Lothar Semper, Handwerkskammer-Präsident Heinrich Traublinger, Staatssekretärin Katja Hessel vom Wirtschaftsministerium, EOS-Direktor Hansjörg Prast und vom LVH Gerd Lanz und Herbert Fritz.
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MENSCHE N
Der Veredler. Für Jörg Hofer ist Malen eine Berufung. Der Ausnahmekünstler wird im
Juni 60 und hat die Regionalität in der bildenden Kunst bereits vor 40 Jahren gepredigt. Aus dem Abfall der Laaser Marmorbrüche und aus organischen Pigmenten formt er Bilder. Text: Hartwig Mumelter Foto: Alex Filz
Wer Jörg Hofers Bilder besser verstehen will, sollte den Künstler kennenlernen. Nicht etwa, dass das persönliche Gespräch der einzige Schlüssel zu den Kunstwerken ist – nein –, es wird vielmehr zum Aha-Erlebnis, das dem Kenner der modernen Kunstszene eine vermeintlich einfache und doch komplexe Welt eröffnet. Jörg Hofer ist der handwerklichste aller seiner Kollegen und im
Wien, die fruchtbare Zusammenarbeit mit Professor Max Weiler, mehrere Preise und ein österreichisches Auslandsstipendium. Die steile Karriere ließ den Künstler noch unbeirrbarer in seinem Fühlen und Tun werden. „Wer als Kind bereits über marmorne Bürgersteige geht, kann sich nicht mit Holz beschäftigen.“ Das 2.000-SeelenDorf Laas hat es zu Weltruhm gebracht.
„Meine Bilder müssen nicht schön sein, sie müssen vibrieren und etwas auslösen.“ wahrsten Sinne des Wortes ein Schichtarbeiter. Mehr als bei einem Bildhauer und Skulpteur steht das Plastische bei ihm im Vordergrund. „Meine Bilder muss man berühren, fühlen und greifen, um zu begreifen.“ Hofers Bildkörper sind reliefartige Gebilde, die letztlich die mannigfaltigen Farben und Formen des Vinschgaus widerspiegeln. Die archaische Landschaft, die teils aus kargen, durchfurchten Formen besteht. Der letzte Bilder-Zyklus „Permafrost“ beschäftigt sich mit dem drohenden Gletscherschwund und den damit verbundenen Veränderungen. Kaum jemandem ist es gelungen, eine bessere, bildhaftere Metapher zu Erosionen oder Murenabgängen herzustellen. Doch wer ist dieser Mensch, der hinter so verblüffend kraftvollen Objekten steht? Jörg Hofer ist gelernter Metzger und sollte den elterlichen Betrieb übernehmen. Irgendwann wurde der innere Trieb zur Kunst jedoch stärker. Es folgten die Aufnahme an der Akademie der Bildenden Künste in 36 m | april, mai, juni 2013
Der Laaser Marmor gilt als der begehrteste Europas. „Die Arbeiter in den Brüchen haben mich immer fasziniert. Eigentlich ist jeder geschnittene Marmorrohling bereits ein eigenständiges Kunstwerk.“ Doch Hofers Wunsch war es nicht, die Rohlinge als Steinmetz zu veredeln. Nein – sein Zugang ist ein ganz anderer: Hofer vermengt das Abfallprodukt Marmorstaub mit Pigmenten und Ei-Tempera, eine uralte Technik, die er mit neuer Aussage füllt. Inspiriert von den Wandmalereien in Pompeji entstehen ausdrucksstarke Bilder. Der Bezug zu seinem Heimatdorf ist dabei nicht zu übersehen. Im heutigen Sinne wäre Jörg Hofer ein Maler mit Rückgriff auf die viel gepriesene Regionalität und dennoch mit globaler Weitsicht ausgestattet. „Über Kunst spricht man nicht – Kunst muss man fühlen“, konstatiert Hofer in der unvergleichlichen Melodie des Vinschgauer Dialekts, während er seinen selbst geräucherten Speck aufschneidet, der seinesgleichen sucht.
