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Mitten unter uns

Kunst Das Kollektiv Connected Space veranstaltet Staffelläufe durch die freie Kunstszene Bern. Es will damit Kunst an Orte bringen, an denen sie vorher nicht war.

TEXT ANICIA KOHLER

«Wir möchten Kunst abseits von abgetrampelten Kulturpfaden ermöglichen», sagt Virginie Halter. Für die Projektleiterin von Connected Space ist klar, dass Kunst nicht nur ins Museum gehört. Sondern auch an Orte, wo sie eigentlich nicht erwartet wird, wo man sich nach ihr umdreht und sich plötzlich Fragen stellt. Halter lancierte Connected Space im Herbst 2019 gemeinsam mit der Studienfreundin und Künstlerin Myriam Gallo. Seither sorgen sie und ihr Team dafür, dass die Arbeit von selbstorganisierten Kulturräumen und -initiativen aus der zeitgenössischen Kunstszene in Bern sichtbar wird.

Für das Projekt der Staffelläufe ziehen die Mitglieder aus ihrem künstlerischen Zuhause aus und zeigen Kunst im Park, in der Brockenstube oder in der Kita, während ihre dadurch freiwerdenden Ateliers von Kunstschaffenden aus anderen Schweizer Städten mit Leben gefüllt werden. «So passiert beides – Austausch in der Szene und Kunst an neuen Orten, für neue Zielgruppen», sagt Halter. Sie möchte Schwellen abbauen – sodass Kunst zum Beispiel auch näher an Menschen gelangt, die sich den Eintritt ins Kunstmuseum nicht leisten können.

Der bislang dritte Staffellauf von Connected Space führt von August bis Oktober 2020 unter anderem in die Kramgasse der Berner Altstadt. Dort bekommt der Kreuzgassbrunnen Konkurrenz – von einem temporären Nachbarbrunnen namens «Hygieia», nach der Göttin der Gesundheit benannt. Die Installation ist ein Projekt von Atelier Rohling. Für die Aus stellung «Leben in der Nasszelle» setzt sich die Appenzeller Künstlerin Pascale Osterwalder mit Seifenspendern auseinander, die als Dienstleister der Leistungsgesellschaft zunehmend überarbeitet sind. Mehrere Interventionen und Aus stellungen sind Zusammenhängen von Arbeit, Dienstleistung und Kunst gewidmet. Dazu gehören Ausstellungen in der Bibliothèque de Nyon sowie in den Räumlichkeiten der Interessengemeinschaft Kaufmännische Grundbildung.

Zeit zu reden

Ursprünglich war der Staffellauf für den Frühling 2020 geplant. Stattdessen lancierte eine Arbeitsgruppe von Connected Space während des Lockdowns das digi tale Gesprächsformat «Time To Talk». Jeweils am Donnerstagabend diskutierten zwei bis vier Kunstschaffende via Livestream und Website über Themen, die sie beschäftigten. «Der Bedarf zum Reden und zum Austausch war sehr gross», sagt Virginie Halter. «Es war schön zu spüren, dass man nicht allein ist.» «Selbstorganisierte Kunsträume haben zwar eine maximale künstlerische Freiheit, doch dafür fehlt es ihnen oft an Geld», sagt Adrian Demleitner, Projektmitglied von «Time To Talk». Sowohl die Organisation als auch die Kuration sowie die Arbeit an und mit Kunstwerken laufen häufig auf freiwilliger Basis ab. Eine Tatsache, welche durch Coronakrise und Lockdown noch deutlicher wurde. Connected Space beschloss, in den nächsten Monaten ein gemeinsames Manifest zu verfassen, das sich mit dem Stellenwert unbezahlter Ar beit auseinandersetzt – und zwar mit unbezahlter Arbeit nicht nur im Kunstbereich, sondern auch im Zusammenhang mit der Pflege- und Sorgearbeit.

Demleitner ist davon überzeugt, dass Kunst, die jenseits von Museum und Galerie stattfindet, eine wichtige Funktion erfüllt. Nicht nur deshalb, weil Projekte wie die Staffelläufe womöglich näher am Publikum stattfinden, sondern auch, weil sie bisher ungehörten Kunstschaffenden eine Stimme geben. «Dazu gehören junge, aufstrebende Künstler*innen genauso wie diejenigen, denen im etablierten Kunstbetrieb kein Platz eingeräumt wird.»

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