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SchuldenSerie – Teil 3
Schulden-Serie: In der Schweiz gibt es immer mehr Arme – auch weil es immer mehr Schulden gibt. Wir wollen wissen, was das mit den Leuten macht, wer davon profitiert und was sich ändern lässt.
Teil 3: Wohlstand dank Schulden
TEXT ANDRES EBERHARD, SARA WINTER SAYILIR ILLUSTRATION MARCEL BAMERT
Schulden — Eine Serie in 4 Teilen
Teil 1/Heft 500: Das Geschäft mit den Schulden Teil 2 /Heft 502: Rechnungen, die krank machen
Teil 3/Heft 505: Wohlstand dank Schulden
Teil 4/Heft 507: Weniger Schulden, weniger Armut Schulden sind nicht gleich Schulden – vor allem sind sie nicht für alle schlimm. Manche Menschen zerbrechen an ihnen, sie werden krank, sobald die Schuldenfalle zuschnappt. Einige rutschen gar in Armut ab. Wie viel es braucht, um aus dieser Negativspirale wieder herauszufinden und wie eng der Zusammenhang zwischen Verschuldung und Erkrankung ist, darüber haben wir in Teil 2 (Ausgabe 502) unserer Schulden-Serie ausführlich berichtet.
Daneben gibt es solche, die von Schulden profitieren. Sie versprechen den Verschuldeten von heute auf morgen einen Ausweg aus deren Misere und zocken dabei ordentlich ab: private Schuldensanierer, eine entfesselte Inkassobranche, raffgierige Kreditunternehmen, Betreibungsämter und sogar die Krankenkassen. Wir haben all denen, die sich schamlos an den Verschuldeten bereichern, Teil 1 (Ausgabe 500) der Schulden-Serie gewidmet.
Und dann gibt es Fälle, in denen es angeblich «ganz okay» ist, Schulden zu machen. Dabei reden wir nicht von Schulden in der Höhe von 10000 oder vielleicht sogar 100000 Franken, sondern von 103 600000000 Franken. So hoch – 103,6 Milliarden – ist die momentane Staatsverschuldung der Schweiz, wie sie im Rechnungsabschluss 2020 angegeben ist. Das ist eine kaum fassbare Zahl und eine erschreckende dazu – jedenfalls für all jene von uns, die glauben, ein Staat müsse doch ähnlich haushalten können wie eine Familie.
Zumindest manche Ökonom*innen stellen jedoch eine andere Rechnung auf: Solange die Wirtschaft weiter angekurbelt wird und das Wachstum grösser ist als die Zinsen, die der Staat zurückzahlen muss (oder es wie derzeit Negativzinsen gibt), sind Staatsschulden hinnehmbar, ja sogar von Vorteil. Wachstum dank Schulden kann nämlich zum sozialen Frieden eines Landes beitragen. Und gesellschaftliche Stabilität ist eine Voraussetzung und nicht selten auch Garantin für weiteren Wohlstand.
Doch weil wir in diesem Wirtschaftssystem offenbar immer weiter wachsen müssen, stellen sich einige mit Blick auf unseren Ressourcenverbrauch die Frage: Kann das ewig so weitergehen? Und auf wessen Kosten? Wie viel Wohlstand kann sich ein Staat mit Schulden eigentlich erkaufen, wann geht diese Rechnung nicht mehr auf? Und was sind die Folgekosten eines ungebremsten Wachstums – für Menschen unter prekären Arbeitsbedingungen, für die Tiere und für unseren Planeten? Müssen wir, wollen wir weiter im Wohlstand leben, umdenken und lernen, anders, nämlich nachhaltig, zu wachsen? Oder sollten wir einen radikaleren Weg einschlagen und ganz anders wirtschaften? Das sind Fragen, denen wir in diesem Teil 3 unserer Schulden-Serie nachgehen wollen. KP
Hintergründe im Podcast: Radiomacher Simon Berginz redet mit Sara Winter Sayilir über die Hintergründe der Recherche. surprise.ngo/talk