Teils lakonisch, teils spitzbübisch kommentiert Hofer die aktuelle Kunstszene in Südtirol, der er vieles voraushat. Es wäre durchaus interessant, seine Bilder von Blinden berühren zu lassen. Die haptische Sensibilität der Blinden würde viele neue Aspekte ergeben. „Meine Bilder müssen nicht schön sein, sie müssen vibrieren.“ Wer Hofers Atelier betritt, weiß, von welchen Vibrationen der Künstler spricht. Der umgebaute Stadel mit den schlichten Steinmauern hat etwas von einer Kathedrale. Stundenlang kann man hier verweilen: Je nach Lichteinfall verändern sich die Kunstwerke. „In jedem dieser Bilder steckt meine Seele.“ Hofer ist nicht immer frohen Gemüts – die Komposition der Farben lässt den Seelenzustand erkennen. Ein weiteres Zeichen, wie ernsthaft der Maler mit seinem Schaffen umgeht. Wer einmal mit Jörg Hofer hinauf zu den großen Marmorbrüchen wandert, zu den Riesenhallen, die auf 1.567 Metern Höhe liegen, lernt ein weiteres Geheimnis kennen, das Hofers Bilder bergen. „Der Marmorstaub wird hier weggekippt, einfach schade um dieses edle Material.“ Hofer fährt mit seinen Händen in den weißen Staub, dem die Urkraft seiner Malereien entspringt.
J ö r g H o f er
Vinschgauerstraße 43 39023 Laas Tel.: +39 0473 626343 info@joerg-hofer.it www.joerg-hofer.it
Der KĂźnstler JĂśrg Hofer schafft aus Marmorstaub eindrucksvolle Kunstwerke
Ma rke ti n g
Knackige Südtiroler Teil 2. Der Relaunch der Kampagne des Südtiroler
Apfel g.g.A. in Deutschland setzt auf die bodenständige Sympathie der Apfelbauern, trifft den Verbraucher am Verkaufspunkt und vermittelt auch im Web prominent Genuss.
Der Apfel ist seit Jahrzehnten das wichtigste Exportprodukt Südtirols, Deutschland stellt dabei nach wie vor den wichtigsten Exportmarkt für die Südtiroler Äpfel dar. Nichts Neues also. Doch der deutsche Verbraucher hat sich in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt und ein Megatrend bestimmt dabei die Genusskultur deutlich mit: das klare Bedürfnis nach Regionalität. Grund genug, der Apfel-Hut-Kampagne einen neuen Anstich zu verleihen, um Verkaufszahlen zu halten bzw. zu steigern: Im visuellen Auftritt vermitteln neue Headlines stark den regionalen Bezug zum Südtiroler Apfel und gleichzeitig hohe Qualität. Das bewährte „Apfel mit Hut“-Motiv kommt auch in Zukunft zum Einsatz, da es eindeutige optische Signale für die Herkunft und die Regionalität setzt. Dass seit Oktober 2012 der Kreis, der die Bezeichnung geschützte geografische Angabe (g.g.A.) tragen darf, um die Sorten Pinova und Topaz erweitert wurde, ist erfreulich und spricht für die Bestimmungen zur „Integrierten Produktion“ und ihre strenge Regelung.
Der Apfelbauer im Mittelpunkt Wichtigstes zentrales Element der neuen Kampagne ist allerdings der Apfelbauer selbst. „Sympathie und Glaubwürdigkeit werden am besten durch sympathische Kommunikatoren transportiert. Gerade im städtischen Umfeld schafft er Vertrauen, bürgt für Qualität und vermenschlicht die Marke Südtiroler Apfel g.g.A.“, sagt Paul Zandanell, Marktleiter bei der Export Organisation Südtirol (EOS). Unterschiedliche Apfelbauern und -bäuerinnen werden in die Kampagnenmotive integriert und sprechen aus erster Hand über die besonderen Alleinstellungsmerkmale unserer Äpfel. Darüber hinaus werden Maßnah38 m | april, mai, juni 2013
D i e k re at i v e Idee a m Ver k a u f s p u n k t : We l c h er A p f e lt y p s i nd S i e ? Neben dem reinen Geschmackserlebnis soll sich der Kunde am Verkaufspunkt mit Südtiroler Äpfeln beschäftigen. Auf diese Weise können Inhalte zum Produkt vermittelt werden. Dazu werden die Apfelsorten drei Südtiroler Urlaubstypen entsprechen: Aktiv-, Wellness- und Genuss-
Urlauber. Zu jedem Apfeltyp gibt es eine sympathische Beschreibung, die auch alle Südtiroler Apfelsorten dieser Kategorie enthält. Das Ergebnis des individuellen Tests wird dem Kunden auf einer Karte mitgegeben, auf der es auch um die entsprechenden Apfelsorten geht.
Der Apfelbauer Thomas Clementi aus Algund mit Spitzenköchin Cornelia Poletto bei der Apfelernte
men am POS (point of sale) – wo möglich – mit Apfelbauern und -bäuerinnen durch-geführt.
