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Die Zweitheimischen als Surselva-Botschafter
Die Tourismusdestination Surselva zählt rund 5400 Zweitwohnungseigentümer. Die Zweitwohnungseigentümer – sie nennen sich Zweitheimische – sind für die Region wichtige Partner, welche die Gemeinschaft in der Tourismusdestination Surselva stark prägen. Die Zweitheimischen verbringen einen grossen Teil ihrer Freizeit – und dank Homeoffice zunehmend auch ihrer Arbeitszeit – in der Surselva. Viele von ihnen sind Mitglieder in lokalen Vereinen und tragen zusammen mit den Einheimischen zu einem lebendigen und aktiven Dorfleben bei. Die Tourismusdestination ist sich der Bedeutung der Zweitheimischen bewusst. Um ihnen für ihre oft langjährige Treue und Verbundenheit mit der Region zu danken, bietet Surselva Tourismus ein Mehrwert-Programm mit attraktiven Leistungen an. In der Tourismusdestination Surselva gibt es unter anderem folgende Interessensgemeinschaften: «Interessensgemeinschaft Zweitwohnungsbesitzer Surselva (IGZWB)», «Treffpunkt Obersaxen Mundaun», «Amitgs da Surcuolm», «ir novas vias», «Pro Siat», «Pro Andiast» etc. Um sich über die Anliegen der Zweitheimischen zu informieren, sowie das touristische Angebot laufend zu verbessern, sind Surselva Tourismus und die politischen Gemeinden in regelmässigem Kontakt und Austausch mit den Vertretern der oben aufgeführten Gemeinschaften.
Nachfolgend beantworten Jörg Hertig, Präsident IGZWB, und Jan Seffinga, Vorstand/Kommunikation derselben Organisation, Fragen zur Entstehung der IGZWB und zum touristischen Angebot.
Herr Hertig: Was waren damals die Gründe für die Gründung der IGZWB?
JÖRG HERTIG: Die IGZWB wurde als Forum der Zweitheimischen zuerst in Brigels gegründet. Aufgrund der Gründung der Surselva Tourismus AG (STAG), die sich um die Anliegen des Tourismus der Gemeinden Ilanz/Glion, Lumnezia, Breil/Brigels und Obersaxen Mundaun kümmert, wurde die IG ebenfalls auf diese Gemeinden ausgeweitet und umfasst derzeit 741 Mitglieder. Hauptgründe für die Gründung der IG waren das neue Tourismusgesetz, insbesondere die Tourismusabgaben und die Unzufriedenheit der Zweitheimischen mit der fehlenden Mitsprachemöglichkeit in den Tourismusangeboten der Gemeinden und der STAG. Ein weiterer Grund war die ungenügend wahrgenommene Relevanz der Zweitheimischen, die doch einen ganz erheblichen Anteil am Tourismus und der Wirtschaftsleistung in der Surselva darstellen. Viele Zweitheimische sehen oftmals den Payback für ihre Tourismustaxen nicht.
Treffpunkt Obersaxen Mundaun:
Der Verein bezweckt gemäss seinen Statuten:
– Die Förderung des Kontakts und des
Dialogs zwischen Zweitwohnungseigentümern, Gästen und Einheimischen sowie mit der Gemeinde und den touristischen Leistungsträgern – Die Initialisierung und Bearbeitung von Ideen sowie Ideenbündelung zuhanden der zuständigen Organisationen – Generell Aktivitäten, welche zur Steigerung der Attraktivität und Verschönerung von Obersaxen Mundaun dienen
www.treffpunkt-obersaxenmundaun.ch
Amitgs da Surcuolm
Ziel und Zweck:
– Förderung der gesellschaftlichen Kontakte der Mitglieder untereinander, zur einheimischen Bevölkerung und zu den Feriengästen – Unterstützung und Förderung von kulturellen, sportlichen sowie gesellschaftlichen Anlässen der Gemeinde und der örtlichen Vereine – Förderung des Dialogs über den Tourismus, inklusive Web-Site mit Aktualitäten, Wetterbilder und vielen Links in und um «unsere» Gemeinde
ir novas vias
Der Verein entwickelt Visionen und Strategien für eine nachhaltige und zukunftsgerichtete Entwicklung der Region. Durch gezielte Kontakte, einen offenen Gedankenaustausch und interdisziplinäre Zusammenarbeit sollen Projekte und Ideen gefördert werden.
www.irnovasvias.ch
Aus dem Gesetz über die Gäste- und Tourismustaxen – Tourismusgesetz (TG)
Art. 1
Die Gemeinde erhebt zur Förderung des Tourismus eine Gäste- und eine Tourismustaxe.
