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Städtische Wohnungspolitik
Das Badezimmer teilt sich Stefan Schraner mit seinen zwei Mitbewohnern. Durch die Badewanne verläuft eine urinfarbene Kalkspur. Im Dachstock (unten) sieht es noch ein wenig ungemütlicher aus.
Städte werden aktiv
Das Problem ist in verschiedenen Schweizer Städten unter dem Stichwort Gammelhäuser bekanntgeworden: Private Vermieter*innen, die Wohnungen in katastrophalem Zustand zu horrenden Mieten an Menschen in prekären Lebensumständen vermieten. Meistens handelt es sich um sogenannte Etagenzimmer mit Gemeinschaftsbad und -küche. In vielen Fällen verlangen die Vermieter*innen exakt jenen Betrag, den die Städte ihren Sozialhilfebezüger*innen als Mietkosten maximal bezahlen. Sowohl in Zürich als auch in Basel schlug das Thema in den letzten Jahren medial und politisch hohe Wellen.
In der Stadt Zürich sorgten besonders schlecht unterhaltene Liegenschaften an der Neufrankengasse für Schlagzeilen. Die Behörden intervenierten, worauf der Vermieter wegen Wucher verurteilt wurde, die Stadt die Häuser kaufte und ein Angebot für begleitetes Wohnen einrichtete. Damit sich die Geschichte nicht wiederholt, erstellte die Stadt eine Liste mit Problemliegenschaften. Darauf befänden sich derzeit 36 Liegenschaften, wie Heike Isselhorst, Sprecherin des Sozialdepartements, sagt. Mit Gesprächen und Begehungen vor Ort versucht das Amt, für «menschenwürdige und hygienisch einwandfreie Unterkünfte» zu sorgen. Kooperieren die Vermieter*innen nicht, helfe man auch bei mietrechtlichen Schritten. Gemäss Isselhorst gibt es Zustände wie damals an der Neufrankengasse heute nicht mehr. «Diese würden auch nicht mehr toleriert.»
Einen interessanten Weg hat Basel eingeschlagen. Nachdem vor einigen Jahren Fälle von Gammelhäusern für Empörung gesorgt hatten, nahm die Stimmbevölkerung 2018 vier Initiativen zum Wohn- und Mieterschutz an, darunter «Recht auf Wohnen». Als Folge davon bewilligte der Regierungsrat 2019 ein auf dreieinhalb Jahre beschränktes Pilotprojekt: er schuf eine «Koordinationsstelle für prekäre Wohnverhältnisse». Deren explizites Ziel ist es, «vulnerable Personen» (neben Sozialhilfebezüger*innen auch armutsbetroffene, süchtige oder mehrfach kranke Menschen sowie Flüchtlinge) davor zu schützen, unter «menschenunwürdigen Bedingungen» leben zu müssen. «Die wichtigste Botschaft an die Eigentümer*innen von Problemliegenschaften ist, dass ihr bisheriges Geschäftsmodell nicht mehr akzeptiert wird. Gleichzeitig wird auf Kooperation gesetzt», sagt Amina Trevisan, Leiterin der Koordinationsstelle Prekäre Wohnverhältnisse. In den letzten eineinhalb Jahren seien über 130 Meldungen eingegangen, derzeit befänden sich rund 60 Liegenschaften unter Aufsicht. Nach zahlreichen Gesprächen mit Vermieter*innen hat die Stadt nun eine neue Lösung ausgearbeitet, von der alle Seiten profitieren sollen. Die Vermieter*innen sollen eine Mietzinsreduktion für alle Mieter*innen gewähren, korrekt verrechnete Nebenkosten offenlegen sowie die hygienischen, baulichen und feuerpolizeilichen Vorschriften einhalten. Als Gegenleistung bietet das Sozialamt eine Art «sozialen Hauswart» an – eine niederschwellige, für beide Seiten kostenlose Wohnbegleitung im Haus. Diese soll einerseits die Wohnverhältnisse im Haus verbessern. «Andererseits bietet es eine Entlastung für die Vermieter*innen im Umgang mit Menschen mit einer Suchtproblematik.» Die Reaktionen der Eigentümer*innen auf den Vorschlag würden unterschiedlich ausfallen, so Trevisan. Von bislang acht angefragten Eigentümer*innen hätten drei dem Vorschlag zugestimmt. EBA