Cornelia Poletto als Testimonial Um ein zweites Mal Nähe herzustellen, konnte zudem eine „Patin“ gewonnen werden, die eine weitere Dimension an Glaubwürdigkeit für den bewussten Genießer beisteuert: Cornelia Poletto. „Deutschlands bekannteste Köchin steht nicht nur für Sterneküche, sondern – und das ist uns genauso wichtig – auch für das einfache Rezept. Als Frau, Mutter und Köchin ist Cornelia Poletto eine große Sympathieträgerin, die in allen Belangen herzlich und authentisch wirkt“, sagt Zandanel. Polettos Rezepte projizieren ihr gutes Image auf den Südtiroler Apfel. Der deutsche Verbraucher erhält konkrete Anwendungsbeispiele in der Küche. Dabei wird auf die zeitgemäße und alltagstaugliche Weiterentwicklung von Südtiroler Klassikern gesetzt, um den regionalen Bezug nicht zu verlieren. Jeden Monat wird ein Rezept entwickelt, das über Homepage, Social Media und in der Pressearbeit kommuniziert wird. Ein weiterer wichtiger Einsatz von Cornelia Poletto ist ein Video-Blog – eine ideale Maßnahme, um den Südtiroler Apfel und seine Herkunft kurzweilig darzustellen. Der Video-Dreh dazu fand Ende September in Algund statt, um die Apfellandschaften und die Produktionsstätten von ihrer schönsten Seite zu zeigen.
Homepage, PR & Social-Media Eine insgesamt schlankere Menüstruktur und stärkere Konzentration auf die wesentlichen Inhalte werden im Netz geboten unter www.suedtirolerapfel. com. Die sozialen Netzwerke bieten eine zusätzliche Werbe- und Kommunikationsmöglichkeit für die gesamte Kampagne. Inhaltliche Schwerpunkte sind der bereits angesprochene VideoBlog sowie die neuen Rezepte, die Statements der Apfelbauern, die Kommunikation von Aktionen und Veranstaltungen (POS-Aktivitäten, Verteilaktionen etc.) sowie Gewinnspiele und Erfolgsmeldungen.
POS-Aktionen im Fokus Nichts schmeckt besser, als frisch geerntete, reife Früchte vor Ort genossen. Doch weil man nicht immer zur Erntezeit in Südtirol sein kann, versuchen Aktionen Südtiroler Äpfel dort erlebbar zu machen, wo der Kauf stattfindet. Hier sind das Erleben, Informieren, Überzeugen und der Kaufimpuls direkt miteinander verknüpft (siehe eigene Box anbei). Um erneut die Verbindung zum Apfelbauern zu schaffen, erfolgt die Bewerbung durch ein Team bestehend aus Promoter und Südtiroler Apfelbauern. Wo dies nicht möglich ist, wird der Promoter mit typischen Accessoires wie der blauen Schürze und ei(CS) nem Hut ausgestattet.
W i rt s c h a f t s fa k to r Apfel 8.000 Familienbetriebe bewirtschaften jeweils ca. 2,5 Hektar Anbaufläche und produzieren im Jahr rund 1 Million Tonnen Äpfel. 93 Prozent der Ernte werden über 24 Genossenschaften vermarktet. Der Rest geht in den freien Handel (17 Betriebe) oder wird über Obstversteigerungen (3 Betriebe) abgesetzt. Knapp 50 Prozent der Ernte sind für den Export bestimmt. Hauptexportmarkt mit über 30 Prozent aller Exporte ist Deutschland. Es folgen Skandinavien, Mittelmeerländer wie Spanien und Portugal sowie die neuen EU-Mitglieder. Jeder zehnte Apfel in Europa stammt aus Südtirol. Im Bio-Bereich ist Südtirol mit ca. 40 Prozent der Ernte sogar der wichtigste Bio-Apfel-Lieferant der Europäischen Union. Die 13 „g.g.A.“-Sorten (geschützte geografische Angabe) sind: Braeburn, Elstar, Fuji, Gala, Golden Delicious, Granny Smith, Idared, Jonagold, Morgenduft, Red Delicious, Stayman Winesap, Topaz, Pinova.