Pro Andiast
Der Verein «Pro Andiast» will in den folgenden Bereichen einen aktiven Beitrag zum gesellschaftlichen Leben und zum Wohl der Allgemeinheit in Andiast leisten:
– Förderung des Kontaktes zwischen
Gästen und der Dorfbevölkerung – Organisation und Durchführung von kulturellen Anlässen in Andiast – Ausführung von Projekten zum Wohl der Dorfbevölkerung und der Gäste, in Abstimmung mit den anderen Vereinen von Andiast und den Gemeindebehörden
www.pro-andiast.ch
Pro Siat
Die «Pro Siat» bezweckt:
– Die Förderung des gemeinschaftlichen
Zusammenlebens in Siat – Die Unterstützung bei der Organisation und Realisierung von Projekten, die dem Interesse des Dorfes, der Bevölkerung und den Gästen dienen, namentlich in den Bereichen Freizeit,
Kultur und Sport – Die Unterstützung und Wahrung der
Interessen der örtlichen Dorfvereine.
Die «Pro Siat» pflegt ein gutes Einvernehmen mit der Gemeinde Ilanz/Glion und darf auf eine vorbehaltlose Unterstützung seitens der Gemeindebehörden zählen.
www.prosiat.ch
Art. 2
Die Einnahmen aus der Gästetaxe sind zur Finanzierung von touristischen Einrichtungen und Veranstaltungen zu verwenden, welche für den Gast geschaffen und von ihm in überwiegendem Masse benützt werden können. Die Einnahmen aus der Tourismustaxe sind für Ausgaben einzusetzen, die in überwiegendem Masse im Interesse der Tourismuswirtschaft liegen. Sie sollen insbesondere eine wirksame Marktbearbeitung sowie die Förderung werbewirksamer sportlicher und kultureller Anlässe ermöglichen.
Wie ist die IGZWB organisiert?
JAN SEFFINGA: Die IGZWB ist so aufgestellt, dass der Gesamtvorstand grundsätzlich die Gesamtinteressen der Zweitheimischen im Gebiet der STAG vertritt, je zwei Vorstandsmitglieder stehen zusätzlich den Sektionen Breil/Brigels, Lumnezia und Obersaxen Mundaun vor.
Gibt es noch Gebiete in der Surselva, die in der IG untervertreten sind?
HERTIG: Die Entwicklung der Mitglieder und der Aktivitäten in Breil/ Brigels, Lumnezia und Obersaxen Mundaun sind insgesamt sehr erfreulich. Hingegen ist es schwierig, eine ähnliche Mobilisierung in Ilanz/ Glion zu erreichen, da dort die Interessen sehr verschieden sind. Gewisse Fraktionen wie Luven gehören thematisch eher zu Obersaxen Mundaun, da sie diesem Skigebiet angeschlossen sind. Andere Fraktionen orientieren sich eher nach Flims/Laax. Ilanz/Glion selbst ist weniger eine Tourismusgemeinde. Hier würden wir uns jedoch über mehr Mitglieder und Verstärkung im Vorstand sehr freuen!
Wie steht es um die politische Unterstützung?
SEFFINGA: Erfreulicherweise konnten in den wenigen Jahren seit der Gründung der IGZWB sehr gute Kontakte zu den Gemeinden und der STAG geknüpft werden. Es finden regelmässige Treffen mit den Behörden in allen Gemeinden und der STAG statt. Am Anfang gab es uns gegenüber eine grosse Skepsis, mittlerweile haben wir aber den Eindruck, dass ein gewisses Vertrauensverhältnis aufgebaut werden konnte und gegenseitige Wertschätzung entstanden ist. Entscheidend dazu beigetragen hat sicher, dass wir unseren Grundsatz «Dialog, gegenseitige Transparenz, Wertschätzung und Solidarität» aktiv leben und keinesfalls konfrontativ auftreten. Jörg Hertig
Ein Reizthema ist die Mittelverwendung der Gästetaxen. Wo genau ergeben sich Probleme?