april, mai, juni 2013 | M 39
im v is i er der med i en
Über Südtirol berichtet. Die Geschichten über das Land in Zeitungen,
Magazinen, Online-Portalen, TV- und Video-Blogs: Zwischen Wintersport, Bahn & Piste, Start-Up-Unternehmen und Kochkunst wird das Land gut in Szene gesetzt. United Kingdom: Gourmet Travel Gourmet-Magazine – This article takes the reader on six pages trough a gourmet-travel across the country. With many stops at the very peaks of good taste: Niederkofler on the very top of it. In addition to that: The gourmet-chef from Alta Badia reveals some of his best recipes. Release January 2013
Deutschland: uberding Video-Blog – Unter dem Titel „Winterzauber in den Dolomiten“ ermöglicht die VideoBloggerin des bekannten deutschen Lifestyle-Blogs uberding persönliche Einblicke in ihr Tagebuch und damit in Südtirols Winterwelt. Online seit 30. Dezember 2012
Österreich: Die Presse.com Nachrichtenportal und Tageszeitung – Was Kastanienholz und der Meeresspiegel gemeinsam haben und wie detailreich ein regionales Delikatessenprojekt, nämlich jenes von „Pur Südtirol“, sein kann, wird in der Online-Ausgabe der Presse veranschaulicht. Online seit 30. August 2012
Deutschland: Madame Lifestyle-Heft für Luxus, Trends und Mode – Auf sechs Seiten huldigt das deutsche Hochglanzmagazin allen Facetten des Wintersports in den Skigebieten in Südtirol, im Trentino und in Venetien. Ausgabe Jänner 2013
40 m | april, mai, juni 2013
Italia: Sole 24 ore Quotidiano – Alcune start-up nell’Incubatore d’imprese del TIS vengono osservate da vicino dal giornalista Mirco Marchiodi nel dorso “Impresa & territori” del principale giornale economico nazionale. Oltre al profilo di 5 aziende si può anche leggere un’intervista al direttore del TIS, Hubert Hofer. Edizione 5 dicembre 2012
Netherlands: Italie Travel-Magazine – On six pages the magazines presents the region around the Three Peaks and Sesto/Sexten and particularly wintersport facilities over there. The article also speaks about the famous southtyrolean speciality Speck (bacon). Release January 2013
TV: TG2 Sí viaggiare La rubrica del Tg2 su viaggi e turismo – La giornalista Silvia Vaccarezza introduce il concetto „dal treno in pista“ , e fa vedere le diversità dell’ Alto Adige. Il Plan del Corones, un’ area sciistica molto popolare. E come controparte: il rifugio Fanes situato a 2060 metri s.l.m. con la famiglia di Max Mutschlechner. Messa in onda 4.01.2013; replica 06.01.2013
Schweiz: Zürcher Unterländer Tageszeitung – In der Züricher Regionalzeitung wird die Handelsstadt Bozen Gegenstand des Reiseberichts. Von Bozen aus, das zu jeder Jahreszeit einen gewissen Charme versprühe, seien Ausflüge ins Dolomitengebiet, auf den Hausberg Ritten oder ins Sarntal problemlos möglich. Ein Besuch bei Ötzi dürfe dabei auch nicht fehlen. Ausgabe 2. November 2012
Polen: Twoi Styl Lifestyle Magazine – On seven pages the reader is confronted not only with a little glimpse of South Tyrol but with the whole range of it. Including: winter, snow, sun and last of all: joie de vivre. And that from east to west of the province. Release January 2013 april, mai, juni 2013 | M 41
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Südtirol Dac h m a r k en - Fa m i l i e
Schöne Dinge im Südtirol-Look werden gut verkauft
Anzahl der Anwender der Dachmarke Südtirol
3.124 Anwender waren es zum 28. Februar 2013. Sie alle verstärken die gemeinsame Südtirol-Botschaft
42 m | april, mai, juni 2013
Seit 2005 gibt es sie, die Dachmarke Südtirol. Neben dem Einsatz im Tourismus und für den Lebensmittelsektor gibt es auch einige Lizenzprodukte. Wie das funktioniert? Kommerzielle Firmen entwickeln Produkte im Südtirol-Design in Abstimmung mit dem Brandmanagement der Marke Südtirol. Dann wird ein Lizenzvertrag mit der Autonomen Provinz Bozen abgeschlossen. Auf diese Weise verpflichten sich die Firmen, dem Land Südtirol einen festgelegten Prozentsatz des Umsatzes rückzuerstatten. Aktuelle Markenartikel sind von Norton mit seinen Südtirol-Wollmützen, -Ohrenschützern und -Mehrzwecktüchern, Lauf- und Funktionsbekleidung von Hermann Achmüller und Südtirol-HolzSonnenbrillen von WoodOne.
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