HERTIG: Ein grosses Thema bei den Mitgliedern ist der Einsatz der Gästetaxen. Von diesen Geldern gehen fast 50 Prozent an die STAG, der Rest bleibt bei den Gemeinden. Diskussionspunkte sind die Höhe dieser Abgabe, das touristische Angebot und die Frage, wer genau davon profitieren soll. Vom Gesetzgeber ist keinerlei Mitsprache vorgesehen. Deshalb muss die IGZWB primär im Dialog ihre Ziele kommunizieren und umsetzen. Im Bereich Mitsprache sind Fortschritte erzielt worden, erste Massnahmen wurden aufgrund unserer Anregungen umgesetzt. Wir sind optimistisch, dass diese noch verbessert werden.
Welche Projekte oder Massnahmen sollen speziell angestossen und gefördert werden?
SEFFINGA: Aufgrund unserer Mitgliederzahl wissen wir genau, wo der Schuh drückt. Zusätzlich zu den vorgängig genannten grundsätzlichen Problemen betrifft dies Themen wie Betriebszeiten der Bergbahnen im
Jan Seffinga
www.igzwb.ch Sommer, Fahrpläne der Wanderbusse, Instandstellung von Wanderwegen, Vergünstigungen auf Bergbahnen wie sie für Einheimische gelten, aber auch WC-Anlagen, Aufstellen von Bänken etc. Im Allgemeinen werden solche Themen aufgegriffen, in einigen Fällen auch schon umgesetzt, wofür wir sehr dankbar sind.
Welche weiteren Ziele bestehen noch, wo gibt es weiteren Handlungsbedarf?
HERTIG: Beim Thema Transparenz bei den Einnahmen von Tourismusabgaben und deren Verwendung besteht immer noch Handlungsbedarf. Die Zweitheimischen möchten sehr genau verstehen, wie viel Geld durch diese Abgaben eingenommen werden und wofür sie verwendet werden. Deshalb suchen wir dort das Gespräch, wo wir eine andere Meinung haben respektive alternative Vorschläge einbringen möchten. Ein ganz grosses Anliegen der Zweitheimischen ist das Thema Gästekarte. Hier sind wir mit der STAG in Diskussionen und schauen zusammen auf Systeme, wie sie heute in Flims Laax Falera eingesetzt werden. Dort kommen Übernachtungsgäste und Ferienwohnungseigentümer mit einer digitalen Gästekarte in den Genuss von vielen Vorteilen.
Wann findet die nächste Mitgliederversammlung statt, welche Themen werden auf der Traktandenliste stehen?
HERTIG: Unsere nächste Mitgliederversammlung – wenn es die akutelle Situation zulässt – findet am 16. Januar 2021 um 16 Uhr in Ilanz statt. Nebst den üblichen Standardtraktanden inklusiv aktuellen Informationen aus den Sektionen planen wir zur Eröffnung ein Referat zum Thema «Fernsteuerung der Heizung». Neue Mitglieder sind natürlich sehr willkommen, weitere Informationen findet man jederzeit auf unserer Webseite.
Welche Wünsche haben die Zweitheimischen für die Zukunft?
HERTIG: Wir wünschen uns sehr, als aktive Partner und Vertreter der Zweitheimischen bei allen relevanten Organisationen aktiv mitarbeiten und unsere Interessen noch besser einbringen zu können. Es würde uns sehr freuen, wenn die Zweitheimischen noch wirksamer als starke Kraft integriert würden, schlussendlich sind unsere Mitglieder die stärksten Botschafter für die Schönheiten der Surselva. Hinsichtlich der Rolle, die Homeoffice während der Pandemie spielt, würden sich zudem weitere Möglichkeiten ergeben, die Surselva als attraktiven Arbeitsstandort auch für Zweitheimische zu etablieren.